1,99 €
Prinzessin Winnie von Ark ist jung, klug - und gefangen in einem goldenen Käfig. Hinter den Mauern des prachtvollen Schlosses herrschen Zwang, Kontrolle und eine Tante, deren Kälte kaum Luft zum Atmen lässt. Doch Winnie träumt von einem anderen Leben: einem Leben, in dem Liebe zählt - nicht Stand und Pflicht. Zwischen ihr und Holger, dem Sohn der Schlossköchin, entbrennt ein leiser, aber umso stärkerer Funke zwischen zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Heimlich trifft sie ihn, wann immer es geht. Heimlich folgt sie ihrem Herzen. Doch mit jedem Schritt wächst die Gefahr, alles zu verlieren: ihre Freiheit, ihr Ansehen - und vielleicht auch Holgers Vertrauen ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 126
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Inhalt
In Treue fest verbunden
Vorschau
Hat Ihnen diese Ausgabe gefallen?
Impressum
Cover
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
Erfolgsroman um ein Mädchenherz voll Mut und Feuer
Prinzessin Winnie von Ark ist jung, klug – und gefangen in einem goldenen Käfig. Hinter den Mauern des prachtvollen Schlosses herrschen Zwang, Kontrolle und eine Tante, deren Kälte kaum Luft zum Atmen lässt. Doch Winnie träumt von einem anderen Leben: einem Leben, in dem die Liebe zählt – nicht Stand und Pflicht.
Zwischen ihr und Holger, dem Sohn der Schlossköchin, entbrennt ein leiser, aber umso stärkerer Funke zwischen zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Heimlich trifft sie ihn, wann immer es geht. Mutig folgt sie ihrem Herzen. Doch mit jedem Schritt wächst die Gefahr, alles zu verlieren: ihre Freiheit, ihr Ansehen – und vielleicht am Ende auch Holgers Vertrauen ...
Prinzessin Winnie schaute sich noch einmal vorsichtig um, bevor sie in den kleinen Raum schlüpfte, der neben der großen Schlossküche lag. Hier atmete sie tief und glücklich auf, während ein spitzbübisches Lächeln um ihren Mund huschte.
Kurz darauf wurde die Verbindungstür zur Küche geöffnet. Vor Winnie stand Frau Aline.
»Prinzessin ...«, murmelte die mollige Köchin erschrocken und blickte unwillkürlich ängstlich zur Tür.
»Ich musste Sie wieder einmal besuchen, Mutter Drescher«, sagte Winnie zu der alten Frau.
»Sie wissen, wie ich mich jedes Mal darüber freue. Nur wenn es von Ihrer Tante entdeckt wird, dann haben Sie wieder Schwierigkeiten.«
»Ich muss mich eben vorsehen.« Winnie setzte sich auf einen der Küchenstühle und seufzte. »Ich sollte gerade mit meiner Hofdame einen Spaziergang machen. Aber ich konnte nicht«, stieß sie leidenschaftlich hervor. »Ich hätte im Moment die Gräfin von Hallen einfach nicht ertragen.«
»Ja, das verstehe ich.« Aline nickte mitfühlend. Die Gräfin war das meistgehasste weibliche Wesen im Schloss. Sie steckte überall ihre spitze Nase hinein, kommandierte die Bediensteten herum und schien ihre Freude daran zu haben, Prinzessin Winnie das Leben zur Hölle zu machen.
»Warum hat meine Tante nur Baronin von Bahlenkamp entlassen«, klagte die junge Prinzessin. »Mit ihr habe ich mich prächtig verstanden. Bei ihr machten das Lernen und der Anstandsunterricht sogar Freude.«
»Sie wird ihre Gründe gehabt haben«, erwiderte die Köchin.
Im Fürstenschloss waren darüber schon wilde Gerüchte umgegangen. Die Fürstin brauchte jedenfalls eine ihr vollkommen ergebene Sklavin, die nicht aufmuckte, sondern jeden Befehl ausführte.
Gräfin von Hallen war ein williges Werkzeug in den Händen der Fürstin.
»Ich koche schnell ein Tässchen Kaffee«, schlug die Köchin vor.
Winnie nickte dankbar.
An der Tür wandte sich Aline Drescher noch einmal um.
»Wie schön Ihr Haar leuchtet«, sagte sie fast andächtig. »Holger hat neulich behauptet, es würde so golden leuchten wie die Blütenblätter einer Sonnenblume.«
»Dass ... dass Ihr Sohn so poetisch ist«, stieß Winnie errötend hervor.
Mutter Aline lachte ein wenig eitel.
»Ich glaube, Sie kennen Holger noch lange nicht, Prinzessin. Ach, da ist er ja.« Sie deutete aus dem Fenster.
Sofort sprang Winnie auf.
»Er ist zu Hause?«, murmelte sie, und ihr Herz schlug schneller.
»Prinzessin!«, rief Holger überrascht, als er gleich darauf vor ihr stand.
»Die Prinzessin besucht mich wieder einmal«, sagte seine Mutter und ging in die Küche.
»Wir haben uns lange nicht gesehen«, sagte Winnie.
»Ich bin selten zu Hause, mein Studium lässt mir wenig Zeit.«
»Ihr Vater verriet mir neulich, dass Sie immer sehr gute Zensuren bekommen.«
Über das schmale, markante Männergesicht flog ein Zug des Unwillens.
»Meine Eltern sparen sich das Geld für mein Studium vom Munde ab, da kann ich sie nicht enttäuschen«, sagte er.
Winnie spürte, wie sehr er darauf bedacht war, Distanz zu ihr zu bewahren. Das stimmte sie traurig. Sie fühlte sich oft so schrecklich einsam und allein.
»Der Kaffee ist fertig«, rief Frau Aline.
Kaum saß Prinzessin Winnie wieder auf dem einfachen Holzstuhl, als erneut die Tür geöffnet wurde.
»Oh, entschuldigen Sie.« Frau Mitzek, eine Winnie unsympathische Frau, ließ ihre Blicke wieselflink über die Anwesenden schweifen. Und was sie sah, schien sie zu befriedigen. »Ich wollte ...«
»Raus«, trompetete Frau Aline aufgebracht und deutete energisch zur Tür. »Ich hatte extra gebeten, nicht gestört zu werden.«
Hämisch lächelnd zog sich Frau Mitzek zurück. Die Köchin sah ganz unglücklich aus.
»Das gibt für Sie nun doch ein Nachspiel, Prinzessin. Ich fürchte, Gräfin von Hallen weiß in der nächsten halben Stunde, wo Sie gewesen sind.«
»Dann habe ich halt Pech gehabt. Darum wollen wir uns den Kaffee trotzdem gut schmecken lassen«, sagte sie und trank einen Schluck.
Holger verbeugte sich vor Winnie.
»Es tut mir leid, Prinzessin, aber meine Zeit erlaubt kein Plauderstündchen. Sie entschuldigen mich.« Mit diesen Worten ging er davon.
Winnie konnte nur schwer ihre Enttäuschung verbergen.
♥♥♥
Frau Drescher behielt recht mit ihrer düsteren Prophezeiung.
Während der Mittagstafel herrschte die übliche kalte Atmosphäre, und das, obwohl Fürstin Clementine nicht zugegen war.
»Mutter lässt sich entschuldigen«, sagte Prinz Clemens, ihr Sohn, beiläufig, als er sich niederließ.
Winnie atmete erleichtert auf und hoffte, dass es diesmal nicht so steif und zeremoniell beim Essen zugehen würde.
Aber sie wurde enttäuscht. Wenn möglich, sah die Gräfin noch kälter aus als ihre Tante, und Prinz Clemens sagte auch kaum ein Wort. Einmal schaute Winnie auf und fing zufällig den wütenden Blick der Gräfin auf.
»Ich möchte allein sein«, sagte Winnie, nachdem sie die kleine Tafel aufgehoben hatte. Sie wandte sich an Gräfin von Hallen. »Sie können sich ein paar freie Stunden gönnen.«
Die Gräfin stand starr und hoch aufgerichtet hinter ihrem Stuhl.
»Ich werde in Ihrem Vorzimmer bleiben, Prinzessin, so hat es Ihre Tante befohlen. Sie war sehr ungehalten darüber, dass ich heute Morgen nicht mit Ihnen spazieren gegangen bin. Ich möchte mir den Zorn Ihrer Tante nicht noch einmal zuziehen.«
Winnie war wütend. Du lieber Himmel, sie war doch kein Kleinkind mehr, das eine Aufpasserin brauchte. Doch dann zuckte sie resignierend mit den Schultern.
»Schön, wenn es meine Tante so will, dann langweilen Sie sich von mir aus in meinem Vorzimmer. Ich wäre übrigens auch gern mit Ihnen spazieren gegangen, aber Sie waren ja nirgends zu entdecken.«
Ohne eine Reaktion abzuwarten, wandte sich Prinzessin Winnie um und ging auf die Tür zu, die ein Bediensteter bei ihrem Nahen öffnete.
Als Winnie ihr Wohnzimmer erreicht hatte, trat sie an eines der Fenster und schaute hinaus. Der Hof lag im Sonnenlicht da, es war ein schöner Tag.
Einige Bedienstete eilten über den Hof, aber Winnie beachtete sie nicht. Sie schaute versonnen auf ein kleines Gebäude, das am Rande des großen Hofes stand und von einigen Büschen fast verdeckt wurde.
In dem kleinen Haus wohnten die Dreschers und ihr Sohn Holger, der sich für zwei Tage in seinem Elternhaus aufhielt. Und nach ihm hatte die Prinzessin ausgespäht.
Um sich abzulenken, nahm Winnie ein Buch und begann zu lesen, aber es gelang ihr nur schlecht, ihre Gedanken irrten immer wieder ab.
Als es klopfte, ließ die Prinzessin das Buch sinken.
»Ja«, rief sie unwillig.
Die Tür wurde geöffnet, und Gräfin von Hallen trat ein.
»Ihre Tante möchte Sie sprechen, Prinzessin«, sagte sie mit mühsam unterdrücktem Triumph.
Winnie presste die Lippen zusammen. Dass ihre Tante sie zu solcher Zeit zu sich zitierte, hatte etwas zu bedeuten, und sicher nichts Gutes.
Tante Clementine erwartete sie in dem großen Audienzzimmer.
»Ich bin über dein Verhalten empört, mein Kind«, sagte Fürstin von Ark-Treffenstein und machte einen Schritt auf Winnie zu. »Zweimal musste mir die Gräfin von Hallen über Vorfälle berichten, für die es einfach keine Entschuldigung geben kann.«
Winnies Blick huschte kurz durch den großen, pompös wirkenden Raum. Als ihre Eltern durch einen Unfall ums Leben gekommen waren und ihre Tante die Regentschaft angetreten hatte, hatte sie nicht nur hier alles umgestaltet, sondern im ganzen Schloss Veränderungen vorgenommen.
Gräfin von Hallen war Winnie wie ein Schatten gefolgt und ließ sie nicht einen Moment aus den Augen.
»Gräfin, lassen Sie meine Tante und mich allein«, befahl die Prinzessin. »Es erstaunt mich, dass ich Sie dazu auffordern muss.«
Unsicher zog die Gräfin das Tuch, das um ihre mageren Schultern lag, fester um sich und warf der Fürstin einen fragenden Blick zu.
»Sie bleiben!«, befahl Fürstin Clementine erregt und wandte sich dann der Prinzessin zu. »Du bist noch ungezogener und unreifer, als ich bisher annahm. Ich erwarte, dass du dich auf der Stelle bei der Gräfin entschuldigst!«
»Ich mich entschuldigen?« Aus Winnies meist froh und unbeschwert in die Welt blickenden Augen schienen Blitze zu schießen. »Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein.« Sie machte einen Schritt auf die Gräfin zu. »Gehen Sie endlich!«, forderte sie noch einmal nachdrücklich.
Die Gräfin hatte inzwischen ihre Sicherheit zurückgewonnen und verzog hämisch ihre schmalen Lippen.
»Auf eine Entschuldigung lege ich keinen Wert, aber Befehle nehme ich in Gegenwart der Fürstin nur von ihr entgegen.«
»Heute Morgen hast du dich unter den Pöbel gemischt, mit Leuten wie diesem jungen Drescher geredet, die nicht einen Funken Bildung haben, wie mir die Gräfin berichtete. Und jetzt führst du dich der Gräfin gegenüber wie ein Droschkenkutscher auf. Meinst du nicht auch, dass damit das Fass zum Überlaufen gekommen ist?«
»Liebe Tante«, sagte Winnie, »ein andermal bin ich gern bereit, dir Rede und Antwort zu stehen, aber nur dir allein. Jetzt möchte ich mich zurückziehen.«
Bevor sich die Fürstin von ihrer Überraschung erholt hatte, hielt die Prinzessin schon den Türgriff in der Hand.
»Du bleibst, oder ...«, stieß die Fürstin drohend hervor.
Winnie ließ sich nicht beirren. Sie knickste von der Tür her vor ihrer Tante und machte gleich darauf den ersten Schritt auf den Flur hinaus.
»Du hast Stubenarrest, du sollst mich kennenlernen. An diese Stunde wirst du noch lange denken!«, klang die schrille Stimme Fürstin Clementines hinter ihr her.
Die Prinzessin stöhnte auf.
In einem knappen Jahr wurde sie endlich volljährig. Sicher würden ihre Tage dann randvoll mit Arbeit ausgefüllt sein, aber davor fürchtete sie sich nicht. Sie sehnte diesen bedeutungsvollen Tag ihrer Großjährigkeit herbei.
Dann konnte ihre Tante ihr keine Befehle mehr erteilen und sie nicht mehr in ihre Räume verbannen.
Sobald ihr niemand mehr etwas zu sagen hatte, würde Winnie die Gräfin von Hallen aus dem Hofdienst entlassen und die gute Baronin von Bahlenkamp bitten, ihre alte Aufgabe wieder zu übernehmen.
♥♥♥
In ihren Räumen angekommen, sank Prinzessin Winnie seufzend in einen Sessel.
Nach einer Weile klopfte es.
Winnie rechnete damit, dass Gräfin von Hallen Einlass begehrte, doch es war Prinz Clemens, der Sohn von Tante Clementine, der eintrat.
Er sah sich kurz um, um sich zu vergewissern, dass Winnie allein war.
»Ich habe von deinem Krach mit meiner Mutter gehört«, sagte er dann. »Im ganzen Schloss spricht man von nichts anderem.«
Clemens ließ sich ihr gegenüber nieder und legte die Fingerspitzen gegeneinander.
»Ich möchte dich um einen Gefallen bitten, Winnie«, sagte er. »Sag Ja!«
»Du weißt, dass ich dir bestimmt, wenn es irgendwie möglich ist, jeden Wunsch erfüllen würde, aber erst muss ich wohl einmal wissen, wozu ich Ja sagen soll.«
Clemens beugte sich vor.
»Bitte meine Mutter um Entschuldigung!«, bat er. »Sage ihr, dass du dein Benehmen bereust. Bitte!«
»Das kannst du von mir nicht verlangen!«, fuhr Winnie empört auf. »Sie hat mich in Gegenwart der Gräfin wie ein kleines Schulmädchen heruntergeputzt. Ich mag mich vielleicht nicht richtig benommen haben, aber ich krieche vor deiner Mutter nicht zu Kreuze.«
Clemens nickte und wollte sich erheben.
»Schade«, murmelte er wie zu sich selbst. »Na, vielleicht fällt mir noch etwas anderes ein.«
Winnie drückte ihn in den Sessel zurück.
»Du kannst nicht erst meine Neugier wecken und dann einfach wieder gehen. Erzähl mir, warum ich deine Mutter unbedingt um Entschuldigung bitten sollte. Das muss doch einen bestimmten Grund haben.«
»Ach.« Clemens seufzte. »Durch einen Zufall erfuhr ich, dass vom Haus Olgen eine Einladung für uns gekommen ist, für dich und für mich nämlich. Wie ich meine Mutter kenne, wird sie nun abschreiben.«
»Das bekommt deine Mutter fertig«, sagte Winnie verstimmt. »Sag mal, dir liegt wohl sehr daran, an diesem Fest teilzunehmen, nicht wahr? Sollte dahinter ein weibliches Wesen stecken?«
»Dein Scharfsinn ist kaum noch zu überbieten«, erwiderte Clemens mit einem gequälten Lächeln. »So, nun will ich dich aber nicht länger stören, entschuldige, dass ich es überhaupt wagte.«
»Die Olgens haben doch gar keine Tochter«, überlegte Winnie. »Ach, jetzt weiß ich, du hoffst eine Dame dort zu sehen, die auch eingeladen ist.«
»Diesmal ist dein von mir soeben noch gepriesener Scharfsinn auf eine falsche Fährte gelangt. Die Frau, die ich wiederzusehen hoffe, ist leider nicht geladen, aber ich hätte sie in der Stadt aufsuchen können.«
»Ach ja, richtig, das Schloss der Fürsten von Olgen liegt ja nahe bei der Stadt.«
Winnie legte ihre schöne Stirn in Falten und dachte scharf nach. In der gleichen Stadt, in der Clemens diese Frau zu treffen hoffte, wohnte und studierte auch Holger Drescher.
»Das könnte mich locken«, sagte sie in Gedanken versunken.
»Was könnte dich locken?«, fragte Clemens. »Du tanzt doch so gern, ich verspreche dir auch, dafür zu sorgen, dass du keinen Tanz auszulassen brauchst.« Seine Stimme war lebhafter geworden. Er versuchte Winnie doch noch zu überzeugen.
Sie blickte hoch und lächelte versonnen.
»Sicher tanze ich gern, aber deshalb würde ich deiner Mutter nicht gegen meine Überzeugung recht geben. Nein, etwas ganz anderes könnte mich locken ...«
»Ich werde alles für dich tun, du kannst verlangen, was du willst«, drängte Prinz Clemens.
Winnie lachte hell. Der Gedanke, urplötzlich aus dem Nichts aufgetaucht, hatte in Sekundenschnelle feste Gestalt angenommen.
»Versprich nicht zu viel, ich könnte dich beim Wort nehmen. Nein, du sollst mir nur zusagen, dass ich allein in die Stadt komme.«
Als sie das fassungslose Staunen sah, das auf Clemens' Gesicht lag, sprach sie schnell weiter.
»Ich war noch nie allein in der Stadt, begreife doch, was das heißt! Ich möchte mich auch einmal so frei und ungezwungen wie meine Geschlechtsgenossinnen bewegen, möchte mir einmal die Schaufenster ansehen und in einem Café eine Tasse Kaffee trinken.«
Clemens strich sich verwirrt über das volle Haar.
»Hm«, meinte er und hob unbehaglich die Schultern. »Sicher kann ich dich verstehen, aber wenn es herauskommt ...« Er sprang auf. »Ich muss es mir überlegen. Morgen werde ich dir sagen, ob ich einen Weg sehe oder nicht.«
Er schlich zur Tür, hielt lauschend seinen Kopf gegen die Füllung und drückte vorsichtig den Griff hinunter.
»Also, bis morgen!«
♥♥♥
Wieder lachte die Sonne von einem wolkenlosen blauen Himmel.
»Herein!«, rief Winnie, als es klopfte.
Die Gräfin trat ein. Ihr kalter Blick glitt über die ranke Gestalt der jungen Prinzessin, aber nicht eine einzige Regung zeigte sich auf ihren mageren, immer ein wenig blassen Zügen.
»Ihre Durchlaucht befiehlt, dass ich mit Ihnen einen Spaziergang von genau einer Stunde unternehme.«
»Guten Morgen, Gräfin. Und falls ich nun keine Lust habe und mich weigere, mit Ihnen spazieren zu gehen?«, fragte Winnie aufsässig.
Sie freute sich, dass die dürre Gestalt heftiger zu atmen begann.
»Dann werde ich Ihrer Durchlaucht sofort von Ihrer erneuten Widerspenstigkeit berichten.«
»Sie sollten erst einmal genauer hinhören«, erwiderte Winnie und lächelte überlegen. »Das war eine rein hypothetische Aussage. ›Falls‹ ich keine Lust habe, habe ich gesagt, meine Liebe. So, und nun verlassen Sie bitte den Raum und warten vor der Tür, bis ich mich angekleidet habe.«
