Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 470 - Ina von Hochried - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 470 E-Book

Ina von Hochried

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Beschreibung

Prinzessin mit der Schwesternhaube
Das Geheimnis um Schwester Beate

Dr. Hasso Wulffs Verlobte ist beleidigt nach Paris geflogen, weil er aufgrund dienstlicher Verpflichtungen eine Verabredung nicht einhalten konnte. Er hat aber keine Lust, ihr in die Stadt der Liebe zu folgen und zu Kreuze zu kriechen. Stattdessen sitzt der attraktive Arzt mit Schwester Beate in einem Gartencafé. Dieses entzückende Wesen gibt ihm bald einige Rätsel auf, und er will ihr auf den Zahn fühlen. Angeblich stammt sie von einem Bauernhof, aber das mag so gar nicht zu diesem zarten, bildhübschen, anmutigen Geschöpf passen.
Hasso ist wie verzaubert von ihr. Bald wird es für ihn zur fixen Idee, der Schwester nachzuspionieren. Wer ist Beate Fürtner wirklich?
Allmählich kommt der Arzt der Wahrheit auf die Spur, doch das letzte, streng gehütete Geheimnis will sie sich um keinen Preis entreißen lassen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Prinzessin mit der Schwesternhaube

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8679-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Prinzessin mit der Schwesternhaube

Das Geheimnis um Schwester Beate

Dr. Hasso Wulffs Verlobte ist beleidigt nach Paris geflogen, weil er aufgrund dienstlicher Verpflichtungen eine Verabredung nicht einhalten konnte. Er hat aber keine Lust, ihr in die Stadt der Liebe zu folgen und zu Kreuze zu kriechen. Stattdessen sitzt der attraktive Arzt mit Schwester Beate in einem Gartencafé. Dieses entzückende Wesen gibt ihm bald einige Rätsel auf, und er will ihr auf den Zahn fühlen. Angeblich stammt sie von einem Bauernhof, aber das mag so gar nicht zu diesem zarten, bildhübschen, anmutigen Geschöpf passen.

Hasso ist wie verzaubert von ihr. Bald wird es für ihn zur fixen Idee, der Schwester nachzuspionieren. Wer ist Beate Fürtner wirklich?

Allmählich kommt der Arzt der Wahrheit auf die Spur, doch das letzte, streng gehütete Geheimnis will sie sich um keinen Preis entreißen lassen …

Die Beine schmerzten, die Füße, der Rücken, der ganze Körper. Dr. Wulff drehte sich vom Operationstisch weg. Eine junge Schwester wischte ihm den Schweiß von der Stirn. Dann wandte er sich wieder seiner Arbeit zu.

„Herr Doktor“, sagte da die erste Operationsschwester, „ich habe Ihnen eine Tasse Kaffee richten lassen.“

„Jetzt? Sind Sie verrückt? Mitten in der Operation?“

„Sie arbeiten seit sechs Stunden, Herr Doktor.“

Dr. Wulff blickte zur Uhr, die über der großen Tür des Operationssaales hing. Tatsächlich, sechs Stunden arbeitete er nun schon, und es war noch nicht abzusehen, wann er endlich die Instrumente würde aus der Hand legen können. Er seufzte.

„Schönen Dank, Oberschwester, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Selbstverständlich nehme ich einen Kaffee.“ Er wandte sich an seinen Assistenten, Dr. König, einen jungen, vielversprechenden Kollegen. „Räumen Sie hier vorn aus. Gehen Sie mir aber nicht an diesen vermaledeiten Nerv. Das machen wir gleich zusammen. Und passen Sie auf, dass Sie ein trockenes Operationsfeld behalten.“

Der Assistent nickte. Was Dr. Wulff anordnete, das hatte absoluten Gültigkeitsrang.

Dr. Wulff war ein selten geschickter, selten kühner und selten tüchtiger Chirurg. Jedes Aufsehen über sein Können missfiel ihm jedoch.

Nun verließ der Arzt den Operationssaal, ließ sich aus dem Kittel helfen, ließ sich Mundschutz und Kappe abnehmen. Er wusch seine Hände gründlich und dachte über die gerade laufende Operation nach.

Ein etwa zwanzig Jahre altes Mädchen lag unter den starken Lampen. Es hatte linksseitig einen Ohrspeicheldrüsentumor. Vor eineinhalb Jahren war ein anderer Chirurg schon mit diesem Fall befasst gewesen. Bei einer Probeexzision hatte sich ergeben, dass dieser Tumor eine ausgesprochen langsam wachsende Krebsgeschwulst war. Das langsame Wachstum würde sich auch in Zukunft fortwähren.

Von Zeit zu Zeit musste sich das Mädchen immer wieder einer Operation unterziehen, bei der versucht wurde, den Tumor so weit wie möglich ausräumen.

Der erste Chirurg hatte den Tumor so weit entfernt, wie er ihm hatte beikommen können, und nun war er wieder nachgewachsen. Als Dr. Wulff die Geschwulst freigelegt hatte, hatte er sehr rasch erkannt, dass zwei Hauptstränge der Gesichtsnerven mitten hindurchliefen. Sie durften auf keinen Fall zerstört werden, sonst verlor das Mädchen möglicherweise die Herrschaft über seine Augen oder über seine Gesichtsmuskeln.

Hinzu kam, dass von der ersten Operation eine Menge Narbengewebe zurückgeblieben war. Man musste es mit äußerster Vorsicht entfernen.

Bis vor einer halben Stunde hatten Dr. Wulff und Dr. König vor allem mit diesem Narbengewebe gekämpft. Dann endlich waren sie an den Tumor selbst herangekommen.

Der Kaffee tat Dr. Wulff gut. Nachdem er ihn getrunken hatte, steckte der Arzt den Kopf unter den kalten Wasserhahn. Eine Wohltat! Dann angelte er nach dem Handtuch und rieb sich den Kopf trocken.

„Wenn es recht ist, Herr Doktor, ich habe Ihnen etwas zu essen gebracht.“

Er hatte die Schwester, die neben ihm stand und ihn anlächelte, gar nicht kommen gehört. Die stille, freundliche Schwester Beate. Man hörte sie selten, leise und sanft versah sie ihren Dienst. Fehler unterliefen ihr kaum.

„Das ist nett von Ihnen, Schwester Beate. Ich habe einen furchtbaren Hunger. Hat man Sie abgelöst?“

„Ja, Herr Doktor. Schwester Irma ist für mich eingesprungen, damit ich essen konnte. Ich werde aber gleich wieder in den OP gehen.“

„Sie arbeiten geschickt, Schwester Beate“, sagte Dr. Wulff und schob sich ein Stück Fleisch in den Mund.

Die schlanke, zierliche blonde Schwester errötete.

„Danke, Herr Doktor. Ich versuche meine Pflicht zu tun.“

„Das versuchen wir alle. Seit wann sind Sie bei uns?“

„Seit drei Monaten.“

„Wie die Zeit vergeht! Ich dachte, es wären schon drei Jahre. Mir fällt auf, dass wir noch kaum ein Wort über die reine Arbeit hinaus gewechselt haben. Ich bin sehr unhöflich, nicht wahr?“

„Sie sind viel beschäftigt, Herr Doktor.“

„Ja, das stimmt. Trotzdem, ich … Was gibt es, Oberschwester?“

Die Oberschwester schaute aus dem OP-Saal herein.

„Sie haben noch fünf Minuten Zeit, Herr Doktor. Dann sollten Sie wieder hereinkommen. Schwester Beate, für Sie wird es auch Zeit.“

„Selbstverständlich, Oberschwester“, flüsterte das Mädchen und huschte davon.

Dr. Wulff schlang das Essen hinunter. Merkwürdige Person, diese nette kleine Schwester, dachte er. Sie war ihm schon wiederholt aufgefallen, wenn sie ihn während einer Operation mit ihren großen blauen Augen angeschaut hatte. Sie sah dann immer aus, als halte sie ihn für einen Märchenprinzen. Sobald sie spürte, dass er ihren Blick bemerkte, senkte sie ihn zu Boden.

Und nun hatte sie ihm Essen gebracht, ohne dass sie jemand dazu aufgefordert hatte. Nun ja, die Menschen, die im Operationssaal zusammenarbeiteten, waren eine Gemeinschaft. Einer war auf den anderen angewiesen. So entstand eine Art Kameradschaft, eine Schicksalsgemeinschaft beinahe. Man feierte gemeinsam Triumphe, wenn eine schwierige Operation gelang. Und man meisterte gemeinsam Katastrophen, wenn eine Operation einmal nicht gelang.

So, fertig mit dem Essen. Eine Hilfsschwester half Dr. Wulff wieder in seinen Kittel, streifte ihm die Handschuhe über, Maske und Haube. Er trat in den Operationssaal zurück und schaute nach, was Dr. König inzwischen erreicht hatte. Nicht viel, das sah er gleich, denn er quälte sich immer noch mit etwas Narbenverwuchs herum.

„Ich übernehme wieder“, sagte Dr. Wulff. „Wir gehen ein Stück an dem Nerv da weiter, dann machen Sie mal Pause, Kollege König.“

„Einverstanden.“

„Wie geht es der Patientin?“, fragte Dr. Wulff.

Keine Schwierigkeiten, erfuhr er von den damit betrauten Kräften. Das Mädchen war gesund und hatte eine gute Konstitution.

Dr. Wulff wechselte das Messer und ging wieder dem Nerv zu Leibe, um ihn ein kleines Stückchen weiter aus dem Tumorgewebe zu lösen. Er atmete ruhig durch, er durfte seine sichere Hand nicht verlieren. Kleine Schnitte nur, millimetertief, Bruchteile davon. Sobald Blut hervorquoll, musste es sofort abgetupft werden.

Nach zwanzig Minuten hatten sie es so weit geschafft, dass Dr. Wulff an dem freigelegten Stückchen Nerv vorbei wieder etwas mehr in die Tiefe gehen konnte. Dr. König durfte seine Pause machen.

Dr. Wulff dachte mit einiger Sorge daran, dass er dem Mädchen später klarmachen musste, dass trotz dieser langen Operation der Tumor von Neuem heranwachsen würde. Ob das Mädchen das einsah? Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig.

Als Dr. König zurückkam, hatte Dr. Wulff inzwischen unter dem Nerv Stückchen für Stückchen aus dem Tumor herausgeschnitten. Er ging so tief, wie er es vertreten konnte. Einige kleine Reste musste er stehen lassen, es ließ sich nicht anders machen. Sie arbeiteten weiter, legten abermals kleine Teile der Nervenstränge frei und kämpften sich regelrecht ihrem Ziel entgegen.

Einmal kam eine Schwester und meldete, dass er angerufen worden war.

„Fräulein Frei sagt, sie warte seit einer Stunde im Esplanade-Hotel, Herr Doktor.“

„Haben Sie ihr gesagt, dass sie nach Hause gehen kann? Jetzt ist es acht Uhr. Es kann noch Stunden dauern.“

„Ich habe es gesagt, aber …“

„Dann sagen Sie es ihr eben noch einmal!“, versetzte Dr. Wolff unmutig.

Ellen Frei! Das sah ihr ähnlich, ihn im Krankenhaus anzurufen und die Beleidigte zu spielen. Hundertmal hatte er ihr gesagt, dass er nicht immer Herr seines freien Willens sei, dass, wenn er eine Verabredung nicht einhalte, dringende Dinge dazwischengekommen seien, die ihn im Krankenhaus festhielten.

„Ich arbeite an Menschen, an hilflosen, kranken Menschen“, hatte er ihr einmal erklärt. „Das ist mein Beruf. Du musst einsehen, dass ich die Uhr nicht nach meinem Privatleben stellen kann.“

„Dann ist es also ein Fehler, dass ich einen Chirurgen heiraten will?“, hatte Ellen Frei schnippisch gefragt.

„Das kann ich nicht entscheiden, das musst du selbst wissen, Ellen.“

Rasch hatte Dr. Wulff dann das Thema gewechselt und sie – sie waren gerade bei einem Bummel durch die Stadt gewesen – vor ein Schaufenster mit teuren Pelzmänteln gezogen, und tatsächlich hatte Ellen die Auseinandersetzung sehr bald vergessen.

Aber eingesehen hatte sie nichts, der Anruf eben war ein neuer Beweis dafür. Allmählich begann Dr. Wulff sich zu fragen, ob sie je begreifen würde, unter welchen Umständen ihr künftiger Ehemann arbeitete. Sie pflegte zwar bei jeder Gelegenheit seinen Chirurgen-Beruf hervorzukehren, denn es schmeichelte ihr, dass ein so bekannter und geachteter Chirurg an ihrer Seite war. Dass er großartig aussah, schmeichelte ihr noch mehr.

Vorgestern hatte es einen ersten ernstlichen Streit zwischen ihnen gegeben. Dr. Wulff war müde und abgespannt nach einer schweren Magenoperation heimgekommen. Kaum hatte er die Tür seiner hübschen Wohnung hinter sich geschlossen, da hatte auch schon das Telefon geklingelt. Ellen Frei war am Apparat gewesen und hatte ihn mit den üblichen Vorwürfen überschüttet.

„Alle Leute sind da, alle stehen herum wie bestellt und nicht abgeholt, nur weil der gnädige Herr auf sich warten lässt! Das ist doch keine Art! Der Konsul hat eben schon spitze Bemerkungen gemacht! Ich mache mich ganz und gar unmöglich mit dir!“

„Dann musst du eben deine Empfänge künftig ohne mich veranstalten!“, hatte er verärgert erwidert. „Sage den Leuten, dass ich nichts tauge und ein ungezogener Grobian bin.“

„Das ist doch die Höhe! Nun wirst du auch noch frech zu mir! Ich muss andere Saiten aufziehen, sonst …“

„Nimm bitte zur Kenntnis, dass du nicht mit deinem Lakaien sprichst!“, hatte er sie schroff unterbrochen und den Hörer auf die Gabel geknallt. Voller Zorn hatte er dann begonnen sich auszukleiden, weil er ein Bad nehmen wollte, aber noch ehe er dazu gekommen war, hatte das Telefon abermals geklingelt. Noch einmal Ellen.

„Hör zu, Hasso: Solche Frechheiten lasse ich mir von dir nicht gefallen! Ich möchte dich nicht sehen, bis du dich in aller Form bei mir entschuldigt hast. Ich werde …“

Wortlos hatte er aufgelegt. Er hatte keine Lust gehabt, sich herumzustreiten und sich mit derlei Lächerlichkeiten abplagen zu müssen. Entschuldigen sollte er sich! Kaum zu glauben, was ihr da einfiel!

Aber am nächsten Morgen, als er die Sache überschlafen hatte und wieder frisch gewesen war, hatte es ihm doch leidgetan. Er hatte Ellen Frei angerufen, sich wirklich entschuldigt, und sie hatte ihn in Gnaden wieder aufgenommen. Freilich konnte sie sich eine gewisse Spitze gegen ihn nicht verkneifen.

„Es dürfte dich nicht wundern, dass ich für heute ohne dich disponiert habe“, hatte sie ihm erklärt. „Morgen habe ich aber wieder Zeit. Ich werde um sechs im Esplanade sein. Ich hoffe, dass du endlich einmal pünktlich bist.“

„Ich verspreche dir, alles zu tun, um dich zu versöhnen. Liebst du mich eigentlich noch ein bisschen?“

„Verdient hast du es nicht, aber da ich nur ein schwaches Mädchen bin, werde ich noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen.“

So also war es zu dieser Verabredung gekommen, und nun hatte Ellen abermals vergeblich auf ihn gewartet. Dr. Hasso Wulff konnte sich ihre augenblickliche Laune sehr gut vorstellen. Wahrscheinlich kochte sie vor Zorn. Es tat ihm leid, aber er konnte nichts daran ändern. Freilich, er hätte sie verständigen können, aber daran hatte er einfach nicht gedacht.

Ellen konnte man ihre Ichbezogenheit nicht verdenken. Sie war die Tochter eines sehr schnell zu sehr viel Geld gekommenen Bauunternehmers und wurde verwöhnt, wo und wie es nur ging. Sie hatte längst ihre eigene Wohnung bezogen, führte ein großes gesellschaftliches Leben und leistete sich jeden nur erdenklichen Luxus. Ihr Vater bezahlte anstandslos jede Rechnung.

„Ich habe mal ganz arm angefangen, ich weiß, wie das ist, wenn man sich jeden Wunsch verkneifen muss“, hatte er einmal zu Hasso Wulff gesagt und sich dabei ordentlich in die Brust geworfen. „Jetzt schwimmen wir im Geld, und ich sehe nicht ein, dass wir nichts davon haben sollen.“

Er schwamm tatsächlich im Geld, und so war keine Laune seiner Tochter extrem genug, als dass der Vater sie nicht hingenommen hätte. Ellen war sein Ein und Alles, seit seine Frau vor vier oder fünf Jahren verstorben war. Dass seine Tochter einen Arzt heiraten sollte, schmeichelte ihm, der er aus wesentlich einfacheren Verhältnissen gekommen war. Obwohl Dr. Wulffs Familie keineswegs arm war, gefiel sich Ellens Vater in der gönnerhaften Rolle ihm gegenüber.

„Ich weiß“, hatte er einmal gesagt, „dass Ärzte wie Sie zwar nicht in den Slums leben, aber ein bisschen kläglich sieht es bei ihnen schon aus. Da muss man sich eben eine Frau wie meine Tochter suchen. Nun gut, ich habe nichts dagegen, meine Tochter bringt das Geld, Sie bringen Ihren Doktortitel. Ein gutes Geschäft.“

Dr. Wulff hatte diese Äußerung reglos über sich ergehen lassen. Er kannte den Vater seiner Verlobten inzwischen und wusste, dass man ihm solche Worte nicht übel nehmen durfte, also musste man sie überhören. Und schließlich liebte er ja nicht den alten Frei, sondern dessen Tochter.

♥♥♥

Die mächtigen Lampen über dem Operationstisch verloschen. Müde und grau sahen die Menschen aus, die sich im Saal zu schaffen machten. Sie alle waren am Ende ihrer Kräfte. Es war elf Uhr nachts, die Operation hatte runde zwölf Stunden gedauert!

Dr. Wulff fielen beinahe die Augen zu, als er sich wusch. Dr. König, der neben ihm stand, murmelte unverständliches Zeug vor sich hin. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, dass er das tat. Es waren Zeichen seiner Erschöpfung.

Die Operation war endlich zu Ende gegangen. Dr. Wulff hatte die Arbeit, die sie in diesen vielen Stunden hinter sich gebracht hatten, noch einmal Stück für Stück überprüft, dann hatte er beschlossen aufzuhören.

„Schlafen Sie nicht ein, Kollege König!“, sagte Wulff und versetzte seinem Assistenten einen leichten Stoß. König rieb sich die Hände trocken, die Augen waren ihm dabei zugefallen.

„Ein Bett, Kollege Wulff, können Sie sich erinnern, wie das aussieht?“, fragte er mit einem schwachen Lächeln.

„Ganz aus der Ferne. Manche Leute benutzen so etwas zum Schlafen.“

„Probieren wir’s mal, vielleicht sind sie gar nicht so dumm. Bis morgen dann!“

„Ja, bis morgen.“

Dr. König ging mit seltsam schleppenden Schritten hinaus, als falle ihm das Gehen schwer. Aber Dr. Wulff ging es nicht anders, die Beine waren vom langen Stehen angeschwollen. Er dachte an seinen Wagen, der unten stand. Jetzt sich noch durch den Verkehr wühlen? Nein, das mochte er nicht mehr.

Er ging auf seine Station. Die Schwester, die schon gehört hatte, wie es ihm ergangen war, machte ein paar Anteil nehmende Bemerkungen. Er hörte kaum hin.

„Ich habe keine Lust, nach Hause zu fahren. Wissen Sie, ob irgendwo ein Bett für einen armen Chirurgen frei ist?“

„Ich werde mich erkundigen, Herr Doktor. Im Pflegerhaus ist vielleicht ein Zimmer frei. Haben Sie schon etwas gegessen?“

„Essen? Was ist das?“

„Gehen Sie nur in die Kantine, Herr Doktor. Ich rufe an und bestelle Ihnen eine Mahlzeit, damit Sie nicht zu lange warten müssen. Und ich melde mich dort, wenn ich etwas bezüglich des Zimmers erreicht habe.“

„Sie sind beinahe ein Engel, Schwester. Hoffentlich falle ich nicht mit dem Kopf in den Sauerkohl.“

Dr. Wulff schleppte sich die Treppe hinunter. Die Kantine lag im Keller des Krankenhauses, war groß und geräumig, hatte ein paar Nischen und verfügte über eine recht gute Küche. Hier aßen die meisten der Krankenhausbediensteten einschließlich der Ärzte, solange der Dienst sie im Hause festhielt.

„Das Essen kommt gleich, Herr Doktor!“, meldete die stramme Kellnerin. „Da drüben habe ich für Sie schon gedeckt.“

„Nett von Ihnen“, murmelte er und begab sich in die Nische, die die Kellnerin ihm angewiesen hatte. Das Besteck lag schon da, auch ein Glas Bier stand bereit, er stürzte es förmlich hinunter. Dann starrte er auf die Tischplatte und merkte, dass die Müdigkeit ihn übermannte. Rasch griff er nach einer Zeitung und las, verstand aber den Sinn dessen nicht.

Die heiße Suppe kam, er löffelte sie gierig hinunter. Kaum war er damit fertig, erhielt er ein saftiges Steak.

Zwei Pfleger, die zwei Tische weiter saßen, steckten die Köpfe zusammen. Der sehr beliebte, ungemein gut aussehende Chirurg erfreute sich stets reger Beachtung unter den Krankenhausleuten.