Chefarzt Dr. Holl 1967 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1967 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Nach einem monatelangen Auslandsaufenthalt kehrt Entwicklungshelferin Juliane Döring vorübergehend nach München zurück. Eigentlich will sie nur ihre Wohnung auflösen, bevor sie dann endgültig nach Kambodscha auswandert. Doch immer wiederkehrende Gelenksschmerzen zwingen sie zu einem Aufenthalt in der Berling-Klinik und verschieben ihre Auswanderungspläne
Während nach der Ursache ihrer Symptome gesucht wird, entwickelt sich ein Flirt mit dem Assistenzarzt Dr. Fabian Bergmann. Dieser ist hin und weg von der Patientin und zeigt sich auch an ihrer Arbeit in Kambodscha sehr interessiert.
Juliane gesteht dem Arzt, dass sie für die Menschen in dem südostasiatischen Land dringend Medikamente benötigt. In der Berling-Klinik sind diese in Hülle und Fülle vorhanden. Dr. Fabian Bergmann will helfen. Und so trifft er eine folgenschwere Entscheidung, mit der er nicht nur seine Karriere aufs Spiel setzt ...


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Inhalt

Cover

Für den guten Zweck

Vorschau

Impressum

Für den guten Zweck

Wie weit geht Dr. Fabian Bergmann, um Leben zu retten?

Von Katrin Kastell

Nach einem monatelangen Auslandsaufenthalt kehrt Entwicklungshelferin Josefine Döring vorübergehend nach München zurück. Eigentlich will sie nur ihre Wohnung auflösen, bevor sie dann endgültig nach Kenia auswandert. Doch immer wiederkehrende Gelenkschmerzen zwingen sie zu einem Aufenthalt in der Berling-Klinik und verschieben ihre Auswanderungspläne.

Während nach der Ursache ihrer Symptome gesucht wird, entwickelt sich ein Flirt mit dem Assistenzarzt Dr. Fabian Bergmann. Dieser ist hin und weg von der Patientin und zeigt sich auch an ihrer Arbeit in Kenia sehr interessiert.

Josefine gesteht dem Arzt, dass sie für die Menschen in dem afrikanischen Land dringend Medikamente benötigt. In der Berling-Klinik sind diese in Hülle und Fülle vorhanden. Dr. Fabian Bergmann will helfen. Und so trifft er eine folgenschwere Entscheidung, mit der er nicht nur seine Karriere aufs Spiel setzt ...

Ein langer, anstrengender Tag neigte sich seinem Ende entgegen. Dr. Holls Kopf dröhnte von all den Terminen, die er in den vergangenen elf Stunden wahrgenommen, von den Gesprächen, die er geführt, den Operationen, die er geleitet hatte. Obwohl er seine Arbeit liebte, freute er sich auf einen ruhigen Abend im Kreise seiner Lieben.

Endlich war es so weit! Auf dem Weg zum Ausgang begegnete er seinem besten Freund und Stellvertreter Dr. Daniel Falk. Die Männer wechselten ein paar Worte, als sich die Stimmung schlagartig änderte.

Türen wurden aufgerissen, Ärztinnen und Ärzte stürmten mit wehenden Kitteln über die Flure. Schwestern und Pfleger folgten ihnen.

Mit gerunzelter Stirn beobachtete der Klinikleiter den Aufruhr.

»Was ist passiert?«

Die Antwort folgte auf dem Fuß. Sein Telefon klingelte. Die Internistin Dr. Anke Petersen war am anderen Ende der Leitung.

»Ein Glück, dass Sie noch hier sind«, keuchte sie. »Es gab eine Massenkarambolage auf der Autobahn. Zehn der Verletzten werden in die Berling-Klinik gebracht. Könnten Sie bitte dafür sorgen, dass Unterstützung aus allen Abteilungen zur Verfügung gestellt wird.«

Stefan Holl versprach es. Während sich Dr. Falk sofort auf den Weg machte, telefonierte Dr. Holl mit den verschiedenen Abteilungen. Danach eilte er selbst in die Notaufnahme. Dort hatte Dr. Petersen bereits eine ansehnliche Anzahl Helfer um sich geschart.

»Wir erwarten diverse Polytraumata und andere interdisziplinäre Notfälle«, teilte sie ihren Kolleginnen und Kollegen mit. »Ankunft in ungefähr zehn Minuten.«

In aller Kürze ließ sich der Klinikchef einen genaueren Überblick über die Lage geben.

»Die leichteren Fälle gehen in die Behandlungsboxen«, beschloss er dann. »Falls das nicht ausreicht, stellen wir Paravents auf. Wir müssen die Wege möglichst kurzhalten.« Er warf einen Blick in die Runde. »Sie wissen alle, was zu tun ist?«

Von allen Seiten erntete er beifälliges Raunen und Nicken. Nur der Assistenzarzt Dr. Fabian Bergmann starrte schweigend auf den Boden.

»Haben Sie mich verstanden, Kollege Bergmann?«, hakte Dr. Holl vorsichtshalber nach.

»Natürlich«, erwiderte der Assistenzarzt, der den Kollegen der Inneren Medizin zur Hand ging. »Was genau ist eigentlich passiert?«

Anke Petersen kannte die Antwort.

»Ein Lastwagen mit einer Lieferung Sonnenblumenöl ist ins Schleudern geraten und hat einen Großteil seiner Ladung verloren. Im Handumdrehen hat sich der Asphalt in eine Rutschbahn verwandelt. Die nachfolgenden Fahrzeuge hatten keine Chance zu bremsen.«

Der Klinikleiter machte keinen Hehl daraus, dass ihn die Vergangenheit im Augenblick nicht sonderlich interessierte.

»Nachdem das geklärt ist, können wir uns jetzt um die Aufgabenverteilung kümmern. Kann ich auf dich zählen, Daniel?«, wandte er sich an seinen Freund.

Was für eine Frage!

»Selbstverständlich.«

»Gut, dann unterstützt du Doktor Petersen bitte in der Organisation der Notaufnahme und des Counterbereichs. In akuten Notfällen gehen Sie, Frau Petersen, mit mir in den OP.« Stefan Holl sah sich um. »Sie, Kollege Wolfram, kümmern sich bitte um den Rest, besonders um die Organisation von zusätzlichem Blutplasma.«

»Keine Sorge«, erwiderte der Chirurg. »Ich weiß, was in solchen Fällen zu tun ist.«

Der Klinikchef klatschte in die Hände. »Dann an die Arbeit!«

Im Handumdrehen verwandelte sich die Ambulanz in einen Taubenschlag. Schwestern und Pfleger eilten hin und her, die Arme voll mit Verbandmaterial und Medikamentenpackungen. Die Ärzte drängten sich vor den Schachteln mit den Handschuhen.

Bevor sich auch Dr. Holl an die Arbeit machte, fuhr er sich mit der Hand über die Stirn.

»Alles in Ordnung, Chef?«, erkundigte sich Fabian Bergmann und stellte eine Schachtel mit Infusionsbeuteln auf den Counter.

»Ehrlich gesagt habe ich schon den ganzen Nachmittag Kopfschmerzen. Haben Sie zufällig eine Schmerztablette zur Hand? Sieht so aus, als würde ich meine Konzentration heute noch brauchen.«

»Klar, eine Sekunde.« Dr. Bergmann spurtete los und kehrte nur ein paar Augenblicke später mit einer Schachtel zurück. »Ein Glück, dass der Fundus der Assistenzärzte gut bestückt ist.« Er übergab seinem Chef die ganze Schachtel.

Stefan Holl drückte eine Tablette aus dem Blister und nahm sie mit einem Schluck Wasser aus dem Becher, den Fabian Bergmann ihm reichte.

»Vielen Dank. Dann können wir ja jetzt loslegen.« Er wollte seinem Mitarbeiter die Schachtel zurückgeben. Dabei fiel sein Blick auf das Verfallsdatum. »Hoppla, die sind ja abgelaufen!«

»Wirklich?« Dr. Bergmann war sichtlich erschrocken. »Puh, zum Glück erst seit zehn Tagen. Tut mir wirklich leid. Ich entsorge sie sofort.«

»Nicht nötig«, winkte Dr. Holl ab. »Schmerzmittel mit Acetylsalicylsäure sind oft noch länger haltbar, als das Verfallsdatum angibt. Es droht keine gesundheitliche Gefahr, allerdings könnte die Wirkung vermindert sein. Aber solange die Tabletten nicht nach Essig riechen, eignen sie sich durchaus noch für den Hausgebrauch.« Mit eindringlichem Blick drückte er Dr. Bergmann die Packung in die Hand. »Allerdings haben unsere Patienten ein Recht auf eine einwandfreie Versorgung.« Er wiegte den Kopf. »Ich denke, Ihnen und den anderen Assistenzärzten schadet eine kleine Lektion nicht.«

»Wie meinen Sie das?«

»Darüber unterhalten wir uns, wenn das hier vorbei ist. Jetzt ruft erst einmal die Arbeit.«

Die ersten Rettungswägen hielten vor der Notaufnahme. Wie von Geisterhand bewegt, rollte das automatische Tor hoch. Rumpelnd öffneten sich die Wagentüren. Metall klirrte auf Metall, als die Beine der Liegen ausgeklappt wurden. Der erste Patient wurde hereingebracht. Es ging los!

***

Die Maschine aus Nairobi war vor einer halben Stunde am Münchner Flughafen gelandet. Aufgeregt wie lange nicht und bewaffnet mit einem riesigen Strauß Rosen stand Werner Döring in der Ankunftshalle und wartete darauf, dass seine einzige Tochter Josefine endlich durch die gläserne Tür trat. Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Als eine der letzten Passagiere kam Josie endlich heraus.

Um ein Haar hätte Werner seine eigene Tochter nicht wiedererkannt. Braungebrannt und mit von der Sonne gebleichten Zöpfchen ging sie ihrem Vater strahlend entgegen. Den Rucksack hatte sie lässig über die linke Schulter geworfen, ihre Füße steckten in Flipflops.

Wie konnte sich ein Mensch innerhalb so kurzer Zeit nur so sehr verändern? Schlagartig lagen Werner diverse Kommentare und Fragen auf der Zunge. Aber das konnte warten. Zuerst umarmte er sein Finchen innig.

Die junge Frau, die kaum mehr eine Ähnlichkeit mit der hübschen Betriebswirtschafts-Studentin im gutsitzenden Kostüm hatte, die sie vor ein paar Monaten noch gewesen war, ließ die Zärtlichkeiten notgedrungen über sich ergehen.

»Wie schön, dass du endlich zurück bist«, raunte Werner ihr ins Ohr.

»Vorsicht, Paps, sonst machst du dich noch schmutzig«, spottete sie und nutzte diese Gelegenheit, um sich aus der Umarmung zu lösen.

»In weiser Voraussicht habe ich einen dunklen Anzug gewählt. Hier, die sind für dich.« Er überreichte ihr den Rosenstrauß.

Mit gerümpfter Nase hielt Josefine ihn ein Stück von sich. »Das nenne ich wirklich ein nettes Begrüßungsgeschenk.«

»Wie meinst du das?«

»Diese Rosen stammen mit Sicherheit aus Kenia oder einem anderen afrikanischen Land. Um sie vor Rosenkrankheiten zu schützen, werden sie mit riesigen Mengen an Pestiziden besprüht. Die sind nicht nur für die Arbeiterinnen und Arbeiter dort gefährlich, sondern gelangen auch in Seen oder ins Grundwasser und stellen dort eine Gefahr für Menschen, Tiere und die Umwelt dar. Abgesehen von dem hohen Wasserverbrauch ...«

»Schon gut, ich habe verstanden«, murrte Werner auf dem Weg zum Wagen. Es war ein lauer Abend im Frühsommer, warmer Wind strich um die Ecken. »Tut mir leid, dass ich dir eine Freude machen wollte.« Er ließ die Schlösser seiner Luxuslimousine aufschnappen.

Beim Anblick des exklusiven Gefährts verdrehte Josie erneut die Augen.

»Ich habe doch gesagt, dass ich mit der S-Bahn fahren kann.«

»Unsinn! Und jetzt hör bitte für einen Moment auf mit deinen Moralpredigten«, schimpfte der Unternehmer. »Außerdem verfügt dieser Wagen über einen elektrischen Antrieb.«

»Ach, und der Strom kommt aus der Steckdose, oder?«, ätzte Josefine.

Wie von Zauberhand öffnete sich der Kofferraum. Mit spitzen Fingern warf Werner den Rucksack seiner Tochter hinein und nahm hinter dem Steuer Platz.

»Nach einer Dusche und einem Besuch beim Friseur fühlst du dich bestimmt besser. Dann bist du wieder eine von uns.«

Der Motor schnurrte leise wie ein Kätzchen. Ein paar Minuten später bog Werner auf die Autobahn Richtung Innenstadt ab. Die Sperrung war inzwischen aufgehoben, der Verkehr glitt ruhig dahin.

»Habe ich dir übrigens schon erzählt, dass sich Franz Kotzak endlich dazu durchgerungen hat, in Rente zu gehen?« Das Mobiltelefon vibrierte, Werner Döring warf einen Blick auf das Display.

»Habe ich dir schon gesagt, dass du während der Fahrt nicht am Handy spielen sollst?«, tadelte Josie ihren Vater. Sie schlüpfte aus den Flipflops und stellte die nackten Füße auf das Armaturenbrett.

Werner schnaubte unwillig. »Josefine!«

Sie lachte nur. »Keine Sorge, meine Füße sind sauber. Bis kurz vor der Landung trug ich Turnschuhe und Socken. Im Flieger ist es immer so kalt.«

»Trotzdem. Du solltest dich langsam daran gewöhnen, dich wie eine angehende Firmenchefin zu benehmen.«

Nach und nach versickerte das Lächeln auf Josefines Gesicht. Sie nahm die Füße herunter und setzte sich gerade auf. Ihr Blick ruhte auf der Miene ihres Vaters. Er wirkte zufrieden. Aber das würde nicht mehr lange so bleiben ...

»Ich muss mit dir reden, Paps.«

Mit einem Blick in den Rückspiegel setzte Werner Döring den Blinker und wechselte die Spur. »Lass mich raten! Du hast einem armen kenianischen Händler am Strand all seine Waren abgekauft und dein Konto hoffnungslos überzogen.«

Josefine verdrehte die Augen. »Kannst du bitte mal ernst bleiben?«

Werner nahm das Lenkrad fester in die Hände und blickte konzentriert auf das Lichtermeer vor sich.

»Na schön«, seufzte er. »Dann raus mit der Sprache! Was ist passiert?«

Josefine nahm allen Mut zusammen.

»Ich werde die Stelle von Herrn Kotzak nicht antreten.«

Vor Schreck verzog Werner das Lenkrad. Der Wagen neben ihm konnte im letzten Moment ausweichen. Quietschende Bremsen und ein Hupkonzert lenkten Vater und Tochter von ihrem Gespräch ab. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich die Lage beruhigt hatte.

»Willst du uns beide umbringen?« Unter ihrer Bräune war Josefine blass geworden. »Das finde ich dann doch übertrieben.«

Ihr Vater holte tief Luft. »Ich hoffe für dich, dass ich mich vorhin verhört habe.«

»Nein. Tut mir leid.«

»Was soll das heißen?« Werner Döring wechselte den Gang, um auf der linken Spur zu überholen. Wie ein Geschoss raste der Wagen über die Autobahn.

Als kleines Mädchen hatte Josefine bei solchen Manövern immer gekreischt und vor Freude gelacht. Doch sie hatte sich verändert. Diese Zeiten waren ein für alle Mal vorbei.

»Das heißt, dass ich meine Pläne geändert habe.« Sie wagte es nicht, zu ihrem Vater hinüberzusehen.

Werner schlug mit der flachen Hand auf das Lenkrad. »Ich wusste doch, dass dich diese Reise nur auf dumme Gedanken bringt.«

»Das sehe ich anders«, hielt Josie dagegen. »Meine Arbeit mit den Entwicklungshelfern vor Ort hat mir vielmehr die Augen geöffnet. Ich weiß jetzt, was wirklich wichtig ist im Leben. Luxusmöbel und Designartikel gehören definitiv nicht dazu.«

Langsam, aber sicher ahnte Werner, dass es seiner Tochter ernst war.

»Darf ich dich daran erinnern, dass es immer dein Traum war, unseren Familienbetrieb zu übernehmen? Dafür hast du sogar Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Management studiert.« Die Ausfahrt war nicht mehr weit. Er wechselte auf die rechte Spur, drosselte das Tempo und setzte den Blinker. »Ich habe mich sehr auf deine frischen Ideen gefreut, und darauf, mit dir zusammenzuarbeiten, und das Geschäft noch erfolgreicher zu machen.«

Josefine war müde nach dem langen Flug. Ihre Glieder schmerzten, sie fühlte sich angeschlagen und sehnte sich nach Ruhe. Höchste Zeit, diese Diskussion zu beenden.

»Ehrlich gesagt bin ich nur zurückgekommen, um meine Wohnung zu übergeben und ein paar Dinge zu regeln, bevor ich in ein paar Tagen wieder nach Nairobi fliege.«

Mit quietschenden Reifen hielt Werner den Wagen vor dem Mietshaus, in dem Josefines Wohnung lag.

»Du willst die Zelte hier abbrechen?«, herrschte er sie an. »Und das sagst du mir einfach so zwischen Tür und Angel?«

»Ich habe ungefähr hundert Mal versucht, dich zu erreichen«, setzte sie sich zur Wehr. »Vergeblich. Du bist ja immer beschäftigt.« Sie holte tief Luft und sah ihren Vater an. »Können wir das nicht morgen in aller Ruhe besprechen? Ehrlich gesagt bin ich jetzt ganz schön geschafft.«

Werner fuhr zu ihr herum. Seine Augen funkelten gefährlich.

»Ich wüsste nicht, was es da noch zu besprechen gibt«, donnerte er. »Offenbar hast du ja schon Nägel mit Köpfen gemacht. Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als dir alles Gute für deine Zukunft zu wünschen.«

»Ist das dein Ern...«

»Steig bitte aus! Ich habe noch etwas zu erledigen heute Abend.«

Nach kurzem Zögern tat Josefine, was ihr Vater von ihr verlangte. Der Kofferraum war kaum zugefallen, als Werner auch schon Gas gab. Ungläubig starrte Josefine dem Wagen nach, bis die Rücklichter um die Ecke verschwanden. Erst dann wandte sie sich ab und ging mit gesenktem Kopf auf den Hauseingang zu.

***

Am nächsten Abend hatte es Julia Holl nicht eilig. Ihre jüngste Tochter Juju übernachtete bei einer Freundin, Sohn Chris hatte Besuch von seiner Freundin Lara. Genügend Zeit also, um ihren Mann zu überraschen.

Wie meist war sie mit der U-Bahn in die Nähe des Englischen Gartens gefahren. Von dort aus war es nicht mehr weit zur Berling-Klinik, und Julia genoss den kurzen Spaziergang in vollen Zügen.

Es war ein Frühsommerabend wie aus dem Bilderbuch. Die Sonne stand schon tief am Himmel, der in allen Rottönen leuchtete. Es war immer noch angenehm warm, nach Feierabend schien die ganze Stadt auf den Beinen zu sein. Jogger liefen an Julia vorbei, sie selbst überholte Familien mit Kinderwägen, wich den Kleinsten auf ihren Laufrädern aus. Sie blieb bei einem Klarinettisten stehen und belohnte sein Spiel mit einer Münze. Schließlich kam die Berling-Klinik in Sicht, deren Leitung ihr Mann vor vielen Jahren von ihrem Vater, Professor Dr. Walter Berling, übernommen hatte.