Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 768 - Renate Busch - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 768 E-Book

Renate Busch

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Beschreibung

Nora steht ihrem zukünftigen Ehemann mit ganzer Kraft zur Seite, während er sich den Traum von einer eigenen Hausarztpraxis erfüllt. Umso härter trifft sie der Schlag, als sie herausfindet, dass Werner sie mit einer anderen betrügt. Der Verrat sitzt tief und schmerzt unendlich - doch Nora beweist Stärke: Sie zieht einen klaren Schlussstrich, lässt nicht nur Werner hinter sich, sondern kehrt der ganzen Stadt den Rücken. Schon bald schlägt sie ein neues Kapitel auf. In einem abgelegenen, herrschaftlichen Anwesen findet sie Arbeit als Pflegerin eines jungen Mädchens im Rollstuhl. Zwischen Nora und der lebensklugen Heidi entsteht schnell eine innige Verbindung. Weniger herzlich gestaltet sich dagegen das Verhältnis zu Heidis Bruder - dem arroganten, selbstgefälligen Gutsherrn. Doch Nora lässt sich davon nicht beeindrucken. Nach dem tiefen Vertrauensbruch mit Werner hat sie mit Männern und der Liebe endgültig abgeschlossen ... oder etwa doch nicht?

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Seitenzahl: 127

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Seine Schwester

Vorschau

Impressum

Seine Schwester

Ein herzergreifender Schicksalsroman für unvergessliche Lesestunden

Nora steht ihrem zukünftigen Ehemann mit ganzer Kraft zur Seite, während er sich den Traum von einer eigenen Hausarztpraxis erfüllt. Umso härter trifft sie der Schlag, als sie herausfindet, dass Werner sie mit einer anderen betrügt. Der Verrat sitzt tief und schmerzt unendlich – doch Nora beweist Stärke: Sie zieht einen klaren Schlussstrich, lässt nicht nur Werner hinter sich, sondern kehrt der ganzen Stadt den Rücken.

Schon bald schlägt sie ein neues Kapitel auf. In einem abgelegenen, herrschaftlichen Anwesen findet sie Arbeit als Pflegerin eines jungen Mädchens im Rollstuhl. Zwischen Nora und der lebensklugen Heidi entsteht schnell eine innige Verbindung. Weniger herzlich gestaltet sich dagegen das Verhältnis zu Heidis Bruder – dem arroganten, selbstgefälligen Gutsherrn. Doch Nora lässt sich davon nicht beeindrucken. Nach dem tiefen Vertrauensbruch mit Werner hat sie mit Männern und der Liebe endgültig abgeschlossen ... oder etwa doch nicht?

Nora Schubert hielt vor einem Altbau an, stieg von ihrem Fahrrad und warf wie immer einen kurzen Blick auf das weiße Schild, auf dem in schwarzen Buchstaben stand: Dr. Werner Kleine, praktischer Arzt.

Sie schob ihr Rad in den Ständer vor dem Haus, öffnete die schwere Haustür und betrat den Flur. Dann schloss sie die Tür zur Praxis auf. Sie befand sich in einer ehemaligen Wohnung, die nach den Bedürfnissen eines Praxisbetriebes umgebaut und eingerichtet worden war.

Zuerst huschte Nora ins Behandlungszimmer und schaute sich mit einem liebevollen Blick um. Hier war Werners Reich! Es war recht einfach ausgestattet, doch das sollte sich noch ändern. Was sie dafür tun konnte, würde sie tun.

Nun zog Nora einen bunten Kittel über und putzte die Praxis rasch durch. Dann goss sie die Topfpflanzen im Wartezimmer und ordnete die Illustrierten auf dem Tisch.

Anschließend machte sie sich frisch, kämmte sich und warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Ja, sie sah adrett aus und konnte den Patienten so gegenübertreten. Mit ihrem hübschen kastanienfarbenen, leicht gewellten Haar hatte sie Glück. Es lag immer gut.

Nachdem sie einen frisch gewaschenen weißen Kittel angezogen hatte, sortierte sie noch einige Karteikarten ein.

Kurz darauf erschien auch Werner. Sie drehte sich nach ihm um.

»Guten Morgen, Nora«, sagte er und lächelte verhalten.

Nora kannte ihn inzwischen gut genug, um zu spüren, dass er nicht bestens gestimmt war. Werner war ohnehin kein Frühaufsteher. Möglich war auch, dass er heute Nacht wieder zu einem Patienten gerufen worden war.

Sie stand auf und eilte auf ihn zu.

»Werner«, sagte sie und strahlte ihn mit ihren meergrünen Augen an.

»Nora!« Er umarmte sie und küsste sie. »Du warst wieder einmal sehr fleißig, nicht wahr?«

»Das muss ich wohl sein!«, erwiderte sie mit einem glücklichen Lachen. »Die Patienten können ja schließlich nicht in eine schmutzige Praxis kommen.«

»Du tust so viel mehr, als du musst.« Werner Kleine nahm seinen weißen Kittel aus dem Schrank und zog ihn an. »Mutter meint, ich könne dir auf Dauer nicht die ganze Arbeit aufbürden.«

Aha, daher weht der Wind, dachte Nora. Sie hätte es sich fast denken können, dass ihre liebe zukünftige Schwiegermutter Werner sicher wieder einmal klargemacht hatte, dass eine Sprechstundenhilfe nicht die richtige Partie für ihn war.

In dem Zusammenhang musste sie ihn wohl auch darauf aufmerksam gemacht haben, dass er von ihr nicht verlangen könne, auch noch die Putzarbeiten in der Praxis zu übernehmen.

Aus finanziellen Gründen wohnte Werner noch bei seiner Mutter. Die alte Dame war sehr stolz auf ihren Sohn, der Arzt und Doktor geworden war. Ihr Mann hatte es einst nur bis zum Bahnassistenten gebracht und war frühzeitig gestorben.

Nora konnte verstehen, dass Frau Kleine stolz auf Werner war. Es ärgerte sie jedoch, dass sie sich immer wieder in ihre Beziehung einmischte.

»Ich habe keinesfalls vor, hier immer zusätzlich die Putzfrau zu spielen«, erwiderte Nora ganz ruhig. »Aber da sich Frau Meier ein Bein gebrochen hat, werde ich sie bis zur Genesung vertreten. Das haben wir doch besprochen.«

»Ja, das haben wir«, murmelte der junge Arzt.

»Du siehst ein bisschen müde aus«, stellte Nora fest. »Musstest du heute Nacht wieder raus aus dem Bett?« Sie wunderte sich, warum Werner plötzlich ein wenig verlegen wurde.

»Nein, ich habe nur schlecht geschlafen. Die Müdigkeit wird gleich vergehen. Hoffentlich haben wir heute mehr zu tun als gestern«, sagte er grimmig.

»Die Praxis läuft doch nicht schlecht, Werner. Du kannst keine Wunder erwarten. Alles braucht seine Zeit.« Nora tröstete ihn stets, wenn ihm sein Aufstieg auf der Erfolgsleiter nicht schnell genug ging.

»Unsinn. Zeit ... Zeit ... Meine Studienkollegen ...« Er erzählte Nora, was sie bereits wusste. Zwei Kommilitonen von ihm hatten sich ungefähr gleichzeitig wie er als Ärzte niedergelassen, einer als Augenarzt, der andere als Internist.

Nach Werners Worten verdienten sie sich inzwischen schon dumm und dämlich. Ihre Wartezimmer waren immer voll, und sie schafften die Arbeit kaum.

»Du kannst dich doch nicht mit ihnen vergleichen, Werner! Einer hat eine gut gehende Praxis übernommen, der andere hatte mit Hilfe seines Vaters einen ganz anderen Start als du. Du bist beileibe nicht weniger tüchtig als sie.«

»Stimmt, sie hatten einen anderen Start! Sieh dich doch hier um!« Er lachte bitter. »Es spricht sich schnell herum, dass der Neue keine modernen Geräte hat. Und ohne die kommt man in heutiger Zeit nicht mehr aus.«

»Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, Werner. Wir wollten doch nicht mit so hohen Schulden beginnen. Wir sind sparsam, und eines Tages wirst du eine moderne Praxis haben«, sagte Nora beschwörend.

Irgendwie hatte sie das Gefühl, als hörte Werner ihr gar nicht recht zu. Er ordnete auf seinem Schreibtisch irgendwelche Papiere.

»Es ist so weit, du musst den ersten Patienten hereinholen«, sagte er.

»Ja.« Nora nickte und sah ihn an. Sie hoffte auf einen herzlichen, aufmunternden Blick, der ihr sagte, dass er doch nicht alles so verbissen sah, wie es gerade den Eindruck gemacht hatte. Doch ihre Hoffnung erfüllte sich nicht.

An diesem Vormittag war das Wartezimmer in der Tat wieder spärlich besetzt. In ihren freien Minuten dachte Nora darüber nach, wie sie Werner helfen könnte. Sie wusste es nicht. Sie hatte ihr Erspartes vor einem Jahr bereits mit in die Praxis gesteckt. Werner zahlte ihr auf ihr Drängen nur ein Mindestgehalt.

♥♥♥

Schließlich war der letzte Patient vor der Mittagspause gegangen.

»Ich koche uns eine Tasse Kaffee«, sagte Nora fröhlich.

Werner überlegte, bevor er nickte.

Dann saßen sie beide vor seinem Schreibtisch. In den Tassen duftete aromatischer Kaffee. Nora hatte belegte Butterbrote mitgebracht.

»Greif zu«, ermunterte sie ihn. Er tat es nur zögernd.

Eine Weile aßen sie schweigend.

»Ich finde, wir sollten uns heute Abend wenigstens einen Kinobesuch gönnen«, schlug Nora dann vor. »Zuerst gehen wir zum Chinesen essen, dort ist es nicht so teuer. Wir können ja nicht nur arbeiten und müssen auch einmal etwas anderes sehen.« Erwartungsvoll schaute sie Werner an.

Sie war enttäuscht, als er nicht gleich begeistert zustimmte. Stattdessen wiegte er bedenklich den Kopf hin und her.

»Weißt du, ich habe meiner Mutter versprochen, ihr heute Abend zu helfen«, sagte er dann.

»Wobei denn?«, fragte Nora verdutzt.

»Nun ja, sie hat ihre Gardinen gewaschen und will nicht mehr auf die Leiter steigen, um sie aufzuhängen.«

»Ich bitte dich, warum sagst du denn nichts? Das kann ich doch machen«, bot Nora sofort an.

»Nein, nein, auf keinen Fall«, widersprach Werner vehement.

Nora sah ihn befremdet an.

»Meine Mutter würde es nicht wollen«, erklärte er. »Sie weiß, dass du jeden Morgen bereits zusätzlich die Praxis putzt. Ich will dich nicht ausnutzen.«

»Gut.« Nora hätte gerne geholfen, aber aufdrängen wollte sie sich auch nicht. »Ich habe aber nicht das Gefühl, ausgenutzt zu werden, weil ich hier die Putzfrau ersetze. Wir sparen dadurch beide Geld. Schließlich bin ich deine zukünftige Frau.«

Sie wartete eigentlich darauf, dass ihr Werner als Beweis seiner Zuneigung einen Kuss gab oder wenigstens zärtlich ihre Hand drückte. Das geschah jedoch nicht.

»Hm«, brummte er nur und rührte in seiner Tasse.

Himmel, offenbar sah er heute alles grau in grau, und nicht einmal der Gedanke an eine gemeinsame Zukunft konnte ihn erfreuen.

Nora stand auf und strich ihm zärtlich über das kurz geschnittene Haar.

»Aller Anfang ist schwer«, sagte sie liebevoll. »Vielleicht gewinne ich ja bald im Lotto.«

An diesem Abend war Nora sehr erschöpft. Der Tag begann für sie immer sehr früh.

»Ich kann dich ja nach Hause fahren«, schlug Werner vor.

In Noras Gesicht leuchtete es sekundenlang auf, dann schüttelte sie entschieden den Kopf. So verlockend der Gedanke auch war, noch eine Weile mit Werner zusammen zu sein, so durfte sie ihn doch nicht aufhalten.

Er wollte heute Abend noch zwei Patienten besuchen und außerdem seiner Mutter mit den Gardinen helfen.

»Das ist lieb, aber ich fahre mit dem Rad, dann steht es zu Hause, und ich muss morgen früh nicht mit der Straßenbahn fahren.«

»Okay. Ich wünsche dir einen schönen Abend.« Werner küsste Nora und strich ihr über die Wange.

»Den wünsche ich dir auch.« Sie schloss die Praxis ab und sah Werner nach, als er in seinem klapprigen Wagen davonfuhr. Dann schwang sie sich auf ihr Rad.

♥♥♥

»Wunderbar, jetzt liegt das Wochenende vor uns«, stellte Nora am Freitagabend aufatmend fest. »Während der ganzen Woche hat es nicht geklappt, dass wir uns abends mal treffen konnten. Jetzt haben wir frei.«

Sie strahlte Werner an. Doch schnell wich das Leuchten aus ihren Zügen.

»Es tut mir leid, Nora, aber Freunde haben mich eingeladen«, sagte er zögernd.

Nora war furchtbar enttäuscht.

»Weißt du das erst seit heute?«, fragte sie zerknirscht.

Er winkte unwillig ab.

»Natürlich nicht, aber ich hatte einfach nicht den Mut, es dir zu sagen. Ich wusste, wie du reagieren würdest.«

»Willst du mich jetzt als eifersüchtige, hysterische Person hinstellen?«, fuhr sie ihn an.

»Legst du es auf einen Streit an?«, konterte er sofort aggressiv.

»Ich bitte dich, Werner!« Nora verstand ihn nicht. »Ich bin nur ein wenig traurig, wie du mich offenbar siehst, und dass du außerdem meinst, ich gönne dir keine Abwechslung und wolle dich ganz für mich haben. So ist es nämlich absolut nicht.«

Werner Kleine kämpfte gegen seine Verlegenheit an.

»Verzeih, ich habe mich wegen meines schlechten Gewissens unfair benommen«, gestand er.

»Schon gut, Schwamm drüber. Habt ihr etwas Besonderes vor?«

»Ja, wir wollen auf die Jagd gehen.«

»Auf die Jagd? Ich wusste gar nicht, dass du überhaupt ein Jäger bist«, staunte sie.

»Das bin ich auch nicht. Aber ich hoffe, einer zu werden.« Nun war wieder eine Spur von Ungeduld in seiner Stimme.

Vergeblich hoffte Nora auf sein Versprechen, sie am Sonntag, wenn er von der Jagd zurück war, zu besuchen.

Sie verbrachte ein tristes Wochenende in ihrem einfach möblierten Zimmer.

Als sie Werner kennengelernt hatte, war er Assistenzarzt im Krankenhaus gewesen und sie Operationsschwester. Damals hatte sie im Schwesternhaus ein schönes Zimmer mit Gemeinschaftsbad gehabt. Das musste sie natürlich aufgeben, als sie gekündigt hatte, um Werner als Sprechstundenhilfe zur Seite zu stehen.

Am Nachmittag ging Nora ein bisschen spazieren. Leider wohnte sie in einem Stadtviertel, das kaum grüne Flecken aufwies. Die großen grauen Häuser wirkten auf sie heute erdrückend. Sie sehnte sich in diesen Minuten nach einer ländlichen Umgebung, nach Wäldern, Wiesen, Weiden, auf denen Kühe grasten.

Damals, als Werner sich hatte selbstständig machen wollen, hatte sie ihm den Vorschlag gemacht, eine Landpraxis zu übernehmen.

»Landärzte sind gefragt«, hatte sie gesagt. »Es wird nicht schwer sein, eine bereits eingeführte Praxis zu übernehmen. Ich habe neulich gelesen, dass die jeweiligen Gemeinden dem niederlassungswilligen Arzt fast zinslos Geld zur Verfügung stellen, das er dann abzahlen kann.«

»Um Himmels willen, verschone mich mit diesen krausen Ideen«, hatte sich Werner energisch dagegen verwahrt. »Ich bin ein Großstädter und passe nicht aufs Land. Dort würde ich mich niemals wohlfühlen. Außerdem wird man als Landarzt nicht reich.«

Danach war Nora nicht mehr auf dieses Thema zurückgekommen.

Gegen Abend lauschte sie auf jedes Geräusch im Treppenhaus, doch Werner kam nicht zu ihr.

♥♥♥

Am Montagmorgen erwartete Nora von ihrem Zukünftigen, dass er ihr von seinem Jagdausflug berichtete. Er tat es auch, allerdings widerstrebend, das spürte sie.

Werner erzählte von einem recht großen, herrlich gelegenen Jagdhaus inmitten der Wälder des Harzes. Er schwärmte von dem fantastischen Kamin, der rustikalen Einrichtung des Hauses und dem echt schottischen Whisky, den er getrunken hatte.

»Wer war alles mit von der Partie?«, fragte Nora. Sie fand es viel interessanter, mit wem Werner das Wochenende verbracht hatte.

»Wer mit war?«, wiederholte er lang gedehnt, als müsse er erst darüber nachdenken. Dann zählte er einige Ärzte auf, die sie flüchtig kannte.

»Und wem gehört das Haus?«

Nora merkte, dass er ungeduldig wurde. Die Frage passte ihm offenbar nicht.

»Den kennst du nicht, einem Doktor Schneider. Er besitzt eine Privatklinik am Rande der Stadt«, erklärte er recht kurz angebunden.

Einige Tage später kamen sie zufällig wieder auf Werners Wochenendausflug zu sprechen.

»Meine Anwesenheit war ja kaum von Bedeutung. Ich muss ja erst noch meinen Jagdschein machen, bevor ich zur Büchse greifen kann«, entgegnete er auf Noras Frage, ob er etwas geschossen habe. »An dem Tag war nur einer Frau das Jagdglück hold.« Er verstummte erschrocken. Nora spürte, dass es ihm peinlich war, die Frau erwähnt zu haben.

»Waren denn auch Frauen dabei?«, fragte Nora erstaunt.

»Ja, aber nur wenige«, gab er wortkarg zurück.

Nora war enttäuscht und betroffen. Eigentlich konnte sie sich nicht vorstellen, dass Werner sich ihretwegen schämte, weil sie keine Akademikerin war, und dass er sie darum nicht mitgenommen hatte.

Auch wenn sie nicht studiert hatte, wusste Nora, was sie konnte. In der Klinik war sie die jüngste Operationsschwester gewesen, und der Professor und sein Team hatten sie sehr geschätzt.

Bei den schwierigsten Eingriffen hatte der Chef immer, wenn es möglich gewesen war, ihre Hilfe angefordert. Er hatte ihre Kündigung sehr bedauert.

Nora grübelte weiter. Ja, sie hatte kein Abitur. Ein Jahr vor dem Abschluss war ihre Mutter gestorben. Ihren Vater hatte sie bereits vor Jahren verloren. Sie war zu einer Tante gekommen, die darauf bestanden hatte, dass sie sofort einen Beruf erlernte.

So war sie Krankenschwester geworden und hatte ihrem Traum immer ein wenig nachgetrauert. Sie hatte einst Ärztin werden wollen. Nora war eine ungeheuer gute Schülerin gewesen, und mit Sicherheit hätte sie mit ihrer Abiturnote die Voraussetzung für dieses Studium geschaffen.

Sie war mit ihrem Beruf aber durchaus zufrieden.

»Wir gehen heute Abend zum Chinesen essen«, schlug Werner ihr am Nachmittag vor. Sie ahnte, dass er sie wegen seines schlechten Gewissens einlud. Aber sie wollte nicht nachtragend sein und stimmte zu.

Sie wollten gerade die Praxis verlassen, da klingelte das Telefon. Werner wurde zu einem schwer herzkranken Patienten gerufen.

»Sobald ich den Mann verarztet habe, komme ich zurück und hole dich hier ab«, sagte er, ehe er ging.

Nora wartete eine Stunde und dann zwei. Sie putzte derweil schon die Praxis, dann brauchte sie das morgen früh nicht zu tun war. Als sie sich schließlich auf ihr Rad schwingen wollte, um nach Hause zu fahren, kehrte Werner zurück.

»Entschuldige, es hat schrecklich lange gedauert, ich weiß. Dem Ärmsten ging es so schlecht, dass ich noch eine ganze Weile an seinem Bett gesessen habe, bis endlich Besserung eintrat.«

»Schon gut, Werner.« Nora lächelte. »Du bist Arzt, und in deinem Beruf kann man nicht immer einen Zeitplan einhalten.«