DIE TERRANAUTEN: DER GRÜNE PHOENIX - Andreas Weiler - E-Book

DIE TERRANAUTEN: DER GRÜNE PHOENIX E-Book

Andreas Weiler

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Beschreibung

Unter der Herrschaft der Terranauten erlebt die befreite Erde eine neue Blüte. Das Grüne Zeitalter hat begonnen. Die Maschinen werden durch Pflanzen ersetzt, und der einst sterbende Planet verwandelt sich in ein ökologisches Paradies. Doch dann kommt der Grüne Phoenix zu den Sternen. Er predigt die Liebe zu den Pflanzen, aber seine Sekte sät Hass und Mord. Ein Krieg zwischen den Bios und den Technos, den Anhängern der Pflanzen-Ingenieure und den alten Technokraten, zieht herauf...   DIE TERRANAUTEN – konzipiert von Thomas R. P. Mielke und Rolf W. Liersch und verfasst von einem Team aus Spitzen-Autoren – erschien in den Jahren von 1979 bis 81 mit 99 Heften und von 1981 bis 87 mit 18 Taschenbüchern im Bastei Verlag. Der Apex-Verlag veröffentlicht die legendäre Science-Fiction-Serie als durchgesehene Neuausgabe.

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Andreas Weiler

 

 

DIE TERRANAUTEN:

Der Grüne Phoenix

 

 

 

Science-Fiction-Roman

 

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

DER GRÜNE PHOENIX 

Der Anfang: 13. Dezember 2205 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapite 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

 

Das Buch

 

Unter der Herrschaft der Terranauten erlebt die befreite Erde eine neue Blüte. Das Grüne Zeitalter hat begonnen. Die Maschinen werden durch Pflanzen ersetzt, und der einst sterbende Planet verwandelt sich in ein ökologisches Paradies.

Doch dann kommt der Grüne Phoenix zu den Sternen. Er predigt die Liebe zu den Pflanzen, aber seine Sekte sät Hass und Mord. Ein Krieg zwischen den Bios und den Technos, den Anhängern der Pflanzen-Ingenieure und den alten Technokraten, zieht herauf...

 

DIE TERRANAUTEN – konzipiert von Thomas R. P. Mielke und Rolf W. Liersch und verfasst von einem Team aus Spitzen-Autoren – erschien in den Jahren von 1979 bis 81 mit 99 Heften und von 1981 bis 87 mit 18 Taschenbüchern im Bastei Verlag. 

Der Apex-Verlag veröffentlicht die legendäre Science-Fiction-Serie als durchgesehene Neuausgabe.

  DER GRÜNE PHOENIX

 

 

 

 

 

 

  Der Anfang: 13. Dezember 2205

 

 

Braungraue Wolkenberge jagten dahin. Regen lag in der Luft. Mauro Artega legte den Kopf in den Nacken und blickte dann wieder auf das weite Feld.

»Es hat keinen Zweck mehr«, sagte er leise, und der Wind stahl ihm sofort die Silben von den Lippen, kaum hatte er sie ausgesprochen.

Die Frau an seiner Seite – sie war mager, und Enttäuschungen hatten tiefe Furchen in ihr Gesicht gegraben – trat an Artegas Seite und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er zitterte. »Vielleicht noch nicht. Vielleicht kommt doch noch ein Schiff.«

Der Mann lachte kurz. Es wurde nun dunkler, und erste dicke Regentropfen fielen... eine schmutzige, ölige Flüssigkeit. »Sieben Monate warten wir schon.« Er schüttelte den Kopf und deutete dann auf die düsteren Schatten der automatischen Enter. »Es wird niemand kommen. Wir sind erledigt. Ich weiß nicht, warum sich Original Food Incorporated nicht mehr um uns kümmert. Aber wir sind in jedem Falle erledigt. Selbst dann, wenn jetzt noch ein Schiff käme.«

Im Westen waren glitzernde Punkte dicht unter den Wolkenbergen, Glimmerschwärme, die nun ihre Feuchtnester verließen. Funkelnde Lichter, rot und blau und gelb und grün.

»Sie kommen wieder«, sagte die Frau leise. Der Wind blies heftiger. Das Getreidefeld rauschte und wirkte nun wie ein mattgelber Ozean, aufgewühlt und gischtend.

»Und wir haben nicht mehr eine einzige Ampulle Antifäule«, fügte der Mann erbittert hinzu. Dann begann er, den ledernen Beutel mit den Luftspinnen zu öffnen. Von der Stadt her zog eine dunkle Karawane heran. Zwei Dutzend, drei vier, nicht mehr. Die Glimmerschwärme brachten nicht nur die Fäule, sondern auch andere, schlimmere Übel. Nur wenige hatten überlebt, nachdem die geringen Vorräte an Breitbandantibiotika und speziellen Antimitteln zur Neige gegangen waren. Artega berührte unbewusst seine Wangen. Er ertastete harten Schorf und wachsende Geschwüre. Wieviel Zeit blieb ihm noch? Einige Tage vielleicht. Wenn er Glück hatte... Wochen, nicht mehr.

Drei Abschrecker liefen einige hundert Meter entfernt einen Hügel hinab. Kurz darauf erhoben sich drei Schatten in die Luft und schwebten fort, um sich im Norden wieder in die Wogen des Meeres aus Ähren zu versenken. Nachtparasiten. Sie wussten, die Menschen hatten keine Möglichkeit mehr, sie abzuwehren.

»Laoth erobert sich das zurück, was wir genommen haben«, sagte Artega. »Ich habe nie verstanden, warum sich OFI für diese Welt als Produzent von Originalweizen entschied. Der Aufwand war zu groß. Schon immer. Und jetzt...«

Die ersten Glimmerschwärme erreichten das Anbaugebiet: eine leuchtende Wolke aus Tausenden und aber Tausenden winzigen Übelbringern. »Ho!«, ertönten die Rufe von allen Seiten, und die ledernen Beutel mit den Luftspinnen wurden emporgeworfen. Nebelfäden lösten sich aus ihrem Innern, orientierten sich kurz und schwebten dann den Glimmern entgegen.

Die Ähren brachen.

Der Wind wurde heftiger, und aus den Tropfen wurde ein Vorhang aus Kälte und stinkendem Nass. Mauro Artega hüllte sich enger in seinen Umhang. Der Stoff war an einigen Stellen bereits zerrissen, und die feuchtigkeitsabweisende Wirkung hatte längs nachgelassen.

»Die Ähren brechen!«, ertönte der Schrei, verzerrt von den Böen und ertränkt vom herabstürzenden Regen.

Artega kämpfte gegen den Sturm an und trat näher an das Feld heran. Sie Ähren des Originalweizens waren mit kaum sichtbarem, weißlichem Schimmel besetzt, Fäule.

»Rettet, soviel ihr könnt!«, rief er.

Langwinter, dachte er. Und das ohne halbwegs ausreichenden Nahrungsmittelvorrat. Wir sind darauf angewiesen, den faulen Weizen zu essen. Wir haben keine andere Wahl. Vielleicht kommt doch noch ein Schiff. Irgendwann. Mit Antimitteln und medizinischen Geräten.

Aber eigentlich glaubte Artega nicht mehr daran.

Zusammen mit den anderen Laothern marschierte er ins Weizenfeld hinein, brach Ähren und verstaute sie in Beuteln. Der Wind peitschte ihm ins Gesicht. Glimmer umschwärmten ihn: feuchte Leuchtkäfer, deren Licht niemals erlosch. Er wischte sie zur Seite, doch sie kehrten zurück. Ihm konnten sie nichts anhaben. Aber dem Weizen, den der Konzern vergessen hatte. Pestizide, Insektizide, speziell auf die Umwelt von Laoth abgestimmte Schädlingsbekämpfungsmittel... alles war zu Ende.

Es ist Wahnsinn, dachte Artega. Reiner Wahnsinn.

Keine Versorgungsschiffe aus dem Sternenreich. Keine Schiffe, die den geernteten Weizen abholten. Nichts mehr. Die Maschinen verrotteten in dem säurehaltigen Regen; Protopbauten zerfielen: Menschen starben an vom veränderten Weizen verursachten Übel. Das Ende war abzusehen. Laoth war nie ihre Heimat gewesen.

Ein Beutel war gefüllt. Der nächste. Artega zitterte. Der nächste. Füllen mit halb verfaultem Weizen, der das Übel verstärkte und langsames Siechtum brachte. Der Hungertod war schlimmer, noch langsamer und noch schmerzhafter. Er fluchte. Er verfluchte Laoth. Er verfluchte den Konzern. Er verfluchte sich.

»Seht nur! Seht nur!«

Die Frau an seiner Seite umfasste seinen Arm und drückte fest zu. Licht war irgendwo. Er legte den Kopf in den Nacken.

Ein strahlender Fleck, der rasch über den Himmel wanderte. Kein Glimmerschwarm, denn dazu war er zu schnell. Auch kein Kugelblitz, denn dies war kein Gewitter. Es musste ein...

»Ein Raumschiff!«, erklang eine jubelnde Stimme. »Es ist ein Raumschiff. Man hat uns nicht vergessen!«

Für ein paar Augenblicke war nun das Heulen des Fastorkans zu hören. Und das hässliche Zischen des sinkenden Regens, der weitere Fäule brachte. Dann warfen die Ernter die Arme in die Höhe und schrien.

»Endlich!«

»Jetzt ist alles überstanden!«

»Sie kommen. Sie kommen!« Halb gefüllte Beutel wurden gepackt. Aus dem Weizenfeld heraus, der Stadt entgegen, die noch vor wenigen Monaten so viel mehr Menschen ein Zuhause gegeben hatte. Am Friedhof vorbei. Stumme Zeichen von einstigen Freunden, eingeritzt in porösen Fels.

Der Lichtpunkt erstrahlte heller und sank tiefer. Der Stadt entgegen. Mauro Artega fühlte, wie Wärme die Kälte in seinem Innern verdrängte. Es war vorbei. Jetzt war es wirklich überstanden.

Hartwurzeln hatten das Panzerprotop des kleinen Raumhafens brüchig werden lassen. An einigen Stellen zogen sich tiefe Furchen durch die Landefläche. An anderen wuchsen Pilzgewächse, denen selbst die Reste des Sterilisationsbelages nichts ausmachten. Laoth hatte sich als stärker erwiesen.

Die Stille kehrte zurück.

Es war kein Raumschiff. Jedenfalls keins, das sie kannten. Es war ein gewaltiges Etwas, mit einer dünnen Schicht aus strahlendem Glanz überzogen. Rochenförmig und... fremdartig.

Arme sanken wieder herab.

Stumme Gesichter blickten weiterhin nach oben.

»Das ist kein Versorgungsschiff von Original Food«, sagte jemand. Eine überflüssige Feststellung. Alle sahen es. Und Artega erinnerte sich an die Gerüchte, die vor einigen Monaten, damals, als die Verbindungen noch bestanden hatten, im Umlauf gewesen waren. Außerirdische, so hieß es, hätten Vorbereitungen zu einer Invasion des Sternenreiches getroffen. Viel Zeit war verstrichen. Und dieses fremde Raumschiff...

Es senkte sich dem Landefeld entgegen. Keine Triebwerke dröhnten. Alles blieb ruhig. Und der Sturm... starb. Nur noch laue Winde, obwohl oben die Wolkenberge weiter von Horizont zu Horizont jagten. Die Glanzaureole, die das rochenförmige Schiff umgab, machte die Dämmerung zum Ganztag.

Sie warteten.

Die Frau schmiegte sich an Mauro. »Ich habe Angst«, flüsterte sie. Dennoch waren die Laute deutlich zu verstehen.

»Angst?« Artega runzelte die Stirn. Sein Blick klebte an dem fremden Schiff. »Angst? Wovor? Wir sterben. Schon seit Monaten. Wovor also hast du Angst?«

Ein Spalt entstand in der Außenhülle des Raumschiffes – wenn es überhaupt ein Raumschiff war. Es machte irgendwie den Eindruck eines lebendigen Geschöpfes. Eine Gestalt erschien in dem Spalt.

»Menschen!«, rief jemand. »Es sind Menschen!«

Wieder ertönte der Jubel, durchsetzt diesmal mit Erleichterung. Es war ein hochgewachsener, mehr als zwei Meter großer Mann. Er schwieg. Und die Stille kehrte zurück. Seltsam. Über ein rampenähnliches Gebilde verließ er sein Schiff und trat auf das brüchige Protop der Landefläche. Er trug eine scharlachrote Robe die bis zum Boden reichte. Der Brustteil des Gewandes zeigte einen großen grünen Vogel. Die Augen des Mannes. Sie waren wie zwei Kohlen, schwarz wie die Nacht zwischen den Sternen, so kalt wie das Vakuum. Frost wehte den Laothern entgegen, und so manch einer zog sich ein, zwei Schritte zurück.

Der Mann hob die Arme. Elmsfeuer lösten sich von seinen Fingerkuppen und segelten wie winzige Glimmerschwärme davon.

»Ich bin gekommen, um euch zu helfen«, sagte der Besucher. »Ich bin gekommen, um euch die Kunde einer anderen Welt zu bringen.«

Stille.

Artega räusperte sich. Seine Enttäuschung war ihm deutlich anzusehen.

»Hört meine Worte!«, rief der Mann, und seine Stimme war wie der heiße Odem eines ausbrechenden Vulkans. »Hört meine Kunde...«

Ein Priester, dachte Mauro Artega. Ein verdammter Pfaffe!

»Wir brauchen keinen Messias!«, schrie er, und für einen Augenblick waren die kalten Böen des Dämmerungssturms wieder da. »Wir brauchen etwas zu essen.« Er wandte sich um. »Kommt. Wir haben uns aufhalten lassen. Retten wir so viel von dem Weizen, wie jetzt noch möglich ist.«

Artega wollte sich umdrehen, doch er konnte sich nicht bewegen. Der Besucher hob erneut die Arme. Glanz hüllte ihn ein. In diesem Glanz war der grüne Vogel auf dem Brustteil des scharlachroten Gewandes deutlich zu erkennen. Ein grüner Vogel, der zwei blutrote Tränen weinte.

»Ich bin gekommen, um euch zu helfen«, wiederholte der Besucher. Er erhob seine Stimme. Laute, die niemand verstand. Ein Flammenspeer, der von den Händen ausging, sich weit über ihren Köpfen zu einem fauchenden Fanal formte und die Wolkenberge auseinanderriss. Sternenglanz.

»Ich bin gekommen, weil es meine Bestimmung ist. Ich bin gekommen, um Helfer zu finden, die mich auf meinem vorbestimmten Weg begleiten. Ich bin gekommen, weil eine Botschaft zu bringen ist. Die Kunde von einer bevorstehenden und grundlegenden Veränderung der Welt.«

Er setzte sich in Bewegung und schritt ihnen langsam entgegen. Mauro Artega konnte sich noch immer nicht bewegen. Vielleicht erging es den anderen ebenso. Der Besucher blieb direkt vor ihm stehen. Artega blickte in die schwarzen Augen, und er sah andere Welten. Tief in ihm begann etwas zu begreifen. Der Mann berührte seine Wangen, den Schorf, die Übelgeschwüre, Wärme tropfte von seinen Fingerkuppen.

»Er ist ein Heiler!«, rief jemand, und sofort stimmten die anderen ein: »Es ist ein Heiler! Ein Heiler.«

»Ich will euch helfen«, sagte der Besucher, und plötzlich konnte sich Artega wieder bewegen.

»Die Geschwüre«, sagte die Frau an seiner Seite. »Sie sind fort. Du bist... gesund.«

Der Mann in der scharlachroten Robe schritt dem Weizenfeld entgegen. Der Wind verstummte endgültig, und die Wolkenberge am Himmel lösten sich auf. Am Wegesrand wuchsen Blumen aus vom Übel verseuchter Erde. Elmsfeuer, strahlende Lichter, die sich von den Fingerkuppen des Besuchers lösten. Die Glimmerschwärme trieben auseinander und lösten sich vom Weizenfeld. An verkrüppelten Bäumen bildeten sich binnen weniger Sekunden neue Triebe und Blätter und Blüten. Die Luft war erfüllt von aromatischem Duft. Die Laother sahen sich an und schienen sich neu zu entdecken.

Der Besucher erreichte den Rand des Weizenfeldes. »Meine Botschaft ist die: Lebt mit der Natur und nicht gegen sie. Verflucht sei die Technik und die, die sich ihrer bedienen. Die Rückbesinnung auf das eigentliche Wesen des Seins ist notwendig.« Er murmelte andere Worte, die sie nicht verstanden, doch Artega verspürte die Macht, die in ihnen wohnte.

Der Weizen veränderte sich.

Schimmel löste sich auf. Pilzfäden trieben davon. Die Ähren waren plötzlich wieder gelb und gesund.

Es regnete. Aber das Nass war klar und frisch und sauber.

»Ich werde euch helfen!«, rief der Besucher. »Ich brauche Helfer, um die Botschaft zu den Sternen zu tragen. So hört meine Worte...«

Er sprach die ganze Nacht. Und am Morgen, als die Sonne aufging, war Laoth eine andere Welt, bedeckt mit einem grünen Teppich, gesund, nicht vom Übel befallen.

Dahinsiechende waren wieder gesund. Übelträger konnten keine Zeichen der Krankheit mehr an sich erkennen.

»Drei unter euch sind der Gedankenstimme mächtig«, sagte der Besucher. »Ich frage euch: wollt ihr mit mir kommen und ein neues Leben beginnen? Wollt ihr zu meinen Armen werden und die Botschaft weitertragen?«

Zwei Frauen und ein Mann traten hervor. Ihre Gesichter waren verklärt.

»Ja, das wollen wir.«

»Das dunkle Zeitalter hat begonnen!«, rief der Besucher, als sie zu seinem Schiff zurückgekehrt waren. »Dort draußen herrscht das Chaos. Verderben, das von falschem Leben verursacht wurde. Verehrt die Pflanzen. Verehrt das Leben selbst. Wendet euch von der Technik ab, die unterwirft, wo Anpassung notwendig ist. Von draußen habt ihr keine Hilfe zu erwarten. Ihr müsst euch selbst helfen. Ich komme wieder. Wenn es an der Zeit ist. Wenn es darum geht, die große Veränderung einzuleiten. Bis dahin seid ihr auf euch allein gestellt. Ihr habt meine Botschaft verstanden. Setzt sie in die Tat um.«

Er wandte sich um, um sein Schiff zu betreten. Artega trat vor.

»Wer bist du Fremder?«

»Ich bin ein Diener des wahren Lebens«, lautete die Antwort, und Wärme durchflutete Artega. »Ich bin ein Botschafter des ersten Lebens. Die Uralten sind tot, doch in mir leben sie weiter. Ich bin der Sprecher des Einzigen Urbaums. Ich bin der Grüne Phoenix.«

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Ich bin der Grüne Phoenix. Ich bin der einzige und wahre Erbe der Macht. Ich bringe die Botschaft der Uralten. Ich suche Helfer. Zuerst werden wir Propheten sein. Doch wenn die Zeit reif ist, werden wir zu Veränderern.

 

Lyseiton, ehemals 14. Stellare Provinz,

Außenbereich: 02. Februar 2510

 

Die Tragorchidee hielt inne und verankerte ihre Dornwurzeln im Boden. Der Wind trug Schnee heran, doch Merina DeNeuven fror nicht. Im Innern der Blüte war sie geschützt, und sie träumte den Traum des anderen Lebens.

Sanft neigte sich die Orchidee im Wind, und Merina vernahm die telepathische Stimme ihres Begleiters. Sahen wir uns um? 

Ja.

Die Blütenblätter öffneten sich. Kälte sickerte heran.

Merina löste die Traum- und Entspannungsverbindung zur Orchidee und kletterte hinunter auf den eisigen Boden. Der Himmel war grauweiß und wie eine Glocke, die sich über die Landschaft gestülpt hatte. Silvann kroch aus der zweiten Blüte.

In dem vor ihnen liegenden Tal, eingekeilt zwischen zwei großen Wandergletschern, lagen die Skelette von Raumschiffen, bedeckt mit einer glitzernden Schicht aus Neuschnee.

»Wir haben schon im Südwesten Zeichen des Krieges gesehen«, sagte Silvann, und der Wind machte das weiße Gewand mit dem Symbol des Grünen Phoenix zu einer flatternden Fahne.

Merina nickte stumm. Die Zeichen des Techno-Krieges, dachte sie ekelerfüllt. So war es auch auf Drumann gewesen, der Welt, die sie vor einigen Monaten besucht und der sie die Grüne Botschaft gebracht hatten.

»Alle Verbindungen sind zusammengebrochen«, sagte Silvann. »Rohstoffe sind notwendig für die entwickelten Technowelten. Lyseiton hat Rohstoffe. Aber Lyseiton hatte auch eine Bevölkerung, die den Okkupanten Widerstand entgegensetzte. Dies ist davon übriggeblieben.

Wieder nickte Merina. Sie hatten bereits mehrere Städte auf dieser Hemisphäre Lyseitons besucht. Und die Zeichen waren überall deutlich zu sehen: Siechtum, hervorgerufen durch die bakteriologischen Bomben, die der Feind abgeworfen hatte. Krankheiten, gegen die es keine Gegenmittel gab. Es konnte noch nicht lange her sein, einige Wochen vielleicht erst, höchstens wenige Monate.

»Wir hätten nicht hierherkommen sollen«, sagte Silvann finster.

Sie sah ihn an. »Wir sind Botschafter und Helfer. Wir haben viele Menschen geheilt.«

»Und keinen einzigen neuen Jünger gefunden.«

»Vielleicht haben die anderen mehr Glück. Der Grüne Phoenix weiß, was er tut.«

Sie setzten sich wieder in Bewegung und schritten ins Tal hinein. Schnee fiel: ein weißer, glitzernder Vorhang, der die abgestürzten, zerfetzten Raumschiffe in ein Gewand aus Reinheit kleidete. Die Tragorchidee folgte ihnen.

»Hier können wir nichts mehr tun«, sagte Silvann. »Niemand, dem wir helfen könnten.«

»Warten wir es ab.«

Aufragende Metallprotopfragmente. Zerfetzte Außenhüllen, glasierte Felsen, nun von Eis überzogen.

»Ein kurzer, schneller Krieg«, brummte Silvann. Die Kälte vermochte ihnen nichts anzuhaben, obwohl sie nur die Gewänder mit den Symbolen des Grünen Phoenix trugen. Ab und zu ein gemurmeltes Wort, und Wärme verdrängte Kälte. »Die wenigen Schiffe Lyseitons wurden mit dem ersten Schlag ausgeschaltet. Danach die Bakterienbomben, um jeden planetaren Widerstand zu brechen. Und danach die automatischen Schürfer.«

Sie hatten sie gesehen, die summenden Berge aus Metall und Protop, vollgestopft mit Elektronik, versehen mit hungrigen Mäulern, in die. sie unablässig den' rohstoffreichen Staubsand der großen Wüsten des Mittelwestens hineinschaufelten.

»Ich frage mich«, sagte Silvann, »wann die Schiffe kommen, um die geschürften Rohmaterialien fortzubringen. Es könnte Gefahr für uns bedeuten.«

»Der Grüne Phoenix schützt uns.«

»Er meditiert«, fuhr Silvann fort. Seine Augen leuchteten plötzlich. »Er sagte, die Zeit für eine Wende sei beinahe gekommen, und er müsse die um Rat fragen, die ihn auf die lange Reise schickten. Vielleicht ist jetzt endlich die Zeit gekommen. Nicht mehr heilen und neue Jünger werben. Vielleicht sind wir bald Veränderer. Wir werden zerstören und neu aufbauen. Das ist unsere Bestimmung.« Seine Miene verdüsterte sich wieder. »Vielleicht bemerkt er nicht, wenn sich Schiffe nähern. Vielleicht...«

Merina lachte. »Du warst schon immer ein Skeptiker, Silvann komm weiter.«

Sie stiegen über Wrackteile hinweg. Die Tragorchidee folgte ihnen. Sie war außerordentlich flink. »Was interessiert dich denn hier?«

Merina blieb einen Augenblick stehen und legte den Kopf auf die Seite. »Ich weiß nicht«, sagte sie langsam. »Aber mir ist, als...«

Eine ferne Stimme. Ein Hauch an ihren Gedanken. Einbildung... oder mehr?

»Vielleicht hat es Überlebende gegeben.«

»Zehn Kilometer von hier entfernt liegt eine Stadt. Dort wird unsere Hilfe dringender benötigt. Wir haben noch genug Samen bei uns, um Brotbäume zu pflanzen, und wir sind stark genug, ihr Wachstum zu beschleunigen. Das ist wichtiger, Schwester.«

Ein breiter Spalt in der Außenhülle eines Schiffes. Deutlich waren die Stellen zu erkennen, an der zwei alte Protopplatten mit einer neuen verbunden worden waren. Dieses Schiff war nur ein Provisorium gewesen, als es noch die Sternenräume durcheilt hatte. Jetzt war es ein stählerner Leichnam. Stille empfing sie im Innern. Merina richtete einen kurzen Bittgedanken an die Tragorchidee. Pollenstaub trieb dahin und leuchtete auf. Dämmerung. Und Chaos.

»Hier kann niemand überlebt haben«, sagte Silvann unruhig. Er fühlte sich im Innern des Wracks alles andere als wohl. Hier waren keine warmen Pflanzenwände. Hier war alles kalt. Technik.

»Es war ein Treiberschiff«, sagte Merina überzeugt.

»Eine Notkonstruktion. Ersatzteile sind rar. Sie mussten improvisieren.« Sie drangen weiter ins Schiffsinnere vor. An manchen Stellen glühten sogar noch die Fluoreszenzplatten. Merina lauschte dem Hauch. Er war mal deutlicher, dann wieder so fern, dass sie ihn kaum wahrnehmen konnte. Ein sterbendes Bewusstsein?

Der Korridor war ein verzerrtes, verwinkeltes Etwas. Gezackte Trümmerfragmente versperrten ihnen den Weg. Sie kamen jetzt nur noch langsam voran. Bald darauf stießen sie auf den ersten Toten.

Merina beugte sich nieder und legte die Hand auf die kalte Stirn.

»Es ist zwei oder drei Wochen her«, sagte sie leise, und ihre Stimme klang von den Wänden dumpf wider. »Nicht mehr.« Sie berührte die silberne Halskette und deutete kann auf das Triadische Monochord. »Ein Treiber. Vielleicht sogar ein Terranaut. Ich möchte wissen, was hier geschehen ist.«

Silvann brummte etwas Unverständliches und sagte dann: »Eine unabhängige Loge vielleicht, die zufällig in die Auseinandersetzung um Syseiton geraten ist.«

Sie schritten weiter, kletterten über Hindernisse hinweg, räumten beiseite, was nicht umgangen werden konnte. Glasiertes Protop. Zerfetzter und verdampfter Stahl, der sich als grauer Belag auf den Trümmern niedergeschlagen hatte und erstarrt war. Sie stießen auf weitere Tot. Es handelte sich fast ausschließlich um Einwohner von Lyseitons. »Sie haben versucht zu bergen, was noch verwertbar war.« Merina deutete auf die entstellten Gesichter. »Lepra, Pest, Fäule, Schleichgift. Die Krankheiten haben sie erledigt.«

»Der Grüne Phoenix hat recht«, murmelte Silvann. »Wir müssen zu Zerstörern werden und das Alte hinwegfegen.«

»Noch ist es nicht soweit.« Merina stieg über zwei weitere Tote hinweg und lauschte immer wieder nach dem Flüstern nahe ihren Gedanken. »Wir sind viele. Aber wir sind noch nicht genug.« Sie wechselte in einen Korridor, der erstaunlicherweise nahezu unbeschädigt war. Das Schott am Ende des Ganges klemmte, aber als sich die Dornwurzeln der Tragorchidee im Protop verankerten und zogen und zerrten, öffnete es sich knirschend. Jemand stöhnte. Merina sah sich rasch um und entdeckte die Gestalt. Mit einigen raschen Schritten war sie an seiner Seite. Ein Treiber.

Die Augen waren gerötet. Pusteln und Geschwüre bedeckten seine Haut. Die Lippen waren spröde.

»Ich habe es gespürt«, flüsterte Merina. Sie blickte in die Augen des Sterbenden. Er versuchte zu sprechen, doch er brachte keinen Laut hervor.

»Versuch es«, sagte Silvann, und Merina nickt rasch. Sie winkte die Tragorchidee heran. Dünne Saugdorne bohrten sich schmerzlos in die Hand des Treibers. Sein Atem ging allmählich ruhiger. Merina legte ihm beide Hände auf den Kopf und schloss die Augen. Ihr Geist tauchte hinab in die Tiefen ihres mentalen Ozeans. Sie schöpfte Kraft, formte Wasser, das kein Wasser war, und lenkte die Energie in den Geist des Fremden. Sein Bewusstsein war nur noch eine flackernde Flamme, die zu erlöschen drohte.

Nein, dachte sie. Ich hin stark genug. Ich kann ihm helfen. Wenn ich es nur will.

Mehr Kraft. Ein Name, ein verwehender Hauch nur, eine Erinnerung an ein früheres Sein... Tician Perrot. Rückblicke... die grünen Wälder Saryms, Neu-Thule, erbaut an den Hängen des Mount Credock. Eine Hoffnung... ein grüner Planet, pflanzlich-karnivore Symbiose. Sekunden dehnten sich zu Ewigkeiten. Perrot war ein Terranaut, ausgebildet auf Sarym, wie sie selbst. Merina sah bekannte Gesichter: Claude Farrell, Narda,

Nayala, David terGordonund... Llewellyn, den Supertreiber, dessen ganzer Körper von goldenen Riemen eingehüllt wurde, weil seine PSI-Ausstrahlung sonst tödlich war.

Merina DeNeuven atmete schwer.