Ein Boot, ein Kuss und du - Isabella Lovegood - E-Book

Ein Boot, ein Kuss und du E-Book

Isabella Lovegood

0,0

Beschreibung

Angelina ist auf der Suche nach Mr. Right. Mit fünfunddreißig wird es höchste Zeit, den Vater ihrer zukünftigen Kinder zu finden. Dass Lorenzo dafür nicht infrage kommt, ist ihr klar. Er macht kein Geheimnis daraus, dass er es liebt, Frauen zu verwöhnen - viele Frauen ... Der Anziehungskraft des charmanten Womanizers kann sich Angelina dennoch nicht entziehen. Da sie es satthat, immer nur vernünftig zu sein, fasst sie für den gemeinsamen Urlaub mit Freunden im vorweihnachtlichen Graz einen gewagten Entschluss. Ist es das romantische Flair oder hat es doch andere Ursachen, dass letztendlich nichts so kommt, wie geplant? Ein winterlicher Liebesroman gewürzt mit sinnlich-liebevoller Erotik. Der Roman ist in sich abgeschlossen, es ist jedoch von Vorteil, die vorherigen Bände gelesen zu haben. Die Reihe "Mallorca-Erotic-Romance" umfasst folgende Bände: - Ich, du und sie - Wir drei für immer - Zitronenblütenküsse und Lebkuchensterne - Weil die Liebe siegt - Wahre Liebe rostet nicht - Das Meer, du und ich - Ein Boot, ein Kuss und du - Du, ich und Weihnachtszauber Von der Autorin sind folgende sinnliche Liebesromane erschienen: NEU: Our Life. Our Rules. Die Reihe "Club Red Vulcano" - Zweite Chance für Lust und Liebe - Wer mit dem Feuer spielt Die Reihe "Nachhilfe für die Liebe" - Die Sexpertin - Patchwork mit Herz - Dich zu sehen "Keine Cupcakes für Bad Boys" zwei Romane in einem Buch - (K)ein Bad Boy für Carolin von Isabella Lovegood - Ein Cupcake zur Mittsommernacht von Tamara Leonhard -Traumprinz nicht gesucht und doch gefunden" (Fortsetzung von (k)ein Bad Boy...) Die Reihe "Zimmer frei für die Liebe": - Heiße Küsse für das Christkind - Ein Koch zum Verlieben - Die Liebe kommt in Gummistiefeln - Liebe ist kein Computerspiel - Zuckerbäcker küssen besser - Regenbogenküsse - Kreuzfahrt zurück ins Leben - Starthilfe fürs Herz - Herzenskinder Die "Rosen-Reihe": - Sommerflirt mit Folgen - Liebe zu dritt - Rosen-Himmel - Geteilte Liebe - Drei plus zwei und jede Menge Liebe - Auf Liebe gebaut - Herbstgenüsse - Aller guten Dinge sind 5 - Weihnachten am Heckenrosenweg "Neujahrsliebe" - Sinnlich-erotische Kurzgeschichte "Venus trifft Venus" - Sinnlich-erotische Kurzgeschichte Unter dem Pseudonym Ingrid Fuchs - Die Hexe Veronika: Roman für Kinder ab ca. 5 Jahren und dazu passendes Malbuch - Unverhofftes Glück (Funkelstein-Roman) - Die Liebe hat viele Gesichter (Funkelstein-Roman, Gayromance) - Winterküsse in Funkelstein - Frühlingsküsse in Funkelstein Unter dem Pseudonym C.P. Garrett "A Groupie's Dream" - erotische Kurzgeschichte "Nina" - erotischer Roman "Mein 10. Hochzeitstag" - erotische Kurzgeschichte "Der Zucker und das Salz des Lebens" + "Honig und Chili" 2-teiliger, erotischer Roman

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 443

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Sammlungen



Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
Nachwort
Leseprobe aus „Heiße Küsse für das Christkind“

Ein Boot, ein Kuss und du

Mallorca-Erotic-Romance 7

von

Isabella Lovegood

Copyright © 2020 Isabella Lovegood

Alle Rechte vorbehalten. Jede Weitergabe, Kopie oder sonstige Vervielfältigung verletzt das Urheberrecht und fügt der Autorin finanziellen Schaden zu.

www.Isabella-Lovegood.at [email protected]

Covergestaltung: Ingrid Fuchs Cover-Fotos: ©Prostock-studio - stock.adobe.com ©Andrea - stock.adobe.com Korrektorat: Ingrid Fuchs

Alle Personen und Handlungen in diesem Roman sind frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten sind rein zufällig und ungewollt.

Prolog

Lorenzo

»Also hat sich dein Vater doch durchgesetzt«, stellte ich trocken fest. »Ich hätte wissen müssen, dass du dich seiner Geldtasche beugst.«

Juliana biss sich auf die Lippe. »Es tut mir wirklich leid, aber ich habe keine andere Wahl.« Obwohl ich sauer war, glaubte ich ihr das sogar – von ihrer Warte aus betrachtet. Wenn man als Tochter stinkreicher Eltern aufgewachsen war, konnte man sich eben nicht vorstellen, dass man auch ohne das viele Geld ganz gut lebte.

»Ich bin froh, dass ich mir nicht diktieren lassen muss, wie ich mein Leben zu führen habe«, gab ich zurück.

»Ich dachte zuerst, er blufft nur, aber das war ein Irrtum. Wenn ich jetzt nicht nachgebe, kann ich mein Studium vergessen.«

»Wenn du nicht so getrödelt hättest, wärst du längst damit fertig.« Eigentlich ging es mich ja nichts an, aber jetzt war es ohnehin schon egal. Sie hatte gerade mit mir Schluss gemacht. Wozu sollte ich mich also weiter mit meiner Meinung zurückhalten?

»Du hast recht, aber das hilft mir jetzt auch nicht weiter«, antwortete Juliana zu meiner Überraschung. »Ein paar Partys weniger und einige bestandene Prüfungen mehr und wir hätten das Problem nicht, vor dem wir stehen.« Plötzlich wurde mir klar, dass sie es tatsächlich bedauerte und das stimmte mich milder. »Ich hab dich wirklich gern, Lorenzo, das musst du mir glauben!« Ihre sommerhimmelblauen Augen, die sonst so fröhlich blitzten, wurden verdächtig nass. Ich musste wegsehen und griff nach meinem halb vollen Bierglas, um mich abzulenken. Verdammt, ich wollte sie nicht gehen lassen. Wir hatten bisher einen tollen Sommer zusammen verbracht. Okay, ich hatte ziemlich wenig Schlaf bekommen, denn zu Mittag und bis spät abends arbeitete ich und in der Pause dazwischen und in der Nacht waren wir zusammen gewesen. Bis zum Beginn des Studienjahres, zu dem sie ohnehin wieder nach Deutschland musste, hätten wir noch einige Wochen gehabt, doch nun hatte ihr Vater dazwischengefunkt und ihr einen Flug für den nächsten Tag zurück nach Frankfurt gebucht. Und auch von ihren Besuchen, die sie mir in Aussicht gestellt hatte, war wohl keine Rede mehr. Ihr Vater, ein schwerreicher Industrieller, der sich hier auf Mallorca eine protzige Villa hatte bauen lassen, vertrat die feste Überzeugung, ein ganz normaler Kellner sei nicht gut genug für seine Tochter und ich wäre nur auf ihr Geld aus. Mit Zweiterem hatte er definitiv unrecht. Ihr Geld wollte ich nicht, aber von Juliana hätte ich gerne noch mehr gehabt. Leider steckte sie mit ihren siebenundzwanzig Jahren noch immer mitten im Studium und wohnte in einer schicken, kleinen Wohnung, für die ihre Eltern aufkamen, genauso wie für ihren Lebensunterhalt, der vermutlich auch nicht gerade sparsam war. Das war mir alles gleichgültig. Tatsache war jedoch, dass ich die Zeit mit ihr unglaublich genossen hatte und ich war sicher, so bald würde auch sie diesen Sommer auf Mallorca nicht vergessen.

»Hast du einen Euro?«, riss sie mich aus meinen Gedanken.

»Wofür?«, fragte ich verwirrt. »Die Rechnung übernehme ich.«

Sie wischte meinen Einwand beiseite. »Das brauchst du nicht, aber darum geht es nicht. Hast du einen?«

Ich verstand zwar noch immer nicht, worauf sie hinaus wollte, zog aber meine Geldbörse aus der Gesäßtasche meiner Shorts. »Bestimmt.« Immerhin bekam ich jeden Tag Trinkgeld, also mangelte es mir nie an Münzen. Ich fischte eine Eineuromünze heraus und legte sie vor Juliana auf den Tisch.

»Ich habe etwas für dich. Ein Abschiedsgeschenk. Aber damit es ein rechtsgültiger Vertrag ist, musst du dafür bezahlen.« In ihren Augen blitzte der Schalk auf, den ich so an ihr mochte. Dann schob sie mir ein Blatt Papier hin und stellte über eine Ecke den schweren, gläsernen Aschenbecher, damit die Meeresbrise es nicht wegblasen konnte.

»Kaufvertrag«, las ich vor und sah sie erstaunt an, doch sie tippte nur mit ihrem hellrosa lackierten Fingernagel auf das Papier.

»Lies es«, befahl sie.

Je mehr ich davon erfasste, umso schneller klopfte mein Herz. Dann sah ich sie fassungslos an. »Bist du verrückt geworden?«

Juliana verzog ihren rosa Kussmund zu einem breiten, frechen Grinsen. »Ganz im Gegenteil. Du liebst das Boot doch, oder?«

Ich nickte. »Ja schon, aber ...«

Langsam verblasste ihr Lächeln. »Willst du es denn nicht? Ist dir die Erhaltung zu teuer? Die Liegegebühren und alles? Daran habe ich gar nicht gedacht.«

Rasch griff ich nach ihrer Hand. »Das bekomme ich hin. Aber du kannst mir doch nicht dieses tolle Schiff einfach schenken!«

»Du bezahlst ja dafür. Einen Euro und eine Unterschrift und es gehört dir. Ich finde es so mies von Papa, dass er mir das Messer ansetzt. Es wird ihn maßlos ärgern und du hast ein Andenken an mich, das dir hoffentlich viel Freude machen wird.« Wieder stiegen ihr die Tränen hoch und diesmal sah ich nicht weg. Mit dem Daumen strich ich vorsichtig unter ihren Augen entlang.

»Ich hätte lieber dich als das Boot, Juliana, aber es wäre dumm, es nicht anzunehmen. Im Traum hätte ich nicht damit gerechnet.« Ich ließ meine Fingerspitzen über ihre Schulter und den nackten Arm nach unten gleiten und griff nach ihrer Hand. »Wir hatten viel Spaß auf dem Boot und immer, wenn ich damit unterwegs bin, werde ich an dich denken.«

»Das ist der Sinn des Ganzen.« Sie lächelte unter Tränen, dann suchte sie in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch. Ich sah ihr dabei zu, wie sie sich leise und dezent die Nase putzte. Meine Prinzessin. Erst langsam realisierte ich, dass dies unser letzter Abend sein würde, meine letzten Stunden mit Juliana.

Obwohl ich es hatte kommen sehen, befürchtet hatte, oder was auch immer, überraschte mich das heftige Bedauern, das mich überfiel. Etwas ballte sich schmerzhaft in meiner Brust zusammen. Tat mir tatsächlich das Herz weh? Gab es das wirklich?

1. Kapitel

Angelina

„Vielen Dank für die schöne Feier, Mama.“ Ich lächelte meine Mutter an, bevor ich sie umarmte.

»Gerne, meine Kleine!«, erwiderte sie und küsste mich auf die Wange.

Meine beiden jüngeren Brüder hatten sich schon vor einer Weile unter fadenscheinigen Vorwänden aus dem Staub gemacht und ich hatte ihr alleine geholfen aufzuräumen. Manche Dinge änderten sich eben nie. Papa war auf dem Sofa eingeschlafen, während der Fernseher lief. Ein vertrautes Bild, bei dem ich mich unwillkürlich fragte, ob es das war, was ich wollte. Die Antwort war definitiv: Nein!

Der prüfende Blick meiner Mutter glitt über mein Gesicht und ich ahnte, was kommen würde. »Ich kann es kaum glauben, dass meine Älteste schon fünfunddreißig geworden ist. Kaum bist du aus den Windeln heraus, wird es auch schon höchste Zeit, dass du den Mann fürs Leben findest und für die nächste Generation sorgst.«

Ich musste lachen. »Na toll! Musst du mich ausgerechnet an meinem Geburtstag an meine tickende biologische Uhr erinnern?« Mein Blick wanderte demonstrativ durch die geöffnete Tür zu meinem Vater, der gerade einen besonders lauten Schnarchlaut ausstieß. »Vielleicht will ich ja gar keinen?«, fragte ich mit einem schiefen Grinsen.

Mama lachte, dann schüttelte sie den Kopf. »Erzähl das jemand anderem, ich glaube dir das nämlich nicht. Allerdings ist es besser alleine, als mit dem Falschen zusammen zu sein.«

Einen Moment fragte ich mich, ob das eine allgemeine Bemerkung war, oder ob sie darauf anspielte, wie oft ich schon danebengegriffen hatte. Spontan stellte ich ihr eine Frage, über die ich schon öfter nachgedacht hatte. »Bist du glücklich, Mama?«

Sie hob erstaunt die Augenbrauen, dann nickte sie. »Ja, das bin ich, meistens jedenfalls. Dein Papa ist ein guter Mann, auch wenn er in den letzten Jahren für meinen Geschmack zu viel auf dem Sofa rumhängt.« Erneut wanderten unsere Blicke zu ihm. »Ich denke, wenn er dann im Ruhestand ist, wird es wieder besser. Darauf freue ich mich schon.«

Ich hatte daran meine Zweifel, aber ich behielt sie für mich. Mein Vater war Schlosser und liebte seine Arbeit, den Kontakt mit den Kunden und das befriedigende Gefühl, wenn er einen Auftrag zu deren Zufriedenheit abgeschlossen hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er das alles freiwillig gegen ausgedehnte Spaziergänge mit meiner Mutter und ihrem Dackelmischling Santos eintauschen würde.

Bald darauf verabschiedete ich mich und schlenderte am Hafen entlang nach Hause. Es dämmerte bereits. Leise plätschernd schlugen die Wellen an die Mauer, zwei Möwen stießen ihre charakteristischen Schreie aus und es klang, als unterhielten sie sich miteinander, während sie über meinem Kopf dahinsegelten. Ich liebte diese vertrauten Geräusche, die mich schon mein Leben lang begleiteten.

Einem Impuls folgend stieg ich eine kleine Treppe hinunter, die ins Wasser führte und setzte mich. Obwohl es bereits Ende Oktober war, strich die Luft lau und angenehm über mein Gesicht. Der Beton der Mauer und Stufen hatte den ganzen Tag Sonne gespeichert und gab die Wärme nun ab, sodass sie angenehm durch meine Jeans drang. Ich blickte über das Wasser, beobachtete das leichte Schaukeln der Boote und atmete tief durch. Meine Mutter hatte da etwas in mir berührt, das mir tatsächlich auf der Seele lastete. Meine letzte Beziehung war vor mehr als einem halben Jahr in die Brüche gegangen, nachdem ich nicht mehr ignorieren konnte, dass mein Freund es mit der Treue alles andere als ernst nahm.

Langsam lief mir wirklich die Zeit davon. Oder sollte ich mich mit dem Gedanken anfreunden, die kinderlose Tante zu bleiben, und das Kinderkriegen meinen jüngeren Brüdern überlassen? Unbewusst seufzte ich tief auf. Eine männliche Stimme hinter mir holte mich aus meinen Gedanken.

»Angelina? Alles in Ordnung mit dir?«

Ich wandte mich um und sah hoch. Lorenzo stand hinter mir und beäugte mich besorgt. Wir kannten uns schon ewig, hatten aber nie besonders viel Kontakt gehabt. Erst seit Kurzem war ich ein Teil seines engeren Freundeskreises. Er trug eine schwarze Hose und ein ebensolches Hemd. Die Ärmel waren hochgekrempelt und betonten seine kräftigen, sehnigen Unterarme mit dem dunklen Flaum.

»Ja, klar. Kommst du von der Arbeit?«, fragte ich ihn angesichts seiner Kleidung. »Es ist doch noch gar nicht so spät?«

»Für heute ist Schluss. Es war wenig los, also hat mich mein Chef heimgeschickt.«

Die Treppe war zu schmal, um nebeneinanderzusitzen. Stattdessen machte er Anstalten, sich auf die Stufe oberhalb von mir zu setzen. Er streckte die langen Beine rechts und links von mir aus. Dabei ließ er einen tiefen Seufzer hören. »Puh, die Saison steckt mir in den Knochen. Ich bin froh, dass sie beinahe zu Ende ist. Ein paar Tage noch.« Für ein, zwei Minuten waren wir beide still und sahen einer Llaüt zu, die an uns vorbei fuhr und dann der Hafenausfahrt zustrebte. Ich mochte diese alten, traditionellen Fischerboote. Sie waren ein Teil unserer Kultur.

»Ich freue mich schon darauf, endlich mal wieder mit meinen Boot rauszufahren«, stellte Lorenzo sehnsüchtig fest. »Den ganzen Sommer waren nur meine Freunde damit unterwegs.«

Ich wandte mich lächelnd zu ihm um, dabei berührte mein Rücken sein Knie. »Es ist wirklich nett von dir, es herzuleihen.«

Er zuckte lässig mit den Schultern. »Es tut dem Boot nicht gut, immer nur im Hafen zu liegen.«

»Wie lange hast du es jetzt schon?«

»Drei Jahre.«

»Hast du mal wieder etwas von ihr gehört?« Mir fiel im Moment der Name nicht ein, doch auch ohne ihn zu nennen, wusste er sofort, wen ich meinte. Die Geschichte mit dem Abschiedsgeschenk kannte schließlich unser gesamter Freundeskreis.

»Sporadisch. Geburtstagsgrüße, Glückwünsche zum Jahreswechsel, so in der Art.«

Nun war auch ihr Name wieder da: Juliana. Ich erinnerte mich nur dunkel an sie, obwohl wir uns in jenem Sommer einige Male über den Weg gelaufen waren. Vor allem im einzigen Supermarkt von Portocolom, in dem ich arbeitete. Lorenzo wechselte seine Freundinnen oft, aber sie war ein auffallend hübsches Mädchen gewesen, ein bisschen aufgedreht vielleicht, aber nie arrogant, trotz des vielen Geldes im Hintergrund.

»Hast du Lust, mal mit mir rauszufahren?«

Überrascht sah ich zu ihm hoch. »Das wäre verlockend. Bist du denn gerade solo?« Schließlich wollte ich niemandem in die Quere kommen.

»Ja, schon eine ganze Weile. Kurz nach Saisonbeginn hat sie Schluss gemacht, weil ich nie Zeit für sie hatte. Außerdem war ich zu müde für alles.« Er zwinkerte mir zu und zuckte gleichzeitig lässig mit den Schultern. »Nach ein paar Monaten Nichtstun ist es besonders hart, von einem Tag auf den anderen voll einzusteigen. Es spielt sich dann rasch wieder ein, aber die erste Zeit falle ich einfach nur ins Bett und bin tot. Man wird ja auch nicht jünger.« Er grinste verschmitzt und ich fragte mich, ob er nach einem Kompliment fischte, doch den Gefallen tat ich ihm nicht. Allerdings stellte ich neidvoll fest, dass er, obwohl er etwas müde wirkte, zu den Männern gehörte, die mit zunehmender Reife besser aussahen als in ihrer Jugend. Wie unfair! Schlagartig fiel mir wieder ein, was mir vorhin durch den Kopf gegangen war, und offenbar spiegelte sich das in der Folge auch auf meinem Gesicht wider.

»Was ist los?«, fragte er mich sofort.

»Ich bin seit heute fünfunddreißig«, verkündete ich mit Grabesstimme.

»Herzlichen Glückwunsch!« Er beugte sich vor und küsste mich auf die Schläfe. Sein Bartwuchs war ein wenig kratzig, doch seine weichen, warmen Lippen hinterließen ein wohliges Kribbeln, das mich irritierte. Wir kannten uns von Kindheit an, also was sollte das? Er lächelte mich sichtlich erstaunt an. »Dann bist du also nur zwei Jahre jünger als ich? Ich dachte, es wären mehr.«

Ich schüttelte den Kopf. »Ich war damals dreizehn, du fünfzehn.« Als er fragend die Augenbrauen hochzog, hätte ich mich ohrfeigen können. Natürlich hatte er es vergessen. Was hatte mich geritten, es ausgerechnet jetzt aufs Tapet zu bringen? »Längst verjährt«, versuchte ich mit einer lässigen Handbewegung, meine Bemerkung abzuschwächen.

»Was denn? Klärst du mich bitte auf?«

»Nicht der Rede wert«, stellte ich fest und stand auf. »Ich muss dann mal nach Hause. Lässt du mich bitte vorbei?«

Er erhob sich ebenfalls, machte aber keine Anstalten, nach oben auf den Gehweg zu steigen, und um an ihm vorbeizukommen, war die Treppe zu schmal. Ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihn anzusehen, weil er eine Stufe über mir stand.

»Erst sagst du mir, was du gemeint hast.« Sein Tonfall ließ mich leicht erschauern. Das Timbre seiner Stimme hatte mir immer schon gefallen, doch meistens sprach er leichthin und mit einem fröhlichen Unterton. Nun klang er zwar sanft, aber dennoch bestimmend. Unwillkürlich zuckte mir der Gedanke an mit Plüsch bezogene Handschellen durch den Kopf. Wo kam denn das auf einmal her? Ich runzelte irritiert die Stirn, was er anscheinend als Verärgerung interpretierte.

»Nun sag schon«, schlug er nun einen weicheren Tonfall an.

»Ich war dreizehn, als ich von dir meinen ersten Kuss bekam.« Ich sah zu ihm auf. Erneut zuckten seine Augenbrauen hoch.

»Echt?«

Ich nickte. »Aber es wundert mich nicht, dass du es nicht mehr weißt. Am nächsten Tag war meine beste Freundin an der Reihe.« Es ärgerte mich noch heute, mehr als zwei Jahrzehnte danach, dass ich damals für knapp vierundzwanzig Stunden auf Wolke sieben geschwebt war, während es für ihn überhaupt nichts bedeutet hatte. Damals hatte ich mir geschworen, mich niemals mit Lorenzo einzulassen und wenn er der letzte Mann auf Erden wäre.

»Autsch.« Er hob bedauernd beide Hände. »Tut mir leid. Das war wohl nicht besonders raffiniert. Damals war ich voll in der Experimentierphase.«

Ich lachte. »So viel ich höre, bist du noch immer mittendrin.«

Sein Lächeln war entwaffnend und ich konnte nicht verhindern, seine Grübchen und die ebenmäßigen Zähne zu bewundern. Für einen winzigen Moment fragte ich mich, wie sich seine sinnlichen Lippen wohl nun anfühlen würden. Im nächsten Augenblick hätte ich mir am liebsten selbst auf den Kopf geschlagen, um diesen Unsinn zu stoppen. Ein wissendes Funkeln trat in Lorenzos dunkelbraune Augen. Er wandte sich um und stieg vor mir die paar Stufen hoch. Die schmalen Hüften und der vom vielen Herumlaufen unleugbar knackige Po schaukelten verlockend vor mir.

Wir hatten den gleichen Heimweg, deshalb war es nur natürlich, dass wir nebeneinander hergingen. Er wohnte nur eine Querstraße von mir entfernt. Als wir das Haus erreichten, in dem seine Wohnung lag, wandte er sich mir zu. »Hast du Lust, noch mit raufzukommen? Wir müssen doch auf deinen Geburtstag anstoßen!«

Ich lachte zu ihm hoch. »Netter Versuch! Am Samstag feiern wir bei Alejandro«, erinnerte ich ihn. »Alle freuen sich, dass du diesmal beim Barbecue dabei sein kannst, also vergiss es nicht.«

»Das weiß ich doch, aber wir könnten noch ein wenig in den alten Zeiten schwelgen.« Sein Blick senkte sich auf meine Lippen, die plötzlich zu prickeln anfingen. Unwillkürlich presste ich sie zusammen, um das Gefühl loszuwerden. Er hob die Hand und strich mit dem Daumen sanft wie eine Feder darüber, was mir auch noch eine Gänsehaut bescherte. Rasch machte ich einen Schritt zurück und wäre beinahe die Gehsteigkante hinuntergekippt. Mit beiden Händen erwischte er mich an den Oberarmen und zog mich an sich, doch noch bevor er mich umarmen konnte, wich ich neuerlich aus, diesmal zur Seite.

»Bei mir verschießt du dein Pulver umsonst«, antwortete ich ihm mit einem kleinen Lachen. »Das mit uns hat sich vor zweiundzwanzig Jahren erledigt.«

Lorenzo lachte nun ebenfalls. »Du bist wirklich nachtragend. Aber mit dem Boot kommst du schon mit raus, oder?« Er sah mich erwartungsvoll an und die Aussicht war so verlockend, dass ich lächelnd nickte.

»Nächste Woche habe ich Dienstag und Mittwoch frei. Aber benimm dich!«

»Sicher. Du kennst mich doch, Angelina. Ich dränge mich nicht auf. Niemals.« Seine Augen ruhten in plötzlichem Ernst auf meinem Gesicht.

»Das stimmt. War nur ein Scherz.« Ich streckte mich und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht. Wir sehen uns am Samstag bei Alejandro und Eva«, erinnerte ich ihn, dann wandte ich mich schnell ab und ging. Ich drehte mich nicht um, trotzdem hatte ich das Gefühl, Lorenzos Blick auf mir zu fühlen, bis ich um die Hausecke bog.

2. Kapitel

Lorenzo

Als Angelina verschwunden war, drückte ich die Haustür auf und ging die Treppe in den zweiten Stock hinauf. Die Stille meiner Wohnung empfing mich wohltuend. Nach einem langen Tag, an dem ich zwischen Küche, Bar-Tresen und Gästen pendelte, genoss ich es ganz besonders, meine Tür hinter mir schließen zu können und meine Ruhe zu haben. Ich holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank, öffnete es routiniert und setzte es an die Lippen. Das war ein kleines Ritual für mich. Im Dienst trank ich nur Wasser und hin und wieder einen Kaffee, aber diesen ersten Schluck Bier nach dem Heimkommen genoss ich ganz bewusst. Ich stellte die halb volle Flasche auf den kleinen Küchentisch, dann schlüpfte ich aus meiner Hose und hängte sie ordentlich über die Stuhllehne, wo sie bis zum nächsten Tag auf mich warten würde. Das Hemd zog ich über den Kopf und warf es auf den Flur, die Socken flogen hinterher. Nur noch mit Boxershorts bekleidet ließ ich mich der Länge nach auf mein Sofa fallen und trank in Ruhe den Rest.

Die unverhoffte Begegnung mit Angelina ging mir durch den Kopf. Es war mir immer wieder unheimlich, woran sich Frauen erinnerten. Ich schmunzelte. Es gefiel mir, der Erste gewesen zu sein, der sie geküsst hatte, auch wenn mir damals ganz sicher noch die Raffinesse gefehlt hatte. Ich mochte Frauen und alles, was man so mit ihnen anstellen konnte. Ihnen wohliges Seufzen, lustvolles Stöhnen und schlussendlich ein befriedigtes Lächeln zu entlocken, war meine erklärte Lieblingsbeschäftigung. Alleine der Gedanke daran, geheime weibliche Stellen zu kosten und zu erforschen, ließ mich hart werden. Genüsslich strich ich über meinen besten Freund. Ich hatte nichts dagegen, mich selbst zu verwöhnen, aber an lustvollen Sex mit einer Partnerin kam das beim besten Willen nicht heran. Gut, dass ich in den nächsten Monaten wieder jede Menge Zeit und Energie hatte, mich um mein Liebesleben zu kümmern.

***

Die letzten Tage, die das ›Can Matís‹ noch geöffnet hatte, gingen rasch vorüber. Nun machten wir für fünf Monate dicht, bis Anfang April die Tische wieder ins Freie gestellt wurden.

Während der Saison hatte ich wenig Gelegenheit, meine Freunde zu treffen. Umso mehr freute ich mich auf die Party, als ich am Samstag bei Alejandro ankam. Ich hatte mich bereit erklärt, eine Sangria mitzubringen, und war stolz darauf, dass ich sie beinahe genausogut hinbekommen hatte wie Matís, mein Chef, dessen Name auch das Restaurant trug.

Das Gartentor war nicht versperrt und um die Hausecke drangen Musik und Gelächter. Ich begrüßte den Gastgeber, dann Enrique und Florian, Alvaro und seine Freundin Valentina, Antonia, Marco und die anderen.

»Wo ist Eva? Ist das Geburtstagskind schon da?«, erkundigte ich mich.

»Sind beide oben. Sollen wir die Sangria kühlen? Wir haben neuerdings auch hier unten einen Kühlschrank«, teilte mir der Hausherr mit einem breiten Grinsen mit. »Nachdem wir so oft feiern, lohnte sich die Anschaffung.«

»Kann ich mir vorstellen.« Ich folgte ihm ins Haus, wo in einem Lagerraum gleich neben der Treppe ein großer, zweitüriger Kühlschrank im amerikanischen Stil stand. Ich pfiff anerkennend durch die Zähne, als ich den Vorrat an unterschiedlichsten Getränken begutachtete. In einem separaten Teil war der Wein untergebracht, aber es gab auch Bier in verschiedenen Sorten, Softdrinks und Wasser. Trotzdem fanden wir auch für die große Schüssel mit der Sangria noch ein freies Plätzchen. Im rechten Teil des Kühlschranks warteten die Lebensmittel auf ihren Auftritt. Es gab mehrere Salate und Schüsseln mit Gemüse und Fleisch, die nachher auf den Grill wandern würden. Es war bei Alejandros Feten üblich, dass jeder etwas mitbrachte. Die würzigen Gerüche stiegen mir verführerisch in die Nase und ließen meinen Magen knurren.

»Es geht gleich los«, beruhigte mich mein Freund lachend. »Wir sind beinahe vollzählig und die Holzkohle glüht bereits. Nimm dir mal ein Bier, oder was immer du willst.«

Ich griff nach einem Estrella und benutzte den Flaschenöffner, der in der Tür des Kühlschranks eingelassen war. »Praktisch«, stellte ich anerkennend fest. »Es imponiert mir, wie du dich eingerichtet hast.«

Alejandro strahlte. »Danke. Ich wollte, du könntest es öfters mit uns genießen!« Er schlug mir leicht auf die Schulter und gemeinsam gingen wir in den Garten zurück. Ich lehnte mich an die sonnenwarme Hauswand und ließ meinen Blick über die fröhliche Gesellschaft schweifen, während ich das kalte, würzige Prickeln in meinem Mund genoss. Florian beugte sich gerade zu Enrique und sagte etwas zu ihm, was diesen laut auflachen ließ. Er legte den Arm um die Schulter seines Freundes und zog ihn kurz an sich, bevor er ihm einen schnellen Kuss gab. Die beiden so zusammen zu sehen, war für mich noch immer ungewohnt, doch beim Anblick von Enriques strahlendem Gesicht musste ich unwillkürlich lächeln.

»Unglaublich, oder?«, riss mich Antonias rauchige Stimme aus meiner Betrachtung. »Ich kann mich nicht erinnern, unseren einsamen Wolf jemals so glücklich und gelöst gesehen zu haben.«

»Du hast recht«, stimmte ich zu, ohne den Blick abzuwenden. »Die Verwandlung ist unübersehbar, jetzt wo Enriques Geheimnis gelüftet ist. Ich hätte das nicht für möglich gehalten, aber ich freue mich für die beiden, besonders für ihn. Er war verdammt lange alleine.«

»Sie sind gut füreinander und nur darauf kommt es an.« Sie klang rundum zufrieden. Ich wandte mich ihr zu und betrachtete sie belustigt. Antonia, die wochentags für ihren Job als Pfarrsekretärin seriös auftreten musste, liebte es, in ihrer Freizeit einen ausgefallenen Look zu zelebrieren. Sie war stark geschminkt und ihre Frisur erinnerte mich an ein Vogelnest nach einem heftigen Sturm. Ihr schwarzes Top mit den dünnen Trägern betonte nicht nur ihre appetitliche Oberweite, sondern setzte auch ihre zahlreichen Tattoos in Szene. Ich mochte Antonia sehr, sie war loyal, selbstbewusst und fröhlich, aber als Typ Frau sprach sie mich definitiv nicht an.

»Sag nichts!« Sie lachte mich vergnügt an. Irgendwie fand ich es sehr angenehm, dass unser Freundeskreis so gefestigt war. Wir kannten uns seit Ewigkeiten und wussten genau, wo wir standen, was das Zusammensein sehr entspannt gestaltete. Frauenstimmen näherten sich und gemeinsam wandten wir uns dem Hauseingang zu, aus dem nun Eva und Angelina traten. Eva stellte zwei Körbchen mit Brot auf dem langen Tisch ab, der bereits für das Essen aufgedeckt war, während Angelina es sichtlich genoss, den kleinen David auf dem Arm zu halten. Ich trat heran und begrüßte zuerst Eva, dann wandte ich mich an Angelina.

»Er steht dir gut«, stellte ich fest. Das wehmütige Lächeln, das sie nun zeigte, überraschte mich. David fing an zu strampeln und wollte hinunter. Sie drückte ihm ein Küsschen auf die Wange und stellte ihn auf seine Füße.

»Es ist ein gutes Gefühl, ein Kind auf dem Arm zu haben, auch wenn es nur geborgt ist.« Sie rieb sich mit den Händen über die Oberarme, als ob ihr kalt wäre, dann schüttelte sie gedankenverloren den Kopf, um gleich darauf das Thema zu wechseln. »Wir haben Glück mit dem Wetter! Das wird ein wunderbarer Abend.« Ihr Lächeln wirkte beinahe echt, doch ich bemerkte den verborgenen Kummer dahinter trotzdem. Gefühle von Frauen zu erspüren, hatte ich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten perfektioniert. Viele hatten nie gelernt, ihre Bedürfnisse zu artikulieren und wenn man als Mann erahnte, was sie brauchten, war man klar im Vorteil. Sie trat an den Tisch und füllte ihr Glas zur Hälfte mit Rotwein, bevor sie einen kleinen Schluck davon nahm.

Mit Evas Freundin Jessica, die kurz danach zu unserer Runde stieß, waren wir vollzählig. Sie hatte eine Torte mitgebracht, die zwischenzeitlich in den Kühlschrank wanderte, bevor sie als Dessert enden würde.

»Das wird ein kalorienreicher Abend«, stellte Eva fest und strich sich über ihr Babybäuchlein, das dem ihrer Freundin glich. »Schade, dass wir von der Sangria nichts trinken dürfen.«

»Sangria?«, fragte Angelina hellhörig geworden und sah sich suchend um.

»Ich hol dir ein Glas voll«, bot ich ihr an. »Wer will noch?«

Es wurde ein fröhlicher, ausgelassener Abend, an dem wir viel aßen, tranken und lachten.

***

Am Dienstag holte ich Angelina um halb zehn bei ihr zuhause ab. Gemeinsam gingen wir zum Hafen. Sie war mit einem T-Shirt, knielangen Jeans und Sneakers bekleidet und ich bewunderte ihre langen, schlanken Beine. Ihre gebräunte Haut verriet, dass sie sich gerne im Freien aufhielt. Die seidig glänzenden, beinahe schwarzen Haare hatte sie zu einem hohen Pferdeschwanz hochgebunden, der bei jedem Schritt wippte. Oberhalb ihrer Stirn steckte eine Sonnenbrille.

»Ich freue mich auf diesen Tag auf dem Meer! Danke, dass du mich eingeladen hast.« Pure Unternehmungslust funkelte in ihren Augen.

»Danke für deine Begleitung«, erwiderte ich lächelnd. »Ich bin zwar nach Saisonende immer etwas ruhebedürftig, trotzdem ist mir deine Gesellschaft sehr willkommen.«

»Dann trifft es sich gut, dass ich ganz gerne auch mal schweige.« Sie zwinkerte mir zu, bevor sie den Kopf wandte, um einen Blick über das Meer zu werfen.

»Was hast du in deinem Rucksack?«

»Badesachen und eine kleine Kühltasche mit etwas zu trinken und zu essen. Ich werde ungenießbar, wenn ich hungrig bin, deshalb sorge ich lieber vor.« Sie grinste entschuldigend.

»Also verhungern werden wir nicht«, stellte ich fest. »Auf dem Boot gibt es einen kleinen Kühlschrank. Den habe ich befüllt, damit uns der Hunger nicht so schnell wieder an Land treibt. Oder hast du heute noch andere Pläne?«

Sie schüttelte den Kopf, dass ihr der Pferdeschwanz um die Ohren schwang. »Nein, der Tag gehört uns.«

»Klingt gut.« Sie sah richtig süß aus und einen Moment durchzuckten mich Verlangen und gleichzeitig Bedauern. Mit einer kräftigen Prise Erotik wären die nächsten Stunden noch einmal so schön gewesen, aber ich gab mich keiner Illusionen hin, bei Angelina landen zu können.

»Es macht sich schon bemerkbar, dass die meisten Sommergäste bereits abgereist sind«, stellte sie zufrieden fest. »Jetzt wird es wieder ruhiger.«

»Ich freue mich jedes Jahr darauf.« Wir betraten den Schwimmsteg, der unter unseren Schritten und dem leichten Wellengang schwankte. Ich holte das Schiff am Tau heran und reichte Angelina die Hand, um ihr an Bord zu helfen. Leitfüßig sprang sie hinüber. Für einen Moment verfing sich mein Blick an ihren Brüsten, die dabei verführerisch wippten. Ich schüttelte innerlich über mich den Kopf und rief mich zur Ordnung. Offenbar hatte ich schon zu lange keinen Sex mehr gehabt.

Ich löste die Leinen und startete den Motor. Eine Mischung aus Abenteuerlust und Freiheit erfasste mich, doch wie immer erfüllten mich auch Freude und Dankbarkeit, Eigentümer dieses schnittigen Bootes zu sein. Langsam steuerte ich es aus dem Hafenbecken. Angelina saß stumm neben mir und ein vergnügtes Lächeln lag auf ihren Lippen. Für einen Moment betrachtete ich ihr Profil und plötzlich reizte es mich, einen Kuss auf ihre süße Stupsnase oder den schön geschwungenen Mund zu drücken. Überrascht von diesem völlig unangebrachten Impuls sah ich wieder übers Wasser. Wir waren Freunde, sonst nichts.

In mäßigem Tempo passierten wir die natürliche Engstelle, die das Hafenbecken vom offenen Meer trennte, und ich wandte ihr neuerlich das Gesicht zu. »Süden oder Norden?«

Ihre Augenbrauen zuckten überrascht hoch, dann kam spontan: »Süden.«

Ich lenkte das Boot nach steuerbord, also rechts, und wir folgten der Küstenlinie. Angelina seufzte zufrieden.

»Wir haben einen traumhaften Tag erwischt. Für Anfang November ist es noch richtig warm. Ich freue mich schon darauf, ins Meer zu springen.«

»Schwimmst du noch immer so viel?«, fragte ich sie. »Du warst ja eine richtige Wassernixe.«

Sie lachte. »Stimmt, du hast mich früher immer so genannt. Das hatte ich ganz vergessen.« Sie schüttelte lächelnd den Kopf, dann beantwortete sie meine Frage. »Ja, für mich ist es Entspannung pur, mich nach einem langen Arbeitstag in die Fluten zu stürzen.« Sie kreiste mit den Schultern und verzog dabei ein wenig den Mund.

»Hast du Schmerzen?«

»Ach, nur Verspannungen.«

»Ich könnte dich massieren. Darin bin ich gut.«

Die Skepsis in ihrem Blick konnte ich durch die Sonnenbrille hindurch nur erahnen. »Nur die Schultern und den Rücken. Mehr gibt es nur auf ausdrücklichen Wunsch«, setzte ich frech hinzu und entlockte ihr damit ein helles Lachen, das sich als Kribbeln in dem Bereich um meinen Magen festsetzte.

»Mal sehen, vielleicht komme ich heute noch auf dein freundliches Angebot zurück«, meinte sie mit einem verschmitzten Lächeln, das ihr ausnehmend gut stand. Sie wandte das Gesicht wieder in den Fahrtwind und genoss es sichtlich.

»Soll ich ein bisschen mehr Gas geben?«

»Nichts dagegen. Es ist einfach herrlich!«

Ich lenkte das Boot ein Stück weiter von der Küste weg, dann ließ ich es durch das Wasser schießen. Das Vibrieren des Motors, das Klatschen der Wellen, die gegen den Rumpf schlugen, die warme Luft, die über meine Haut strich ... Ach, ich liebte das einfach!

Nach einer Weile sah ich zu Angelina hinüber. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt und lächelte selig. Eine Haarsträhne hatte sich gelöst und kitzelte sie im Gesicht, obwohl sie sie immer wieder zurückstrich. Etwas in mir löste sich bei ihrem Anblick. Ein Teil der Anspannung der arbeitsreichen Monate fiel von mir ab, aber es war mehr als das, auch wenn ich nicht hätte sagen können, was genau es war. Jedenfalls fühlte es sich gut an und ich beglückwünschte mich zu dem spontan gefassten Entschluss, Angelina mitzunehmen.

3. Kapitel

Angelina

Neugierig streifte ich Lorenzo mit einem Seitenblick. Wenn ich ihn in unserem Freundeskreis erlebte, war er einer von denen, die die Unterhaltung am Laufen hielten. Er erzählte lustige Begebenheiten aus seinem Alltag oder flirtete mit den Mädels. Jetzt, alleine mit ihm, wirkte er viel ruhiger. Ich fragte mich, ob es an mir lag, ob er mit mir nichts anzufangen wusste, doch das zufriedene Lächeln, mit dem er mich nun bedachte, zerstreute meine Bedenken wieder.

»Gefällt es dir?«, fragte er mich und ich nickte.

»Ja, es ist wunderbar, so alleine übers Wasser zu gleiten. Also, mit dir, meine ich.«

Er schmunzelte belustigt über meine Berichtigung. »Ja, geht mir auch so. Ich finde es wohltuend, dass du nicht die ganze Zeit schnatterst.«

»Hast du das erwartet?«, fragte ich erstaunt.

»Nein, sonst hätte ich dich nicht mitgenommen.« Seine Augen funkelten frech. »Das hatte ich schon und es ist verdammt anstrengend.«

»Kann ich mir vorstellen. Ich habe eine solche Kollegin. Es reicht schon, mit ihr die Pause zu verbringen. Sie ist nett, aber sie den ganzen Tag um mich zu haben, würde mich verrückt machen.«

Lorenzo brummte zustimmend und stieß im nächsten Moment einen Fluch zwischen den Zähnen hervor. Ein größeres Boot überholte uns zu nahe und als uns seine Bugwelle erfasste, wurden wir ordentlich durchgeschaukelt. Ich wollte mich am Sitz festhalten, doch plötzlich lag meine Hand auf seinem Schenkel. Rasch zog ich sie zurück. »Verzeihung.«

Er lächelte mir kurz zu, während er damit zu tun hatte, das Boot auf Kurs zu halten. »Kein Problem. - So ein Idiot! Der ist ja schon am Vormittag besoffen!«

Der Schluss war naheliegend. Während sie an uns vorbeischossen, hatte ich die Bierdose in der Hand des Bootsführers gesehen und ein weiterer Mann und zwei Frauen hatten johlend zu uns herübergewunken.

»Kommt das öfter vor?«

»Zu oft, besonders in der Hauptsaison. Dabei ist Alkohol auch beim Lenken eines Bootes verboten.« Er zuckte mit den Schultern. »Hast du Lust zu baden? Da vorne ist eine schöne, kleine Bucht. Mit ein bisschen Glück haben wir sie für uns alleine.«

»Das klingt gut!« Die Sonne war zwar schon deutlich milder als im Sommer, doch das Wasser hatte noch sehr angenehme Temperaturen. Lorenzo drosselte das Tempo. Gemächlich glitt unser Schiff durch eine schmale Passage, danach traten die steilen Felswände ein wenig zurück und weiteten sich zu einer vom Meer aus uneinsichtigen Bucht.

»Oh«, machte ich überrascht.

»Nicht schlecht, oder?« Lorenzo lächelte zufrieden. »Die habe ich mal durch Zufall entdeckt. Vom Landweg ist sie praktisch unerreichbar.«

Unwillkürlich fragte ich mich, was er an dem abgeschiedenen Fleckchen schon alles getrieben hatte. Nun, ich stand dafür nicht zur Verfügung, das war sicher. Obwohl das, was unter seinem Shirt zum Vorschein kam, als er es sich über den Kopf zog, gar nicht so übel aussah. Nur Farbe hatte der V-förmige Oberkörper, der in schmalen Hüften endete, bisher nicht viel abbekommen. Ich hatte unter dem Top schon den Bikini an und streifte es ebenfalls ab.

Lorenzo betrachtete mich sichtlich wohlwollend, dann hob er entschuldigend die Schultern. »Wenn ich dich so ansehe, von Kopf bis Fuß schön gebräunt, komme ich mir noch blasser vor. Zeit, wenigstens jetzt noch etwas Sonne zu tanken.«

Er sah tatsächlich etwas seltsam aus: Die Arme waren bis über die Ellenbogen braun, darüber, bis zum Hals war seine Haut hell. Die leichte Brustbehaarung stach dadurch stärker hervor. Gleichzeitig schlüpften wir aus unseren Hosen. Seine langen Beine waren genauso weiß wie sein Bauch. Sie waren schlank, aber nicht dünn und die Badeshorts ließen erahnen, dass sein Po knackig und fest war. Leichtes Kribbeln machte sich in meinen unteren Regionen bemerkbar und ich spürte, wie meine Brustwarzen reagierten. Schnell wandte ich mich ab und legte meine Kleidung ordentlich zusammen.

Nie im Leben würde ich ihn spüren lassen, wie anziehend ich ihn fand. Er war ein Jäger und Sammler und ich hatte keine Ambitionen, zu einer weiteren Zeile auf seiner Checkliste zu werden. Alleine in meinem Umfeld kannte ich ein paar Frauen, die schon mit ihm im Bett gewesen waren, und ich wagte zu bezweifeln, dass er selbst noch den Überblick hatte. Während ich an der Leiter ins kristallklare, türkisblaue Wasser hinabstieg, fiel mir dummerweise auch ein, dass sie alle in höchsten Tönen von Lorenzos Fähigkeiten geschwärmt hatten. Unauffällig sah ich zu ihm. Er hatte sich auf einer der beiden Liegeflächen ausgestreckt und genoss die Vormittagssonne. Offenbar hatte er keine Lust zu baden, aber damit hatte ich kein Problem. Mein Blick fiel auf die Wölbung zwischen seinen Beinen. Sogar im entspannten Zustand war sie nicht zu übersehen.

Oh, Mist! Ich hatte eindeutig schon zu lange keinen Sex mehr gehabt! Entschlossen, mich schnellstens abzulenken, ließ ich mich hinterrücks mit einem Platsch ins Wasser fallen. Es schlug über mir zusammen und kühlte meine hitzigen Gedanken gleich mit ab.

Mit kräftigen Zügen schwamm ich los. Ach, wie herrlich war es, mich von dem glitzernden Nass umspülen zu lassen! Zum Meer hatte ich immer schon eine ganz besondere Beziehung. Das war mein Element. Es sah aus wie flüssiges Glas und die Sonnenstrahlen, die durch die Wellen gebrochen wurden, malten Lichtflecke auf den Grund. Als ich den Fischschwarm unter mir bemerkte, bedauerte ich, meinen Schnorchel auf dem Boot vergessen zu haben. Da war ich wohl nicht ganz bei der Sache gewesen. Ich durchquerte die Bucht und schwamm bis an die Felsen heran. Lilafarbene, nur wenige Zentimeter hohe Anemonen wiegten sich knapp unter der Wasseroberfläche in den sachten Wellenbewegungen. Fasziniert beobachtete ich die silbrig glitzernden, fingerlangen Fischchen, die gleich daneben eifrig Algen von den Steinen zupften. Ein paar Meter weiter sonnten sich zwei Krabben auf einem leicht überspülten Vorsprung. Eilig zogen sie sich zurück, als mein Schatten auf sie fiel. Hinter mir plätscherte es leise und erst, als ich mich umsah, bemerkte ich, dass sich Lorenzo gemächlich näherte.

»Was gibt es denn da Interessantes?«, fragte er und ich zeigte ihm, was ich alles entdeckt hatte.

»Erstaunlich! Ich muss gestehen, so genau habe ich noch nie hingesehen.«

Ich verkniff mir die Bemerkung, dass er sich üblicherweise vermutlich mit anderen Dingen beschäftigte, wenn er hier ankerte.

»So, wie du schwimmst, hätte ich beinahe erwartet, einen Fischschwanz statt deiner Beine zu sehen.«

Ich lachte, streckte einen Fuß über die Wasseroberfläche und wackelte mit den Zehen. Die Sonne verfing sich in den zarten Glitzersternchen, mit denen ich den Nagellack verziert hatte. »Wie du siehst, noch alles menschlich.«

Sein Blick strich eindeutig bewundernd über mein Bein nach oben und hinterließ eine prickelnde Spur, die mich innerlich erbeben ließ. Rasch wandte ich mich ab und machte ein paar Schwimmbewegungen von ihm weg. Als ich merkte, dass er mir folgte, drosselte ich das Tempo. Schließlich sollte es nicht so aussehen, als ob ich vor ihm flüchtete.

Wir schwammen noch ein wenig herum, ließen uns treiben und beobachteten die Möwen, die über uns hinwegflogen. Es war herrlich, die Sonne auf der Haut zu spüren und alle Gedanken loszulassen. Sobald wir wieder an Bord waren, drückte ich meinen Pferdeschwanz über der Reling aus und löste die Spange. Ich schüttelte die Haare aus, damit sie besser trocknen konnten. Dass Lorenzo mich dabei beobachtete, merkte ich erst danach. Wortlos stand er auf und verschwand unter Deck. Kurz darauf kam er mit zwei Bechern Eiskaffee wieder.

»Oh, vielen Dank. Das ist ja ein tolles Service!«

Er grinste. »Ich kann es eben nicht lassen.«

Ich nahm einen Schluck von dem kalten Getränk. »Du magst deinen Job, oder?«

Lorenzo nickte. »Ja, ich arbeite gerne bei Matís.«

»Wie lange bist du schon dort?«

»Seit fast fünfzehn Jahren.«

»So wie ich im Supermarkt.«

Er sah mich aufmerksam an. »Du wirkst aber nicht sehr zufrieden.

Das überraschte mich. »Es war mir nicht bewusst, dass mir das tatsächlich anzusehen ist.«

»Ich bin ein guter Beobachter«, meinte er leichthin. »Wo liegt das Problem?«

»Das Betriebsklima wird immer schlechter. Gestern hat auch noch meine direkte Vorgesetzte gekündigt und ich soll auf ihren Platz nachrücken.«

Er zog die Augenbrauen hoch. »Eine Beförderung ist doch eigentlich etwas Gutes, oder?«

Ich nickte. »Grundsätzlich schon, aber dann unterstehe ich direkt dem Filialleiter und mit seinem Jähzorn kann ich schwer umgehen. Er ist der Grund, warum Ana geht.«

»Okay, das ist schwierig. Aber die Arbeit an sich macht dir Spaß?« Sein Blick lag forschend auf mir und sein Interesse tat mir gut. Meine Eltern ermahnten mich immer nur, nicht so empfindlich, sondern dankbar zu sein, einen sicheren Job zu haben. Dabei war mein Vater schon so lange selbstständig, dass er gar nicht mehr wusste, wie es war, wenn man von einem Vorgesetzten herumgescheucht wurde und Mama kümmerte sich in seinem Betrieb um den Bürokram.

Ich zuckte mit den Schultern. »Es ist eben ein Job. Ich hatte in einem Möbelgeschäft den Verkauf gelernt, das ist das, was ich eigentlich immer machen wollte, aber du weißt ja, wie es hier ist: Man muss mit dem zufrieden sein, was man kriegt.«

»Muss man?« Lorenzo lächelte mich herausfordernd an. »Möbelverkauf also ...« Er strich sich nachdenklich über das Kinn, das ein Dreitagebart zierte. Außerhalb der Saison nahm er es mit dem Rasieren nicht so genau und ich musste zugeben, dass es ihm gut stand.

»Mein älterer Bruder arbeitet in Manacor in einem Einrichtungsgeschäft. Möbel, Deko, Vorhänge, Teppiche. Würde dich das interessieren?«

Ich nickte eifrig. »Das wäre genau mein Ding. Um ehrlich zu sein, spiele ich schon länger mit dem Gedanken, einfach mal ein paar Bewerbungen loszuschicken. Bisher konnte ich mich nicht dazu aufraffen, doch jetzt, wo Ana Ernst gemacht hat, wäre möglicherweise der richtige Zeitpunkt dafür.«

Lorenzo nickte zustimmend. »Rafael hat neulich erwähnt, dass eine Mitarbeiterin gekündigt hat, aber ich weiß nicht, ob sie schon Ersatz haben. Soll ich nachfragen?« Seine Hand fuhr bereits zum Mobiltelefon, das neben ihm lag. Einerseits widerstrebte es mir, Beziehungen auszunutzen, andererseits konnte das meine große Chance sein, also nickte ich. Aufregung ergriff mich und mein Puls erhöhte sich spürbar.

»Ich werde mich auf jeden Fall bewerben. Fragst du bitte gleich, an wen ich mich wenden kann?«

Er bedachte mich mit einem Blick, den ich nicht recht deuten konnte, dann wählte er eine Nummer.

»Hallo Rafa, wie geht’s? ... Prima. Was ich dich fragen wollte: Ist die Stelle bei euch noch frei, von der du erzählt hast? ... Sehr gut! Ich hätte da jemanden, die Interesse hätte. ... Nein, eine Jugendfreundin. Sehr sympathisch und mit jahrelanger Verkaufserfahrung. ... Super, das sage ich ihr. Danke, mach’s gut!« Lorenzo lächelte mich verschmitzt an. »Ich denke, es war in deinem Sinne, dass ich ihm erzählt habe, dass du keine meiner Kurzzeitfreundinnen bist, oder?«

Ich nickte. »Auf jeden Fall. Die Stelle ist also noch frei?«

»Ja, sie ist noch nicht einmal offiziell ausgeschrieben und er wäre nicht unglücklich darüber, das Verfahren abkürzen zu können. Ich soll dir seine Nummer geben, damit du gleich einen Vorstellungstermin vereinbaren kannst.«

»Oh, das ist super!« Mein Herz klopfte vor Aufregung schneller und ich konnte mich nur mit Mühe davon abhalten, Lorenzo vor Begeisterung und Dankbarkeit um den Hals zu fallen. Dann fiel mir etwas ein. »Welche Position hat dein Bruder dort?«

Er grinste. »Ihm gehört der Laden.«

4. Kapitel

Lorenzo

»Und er ist Single.« Ich beobachtete Angelina genau, während ich ihr das mitteilte.

»Das heißt, es hängt also einzig von seiner Meinung ab, ob ich den Job bekomme oder nicht?« Sie strich sich eine Haarsträhne zurück, die ihr der Wind sofort wieder ins Gesicht blies. Ich fragte mich, ob sie den zweiten Teil überhört hatte, oder tatsächlich nur an der Stelle interessiert war. Oft genug hatte ich es in Frauenaugen aufblitzen sehen, wenn sie ihre Chance witterten, sich einen wohlhabenden Unternehmer zu angeln. Für einen Moment kam die Erinnerung an Juliana hoch. Sie war anders gewesen. Vielleicht hatte sie mich deshalb so verzaubert. Angelinas fragender Blick holte mich in die Gegenwart zurück.

»Ja, aber sei einfach du selbst, dann klappt das schon. Ich schicke dir seine Telefonnummer.« Erneut nahm ich das Mobiltelefon in die Hand und nur wenige Sekunden später ging die Nachricht bei ihr ein.

»Dann sollte ich mich wohl gleich melden, oder?« Sie sah mich mit einer für sie untypischen Unsicherheit an.

»Mach dir keine Sorgen. Rafa ist nicht ganz so lässig wie ich, aber ein umgänglicher Typ.« Ich zwinkerte ihr aufmunternd zu. Weil ich spürte, dass es ihr unangenehm war, in meiner Gegenwart zu telefonieren, und ich ohnehin Durst hatte, ging ich in die Kajüte hinunter. Dass ich sie trotzdem hörte, wusste sie ja nicht. Ich nahm eine Flasche Wasser aus dem kleinen Kühlschrank und holte zwei Becher aus dem Schränkchen. Erst als es oben still geworden war, stieg ich wieder an Deck.

»Ich soll mich morgen Vormittag vorstellen kommen«, erzählte sie mir aufgeregt, was ich ohnehin schon mitgehört hatte. »Er ist nett!« Sie sprang von der Liege auf und überraschte mich mit einem Küsschen auf die Wange. »Danke, es war so lieb von dir, den Kontakt herzustellen!«

Ich lächelte erfreut. »Keine Ursache. Im Idealfall ist damit euch beiden gedient. Hältst du mich auf dem Laufenden?« Ich füllte Wasser in die Becher und hielt ihr einen hin.

»Danke. Aber sicher!«

»Willst du hier noch mal schwimmen, oder fahren wir weiter?«

»Ganz wie du willst. Es ist schön hier, aber das ist es überall an diesem Küstenabschnitt.«

Ich machte Anstalten, den Anker einzuholen, als sie einen überraschten Laut ausstieß. Fragend drehte ich mich zu ihr um.

»Du solltest dich eincremen! Du bist schon leicht rosa und es ist gerade mal Mittag!«

Bedauernd zog ich die Schultern hoch. »Ich habe aber keine Sonnencreme dabei.«

»Aber ich.« Sie fing schon an, in ihrer Tasche zu kramen, und hielt Sekunden später eine Flasche hoch. Zögernd trat sie näher. »Darf ich?«

Alleine der Gedanke an ihre Hände auf meiner Haut verursachte ein leichtes Kribbeln, das sich in meinem Unterleib sammelte, doch mehr Berührung würde ich von ihr nicht bekommen, also beschloss ich, wenigstens das zu genießen.

»Okay. Aber nur, wenn ich dir nachher die Schultern massieren darf.«

»Warum willst du das?« Es klang, als ob sie es nicht gewohnt wäre, dass ihr jemand etwas Gutes tun wollte. Oder, als ob sie einen Hintergedanken vermutete.

»Ich verwöhne gerne.« Ich nahm mir vor, wenn sie jetzt Nein sagte, würde ich es auf sich beruhen lassen. Doch dann wurden ihre Gesichtszüge weich und sie nickte lächelnd. »Okay.«

Ich drehte ihr den Rücken zu und zuckte zusammen, als die kühle Sonnencreme auftraf. Anscheinend war meine Haut schon ziemlich heiß, was bedeutete, dass Angelina nicht übertrieben hatte. Ich konzentrierte mich auf das Gefühl, das ihre Hände hervorriefen. Sie waren sanft und verteilten die Creme gründlich. Unwillkürlich entfuhr mir ein wohliges Stöhnen.

»Tut es weh?«, fragte sie besorgt. Was sollte ich sagen? Dass ihre harmlosen Berührungen reichten, um mich hart werden zu lassen?

»Nein, alles okay!« Ich räusperte mich und in dem Moment ging mir auf, was es mit mir anstellen würde, ihren glatten, makellosen Rücken zu massieren. Aber ganz sicher nahm ich mein Angebot deshalb nicht zurück.

»Soll ich vorne auch gleich?«, fragte sie nun und hielt ihre fettigen Hände hoch. Oh Himmel! Wider besseren Wissens nickte ich und genoss es mehr, als für mich gut war, wie sie über meine Schultern und Arme glitten, meine Brust eincremten und den Rest auf meinem Bauch verteilten. Ihre Augen waren konzentriert auf die jeweilige Stelle gerichtet, die sie gerade bearbeitete. »Und jetzt noch die Beine.« Ich stöhnte mit zusammengepressten Lippen auf, doch unbeeindruckt davon ging sie vor mir in die Hocke. »Kein Problem, ich habe meine jüngeren Brüder unzählige Male eingecremt.« Sorgfältig fing sie an, mit beiden Händen und reichlich Creme mein rechtes Bein zu bearbeiten. Ein Schauer lief mir die Wirbelsäule hinauf und hinunter, als sie erst den Schenkel, dann Knie und Waden, Knöchel und Rist einrieb. Meine Erektion befand sich praktisch direkt vor ihrer Nase. Die konnte sie unmöglich übersehen, doch sie ließ sich nichts anmerken. Erst als sie auch das zweite Bein gründlich versorgt hatte, erhob sie sich wieder. »Fertig. Kann ich mir irgendwo die Hände waschen?«

Ich räusperte mich erneut und deutete zu den Stufen, die in den Rumpf des Schiffes hinunterführten. »Danke. In der Kombüse. Aber sei sparsam mit dem Wasser.«

Nachdem sie verschwunden war, fuhr ich mir mit allen zehn Fingern übers Gesicht und durch die Haare. Du lieber Himmel, ich konnte mich nicht erinnern, wann mir zuletzt eine Frau so eingeheizt hatte! Mein ganzer Körper kribbelte und mein Schwanz pochte schmerzhaft. Ich fragte mich, ob sie so unschuldig oder so durchtrieben war, das hier durchzuziehen. Verzweifelt rieb ich mit der Hand über meinen Steifen, doch das machte es noch schlimmer. Alles in mir schrie nach Erleichterung, doch sie hatte von Anfang an klargestellt, dass sie an unserem Freunde-Status nichts ändern wollte. Vielleicht hätte es geholfen, mich wieder ins kühle Wasser zu stürzen, aber das hätte die ganze Prozedur sinnlos gemacht. Ich hörte ihre Schritte hinter mir und atmete tief durch, holte den Anker ein und startete den Motor, ohne mich zu ihr umzudrehen. Nur langsam beruhigte sich mein Puls wieder und meine pochende Erektion fiel nach und nach in sich zusammen. Im Augenwinkel nahm ich wahr, dass sie sich auf der Liege niedergelassen hatte. Die langen Beine hatte sie angewinkelt, die Arme darum gelegt und ihr Kinn ruhte auf den Knien, während sie stumm über das Meer sah. Was wohl in ihrem Kopf vorging?

5. Kapitel

Angelina

Noch immer klopfte mir das Herz bis zum Hals und ich spürte meinen Puls höchst beunruhigend auch an anderen Stellen meines Körpers. Ich wusste genau, dass das eben ziemlich fies gewesen war. Das mit meinen Brüdern war natürlich Quatsch. Zuletzt hatte ich sie vor mehr als zwanzig Jahren eingecremt, als wir noch Kinder gewesen waren. Miguel und Alonso waren fünf und sechs Jahre jünger als ich. Ich hatte Lorenzo auf die Probe gestellt und er hatte sie mit Bravour bestanden. Es war nicht zu übersehen gewesen, wie sehr ihn meine Aktion erregt hatte, doch mit keiner Silbe oder Geste hatte er versucht, unsere Abmachung zu brechen und mich zu verführen, oder gar sich zu nehmen, was er wollte.

Der Fahrtwind kühlte meine heißen Wangen, aber gegen die innerliche Hitze, die mich noch immer erfüllte, konnte er nichts ausrichten. Wie kam es, dass mich ein alter Freund so aus dem Gleichgewicht bringen konnte? Wir kannten uns seit Ewigkeiten, doch noch nie hatte ich ihn als so anziehend männlich und attraktiv wahrgenommen. Ich hätte mich ihm am liebsten an den Hals geworfen und ihn angefleht, mit mir Sex zu haben. Aber natürlich kam das nicht infrage. Oder?

Unauffällig schielte ich zu ihm hinüber. Er stand am Steuer, statt sich hinzusetzen. Vermutlich wollte er die Sonnencreme erst besser einziehen lassen. Ich betrachtete das Spiel seiner Muskeln, die das Schlingern, Heben und Senken des Schiffes ausglichen. Ich ertappte mich dabei, mir über die Lippen zu lecken. Verflucht, war der Mann sexy! Was hatte ich mir nur dabei gedacht, ihm so nahe zu kommen? Noch immer hatte ich seinen verlockenden Geruch nach frisch gewaschenem Mann in der Nase, gemischt mit Meer und Sonnencreme. Wie hätte er wohl reagiert, wenn ich ihm den Bund der Badeshorts heruntergezogen und seine verlockende Erektion mit dem Mund verwöhnt hätte? Das Pochen in meinem Unterleib verstärkte sich wieder. Er schien gut gebaut zu sein und erneut fiel mir Lorenzos Ruf ein. Keine meiner Bekannten, die mit ihm im Bett gewesen waren, hatte sich über seine Qualitäten ebendort beschwert. Das Gegenteil war der Fall und so etwas wie Neid stieg in mir auf. Lag es tatsächlich an ihm oder war ich schlichtweg so ausgehungert, dass ich ernsthaft darüber nachdachte, meine eigenen Regeln über Bord zu werfen?

Erneut betrachtete ich ihn, doch diesmal kreuzten sich unsere Blicke. Ich sah in seinen Augen dasselbe brennende Verlangen, das auch mich plagte. Verdammt, was hatte ich da angeleiert? Ich zwang mich, wegzusehen und den Anblick des mittlerweile tiefblauen Meeres zu genießen. Lorenzo führte das Boot in gemäßigtem Tempo durch die Wellen und ließ uns Zeit, die Küstenlinie zu betrachten, die an uns vorüberzog. Schroffe Felsen türmten sich auf, an denen sich die Wellen brachen, dann wichen sie zu einer kleinen Bucht zurück, an deren Ende sich ein schmaler Strand befand. Einige Sonnenschirme waren zu erkennen. Ein paar Gestalten planschten im flachen Wasser, andere lagen auf bunten Tüchern im Sand und genossen die Sonne.

Zwischendurch machte Lorenzo einen weiten Bogen um die belebte Hafeneinfahrt von Cala d’Or und wir fuhren an dem Küstenort vorbei, immer weiter nach Süden. Wenig bewohnte Abschnitte folgten, die mich mit ihrer Ursprünglichkeit und Rauheit beeindruckten. Unwillkürlich stieß ich einen tiefen Seufzer aus, was mir einen forschenden Blick von Lorenzo einbrachte.

»Es ist wunderschön hier. Bezaubernd. Faszinierend.«

Er lächelte zufrieden. »Ja, da bin ich ganz deiner Meinung. Irgendwie muss ich künftig auch während der Saison Zeit finden, öfters auszufahren. Es macht den Kopf frei.« Er gab Gas und wir schossen durch die Wellen. Meine Haare flatterten im Wind und ich genoss das Gefühl von Freiheit, das mich durchströmte, als gäbe es nur diesen perfekten Moment, in dem die Alltagssorgen in den Hintergrund rückten.

Wir passierten die Buchten von Figuera, Santanyí und Lombards und ich stellte fest, dass die Orte vom Meer aus ganz anders wirkten, als wenn man mit dem Auto oder zu Fuß unterwegs war. Nach einer Weile meldete mein Magen mit heftigem Grummeln, dass es Zeit für Energienachschub wurde. In diesem Moment drosselte Lorenzo den Motor und wandte sich zu mir. »Was hältst du von Mittagessen?«

»Wollte ich auch gerade fragen. Suchst du uns ein lauschiges Plätzchen?«

»Ein kleines Stück noch, dann kommen wir zur Cala Figuereta. Dort werden wir ankern. Kennst du die?«

Ich schüttelte den Kopf. »Um ehrlich zu sein, war ich ewig nicht mehr in dieser Gegend.«

Er nickte. »Ich muss gestehen, wenn ich das Boot nicht hätte, würde ich vieles gar nicht kennen.«

Es war eine kleine Bucht, die landseitig von schroffen Felswänden begrenzt war. Auf der anderen Seite hatten wir uneingeschränkte Sicht auf das offene Meer. Lorenzo verankerte das Schiff, dann klappte er einen Tisch aus, der mir bisher entgangen war.

»Wirklich praktisch«, stellte ich anerkennend fest, als wir einander gegenüber saßen und unser mitgebrachtes Essen ausbreiteten, um es miteinander zu teilen.