Der Spiegel: Parasit 2 - Julian Bates - E-Book

Der Spiegel: Parasit 2 E-Book

Julian Bates

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Beschreibung

Ein Mädchen in der Corona-Krise. Um die Alten zu retten, haben die Jugendlichen meiner Ansicht nach am stärksten gelitten. Wenn du fünf bis zehn Prozent deines Lebens zu Hause eingesperrt wirst, ist das ein echtes Problem für dich. Während die Alten Erinnerungen haben, an so viele Jahre in Freiheit, haben die Jugendlichen ... nichts. Raus aus der Schule, rein in den Hausarrest. Lara leidet sehr unter der Krise und fragt sich, was der Sinn ihres Lebens ist. Eine Wasserflasche, die von Michaela Martens bei der Desinfektion übersehen wurde, bringt mehr als nur ein wenig Chaos in ihre Familie. Wird Lara und ihre gebeutelte Familie an den Herausforderungen zerbrechen, die die Würmchen für sie darstellen? Es gibt nur einen Weg, es herauszufinden. Begleitet sie auf ihrem Weg!

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Der Spiegel

 

Von Julian Bates

 

 

 

 

 

Buchbeschreibung:

Ein Mädchen in der Corona-Krise. Um die Alten zu retten, haben die Jugendlichen meiner Ansicht nach am stärksten gelitten. Wenn du fünf bis zehn Prozent deines Lebens zu Hause eingesperrt wirst, ist das ein echtes Problem für dich. Während die Alten Erinnerungen haben, an so viele Jahre in Freiheit, haben die Jugendlichen ... nichts. Raus aus der Schule, rein in den Hausarrest.

Lara leidet sehr unter der Krise und fragt sich, was der Sinn ihres Lebens ist. Eine Wasserflasche, die von Michaela Martens bei der Desinfektion übersehen wurde, bringt mehr als nur ein wenig Chaos in ihre Familie.

Wird Lara und ihre gebeutelte Familie an den Herausforderungen zerbrechen, die die Würmchen für sie darstellen?

Es gibt nur einen Weg, es herauszufinden.

Begleitet sie auf ihrem Weg!

 

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Über den Autor:

Wo liegen die Grenzen der Fantasie? Das ist eine Frage, die mich immer wieder einmal beschäftigt hat, welche Grenzen sollte man sich persönlich setzen? Die Grenzen, die einem von der Familie angeraten werden? Die von der allgemeinen Gesellschaft da draußen? Die von den diversen religiösen Gruppierungen? Die, die einem das Gesetz vorschreibt?

 

Irgendwann im Laufe eines Lebens kommen die meisten zu dem Schluss, man kann es nicht allen recht machen, und man muss sich seine eigenen Grenzen ziehen. Meine Fantasie hat natürlich überhaupt keine Grenzen, aber ich habe einige Dinge, die ich persönlich einfach nicht gut finde, und andere, die ich mag. Ich respektiere das Gesetz, ich füge niemand anders Schaden zu, und versuche, so vorausschauend zu leben, dass ich das auch unbeabsichtigt nicht tue.

 

Ich respektiere andere Menschen und ihre Würde, egal wie sie aussehen, welche sexuelle Ausrichtung sie haben oder welcher Religion sie angehören. Ich habe keinen Respekt vor Menschen, die andere Menschen schlecht behandeln, warum auch immer sie glauben das tun zu müssen.

 

Genau da setze ich auch die einzigen Grenzen meiner Fantasie, und zwar auch der sexuellen. Also respektieren meine Charaktere, abgesehen von den Bösewichten natürlich, das Gesetz und andere Menschen, und fügen niemandem mit Absicht Schaden zu. Sadismus und Erniedrigung wird man ebenfalls nicht in meinen Geschichten finden, Freiwilligkeit, Respekt und Liebe für den/die Partner ist die Basis für alle meine Geschichten.

 

Geschlechter sind für mich ein Kontinuum, ein dreidimensionales Gebilde, in dem sich irgendwo die tatsächlichen Geschlechter einer Person befinden. Meiner Ansicht nach sind sie nicht einmal sonderlich konsistent, sondern eher fluktuös und verändern sich mit der Zeit.

 

 

 

 

 

 

Der Spiegel

 

 

 

Von Julian Bates

 

 

 

Impressum

Version 1.1

Autor: Julian Bates

AutorEmail: [email protected]

Herausgeber:

Dirk Jost

Am Mühlbach 5

64853 Otzberg

Deutschland/Germany

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Auflage, 2021

© Julian Bates – alle Rechte vorbehalten.

Impressum

Version 1.1

Autor: Julian Bates

AutorEmail: [email protected]

Herausgeber:

Dirk Jost

Am Mühlbach 5

64853 Otzberg

Deutschland/Germany

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

Kapitel 1 Der Coronavirus

Kapitel 2 Nicht mehr allein

Kapitel 3 Eine bewusste Entscheidung

Kapitel 4 Ein Morgen wie jeder andere

Kapitel 5 Ein Schwur

Kapitel 6 Eins zu werden

Kapitel 7 Ein Besuch

Kapitel 8 Verwandlungen

Kapitel 9 Der Heimweg

Kapitel 10 Zurück zu den Lebenden

Kapitel 11 Böses Erwachen

Kapitel 12 Turbulenzen

Kapitel 13 Ruhigeres Gewässer

Kapitel 14 Die Farbe Blau

Kapitel 15 Elsa

Kapitel 16 Wenn dein ganzes Leben kollabiert

Kapitel 17 Anmerkung des Autors

Kapitel 1 Der Coronavirus

Wahnsinnig zu werden ist nicht schwer heutzutage. Viele Leute sind verrückt. Manche passiv, und andere sehr aktiv. Ich gehöre eher zu der ersten Art. Ich bin nicht arm, ich brauche euch nicht leidzutun oder so, ganz sicher nicht, denn was mich hier her gebracht hat, ist der Reichtum meiner Familie. Ich sitze in meinem eigenen Zimmer und spüre ... nichts, da ist die große Leere. Ihr könnt das nicht nachvollziehen, es sei denn, ihr habt in eurem Leben ebenfalls das Problem, dass euch absolut nichts fehlt, bis auf eine einzige, kleine Sache, die bei näherem Hinsehen gar nicht mehr so klein ist.

Der Sinn des Lebens.

Nun, wenn wir uns gerade unterhalten würden, dann würdet ihr mich ganz sicher fragen, hey, Lara, was ist denn der Sinn des Lebens? Oder vielleicht noch viel wichtiger ist die Frage, was für eine Bedeutung hat denn der Sinn des Lebens, wenn ich nicht weiß, woher ich morgen etwas zu Essen bekomme, oder wo ich morgen wohnen werde? Ohne die Befriedigung der Grundbedürfnisse ist so etwas wie der Sinn des Lebens ... bedeutungslos. Mehr oder weniger jedenfalls.

Dieses Problem habe ich selbst allerdings noch nie gehabt. Meine Familie heißt Krauss, und selbst wenn euch der Name nichts sagen sollte, wir sind irgendwie verwandt mit der Waffenschmiede, bitte fragt mich aber nicht, wie und warum, es ist irgendwas Entferntes, und ganz ehrlich, es hat mich nie sonderlich interessiert. Was ich euch aber sagen kann, es hat zur Folge, dass ich mir weder über Geld, noch über ein Dach über dem Kopf je Sorgen machen musste. So in etwa wie Nahrung für die meisten in unserem Land.

Für mich ist Nahrung von je her eher schon eine disziplinarische Maßnahme.

Von Kind auf wurde das gelehrt. Man nimmt sich die leckersten Häppchen, zu allererst, lässt sich sehr viel Zeit zum Kauen, und sobald der Heißhunger, der Allererste, verschwunden ist, wird man geschlagen, wenn man weiteressen will. Auf den Mund, den Hinterkopf, ins Gesicht, oder falls das alles immer noch nicht hilft, dann wird man eingesperrt. Denn das Aussehen ist das Allerwichtigste überhaupt für eine Familie wie unsere. Schließlich hat man doch richtigen Gene mitbekommen, dann hat man sie gefälligst auch zu nutzen. Meine Kindheit war dementsprechend, allerdings habe ich wenigstens eine gute Sache mitgenommen.

Eine schlanke Figur gehört nämlich selbstverständlich zum Leben, vor allen anderen Dingen, denn sonst funktioniert es nicht, weder vorwärts noch rückwärts, ist doch logisch. Lernen, und zwar nicht in der Schule des Lebens, denn dazu habe ich keinen Kontakt, was mir oft genug gar nicht so unrecht ist, hauptsächlich dann, wenn ich im Netz surfe und das lese, was die Leute so schreiben, die Schule des Lebens als Bildungsquelle in ihrem Steckbrief haben, sondern das Lernen in der richtigen Schule, ist das große Ding Nummer zwei. Zusammengefasst besteht mein Leben also aus genau zwei Dingen, und zwar Arbeiten und Hungern. Nicht das wirkliche, echte Hungern, sondern das, was man aus reiner Disziplin machen muss. Geldmittel stehen mir dagegen in so großen Mengen zur Verfügung, dass ich jederzeit vermutlich ein ganzes Haus kaufen könnte, obwohl ich nur die Tochter bin.

Mein Wecker nervt mich schon immer, aber seitdem ich das Abitur habe, nervt er mich noch viel mehr, weshalb ich ihn sehr lange nicht mehr benutzt habe. Es ist jetzt ein Jahr her, dass ich das Haus verlassen durfte, es ist mir nicht mehr erlaubt, da die ganze Welt in einer dämlichen Pandemie versinkt. Es gibt bereits Millionen von Toten, und ich bin eigentlich nicht einmal wirklich zornig über den Hausarrest, denn natürlich ist es notwendig, den Virus einzudämmen, bis alle geimpft werden können. Zum Glück ist wenigstens ein Impfstoff in Aussicht, sogar von einer deutschen Firma, allerdings nutzt mir das gerade überhaupt nichts. Leider darf ich selbst nicht einmal mehr einkaufen, bei uns wird derzeit alles geliefert. Bestellen hingegen darf ich alles, in beliebigen Mengen, mein Taschengeld wurde extra dafür erhöht.

Es ist absolut zumutbar, jedenfalls denken das die Eltern, dass ein junges Mädchen nach dem Abitur eine Pause einlegt. Ich hätte ja auch nichts dagegen, wenn ich wenigstens die Welt bereisen, oder mit Gleichaltrigen feiern und angenehmen Dinge auf einem Kreuzfahrtschiff oder etwas in der Art unternehmen könnte, aber über ein Jahr zuhause eingesperrt zu werden, das ist echt übel. Das Studium ist ebenfalls bis auf weiteres ausgesetzt, sie meinten, dass es noch genügend Zeit dafür gibt, wenn diese Krise Geschichte ist. Das Argument, dass es ja wohl nicht sein kann, dass ich gar kein Risiko eingehen darf, sie aber ganz normal weiter Arbeiten gehen, wird ignoriert. Ebenso wie das, dass ich schließlich jünger bin und daher nicht in die Risikogruppe für schwere Erkrankungen falle.

Also habe ich das letzte halbe Jahr damit verbracht, Computerspiele zu spielen, bis sie mir nun endlich wieder aus den Ohren herauskommen, ich habe echt kein Bock mehr darauf. Auch wenn es ein paar sehr Gute darunter gibt, ich besitze eine Playstation vier Pro und einen Samsung 4K UHD TV in meinem Zimmer, was als Kombi zum Zocken sehr gut geeignet ist. Ab heute will ich allerdings etwas Neues beginnen, das Lotterleben ist für mich endgültig vorbei, ich habe keine Lust mehr. Wir sind neulich umgezogen, kurz nach Weihnachten, in ein Haus in Darmstadt, und ich weiß nicht einmal genau, wo das eigentlich liegt. Ich darf immerhin Joggen gehen, sicher, aber wer interessiert sich schon für Joggen in einer Pandemie? Mich bisher auf jeden Fall nicht, allerdings will ich auch das ab sofort ändern.

Es gibt eine konkrete Sache, die mich dazu bewogen hat, alles anders anzugehen, als ich es bisher gemacht habe. Die Zeit der offenen Rebellion ist jetzt vorbei, da meine Mutter mir gestern gesagt hat, sie hat sich tatsächlich dafür extra die Zeit genommen, wieder einmal mit mir zu reden, dass es ihr inzwischen scheißegal ist, wie ich aussehe, und wenn ich mich, meinen Körper und meine Gesundheit zugrunde richten wolle, dann wäre das jetzt mein gutes Recht, da ich inzwischen erwachsen sei. Wenn meine Mutter, von der ich jederzeit eine gescheuert bekomme, wenn ich einen Happen zu viel esse, so etwas sagt, dann ist das ein sehr ernstes Zeichen dafür, dass in meinem Leben gerade etwas sehr Entscheidendes schief läuft.

Meine Eltern leben ihr Leben und ich meines, mit dem Unterschied, beziehungsweise der Einschränkung, dass ich bestimmte Vorschriften bekomme, wie den strikten Hausarrest. Wir verbringen üblicherweise sehr selten Zeit miteinander, denn wenn sie nach Hause kommen, habe ich gegessen und genieße normalerweise noch einen netten Abend oder habe gelernt, als ich noch zur Schule ging. Sie gehen völlig in ihrer Firma auf, sind aus dem Haus, bevor ich aufstehe, und kommen nach Hause, wenn mein Tag bereits gelaufen ist. Das geht nun schon seit vielen Jahren so, seitdem Mama ebenfalls in der Firma angefangen hat, nachdem sie beschlossen hatten, dass ich alt genug sei, mich um mich selbst zu kümmern.

Was mich wieder zu mir selbst bringt. Ich bin leider ziemlich asozial, ich konnte mich seit der Oberstufe nicht mehr mit meinen Mitschülern anfreunden, was zugegebenermaßen sicher auch an meiner Arroganz liegt. Ich weiß, dass ich sehr gut aussehe, und komme auch genauso rüber, was die Mädchen abgeschreckt hat, und bei den Jungs dafür gesorgt hat, dass nur ihre schlimmsten Seiten zum Vorschein kommen. Die Netten, Schüchternen haben sich noch nie getraut, mit mir auch nur zu reden, und ich habe ihnen auch keinen Grund dafür geliefert. Und jetzt stehe ich da, ziemlich einsam, mit Hausarrest, ohne eine Chance irgendwen kennenzulernen, eine Sache, die ich in meinem Leben immer wieder nach hinten geschoben habe.

Dem zu entfliehen, würde bedeuten, dass ich mehr oder weniger mittellos ausziehe, und zwar ohne Ausbildung, bis auf das Abi. Meine Eltern haben Zugriff zu Anwälten, mit denen sie alles bekommen, was auch immer sie wollen. Dafür zu sorgen, dass ich wieder nach Hause komme oder alternativ völlig mittellos dazustehen, ist kein Problem für sie. Außerdem wird mir zugegebenermaßen das Zuhausebleiben auch noch ziemlich versüßt, ich bekomme mehr Taschengeld, als ich bei sehr vielen Arbeitsplätzen verdienen würde, also lasse ich meine Rebellion auch nur bis zu einem gewissen Grad gehen, und die absolute Grenze war für mich selbst gerade überschritten worden. Der Wecker bekommt einen Schlag ab, was ihn verstummen lässt, und dann schlurfe ich ins Bad. Mein Zimmer hat ein Separates, mit Waschbecken, Badewanne und Dusche.

Ich grüße mein Spiegelbild und lege die Hand auf den Spiegel, eine Geste, die das Mädchen darin gehorsam erwidert, genau wie sonst auch. Dieses Mal ist ihre Hand kalt, so wie ich es bei einem kalten Spiegel aus Glas erwarten würde, allerdings war es nicht immer so gewesen. Oft genug war ihre Hand warm gewesen, wenn ich ihre Nähe ganz besonders dringend brauche, vielleicht geht es mir einfach noch nicht schlecht genug. Ich habe es schon erwähnt, dass ich verrückt bin? Es sind paranoide Wahnvorstellungen. Nicht unbedingt paranoid, und ebenfalls nicht Wahn, denn negative Gefühle habe ich bei ihr noch nie empfunden, meinem Spiegelbild.

Er wenig Narzissmus gehört immer dazu, wenn man dermaßen viel Wert auf das Aussehen legt, sonst schafft man die Ziele nicht, die man sich setzt. Sowohl beim Essen als auch beim Sport. Ich schließe die Augen und putze mir die Zähne mit der elektrischen Zahnbürste, und da ist es plötzlich wieder da. Das wunderbare Gefühl, dass der Spiegel durchlässig wird und sich eine warme Hand mit meiner verschränkt. Ihr Daumen streichelt mir zart über den Handrücken, und ich erwidere die liebevolle Geste. Ich halte ängstlich die Augen geschlossen und putze weiter die Zähne, da ich genau weiß, dass sie verschwinden wird, sobald ich sie öffne.

Erst nachdem ich fertig bin, spucke ich die Zahncreme aus und nehme mir das Mundwasser, mit dem ich den Rest der Mundhöhle reinige und gurgele, dann öffne ich die Augen. Ihre Hand verschwindet, meine Finger werden aus dem Spiegel herausgedrückt, ich lehne mich einfach nur an das kalte Glas des Spiegels und sehe das Mädchen darin traurig, voller Sehnsucht nach ihr an. Ich umarme mich selbst, zwinkere ihr zu und hoffe, dass sie versteht, dass ich sie trotz allem liebe. Nach einem Seufzen gehe ich zu meinem riesigen Kleiderschrank, ziehe mir Turnschuhe, ein lässiges T-Shirt, eine enganliegende Sportjacke und eine warme Leggins an und schließe mein Zimmer auf.

Das ist eine Marotte, die eigentlich meine Eltern angefangen haben, sie schließen nachts ihr Schlafzimmer ab, damit das, was auch immer sie dort nachts miteinander tun, vor zarten Kinderaugen verborgen bleibt. Ich habe die Marotte übernommen und mache das seit einigen Jahren genauso. Es hat unser Verhältnis nicht unbedingt wärmer gemacht, allerdings ging die Streiterei eindeutig genug aus, denn sie mussten nachgeben und mir das Gleiche zugestehen, wie sich selbst. Ich gehe zur Tür, stecke mir einen Schlüssel ein und laufe los. Ich bin schon ziemlich bald außer Atem, ein halbes Jahr ohne Training hat genau das bewirkt, was ich erwarten durfte, es gibt auf jeden Fall keinen Grund, sich zu beschweren.

Meine Brüste sind so gut wie nicht existent, ich hatte noch nie welche, ich war schon immer sehr flach, was mich oft genug gestört hat, vor allem, wenn ich sie mit denen der anderen Mädchen verglichen habe. Wenn man so wie ich aussieht, also eher der schlanke, flachbrüstige Typ ist, muss man dafür sorgen, einen schönen Hintern zu bekommen und dermaßen dünn zu sein, dass die Spalte zwischen den Beinen weit genug auseinandergeht, um einen Ausgleich für den fehlenden Busen zu schaffen. Zusätzlich sollte man natürlich ausreichend Muskeln aufbauen, damit das Ergebnis in Summe einigermaßen ansehnlich ist. Mit dieser Meinung über meinen Körper bin ich zugegebenermaßen weder zeitgemäß noch populär, zumindest außerhalb der Model-Branche nicht, wo solche Ansichten nach wie vor die Regel sind.

Das ist eine Krux unserer Gesellschaft, einem einerseits die ganze Zeit extrem schwer erreichbare Schönheitsideale zu präsentieren, und andererseits zu predigen, wie ungesund und unsinnig sie sind. Auch dieses Mal werde ich meinen eigenen Weg gehen, ich werde meine Zeit dafür nutzen, genau das aus meinem Körper zu machen, was mir selbst am besten gefällt. Es dauert nicht lange, bis ich völlig fertig bin, allerdings reduziere ich das Tempo und mache weiter, sehr wohl wissend, dass ich spätestens morgen einen ziemlichen Muskelkater haben werde.

Eine gute Stunde später bin ich wieder zuhause, schließe unsere Haustüre auf und betrete das Haus. Das große Gebäude ist menschenleer, wie immer, außer mir ist üblicherweise niemand zuhause. Ich hänge die durchgeschwitzte Jacke in meinem Bad auf, ziehe die Turnschuhe und die schwarzen Nylon-Socken aus und mache mich anschließend zum ersten Mal auf in eine Region des Hauses, das ich bisher noch nicht gesehen habe, nämlich den Keller. Natürlich weiß ich, was ich dort vorfinden werde, trotzdem fühle ich mich heute ein wenig wie ein Forscher.

Das neue Haus damit quasi anzunehmen, indem ich es erforsche, und indirekt auch gleich noch die fremde Stadt, gehört ebenfalls zu dem Prozess dazu, die Rebellion endlich aufzugeben. Wenn ich etwas tue, dann tue ich es gründlich und effektiv, das ist eins der Dinge, welches ich von meinen Eltern mitbekommen habe, was ich sehr schätze. Mein Abi hat einen glatten Schnitt von eins, weil ich es in der Schule genauso gehandhabt habe. Ich gehe die Treppe runter, sogar diese ist aus Marmor, und öffne die schwere Brandschutztür im Keller. Dann hole ich tief Luft vor Überraschung, denn mit dem Anblick habe ich nicht gerechnet, obwohl mir schon klar ist, dass dieses Haus sehr teuer gewesen ist. Das Licht geht von alleine an und erhellt ein Schwimmbad mit einem riesigen Becken, mindestens fünfundzwanzig Meter lang, und einem sehr großen Raum, mit einer vorneweg drei Meter hohen Decke.

Diesmal hatte Vater tatsächlich recht, als er meinte, ich soll es mir doch mal ansehen, ihm hätte es durchaus sehr zugesagt. Staunend betrete ich barfuß den Raum und erschrecke ziemlich, als hinter mir die Stahltür zufällt, schüttle dann jedoch den Kopf über mich selbst. Es gibt mehrere Türen, die ich jetzt alle öffne. Hinter einer ist ein riesiges Bad, mit Whirlpool, mehreren Duschen und Waschbecken und natürlich auch zwei Toiletten mit einem eigenen Stall, die abschließbar sind. Hinter einer zweiten Tür finde ich eine Bar, die allerdings zu meinem Bedauern unbestückt ist, die Kühlschränke sind leer, bis auf einen einzigen, der noch läuft und einen Kasten Wasser enthält. Ich nehme mir eine Flasche, da selbst wenn der Kasten noch von den Bewohnern davor stammt, spielt das keine Rolle, denn Wasser in Flaschen wird so oder so nicht schlecht.

Dann betrete ich den letzten Raum und auch hier geht das Licht von alleine an, und muss tief Luft holen. Ich mache die Flasche auf und trinke einen Schluck, als ich mir das Fitnesscenter ansehe, das sehr luxuriös bestückt ist, mit allem, was das Herz begehrt. Hantelbänke, Laufbänder, Stepper, Fahrräder mit Bildschirm, Geräte um den Rücken zu trainieren, und dann noch einige mehr, die ich noch nie gesehen habe. Ich muss zugeben, ich bin beeindruckt, und es ist nicht einfach, mich zu beeindrucken. Meine Eltern haben sehr viel Geld, wie schon erwähnt, aber so etwas haben wir uns bisher noch nie geleistet.

Ich trinke die Flasche Wasser leer, nach dem Lauf bin ich doch sehr dehydriert, und bringe sie zurück in die Bar, als mir beim Zurückstellen etwas auffällt. Jemand hat etwas auf die Flasche geschrieben, mit einem Bleistift, es ist kaum noch zu lesen. Es ist ein Herzchen und darunter steht „Würmchen“. Ich bekomme ein merkwürdiges Gefühl im Bauch, als ich die Flasche in den Kasten zurückstelle, nehme mir zwei andere Flaschen aus dem Kasten und studiere sie. Die Siegel sind nicht verletzt, die Flaschen sehen alle ganz normal aus, bis auf die eine, die ich geleert habe, wo das Siegel jetzt natürlich gebrochen ist. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich das Siegel gebrochen habe oder nicht, schüttle dann den Kopf über meine Paranoia, schließlich ist es einfach nur eine Flasche Wasser und nicht mehr, und schließe dann den Kühlschrank sorgfältig.

Ich ziehe die Leggins und das T-Shirt aus, lege es im Schwimmbad auf eine Bank und springe nackt in das Becken. So ein paar Vorteile hat es schon, wenn man völlig alleine in so einem großen Haus ist. Das Wasser ist sehr leicht gechlort und brennt daher kaum in den Augen, was ich ziemlich gut finde, ich mag zu stark gechlortes Wasser im Schwimmbad nicht sehr, selbst wenn es vernünftig ist und desinfiziert. Ich schwimme ein paar Runden, bin aber bald schon restlos fertig und ausgepowert, also ziehe ich mich aus dem Becken, nehme mir meine Klamotten und trockne mich damit behelfsmäßig ab.

Den nächsten Besuch werde ich auf jeden Fall mit Handtüchern machen, so viel steht schon mal fest. Immer noch völlig nackt laufe ich zurück zu meinem Zimmer, hänge die Klamotten ebenfalls ins Bad über die Heizung und gehe erst mal ausführlich duschen. Dabei lege ich mir im Kopf die nächsten Tage zurecht, mit einem Trainingsplan, der mich bis auf wenige Pausen durchgehend beschäftigen sollte. Ich bin mir etwas unsicher, wie mein Muskelkater morgen aussehen wird, und plane sicherheitshalber für den schlimmsten Fall einen Pausentag ein. Anschließend ziehe ich mir eine gemütliche Leggins und ein anderes T-Shirt an, ohne Unterwäsche, und gehe in die Küche, wo ich mir etwas zu Essen mache. Salat mit Hühnchen, fettfrei, vitaminreich und trotzdem mit den Proteinen, die ich brauche, um nach der zu langen Pause meine Muskeln wieder aufzubauen.

Es ist erst früher Nachmittag, weshalb ich mit dem Gedanken spiele, noch etwas für den Oberkörper zu tun, und nachdem ich eine Weile lustlos im Netz gesurft habe, entschließe ich mich doch noch dazu. Die Klamotten, die ich anhabe, sollten geeignet genug ein, also nehme ich mir ein Handtuch, meine Handschuhe und gehe wieder runter. Dann nehme ich mir die Geräte vor, die nach Oberkörpertraining aussehen, und gehe an die Arbeit. Diesmal habe ich mein Handy und einen Lautsprecher dabei, spiele eine meiner hektischeren Playlists ab, die mich motivieren soll, was auch ganz gut funktioniert. Ich gehe es langsam an, nach dem Joggen ist der Energiehaushalt suboptimal, allerdings kitzle ich meinen Körper, in der Hoffnung, direkt den Fettab- und Muskelaufbau zu intensivieren.

Zwei Stunden später zittere ich zwar am ganzen Körper, bin aber hochzufrieden mit mir selbst und gehe erneut duschen. Danach lege ich mich ins Bett und lasse mich vom Fernsehen berieseln, bis ich vor lauter Erschöpfung einschlafe, ich bekomme es nicht einmal mehr mit, wie meine Eltern nach Hause kommen. Die Nacht verbringe ich ein wenig unruhig, ich träume davon, völlig alleine auf der ganzen, weiten Welt zu sein, ich rufe und rufe, jedoch niemand antwortet mir. Meine Laune ist am nächsten Morgen dementsprechend ziemlich schlecht und deprimiert, obwohl sich der Muskelkater deutlich stärker in Grenzen hält, als ich es erwarten konnte.

Ich gehe ins Bad und lege die Hand auf den Spiegel, wie immer, und greife nach der Zahnbürste. Diesmal brauche ich die Augen nicht einmal zu schließen, ihre Finger verschränken sich sofort in meine. Ich lächle mein Spiegelbild an, und sie erwidert das Lächeln. Es sieht ein wenig merkwürdig aus, dieses Spiegelbild, das meine Hand ergriffen hat, und trotzdem wärmt es mein Herz nach der kalten und einsamen Nacht. Mir ist klar, dass ich mir das alles nur einbilde, dass es nicht real ist, und trotzdem halte ich ihre warme Hand sehr, sehr fest. Der Druck gibt mir ein gutes Gefühl, und ich halte die Berührung aufrecht, bis ich mit Zähneputzen fertig bin und das Mundwasser ausgespuckt habe. Einer Eingebung folgend küsse ich ihre Fingerspitzen zum Abschied. Der Abdruck ihrer Lippen auf meinen Fingern glüht förmlich, genau wie meine Lippen.

Die Eltern sind schon wieder weg, allerdings liegt ein Zettel von meiner Mutter in der Küche.

„Ich bin sehr stolz auf dich. Ich habe mehr Wasser, Salat und Hühnchen geordert.“

Ich öffne den Kühlschrank, habe allerdings nur wenig Appetit auf ein Frühstück, weshalb ich viel Wasser trinke, vor lauter Gier gleich aus dem Hahn, und mir einen Kaffee mache, in den ich noch mehr Zucker als üblich schütte. Zu meiner Verwunderung ist mein Verlangen nach Zucker deutlich heftiger als sonst geworden, üblicherweise habe ich keine Lust mehr auf Süßes, wenn ich erst einmal richtig mit dem Training angefangen habe. Ich trinke den Kaffee und summe dabei vor Vergnügen, so gut fühlt sich der Zucker in den Blutbahnen an, und es hebt sowohl den Energiehaushalt als auch die aktuelle Stimmung.

Danach ziehe ich die mittlerweile wieder getrockneten Joggingklamotten an und mache mich auf den Weg. Meine Laune hebt sich noch weiter, als ich merke, dass es eine merkliche Steigerung im Vergleich zu gestern gibt, was mit Sicherheit nichts ist, mit dem ich gerechnet habe, ganz im Gegenteil. Eine gute Stunde später komme ich zuhause an, ziehe Jacke, Schuhe und Socken aus, und gehe gleich in den Keller, wo ich mich ohne Verzögerung an den Oberkörper mache. Ich trinke viel, es scheint allerdings trotzdem nicht zu reichen, mich gelüstet nach mehr, und zwar nach noch mehr Zucker. Da ich diesmal diättechnisch völlig auf Fett verzichte, genehmige ich mir ein süßes Getränk und trainiere weiter.

Anschließend schwimme ich noch ein paar Bahnen und lege mich dann völlig fertig auf das Bett. Die Erfolge beim Training freuen mich sehr, trotzdem laufen mir bittere Tränen der Einsamkeit über die Wangen. Ich gehe wieder ins Bad, lege beide Hände auf den Spiegel und betrachte das Mädchen mit dem tränennassen Gesicht im Spiegel, als sich ihre Hände in meinen verschränken. Das tröstliche Gefühl ihrer Präsenz überflutet mich und sorgt dafür, dass ich mich nach einer Weile wieder besser fühle. Ich löse mich von ihr, ziehe mich aus, gehe auf die Toilette und gehe anschließend unter die Dusche. Mein Magen fühlt sich leer an, und jetzt auch noch der Rest meines Verdauungssystems, allerdings fühlt es sich trotzdem so richtig und gut an, das übliche Knurren des Magens bleibt völlig aus.

Zurück in der Küche mache ich mir noch einen Salat, allerdings kriege ich ihn nicht herunter. Mir wird schlecht, als ich versuche, ihn zu essen, ich spucke alles wieder aus und trinke stattdessen noch einen Kaffee mit sehr viel Zucker, der meine Stimmung genauso stark wie heute Morgen anhebt. Schulterzuckend stelle ich den Salat für meine Eltern in den Kühlschrank, wische die Sorgen, die ich mir einen Moment lang mache, beiseite und schließe mich für den Abend in mein Zimmer ein. Ich sehe mir die Nachrichten an, schüttele den Kopf über die Covidioten, die diese ganze verdammte Krise nochmal in die Länge ziehen werden, und lege mich frustriert schlafen.

Diese Nacht schlafe ich noch unruhiger als die Nacht davor, und diesmal kommt nicht nur die Einsamkeit darin vor, sondern auch noch ein ziemlich starkes Verlangen nach Sex. Es fühlt sich ein wenig merkwürdig an, da ich noch nie welchen hatte, allerdings kenne ich die eine Seite daran durchaus, nämlich dass ich nass zwischen den Beinen werde und das Begehren bekomme, dort angefasst zu werden. Das unendliche Alleinsein wird dadurch fast noch unerträglicher, als ich am nächsten Morgen erwache. Bittere Tränen des Selbstmitleids rinnen mir über die Wangen, die ich allerdings zornig wegwische und mich erhebe. Ich suche den Trost im Bad und finde ihn in Form einer Hand, die meine beim Zähneputzen streichelt. Diesmal lasse ich sie nicht los, nachdem ich das Mundwasser ausgespuckt habe, sondern lege meine andere Hand ebenfalls an den Spiegel.

Beide Hände halten sich gegenseitig ziemlich fest, sie will nicht loslassen und ich will es ebenfalls nicht. Ich habe das übermächtige Gefühl, sie aus dem Spiegel herausziehen zu müssen, zu mir zu holen, sie hier zu haben, damit sie mir Gesellschaft leistet, meine Einsamkeit lindert. Der Zweifel an meiner geistigen Gesundheit wird so langsam immer größer, als ich wieder ihre Hände küsse und mich dann schweren Herzens von ihr löse. Zurück in der Küche angekommen trinke ich ziemlich viel Wasser und noch einen Kaffee. Der Gedanke, etwas zu essen, bewirkt, dass mir auf der Stelle schlecht wird.

Da es mir eigentlich sehr gelegen kommt, ziehe ich meine Laufsachen an und renne erneut los. Von einer Schwäche aufgrund der fehlenden Nahrung bemerke ich allerdings überhaupt nichts, ganz im Gegenteil. Seit gestern bin ich noch einmal deutlich schneller geworden, ich renne so schnell wie noch nie zuvor über die Feldwege und durch den Wald, lege eine große Strecke zurück und komme anschließend besser gelaunt zuhause an. Ich trinke noch einen weiteren Kaffee, in den ich so viel Zucker schütte, dass er schon bald dickflüssig wird, und gönne mir gleich zwei Flaschen Wasser zu meinem anschließenden Oberkörpertraining.

Die Gewichte werden an Tag drei schon wieder zahlreicher, jedenfalls ein bisschen, obwohl ich immer strikter darauf achte, die Gelenke zu schonen. Vor und während des Abis hatte sich sehr viel trainiert, einfach um einen Ausgleich zu der Lernerei zu haben, und außerdem stellte ich fest, dass ich mich besser konzentrieren konnte, nachdem ich eine Stunde gelaufen war. Allerdings hatte ich letztes Jahr diese Art von Trainingserfolgen nicht einmal annähernd erzielen können. Vermutlich liegt es daran, dass ich eine Grundlage geschaffen und jetzt nach dem halben Jahr eben doch noch nicht so stark abgebaut hatte, wie ich es befürchtet habe. Es gibt aber noch etwas sehr Ungewöhnliches, ein Gefühl, welches mich beim Trainieren durchdringt, und das ist Erregung, und zwar der eindeutig sexuellen Art.

Meine Hände wandern beim Trainieren in den Pausen immer wieder über meinen Körper, streicheln mich selbst nervös und aufgeregt, über meine Brüste, die nach den drei Tagen Training bereits wieder fast restlos verschwunden waren, die sehr empfindlichen und großen Brustwarzen, die so überaus intime Stelle zwischen meinen Beinen, die immer feuchter wird. Die Klamotten stören mich mittlerweile doch dermaßen, dass ich spontan beschließe, völlig nackt weiter zu trainieren. Natürlich ist das deutlich weniger mutig, als es im ersten Moment klingt, denn meine Eltern kommen nie überraschend nach Hause, sie bleiben sehr viel eher schon mal unerwartet über Nacht weg.

Es dauert nicht sehr lange, bis mir die Kombination aus Training und Streicheln zu einem Orgasmus verhilft, allerdings befriedigt er mich nur wenig, die Erregung bleibt mir erhalten. Ich hatte eher ein anderes Bedürfnis, etwas Größeres in diverse Öffnungen meines Körpers gesteckt zu bekommen, und zwar auf die glitschige, erotische, weiche, zarte und doch unwiderstehliche Art und Weise. Meine Phantasie liefert mir die entsprechenden Bilder dazu, allerdings verstärkt es nur meine Einsamkeit, die immer größer wird um mich am Ende schier unüberwindlich erdrückt. Niemand ist hier, der mich auf diese spezielle Art verwöhnen kann, wie ich mir es gerade so sehr wünsche. Außerdem reagiere ich sowieso auf die meisten Männer mit heftiger körperlicher und mentaler Ablehnung.

Mein sexuelles Verlangen geht eher in eine ganz andere Richtung, eine weiche, zärtliche Frau mit kleinen Brüsten, die mich mit ihrem schockierend großen Penis verwöhnt, also eine Sache, die nur noch in der Phantasie existiert, und selbst dort auch nur in meinem Kopf und in sehr eng begrenzten Bereichen des Internets. Ich schüttele heftig den Kopf und erhebe mich, die Einsamkeit schreit mich erneut an, direkt ins Gesicht, die Unerträglichkeit meiner Existenz, meines Verlangens, meiner Sehnsüchte in dieser verdammten Pandemie. Es ist vorher schon fast ausgeschlossen gewesen, das zu finden, was ich mir erträume, jetzt allerdings, eingesperrt in das Haus der Eltern, ist es eine völlige Unmöglichkeit.

Meine Schritte lenken mich wie von selbst zu der einzigen Quelle des Trostes für mich dieser Tage, einem zwei Meter hohen Spiegel, der an der einen Wand angebracht wurde, und ich lehne meine Hände an die kalte Glasoberfläche. Die Oberfläche gibt nach, ich verschränke meine Finger in ihre Hände, halte sie zärtlich umschlungen. Ihr Mund öffnet sich zu einem Schrei, einem Schrei, den ich tief in mir einsperre, der nie nach außen dringt. Plötzlich spüre ich einen Zug an den Händen, der mich bis ins Mark erschüttert, denn anscheinend versucht etwas, mich in den Spiegel zu ziehen. Adrenalin pumpt in die Adern, als sich Bilder in meinem Kopf materialisieren, die mich eingesperrt in das Glas des Spiegels zeigen, auf Ewigkeit eingeschlossen in dem verschmolzenen Quarzsand.

Ich lehne mich zurück und ziehe panisch und brutal, mit aller Kraft, an den Händen, die mir so viel Trost gespendet haben, und jetzt gerade die Quelle von purem Schrecken und Entsetzen sind. Auf einmal macht die Welt für mich einen Ruck, es gibt eine unsichtbare, transparente Welle des Gewebes der Realität, die von meinem Kopf ausgeht, und sich von dort in Richtung des Spiegels ausbreitet. Ich stolpere und falle, auf den Rücken, immer noch die Hände des Trosts festhaltend. Auf einmal fällt jemand hart auf mich, genauso nackt wie ich, und aufgrund der Tatsache, dass ich mich in ihren Händen verkrallt habe, völlig chancenlos, sich noch irgendwie abzufangen. Ihr ganzer Körper fällt ungebremst auf mich drauf und unsere Köpfe schlagen hart aufeinander. Zuerst ihre Stirn gegen meine Schläfe, anschließend mein Hinterkopf auf den Boden und dann wird es auf einmal dunkel um mich herum.

 

Kapitel 2 Nicht mehr allein

Als ich die Augen öffne, weiß ich sofort, dass alles nur ein Traum war, ich liege nämlich noch in meinem eigenen Bett. Ich stöhne lautstark und frustriert auf, wieder völlig alleine und daher umso gefrusteter mit der aktuellen Situation. Immerhin lebe ich noch. Dann setzt sich plötzlich jemand direkt neben mich und beugt sich nach vorne, ein Gesicht erscheint in meinem Blickfeld. Ich fasse an das Eigene, verwirrt, konfus, als ich ihr Gesicht sehe, und dann an Ihres. Sie ist mein Spiegelbild, sie ist diejenige, die mich immer getröstet hat, die immer für mich da war, wenn es mir nicht gut ging.

Glaube ich jedenfalls, war es doch kein Traum? Keine Einbildung? Wie auch immer, sie sieht genauso aus wie ich, sie scheint sogar auf den ersten Blick die gleiche Person zu sein, nur spiegelverkehrt. Ich zweifle an meinem Verstand, nicht zum ersten Mal, habe ich die Wahnvorstellungen schon erwähnt? Die Welt fühlt sich so unreal und unwirklich an, als stünde ich neben meinem Körper. Genau wir die tröstende Hand aus dem Spiegel fühlt sich diese Halluzination allerdings gut an, viel zu gut, um wahr zu sein. Ich schließe die Augen und öffne sie wieder, dann fängt das Fantasiegebilde unverhofft an, mit mir zu reden.

„Du bist wach, ich hoffe doch sehr stark, dass du keine Gehirnerschütterung bekommen hast. Ist dir schlecht? Fühlst du dich benommen? Schau mal bitte meinen Zeigefinger an und folge ihm mit den Augen.“

Ich schüttele den Kopf, die Schmerzen sind aber rein äußerlich, also folge ich brav ihrem Finger.

„Es ist nicht so wild, da bin ich mir fast sicher.“

„In Ordnung, ich glaube, du warst auch nur einen kleinen Moment lang weggetreten und bist dann im Bett eingeschlafen, kurz nachdem ich dich hineingelegt habe. Du hast uns ganz schön in Schwierigkeiten gebracht, meine geliebte Lara.“

„Du hast mich ganz schön erschreckt, ich kann nichts dafür, ich nahm an, du willst mich in den Spiegel ziehen.“, verteidigte ich mich.

„So ein Unsinn, ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen, dass du ein Problem hast. Jetzt haben wir das Problem natürlich alle beide.“

Ich schrecke auf und setze mich hin.

„Wie spät ist es?“

„Mutter und Vater sind bereits zuhause. Sie wollten mit mir essen, also habe ich das getan. Ich habe aber nur Wasser getrunken, was sie beide beunruhigt hat. Ich habe ihnen den Waschbrettbauch gezeigt, an dem du arbeitest, das fanden sie sehr gut, danach haben sie keine Fragen mehr gestellt und bekundet, dass sie dich unterstützen wollen. Du hast also mindestens mal eine volle Woche, um dir etwas für die beiden zu überlegen. Denn Essen kannst du dann ja höchstwahrscheinlich immer noch nicht. Und ich auch nicht.“

Meine Gefühle bestehen größtenteils aus Verwirrung, und sie macht es gerade nicht besser.

„Habe ich dich wirklich aus dem Spiegel gezogen, wie ist das möglich?“

Anstelle einer Antwort beugt sie sich vor zu mir und küsst mich auf die Lippen. Der Schock belebt mich, ich öffne die Augen und starre mich an. Sie an. Ich löse mich von ihr, springe aus dem Bett, greife ihre Hand und renne mit ihr ins Bad, wo ich an den Spiegel dort fasse, vor dem ich immer die Zähne putze und ihre Hand gehalten habe. Der besteht jetzt nur noch aus kaltem Glas, nicht mehr und nicht weniger. Sie steht neben mir, der Zwilling, und sieht völlig identisch aus, nur wenn ich ganz genau hinsehe, bemerke ich, dass sie spiegelverkehrt ist. Wir sehen beide unser Spiegelbild, scheinbar sind wir inzwischen schon vier Mädchen hier im Badezimmer. Sie fasst ebenfalls an den Spiegel, schüttelt den Kopf und greift nach meinen Händen.

„Lara, die Zeiten des Spiegels sind vorbei und werden nicht zurückkommen. Du hast mich zu dir geholt, wie auch immer, und jetzt musst du mit mir leben, ob du willst oder nicht. Wobei ich natürlich notfalls alleine klar komme, falls dir das lieber wäre. Also du möchtest, dass ich wieder verschwinde. Irgendwie komme ich schon durch.“

Ich reiße sie an mich und küsse sie panisch und viel zu hart auf die Lippen. Die spontane, erdende Reaktion kommt nicht nur wegen ihr, es hilft mir auch, mich von der Realität zu überzeugen, dann löse ich mich wieder von ihr.

„Wenn du wirklich ich bist, dann weißt du ganz genau, was mein größtes Problem ist.“

„Deine Einsamkeit.“

„Wieso kommst du dann auf die bescheuerte Idee, ich will dich nicht hier haben?“

„Bin ich nicht, ich will dir nur einen Ausweg lassen, den du aber zugegebenermaßen eh nicht wollen willst.“

„Wenn du das so sagst, dann glaube ich dir, dass du ich bist. Das klingt sehr merkwürdig. Noch ein Ich. Wie soll ich dich eigentlich nennen?“

„Weißt du die Antwort nicht bereits?“

„Maja. Meine Maja.“

„Der Name, den wir uns immer gewünscht haben. Aus Gründen. Genau der.“

„Ich beneide dich, du kannst sein, was ich niemals war.“

„Lara, das ist Unsinn, wir können beide sein, was auch immer wir wollen. Also jedenfalls in einem bestimmten Rahmen.“

Sie seufzt leise auf, wir kennen uns beide sehr gut, und wissen, was die andere denkt. Dann fährt sie fort.

„Zuerst einmal das Wichtige. Der Grund, warum ich überhaupt hier bin. Es gibt da ein kleines Problem, welches wir neuerdings haben. Ich bin nicht ganz sicher, ob wir es lösen müssen oder genießen. Aber was auch immer es ist, wir werden es gemeinsam herausfinden. Müssen.“

Ich sehe sie an mit Staunen und gleichzeitig Liebe in meinem Blick.

„Woher weißt du das alles?“

„Ich habe hingesehen, weißt du, nicht mehr und nicht weniger, Lara. Unser Verhalten hat sich leicht verändert in letzter Zeit. Gibt es noch mehr, was sich verändert hat?“

„Was meinst du damit, Maja?“

„Du bist rollig, ziemlich, und ich bemerke das Gleiche bei mir. Das meine ich, und was noch?“

„Ich kann nichts mehr essen, der Gedanke an Essen bringt mich dazu, mich hemmungslos übergeben zu wollen. Sogar Salat. Was du aber bereits weißt, da du mit den Eltern gegessen hast. Also eben nicht. Wie auch immer.“

Sie nickt mir zu, als ich weiterspreche:

„Und ich brauche neuerdings so viel Zucker im Kaffee, dass er schon eher die Konsistenz von Honig annimmt. Oh, und ich kann schneller laufen. Das Training schlägt besser an.“

Ich hole tief Luft und sehe sie besorgt an, dann spreche ich meine Ängste an.

„Du weißt, dass wir ihnen trotzdem nichts davon sagen dürfen, oder?“

Sie lächelt mich an und küsst mich.

„Selbstverständlich weiß ich das. Wir waren bisher eins. Was sich allerdings ab sofort ändern dürfte, meine liebe Lara.“

Ich streichele ihre Wange und antworte ihr:

„Ich weiß. Wir werden eigene Erfahrungen machen, wir driften auseinander.“

Sie küsst mich auf die Lippen.

„Und ich weiß daher natürlich auch, was wir unseren Eltern sagen dürfen und was nicht. Also, was tun wir?“

„Abwarten. Es sei denn, du hast eine bessere Idee.“

Sie sieht mich an, ihr Blick glüht geradezu vor Lust und unterstreicht noch einmal, worüber wir gerade gesprochen haben, dann kühlt er jedoch merklich ab, als die Vernunft bei ihr einsetzt.

„Du weißt ganz genau, was ich wirklich will. Aber es ist zu früh. Wir realisieren beide noch nicht richtig, was uns unten im Keller passiert ist. Morgen früh werden wir bestimmt alles klarer sehen.“

„Nachdem wir heute Nacht sehr eng aneinandergekuschelt geschlafen haben.“

„Genau so. Wie immer bist du vernünftig und konform, deine Eltern wären gerade echt stolz auf dich, wenn sie es wüssten.“

Ich hebe die Bettdecke und zeige auf ihre Klamotten, die sie auf der Stelle von sich wirft, dann kuschelt sie sich an mich, und wir versuchen zu schlafen. Was natürlich nicht gelingt, denn wir sind beide viel zu unruhig und nervös dafür. Ich streichele ihr Gesicht, ihre roten Haare, die ich auch im Dunkeln jederzeit sehr detailliert beschreiben könnte. Unwillkürlich wandern meine Hände weiter nach unten, in Richtung ihres Busens, der schon nach drei Tagen wegen des Joggens sichtlich abgenommen hat. Trotzdem sind die Brustwarzen sogar überempfindlich, und Maja stöhnt auf, als ich sie dort streichle.

„Jetzt kommt so langsam allerdings der Teil, wo deine Eltern doch nicht mehr ganz so stolz auf dich wären. Ich hoffe, das ist dir auch klar.“

„Was schlägst du vor, den Schnapsschrank meines Vaters zu plündern? Ich bin gerade dermaßen scharf auf dich, das kannst du dir nicht vorstellen.“

„Doch, das kann ich durchaus, Lara, da ich mindestens genauso nass zwischen den Beinen bin. Ich bleibe dir aber den Beweis noch schuldig, und hole uns lieber was zur Beruhigung. Wart‘ mal.“

Maja zieht sich eine kurze Hose und ein T-Shirt an, dann schließt sie das Zimmer auf und verschwindet. Ich drehe mich auf den Rücken und seufze tief, denn was hier auch immer geschieht, ich bin nicht mehr alleine. Was mit Abstand das Wichtigste ist, und alles Weitere, ob wir uns heute Nacht noch lieben oder nicht, ist doch im Grunde genommen egal, es wird nichts mehr an den Fakten ändern. Ich habe einen Zwilling von mir aus dem Spiegel gezogen und lebe von jetzt an mein Leben gemeinsam mit ihr. Was wir aber besser geheimhalten sollten, solange uns unsere Freiheit wichtig ist. Also das bisschen Freiheit, was wir gerade haben. Inklusive Hausarrest. Obwohl ich derzeit immer stärker das Gefühl bekomme, dass irgendwo da draußen bereits eine Gummizelle für mich reserviert ist.

Ich spüre einen Klaps auf meinem Hintern und schrecke hoch. Einen Moment später wird mir klar, was passiert ist. Unser Vater hat sie erwischt, es von der humorvollen Seite gesehen und hat mir zum Abschied auf den Hintern gehauen. Noch bevor ich zu einem Schluss gekommen bin, ob ich mich aufregen oder freuen soll, betritt Maja das Zimmer und schließt ab. Sie hat eine Flasche Schnaps dabei und außerdem zwei Gläser und einen Kübel Eis. Ich sehe sie neugierig an, als die das Tischchen ans Bett rückt und ihre Ausbeute stolz darauf stellt.

„Er hat dir seinen Absinth freiwillig mitgegeben? Wow, er muss gut drauf sein.“

Sie grinst mich an.

„Du hast sogar den Klaps gespürt, oder? Das dachte ich mir schon, wir sind ziemlich eng verbunden, wie mir so langsam klar wird, Lara. Wie auch immer, wir haben bekommen, was wir wollten, ich musste nur den Welpen-Blick einsetzen, der wirkt bei ihm immer.“

Ich nicke, setze mich auf, nehme mir zwei Gläser, lege Eis hinein und halte sie ihr hin. Sie gehorcht sofort, schenkt uns beiden ein, dann setzt sie sich neben mich, wickelt uns beide in die Bettdecke ein und nimmt ihr Glas. Wir prosten uns zu und trinken den fünfundfünfzigprozentigen Schnaps. Sie kuschelt ihren Körper dabei sehr dicht an meinen.

Ich seufze erneut tief auf, trinke noch einen Schluck und frage sie:

„Haben wir heute Nacht wirklich nur die Wahl zwischen Besaufen oder Sex?“

Sie nickt.

„Sieh dir doch unseren emotionalen Zustand an. Wir sind wohl kaum in der Lage zu etwas anderem, denkst du nicht?“

Ich streichele ihr über den Rücken und nicke, natürlich hat sie recht. Meine Hand wird sofort unwiderstehlich von ihrem Hintern angezogen, und ich massiere ihre Pobacke leicht.

„Oder beides. Es gibt eigentlich keine einzige Erklärung für unser Verhalten, weder für unsere Libido, die offenbar gerade voll durchs Dach geht, oder für das Erlebnis mit dem Spiegel. Ich dachte ja immer, ich bin irre und leide unter Wahnvorstellungen. Das war allerdings, bevor du mich mit deinem Kopf ausgeknockt hast.“

Sie kichert leise.

„Es war deine Schuld, du hast viel fester gezogen, als ich es erwartet hätte. Und zwar nicht nur mit deiner Hand.“

Ich nicke, dann trinken wir schweigend zusammen weiter, ohne viel dabei zu reden. Wir gönnen uns drei Gläschen Absinth, was durchaus reicht, denn das Zeug ist sehr hochprozentig. Ich stehe auf, schwankend, und schiebe das Tischchen beiseite, nachdem ich die Gläser darauf ins Bad geräumt habe. Die Flasche Absinth stelle ich in den Kleiderschrank, wo sie niemand finden wird, selbst falls es eine Kontrolle von meiner Mutter geben sollte. Dann lege ich mich zu Maja ins Bett und kuschele mich an sie, sie ist jedoch bereits eingeschlafen. Ich denke noch kurz an ihre Brustwarzen, die sich gegen meine pressen, und der Gedanke macht mich außerordentlich an, dann schlafe ich ebenfalls ein.

Am nächsten Morgen erwachen wir beide mit Kopfschmerzen, allerdings auch noch mit etwas anderem. Zum Ersten mit der Erinnerung an sehr erotische Träume und dann noch einem unglaublichen Glücksgefühl, dass die andere, mein Spiegelbild, immer noch da ist. Es löst bei mir schon fast euphorische Gefühle bei mir aus, dass meine Erlebnisse nicht nur ein Traum oder eine Fantasie waren.

Ich küsse sie dankbar auf den Mund und sie erwidert sofort den Kuss liebevoll, unsere Gefühle füreinander kommen mit jeder Minute deutlicher hervor. Zum ersten Mal versuche ich es dabei, mit der Zunge in ihren Mund einzudringen, und sie lässt mich auf der Stelle gewähren. Sie schmeckt nach mir, und dann noch nach etwas anderem, irgendwie ganz leicht nach Frische und Minze, aber trotzdem überaus gut. Oder eventuell gerade deswegen, ich bin mir nicht so sicher.

„Schmeckst du das auch, die Minze?“

Ich bejahe es und ziehe sie aus dem Bett.

„Komm mit duschen, ich habe Kopfschmerzen.“

Sie nickt und folgt mir, also stehen wir kurz darauf beisammen in der Dusche. Ich sorge für warme Temperaturen und schubse sie als Nächstes kichernd unter den Strahl. Sie sieht mich an, kneift die Augen zusammen und dann folge ich ihr unter das belebende Nass, was einem durchaus den Tag versüßen kann, wenn man am Tag vorher einen oder zwei zu viel getrunken hat. Wir waschen uns flüchtig und putzen anschließend gemeinsam die Zähne, diesmal brauchen wir natürlich doppelt so lang wie sonst. Dabei schmiegen wir uns nämlich die ganze Zeit über aneinander an. Das Gefühl, dass ich einsam bin, ist auf jeden Fall schon mal seit Majas Ankunft völlig verschwunden.

Als ich mit dem Putzen dran bin, redet sie mit mir.

„Ich will dich nicht beunruhigen, aber ich glaube, dass ich vorhin eine sehr leicht türkise Spur auf deinem Bauch bemerkt habe. Sie war fast unsichtbar, und doch war mir, als hätte ich da etwas wahrgenommen. Hast du sowas bei mir auch gesehen?“

Ich schüttele den Kopf und putze weiter, als Maja weiterredet:

„Mist, es war unter der Dusche, kurz darauf war sie unter der Brause verschwunden. Nun, wer weiß, vielleicht war es ja Absinth und du hast ihn verschüttet. Eine andere Sache, wie fangen wir den Tag an? Ich jogge, du trainierst den Oberkörper und wir überprüfen, ob es funktioniert, dass jede die andere mittrainiert, oder machen wir alles gemeinsam?“

Ich spucke die Zahncreme aus und antworte ihr:

„Gemeinsam ist zu gefährlich draußen, hier drinnen sollte es egal sein. Also gehst du schwimmen und ich laufen, dann brauchen wir nicht so lange, und dann trainieren wir zusammen den Oberkörper. Aber erst mal Frühstück versuchen.“

Sie nickt mir zu und meint grinsend:

„Wasser und Kaffee oder wollen wir gleich Zuckerwasser probieren?“

Das Frühstück ist tatsächlich erneut ein völliges Desaster, wir behalten nichts bei uns, außer eben Wasser, Zuckerwasser oder extrem süßen Kaffee. Ich rufe mir die dreier Regel ins Gedächtnis. Drei Minuten ohne Luft, drei Tage ohne Wasser, drei Wochen ohne Nahrung. Wir haben also noch reichlich Zeit, bevor wir in Panik ausbrechen müssen, solange wir ausreichend trinken, außerdem lassen sich bis jetzt die Ergebnisse der erzwungenen Diät durchaus sehen. Da mein Körper keinerlei Hunger verspürt, fühlt es sich wenigstens nicht nach Verhungern an.

Ich ziehe mir die Joggingklamotten an und gehe laufen, während sie in den Keller geht, um eine Runde zu schwimmen. Ich spüre deutlich, wie sie sich anstrengt, und vermute das Gleiche bei ihr. Trotzdem renne ich eine Stunde lang sehr schnell durch den Wald, ich merke, wie die Leistungsfähigkeit weiter zugenommen hat. Von Muskelkater gibt es keine Spur, ich habe so viel Energie, wie noch nie zuvor in meinem Leben.

So langsam wird mir immer bewusster, dass tatsächlich etwas falsch ist, und zwar sogar ziemlich, wobei ich mir natürlich nicht klar darüber sein kann, ob das jetzt positiv oder negativ ist. Derzeit spricht sehr viel für positiv, allerdings habe ich auch Zweifel, denn Maja ist schon mal viel zu gut, um wahr zu sein, real zu sein, und die Freude über ihre Ankunft könnte dafür sorgen, dass ich wichtige Details übersehe. Gedankenverloren renne ich zurück zum Haus, während ich spüre, wie ihre Anstrengung nachlässt, sie kommt vollkommen zur Ruhe. Schließlich empfange nichts mehr von ihr, nur noch eine absolute Leere. Ich bekomme Panik, sprinte immer schneller, schließe die Tür auf und springe in mein Zimmer. Sie ist nicht hier, ich sehe gehetzt im Bad nach, auch nichts.

Hektisch stürme ich in den Keller, öffne die Tür ins Schwimmbad, wo ich sie endlich finde. Sie liegt ruhig und entspannt völlig nackt auf ihrem Handtuch auf einer Liege und ist offensichtlich eingenickt. Ich versuche, mich zu beruhigen, gehe zu ihr und sinke auf die Knie, die Erleichterung kennt keine Grenzen. Es war doch kein Traum, sie existiert wirklich, das Mädchen aus dem Spiegel, das exakte Ebenbild, identisch in allen Details zu mir, bis auf eine Kleinigkeit, nämlich dass sie eben spiegelverkehrt ist. Ich frage mich, ob sie ebenfalls Rechtshänderin ist oder Linkshänderin, als ich den Kopf an ihren Schenkel lehne und zärtlich ihre weiche Haut küsse, die mir so vertraut ist.

Langsam beruhigt sich der Puls, als das Mädchen aufwacht. Erschrocken fährt sie hoch, sieht mich und umschlingt meinen Kopf sanft mit ihren Armen.

„Es tut mir leid, ich bin eingeschlafen, ich wollte eigentlich nachdenken, wo wir jetzt stehen, was wir tun sollen, wie unsere Zukunft aussieht. Aber als ich auf deinen Trott gelauscht habe, die Muskeln, die du angespannt hast, die beruhigenden Gefühle beim Laufen, da bin ich eingenickt. Jetzt fühle ich aber, dass ich dich sehr erschreckt habe, dabei spüre ich nur noch Nachwehen deiner Emotionen. Es tut mir sehr, sehr leid.“

„Unsinn, es ist eine sehr gute Erfahrung gewesen, sobald ich dich gefunden hatte. Ich werde mir ... hm, vermutlich werden wir beide uns, nicht sonderlich leichttun mit dem Gedanken, voneinander getrennt zu werden.“

Sie schüttelt ihren Kopf.

„Da hast du recht, werden wir beide wohl nicht. Könntest du es dir vorstellen, dich zu mir zu legen? Ich habe das Gefühl, du brauchst gerade die Nähe und ich deine ebenfalls. Komm bitte zu mir, Lara.“

Diesen uneigennützigen Wunsch zu erfüllen, fällt mir sehr leicht, denn es liegt in meinem ureigensten Interesse, und drücke den Körper an ihren, sobald ich die Klamotten irgendwo auf den Boden geworfen habe. Sie seufzt wohlig auf vor Wonne.

„Was ist das nur, das wunderbare Gefühl, wenn ich den nackten Körper an dir reibe, es fühlt sich nicht danach an, als wärst du ich, und dann auch irgendwie wieder doch. Ich spüre jedes Gefühl einmal von meiner Haut und dann noch ein anderes Mal als eine Art Echo von dir. Es fühlt sich sehr unwirklich, aber auch schön an.“

Ich nicke ihr zu und küsse sie zuerst sanft auf den Hals, anschließend auf die Wange und schließlich auf den Mund. Mein Mund öffnet sich unwillkürlich und ich fange an, die Zunge zärtlich gegen die so verführerische Spalte zwischen ihren Lippen zu drücken. Sie erwidert die Geste, indem sie mir mit ihrer Zunge entgegenkommt, und leise summend meine Mundhöhle erforscht, als ich sie sofort einlasse. Sie packt mich am Hintern und drückt meine Scham auf ihre, dann reibt sie ihr nacktes Schambein an meinem. Ich zucke erschrocken von ihr zurück und setze mich neben ihr auf, daraufhin fasse ich mir an die Scham. Nervös reibe ich darüber, danach wiederhole ich das Gleiche bei ihr und sehe sie entsetzt an.

„Was ist los, Lara?“

„Keine Stoppel. Es sollten aber inzwischen welche da sein, es ist lang genug her seit dem letzten Mal rasieren, da müsste etwas sein.“

Ich spreize die Beine, strecke ihr unwillkürlich den Unterleib entgegen und fasse mir an die Vagina und danach an meinen Anus. Überall das Gleiche, die Haare gehen mir aus. Und nicht nur dort, an den Beinen habe ich das gleiche Problem und sogar an den Unterarmen und den Achseln. Ich habe mich seit Tagen nicht rasiert, und finde trotzdem nirgendwo mehr Haare. Wenn sonst nichts anderes darauf hindeuten würde, das zeigt mir überdeutlich, wie immens die körperlichen Veränderungen sind, die ich gerade durchlaufe. Maja nimmt mich in den Arm und drückt mich an sie, dann flüstert sie mir beruhigende und sinnlose Dinge zu, während sie mich in den Armen wiegt.

„Es wird alles wieder gut. Wir bleiben zusammen, das ist das Wichtigste, nicht wahr? Nie wieder rasieren, das ist doch eigentlich ganz hübsch, findest du nicht?“

Ich nicke und fasse mir in die Haare auf den Kopf und an die Augenbrauen. Ich mag meine Augenbrauen, ich habe noch nie gezupft, sie sind zu schön, finde ich.

„Darum geht es mir nicht, Maja, es geht mir darum ...“

„... dass du Angst hast, es könnte etwas Schlimmes bedeuten. Ich verstehe es, hoffe aber, dass es nur eine unwesentliche Begleiterscheinung von etwas Schönem ist. Was auch immer es sein mag. Keine tödliche Krankheit oder etwas in der Art. Du könntest ja immer noch zum Arzt gehen, wenn es wirklich kritisch wird.“

„Und was soll ich da sagen, entschuldigen sie, Herr Doktor, es geht mir viel zu gut, mit mir muss etwas nicht stimmen?“

Sie lacht, dann wurde sie ernst.

„Ich vertrage kein Essen und verliere Haare, wäre ein Anfang.“

„Nein, vergiss es. Unsere Eltern liegen zwar sicher falsch, was die Sache mit dem Hausarrest angeht, aber eines weiß ich ganz genau. Wenn du dir diesen beschissenen Corona-Virus einfangen willst, dann geh ins Krankenhaus oder zum Arzt in ein Wartezimmer. Es ist Winter da draußen, und der Virus voll auf der Höhe, die Infektionszahlen gehen voll durch die Decke. Wir warten ab, alles andere wäre Selbstmord. Entweder für uns selbst, zugegebenermaßen ein wenig unwahrscheinlicher, oder aber für die Eltern, selbst wenn die keiner primären Risikogruppe angehören.“

Sie nickt.

„Einverstanden. Gehen wir Trainieren?“

Ich seufze auf, bin aber im Grunde dankbar für die Ablenkung, und folge ihr, dann trainieren wir gemeinsam unseren Oberkörper. Wenigstens wollte ich so bald wie möglich ein paar Brustmuskeln an der Stelle haben, wo meine Brüste hätten sein sollen. Obwohl ich zugeben muss, dass sie bei Maja gar nicht so schlecht aussehen, jetzt, wo wir beide zusammen splitterfasernackt die Übungen machen. Trotzdem halten wir beide durch, fast eine Stunde, bis sie sich erhebt, wortwörtlich ihr Handtuch in die Ecke wirft und auf mich zukommt, und zwar mir einem Blick, der Bände spricht. Ich hingegen bin froh und erleichtert, dass sie den Anfang macht, ich hätte mich niemals getraut. Jedenfalls noch nicht.

Sie setzt sich zu meinem Bedauern allerdings lediglich vor mich auf den Boden, völlig unspektakulär. Also mache ich die Übung erneut, diesmal den letzten Satz, und schlagartig wird mir klar, warum sie diesen Platz gewählt hat. Diese Übung besteht darin, immer wieder die Knie auseinanderzudrücken, um die Muskeln außen und innen an den Beinen zu trainieren, beziehungsweise die am Hintern. Also explizit die, die man beim Joggen überhaupt nicht anstrengt. Dabei präsentiere ich ihr ständig die intimsten Bereiche, und zwar aufgrund der fehlenden Klamotten, auf eine äußerst schamlose Art und Weise. Ich fange auf der Stelle an, leicht vor Erregung zu zittern, denn vor mir selbst habe ich noch nie Scham empfunden, es fühlt sich einfach nur schön an, derart bewundert zu werden.

---ENDE DER LESEPROBE---