Die Evolution des Computernerds – Teil 2: Flatrates, LAN-Fetische & erste Facebook-Fails - Markus Brüchler - E-Book

Die Evolution des Computernerds – Teil 2: Flatrates, LAN-Fetische & erste Facebook-Fails E-Book

Markus Brüchler

0,0
9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Flatrates, LAN-Fetische & erste Facebook-Fails – Vom Kabelsalat zur digitalen Selbsthilfegruppe

Was dieses Buch einzigartig macht
Vom Modem zum Messenger: Die 90er werden erwachsen – und die Nerds gehen online. Von AOL, ICQ und LAN-Partys bis zu den ersten sozialen Fehlversuchen auf Myspace und Facebook.
Realität im Cache: Wie eine Generation lernte, sich hinter Avataren zu verstecken und trotzdem gesehen zu werden. Satire trifft Selbstdiagnose: Autobiografisch, bissig und voller Selbstironie – ein humorvoller Crashkurs durch die digitale Pubertät.
Psychologisch tief verwurzelt: Zwischen Hochbegabung, Isolation und dem unbändigen Willen, Systeme zu verstehen – auch die menschlichen.
Ein Zeitdokument für eine vernetzte Generation: Von Windows 98 bis XP, von LAN-Kabeln zu Likes – ein Chronik-Update mit Witz und Wehmut.

Das Internet kam – und mit ihm der Wahnsinn.
In „Die Evolution der Computernerds – Teil 2“ erzählt Markus Brüchler die Geschichte einer Generation, die plötzlich dauer-online war und nicht mehr abschalten konnte.
Von den ersten Flatrates über legendäre LAN-Nächte bis zum Anfang der sozialen Vernetzung beleuchtet dieses Buch die Jahre zwischen 1977 und 2005 – die Zeit des Übergangs von der analogen in die digitale Seele.

Mit viel Humor, Selbstironie und psychologischem Feingefühl beschreibt Brüchler, wie aus Nerds Pioniere, aus Pionieren Propheten und aus Propheten User wurden.

„Wir dachten, wir würden die Welt vernetzen – dabei haben wir uns nur gegenseitig geliket.“

Was Sie erwartet:
Eine bissige Chronik über die letzten analogen Nerds im digitalen Sturm.
Geschichten über Modem-Sounds, LAN-Fetische und die ersten Online-Streits.
Reflexionen über Hochbegabung, Überforderung und die Illusion digitaler Freiheit.
Humorvoll geschriebene Momentaufnahmen aus einer Zeit, in der man „offline“ noch ein Zustand war.
Ein persönliches und philosophisches Update einer Generation zwischen Tastatur und Therapie.

Inhalt des Buches (Kapitelüberblick)
1990er: Doom, LAN, CeBIT – Vom Nerd zum Bastel-Gott (oder zum psychisch gefährdeten Foren-User),
2000–2005: DSL, Forenkriege, Y2K-Hysterie und der traurige Tod der LAN-Party
„Wir waren immer verbunden – nur nicht miteinander.“

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über die Adresse http://portal.dnb.de abrufbar.

Der vorliegende Text darf nicht gescannt, kopiert, übersetzt, vervielfältigt, verbreitet oder in anderer Weise ohne Zustimmung des Autors verwendet werden, auch nicht auszugsweise: weder in gedruckter noch elektronischer Form. Jeder Verstoß verletzt das Urheberrecht und kann strafrechtlich verfolgt werden.

Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß §44b UrhG („Text und Data Mining“) zu gewinnen, ist untersagt.

Impressum 

Verlag:  Colla & Gen Verlag und Service UG & Co. KG, Hauptstr. 65, 59439 Holzwickede

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Cover: Heribert Jankowski

Layout: Markus Brüchler, Heribert Jankowski

Autor:  Markus Brüchler

Lektorat:  Saskia Meyer

© 2025 Markus Brüchler

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Verlag verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. 

Disclaimer & wichtige Hinweise

Dieses Buch enthält Erinnerungen, Anekdoten, technische Beschreibungen und jede Menge Code-Fragmente aus den wilden Jahren zwischen 1997 und 2005. Viele der erwähnten Programme, Systeme und Befehle sind historisch – oder schlicht gefährlich.

Die Listings und Experimente dienen ausschließlich nostalgischen und dokumentarischen Zwecken. Wer sie tatsächlich ausprobiert, tut dies auf eigene Gefahr, und sollte wissen, dass FORMAT C: kein therapeutischer Akt ist.

Alle erwähnten Marken, Systeme und Produktnamen sind Eigentum ihrer jeweiligen Rechteinhaber.

Einige Dialoge, Charaktere und Situationen beruhen auf wahren Begebenheiten, andere wurden zur Unterhaltung oder Verdeutlichung fiktionalisiert.

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig, oder Folge eines schlechten Backups.

Die Evolution des Computernerds Teil 2

Flatrates, LAN-Fetische & erste Facebook-Fails

Nerds von 1997 bis 2005

Markus Brüchler

Über den Autor

Markus Brüchler, geboren in den frühen 1970er-Jahren – also noch bevor jemand „LAN-Party“ sagen konnte, geschweige denn wusste, dass man mit Disketten auch Freundschaften ruinieren kann. Während andere Kinder draußen kickten, formatierte er seine Fantasie in 5,25 Zoll und fragte sich, warum der C64 keine Emotionen zeigt, obwohl er doch so schön blinkt.

Sein Lebensweg verlief stets irgendwo zwischen Maschinenraum und Bildschirmflimmern, zwischen DOS-Befehlen und Dämonenbeschwörung via BASIC-Listing. Ob Turbo Pascal in der Schule, modembrummende Mailboxen oder explodierende Netzteile auf LAN-Partys – Markus hat nicht nur darüber geschrieben. Er hat es gelebt.

Dieses Buch entstand nicht spontan – es ist das Ergebnis von über 30 Jahren gesammelter Diskettenschmerzen, LAN-Erweckungserlebnissen und Kelleraromen. Von Gesprächen mit echten Nerds, denen die Zahl der offenen PC-Gehäuse wichtiger war als die der Social-Media-Follower. Von verlegten Joysticks, abgestürzten Rechnern und den legendären Tagen, als man „Speichern“ noch ernst nahm.

Stefan, Jan, Daniel und Sandra sind keine bloßen Erfindungen – sie sind Echo und Screenshot einer nerdigen Vergangenheit, in der Lötzinn heißer war als TikTok. Und auch wenn Markus nie einen Cracker-Handle hatte: Er versteht, warum jemand ein Spiel erst dann spielt, wenn die Intro-Musik fehlerfrei läuft – mit SID-Sound und voller Punktzahl.

„Alle Geschichten in diesem Buch sind echt (okay, viele… ein paar… leicht übertaktet).Ich war dabei, als jemand versuchte, WordPerfect mit Gewalt zu beenden.Ich habe Menschen gesehen, die Kabel nach Farbe sortierten – für den LAN-Feng-Shui-Fluss. Und ja – ich habe 30 Mark dafür genommen, eine Diskette richtig herum einzulegen.

Willkommen im nerdischen Maschinenraum, wo der Wahnsinn bootet.“ – Markus

Widmung

Für alle Nerds, Geeks und stachelbewerten Kreaturen,

die jemals versucht haben, einen Drucker mit Schimpfwörtern zu überreden, ein Netzwerk mit Kaffeeflecken zum Laufen zu bringen oder den Sinn des Lebens in einem Textadventure zu finden.

Für die Helden der LAN-Nächte, die Propheten des DOS-Prompts, die Erbauer von Welten mit 64 KB RAM und die Verteidiger der letzten funktionierenden Diskette.

Möge euer Code kompiliert, euer Kaffee nie alle und eure Joystickachsen ungebrochen bleiben.

LAN long and prosper.

🖖💾🔥.

Wie dieses Buch gelesen werden sollte

Dies ist kein Fachbuch, kein Handbuch und schon gar kein Ratgeber. Es ist ein Erlebnisprotokoll, eine Zeitreise durch die Chips, Kabel und Wahnvorstellungen einer Generation, die mit Disketten aufwuchs, mit LAN-Partys erwachsen wurde und irgendwann bei Facebook strandete.

Lies es, wie man alte Quellcodes liest: nicht linear, sondern mit Spaß am Umherirren.

Spring zwischen Kapiteln, lies Dialoge laut, erinnere dich an den Geruch von warmen Netzteilen.

Wenn du die Listings verstehst – Glückwunsch. Wenn nicht – auch gut. Es geht nicht darum, den Code zu knacken, sondern den Geist dahinter zu erkennen: die Nerdkultur als Selbsthilfegruppe gegen Sinnlosigkeit, Langeweile und Normalität.

Dieses Buch funktioniert mit oder ohne Strom, aber am besten mit Koffein.

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis 9

Einleitung 13

Afterwork-LAN im Chaos-Büro 16

Der Nerd-Gerichtshof tagt 22

Hobbytronic 1998 – Im Chaoskeller der Nerds 27

Die Anreise ins Chaos 27

Ankunft im Nerd-Dungeon 28

Kabelsalat und Kuriositäten 30

Der High-End-„Skandal“ 32

Daniels Triumph: Der schlechteste Joystick der Welt 35

Jan vs. die Thermik: Rettung mit Hindernissen 38

Zwischen Technikträumen und Nerdalbträumen 41

Hardware-Upgrade: Stefans Pentium-Power 43

Command & Conquer: Triumphe und Tränen 46

Sandras erster Auftritt 51

Wachstumsschmerzen: Chaos als Geschäftsmodell 57

Die Architekten-Beschwerde 58

Bürokratie trifft auf Nerd-Deutsch 59

Das vergessene Rechnung-Fiasko: 59

Kabelsalat und Stolperfallen: 60

Trojaner und Tücken: 61

Die Telefonsupport-Legende: 61

Stefans Geschichten aus dem nerdischen Garten. 68

Forenkriege – Windows vs. Linux 1996–1997 71

Privater Chat zwischen Xx_SaNdrA_xX und Nerdine99 73

Sandras Chroniken aus dem nerdischen Garten 85

VHS-Schulung – Nerd auf verlorenem Posten 86

Kursbeginn: Neuland für alle 86

Was ist ein Computer? – Theorie für Tapfere 87

Praxis: Wenn Disketten fliegen lernen und Mäuse wandern 91

Angriff der Killerfragen 94

Zwischenstopp mit Zwischenruferin 97

Showdown: Nerd auf verlorenem Posten? 102

Y2K: Die Nerd-Jahrtausendparty 1999 106

Vorbereitung im Nerd-Shop 106

Die LAN-Party läuft heiß 109

Y2K-Hysterie und nerdige Gags 113

Mitternacht: Systemabsturz 118

Neujahrs-Gelächter und Erkenntnisse 119

Die 2000er Jahre: Nerd im Netzwerk 125

*Vom LAN in den Clan – Daniels E-Sport-Odyssee 125

Das neue Jahrzehnt – Willkommen im Jahr 2000 125

1. Januar 2000 – Y2K, Y2K! 126

Stefan vs. die Handy-Kunden 130

LAN-Partys und erste Online-Schlachten 134

Foren-Kriege und Annäherungen 138

Daniels Weg zum E-Sports-Profi 142

Games Convention – Daniels großer Auftritt 146

Der Tod der LAN-Partys – Flatrates & soziale Netzwerke übernehmen 154

LAN ist, wenn du Pizza riechst, ohne zu wissen, wo du bist 154

Sandra auf Social-Media-Tour (2007)156

Nadine ist auch online – ein stiller Bruch 160

Die letzte große LAN 162

Spezialauftrag Frikadellen-Verteil-Zentrum 169

Mai-Grillen & Wasserschlacht vorm Laden 174

LAN Long and Prosper – Der letzte Upload180

Extras186

MANIFESTO DER MULTIVERSUM-NERDS 186

Anhang: Stefans erstes Cracker-Intro in BASIC (1987) 189

„CRACKED BY THE BITBITER – V2.0 (Remastered, Assembler Edition, 1989)“192

BASIC-Loader-Stub (für diskkompatiblen Start) 192

Assembler-Code (Kommentierte Source-Fassung) 192

HEX-DUMP (Original-Monitor-Style) 195

Archiv-Label (Stefan schrieb das per Hand auf die Diskette): 196

BASIC-Listing für das Textadventure „Das Geheimnis des Physiktrakts – Ein Abenteuer in 8 Bit“ 197

Nerdmoment des Tages 220

Das Große Nerdgesetzbuch: Erste 30 Gesetze + Geheime Zusatzparagrafen 223

Die Nerd-Erwerbsregeln 229

UND DAS WAR ERST DER BOOTVORGANG. 233

„Ich schwöre feierlich auf das Nerdgesetzbuch, alle Kabel zu ehren, alle Monitore mit Hingabe zu pflegen und jeden LAN-Ausfall mit Würde zu ertragen. Ich gelobe, niemals ein Diskettenlaufwerk zu verspotten, niemals ein LAN-Kabel zu entwirren, das kein Entwirren verlangt, und stets mit Stolz, Humor und kalter Pizza die Nerdkultur zu verteidigen. Möge der Ping niedrig und die Framerate hoch sein. LAN long and prosper.“

— Der Ewige Nerd-Schwur

Einleitung

Willkommen zurück im Maschinenraum des Wahnsinns! Gerade erst haben wir in Teil 1 den Brotkasten aus dem Weihnachtspapier gezerrt, DOS-Befehle wie Gebete ins Diskettenlaufwerk gestammelt und die CeBIT 1997 lebend überstanden – da dreht sich das Nerd-Karussell schon eine Umdrehung weiter: 

Willkommen in der Ära der digitalen Völlerei!

Willkommen in der Zeit, als Flatrates das Internet zum All-you-can-eat-Buffet machten und das WLAN noch als „esoterischer Hokuspokus“ galt. 

Wir schreiben die Jahre 1997 bis 2005: der kurze Sommer der LAN-Partys, bevor Facebook alles kaputtgemacht hat.

Es ist die große Zeit der Netzwerkfetische, des Kabelsalats und der Tupperdosen voller kalter Pizza, in der man die eigene Wohnung nur an LAN-Wochenenden grundgereinigt hat – aus Angst vor spontanem Besuch von Gleichgesinnten (und noch größerer Angst vor den Müttern, die das Schlachtfeld hinterher begutachteten). Wer einen Switch besaß, galt als Gottheit, und wer eine Multiboot-Diskette zur Hand hatte, wurde wie ein Magier mit Sonderrechten behandelt.

Der gemeine Nerd – in seiner natürlichen Umgebung irgendwo zwischen Tower-Gehäuse und Cola-Pfütze – wächst nun über sich hinaus: Was einst als schüchterner DOS-Hexer (Hexe) begann, mutiert nun zum LAN-Propheten mit installierter TCP/IP-Erweckung. 

Statt heimlich BASIC zu tippen, werden jetzt .iso-Images über 100-MBit-LAN geprügelt, als ginge es um das nackte Überleben im digitalen Dschungel.

Diese Jahre sind eine einzige Afterwork-LAN: Feierabend ist jetzt, wenn alle Rechner crashen und mindestens ein Spieler die Steckdose unter mysteriösen Umständen „getauft“ hat. Während draußen die Welt von Loveparade, Dotcom-Blase und „Y2K“-Panik heimgesucht wird, sind drinnen die wahren Dramen im Gange: 

Streit um IP-Adressen, Pizzakriege, Joystickgate und die Frage, ob man C&C auf 16 MB RAM wirklich „spielen“ nennen darf.

Doch die LAN-Ekstase bleibt nicht ewig. Mit dem Einzug der ersten Flatrates, DSL-Anschlüsse und Billig-Notebooks verschiebt sich das Nerd-Paradies ins Virtuelle: Clanwars, Forenkriege und die Geburt der Online-Identitäten. 

Die Nerds werden mobil, aber auch angreifbar. ICQ, IRC und erste Foren bieten neue Möglichkeiten, sich zu blamieren. Nicknames werden zu Währungen, und aus flamewars entstehen Legenden, die bis heute als .txt auf alten Festplatten herumgeistern.

Gleichzeitig zieht die Realität nach: Aus dem Keller-Dasein wird ein Kleinunternehmen, die Hardware-Krise von 2001 trifft auch die kleinste Nerdbude, und irgendwo im Hintergrund schleicht sich bereits das Web 2.0 an – mit all seinen Versprechen und Gefahren. 

Plötzlich hat jeder einen DSL-Anschluss, und der Chef verlangt, dass der „Computertyp“ nicht nur PCs flickt, sondern auch Webseiten baut, Internet einrichtet und gleichzeitig Omas Email-Account repariert.

Doch zwischen den Flatrate-Orgien und der ersten Facebook-Fremdscham bleibt eines konstant: der ewige Kampf gegen den Vorführeffekt, den Bug zwischen Stuhl und Tastatur und die eigene soziale Inkompetenz im Angesicht von Kundschaft, die tatsächlich den Monitor mit dem Geodreieck ausmisst oder nach der „Any-Key“-Taste fragt.

Teil 2 dieser nerdigen Odyssee ist ein Museum der Übergänge: vom letzten Röhrenmonitor zum ersten Flatscreen, vom handgestrickten LAN zum immer-online-Zwang, von der goldenen Zeit der Joystick-Kalauer zum schamvollen Eintritt in soziale Netzwerke, bei denen man das eigene Profilbild wie einen 486er in der Badewanne behandelt – mit äußerster Vorsicht und dem Gefühl, irgendetwas könnte explodieren.

Also: LAN long and prosper – und keine Sorge, spätestens im nächsten Kapitel wird wieder etwas in Rauch aufgehen. Möge euer Ping niedrig, eure Pizza kalt und euer Humor maximal selbstironisch bleiben.

Was euch erwartet: Flatrate-Legenden, LAN-Tragödien, DSL-Erweckungserlebnisse, epische Foren-Kriege und die ersten Social-Media-Katastrophen. Alles, was zwischen 1997 und 2005 wirklich wichtig war – aus Sicht jener, die noch wissen, wie eine Diskette riecht und warum man den Stecker nicht ziehen sollte, wenn Daniel am Tisch sitzt…

Nerdgesetz für die nächsten 200 Seiten:

„Wer beim LAN in den Server pinkelt, zahlt die Pizza – und wer als Erster Facebook versteht, bekommt lebenslanges Mitleid.“

Afterwork-LAN im Chaos-Büro

Ein paar Tage nach den Ereignissen in Teil 1, das neue Pentium-System ist tatsächlich eingetroffen und von Stefan wie ein rohes Ei behandelt eingebaut worden. Seitdem thront der Pentium-120-Rechner als neuer König in Stefans Büro – inklusive 16 MB RAM und nagelneuer Matrox Mystique-Grafikkarte. Holger hat er seitdem nicht wiedergesehen, aber innerlich kann Stefan es kaum erwarten, dem Kerl eines Tages ganz nebenbei von seinem Upgrade zu erzählen. Doch erst mal: 

Feierabend.

Naja, „Feierabend“ im Stefanschen Sinne bedeutet: Der Laden schließt offiziell für Kunden, aber richtig nach Hause geht noch keiner. Stattdessen wird kurzerhand umgebaut. Tische werden zusammengeschoben, Monitore gedreht, Verlängerungskabel aus dem Schrank gezerrt. Es ist Zeit für eine Afterwork-LAN-Session! 

Schließlich muss der neue Pentium angemessen eingeweiht werden – und was wäre besser als eine schöne Runde Doom II oder Command & Conquer im Netzwerk?

Jan verlegt routiniert Kabel quer durch den Raum, während Stefan den Hub anschließt. Daniel sitzt bereits an seinem Rechner (einem etwas betagten 386DX, den er liebevoll „die Mühle“ nennt) und installiert die neuste Doom-II-Version. 

„Ich sag’s euch: Heute kriegt ihr beide sowas von aufs Maul!“,tönt er voller Vorfreude. Jan schnaubt: 

„Klar doch, Daniel. So wie letztes Mal, als du dich selbst mit der eigenen Granate erledigt hast?“

„Details, Details…“ winkt Daniel ab. „Läuft bei mir.“3

Stefan stellt ein Tablett mit Cola-Dosen und Chips in die Ecke – Versorgungsstation für die Nacht. 

„Netzwerk steht. IP-Adressen alle eingestellt?“

fragt er, obwohl er es natürlich selbst längst gemacht hat. Jan nickt, den Mund voller Schokoriegel: „Jo. 192.168.0.1 bis 0.3, wie immer. Kein WLAN10 hier, nur pures Ethernet – ganz nach §9 der Nerdverfassung: Das eigene LAN ist heilig.“ Stefan hebt anerkennend den Daumen. Daniel versteht zwar mal wieder nicht jede Referenz, jubelt aber trotzdem: „Dann lasst uns loslegen!“

Gesagt, getan: Drei Nerds, drei röhrende Rechner – los geht’s. In Minutenschnelle tauchen sie ein in pixelige Welten. Auf Stefans brandneuem Pentium rennt Doom II butterweich. Jan spielt auf Stefans altem 486, den er sich ausgeliehen hat („Ich nehme den Oldtimer – reicht ja für deine Frags, Daniel!“ hatte er grinsend gesagt). Daniel dagegen quetscht dem 386DX das Maximum ab und staunt, dass er überhaupt mithalten kann.

Der kleine Büroraum verwandelt sich in ein flackerndes Lichtermeer: CRT-Monitore werfen zuckendes Licht an die Wände, der Netzwerk-Hub blinkt hektisch grün. Überall liegen Kabel – ein herrliches Durcheinander. 

„Vorsicht, Kabel von oben!“

ruft Jan, als er ein Ethernet-Kabel quer über eine Stehlampe hängt, um Daniels PC zu erreichen. Daniel duckt sich theatralisch: 

„Kabelsalat incoming!“ –

„Besser, glaubst du es,“ lacht Jan, „Regel 1 bestätigt.“ 

Stefan ignoriert den Trubel um sich herum; er sitzt bereits im Spielmenü, hochkonzentriert, absolut in seinem Element. Keine Gnade, keine Ablenkung, das steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Die erste Runde Doom II Deathmatch startet. 

„Level: Entryway, Frags Limit 20“,

verkündet Stefan knapp. Daniel knetet schon die Finger: 

„Bin bereit, euch zu ownen.“ –

„Träum weiter, LAN-Killer“,

stichelt Jan. („LAN-Killer“ ist Daniels halb ehrenvoller, halb spöttischer Spitzname, seit er einmal bei einer früheren LAN versehentlich den Server-PC mit seinem Fuß ausgeschaltet hat – ein Vorfall, der legendär wurde.)

Das Spiel geht los und sofort erfüllen Rufe, Flüche und Gelächter den Raum:

„Wo bist du? Friss Plasma, Jan! Haha!“ –

„Verdammt, aus dem Hinterhalt?! Du Feigling!“

„Stefan, hör mal auf nur Raketen zu spammen!“ –

„Taktik. Wenn’s funktioniert, ist es gute Taktik.“

„Arrgh! Schon wieder tot…“,

jammert Daniel, als sein Space Marine zum dritten Mal pixelig explodiert. Er hat vergessen nachzuladen und musste mit ansehen, wie Stefans Figur ihn genüsslich auseinander nimmt. Doch Daniel wäre nicht Daniel, wenn er es tragisch nähme. Stattdessen ruft er optimistisch: „Läuft!“ – was ihm nur schallendes Gelächter der anderen einbringt.

Nach einigen intensiven Matches – Stefan dominiert wie zu erwarten, Jan liefert sich ein paar knappe Duelle mit ihm, Daniel… bleibt tapfer Letzter – wechseln sie das Spiel. Jetzt soll Command & Conquer im LAN ausprobiert werden, passend um die neuen IPX-Netzwerktreiber zu testen.

„Teamgame oder jeder gegen jeden?“

fragt Jan, während er die Westwood-CD ins Laufwerk schiebt. „Jeder gegen jeden“, entscheidet Stefan. Klar, Kooperation in Spielen ist nicht so sein Ding; er vertraut nur seiner eigenen Strategie.

Eine halbe Stunde später tobt ein digitales Gefecht um Tiberium und Ehre. Drei Basen wachsen und gedeihen – zumindest Stefans und Jans. Bei Daniel qualmt bereits die Hälfte der Gebäude. 

„Warum greifen immer alle mich an?!“

beklagt er sich, als seine Raffinerie explodiert. 

„Weil du der Einfachste bist, sorry Bro,“

meint Jan trocken und schickt seinerseits ein paar Panzer Richtung Stefans Basis.

Die Luft im Büro wird dick – nicht nur vor Spannung, sondern auch vom feinen Nebel kalter Pizzastücke und Chipskrümel, die langsam den Boden bedecken. Die Nacht schreitet voran, Cola wird warm, Pizza kalt (wie sich’s gehört).

Gegen Mitternacht, C&C-Match x-te Runde: Stefan triumphiert gerade über Jan (dessen letzte Einheit in einem nuklearen Feuerball vergeht), da ertönt von Daniels Ecke ein gequältes „Uff… ich muss mal wohin…“. Daniel springt hastig von seinem Stuhl. 

„Macht kurz Pause, Leute! Gleich geht’s weiter.“ –

„§8, Daniel, §8!“ ruft Jan lachend hinterher. Laut Nerdgesetz §8 (LAN-Startpflicht) muss, wer „Gleich geht’s los“ sagt, auch wirklich zeitnah liefern, sonst gibt’s Strafrunden Pizza. Daniel winkt ab, schon halb aus der Tür: „Bin sofort zurück! Keine Sorge!“ Berühmte letzte Worte.

Die Toiletten im Gebäude sind am anderen Ende des Flurs. Doch Daniel, ungeduldig wie er ist (und noch adrenalingeladen vom Spiel), hat einen folgenschweren Geistesblitz: Warum bis zum Klo laufen, wenn doch hier im Büro eine große Topfpflanze im Eck steht… direkt neben der Mehrfachsteckdose, an der alle Rechner hängen? In der dunklen Zimmerecke, abseits der flimmernden Monitore, stellt sich Daniel also hin und – nun ja – erleichtert sich leise vor sich hin. Zisch. Was er im Eifer nicht bemerkt: Der goldene Strahl trifft nicht nur die Pflanze, sondern ergießt sich unaufhaltsam Richtung Steckdosenleiste am Boden. Ein feuchtes „Plink…plätscher…“ – und dann passiert es.

Mit einem lauten KNACKS und einem gleißenden Funkenregen schnellt ein Blitz aus der Ecke. Es zischt bedrohlich. Peng! Im Bruchteil einer Sekunde wird das ganze Büro in Dunkelheit getaucht, lediglich nachleuchtende Monitore zeigen den Schock auf den Gesichtern von Stefan und Jan. „Scheiße!“ ruft Jan. „Was zur Hölle war das?!“ Stefan springt auf:

„Stromausfall – Not-Aus!“

„Ah! Aaaah!“ schreit Daniel, teils vor Schreck, teils weil ihm offenbar etwas sehr Unangenehmes bewusst wird. Im Dunkeln hört man nur sein Stottern: 

„I-ich… ich hab nichts gemacht!!“

Gleichzeitig zieht ein beißender Geruch nach verbranntem Kunststoff (und… Urin?) durch den Raum.

Stefan tastet sich vor, stolpert beinahe über die noch warmen Netzteile. Jan zückt eine kleine MagLite-Taschenlampe von seinem Gürtel (der Mann ist eben immer vorbereitet). Im Lichtkegel der Lampe zeigt sich das Desaster: Daniels geliebte Topfpflanze dampft leicht und wo die Steckdosenleiste lag, steigt Rauch auf. Die Leiste selbst – ein trauriger Anblick: komplett durchgebrannt, die Sicherung hat geknallt, und drumherum… eine große Pfütze. Daniel steht mittendrin mit offenem Hosenstall, kreidebleich.

Jan ringt um Fassung: 

„Bitte sag mir, dass das keine Pisse ist, worin ich hier fast ausgerutscht wäre…“

Daniel hebt abwehrend die Hände, Hosenstall immer noch offen: 

„Ich… äh… vielleicht… also es war dunkel und ich dachte…“

Stefan unterbricht ihn mit einer Stimme so kalt wie eine Kühlrippe: „Daniel. BITTE sag, dass du nicht gerade meine gesamte Stromversorgung getauft hast.“ –

„Es… war ein Versehen!“ quäkt Daniel.

Einen Herzschlag lang herrscht absolute Stille. Dann bricht Jan in schallendes Gelächter aus: 

„Oh. Mein. Gott. Der Kerl hat auf die Steckdose gepinkelt!“

Er hält sich den Bauch vor Lachen. Selbst Stefan zuckt nun die Mundwinkel – eine Mischung aus Wut und absurder Komik. 

„Nerdgesetz, neuer Paragraf…“,

murmelt er, während er versucht ernst zu bleiben, 

„Keine heiligen Taufen an Mehrfachsteckdosen.“

Daniel steht das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben. 

„Ich mach’s sauber! Ich… ich zahl auch die neue Leiste! 

Bitte, ihr bringt mich doch jetzt nicht um, oder?“

Er weiß, wie sehr er gerade die heiligsten Heiligtümer des Nerd-Universums entweiht hat: Strom und Hardware. Stefan atmet tief durch, bemüht sich um Contenance. Jan deutet mit seiner Taschenlampe dramatisch auf Daniel: 

„Ich glaube, es ist Zeit für das Nerdtribunal.“

Der Nerd-Gerichtshof tagt

Innerhalb weniger Minuten verwandeln Stefan, Jan und ein vollkommen zerknirschter Daniel die Szenerie. In Ermangelung von elektrischer Beleuchtung zünden sie ein paar Not-Kerzen an (Überbleibsel vom letzten Stromausfall – ironischerweise). Stefan setzt sich mit ernstem Gesicht hinter den Tresen, den er als Richterpult auserkoren hat. Auf dem Kopf trägt er – wo zum Henker hat er den jetzt her? – einen alten CPU-Kühler wie eine Perücke, um die Richterrolle zu symbolisieren. Jan steht links neben ihm und hält Stefans dicken Schaltplan-Ordner wie ein Gesetzbuch in Händen. Daniel hockt auf dem leeren Karton des Pentium-Prozessors als provisorische Anklagebank. Sein Blick huscht nervös zwischen den anderen hin und her.

„Die Sitzung ist eröffnet,“

verkündet Stefan mit Grabesstimme. 

„Anklagepunkt: Verbrechen wider die Nerdlichkeit, 

insbesondere grob fahrlässige Zerstörung eines LAN-Setups durch unsachgemäße Flüssigkeitsausschüttung.“

Jan ergänzt sachkundig: 

„Gemäß Nerdgesetzbuch §8 – LAN-Startpflicht 

in Tateinheit mit §2 – Heilige Ordnung der LAN-Partys.“

Er blättert wichtig in dem Schaltplan-Ordner, als stünden genau diese Gesetze dort geschrieben. Daniel schluckt hart. Immerhin, eine gewisse Ironie kann er sich nicht verkneifen: 

„Also nach §2 war unser LAN jetzt definitiv vollwertig… 

Problem gab’s ja.“

 Stefan funkelt ihn an: „Ruhe im Saal!“

Jan übernimmt das Wort als eine Art Staatsanwalt: 

„Der Angeklagte Daniel M. wird beschuldigt, in einem Zustand akuter Cola-und-Pizza-Intoxikation eine heilige Hardware-Komponente – nämlich die zentrale Steckdosenleiste – getauft zu haben. Hierdurch hat er vorsätzlich oder fahrlässig einen vollständigen Systemausfall aller Rechner verursacht. Das Spiel...“

Jan dramatisiert seine Stimme, „... war dadurch unterbrochen!“. 

Empörtes Raunen (Stefan klopft mit einem Schraubendreher auf den Tresen, um Ruhe herzustellen). Jan fährt fort: 

„Ferner hat der Angeklagte gegen §8 verstoßen, 

indem er ‘Gleich geht’s los’ rief, aber NICHT geliefert hat – stattdessen Chaos stiftete. Ich beantrage daher: Schuldig in allen Punkten!“

Daniel hebt zitternd die Hand: 

„Verteidigung, Euer Ehren? Darf ich was sagen?“

Stefan nickt gnädig. Daniel steht auf (sein Fuß knirscht in der Pfütze, was er mit rotem Kopf ignoriert). 

„Also... äh... meine Herren, es stimmt, ich hatte ein dringendes Bedürfnis. Und ja, ich habe einen… falschen Entschluss gefasst.“

Jan hüstelt: „Sehr falschen.“ – 

„Ähem... sehr falschen Entschluss.“

Daniel ringt um Worte. „Aber! Es gibt mildernde Umstände!“ Stefan zieht skeptisch eine Augenbraue hoch. Daniel holt tief Luft: 

„Ich habe damit quasi das gemacht, was in §2 gefordert wird: Eine LAN-Party ohne mindestens ein technisches Problem gilt nicht als vollwertig. Ich habe...“

er sucht nach dem passend großen Wort, 

„... die Vollwertigkeit unserer LAN sichergestellt!“

Für einen Moment herrscht Stille – dann kann sich Jan nicht zurückhalten und lacht laut auf. Selbst Stefan kneift die Augen zu, um nicht zu grinsen. 

„Du willst also sagen,“ Stefan versucht streng zu klingen, 

„du hättest uns einen Gefallen getan, 

als du unsere gesamte Session gecrasht hast?“

Daniel hebt die Hände: „Nein… ich meine, ja... also eigentlich: Es war Dummheit, okay? Riesen Dummheit. Aber ich hab’s nicht böse gemeint!“ Er blickt mit Welpenaugen zwischen den beiden hin und her.

Jan schlägt das „Gesetzbuch“ zu. 

„Ich glaube, wir haben genug gehört. 

Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück.“

Er und Stefan flüstern theatralisch miteinander (hauptsächlich darüber, wie lange es wohl dauert, bis der Teppich trocken ist und ob man die Steckdosenleiste noch retten kann – eher nein). Dann erhebt Stefan sich: 

„Im Namen der Nerdigkeit ergeht folgendes Urteil… Trommelwirbel bitte.“

Daniel trommelt nervös mit den Fingern auf seine Oberschenkel. Stefan verkündet: 

„Schuldig!“ –

Daniel lässt den Kopf hängen – 

„… aber in Anbetracht der jahrelangen Nerd-Freundschaft zu mildernden Auflagen verurteilt.“

„Auflagen?“, fragt Daniel zaghaft. Jan grinst: 

„Du kommst um den Kopfstand auf dem Tower rum, keine Sorge.“

Stefan nickt: „Strafmaß: gemäß Nerdgesetz §8 – eine Strafrunde Pizza. 

Konkret: Du zahlst uns die nächsten zwei Familienpizzen. Außerdem“,er schmunzelt jetzt deutlich, 

„Ehrenvermerk ins Nerdgesetzbuch: Ab sofort wird §36: Steckdosen-Taufverbot eingeführt. ‚Wer glaubt, eine Steckdosenleiste taufen zu müssen, wird vom LAN verwiesen.‘“5

Daniel nickt heftig: „Einverstanden, absolut einverstanden! 

Und die Pizzen kriegt ihr natürlich! Extra Käse, was immer ihr wollt!“

Er wirkt direkt erleichtert. In seinem Kopf ist wohl grad eine Gefängnisstrafe abgewehrt worden.

Jan klopft mit dem Schraubendreher: „Die Sitzung ist geschlossen.“ Dann grinst er: „Ich hätte ja außerdem vorgeschlagen, Daniel übernimmt den Putzdienst auf Lebenszeit, aber Pizza reicht erstmal.“

Daniel eilt bereits mit Lappen und Küchenrolle bewaffnet zur Tat, um seine Schandtat aufzuwischen. Stefan blickt auf die verrußte Steckdosenleiste und seufzt: „Die war gestern noch neu…“ 

Daniel schaut reumütig: „Ich bestell auch ’ne neue. Versprochen.“ Stefan hebt eine Hand: „Schon gut. Hauptsache, wir haben keinen Kabelbrand.“ 

Jan witzelt: „So viel zum Thema Afterwork-LAN. Du und deine Ideen, Stefan…“

 Stefan kontert: „Immerhin war’s unvergesslich.“ Alle drei müssen lachen.

Trotz allem Ärger ist klar: Diese Story wird in die Freundschaftsannalen eingehen. Daniel trägt an diesem Abend scherzhaft den neuen Titel „Steckdosen-Pinkler“, und aus reiner Schadenfreude macht Jan ein Foto von der verkohlten Leiste – „für die Hall of Shame, nach Regel 19“.

Daniel putzt und schweigt lieber.

Damit ist die LAN-Nacht natürlich abrupt beendet. Kein Strom, kein Spiel. Die Rechner bleiben aus, bis morgen Ersatz da ist. Die drei sitzen im Kerzenschein, knabbern die letzten kalten Pizzareste. 

„Immerhin 42% Pizzaquote erreicht,“murmelt Jan und beißt in ein Stück mit Ananas, das keiner wollte. Stefan reibt sich die Schläfe. Sein brandneuer Pentium hat den ungeplanten Härtetest zwar unbeschadet überstanden, aber so hat er sich den Feierabend nicht vorgestellt. Daniel linst vorsichtig zu seinem Bruder: 

„Du Stefan…?“ 

„Hm?“ 

„Es tut mir wirklich leid.“ 

Stefan nickt knapp: „Weiß ich.“ 

Eine längere Pause. Dann: „Und es war wirklich unglaublich dämlich.“ 

„Weiß ich auch.“ Alle kichern leise.

Man beschließt, die Nacht vorzeitig zu beenden – es gibt heute eh nichts mehr zu gewinnen (außer dem inoffiziellen Titel Chaos-LAN des Jahres). Beim Hinausgehen murmelt Jan mit gespielt feierlicher Stimme: 

„LAN-Party der gebrochenen Herzen –demnächst in eurem Kino.“

Stefan schnaubt: „Eher gebrochener Leitungen.“ 

Daniel legt gelobig eine Hand auf sein Herz: 

„Ich schwöre feierlich, ab sofort vor dem LAN auf Klo zu gehen. Möge der Ping niedrig sein.“

„Und die Framerate hoch“,ergänzt Jan. Gemeinsam löschen sie die Kerzen und verlassen das Schlachtfeld ihres Büros für diese Nacht.

Hobbytronic 1998 – Im Chaoskeller der Nerds

Die Anreise ins Chaos

Die Sonne ist noch nicht mal richtig aufgegangen, doch Stefan, Jan und Daniel sitzen bereits übermütig im klapprigen Nerd-Mobil. Diesmal führt ihr Weg nicht ins glitzernde Hannover, sondern ins etwas andere Technik-Mekka: 

Hobbytronic in Dortmund, 1998.

Nach dem Mega-Event CeBIT im Vorjahr glauben sie, dass sie nichts mehr schocken kann – aber weit gefehlt.

Jan dreht den Zündschlüssel, und der betagte Kombi röchelt zum Leben. 

„Alle angeschnallt? Disketten im Handschuhfach?“,

fragt er mit einem frechen Grinsen. 

Daniel reckt zwei Dosen Afri-Cola in die Höhe: „Hobbytronic-Survival-Kit – Check!“

Stefan murmelt etwas Unverständliches und hält einen zerfledderten Stadtplan von Dortmund hoch, auf dem er mit rotem Filzstift einen großen Kreis um die Westfalenhallen gezogen hat. Keine ausgedruckte Dungeon-Karte voller Loot-Punkte wie bei der CeBIT – heute begnügt er sich mit einem einfachen Plan, denn so groß kann das Chaos doch nicht werden, oder?

Während Jan den Wagen aus der Einfahrt manövriert, kramt Stefan auf dem Rücksitz in einer Tasche voller Kabelbinder, Ersatzsicherungen und Traubenzucker. Daniel schielt nach hinten: 

„Sag mal, was hast du eigentlich vor? 

Willst du einen Server aufbauen während der Fahrt?“ –

„Man kann nie wissen“,entgegnet Stefan trocken. Er hat aus der letzten Messe gelernt: Vorbereitung ist alles, auch wenn Hobbytronic eher wie ein Side-Quest wirkt. 

Jan lacht: „Entspann dich, das hier ist die Hobbytronic, nicht der Endgegner CeBIT.“

Doch Stefan bleibt misstrauisch: Irgendwo in seinem Hinterkopf lauert die Ahnung, dass kleiner keinesfalls weniger chaotisch heißen muss.

Die Fahrt nach Dortmund gerät zur gemütlichen Nerd-Klassenfahrt. Auf der Autobahn tauschen sie Anekdoten aus dem letzten CeBIT-Abenteuer aus. Daniel beschreibt begeistert, wie er damals einen ganzen Rucksack voll Gratis-Goodies ergattert hat. 

„Meinst du, es gibt auf der Hobbytronic auch sowas?“,fragt er hoffnungsvoll. 

Jan hebt eine Augenbraue: „Wenn du Glück hast, kriegst du vielleicht einen Kugelschreiber. Oder ’nen Katalog.“

Stefan schnauft: „Solange es keine Gratis-Viren auf Diskette sind...“

Alle drei lachen. Die Stimmung ist gelöst, als der Kombi schließlich die Ausfahrt zur Westfalenhalle nimmt.

Ankunft im Nerd-Dungeon

Vor den Westfalenhallen erwartet die Freunde kein gläserner Hightech-Palast, sondern ein flaches Messegebäude aus grauem Beton. Schon auf dem Parkplatz merken sie: Hier ticken die Uhren anders. Statt Anzugträgern und internationalen Delegationen wie auf der CeBIT schlendern bastelwütige Gestalten in ausgewaschenen Band-T-Shirts Richtung Eingang. Ein paar Jungs schleppen Röhrenmonitore aus den Kofferräumen, irgendwo faucht ein Lötkolben. Über allem liegt ein hauchdünner Nebel aus Zigarettenrauch und Lötzinn-Dampf.

Daniel steigt aus dem Auto und verzieht das Gesicht, als ihm der Geruch in die Nase steigt: eine Mischung aus Elektronikwerkstatt und 90er-Jahre-Raucherkneipe. 

„Willkommen im Dungeon der Hobby-Nerds“,witzelt Jan und deutet auf die etwas schummerige Eingangshalle, aus der gedämpft das Piepen alter PCs dringt. Stefan atmet flach durch den Mund, um dem Qualm zu entgehen. Für einen Moment wirkt er überfordert – Menschenmengen sind nicht sein Ding, und dieser Ort fühlt sich an wie ein überfüllter Nerd-Keller. 

Doch dann blitzen seine Augen hinter der Brille auf, als er ein Schild neben dem Eingang entdeckt.

CeBIT vs. Hobbytronic – der ultimative Vergleich

Fläche: CeBIT füllt ganze Messegelände; Hobbytronic passt in eine einzige, etwas muffige Halle.

Luftqualität: CeBIT: klimatisiert; Hobbytronic: "Eau de Lötzinn" mit einer Note Nikotin.

Aussteller: CeBIT: IBM, Microsoft, die Big Player; Hobbytronic: Onkel Jupps Hardwarebude und der RC-Modellbau-Club Castrop-Rauxel.

Neuheiten: CeBIT: neueste Prototypen und Weltpremieren; Hobbytronic: Vorjahres-Modelle und Selbstbau-Projekte mit Klebeband.

Giveaways: CeBIT: Taschen voller Schlüsselbänder, Mauspads und T-Shirts; Hobbytronic: vielleicht einen Flyer und kalte Pommes vom Imbiss.

Publikum: CeBIT: internationale Fachwelt; Hobbytronic: lokale Nerd-Community – herzlich, chaotisch, leicht improvisiert.

Kaum haben sie die Eintrittskarten vorgezeigt – 10 Mark pro Nase, Schnäppchen im Vergleich zur CeBIT – springen sie hinein in das Getümmel. Na ja, schlendern. Die Halle ist tatsächlich nur eine, aber sie ist vollgestopft bis unter die Decke. Kabel hängen von provisorisch gezimmerten Messeständen, Pappschilder mit krakeliger Aufschrift preisen obskure Produkte an. Neonröhren spenden flackerndes Licht, das gemeinsam mit dem Zigarettenqualm eine Atmosphäre wie in einem 80er-Jahre Hackerfilm erzeugt.

---ENDE DER LESEPROBE---