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In guten wie in schlechten Tagen: Dr. Florian Winter Arztroman 9 von Horst Weymar Hübner Dies ist die dramatische Familiengeschichte um Heinrich Meiningen, einem einflussreichen Wirtschaftsboss, der zwar alle Fäden der Macht eiskalt in den Händen hält, aber im privaten Bereich aus eigener Schuld und Verblendheit. eine Niederlage nach der anderen einstecken muss.
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Seitenzahl: 185
Veröffentlichungsjahr: 2025
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In guten wie in schlechten Tagen: Dr. Florian Winter Arztroman 9
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von Horst Weymar Hübner
Dies ist die dramatische Familiengeschichte um Heinrich Meiningen, einem einflussreichen Wirtschaftsboss, der zwar alle Fäden der Macht eiskalt in den Händen hält, aber im privaten Bereich aus eigener Schuld und Verblendheit. eine Niederlage nach der anderen einstecken muss.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Bathranor Books, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
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Sie schaute ihn aus ihren meergrünen Augen so seltsam an. „Ich war gestern angeln“, sagte sie mit eigenartiger Betonung.
Klaus Stegmann hob in komischem Entsetzen die Hände. „Die armen Fische! Haben sie sich von dem Schrecken erholt?“
„Die vielleicht, aber deine Chefin bestimmt nicht“, versetzte Ingrid Ahlbach. „Die habe ich nämlich im Schilf überrascht. Mit einem stadtbekannten Playboy. Beide splitternackt und in eindeutiger Situation.“
Klaus Stegmann verschlug es die Sprache und das wollte etwas heißen. Die Chefin auf Abwegen? Das durfte nicht wahr sein! Der Chef war gerade mit Graf Lambsdorff in Japan, er führte eine Wirtschaftsdelegation.
Lieber Himmel und während seiner Abwesenheit setzten ihm seine junge Frau und irgendein hergelaufener Luftikus Hörner auf, dass er sich daran kratzen konnte!
Alles in Klaus Stegmann sträubte sich, diese ungeheuerliche Behauptung als erwiesene Tatsache hinzunehmen.
Sollte es sich um einen billigen Racheakt handeln, den man im Hause Meiningen ersonnen hatte? Den auszuführen, sich Ingrid Ahlbach erboten hatte?
Ausgeschlossen! Es entsprach nicht der Art des Hauses, nicht dem Stil von Frau Meiningen. Sie war eine Dame, keine Intrigantin.
Außerdem hätte sich Ingrid für so etwas nicht hergegeben. Als Zofe, Hausdame, Sekretärin und Vertraute hielt sie zwar bedingungslos zu Frau Meiningen und den erwachsenen Kindern, aber in ein böses Ränkespiel würde sie sich niemals einspannen lassen. Dazu war sie ein viel zu ehrlicher und gerader Charakter.
Das konnte er beschwören. Ihre Aufrichtigkeit hatte er schon geschätzt, als er noch Chauffeur für die gesamte Familie Meiningen war.
Also ein Irrtum das Ganze, eine Täuschung, ein Versehen?
„Du musst dich geirrt haben“, brachte er endlich heraus.
„So, muss ich das?“ Ingrid Ahlbach konnte ganz schön schnippisch sein und das war sie jetzt. „Nur weil es sich um deine neue Chefin handelt? Ich habe sie genau erkannt und so, wie sie erschrocken ist, hat sie mich wiedererkannt.“
Er versuchte verzweifelt, der Sache einen unverfänglichen Aspekt abzugewinnen. „Gegen ein bisschen Sonnenbaden ist ja nichts einzuwenden. Seit wann verkehrst du denn in Nudistenkreisen?“
„In Nudistenkreisen? Ich?“ Ihre meergrünen Augen funkelten wütend, ihre Stimme war voller Empörung. „Das ist eine Unverschämtheit!“
„Ich will damit nicht gesagt haben, dass du es dir nicht leisten könntest. Von der Figur her“, beeilte er sich zu versichern.
Das brachte sie noch viel mehr gegen ihn auf. Ihre Blicke wurden scharf wie geschliffene Dolche. Er merkte, dass sie schon bereute, über ihr gestriges Anglererlebnis geredet zu haben.
„Was willst du überhaupt hier?“, fuhr sie ihn an. „Du hast hier nichts mehr zu suchen. Wir sind geschieden!“
„Wir geschieden?“ Er rang sich ein sparsames Lächeln ab. „Wo wir noch nicht einmal verheiratet waren? Das Ehepaar Meiningen ist geschieden. Was hat das mit uns zu tun?“
„Sehr viel“, erwiderte sie.
„Weil du bei Frau Meiningen geblieben bist und ich mit Herrn Meiningen ausgezogen bin? Mach dich nicht lächerlich! Wir beide haben zwar unsere Arbeitskraft verkauft, du als Hausdame bei Frau Meiningen, ich als Chauffeur bei ihm, aber niemals unser Recht auf ein bisschen Privatleben. Ich wollte dich besuchen und außerdem habe ich um diese Jahreszeit immer die Rosen nachgeschnitten.“
„Unterstehe dich, etwas anzufassen!“, fuhr Ingrid ihn an. „Wir haben für einen Tag in der Woche einen Gärtner engagiert.“ Sie blickte ihn missbilligend an. „Geh bitte, bevor dich Frau Meiningen sieht! Sie muss jeden Moment zurückkommen. Sie soll nicht denken, ich würde mit euch konspirieren. Die Heirat so kurz nach der Scheidung hat sie sehr getroffen.“
„Du liebe Zeit, ich habe doch nicht geheiratet“, verteidigte sich Klaus Stegmann. „Frau Meiningen kann das doch weder dir noch mir anlasten.“
„Eine Mesalliance!“, sagte Ingrid heftig. „Ein Skandal erster Ordnung! Diese, diese Hupfdohle könnte seine Tochter sein! Ich wette, sie ist noch keine dreißig.“
Klaus Stegmann gestattete sich eine kleine Indiskretion. „Fünfunddreißig“, murmelte er. „Und was heißt Hupfdohle? Weil sie ein paarmal bei Popkonzerten aufgetreten ist? Immerhin kann sie singen und das ist mehr, als man von vielen sogenannten Sängerinnen behaupten kann.“
„Tina Lobell!“, Ingrid nickte erbost. „Das klingt in meinen Ohren nach Jahrmarktsbude und Tingeltangel. Und er hat zwei Tage vor dem Scheidungstermin seinen dreiundsechzigsten Geburtstag gefeiert! Als was stellt er sie in der Gesellschaft vor? Als seine Frau, die Tingeltangelsängerin?“
Er merkte schon, er hatte den falschen Tag erwischt. Ingrids ganzer Groll auf Heinrich Meiningen und seine zweite Frau entlud sich über seinem Haupt.
„Ich bitte dich!“, sagte er und es war möglich, dass es nicht sehr höflich klang. „Sie ist seine neue Frau. Er hat sie in die Gesellschaft eingeführt und die Gesellschaft hat sie akzeptiert.“
„Zähneknirschend. Wir sind nämlich auch informiert“, trumpfte Ingrid Ahlbach auf. „Alles verbeugt sich vor seiner Macht und vor seinem Geld. Da hat man freilich auch diese Kröte geschluckt. Aber ich möchte nicht wissen, was in den Köpfen der Leute vorgeht.“
Demonstrativ blickte sie auf die Armbanduhr, sie wollte ihn zum Gehen bewegen.
Klaus Stegmann ließ sich nicht drängen und nicht beeindrucken. Er war mit einem festen Ziel und erklärten Absichten gekommen. Es hatte ihn viel Überwindung gekostet, die Schritte zur Villa Meiningen zu lenken, denn schließlich sollte nicht der Eindruck entstehen, er ginge mit fliegenden Fahnen zur Gegenpartei über. Er wollte ganz einfach die abgerissenen Kontakte zu Ingrid neu knüpfen. Nichts, anderes.
Sie bedeutete ihm sehr viel.
Nach den turbulenten Wochen der Scheidung im Hause Meiningen, dem Auszug aus der Villa, der neuen Heirat von Heinrich Meiningen fand er es an der Zeit, nun auch seine eigenen Angelegenheiten zu regeln.
Wenn Ingrid doch nur nicht so kratzbürstig wäre! Er wollte sich ihr erklären, mit allem, was dazugehört..
Es sah jedoch so aus, als sei heute kein guter Tag für Erklärungen. Und überhaupt schaute sie ihn an wie einen toten Vogel, den die Katze hereingetragen hat.
Dennoch nahm er allen Mut zusammen.
„Heute ist Donnerstag“, sagte er mit einem schwachen Lächeln, „und donnerstags pflegt Frau Meiningen im Liones Club zu sein. Sie hat sich trotz der Geschichte nicht aus der Gesellschaft zurückgezogen. Ich bin nämlich auch informiert. Und vom Löwinnen-Treffen kommt sie nie vor acht Uhr nach Hause. Wir können also in Ruhe reden.“
„Worüber?“, Ingrid Ahlbach versteifte sich. Immerhin vermerkte sie aber mit einer gewissen Genugtuung, dass Klaus die neue Ehe Heinrich Meiningens als „Geschichte“ bezeichnete.
„Über dich und mich, zum Beispiel.“
„Wozu sollte es gut sein?“ Sie war immer noch ganz auf Abwehr und Ablehnung eingestellt.
Heute war offensichtlich nicht nur ein schlechter Tag für Erklärungen, sondern auch für ein ganz privates Gespräch. Heinrich Meiningens neue Heirat hatte für ganz erhebliche Verstimmung gesorgt und wie er die Sache sah, sollte er nun mit büßen.
Das ging ihm gegen den Strich.
Andererseits konnte er Ingrid nicht zu etwas zwingen, was sie nicht wollte.
Sie war verärgert. Besser, er gab ihr Gelegenheit, diesen Ärger erst einmal los zu werden.
Die Methode hatte er dem Chef abgeguckt. Wenn Heinrich Meiningen es mit einem besonders widerborstigen Verhandlungspartner zu tun hatte, ließ er ihn erst einmal wettern und hörte nur geduldig zu. War dann der Ärger verrauscht, kam der Chef mit seinen Vorschlägen über den Tisch. Und siehe da, er stieß auf wesentlich weniger Widerstand als noch vor zehn Minuten.
Ingrid hatte mit dem Chef zwar wenig gemeinsam, aber verärgert war sie ohne Frage. Und es hatte mit seiner neuen Chefin zu tun, die sie etwas respektlos als Hupfdohle bezeichnet hatte.
„Dann eben an einem anderen Tag. Samstag habe ich frei. Ich möchte dich abends zum Essen ausführen.“ Sein Vorschlag überraschte sie. „Das das geht nicht.“ Sie machte Ausflüchte. Besonders geschickt war sie darin nicht.
„Ich rufe dich dann noch an“, stieß Klaus beherzt nach. Dann sagte er mit ernster Miene, als sei das Abendessen eine bereits fest verabredete Sache: „Was ist denn nun dran an gestern? Ich meine, was du da angedeutet hast. Vorstellen kann ich mir das nämlich immer noch nicht. Es wäre kein guter Stil.“
„Stil? War es guter Stil von Herrn Meiningen, sich nach fünfunddreißig Jahren Ehe scheiden zu lassen? Eine Geschmacklosigkeit war es. Gleich und gleich gesellt sich gern! Überaus geschmacklos ist es von der Neuerwerbung deines Chefs, dass sie sich in der Öffentlichkeit mit diesem, diesem Kerl zeigt. Ganz ungeniert. Und gestern, das war der Gipfel!“
Ingrid kam wieder in Zorn und sie sah hinreißend aus.
„Richtig, du sagtest es, ein stadtbekannter Playboy. Bemerkenswert, dass du ihn auch kennst. Wer ist es?“ Es kostete sie Überwindung. Sie gab sich einen Ruck. „Freddy, der Sonnyboy. Unterstelle mir nur nichts. Der Windhund treibt sich auf allen gesellschaftlichen Ereignissen herum. Man stolpert zwangsläufig über ihn.“
Er nickte automatisch. Friedrich Winzen, genannt Freddy, war bei bestimmten Anlässen so unvermeidlich wie die Getränkeober, die mit dem Gläsertablett herumgingen. Ein Windhund, Schürzenjäger, Witwentröster und Aufreißer, ein Strahlemann und extravagant gekleideter Tunichtgut. Mit guten Umgangsformen. Jedenfalls war der Beau bei der Damenwelt Hahn im Korb.
Sofern ihm seine zahllosen Engagements und Affären noch Zeit ließen, kümmerte er sich um seine Bars und Diskotheken, die wesentlich zur Bereicherung des bundeshauptstädtischen Nachtlebens beitrugen.
Zumindest kümmerte er sich mit so viel Geschick, dass die Etablissements Goldgruben waren und seinen extravaganten Lebensstil finanzierten.
Freddys Schuppen waren in. Es war chic, sich dort zu zeigen. Zum Sehen und Gesehenwerden.
Außerdem ging die Sage, dass Freddy dann und wann schon, vor allem zu Beginn seiner Diskothekenbesitzerlaufbahn, kräftige Finanzspritzen von ungenannter Seite empfangen hatte, wenn es mit seinen Unternehmen mal nicht gerade zum Besten stand.
Nur unverbesserliche Optimisten glaubten immer noch, dass diese Zuschüsse aus dem Freundeskreis gekommen waren, der übrigens aus einem dubiosen Zirkel der seltsamsten Figuren bestand.
Der Wahrheit sehr viel näher kam wohl die Behauptung, dass das Geld von Frauen gestammt hatte, die es sich etwas kosten ließen, Freddy auszuhalten.
„Und mit dem zeigt sie sich in der Öffentlichkeit?“, forschte Klaus der Ordnung halber. Ihm war in dieser Richtung noch nichts aufgefallen.
„Fast jeden Tag, ob Herr Meiningen in der Stadt ist oder nicht. Sie lässt sich von Freddy im knallroten Sportcabrio herumkutschieren“
Klaus seufzte verhalten. Das war es ja, wenn der Chef in der Stadt war!
Er als Chauffeur konnte ein Lied von der Betriebsamkeit Heinrich Meiningens singen. Sitzungen, Termine, Konferenzen von München bis Hamburg, mindestens fünfmal im Monat im Ausland. Zwar flog der Chef da meist hin, aber er musste mit dem Wagen vorausfahren und Heinrich Meiningen am Flughafen abholen.
Seine ganz private Meinung war, dass der Chef besser beraten war, wenn er sich mehr um seine erheblich jüngere neue Frau kümmerte.
Der Hinweis mit dem knallroten Sportcabrio kam an.
Hatte er nicht gestern früh so einen offenen Flitzer in der Auffahrt stehen sehen?
Von Playboy Freddy allerdings keine Spur, sonst hätte es bei ihm sicher gezündet.
„Geht das schon lange?“, fragte er leicht verunsichert.
„Jedenfalls sieht man die beiden seit der Hochzeit zusammen. Da kann man unschwer annehmen, dass auch vorher schon etwas war“, sagte Ingrid.
„Du bist ja überaus zartfühlend“, sagte Klaus. „Einen Wink in dieser Richtung hättest du mir wenigstens mal geben können.“
„Es ist doch eure Sache, ob ihr etwas merkt oder nicht.“ Da war schon wieder ihr pauschales Urteil, sie steckte ihn mit dem Chef in einen Topf. „Unsere Aufgabe war es nicht, bestimmte Hinweise zu geben. Lieber Himmel, wie hätte das ausgesehen?“
Nicht gut. Darin stimmte er ihr zu. Man hätte es als Intrige und Bosheit aus der Villa Meiningen aufgefasst.
„Und gestern, da haben die zwei einfach so...?“, forschte er.
„Einfach so!“, bestätigte sie und wurde etwas genierlich. „Ich bin in die Eifel rauf gefahren. An dem See, wo ich so gern angle, ist das Ufer Naturschutzgebiet. Den Wagen habe ich wie immer auf dem Weg stehen lassen.“
Er kannte den Lieblingssee von Ingrid. Und ihre Leidenschaft. Sie war der Schrecken aller Karpfen, Schleien, Forellen und wie das Wassergetier hieß, das sich dort und anderswo tummelte.
In irgendeinem Sportfischerverein war sie auch noch. Nahm, wie es sich gehört, im Frühjahr am Anfischen, im Herbst am Abfischen und zwischendurch am Königsfischen teil. Innerhalb der Damenabteilung natürlich.
„Und da hast du die zwei dann getroffen?“, forschte er.
„Nicht sofort. Zuerst sah ich eine Autospur, mitten durchs Gras gewalzt. Von der Ölwanne war Ölschmiere an den Grashalmen abgestreift, daran habe ich mir gleich mal die Hose beschmiert. Ich hatte deswegen so eine Wut und auch deshalb, weil irgend so ein Kerl glaubt, er müsse bis ans Wasser fahren. Ich habe erst gar nicht geschaltet, als ich den knallroten Wagen halb im Gebüsch stehen sah. Nur die Nummer wollte ich mir aufschreiben. Dazu kam ich aber nicht mehr. Plötzlich bin ich buchstäblich über die zwei gestolpert. Der Schrecken war auf beiden Seiten. Ich habe gedacht, ich bin nicht mehr, und sie hat mich angesehen, als sei ich direkt vom Himmel gefallen.“
„Und er?“, seine Frage war mehr eine Formsache.
„Was macht ein Playboy in einer solchen Situation? Dreist gegrinst hat er. Und gefragt, ob ich nicht später noch mal vorbeikommen will. Oh, dieser Lümmel, dieser ungezogene Dreckfink!“
Dem Playboy Freddy klingeln jetzt bestimmt die Ohren, dachte Klaus. Sie lässt kein gutes Haar an ihm! Eine blöde Sache überhaupt!
Nach dieser Erkenntnis war sein nächster Gedanke, dass er irgendetwas tun musste.
Dem Chef einen Wink geben, sobald der aus Japan zurück war? Unmöglich!
Der Chefin vielleicht einen zarten Hinweis geben?
Das ging ja auch nicht. Das sah doch sonst so aus, als spionierte er ihr nach.
Die einzige Möglichkeit war wohl, ab sofort ein wachsames Auge auf sie zu haben. Und zwar so wachsam, dass sie es merkte.
Entweder stellte sie dann die Treffen mit diesem Luftikus ein und brach die Beziehung ab oder sie machte weiter.
Aber das, entschied er, war dann ihre Sache und nicht seine.
„Was sagst du dazu? Bist du sprachlos?“, erkundigte sich Ingrid.
„Das beschreibt meine Lage nur unzutreffend“, gestand er. „Ich denke nach.“
„Aha!“, sie nickte. „Wie du die verfahrene Karre am besten aus dem Dreck ziehst, ohne dass es zu einem Skandal kommt?“
„So ungefähr, ja.“
„Lass die Finger davon!“, riet Ingrid. „Es ist schon Skandal genug, wie sie mit dem Kerl herumzieht. Über kurz oder lang kommt das auch deinem Chef zu Ohren, ohne dass du ihm ein Wort sagen musst.“
Genau das war es, was er befürchtete. Ein Skandal ersten Ranges!
Erfreulich war einzig, dass Ingrid ihren Groll offensichtlich losgeworden war, jetzt, nachdem sie sich ausgesprochen hatte.
Das ließ ihn hoffen.
„Dann gehe ich wohl besser“, sagte er. „Und es bleibt bei Samstag, ja?“ Sie zögerte. „Ich habe dir nichts versprochen.“
Er lachte jungenhaft. „Das klingt schon viel besser als ein glattes
Nein.“
Er verließ die Villa Meiningen und steuerte den schweren Wagen seines Chefs von der Auffahrt weg, bevor es zu einigem Aufsehen kam.
Ob er wohl erst zur Verwaltung fuhr und nachhörte, ob für ihn eine spezielle Anweisung aus Japan eingetroffen war?
Oft genug war es in der Vergangenheit geschehen, dass Heinrich Meiningen eine aus dem Ausland heimkehrende Wirtschaftsdelegation verließ und gleich Abstecher in die Schweiz, nach Italien oder Frankreich machte.
In solchen Fällen wollte er dann immer seinen Wagen zur Verfügung haben.
Was hieß, dass Klaus Stegmann sich unverzüglich hinters Lenkrad schwingen und hinfahren musste.
Was den Chef zu solchen Umdisponierungen veranlasste, entzog sich im Detail den Kenntnissen von Klaus Stegmann. Er war nur der Chauffeur und an Gesprächen nahm er nie teil. Es sei denn, sie fanden aus zwingenden Gründen im Auto statt. Auch das hatte es schon gegeben.
Es gehörte jedoch nicht viel Phantasie dazu, um zu wissen, dass Heinrich Meiningen die Ergebnisse einer Wirtschaftsreise sofort in finanzielle und wirtschaftliche Transaktionen umsetzte. Jedenfalls waren die folgenden Tage einer solchen Reise stets von einer großen Hektik geprägt.
Besser war wohl, er hörte nach, ob er mit dem Wagen zu einem ausländischen Flughafen kommen musste.
Also lenkte er die Limousine zur Verwaltung. Das war ein nüchterner Palast aus Stahl, Glas und Beton und sah aus wie der Hauptsitz einer Versicherungsgesellschaft.
Vielleicht hatte man damals bei der Planung des Gebäudes dem Architekturbüro zu viel hineingeredet, so dass die Planer schließlich resignierten. Oder die Herren Ingenieure und Architekten hatten gleich zum Musterbuch gegriffen und die Pläne eines bereits erstellten Gebäudes abgekupfert. Schönheit und künstlerische Ideen waren jedenfalls nicht gefragt gewesen. Nur Zweckmäßigkeit.
Diesem nicht gerade hohen Anspruch genügte der Bau voll und ganz.
Und damit unterschied er sich nicht von der Trostlosigkeit ähnlicher Bauwerke, in denen Ministerien und andere Regierungsstellen untergebracht waren, wo diverse Bundesverbände ihren Sitz hatten und wo die Vertreter von Industrie und anderen Wirtschaftsgruppierungen handfest und egoistisch für die Interessen ihres Vereins kämpften.
Ein Park grenzte das Gebäude gegen den Rhein und die Straße ab. Eine Mauer umgab wiederum den Park. Das große Tor in der Mauer war verschlossen und zudem von zwei Polizisten mit umgehängter Maschinenpistole bewacht.
Seit dem höchst verwerflichen Attentat auf Hans Martin Schleyer war für die Größen von Industrie und Wirtschaft Objekt und Persönlichkeitsschutz angeordnet.
Die Limousine war bekannt. Langsam schwang das Tor auf, im Schritttempo zog Klaus Stegmann den Wagen bis zu einer Haltelinie vor. Zu den zwei Polizisten gesellte sich ein Zivilist mit einer verdächtigen Ausbeulung unter der linken Jackenseite.
Klaus Stegmann musste eine kurze Überprüfung über sich ergehen lassen, Wageninneres und Kofferraum wurden kontrolliert. Es war kein Misstrauen gegen ihn, es war eben Vorschrift.
Ein Ritual hatte sich eingespielt. Lästig, aber verständlich.
„Danke, Herr Stegmann, Sie können jetzt weiterfahren“, sagte der Zivilist. Und dann fügte er die mehr persönliche Frage hinzu: „Ist es wieder soweit?“
Ohne Zweifel meinte er die Rückkehr von Heinrich Meiningen.
„Nicht vor Anfang der kommenden Woche, glaube ich“, erwiderte Klaus und ließ den Wagen die Kies bestreute Auffahrt bis zum Parkplatz neben dem säulengeschmückten Portal rollen.
Dieses Portal war die einzige architektonische Spielerei an dem ganzen Stahlkasten. Jemand hatte mal gesagt, es passe wie die Faust aufs Auge.
Drinnen herrschte unaufdringliche, aber erlesene Eleganz vor. Klaus hatte mal grob überschlagen, was allein die Halle gekostet haben mochte. Er war zu dem Ergebnis gekommen, dass mindestens die Kosten für zwei Einfamilienhäuser für die versiegelten Travertinböden, die Marmorwände und die Edelhölzer an der Decke verbuttert worden waren.
Die Hausportiers im feierlichen schwarzen Anzug und mit dunkler Krawatte blickten mit mildem Unverständnis auf den Fahrer des Chefs, wie er mit weiten Schritten dem Aufzug zustrebte, dass sich dieser Stegmann nicht die gesetzte Würde aneignen wollte, mit der man sich hier drinnen zu bewegen pflegte!
Indigniertes Kopfschütteln begleitete den Sturmlauf des Chauffeurs durch die Halle.
Die Chefetage befand sich im ersten Stockwerk.
Klaus Stegmann kürzte wie üblich
den qualvollen Weg durch die Vorzimmer ab und trat gleich bei der Süßkind ein.
Das war die langjährige Sekretärin von Heinrich Meiningen. Ein schon spätes Mädchen, das jedoch alle Stürme mitgemacht hatte, die je über die Salubra und die nachgeordneten Firmen der Meiningen Gruppe hereingebrochen waren.
Wahrscheinlich brachte nicht einmal ein Großaufgebot von Steuerfahndern Elisabeth Süßkind aus dem Gleichgewicht. Wenn die Steuerfahnder überhaupt bis hierher Vordringen konnten.
„Guten Tag, beste aller Frauen dieses Hauses!“, sagte Klaus Stegmann ungezwungen.
Elisabeth Süßkind rückte die Brille zurecht und musterte ihn eingehend. „Ist Ihnen nicht gut, Herr Stegmann? Dann nehmen Sie einen Kaffee mit mir.“
Sie streckte die Hand zur Ruftaste aus, um aus ihrem Vorzimmer den Kaffee zu ordern.
„Keine Zeit. Sind Anweisungen gekommen?“
Die Süßkind griff nach einigen Fernschreiben, die sie säuberlich am Kopfende ihres Schreibtisches ausgelegt hatte.
„Die Rückkehr ist für den kommenden Mittwoch vorgesehen“, las sie ihm vor. „Auf dem Rückflug findet ein Gespräch in Saudi Arabien statt. Die Maschine trifft voraussichtlich am Nachmittag gegen fünfzehn Uhr in Wahn ein. Eher brauchen Sie sich nicht zur Verfügung zu halten. Wollen Sie ein paar Tage Urlaub nehmen?“
Er schüttelte den Kopf. „Besser nicht. Sobald ich doch etwas plane, werden die Reisetermine umgestoßen.“
Sie nickte knapp. Es konnte durchaus sein, dass das beabsichtigte Gespräch in Saudi Arabien noch abgesagt wurde. Dann kehrte der Chef vielleicht schon am Sonntag und nicht erst am Mittwoch zurück.
Sie legte die Fernschreiben zurück und griff einen roten Terminkalender aus der Schublade.
Es war bekannt, dass sie in diesem Kalender alle persönlichen Daten führte, die den Chef betrafen. Sie besorgte ihm die Blumen, wenn er welche benötigte. Oder ein Geschenk, wenn es gebraucht wurde.
Sie erinnerte an Geburtstage und Familienfeste.
Hat sich was mit Familie, dachte Klaus. Die Kontakte zur Villa Meiningen hat er völlig abgebrochen. Und das, was er sich da jetzt angeschafft hat, ist weder eine Ehe noch eine Familie!
Die Süßkind schlug den fälligen Tag auf und eilte mit dem Zeigefinger die Stundentermine herab.
„Sollten Sie jetzt nicht die gnädige Frau zur Kosmetikerin fahren, Herr Stegmann?“, fragte sie.
Er überhörte nicht das winzige Zögern vor der „gnädigen Frau“.
„Danke, ich habe die Termine auch im Kopf“, erwiderte er. „Aber sie will nicht, dass ich sie fahre. Die ganze Woche schon nicht. Zu keinem Termin.“
„So?“, machte Elisabeth Süßkind und zog dezent die Brauen hinter den Brillengläsern in die Höhe.
Herrgott, schoss es ihm durch den Kopf, weiß sie schon etwas? Hat es sich bereits herumgesprochen, dass sie ständig mit diesem Tunichtgut auf Achse ist?
Er betrachtete sie eingehend. Aber dem Gesicht der Sekretärin konnte er nichts ablesen.
„Vielleicht sollten Sie darauf hinweisen, dass es der Chef so angeordnet hat!“, sagte die Süßkind.
Nun klingelte es bei ihm.
Sie weiß es! Aber sie würde sich eher die Zunge abbeißen, als ein Wort zu sagen!
„Habe ich auch schon“, wehrte er ab.
„Und?“
„Sie sagte, sie fahre selber hin, ich brauchte mich nicht zu bemühen. Ich solle mir einen netten Tag machen.“
„Ich beneide Sie nicht“, sagte Elisabeth Süßkind.
Er war wahrhaftig nicht zu beneiden. Der Chef hatte angeordnet, dass er die junge Frau fahren sollte und wenn Heinrich Meiningen etwas anordnete, dann musste es auch genau so gemacht werden.
Sonst wurde es stürmisch.
Aber was hätte er denn tun sollen, als ihn die neue Chefin einfach abgewimmelt hatte? Ihr ins Gesicht sagen, er bekäme seine Aufträge nur von Herrn Meiningen und von niemand sonst?
Sie konnte sich ganz schön aufführen. Das hatte er bereits mitbekommen, als sie das Hauspersonal in der neuen Villa zusammengestaucht hatte.
Im alten Hause Meiningen hätte es so etwas nie gegeben.
Aber Ulrike Meiningen geborene Geller, bekannt als Tina Lobell, hatte wohl andere Vorstellungen vom Leben der großen Welt.
Schikaniert und getriezt hatte sie das Hausmädchen gleich vom ersten Tag an. Dann konnte es ihr auch die Köchin nicht mehr recht machen. Vor etwa zwei Wochen hatte sie sich auch mit dem Hausdiener und Gärtner angelegt.
Klaus Stegmann sah, dass ihn die Sekretärin des Chefs immer noch musterte. „Ich werde noch einmal einen Versuch machen“, versprach er lahm. „Zwingen kann ich die Chefin ja nicht.“
„Wohl kaum“, bestätigte die Süßkind, klappte den roten Terminkalender zu und verschloss ihn in der Schublade.
Er stutzte. Er hatte nie beobachtet, dass die Süßkind Unterlagen unter Verschluss nahm. Zumindest keine solchen.
Sie deutete sein mildes Erstaunen richtig Und fügte mit einem feinen Lächeln hinzu: „Die Zeiten sind heutzutage andere.“
Das konnte er unterschreiben. Aber er verstand immer noch nicht, warum sie einen Terminkalender wegschloss.
Darüber grübelte er noch, als er sich verabschiedet hatte und hinab in die Halle fuhr. Ob vielleicht die neue Chefin ...?
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