Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 549 - Ina von Hochried - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 549 E-Book

Ina von Hochried

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Nicola Komtess von Brüchen schwimmt in einem Meer der Glückseligkeit. Jetzt endlich weiß sie, wie die große, die wahrhaftige Liebe sich anfühlt. Ihr Glück ist grenzenlos und nimmt ihr fast den Atem. Dass Martin Heidt nur ein kleiner Chirurg am Beginn seiner Laufbahn ist, das spielt für sie nicht die geringste Rolle. Allein ihre Liebe zählt, seine zärtlichen Küsse und die Gewissheit, den richtigen Mann für ihr ganzes Leben gefunden zu haben. Sogar die Gräfin kapituliert vor diesen strahlenden Augen und vertraut Martin die Hand ihrer Tochter an.
Nur Stunden später jedoch steht das eben erst erblühte Glück vor seiner ersten Zerreißprobe, denn gegen Dr. Heidt werden schwere Anschuldigungen erhoben ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 139

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Nur eine glaubt an Dr. Heidt

Vorschau

Impressum

Nur eine glaubt an Dr. Heidt

Ihre Liebe war unerschütterlich

Nicola Komtess von Brüchen schwimmt in einem Meer der Glückseligkeit. Jetzt endlich weiß sie, wie die große, die wahrhaftige Liebe sich anfühlt. Ihr Glück ist grenzenlos und nimmt ihr fast den Atem. Dass Martin Heidt nur ein kleiner Chirurg am Beginn seiner Laufbahn ist, das spielt für sie nicht die geringste Rolle. Allein ihre Liebe zählt, seine zärtlichen Küsse und die Gewissheit, den richtigen Mann für ihr ganzes Leben gefunden zu haben. Sogar die Gräfin kapituliert vor diesen strahlenden Augen und vertraut Martin die Hand ihrer Tochter an.

Nur Stunden später jedoch steht das eben erst erblühte Glück vor seiner ersten Zerreißprobe, denn gegen Dr. Heidt werden schwere Anschuldigungen erhoben ...

Mit einer müden Handbewegung strich Dr. Martin Heidt sich die Haare aus der Stirn. Kaum mehr etwas an ihm erinnerte an den kraftvollen, energiegeladenen jungen Chirurgen, der vor zwei Jahren ausgezogen war, um das Leben in die Hand zu nehmen, den Mitmenschen zu helfen und sein Glück zu versuchen. Er war kläglich gescheitert.

Jetzt musste er noch das Schild abschrauben.

Dr. Martin Heidt presste die Lippen zusammen. Er nahm den Schraubenzieher, verließ die Praxis, die im Erdgeschoss eines recht großen Wohnhauses lag, und trat auf die Straße. Ihm blutete das Herz, aber es musste getan werden.

Gleich neben der Haustür hing das Messingschild. Es war nicht mehr so blank wie einst, aber es strahlte immer noch die gleiche Wirkung aus.

Dr. M. Heidt, allgemeine Chirurgie, Sprechstunden von 10 bis 12 und von 15 bis 17 Uhr, mittwochs und samstags von 9 bis 12 Uhr, stand dort zu lesen.

Dr. Heidt setzte den Schraubenzieher an, um die vier Schrauben zu lösen.

»Herr Doktor, was machen Sie denn da?«, fragte plötzlich eine Frauenstimme hinter ihm.

Dr. Heidt wandte sich um. Eine ärmlich gekleidete Frau mit einer Tasche voller Gemüse. Sie musste zu ihm aufblicken, weil er so groß war.

Er kannte sie. Frau Hilgen, er hatte einmal ihre Tochter behandelt. Das Honorar hatte er karg bemessen, denn die Hilgens waren arme Leute. Vielleicht hätte er das nicht tun sollen, vielleicht hätte er mehr an sich und weniger an die Patienten denken müssen. Vielleicht war dies der erste Fehler gewesen, den er begangen hatte.

»Sie sehen es ja, Frau Hilgen. Ich nehme das Schild ab.«

»Dann stimmt es also wirklich, dass Sie nicht bei uns bleiben, Herr Doktor?«

»Ja, es stimmt.«

»Herr Doktor, nehmen Sie's mir nicht übel, aber die Leute sagen, dass Sie die Praxis schließen müssen, weil Sie nichts mehr ... Ich meine, es sind zu wenige Patienten zu Ihnen gekommen. Stimmt das?«

Dr. Heidts Augen wurden schmal. Die Leute wussten also schon, dass er gescheitert war, dass er die Praxis schließen musste, weil er von den Einnahmen nicht einmal seine Unkosten decken konnte. Er schüttelte den Kopf. Das zuzugeben, das ließ sein Stolz nicht zu.

»Sie irren, Frau Hilgen«, sagte er mit gepresster Stimme. »Mein alter Professor hat mir angeboten, mit ihm zu arbeiten. Das ist eine große Chance für mich. Deswegen schließe ich die Praxis.«

»Es ist nicht schön, dass Sie gehen, Herr Doktor. Wo wir uns doch gerade an Sie gewöhnt hatten. Was soll nun Opa Meyers machen?«

Der alte Meyers war ein bettlägeriger Mann, um den Dr. Heidt sich im letzten halben Jahr gekümmert hatte. Er hatte ihm einen Radioapparat geschenkt und noch manches andere dazu. Ja, Opa Meyers würde den Chirurgen mit am meisten vermissen.

»Ich werde dafür sorgen, dass jemand nach ihm sieht, Frau Hilgen. Und nun entschuldigen Sie mich bitte, denn die Zeit drängt, und ich habe noch eine Menge zu erledigen.«

Dr. Heidt nickte ihr flüchtig zu, dann war er im Haus verschwunden. Er drückte die Tür zu seinen Praxisräumen fest hinter sich zu, als wolle er sicher sein, dass niemand mehr den Weg zu ihm fand.

Kisten standen dort in den leeren Räumen. Eine war noch offen. Dr. Heidt legte das Schild obenauf, dann nagelte er die Kiste zu. Er schaute auf die Uhr. In einer halben Stunde würden die Möbelpacker kommen. Er hatte alles in den Kisten verstaut. Jener kleine Speicher, auf dem sie gelagert werden sollten, bis sich ein Käufer für den Inhalt fand, lag im Hof der Spedition.

Zwei Zimmer hinter den Praxisräumen hatten ihm bisher als Wohnung gedient. Die Möbel waren bereits fort. Er hatte sie zu seiner Mutter bringen lassen. Dort füllten sie jetzt sein früheres Jungenzimmer bis fast unter die Decke. Nur zwei Koffer standen noch dort.

Martin Heidt erschrak, als es plötzlich klingelte. Die Möbelpacker waren da. Er ging zur Tür.

»Da wären wir, Herr Doktor«, sagte einer der drei Männer, ein für seinen Beruf ziemlich unscheinbares, kleines Männchen, »und da hätten wir auch die Rechnung.«

»Jetzt schon?«

»Der Chef meint, es wäre am bequemsten für Sie, Herr Doktor. Wo Sie doch heute noch abfahren wollen ...«

Dr. Heidt verstand. Die Speditionsfirma wusste, warum er auszog und seine Praxiseinrichtung ins Lager gab. Er war gescheitert und hatte kaum Geld, und die Firma wollte hinter der Bezahlung ihrer Rechnung nicht herlaufen. Also hielt man sich an ihn, solange er noch greifbar war.

Zum Glück hatte Dr. Heidt die ungefähr sechzig Mark, die der Auszug kostete, zur Hand. Er holte die Scheine hervor, der Mann quittierte.

Dann packten die Männer die Kisten. Im Handumdrehen waren die Räume vollkommen leer. Die Männer zogen davon, der Wagen fuhr ab, Dr. Heidt konnte gehen.

Aber er ging nicht. Er stand mitten in seinem ehemaligen Sprechzimmer und starrte die kahlen Wände an. Er wusste noch genau, wie hoffnungsvoll er vor zwei Jahren hier eingezogen war. Er erinnerte sich an das, was er in den vergangenen vierundzwanzig Monaten hier erlebt hatte, Gutes und Enttäuschendes, Schönes und Trauriges.

Jetzt musste er gehen, sein Zug fuhr in einer knappen Stunde. Martin Heidt ging, um seine Koffer und seinen Mantel zu holen.

Als er nach dem Mantel griff, fiel ihm blitzartig dieses Erlebnis ein, das letztendlich für sein Scheitern verantwortlich war. Genauso wie heute hatte er an einem kalten, windigen Herbstabend nach seinem Mantel gegriffen, als er die Praxis gerade ein paar Monate gehabt hatte. Die Erinnerung daran stieg in ihm auf ...

♥♥♥

Zwei Häuserblocks weiter war ein kleiner Junge beim Spielen unglücklich gefallen und hatte sich das Ärmchen gebrochen. Eben hatte man ihn benachrichtigt, und obwohl Katja Rinseck bereits auf ihn wartete, zögerte er keine Sekunde, dem Hilferuf zu folgen. Er war ja schließlich Arzt, und es war seine Pflicht, den Menschen zu helfen.

Als er in den Flur trat, kam eine rundliche, in einen üppigen Pelzmantel gehüllte Frau um die Ecke und steuerte geradewegs auf ihn zu.

»Herr Doktor, wie gut, dass Sie da sind! Sie müssen mir unbedingt helfen!«, rief sie mit hoher, atemloser Stimme.

»Das trifft sich nicht gut, meine Dame, ich wurde gerade zu einem Hausbesuch gerufen ...«

Die Frau rang die Hände. Brillantringe blitzten an den Fingern.

»Sie werden mich doch in meinem Leid nicht im Stich lassen, Herr Doktor!«, zeterte sie. »Ich sterbe bald, so elend ist mir!«

Die wehleidige Stimme der Frau ging Dr. Heidt auf die Nerven. Er kannte diese Art von Patientinnen. Nicht selten litten sie an eingebildeten Krankheiten.

»Sie sehen so elend gar nicht aus, gnädige Frau«, sagte er kühl. »Kommen Sie doch bitte morgen früh, meinetwegen eine halbe Stunde vor der Sprechstunde. Dann kann ich mich sofort um Sie kümmern.«

»Sie wollen mich fortschicken?«, fuhr sie ihn an. »Das ist doch nicht Ihr Ernst, Herr Doktor. Das können Sie doch nicht machen!«

»Mein Fall ist wirklich dringend. Ich muss sofort los.«

»Mein Fall ist genauso dringend. Ich fürchte, ich habe Gürtelrose. Das ist doch entsetzlich!«

»Bläschen auf der Haut?«

»Überall! Und diese Schmerzen!«

»Sind die Bläschen blutig?«

»Das fehlte mir noch! Wie Brandblasen sind die, voller Wasser, und es schmerzt ganz furchtbar! Sie sehen, ich kann wirklich nicht länger warten!«

»Doch, Sie müssen warten«, erklärte er mit Nachdruck. »Die Bläschen hatten Sie heute Nachmittag bestimmt auch schon. Nehmen Sie ein paar Schmerztabletten, das hilft vorerst, und dann kommen Sie morgen früh wieder. Wenn es absolut sein muss, kann ich Sie ja nachher auch noch besuchen. Also, lassen Sie mir Ihre Adresse da.«

»Sie weigern sich also, mich sofort zu behandeln?«, fragte die Frau fassungslos, die vor Wut errötete.

»Ich weigere mich nicht, ich habe Ihnen nur klargemacht, dass es eine gewisse Rangfolge gibt, an die ich mich halten muss. Sie haben Zeit. Der kleine Junge, zu dem ich will, hat keine Zeit. Er hat sich nämlich den Arm gebrochen.«

»Sie wollen mich also wegen eines dummen Görs wegschicken?«

»Ja. Und nun bitte ich, mich zu entschuldigen. Ich habe wirklich keine Zeit mehr.«

»Das ist doch unerhört!«, schimpfte die Frau. »So etwas muss sich unsereiner gefallen lassen! Solche Rücksichtslosigkeit ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht vorgekommen! Sie werden von mir hören, Herr Doktor, das schwöre ich Ihnen! Ihnen werden die Augen übergehen, wenn Sie merken, was ...«

Mehr vernahm er nicht, denn er hatte das Haus verlassen und war davongeeilt. Mochte diese hysterische Person schimpfen, so viel sie wollte. Er hatte Wichtigeres zu tun.

So hatte sich das Ganze zugetragen, und Dr. Heidt bekam diese Frau nie wieder zu Gesicht. Aber sie hielt ihr Versprechen, und er hörte von ihr, mehr als ihm lieb war ....

♥♥♥

Es hatte sich herausgestellt, dass diese Person die Ehefrau eines in diesem Viertel sehr einflussreichen, zu viel Geld gekommenen Geschäftsmannes war. Und sie war nicht gewillt gewesen, die Abfuhr hinzunehmen. Im ganzen Viertel hatte sie von ihrem Zusammenstoß mit Dr. Heidt berichtet und ihn als nachlässigen Arzt hingestellt, der sie nicht einmal untersucht und mit ein paar Schmerzpillen abgewimmelt hatte.

Die Frau hatte das mit so viel Nachdruck getan, dass sie erreicht hatte, was sie wollte: Man hatte begonnen, Dr. Heidt zu misstrauen. Und wenn ein Arzt erst einmal das Vertrauen seiner Patienten verloren hatte, dann war er ruiniert.

Zunächst waren jene Kreise seiner Praxis ferngeblieben, mit denen diese Frau direkten Kontakt hatte. Das waren die bessergestellten Leute, die als Privatpatienten zu ihm kamen und die besten Honorare zahlten. Und später waren dann auch nach und nach die Patienten ausgeblieben, die mit Krankenscheinen zu ihm kamen. Die Gerüchte hatten sich schließlich überall ausgebreitet.

Und so war es dann schnell bergab gegangen mit der Praxis. Die wenigen Patienten, die nach wie vor den Weg zu ihm gefunden hatten, hatten ihn nicht retten können. Bald war Dr. Heidt so weit gewesen, dass er ausrechnen konnte, wann er die Miete schuldig bleiben musste.

So weit wollte er es aber nicht kommen lassen. Sein Stolz ließ das nicht zu. Er wusste, dass er ein guter Chirurg war, dass er etwas zu leisten imstande war. Er wusste, dass er keine Schuld auf sich geladen hatte.

In einem Krankenhaus, das in der nächsten großen Stadt lag, hatte er sich um eine Assistentenstelle bei der Chirurgie beworben. Er hatte glänzende Zeugnisse, und man hatte ihn sofort eingestellt. Um in einer anderen Stadt abermals eine Praxis zu eröffnen, dazu fehlte ihm das Geld. Er hatte Schulden, drückende Schulden. Und die musste er so rasch wie möglich abzahlen.

Auf die Begleichung dieser Schulden wartete Katja Rinseck.

Wenn er an sie dachte, an dieses lebensprühende, elegante Mädchen, dann zog sich sein Herz zusammen. Katja Rinseck besaß in der Hauptgeschäftsstraße einen sehr gut gehenden Modesalon. Sie verdiente eine Menge Geld. Und von diesem Geld hatte sie Dr. Heidt viel geliehen.

Sie waren einander begegnet, als er erst kurze Zeit in dieser Stadt gewesen war. Er war zu ihr ins Geschäft gekommen, weil er einer Tante ein Geburtstagsgeschenk hatte kaufen wollen. Ihn wie sie hatte diese erste Begegnung so angerührt, dass sie fortan zusammengeblieben waren. Bald hatte festgestanden, dass sie heiraten wollten, und sie hatten Verlobung gefeiert.

Martin Heidt hatte Katja beiläufig erzählt, dass er seine Praxis im Laufe der Zeit noch besser ausstatten müsse, und spontan hatte sie ihm Geld angeboten.

»Ich habe eine Menge davon. Was soll ich damit? Du brauchst Geld, also nimm es. Wir heiraten, dann ist mein Geld sowieso deines.«

Er hatte darauf bestanden, es ihr zurückzuzahlen. Lachend hatte sie eingewilligt. Aber das Lachen war ihr vergangen, als er ihr später hatte gestehen müssen, dass es mit seiner Praxis bergab ging.

Er war unzufrieden, verbittert und wütend gewesen. Der erste Streit war zwischen ihnen aufgeflackert, harte Worte waren gefallen. Sie hatten sich rasch wieder versöhnt, aber es war erneut zum Streit gekommen.

»Solange es mir gut ging, hat dir der Gedanke geschmeichelt, einmal Frau Doktor zu werden«, hatte er ihr eines Tages an den Kopf geworfen. »Jetzt hast du deinen Sinn gewandelt. Katja, du hast mich furchtbar enttäuscht! Das ist keine Liebe!«

So hatten sie sich zerstritten. Die Verlobung war in die Brüche gegangen. Martin Heidt hatte alles Geld, das er aufbringen konnte, zusammengerafft und es ihr gegeben. Er wollte seine Schulden verringern. Aber auch jetzt blieb immer noch eine beträchtliche Summe, die er im Moment nicht begleichen konnte.

Monat für Monat wollte er ihr nun von seinem Assistentengehalt alles Geld überweisen, das er erübrigen konnte. So lange, bis er ihr keinen Pfennig mehr schuldete.

Wenn es ihm gelang, Teile seiner Praxiseinrichtung zu verkaufen, ging das selbstverständlich schneller. Doch in dieser Richtung hatte er nicht viel Hoffnung. Denn Ärzte, die gebrauchte Gegenstände für ihre neu einzurichtende Praxis kaufen, gab es kaum.

Dr. Heidt erwachte aus seinen Gedanken und schaute auf die Uhr. Rasch nahm er die Koffer. Es war höchste Zeit, wenn er den Zug noch erreichen wollte.

Mit einem energischen Ruck schloss er die Tür zur Praxis hinter sich. Aus und vorbei. Etwas Endgültiges lag in diesem schnappenden Geräusch des Schlosses. Dr. Heidt warf den Schlüssel in den Briefkasten des Hausverwalters, dann trat er mit seinen beiden Koffern auf die Straße und ging rasch davon.

Er schaute sich nicht mehr um.

♥♥♥

Das Krankenhaus lag in einem großen Park, ziemlich weit von der Straße entfernt. Ein mächtiges Portal, dessen Tore man ausgehängt hatte, gab zwischen hohen alten Bäumen den Blick auf das Haus frei. Es sah im ersten Moment wie ein Schloss aus mit seinen vielen Fenstern und der hohen Säulenreihe vor der mittleren Fassade.

Erst wenn man näher kam, gewahrte man die seitlichen Anbauten, die Nebengebäude und die vielen Bauwerke in der Tiefe des Parks.

Professor Dr. Pfannenring, der Chef des Hauses, befand sich gerade auf einer Vortragsreise in Italien, als Dr. Heidt seinen neuen Wirkungskreis erreichte. Nach der Erledigung der üblichen Formalitäten wurde er sogleich in seine kleine Wohnung eingewiesen, die sich im Ärztehaus befand und aus einem winzigen Flur, einem Wohnzimmer, Schlafraum, Bad und einer kleinen Küche bestand.

Die Wohnung gefiel Dr. Heidt sehr gut, und sie war auch recht günstig. Das kam ihm sehr gelegen, da er ja jeden Pfennig sparen musste.

Den Rest des Tages benutzte Dr. Heidt, um sich einzurichten. Spät am Abend klingelte das Telefon. Er griff zum Hörer und meldete sich.

»Hier ist Schwester Maria von der chirurgischen Station drei«, hörte er sie sagen. »Sie müssen schon entschuldigen, Herr Doktor, dass ich Sie überfalle, aber ich habe zufällig gehört, dass Sie bereits hier sind.«

»Schon gut, was gibt es?«

»Wir haben da einen Patienten, der mir Sorgen macht. Frisch operiert. Knapp über vierzig Fieber.«

»Nanu? Was war mit der Operation?«

Sie erklärte es ihm.

»Nur Doktor Junkers ist auf der Station, aber er weiß wahrscheinlich auch nicht recht, was er dagegen tun soll«, fuhr sie dann fort. »Er ist erst drei Wochen bei uns. Noch ganz jung, verstehen Sie? Ich dachte, wenn es Ihnen nichts ausmacht, dann ...«

»Warum fragen Sie nicht den Oberarzt?«

»Doktor Ortheck ist übers Wochenende verreist.«

»Ich komme.«

»Danke, Herr Doktor.«

Martin Heidt kleidete sich an. Es ging also schon los.

Zehn Minuten später war er an Ort und Stelle. Unten in der kleinen Halle des Stationsgebäudes empfing ihn Schwester Maria, eine seltsam scheu wirkende junge Frau von etwa dreiunddreißig Jahren. Sie begrüßte den Arzt und führte ihn gleich zu dem Patienten.

Vor der Tür zu dessen Zimmer wartete ein bebrillter, hellblonder junger Mann, der fast kindlich aussah in seinem etwas zu groß geratenen weißen Kittel. Er lächelte verlegen, als Dr. Heidt heran war, und stellte sich vor.

»Doktor Junkers, wenn Sie gestatten. Ich bin der Benjamin auf der Station, und ausgerechnet mir muss das passieren.«

»Schon gut, Herr Kollege. Nur aus Erfahrung lernt man. Wollen wir uns die Geschichte mal ansehen.«

Dr. Junkers strahlte über sein ganzes Kindergesicht und riss beflissen die Tür auf. Dr. Heidt trat ein, und ein Wärmeschwall prallte ihm entgegen.

Der Patient war ein etwa fünfzig Jahre alter Mann, Schweiß perlte über sein Gesicht. Er schlief unruhig, die Lippen bewegten sich zuckend. Auf seinem Leib lastete ein Lichtkasten.