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Der Unfalltod seines Lebensgefährten hat David Treylani vor fast zwei Jahren psychisch völlig aus der Bahn geworfen und es gelingt ihm nur langsam, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Das letzte, was er im Moment will, ist eine Affäre oder neue Beziehung anzufangen. Das interessiert Adrian Quinlan allerdings herzlich wenig, der beide Augen auf ihn geworfen hat und dem außerdem der Ruf vorauseilt, zu bekommen, was er will – und zwar immer.
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Veröffentlichungsjahr: 2015
Mathilda Grace
ENDSTATION LIEBE
Endstation Liebe
2. Auflage, November 2018
Impressum
© 2018 Mathilda Grace
Am Chursbusch 12, 44879 Bochum
Text: Mathilda Grace 2010
Foto: TheDigitalArtist; Pixabay
Coverdesign: Mathilda Grace
Web: www.mathilda-grace.de
Alle Rechte vorbehalten. Auszug und Nachdruck, auch einzelner Teile, nur mit Genehmigung der Autorin.
Sämtliche Personen und Handlungen sind frei erfunden.
Drama & Romance
Liebe Leserin, Lieber Leser,
ohne deine Unterstützung und Wertschätzung meiner Arbeit könnte ich nicht in meinem Traumberuf arbeiten.
Mit deinem Kauf dieses E-Books schaffst du die Grundlage für viele weitere Geschichten aus meiner Feder, die dir in Zukunft hoffentlich wundervolle Lesestunden bescheren werden.
Dankeschön.
Liebe Grüße
Mathilda Grace
Der Unfalltod seines Lebensgefährten hat David Treylani vor fast zwei Jahren psychisch völlig aus der Bahn geworfen und es gelingt ihm nur langsam, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Das letzte, was er im Moment will, ist eine Affäre oder neue Beziehung anzufangen. Das interessiert Adrian Quinlan allerdings herzlich wenig, der beide Augen auf ihn geworfen hat und dem außerdem der Ruf vorauseilt, zu bekommen, was er will – und zwar immer.
Prolog
»Kommst du noch mit feiern?«, wollte Dominic Felcon von ihm wissen und warf das Handtuch auf die Bank, mit dem er sich gerade abgetrocknet hatte.
David schnaubte nur, was Dominic lachen ließ, während er seinen Anzug aus der Schutzhülle holte, um sich anzuziehen. Der Duschraum war nach den Rennen immer der erste Anlaufpunkt für die Rennfahrer und da Dominic heute ewig von einigen Sponsoren aufgehalten worden war, waren sie verdammt spät dran. So spät, dass alle anderen Fahrer längst weg waren. Es hatte Vor- und Nachteile, Leiter einer Rennbahn und eines derzeit aufstrebenden Rennteams zu sein, wobei für David die Nachteile überwogen. Deswegen war er auch nur stiller Teilhaber, damit er sich nicht mit den ganzen Anzugträgern und Krawattenschwingern, wie Dominic ihre Sponsoren gerne nannte, herumschlagen musste.
»Ah, du flirtest also lieber mit Mister Eisauge?«
David zuckte zusammen. Eisauge, das passte wirklich gut auf den Mann, der ihn den gesamten Nachmittag über von der VIP-Lounge aus beobachtet hatte. So einen unheimlichen Blick hatte David noch nie auf sich gespürt und er war heilfroh gewesen, als der Kerl schlussendlich von einem anderen reichen Schnösel in Beschlag genommen worden war und sich von ihm abgewandt hatte.
»Kennst du ihn?«, fragte David und sah Dominic dabei zu, wie der sich in ein weißes Anzughemd zwängte. Er selbst war bereits fertig angezogen, in Jeans und Pullover, denn er hatte nicht vor, Dominic auf die heutige After-Show-Party zu begleiten. David wollte nachher in Ruhe mit seinem Freund Shannon telefonieren, außerdem hatte er keinerlei Lust, diesen Kerl mit dem unheimlichen Blick wiederzusehen.
Dominic setzte sich auf die Bank vor den Spinden und griff nach seinen Schuhen. »Er heißt Adrian Quinlan und ist oder war, da bin ich mir nicht sicher, Oberstaatsanwalt von Baltimore. Mehr weiß ich nicht. Jedenfalls im Moment noch nicht. Seinem Ruf nach zu urteilen, soll er eiskalt sein, gilt aber gleichzeitig als gerecht und fair.«
»Hm«, machte David nichtssagend, während er sich innerlich entschied, diesem Staatsanwalt lieber aus dem Weg zu gehen. Im Augenblick war er genug damit beschäftigt, sein Leben langsam wieder in geregelte Bahnen zu lenken, da konnte er keine neue Verwicklungen gebrauchen, ganz egal, welcher Art sie auch sein würden. »Was ist?«, fragte er irritiert, als ihm Dominics prüfender Blick auffiel.
»Soll ich ihn von dir fernhalten?«, fragte der und eine Sekunde lang war er versucht Ja zu sagen. Stattdessen schüttelte David den Kopf.
»Ich gehe ihm einfach aus dem Weg. Und auf die Langweilerparty musst du heute allein gehen. Ich bin mit meinem neuen Handy verabredet, das Shannons Bruder mir aufgeschwatzt hat. Ein iPhone. Weiß der Geier, was mich geritten hat, mir so ein Ding zu kaufen.«
Dominic lachte und griff nach seinem Schlips. »Hat er nicht auch so eins?«
David zuckte die Schultern. »Na und? Er kann genauso wenig damit umgehen wie ich.« Dominic prustete los, was David zum grinsen brachte. »Na dann los, Mister Felcon. Stürz dich ins Getümmel, während ich den Abend mit Pizza und Shannon in Ruhe ausklingen lasse.«
Aus seinem Telefonat wurde aber erst mal nichts, denn als David kurz darauf in den kleinen Hangar trat, der ihnen für das Wochenende von der Rennverwaltung zugewiesen worden war und in dem er auch seine private Maschine abstellte, lehnte Adrian Quinlan mit der Hüfte an der Motorhaube von Dominics schwarzem Range Rover und sah ihm entgegen. David hielt sich nicht mit einer Begrüßung auf.
»Die Hangars sind den anwesenden Rennteams vorbehalten, Adrian Quinlan, Oberstaatsanwalt aus Baltimore.«
»Das weiß ich, David Treylani, Mechaniker und Rennfahrer aus Los Angeles«, kam trocken zurück und David konnte sich seine Frage, woher dieser Mann das wusste, gerade so verkneifen. Stattdessen sah er Quinlan warnend an und wandte sich dann seiner Suzuki zu.
»Verzieh dich, Arschloch.«
Das müsste für Mister Eisauge direkt genug sein. Shannon hätte ihm wegen dieser Beleidigung zwar die Leviten gelesen, das wusste David, aber da Shannon nicht hier war und er auch nicht vorhatte, seinem Musikerfreund bei ihrem nächsten Telefonat brühwarm davon zu erzählen, hielt sich sein schlechtes Gewissen in Grenzen. Er wollte nur diesen Anwalt hinter sich loswerden, ganz egal wie.
Plötzlich bewegte ein warmer Luftzug sein Haar, was ungewöhnlich war, immerhin hatte David die Tür des Hangars geschlossen und Fenster gab es nicht. Es dauerte etwas, bis ihm entsetzt aufging, dass es kein Luftzug, sondern warmer Atem war, und der konnte nur von einem kommen. Er fuhr abrupt herum. Adrian Quinlan stand direkt vor ihm, keine Handbreit trennte sie voneinander. Am liebsten wäre er zurückgewichen, was mit seinem Motorrad im Rücken leider unmöglich war.
»Ich werde mich verziehen. Für heute. Und das Arschloch wirst du bald zurücknehmen, denn ich bin keines.«
Drei Sätze, die von Tadel bis hin zu einer Drohung alles beinhalteten. Shannon konnte das auch richtig gut. David brachte kein Wort heraus, allerdings schien Eisauge Quinlan auch keine Reaktion zu erwarten.
»Wir sehen uns, Treylani.«
Darauf konnte er gut verzichten. David sprach den Gedanken nicht aus. Das hätte ihn noch ein Stück tiefer in die Scheiße geritten. Obwohl, ging es überhaupt noch tiefer? Egal. Darüber würde er sich später Gedanken machen. Im Augenblick wollte David eigentlich nur eines wissen. »Warum?«
»Du interessierst mich.« Quinlan lächelte schmal. »Ach übrigens, ich bin kein Oberstaatsanwalt mehr.«
Und warum erzählte dieser Mann ihm das?
Diese Frage fiel David aber leider erst fünf Minuten später ein, als Adrian Quinlan längst verschwunden war, während er immer noch wie festgewachsen vor seiner Maschine stand und auf jene Stelle starrte, wo der Anwalt zuvor gestanden hatte.
1. Kapitel
»Was ist los?«
David warf Dominic einen drohenden Blick zu, als der ihm zum mittlerweile dritten Mal in den letzten fünf Minuten diese Frage stellte. So langsam nervte es. Genauso wie Quinlans Verhalten gestern Nacht ihn genervt hatte. Und zwar nicht nur das im Hangar, sondern vor allem dessen handgeschriebene Nachricht, die er zwei Stunden später an seiner Zimmertür vorgefunden hatte. Woher wusste der Mistkerl, in welchem Motel sie für das Rennfestival abgestiegen waren? Und wie, zum Teufel, kam Adrian Quinlan dazu, ihm eine Nachricht zu hinterlassen, mit dem Wortlaut: Es wird ein Kampf werden, dich zu erobern.
Was für eine bodenlose Frechheit.
Nicht Quinlans Worte an sich, sondern die untrügliche Gewissheit, die zwischen den Zeilen zu lesen gewesen war, dass er dem Anwalt schon so gut wie gehörte. David hätte am liebsten geknurrt, so wütend war er. Er wollte nicht erobert werden. Von niemandem. Okay, von fast niemandem. Doch die Vorstellung, dass Shannon ihm jemals eine Nachricht wie diese hinterließ, war leider Utopie. Nur bedeutete das noch lange nicht, dass er seit Neuestem Freiwild für einen Anwalt aus Baltimore war. So ein arroganter Mistkerl.
Dominic packte seine Hand, als er wutentbrannt nach dem Schraubenschlüssel greifen wollte. »Entweder erzählst du mir, was dir derartig die Laune verhagelt war, oder ich nehme dich aus den Rennen für heute raus.«
David schnappte entrüstet nach Luft. »Das kannst du nicht machen.«
»Mir gehört das Team, schon vergessen? Ich kann und ich werde es tun, denn ich will verdammt sein, wenn ich dabei zusehe, wie du es Tom nachmachst und in die nächstbeste Mauer krachst, weil du abgelenkt bist. Dein Musikerfreund legt mich um, wenn ich nicht vernünftig auf dich aufpasse.« David zuckte zusammen, was Dominic natürlich nicht entging. »Ist er der Grund? Habt ihr euch gestern Nacht gestritten?«
»Nein«, murrte David und sah bedeutsam auf seine Hand. Dominic verstand seine unausgesprochene Forderung und ließ ihn los. »Shannon ist nicht der Grund«, sagte er und pfiff, woraufhin Minero, sein beigefarbener Golden Retriever, auf sie zugerannt kam.
Der Racker war groß geworden, was David wieder daran erinnerte, dass er Shannon unbedingt aktuelle Bilder schicken musste, immerhin hatte der ihm Minero letztes Weihnachten geschenkt. Aber das musste warten. Er leinte Minero an und deutete Dominic an, ihnen zu folgen, als er den Weg aus dem Hangar hinaus einschlug. Hier gab es einfach zu viele Ohren, die sie belauschen konnten und das behagte David nicht. Daher schwieg er, bis sie die stickige Halle verlassen und in die angenehm warme Mittagssonne getreten waren, ehe er seinem Freund von dem Vorfall mit Quinlan erzählte. Auch die unverschämte Nachricht brachte er zur Sprache, woraufhin Dominic ihn mit offenem Mund anstarrte, bevor er zu grinsen anfing.
»Findest du das etwa lustig?«, fuhr David ihn verärgert an. »Ich nicht. Was bildet sich der Kerl eigentlich ein? Ich bin doch kein brünftiger Hirsch, den er sich als Trophäe an die Wand nageln kann.«
Dominic lachte, was David fluchen ließ, und sein folgender Blick war offenbar drohend genug, dass Dominic ihn entschuldigend anlächelte. »Ich schätze, er ist an dir interessiert, und sofern auch nur die Hälfte von dem stimmt, was mir gestern Abend auf der Party über ihn zu Ohren gekommen ist, wirst du bis in die Antarktis türmen müssen, um Adrian Quinlan zu entkommen. Falls das reicht.« Und da war es David, der seinen Freund mit offenem Mund ansah, was Dominic zu einem süffisanten Grinsen verleitete. »Ja, du hast ganz richtig gehört. Der Kerl ist ein Jäger und offensichtlich will er dich haben.«
Wie schön für Mister Eisauge. »Ich will ihn aber nicht.«
Dominic schwieg eine Weile, um schließlich mit den Schultern zu zucken. »Warum eigentlich nicht? Ich meine, was hindert dich? Er sieht doch gut aus und gegen ein bisschen Spaß ist nichts einzuwenden, oder? Du bist schließlich Single.«
Aber nur, weil Shannon mich nicht liebt. David behielt den Gedanken für sich. »Nimm du ihn doch.«
»Sorry, falsches Geschlecht«, meinte Dominic amüsiert und wich seiner Faust mühelos aus. »Daneben ... Hör mal, wenn du echt kein Interesse hast, sag ihm das bei nächster Gelegenheit deutlich und damit dürfte dann Ruhe sein. Ich bezweifle, dass jemand wie Adrian Quinlan es nötig hat, sich einem anderen Mann aufzuzwingen. Ansonsten greif zu und genieß ein bisschen Sex.«
David verkniff sich jedes Wiederwort und löste stattdessen Mineros Leine, weil sie den Park erreicht hatten, der nicht weit von der Rennbahn entfernt lag und in den er mehrmals täglich ging, damit der Racker seinen benötigten Auslauf bekam. Minero sah ihn an, aber als David wortlos die Hand hob und nach vorne deutete, rannte er begeistert bellend davon. Damit war seine kurze Pause allerdings auch abgelaufen. Länger konnte er sich nicht vor einer Antwort drücken, und obwohl David es nicht wollte, musste er sich leider eingestehen, dass Dominic grundsätzlich recht hatte. Er war nun mal nicht vergeben und gegen ein bisschen Sex war kaum etwas zu sagen. Sein Herz sah das allerdings etwas anders.
»Danke, ich verzichte«, erklärte er ausweichend, was Dominic seufzen ließ. »Was?«, fragte er und war sofort wieder sauer.
»Du lehnst Quinlan aus den falschen Gründen ab.«
Dominic hätte genauso gut »Schlag dir Shannon aus dem Kopf.« sagen können, es wäre aufs Gleiche hinausgekommen. David verkniff sich den saftigen Fluch, der ihm gerade in der Kehle aufstieg. Er hatte das Thema satt. »Lass es!«
»David ...«
David schüttelte nur den Kopf und rief Minero zurück. Das würde dem zwar überhaupt nicht gefallen, aber er hatte von jetzt auf gleich genug von Dominics Gesellschaft, aber vor allem hatte er genug von den Belehrungen wegen Shannon. David wusste selbst, dass der ihn nicht liebte, nur konnte er seine Liebe für den Musiker deswegen nicht einfach in den nächsten Wandschrank hängen wie seine Bikerkluft. Wäre das so leicht, hätte er es längst getan, denn es war überhaupt nicht lustig, jemanden zu lieben und gleichzeitig zu wissen, dass diese Liebe niemals erwidert werden würde.
»Hör auf, Dom. Ich werde das Thema nicht schon wieder mit dir durchkauen und ...« Der Rest seines Satzes blieb David förmlich im Halse stecken, als er Minero um zwei hohe Büsche herumkommen sah, einen Ball im Maul, der eindeutig nicht ihm gehörte.
»Wo hat er denn den her?«, fragte Dominic und just in dem Augenblick tauchte Adrian Quinlan hinter den Büschen auf. »Wenn man vom Teufel spricht«, murmelte Dominic und tat unschuldig, als David ihn verärgert ansah. »Minero, du frecher Racker. Beklaust du schon wieder die Leute?«
Minero bellte, was Quinlan lachen ließ, während David innerlich zu kochen begann und sich umgehend darüber ärgerte. Warum regte ihn der Kerl eigentlich so auf und was wollte er schon wieder hier? Es gab ja wohl genügend andere Parks auf der Welt. Musste er sich unbedingt diesen aussuchen, um spazieren zu gehen, oder was auch immer ihn hergetrieben hatte. Wobei ihn das Gefühl beschlich, dass der Anwalt nicht aus purer Freude über die Schönheit des Parks hier war.
»Dominic Felcon, freut mich«, übernahm Dominic das Zepter, denn David würde den Teufel tun und Quinlan in die Hände spielen. Es war schon schlimm genug, dass Dominic offensichtlich beschlossen hatte, einen auf guter Freund zu machen, statt ihn vor Quinlans Avancen zu beschützen.
»Gleichfalls. Adrian Quinlan.« Sie schüttelten sich die Hände, bevor Adrian zu ihm sah. »Hallo, David.«
David verschränkte beide Arme vor der Brust und schwieg beleidigt, was Dominic und Quinlan gleichermaßen belustigte, ihren Gesichtsausdrücken nach zu urteilen, während die zwei sich kurz unterhielten und dabei mit Minero beschäftigten, der Quinlan zu mögen schien. War er denn nur noch von Verrätern umgeben?
Davids Laune sank endgültig in den Keller, als Dominic auf einmal beschloss, mit Minero zurück zum Hangar zu gehen, damit er und Quinlan ein bisschen reden konnten. So drückte Dominic es jedenfalls aus und David war so baff darüber, dass sein Freund ihm in den Rücken fiel, dass er bereits mit Quinlan allein war, als er sich von seiner Überraschung erholt hatte. Ein klarer Fall von geistiger Umnachtung, entschied David und machte abrupt kehrt, um Dominic zu folgen und ihn dafür anzuschreien, und natürlich auch, um von diesem Oberstaatsanwalt, Ex-Anwalt, oder was auch immer er war, wegzukommen. David kam keine drei Schritte weit, da hielt Quinlans Stimme ihn zurück.
»Bist du immer so unhöflich, oder kann ich mir etwas darauf einbilden?«
David fuhr wutentbrannt herum. »Du kannst gar nicht eingebildeter werden als du schon bist. Was sollte das mit dieser Nachricht an meiner Tür?« Das folgende Grinsen hätte er dem Anwalt am liebsten aus dem Gesicht geschlagen. »Verdammt, was willst du eigentlich von mir?«
Quinlan sah ihn an, als wäre er ein wenig begriffsstutzig. »Ist das nicht offensichtlich?«
Oh ja, noch offensichtlicher ging es nun wirklich nicht. Dieser unverschämte Anwalt wollte Sex und er wollte selbigen mit mit. »Ich habe kein Interesse und ich bin nicht käuflich.«
»Ich habe nicht vor, dich zu kaufen, Treylani. Das hatte ich noch nie nötig.«
Himmel, war der Kerl arrogant. »Wie schön für dich«, konterte David eisig und deutete hinter sich. »Dann geh zur Rennbahn und such dir jemanden aus, der interessiert ist. So wie du aussiehst, dürftest du keinerlei Schwierigkeiten dabei haben.«
Quinlan lachte leise. »Du findest mich also gut aussehend?«
David hätte sich am liebsten die Haare gerauft. Musste der Typ ihm alles so auslegen, wie es ihm in den Kram passte? Im nächsten Augenblick gab er sich die Antwort selbst. Natürlich musste Quinlan das tun, immerhin hatte er ein Ziel. Ihn. In seinem Bett. »Als ob du das nicht wüsstest. Das ändert dennoch nichts an der Tatsache, dass ich nicht an dir interessiert bin.«
»Dein Desinteresse steht dir mitten ins Gesicht geschrieben. Und zwar so deutlich, dass du aussiehst, als würdest du mich am liebsten anspringen. Nicht dass ich etwas dagegen hätte.« Quinlan grinste süffisant und David ballte vor Wut die Hände zu Fäusten. »Ich stehe allerdings nicht auf Schläge, du kannst deine Fäuste also getrost bei dir behalten.« Der Satz wurde so ruhig ausgesprochen, dass David sich gegen seinen Willen entspannte. »Das ist besser«, murmelte Quinlan und trat vorsichtig auf ihn zu. »Ich spiele gern, Treylani, aber nicht, solange du Angst vor mir hast. Ich kann warten.«
»Ich habe keine Angst vor dir«, schnappte er impulsiv und wusste umgehend, dass es ein Fehler gewesen und zudem eine Lüge war, denn da war etwas an Quinlan, das ihn über die Maßen nervös machte. Und so wie der Anwalt ihn daraufhin ansah, wurde David schnell klar, dass er längst durchschaut worden war. »Du kannst mich mal«, murmelte er und ärgerte sich mehr über sich selbst, als über Quinlan. »Wie ich bereits sagte, ich will nichts von dir, also ...«
David kam nicht dazu den Satz zu beenden, genauso wenig wie er eine Gelegenheit hatte, sich gegen Quinlan zur Wehr zu setzen, als der ihn plötzlich an den Schultern packte und nach hinten an einen Baumstamm drängte. Sein überraschtes »Hey.« wurde von einem weichen Lippenpaar verschluckt, und ehe er wusste wie ihm geschah, hörte David bereits sein eigenes Stöhnen und fühlte den Verrat seines Körpers, der sich gegen Quinlan drängte, als dessen rechte Hand unter seinen Pullover fuhr und über seine Rippengegend strich.
Aber so rasch, wie der Angriff gekommen war, war er auch wieder vorbei, und Adrian stand heftig atmend und unübersehbar erregt eine Armlänge von ihm entfernt. David starrte ihn einfach nur an, nicht in der Lage etwas zu sagen, geschweige denn das Prickeln auf seinen Lippen und die Enge in seiner Hose zu ignorieren. Verdammt noch mal. So viel dazu, dass er nicht interessiert war.
»Nicht hier, nicht jetzt«, murmelte Quinlan und schien über seine eigene Reaktion selbst überrascht zu sein. David räusperte sich, denn sein Mund war auf einmal ziemlich trocken. »Ich will dich, David Treylani, und du willst mich auch. Wir sehen uns wieder. Das hier war nur der Anfang.«
Mit diesen deutlichen Worten verschwand Quinlan von der Bildfläche, und wie schon letzte Nacht im Hangar, stand David auch heute Minuten später immer noch da und fragte sich, was das gerade eben gewesen war.
Zehn Tage später fragte er sich das immer noch und langsam war es wirklich lästig, da er einfach keine Antwort darauf fand. Diese Sache schlicht als gegenseitige Anziehung zu erklären, wäre zu einfach, obwohl es natürlich stimmte, aber David spürte tief in sich, dass da mehr war als nur die Tatsache, dass er seit Ewigkeiten keinen Sex gehabt und sein Körper deshalb so heftig auf Quinlan reagiert hatte.
Am liebsten hätte er diesen Kuss, der viel zu kurz gewesen war, um ihn richtig genießen zu können, in die hinterste Ecke seines Verstands geschoben und für immer vergessen. Nur war ihm die einfachste und definitiv beste Lösung nicht vergönnt. Stattdessen verbrachte David jede Sekunde damit, die er nicht mit den Rennen, Dominic oder Minero beschäftigt war, sich zu fragen, was an diesem Anwalt so besonders war, dass er immer noch dessen Lippen auf seinen eigenen fühlte. Seit Toms Tod hatte es niemanden mehr gegeben, nicht mal eine Affäre oder ein One-Night-Stand. Vielleicht sollte er es ja wirklich tun. Ein bisschen Sex schadete keinem, da hatte Dominic schon recht.
David seufzte leise. Es war vollkommen egal, ob Dominic recht hatte oder nicht, sein schlechtes Gewissen bezüglich Tom und Shannon würde ihm einen Strich durch die Rechnung machen, obwohl es unbegründet war. Tom war tot und Shannon erwiderte seine Liebe nicht, was hielt ihn also zurück? Mal abgesehen von der Tatsache, dass er Quinlan seit ihrem Kuss im Park nicht mehr gesehen hatte. Wo war der Kerl abgeblieben? David runzelte die Stirn, als er bemerkte, dass er sich ernsthaft darüber ärgerte, weil Adrian Quinlan ihn seit ihrem Aufbruch zur nächsten Rennbahn, also seit zehn Tagen, ignorierte.
»Du bist doch völlig bekloppt, Treylani«, murrte er zu sich selbst und hob dann den Kopf, um sich nach der Bar umzusehen, wobei sein Blick auf die Uhr fiel, die gleich über der Eingangstür an der Wand hing.
Er war sogar in zweifacher Hinsicht bekloppt, um es genau zu nehmen, sonst hätte er sich nicht von Dominic dazu überreden lassen, heute Abend auf diese After-Show-Party zu gehen und dort bis Mitternacht zu bleiben, was bedeutete, er musste sich hier noch mindestens eine halbe Stunde herumdrücken. Warum hatte er Dominic eigentlich nachgegeben? Diese Partys nach den Rennen waren jedes Mal sterbenslangweilig und am liebsten wäre David sofort geflüchtet. Allerdings war es in seinem Hotelzimmer auch nicht viel aufregender, womit die Frage geklärt wäre, warum er den Abend hier verbrachte, statt mit Minero, einer Großpackung Chips und etwas zu trinken, faul im Bett zu liegen und sich einen Film anzusehen.
Aber weil er es Dominic nun mal versprochen hatte, würde er diese halbe Stunde auch noch irgendwie überstehen. Dabei wusste er schon seit seinem Eintreffen hier nichts mit sich anzufangen. Für solche Veranstaltungen war er einfach nicht der Typ. David seufzte erneut. Wenigstens das Essen hatte ihm geschmeckt. Den Alkohol überließ er lieber den anderen Gästen, zumeist Sponsoren und reiche Schnösel, die meinten, es wäre ihr gutes Recht, dass er und einige andere Fahrer sich von ihnen begaffen und mit dummen Fragen nerven lassen mussten, denn vom Rennsport hatten nur wenige dieser Leute mehr als einen Funken Ahnung.
Wenn wenigstens Quinlan hier gewesen wäre. Ein schöner Streit mit diesem arroganten Anwalt hätte David für eine Weile beschäftigt, aber nicht einmal das war ihm heute vergönnt. David bahnte sich einen Weg durch die Menge, dabei jeden Blick und jedes interessierte Lächeln in seine Richtung ignorierend. Er musste wirklich den Verstand verloren haben, wenn er sich Mister Eisauge persönlich herbeiwünschte, um mit ihm streiten zu können. David hatte die Faxen dicke und sobald er Dominic erwischte, würde er ihn als Strafe hierfür erwürgen, das stand fest.
»Hi, David.«
Oh nein. Nicht Anthony Delongis. Der hatte ihm zu seinem Glück heute Abend noch gefehlt. David rang sich ein falsches Lächeln ab. »Hey, Tony.«
»Langweilst du dich genauso sehr wie ich?« Er musste unwillkürlich grinsen, was Anthony offenbar Antwort genug war, denn der lachte, bevor er ihm zuzwinkerte. »Ich fasse das jetzt mal als Zustimmung auf.«
Obwohl David den Fahrer aus einem der konkurrierenden Rennställe nicht leiden konnte, weil der genau wie Quinlan seit ihrem ersten Treffen hinter ihm her war, wie der Teufel hinter der armen Seele, blieb David freundlich. Vielleicht konnte Anthony ihn bis Mitternacht ablenken. Alles war besser, als weiter sinnlos herumzustehen und in schlechter Laune zu versinken, entschied David, und deutete zur Bar. »Lust auf etwas zu trinken? Bevor wir vor Langeweile tot umfallen.«
»Gerne«, nahm Anthony seine Einladung an und folgte ihm Richtung Bar. »Bist du weiter Abstinenzler?«
David nickte nur und orderte ein Glas Saft für sich. »Was möchtest du?«
»Whiskey Cola.«
Es dauerte nicht lange, bis sie mit Gläsern versorgt waren und Anthony zum Balkon zeigte. »Was hältst du von ein bisschen frischer Luft?«
»Gute Idee«, meinte David und folgte Anthony nach draußen, wo der sich, samt einem genießerischen Seufzen, mit dem Rücken gegen die brusthohe Steinbrüstung lehnte und ihn angrinste.
»Felcon hat dich überredet, oder? Sonst bist du nie auf den Partys zu finden.«
David zuckte die Schultern und trat neben Anthony, sein Glas auf der Brüstung abstellend. »Sie sind langweilig.«
»Ich weiß«, stimmte Anthony zu. »Andererseits bringen sie an gewissen Abenden auch Spaß. Heute zum Beispiel.«
Wenn das ein Flirtversuch war, war er nicht sonderlich originell für Anthony. Andererseits hatte David nicht viel Ahnung vom Flirten. »Sollte das ein Kompliment sein?«, fragte er, doch als sich statt einer Antwort einfach Anthonys Hand unter sein Hemd schob, war David doch mehr als nur etwas verblüfft. »Du gehst zu weit«, sagte er und packte Anthonys Hand, um sie zurückzuschieben.
»Ich mag es, dass du dich zierst«, murmelte Anthony und wandte sich ihm jetzt direkt zu. »Ich mag es sogar sehr.«
David hätte sich selbst am liebsten geohrfeigt. Wie dumm konnte man eigentlich sein? Er wusste doch, dass Anthony hinter ihm her war und er wusste auch darüber Bescheid, dass der vor einiger Zeit eine Anzeige wegen Belästigung kassiert hatte, die später wieder zurückgenommen worden war. Und anstatt sich fernzuhalten, war er das Risiko eingegangen und mit ihm nach draußen gegangen, nur weil er vor Langeweile beinahe gestorben war. Jetzt hatte er den Salat.
»Behalt deine Finger bei dir«, warnte er, als Anthony beide Hände in seine Richtung ausstreckte, was den nicht sehr beeindruckte und das verhieß für David nichts Gutes. Offensichtlich stimmten auch die anderen Gerüchte über Anthony Delongis und das könnte zu einem ernsthaften Problem werden, denn sie waren körperlich gleichstark und je heftiger er Anthony abwehrte, desto mehr Energie würde der aufwenden, um ihm auf die Pelle zu rücken. Laut der allgemeinen Gerüchteküche hatte Delongis ein Faible für Schläge.
»Und was, wenn ich das nicht tue?« Anthony trat auf ihn zu und David wich zurück, bis die Mauer des Hauses ihn abrupt stoppte, was Anthony umgehend ausnutzte, um sich mit den Händen links und rechts von ihm abzustützen, ehe er ihm zuraunte: »Du hast keine Vorstellung, was dir entgeht.«
Anthony klang dabei so hingerissen, dass David übel wurde. Er wollte nur noch weg von diesem Typen, der sich jetzt mit seinem Körper gegen ihn drängte und an ihm rieb. So eine verfluchte Scheiße. Warum sah drinnen niemand, was hier los war? So groß war dieser Balkon doch gar nicht.
»Wir hätten soviel Spaß zusammen, Treylani.«
David verkniff sich ein Schnauben, denn damit hätte er Anthony nur in die Hände gespielt. »Ich stehe nicht auf Masochisten.«
»Woher willst du das denn sicher wissen, wenn du es nicht ausprobierst?«
»Danke, ich verzichte. Und jetzt tritt auf der Stelle zurück, bevor ich mich vergesse!« David würde nur zuschlagen, wenn es gar nicht anders ging, aber Anthonys dreckiges Grinsen und dessen verschlagener Blick trieben ihm langsam aber sicher die pure Angst in jede Pore seiner Haut. David ballte die Hände zu Fäusten. Wenn Anthony nicht gleich aufhörte, ihn auf diese widerwärtige Weise zu belästigen, dann ...
»Nimm sofort die Finger von ihm, Delongis!«
Anthonys Kopf fuhr herum, während David vor lauter Erleichterung seufzte, als Adrian Quinlans eisige Stimme von der Balkontür her zu ihnen herüber drang. Er schaute zu dem Anwalt hinüber, froh über dessen Anwesenheit, und der drohende Blick vonseiten Quinlans auf Anthony sorgte prompt dafür, dass sich sein Herzschlag beruhigte. Jetzt war er in Sicherheit. Gott sei Dank.
»Ach, komm schon, Quinlan. Seit wann hast du denn etwas gegen ein bisschen Spaß zu zweit einzuwenden?«, tat Anthony die Situation als harmlos ab und David hätte sich am liebsten übergeben. Allerdings schien Quinlan das Ganze längst nicht so locker zu sehen.
»Ich bezweifle, dass David dich aus reinem Spaß abwehrt«, meinte der nämlich im nächsten Augenblick kalt und sah Anthony warnend an. »Ich sage es nicht noch mal. Tritt zurück, Delongis! Nur weil du auf Schläge abfährst, bedeutet das noch lange nicht, dass er es ebenfalls tut.«
Anthony lachte, zuckte dann aber mit den Schultern und trat ein paar Schritte zurück, was David ungemein beruhigte bis ... »Er ziert sich doch bloß. Hat er vor seinem Daddy früher auch gemacht. Nicht wahr, David?«
Was, zum Teufel ...?
David wurde aschfahl und das hinterhältige Grinsen in Anthonys Gesicht gab ihm dann den Rest. Er schlug zu, bevor er sich zurückhalten konnte, und Anthony ging mit einem Stöhnen zu Boden. So ein mieser Scheißkerl. Woher wusste dieses Schwein, dass er als Kind von seinem Vater …? David verbot sich energisch, diesen Gedanken weiterzuführen. Er würde Delongis nicht noch mehr in die Hände spielen, eher würde er sie sich abhacken.
»Verschwinde!«, befahl er eisig und Anthony, der sich die Nase hielt, warf ihm einen so verärgerten Blick zu, dass David, wäre er nicht derart sauer gewesen, eine Gänsehaut bekommen hätte. So aber verschaffte ihm Anthonys Blick nur Genugtuung und die hatte er sich redlich verdient.
»Du hast ihn gehört. Verschwinde, Delongis! Und zwar sofort!«, befahl dann auch Adrian und warf dem Rennfahrer dabei einen dermaßen drohenden Blick zu, dass David froh war, nicht das Ziel von dessen Zorn zu sein. »Und wag es ja nicht, ihm noch einmal zu nahe zu kommen.«
Das Sonst was? schien Anthony förmlich auf den Lippen zu liegen, aber dann trat Quinlan auf den Balkon und er sprach es nicht aus, sondern erhob sich und machte ohne weiteres Wort kehrt, um ihn mit Quinlan alleinzulassen, der langsam auf ihn zutrat und ihn dabei forschend ansah. David konnte sich mit Mühe und Not davon abhalten, auf den Steinboden zu sinken, so heftig zitterten ihm auf einmal die Knie, aber seine aufsteigenden Tränen konnte er nicht vor Quinlan verbergen und das war endgültig der Gipfel dieses verkorksten Abends. Er musste hier weg, bevor er endgültig die Fassung verlor.
David kam keinen Schritt weit, da Quinlan sich ihm sofort in den Weg stellte. »Hau ab, Quinlan!«
»Mein Name ist Adrian.«
Das wusste er und trotzdem war es ihm gerade vollkommen egal. David war hin und hergerissen zwischen Lachen, Toben oder Weinen. Davon ließ sich Quinlan, Pardon Adrian, aber nicht abschrecken, sondern überbrückte den letzten Rest Abstand zwischen ihnen. Gerade rechtzeitig, um ihn aufzufangen, weil er sonst wirklich noch auf dem Boden gelandet wäre. David schämte sich so sehr für seine Schwäche, während er gleichzeitig Adrians tröstende Umarmung zuließ, sich aber jeden Versuch sparte, seine angeknackste Fassade irgendwie erklären zu wollen. Er hätte es ohnehin nicht gekonnt.
»Wie lange hat dein Vater dich geschlagen?«, fragte Adrian, als er sich soweit beruhigt hatte, dass er wieder normal atmen konnte.
David schloss gequält die Augen. »Bis ich zurückschlagen konnte.«
»Verdammt«, murmelte Adrian und begann, ihm beruhigend durchs Haar zu streicheln. David beschlich das Gefühl, dass dieser ihn sonst so nervende Anwalt das nicht zum ersten Mal für jemanden tat. »Ich bin gerade erst angekommen, sonst hätte ich dich nicht mit ihm hier rausgehen lassen. Delongis ist gefährlich, Trey.«
Trey? War das von seinem Nachnamen abgeleitet? Wie kam Adrian denn jetzt darauf? David fragte nicht nach. »Ich hatte einige Gerüchte über ihn gehört.«
»Und nicht viel darauf gegeben, hm?« Der Tadel in Adrians Stimme war nicht zu überhören. »Jedenfalls nicht genug.«
»Nein«, gab David zu. »Mein Fehler.«
»Versprich mir, dass du dich ab jetzt von ihm fernhältst. Er will dich haben, Trey, doch im Gegensatz zu mir, bedeutet diesem Mann ein Nein rein gar nichts.«
Das war David mittlerweile auch bewusst. »Stimmt das mit der Anzeige wegen Belästigung?«
»Ja. Er hat Schweigegeld bezahlt und wir konnten ihn nicht dafür anklagen«, erzählte Adrian leise und David vergrub sein Gesicht an dessen Schulter, als ihm klar wurde, wie knapp er an einer Katastrophe vorbeigeschrammt war.
»Kannst du das bitte für dich behalten?«, bat er.
»Wegen Felcon?« David antwortete nicht und Adrian schob ihn ein Stück von sich, dass sie sich in die Augen sehen konnten. »Das gefällt mir nicht, aber für dich tue ich es.«
»Danke.« Mehr fiel ihm nicht ein.
Adrian schmunzelte. »Dank mir lieber nicht zu früh, Trey. Geh mit mir aus.«
Wieso wunderte ihn nicht einmal, dass Adrian die Gelegenheit für sich zu nutzen versuchte? David schüttelte den Kopf. »Das halte ich für keine gute Idee.«
Adrian war sichtlich amüsiert. »Tu es trotzdem. Ich bin sogar bereit, dir entgegenzukommen. Du bestimmst die Zeit und auch den Ort.«
»Wie wäre es nächstes Jahrhundert?«, fragte David prompt und wurde dafür ausgelacht. »Hey, ich meine es ernst.« Adrian grinste ihn an. »Du wirst nicht aufgeben, oder?«
»Nein.«
Er hatte nichts anderes erwartet. »Dräng mich nicht, Quinlan«, verlangte er und löste sich von Adrian, als ihm plötzlich auffiel, dass sie immer noch dicht beieinander auf dem Balkon standen, was ihm eindeutig gefiel, so wohl, wie er sich im Moment fühlte, und das war nicht gut.
»Das kann ich dir nicht versprechen.« Adrian griff nach seiner Hand, um ihn neben sich her zur Brüstung zu ziehen. Er schwieg, bis sie nebeneinander mit den Ellbogen auf dem kühlen Stein lehnten. »Geh mit mir aus, Trey. Und bring ruhig Minero mit. Ich mag ihn.«
»Einfach so?«, fragte David, weil er dem Braten irgendwie nicht traute.
»Einfach so«, antwortete Adrian und sah ihn an. »Ganz unverbindlich, wenn du es so nennen willst.«
Dem gab es nichts mehr hinzuzufügen. »Wir sind in einer Woche in Baltimore, aber ich vermute mal, dass du das bereits weißt.« Adrian nickte nur. »Samstagabend, nach meinem letzten Rennen. Hol mich eine Stunde später im Motel ab und lass den Anzug im Schrank.«
»Ich werde da sein.«
David sagte Adrian nicht, in welchem Motel Dominic und er für das Wochenende absteigen würden und der fragte nicht danach, was ihn innerlich grinsen ließ, obwohl er sich gleichzeitig fragte, ob er das nicht wenigstens etwas unheimlich finden sollte. Dieser sturköpfige Anwalt, der außer seinen dreiteiligen Maßanzügen, die ihm auch noch unverschämt gut standen, offenbar keine normale Kleidung besaß, machte auf David den Eindruck, einfach alles herausfinden zu können. Und obwohl er das Gegenteil erwartet hatte, störte es ihn nicht einmal. War das nun gut oder schlecht?
»Warum habe ich gerade das Gefühl, dass Anthony nicht so gefährlich ist wie du?«
Statt einer Antwort lächelte Adrian ihn an, woraufhin sein Herz auf der Stelle ein wenig schneller schlug. Oha. David beschloss, dass es sicherer für ihn war, das Ganze als Einbildung abzutun und verfluchte sich im nächsten Augenblick, als ihm bewusst wurde, dass ihn Adrians umwerfendes Lächeln bis in seine Träume verfolgen würde.
Na super.
2. Kapitel
Da gondelte er beruflich schon ständig in der Weltgeschichte herum und sah trotzdem nichts. Jedenfalls nicht viel.
David gähnte wiederholt, während er nebenher seine Reisetasche auszuräumen begann, denn letzte Nacht war er nicht mehr dazu gekommen. Dank eines Staus auf dem Highway, weil ein übermüdeter Lastwagenfahrer am Steuer eingeschlafen und in einen vollbesetzten Reisebus gekracht war, hatten sie nach dem Einchecken im Motel gerade noch genug Zeit gehabt, um zur Rennbahn zu kommen, als auch schon das erste Rennen gestartet war. Und heute war er auch nur von einem Rennen zum nächsten gehetzt, da zwei ihrer Stammmechaniker krank waren, Dominic sich heute früh beim Ausladen einer Ersatzmaschine einen Finger verdreht hatte und er selbst dann auch noch Anthony in die Arme gelaufen war. Sehr zur Freude ihres Teams, denn seine Laune war den restlichen Tag über jenseits von Gut und Böse gewesen, bis Dominic ihn ins Motel zurück befohlen hatte, weil er sich ausschlafen sollte. Sogar Minero hatte Dominic bei sich behalten.
Eine Frechheit, fand David, denn schlafen würde er sowieso nicht können, so sauer wie er war. Mit Minero hätte er eine Runde spazieren oder joggen gehen können, um sich abzureagieren. Stattdessen saß er hier fest, hatte Hunger und bereits seit Stunden das Gefühl, irgendetwas Wichtiges vergessen zu haben. Ihm wollte nur nicht einfallen, was das sein konnte. Er saß in Baltimore in einem sterbenslangweiligen Motel fest, die Rennen waren für heute beendet, eine dieser öden Partys stand auch nicht an und Dominic würde ihn den Rest der Nacht mit Sicherheit nicht stören. Was also hatte er vergessen?
Ein energisches Klopfen riss ihn aus den fruchtlosen Grübeleien und David starrte verärgert auf das helle Holz der Tür. Wer auch immer dahinter stand, hatte hoffentlich einen guten Grund bei ihm aufzutauchen. »Was ist?«
»Ich hoffe, ich bin nicht der Grund für deine miese Laune.«
David blinzelte verdutzt. Die Stimme kannte er. Oh Scheiße. Das hatte er vergessen. David stöhnte genervt, schob seine Reisetasche beiseite und lief zur Tür, um Adrian zu öffnen, der im Gang stand und ihn amüsiert anblickte. »Nein, du bist nicht der Grund für meine schlechte Laune. Komm rein.«
Er wollte sich schon abwenden, als ihm Adrians Kleidung auffiel. Eine schwarze Cargohose, die so eng saß, dass er nicht viel Fantasie brauchte, um sich vorzustellen, wie Adrian ohne diese Hose aussehen würde. Dazu trug der Anwalt einen dunkelroten Fleecepullover und darüber einen knielangen schwarzen Mantel, und schwarze, edel aussehende Halbschuhe. Adrian sah in diesen Sachen komplett anders aus, als er ihn noch von letzter Woche in Erinnerung hatte. Nicht schlechter, im Gegenteil. Eher so richtig zum anbeißen.
David verkniff sich das Wow, das ihm schon auf den Lippen lag, als ihm Adrians wissender Blick auffiel. »Bilde dir ja nichts darauf ein, Quinlan«, murmelte er peinlich berührt und wandte sich ab.
»Wie käme ich dazu?«, konterte der trocken und folgte ihm nach drinnen. »Wo ist Minero?«
»Bei Dom, dem Verräter«, murrte David, bevor er sich zurückhalten konnte, was ihn erneut fluchen ließ.
»Aha«, meinte Adrian und trat an ihm vorbei, um sich auf das Bett zu setzen, wo er sich mit beiden Händen nach hinten abstützte und ihn interessiert ansah. »Was ist passiert?«
»Ein Scheißtag, das ist passiert«, antwortete David wütend und überlegte, wie er die Verabredung mit Adrian am elegantesten verschieben konnte, denn mit seiner miesen Laune wollte er weder aus dem Zimmer raus, noch mit Adrian durch die Nacht ziehen. Eigentlich wollte er ... David schnaubte, als ihm klar wurde, dass er keine Ahnung hatte, was er wollte und das ärgerte ihn dann noch zusätzlich. »Können wir unsere Verabredung verschieben?«
Adrian grinste. »Nein.«
»Nein?«, fragte David verdattert und bekam ein Kopfschütteln als Antwort. »Warum nicht?«
Adrian schmunzelte. »Mit deiner Laune lasse ich dich hier nicht die ganze Nacht brüten. Außerdem habe ich Hunger und will mit dir zu meinem Lieblingsitaliener am Ende der Stadt. Danach gehen wir in eine Bar und zum Schluss noch eine Runde spazieren. Also zieh dich um, damit wir los können.«
Wurde er jetzt schon nicht mal mehr gefragt, ob er überhaupt dazu Lust hatte? »Aber ...«
»Wir können meine Planung für einen gemütlichen Abend natürlich ausfallen lassen und hier bleiben.« Adrian wippte ein paar Mal auf dem Bett auf und ab. »Eine sehr bequeme Matratze, würde ich sagen.« David konnte nicht verhindern, dass er rot wurde, was Adrian grinsen ließ. »Du entscheidest, Trey.«
Arroganter Mistkerl. Als ob es da noch etwas zu entscheiden gab. David seufzte lautlos und wandte sich ab, um ins Bad zu gehen. »In fünfzehn Minuten können wir los.«
»Ich warte hier«, rief Adrian ihm amüsiert nach und lachte, als David, entgegen seiner sonst üblichen Art, lieber die Badezimmertür abschloss.
Um sie wenig später verlegen zu entriegeln, nachdem ihm aufgefallen war, dass er sich keine frische Kleidung mitgenommen hatte, was weiteres Gelächter von Adrian zur Folge hatte, bis David sich aus purem Trotz für ein durchsichtiges, weißes Langarmshirt entschied und passend dazu seine dunkelblaue Hüfthose aus der Reisetasche kramte. Er lachte in sich hinein, als Adrian die Sachen, wie von ihm erhofft, äußerst kritisch beäugte. Schade, dass das Wetter es nicht länger zuließ, abends ohne Jacke auf der Straße unterwegs zu sein. Er würde also seinen Mantel überziehen müssen, sofern ihm wieder einfiel, wo er das Ding hin geräumt hatte.
»Dir ist bewusst, dass man durch dieses Shirt sehen kann, wenn ...« Adrian brach ab, als er ihn süffisant angrinste. »Das kriegst du wieder.«
»Wie du mir, so ich dir, sagt dir das was, Quinlan?«, fragte David und beeilte sich ins Badezimmer zu kommen, denn auch wenn er Adrians Schnauben kaum hörte, war ihm klar, dass er sein Ziel, den Anwalt außer Konzept zu bringen, erreicht hatte.
Ja, man konnte durch dieses Shirt mehr als nur seine Brustwarzen sehen, was auch mit ein Grund war, wieso Tom ihn an den Abenden, an denen er es getragen hatte, nie weiter als auf Sichtweite aus den Augen gelassen hatte. Mal sehen, ob Adrian genauso besitzergreifend war, und irgendwie hatte David daran nicht den geringsten Zweifel.
Die Pizzeria entpuppte sich als klein und sehr gemütlich.
Adrian hatte einen Tisch bestellt und er kannte scheinbar auch den Besitzer, denn die Männer tauschten eine herzliche Begrüßung in fließendem Italienisch aus, bevor Adrian ihm zuerst aus dem Mantel half, den er nach zehnminütiger Sucherei schließlich in der kleinen Küche des Motelzimmers wiedergefunden hatte, und am Tisch dann sogar den Stuhl für ihn zurückzog. David war einen Moment lang irritiert, lächelte Adrian dann aber zu und setzte sich. Kurz darauf standen eine Flasche Wein und Gläser auf dem Tisch, und David hielt gerade rechtzeitig seine Hand über das Glas, als die Bedienung es für ihn füllen wollte.
»Für mich bitte ein Wasser. Ich trinke nicht«, bat er und die junge Frau machte mit einem Lächeln und einem Nicken kehrt, um ihm das Gewünschte zu holen. »Du sprichst italienisch?«
Adrian nickte. »Sprachen sind ein Hobby von mir.«
»Welche sprichst du noch?«
»Spanisch, japanisch und russisch.«
David war ehrlich beeindruckt. »Wow. Mit Fremdsprachen habe ich mich nie näher beschäftigt.«
»Sondern?«, fragte Adrian nach, was ihn lächeln ließ.
»Kunst. Wenn ich keine Rennen fahre, ist Kunst meine Welt und mein Hobby. Aber im Moment komme ich nicht dazu.«
Adrian beließ es bei einem Nicken. »Trinkst du nur selten oder gar nicht?«
Die Bedienung kam zurück an ihren Tisch und David wartete, bis sie ihm ein Wasser hingestellt und das zweite Weinglas wieder an sich genommen hatte, während er gleichzeitig einen Blick in die Karte warf und überlegte, was er auf Adrians Frage antworten sollte. Am Ende entschied er sich für die Wahrheit. Wahrscheinlich wusste Adrian es ohnehin schon.
»Mein letzter Abend mit Alkohol hat mich fast ins Grab gebracht, seither verzichte ich darauf.«
Adrian fragte nicht nach, was entweder bedeutete, er wusste Bescheid oder aber, er war höflich genug, um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, so wie andere Menschen es ziemlich oft taten, wenn sie neugierig waren. Rücksicht war nicht alltäglich für ihn und David wusste nicht, wie er reagieren sollte. Abgesehen davon wusste er nicht mal, ob Adrian wirklich nur rücksichtsvoll war oder seinen Lebenslauf auswendig kannte. Eine Möglichkeit, die er zwar einkalkuliert hatte, die ihn jetzt aber irgendwie befangen machte. Er musste es genau wissen.
»Bist du einfach nur zu höflich, um nicht danach zu fragen, oder weißt du längst, was passiert ist?«
»Ich hätte nicht danach gefragt, wenn ich es wüsste.« Adrian trank einen Schluck Wein, bevor er weitersprach. »Ich glaube, ich sollte etwas klarstellen, ehe wir weiterreden. Es ist richtig, ich habe mich nach dir erkundigt, nachdem du mir auf der Rennbahn aufgefallen bist. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich nun jede Einzelheit aus deinem Leben kenne. Ich kennen deinen Namen, weiß, wo du herkommst und ich habe eine Menge Gerüchte gehört, die deine Person betreffen. Aber das hast du umgekehrt mit Sicherheit auch. Also? Gibst du mir eine Chance, dich näher kennenzulernen, oder muss ich wirklich auf ein Blatt Papier zurückgreifen, auf dem am oberen Rand gedruckt was Wort Lebenslauf steht?
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ISBN: 978-3-7393-1039-8