Chefarzt Dr. Holl 1849 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1849 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Nur ein einziger Wunsch - Doch Dr. Wagner glaubt nicht mehr an Wunder


Tannenduft erfüllt den Raum, und die beinahe vollständig heruntergebrannten Kerzen am Weihnachtsbaum spenden einen romantischen Schein. Zärtlich schmiegt sich die hübsche Hanna in Tobias Wagners Arme und lauscht selig seinem starken, beruhigenden Herzschlag. In diesem zauberhaften Moment kommt es ihr so vor, als hätte es die Jahre der Trennung nicht gegeben.

"Geh nie mehr von mir fort!", raunt Tobias dicht an ihrem Ohr, und als sie den Kopf hebt und sich in seinem Blick verliert, wird für sie beide ein kleines Weihnachtswunder wahr.
Doch der Zauber des Heiligen Abends kann der Realität nicht standhalten. Schon am ersten Feiertag liegt Dr. Wagners Glück in Scherben ...

***

Dr. Stefan Holl - ein erfolgreicher Klinikchef, ein liebevoller Ehemann und Vater - eben ein Arzt, der Vertrauen schafft. Mit großer medizinischer Kompetenz und viel Einfühlungsvermögen leitet er die Berling-Klinik, die von seinem Schwiegervater gegründet wurde. Sein Leitspruch lautet: Wo Leben ist, da ist auch Hoffnung. Danach lebt und handelt er.

Die Authentizität der Patientengeschichten aus der Berling-Klinik fasziniert alle 14 Tage neu das Leserpublikum, und dies schon seit über 30 Jahren.


Tun Sie etwas für Ihr Wohlergehen und genießen Sie mit Chefarzt Dr. Holl Arztromane der Sonderklasse!
Alle Folgen sind in sich abgeschlossen und können unabhängig von den anderen Folgen der Serie gelesen werden.

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Inhalt

Cover

Impressum

Nur ein einziger Wunsch

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: yacobchuk / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 978-3-7325-7383-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Nur ein einziger Wunsch

Doch Dr. Wagner glaubt nicht mehr an Wunder

Von Katrin Kastell

Tannenduft erfüllt den Raum, und die beinahe vollständig heruntergebrannten Kerzen am Weihnachtsbaum spenden einen romantischen Schein. Zärtlich schmiegt sich die hübsche Hanna in Tobias Wagners Arme und lauscht selig seinem starken, beruhigenden Herzschlag. In diesem zauberhaften Moment kommt es ihr so vor, als hätte es die Jahre der Trennung nicht gegeben.

„Geh nie mehr von mir fort!“, raunt Tobias dicht an ihrem Ohr, und als sie den Kopf hebt und sich in seinem Blick verliert, wird für sie beide ein kleines Weihnachtswunder wahr.

Doch der Zauber des Heiligen Abends kann der Realität nicht standhalten. Schon am ersten Feiertag liegt Dr. Wagners Glück in Scherben …

Der Taxifahrer hielt. Hanna Zeller zahlte und stieg aus.

Hier musste es sein. Erwartungsvoll ging sie auf das Haus zu und schaute noch mal auf das Blatt, das sie von der Personalagentur bekommen hatte. Bei Frau Kohlmann sollte sie sich melden.

Sie drückte die Klingel. Es dauerte eine Weile, bis geöffnet wurde. Dann stand sie einer Frau gegenüber, die sie von oben bis unten ungeniert musterte.

„Was wünschen Sie?“

„Guten Tag.“ Hanna versuchte, freundlich zu bleiben. Bloß nicht sofort alles verderben. „Ich komme von der Agentur Berger & Ellinger“, sagte sie mit der Andeutung eines Lächelns. „Sie suchen eine Erzieherin für ein Kind.“

„Ach so“, lautete die Antwort. „Sind Sie denn dafür ausgebildet?“

„Natürlich, sonst hätte man mich nicht hierhergeschickt.“ Hanna wurde nervös. Wieso bat die Frau sie nicht herein?

„Wir hatten schon viele Kräfte hier“, bekam sie nun zu hören. „Niemand blieb lange.“ Frau Kohlmann ließ keinen Zweifel aufkommen, dass Hanna das gleiche Schicksal blühte.

„Wenn ich ungelegen komme …“

„Warten Sie!“ Und nach einem tiefen Luftholen: „Na gut, dann treten Sie, in Gottes Namen, näher.“

Die Frau schloss die Tür. Nun standen sie in einem großen Vorraum. Doch Anstalten, sie noch näher zu bitten, machte Frau Kohlmann nicht.

„Es geht um meine Enkelin. Sie ist zehn Jahre alt und ein äußerst schwieriges Kind. Sowohl sie als auch ihr Vater sind nicht zu Hause. Kommen Sie später noch mal wieder. Ungefähr in zwei Stunden müsste mein Schwiegersohn wieder da sein.“

Hanna verstärkte ihr Lächeln. „Aber der Termin war für vierzehn Uhr festgelegt. Man hat mir nahegelegt, pünktlich zu sein.“

Die Frau seufzte genervt. „Hören Sie, ich weiß von nichts. Vielleicht ist er in der Klinik aufgehalten worden.“

„Würden Sie ihn bitte anrufen und fragen, wann er kommt?“

Allmählich machte sich Ärger in Hanna breit. Warum bestellte man sie hierher, wenn man dann doch nicht ihre Dienste brauchte?

Ihrer Miene war anzusehen, dass die Frau diese Bitte nur ungern erfüllte.

„Ich will es versuchen. Bleiben Sie hier!“ Gerlinde Kohlmann entfernte sich.

Hanna nahm die Gelegenheit wahr und schaute sich um. Der Eingangsbereich war spärlich, aber geschmackvoll eingerichtet. Ein paar moderne Bilder hingen an den Wänden, zwei große Zimmerpflanzen standen auf dem Boden und auf den Treppenstufen lagen zwei aufgeklappte Bücher, als hätte sie dort jemand verloren.

Frau Kohlmann kam zurück. Wenn nicht der verbitterte Gesichtsausdruck gewesen wäre, hätte man sie für eine lebenslustige und gut aussehende Seniorin halten können.

„Mein Schwiegersohn bittet Sie zu warten. Er beeilt sich. Den Termin hat er übersehen.“

Dann kann es ihm ja kaum wichtig gewesen sein, für sein schwieriges Kind eine Betreuerin zu finden. Was tat sie überhaupt hier?

„Gehen Sie dort hinein!“ Frau Kohlmann wies auf einen Raum, in dem ein runder Tisch, vier gepolsterte Stühle sowie ein antikes Büffet standen.

Hanna legte Mantel und Kappe über eine Stuhllehne, zog die Mappe mit den Unterlagen aus der Handtasche und legte sie auf den Tisch. Sie nahm Platz. Angeboten wurde ihr nichts, noch nicht einmal ein Glas Wasser.

Draußen pfiff ein kalter Nordostwind und sollte im weiteren Verlauf Schnee im Gepäck haben. Sie schaute auf ihre Uhr. Eine halbe Stunde gab sie diesem Vater noch, der es offensichtlich nicht für nötig hielt, den ihm von der Agentur schriftlich mitgeteilten Termin zur Kenntnis zu nehmen.

Frau Kohlmann schaute wieder in den Raum. Ob sie Angst hatte, die fremde Besucherin könne hier etwas stehlen?

Nach knapp zwanzig Minuten fuhr draußen ein Wagen vor, ein Schlüssel drehte sich im Schloss. Sie hörte die tiefe Stimme eines Mannes und das erregte Getuschel von Frau Kohlmann.

„Bitte, entschuldigen Sie meine Verspätung, aber es ist mir im letzten Moment was dazwischen …“ Er hielt inne und starrte sie an.

„Tobias!“ Hanna war aufgestanden. So etwas Verrücktes konnte es doch gar nicht geben. Oder doch? Für ein paar Sekunden war sie so verwirrt, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte.

Er trat auf sie zu, rang sich ein Lächeln ab und gab ihr die Hand.

„So sieht man sich wieder. Ein verrückter Zufall. Aber bitte behalte doch Platz. Was kann ich dir anbieten? Einen Kaffee vielleicht? Ich glaube, den können wir jetzt beide gebrauchen.“

Er verschwand kurz und gab ein paar Anweisungen, dann kam er zurück.

„Meine Schwiegermutter ist manchmal etwas kompliziert“, erklärte er. „Aber das hat nichts zu bedeuten. Jetzt erst einmal der Reihe nach. Du bist hier, weil dich die Agentur geschickt hat, richtig?“

„Genau.“ Ihre Stimme schwankte zwar noch ein wenig, aber sie konnte wenigstens wieder sprechen. „Ich sollte mich bei Frau Kohlmann melden.“

„Wie lange haben wir uns jetzt nicht gesehen, Hanna?“

„Zehn Jahre.“ Die schnelle Antwort bereute sie sofort. Ein vorgetäuschtes Nachrechnen wäre in diesem Fall besser gewesen.

„Wahnsinn, wie die Zeit vergeht“, meinte er. „Und du bist also Erzieherin geworden?“

Sie nickte flüchtig. „Ich war bis vor Kurzem in Hamburg. Dort habe ich Vorschulkinder betreut.“ Sie deutete auf die Mappe, die bereits auf dem Tisch lag. Darin befanden sich alle Nachweise und Zeugnisse über ihre bisherigen beruflichen Stationen. Doch nun war es nicht mehr nötig, dass Tobias sich einen Überblick verschaffte, denn hier würde sie auf keinen Fall zusagen.

Mit grimmiger Miene trat Frau Kohlmann ein, stellte das Tablett mit Tassen, Kaffee und ein paar Keksen geräuschvoll auf den runden Tisch und entfernte sich dann wieder.

„Meine Tochter ist zehn. Sie braucht ein wenig Nachhilfe und ansonsten eine junge Frau, die sich um sie kümmert.“ Dr. Tobias Wagner schenkte den Kaffee ein.

„Unter diesen Umständen ziehe ich meine Bewerbung natürlich zurück“, hörte Hanna sich sagen. „In der Agentur hat man nur von Frau Kohlmann gesprochen. Ich konnte ja nicht wissen, dass ich dich wiedersehen würde.“

„Ist das wirklich so schlimm?“

„Kein Kommentar“, beschied sie ihn, goss ein wenig Milch in den Kaffee und nahm einen Schluck.

„Lass uns doch erst ganz sachlich miteinander reden“, schlug Tobias vor. Seine Miene vermittelte den Eindruck, als freute er sich durchaus, so plötzlich seiner Jugendliebe gegenüberstehen. Oder besser: einer seiner Jugendlieben.

„Warum kann deine Schwiegermutter sich nicht um dein Kind kümmern? Sie war ziemlich abweisend.“

„Mach dir nichts daraus. Das ist ihr Charakter. Meine Tochter, sie heißt übrigens Rosi, ist ihr oft zu laut und zu temperamentvoll. In ihrem Alter schafft Gerlinde das nicht mehr, sagt sie sogar selbst. Also ist es doch naheliegend, dass ich jemanden einstelle. Eine junge Frau, die sich zutraut, meine Tochter sanft zu führen, ihr Impulse zu geben und ihr so was wie eine mütterliche Freundin zu sein.“

„Und Rosis Mutter?“, fragte Hanna leise. Nach der Trennung vor zehn Jahren hatte sie nie wieder was von Tobias gehört. Dafür aber noch lange von ihm geträumt.

„Sie ist bei der Geburt gestorben“, antwortete der Arzt mit schmalen Lippen. „Rosi hat nie eine Mutter gehabt.“

„Das tut mir leid.“

„Es gab schon eine ganze Menge Betreuerinnen, die sich um Rosi kümmerten. Eine zog weg, eine andere wurde schwanger, mit zweien kam Rosi überhaupt nicht zurecht oder die mit ihr. Die letzte hatte ständig Streit mit meiner Schwiegermutter, sodass im Haus ständig dicke Luft war. Ich arbeite als Internist in der Berling-Klinik und habe viel zu tun. Rosi kommt bald in ein schwieriges Alter. Ich brauche Entlastung.“

„Tut mir wirklich leid, Tobias, aber ich glaube, das ist keine gute Idee.“

„Was ist daran so kompliziert? Ja, wir hatten mal eine nette Zeit miteinander. Das ist doch eigentlich eine gute Voraussetzung, jetzt eine Zusammenarbeit zu wagen, oder? Ich vertraue deinen Fähigkeiten als Erzieherin.“

Nette Zeit! Hanna starrte den Mann an. Er schien wirklich nicht zu ahnen, was er damals für sie bedeutet hatte.

Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht.“

„Warum versuchen wir es nicht? Du bekommst ein gutes Gehalt bei geregelter Arbeitszeit. Urlaub natürlich inklusive. Du könntest sogar hier im Haus wohnen. Es gibt ein abgeteiltes Apartment mit Bad und separatem Eingang …“

„Danke, aber ich habe schon eine Wohnung. Bin gerade dabei, sie einzurichten.“

„Lass uns wenigstens eine Probezeit vereinbaren, bitte! Danach können wir immer noch entscheiden, wie es weitergehen soll.“

Hanna zögerte immer noch. Alles, was Tobias sagte, klang verlockend. Zu verlockend, um wahr zu sein.

„Erzähl mir von deiner Tochter!“, bat sie. Sie betrachtete sein schmales Gesicht. Es kam ihr vor, dass es viel von seiner früheren Unbekümmertheit verloren hatte. Aber es stand ihr nicht zu, ein vorschnelles Urteil zu fällen.

„Komm doch einfach morgen wieder“, schlug Tobias vor. „So am Abend gegen sechs? Dann lernst du Rosi kennen und bekommst einen Eindruck von ihr.“

Hanna nippte an ihrer Tasse. Die Kekse rührte sie nicht an.

„Einverstanden“, sagte sie. Diese Zeit zum Nachdenken kam ihr sehr gelegen.

***

Chefarzt Dr. Holl legte die Hände aneinander.

„Liebe Frau Kohlmann, Sie sollten sich von Ihrer Krankheit nicht unterkriegen lassen. Aber ernst nehmen sollten Sie den Diabetes mellitus schon.“

„Ich hab’s ja versucht, Doktor Holl. Aber Sport war noch nie mein Fall.“

„Täglich eine halbe Stunde an der frischen Luft, das wäre schon ein guter Anfang. Legen Sie sich einen Hund zu …“

„Um Himmels willen!“ Gerlinde schüttelte entsetzt den Kopf. „Ich finde Hunde schrecklich. Ich mag sie nicht, und sie mögen mich nicht.“

„Mein Vorschlag war auch nicht ganz ernst gemeint“, erklärte Stefan lächelnd. Er ersparte sich jetzt, ein weiteres Schreckensszenario zu entwerfen und von all den Folgekrankheiten zu reden, die im Hintergrund lauern konnten.

„Aber ich muss Ihnen schon sagen, dass sich bis jetzt Ihre Blutzuckerwerte noch nicht gebessert haben. Darum ist es jetzt an der Zeit, eine Medikamenten-Therapie mit dem Wirkstoff Metformin zu beginnen. Falls sich dieses Mittel in den kommenden drei bis sechs Monaten als nicht ausreichend erweist, müssen wir eine Insulinbehandlung einleiten. Aber jetzt versuchen Sie es erst einmal mit den Tabletten. Ich schreibe Ihnen das Medikament auf. Nehmen Sie zweimal täglich eine Tablette. In vierzehn Tagen werden wir die Dosis den Blutzuckerwerten anpassen.“

Gerlinde nahm das Rezept entgegen. Dr. Holl behandelte die Schwiegermutter seines Kollegen Wagner schon seit einigen Jahren. Besonders einsichtig zeigte sie sich allerdings nie, sondern machte meistens böse Mächte für ihr Schicksal verantwortlich.

Immer wieder kam sie auf den Tod ihrer Tochter Margot zu sprechen. Und dass sie seit jenem schwarzen Tag ihre ganze Lebensfreude verloren habe, denn Margot war ihr Sonnenschein, ihr ganzer Lebensinhalt gewesen. Niemand konnte den Verlust wettmachen, schon gar nicht Enkelin Rosi, deren Geburt der Grund für Margots Herzversagen gewesen war.

„Das wär’s dann für heute“, verabschiedete sich Dr. Holl von seiner Patientin. „Lassen Sie sich einen neuen Termin in zwei Wochen geben.“

„Wiedersehen, Doktor.“

Stefan fühlte sich erleichtert, als Gerlinde gegangen war. Sie gehörte zu den Leuten, die ihren Arzt ganz für sich allein beanspruchten und ihn mit endlosen Wortsalven zudeckten, ganz egal, wie viele Patienten sonst noch ärztliche Hilfe benötigten. Intensive Gespräche mit seinen Patienten hielt Stefan auch in den hochtechnisierten Zeiten der Apparatemedizin für unverzichtbar, aber er musste sich ja auch noch um andere Kranke kümmern.

Später traf er noch mit Tobias Wagner zusammen und informierte ihn über die angeordnete Therapie. „Achten Sie darauf, dass sie die Medikamente regelmäßig nimmt.“

Tobias, ein schlanker Mann, der schon allein durch seine Größe Dominanz verbreitete, verzog das Gesicht. „Meine Schwiegermutter gehört zu den Menschen, die sich nichts sagen lassen und nur sehr ungern einen Rat annehmen, selbst wenn er von einem Fachmann kommt. Um es mal ganz klar zu sagen, Doktor Holl: Sie und ich, wir mögen uns nicht besonders.“

„Und dieses Verhältnis lässt sich nicht verbessern?“

„Kaum. Für ihre einzige Tochter hat Gerlinde sich immer etwas Besseres gewünscht, einen Mann mit reichlich Kohle und mindestens einer Yacht in Monte Carlo. Der Student Wagner war ihr nicht gut genug. Damals hat mich das gekränkt, und wenn ich ehrlich bin, tut es das bis heute.“

Stefan legte dem jüngeren Kollegen eine Hand auf die Schulter.

„In unserem Job müssen wir alles geben, da wäre ein unkompliziertes Privatleben natürlich von Vorteil. Aber manchmal ist es das Beste, die Dinge einfach an sich abprallen zu lassen.“

Tobias lächelte und zeigte seine Zähne. „Das praktiziere ich schon lange, sonst wäre es nicht zum Aushalten.“

„Übrigens hat Juju mir erzählt, dass sie zusammen mit Ihrer Rosi im Krippenspiel auftritt.“

„Ach, wirklich?“, lautete Tobias’ erstaunte Rückfrage. „Davon hat mir meine Tochter nichts erzählt. Aber ich werde sie noch heute danach fragen.“

***

„Clemens, was soll das? Ich hatte dich doch gebeten, mir nicht hinterherzutelefonieren. Es war alles abgesprochen. Also, was willst du?“ Hanna konnte den Ärger über seinen Anruf förmlich in sich hochkriechen spüren. Sie versuchte, kühl zu bleiben.

„Ich habe Sehnsucht nach dir.“

„Tut mir leid, aber das kann ich nicht ändern.“

„Warum musstest du auch gleich nach München gehen? So weit weg!“, quengelte er wie ein kleiner Junge.

„Himmel, geht das schon wieder los! Weil ich gern hier lebe. Genügt das? Außerdem darf ich dich daran erinnern, dass es dich nichts mehr angeht.“

„Wir hätten noch mal über alles reden sollen …“

„Wie oft denn noch?“, fiel sie ihm ins Wort. „Ich habe lange genug auf eine Entscheidung von dir gewartet. Meine Geduld war einfach zu Ende. Trotzdem wünsche ich dir alles Gute. Wir müssen ja jetzt nicht zu Feinden werden. Das bisschen Trennungsschmerz wirst du schon verwinden.“

„Du klingst, als wärst du froh, mich los zu sein.“

Tatsächlich empfand Hanna das Aus ihrer Beziehung in gewisser Weise folgerichtig. Ein bisschen weh tat es zwar auch, aber seit sie in der bayrischen Hauptstadt wieder Fuß gefasst hatte, hielt sich der Kummer in Grenzen.

Es gab zum Neustart ja auch so viel zu erledigen, dass sie kaum zum Nachdenken kam. Behördengänge, Jobsuche, Einkäufe für die Wohnung, Einigung mit dem Vormieter – mit all diesen Dingen war sie vollkommen ausgelastet. Abends aß sie eine Kleinigkeit und fiel müde ins Bett. Und bevor sich trübe Gedanken anschleichen konnten, schlief sie schon.