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Das "Glück" hat sich einfach mal kurzerhand aufgemacht, und sich auf eine kleine Rundreise begeben. Zwar hatte es bei der Wahl seines Outfits jetzt nicht unbedingt so ein glückliches Händchen – weil schick ist anders – denn die Kleider waren fadenscheinig wie das Glück selbst. Als Altersklasse hatte es sich für Ende sechzig entschieden. Dass - so schien es ihm - würde auf die Menschen keinen sehr furchterregenden Eindruck machen. Was sollte auch ein älterer Mann schon großartiges im Schilde führen. Unterwegs, so dachte es sich, würde es immer mal wieder an willkürlich ausgesuchte Türen klopfen, und anfragen ob man ihm eine Schlafstatt zur Verfügung stellen würde. So könnte es die Reisekosten reduzieren. Je nachdem wie freundlich die Menschen wären, könnte man unter Umständen sogar eine Weile länger bleiben. Man würde sehen. Jedenfalls würde es die Türen an die es klopfen wollte, ganz danach wählen wie ihm gerade der Sinn stand, und nicht danach gehen wie groß das Haus oder die Wohnung ist, und ob sich überhaupt Platz darin finden ließe. Eine spannende Reise würde das werden. Aber was soll`s. Im Reisebüro buchen kann schließlich jeder.
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Seitenzahl: 170
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Lele Frank
Guten Tag, ich bin das Glück, darf ich reinkommen?
Buch 7
Das Buch
Das „Glück“ hat sich einfach mal kurzerhand aufgemacht, und sich auf eine kleine Rundreise begeben. Zwar hatte es bei der Wahl seines Outfits jetzt nicht unbedingt so ein glückliches Händchen – weil schick ist anders – denn die Kleider waren fadenscheinig wie das Glück selbst. Als Altersklasse hatte es sich für Ende sechzig entschieden. Dass - so schien es ihm - würde auf die Menschen keinen sehr furchterregenden Eindruck machen. Was sollte auch ein älterer Mann schon großartiges im Schilde führen. Unterwegs, so dachte es sich, würde es immer mal wieder an willkürlich ausgesuchte Türen klopfen, und anfragen ob man ihm eine Schlafstatt zur Verfügung stellen würde. So könnte es die Reisekosten reduzieren. Je nachdem wie freundlich die Menschen wären, könnte man unter Umständen sogar eine Weile länger bleiben. Man würde sehen. Jedenfalls würde es die Türen an die es klopfen wollte, ganz danach wählen wie ihm gerade der Sinn stand, und nicht danach gehen wie groß das Haus oder die Wohnung ist, und ob sich überhaupt Platz darin finden ließe. Eine spannende Reise würde das werden. Aber was soll`s. Im Reisebüro buchen kann schließlich jeder.
Guten Tag, ich bin das Glück, darf ich reinkommen?
Das Glück macht Hausbesuche.
Lele Frank
Impressum
© 2015 Lele Frank
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
ISBN 978-3-7375-3432-1
Printed in Germany
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Blicken Herz „und“Verstand in die gleiche Richtung, dann ist es möglich …, das Glück.
Unbekannte Quelle
Klischeehausen.„Klaus-Dieter, Kaus-Dieter, Klaus-Dieter …, komm` doch mal schnell. Sieh doch mal wer hier an unsere Tür klopft und um Einlass bittet. Nun komm` schon. Beeil dich“, rief Rita ganz aufgeregt die abgenutzte Holztreppe hinauf. Oben am Treppenabsatz erschien Ritas Mann, und blickte mürrisch über den Rand seiner Lesebrille zu ihr hinab. „Mh …“, brummte er nur, und zuckte desinteressiert mit den Schultern. Ohne sich zu einem Kommentar durchringen zu können, schlurfte er wieder zurück in sein Arbeitszimmer. „Na hoffentlich macht es keinen Dreck, dieses Herr Glück. Oder frisst uns mit einem gesegneten Appetit am Ende noch den Kühlschrank leer. Das fehlt gerade noch, wo ich doch schon sowieso hier alles bezahlen muss. Unverschämtheit zu so später Stunde einfach so zu klingeln, und um einen Schlafplatz zu bitten, wir kennen uns doch gar nicht. Unverschämtheit. Außerdem habe ich mich seit Jahren schon so gut an meine Unzufriedenheit gewöhnt, da möchte ich mich jetzt nicht so plötzlich mit Glück herumschlagen müssen. Was soll das überhaupt? Und die „Alte“ lässt es natürlich rein. Das war doch klar“, dachte Klaus-Dieter missmutig. Dann setzte er sich wieder an seinen Computer und tat so, als sei nichts gewesen. Gott sei Dank hatte er sein langweiliges Abendbrot schon verputzt, und musste nicht mehr nach unten gehen. So brauchte er dem Glück wenigstens nicht auch noch die Hand zu schütteln. Weiß der Geier wie vielen Menschen es schon die Hand geschüttelt hatte. Am Ende würde man sich noch irgendwelche Bakterien einfangen. Nee, nee. Er würde nachher ins Bett gehen, und morgenfrüh - wie immer dienstags - zeitig das Haus verlassen, und nach Berlin fliegen um dort zu arbeiten. Wenn er am Freitag zurückkommen würde, dann wäre der ungebetene Gast ja wohl hoffentlich wieder von der Bildfläche verschwunden. Das seine Frau mit ihm ein Verhältnis anfangen würde, brauchte er eher nicht zu fürchten, denn dafür war es viel zu alt …, das Glück. Und ein bisschen abgerissen sah es auch aus …, das Glück. Klar, löste das Glück bei ihr Begehrlichkeiten aus, aber im Grunde war es ihm auch egal. Sollte sie doch machen was sie will, es interessierte ihn sowieso nicht wirklich. Hauptsache sie wäre noch da wenn er am Freitag kommt, und hätte was Anständiges gekocht, und würde sich um die Wäsche kümmern. Nur hoffentlich lässt sie sich von „ihm“ keine Flausen in den Kopf setzten, und stellt dann plötzlich so schräge Ansprüche wie: miteinander reden, etwas zusammen unternehmen, Freunde einladen, verreisen oder …, igitt, sich am Ende auch noch berühren und so ein Quatsch alles. Klaus-Dieter schüttelte sich kurz, als wäre er angeekelt, dann war der Vorfall so gut wie
vergessen. Unten in der lieblos eingerichteten Diele schüttelte derweil Rita kräftig die Hand vom Glück. Sie wollte es wohl gar nicht mehr loslassen, so schien es. Euphorisch lächelte sie es – den Herrn Glück - entrückt an, und musterte es mit feurigen Augen. Sie hatte es noch nie gesehen, da durfte man sich kein Detail entgehen lassen. Rita bat das Glück doch bitte die Schuhe auszuziehen, denn sie hätte gerade heute Mittag alles frisch gewischt, und wollte sich jetzt nicht schon wieder Arbeit aufhalsen. Höflich – fast demütig – bat sie das Glück mit ihr in die Küche zu kommen, hielt immer noch die Hand fest umschlungen, und zerrte es wie ein Kind hinter sich her. Erst in der Küche angekommen, ließ sie die Hand des Glückes zögernd wieder los. „Setzen sie sich doch bitte hierhin …, direkt am Heizkörper, dort ist es schön warm. Ich bereite ihnen schnell ein kleines Abendbrot, sie sind doch sicherlich hungrig, oder?“ –„Ja, sehr hungrig bin ich“, antwortete das Glück. „Und ob ich bitte auch etwas zu trinken haben könnte, mein Mund ist vollkommen ausgetrocknet. Ich habe mir heute die Lippen fast flusig geredet, und das bei der Kälte da draußen und überall.“ –„Ich habe leider nichts Besonderes für sie übrig“, sagte Rita traurig. „Nur so das ganz übliche eben. Brot, Aufschnitt, Käse, ein paar Gürkchen. Das was es eben immer bei uns gibt.“ –„Nun, wenn ich bei ihnen ein paar Tage bleiben dürfte, dann könnten wir ja zusammen einmal zum Einkaufen gehen, oder?“ –„Oh, das wäre sehr schön. Wir haben im Keller einen Raum zu einem Gästezimmer ausgebaut, dort können sie schlafen. Leider haben wir für ungebet …, äh, ich meine unverhoffte Gäste oben im Zimmer nichts vorbereitet. Die Betten sind so gut wie nie frisch bezogen. Aber bleiben können sie leider nur bis Freitag, denn dann kommt mein Mann wieder von der Arbeit nach Hause. Er hat es nicht gerne wenn sich etwas verändert, oder er gar gestört wird, verstehen sie?“ Das Glück nickte verständnisvoll und sagte: „klar, das kenne ich schon, und es geht in Ordnung. Freitag bin ich wieder weg.“ Rita hantierte mit geübten Griffen in ihrer alten, aus den Achtziger Jahren Küche herum, und drehte sich währenddessen immer wieder zu dem Glück um. „Unglaublich“, dachte sie. „Dass ich noch mit über fünfzig Jahren das Glück zu Gesicht bekomme …, wer hätte das gedacht.“ Das Glück trank gierig ein paar Schlucke aus der Bierflasche die Rita ihm hingestellt hatte. In der Eile hatte sie wohl das Glas vergessen. Oder trank man in diesem Haushalt aus der Flasche? Nee, das konnte nicht sein. Bestimmt hatte sie es vergessen. Interessiert sah das Glück sich in der Wohnung um, und stellte fest, dass es sich bei der Einrichtung vorwiegend um älteres Mobiliar handelte. Bei der Anordnung der Möbel hatte sich auch niemand großartig Gedanken gemacht, sie standen einfach so wie es am praktischsten erschien. Ein bisschen herz- und fantasielos. Auch die Farben waren allesamt unauffällig und eher so wie man es in Haushalten von alten Menschen kannte. Nichts Unnötiges oder Verspieltes stand umher, alles war pflegeleicht und rationell. Bis auf einen unverschämt großen Fernsehapparat war alles alt und abgewohnt. Aber Stopp! Die Über-gardienen waren neu. Unverkennbar selbst genäht. Rita schmierte Butter auf die Brote, und belegte sie mit Wurst und Käse. „Das hätte ich auch genauso gut selber machen können“, dachte das Glück. Was sollte das? Es hatte doch Hände und Arme. „Na gut“, dachte das Glück. „Soll sie ruhig machen. Sie kennt es wohl nicht besser.“ Das Glück betrachtete Rita, die sich auffallend oft nach ihm umsah, und stellte fest, dass Rita gut in die Optik des Hauses passte. Ein braves beigefarbenes Twinset, eine braune Leinenhose, sehr, sehr flache Schühchen die offenbar nur für zu Hause gedacht waren, das dunkle Haar zu einem braven Bopp gestutzt, und eine artige Brille die ihr vermutlich einen intellektuellen Touch verleihen sollte. Bis auf den Ehering war sie voll-kommen schmucklos, und ein kostbares Parfüm war auch nicht zu erschnuppern. Dabei war doch eigentlich für all die schönen Dinge im Leben – mit denen man sein Herz erfreuen konnte – genug Geld vorhanden. Glück wusste Bescheid. Immerhin bekam es alle Informationen aus erster Hand. „ Haben sie Kinder?“, fragte das Glück ganz scheinheilig. „Ja“, sagte Rita mit stolz geschwellter Brust. „Es sind zwei Buben. Sie studieren beide schon, und werden beide – sie betonte dieses „beide“ ganz besonders – in die Fußstapfen ihres Vaters treten um eines Tages die Firma zu übernehmen.“ –„Ach so“, sagte das Glück. „Sie haben also eine Firma in Berlin?“ –„Nein …, nein nicht in Berlin. Die Firma ist hier in der Stadt. Mein Mann arbeitet nur deshalb in Berlin, weil es sein Herzenswunsch war dort zu lehren. Wozu sonst hat er all die klangvollen Titel vor seinem Namen, wenn er sein Wissen dann nicht weitergeben könnte?“ –„Ja. Da mögen sie sicherlich recht haben“, sagte das Glück, und griff hungrig zu. Der Teller war ebenso fantasielos hergerichtet wie die Einrichtung. Sogar die Gürkchen standen im Glas neben dem Teller. Man hätte sie auch zur Dekoration der Brote verwenden können, aber das war hier wohl nicht üblich. Außerdem hatte Rita ihm keine Serviette hingelegt. Er würde seine fettigen Finger an seiner ohnehin schon lädierten Hose abwischen müssen. Rita schnappte sich eine Flasche Bier und ihre Zigaretten. Sie setzte sich vor das Glück um es beim Essen zu beobachten. Jede Faser seiner Oberfläche scannte sie ab, damit ihr ja nichts entging. Dabei lächelte sie es immer wieder ziemlich bescheuert an. „Wo kommen sie denn eigentlich jetzt gerade her“, wollte Rita neugierig wissen. „Gütiger Gott“, sagte das Glück mit vollem Mund. „Ich komme gerade aus dem schwäbischen Wald. Dort habe ich einen Zimmermann besucht, der in zweiter Ehe verheiratet ist. Aber ich kann ihnen sagen: das ist ein ganz spezieller Fall. Der arme Mann ist derart mit Blindheit geschlagen, dass ich ihn am liebsten in sein eigenes Holzgatter geworfen- ihn verwurstet- und anschließend einen neuen Menschen daraus geformt hätte. Hopfen und Malz ist da verloren. Es sieht so aus als müsste ich ihn auf die unterste Sprosse der Glücksleiter hinab schicken, damit er wieder lernt nach oben zu sehen. Immerzu glotzt er von oben nach unten, sieht aber nix. Rein gar nix. Doch wenn ich es mir genau überlege, dann wäre er als Freund für ihren Mann nicht schlecht geeignet. Diese beiden Männer hätten sich viel „nichts“ zu erzählen. Würde gut passen. Wirklich. Muss ich mir mal durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht kann man sie zusammenbringen.“ –„Ach was Herr Glück. Das wird nicht nötig sein, denn mein Mann hat für derlei Ablenkungen keine Zeit. Es ist wirklich lieb von ihnen gemeint, aber es wäre vergebene Liebesmüh …, glauben sie mir. Es ist mir bis heute selbst nicht gelungen mit meinem Mann Freundschaft zu schließen, er hört ja nie wirklich zu.“ Rita schüttelte überzeugt mit dem Kopf, und dachte: „Ideen hat das Glück …, nicht wirklich zu fassen, oder?“ Erneut schüttelte sie mit dem Kopf, weil ihr gerade einfiel wie es im vorletzten Jahr in Italien gewesen war. Ihr Mann hatte darauf bestanden dass die beiden Buben sie begleiteten, obwohl beide schon volljährig waren, und viel lieber die Urlaubszeit mit Freunden verbrachte hätten. Aber er war streng darauf bedacht nach außen hin das Bild der perfekten Familie abzugeben. Nicht nur für die Nachbarschaft, ach woher. Nein. Auch für Leute die man gar nicht kannte. Natürlich wollte er seinen Kindern auch seine Fürsorge demonstrieren, und dass er ein guter Vater ist. Aber so richtig war er nicht bei der Sache. Gut, sie verstand es, dass ihm so einiges durch den Kopf ging, und er nicht richtig abschalten konnte. Jetzt wollte sie auch nicht ungerecht sein. Schließlich arbeitete er Tag und Nacht, manchmal sogar sieben Tage die Woche, gönnte sich selbst am allerwenigsten, hielt das Geld zusammen das er verdiente, kümmerte sich um alle finanziellen Angelegenheiten grundsätzlich selbst, nahm seine Verantwortung sehr ernst. Aber dass er dann im Hotelzimmer die ganze Nacht vor seinem Laptop verbrachte, dass ging ihr dann doch zu weit. Nur was hätte sie denn machen sollen? Schließlich war sie von der vielen, harten Hausarbeit vollkommen erledigt, und brauchte dringend Erholung. Da war es doch ganz normal, dass sie meistens um zweiundzwanzig Uhr schon fest eingeschlafen war. Dumm nur, dass ihr Mann Klaus-Dieter dann erst munter wurde. Bis tief in die Nacht zu arbeiten war schließlich an der Tagesordnung, er war so konditioniert. Klar …, natürlich hätte man auch – so wie viele anderen Paare – nach dem Abendessen Hand in Hand zusammen in ein schönes Lokal am Strand gehen können …, die laue Luft genießen …, aufs Meer blicken …, der Musik lauschen …, die schönen Lichter bestaunen …, andere Menschen beobachten können. Aber sich unterhalten …? Nee. Worüber denn? Was sie interessierte das interessierte ihn nicht, und was ihn interessierte, davon verstand sie nichts. Das Thema „Kinder