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Sie dachte, sie hätte alles. Außer die einzige Frau, die sie nie vergessen konnte. TV-Polizistin Sadie Ireland braucht dringend eine Auszeit von ihrem schillernden Hollywood-Leben. Anlässlich ihres 40. Geburtstags kehrt sie darum nach Clearance Bay, in die Küstenstadt ihrer Kindheit, zurück, um die Festlichkeiten im Kreis ihrer Familie zu genießen. Für Devon Douglas ist das Wiedersehen mit Sadie mehr als eine Überraschung. Es ist geradezu ein Schock. In der Highschool waren die beiden unzertrennlich, bis Devon etwas getan hat, was sie seit mehr als zwanzig Jahren bereut … Die Sadie von heute ist immer noch genauso atemberaubend, wie Devon sie in Erinnerung hat – und surfen kann Sadie immer noch so gut wie damals. Und auch, wenn Devons erste Priorität ihr fünfjähriger Sohn ist, wird der Wunsch, Sadie neu kennenzulernen, immer stärker. Sadie fühlt sich auf unerklärliche Weise zu Devon hingezogen. Vielleicht ist es Nostalgie. Vielleicht sind es Reste ihrer alten Freundschaft, die wieder aufflammen. Aber was, wenn es mehr ist?
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Seitenzahl: 379
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Inhaltsverzeichnis
Von Harper Bliss außerdem lieferbar
Kapitel 1: Sadie
Kapitel 2: Devon
Kapitel 3: Sadie
Kapitel 4: Devon
Kapitel 5: Sadie
Kapitel 6: Devon
Kapitel 7: Sadie
Kapitel 8: Devon
Kapitel 9: Sadie
Kapitel 10: Devon
Kapitel 11: Sadie
Kapitel 12: Devon
Kapitel 13: Sadie
Kapitel 14: Devon
Kapitel 15: Sadie
Kapitel 16: Devon
Kapitel 17: Sadie
Kapitel 18: Devon
Kapitel 19: Sadie
Kapitel 20: Devon
Kapitel 21: Sadie
Kapitel 22: Devon
Kapitel 23: Sadie
Kapitel 24: Devon
Kapitel 25: Sadie
Kapitel 26: Devon
Kapitel 27: Sadie
Kapitel 28: Devon
Kapitel 29: Sadie
Kapitel 30: Devon
Kapitel 31: Sadie
Kapitel 32: Devon
Kapitel 33: Sadie
Kapitel 34: Devon
Kapitel 35: Sadie
Kapitel 36: Devon
Kapitel 37: Sadie
Kapitel 38: Devon
Kapitel 39: Sadie
Kapitel 40: Devon
Kapitel 41: Sadie
Ebenfalls im Ylva Verlag erschienen
Über Harper Bliss
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Von Harper Bliss außerdem lieferbar
Ein Kuss wie kein zweiter
Vielleicht nur dieser eine Kuss
Eine Französin zum Küssen
Zwei Herzen allein, suchend, vereint
Die Erfahrung von Liebe
Ergreif die Sterne
Summer’s End: Eine lesbische Liebesgeschichte
Sommergeflüster zu zweit
Kaffee mit einem Schuss Liebe
Kapitel 1
Sadie
»Wen haben wir denn da?« Mein Bruder grinst mich über die Bar hinweg an. »Wenn das mal nicht die beste TV-Polizistin von ganz Hollywood ist.«
»Alles Gute zum Geburtstag, Sam.« Mit ausgebreiteten Armen gehe ich auf ihn zu. »Schön, dich zu sehen.«
»Dir auch und ebenso.« Er umarmt mich. »Bist du bereit für eine gigantische Party?«
Fast automatisch schüttle ich den Kopf. Ich bin so erschöpft. Vor der alljährlichen Drehpause ist die Arbeit an unserer Serie immer besonders anstrengend und hektisch. Am liebsten würde ich ganz entspannt nur mit meinem Zwillingsbruder auf unseren vierzigsten Geburtstag anstoßen. Aber das ist so gar nicht nach Sams Geschmack, und ich will ihm nicht von Anfang an den Spaß verderben.
»Klar.« Ich trete einen Schritt zurück, um ihn in Augenschein zu nehmen. Auch als Besitzer der örtlichen Strandbar The Bay sieht er noch aus wie ein nordkalifornischer Surferboy. Seine Haut ist goldbraun, sein Haar mit von der Sonne ausgebleichten blonden Strähnen durchsetzt, und sein Körper ist genauso durchtrainiert wie in unserem letzten Highschool-Jahr.
Die Tür zum Hinterzimmer öffnet sich und eine blonde junge Frau, die keinen Tag älter als einundzwanzig wirkt, tritt heraus. Blitzschnell komme ich zu dem offensichtlichen Schluss, dass sie die (mal wieder viel zu junge) aktuelle Eroberung meines Bruders sein muss – Sam allerdings korrigiert diese Annahme sofort.
»Das ist Cassidy, meine beste Angestellte.«
Cassidy gibt einen begeisterten Laut von sich. »Wow. Sadie Ireland höchstpersönlich. Es ist mir eine große Ehre.« Sie hält mir die Hand hin. »Ich liebe King & Prince. Ich verpasse keine Folge.«
Ich könnte ihr jetzt sagen, dass die allerletzten Szenen von King & Prince letzte Woche abgedreht wurden, aber mein Vertrag verbietet es mir.
»Danke.« Da Cassidy die Angestellte meines Bruders ist (und vermutlich mehr als nur das), schüttle ich ihr herzlich die Hand.
»Bleiben Sie noch ein bisschen in der Stadt?«, fragt Cassidy.
»Das kann gut sein.« Ich fange den Blick meines Bruders auf. Ich werde die nächste Zeit bei ihm wohnen, um mich von den letzten zehn Monaten zu erholen. Es war emotional wahnsinnig anstrengend, mich von meinem Filmpartner zu trennen. Was vor allem etwas damit zu tun hatte, dass er im echten Leben mein Ehemann ist, von dem ich mich habe scheiden lassen.
»Dann sehen wir uns ja vielleicht noch mal wieder.« Cassidy ist offenbar keiner dieser extrem anhänglichen Fans. Sie verschwindet wieder im Hinterzimmer.
Ich werfe meinem Bruder einen unmissverständlichen Blick zu.
»Es ist nicht, wie du denkst«, sagt er. »Sie ist die beste Angestellte, die ich je hatte, und das werde ich nicht versauen.«
»Wie alt ist sie?«
»Alt genug, um in einer Bar zu arbeiten«, erwidert er nur.
Hinter der Bar wird es laut. Eine Autotür wird zugeworfen und Stimmengewirr ertönt.
»Das muss das Catering sein«, sagt Sam. »Setz dich mal ganz entspannt mit einem Bier auf die Terrasse. Schau aufs Meer und denk über die ersten vierzig Jahre deines Lebens nach.« Mit einer Hand fährt er sich durchs dichte Haar. Er sieht wirklich keinen Tag älter als dreißig aus.
Aus dem Kühlschrank holt er eine Flasche, die er öffnet und mir reicht.
»Glaubst du ernsthaft, irgendjemand, der in Hollywood vor der Kamera steht, trinkt tatsächlich Bier?« Wir haben diese Unterhaltung schon so oft geführt.
»Du wirst heute vierzig und bist frisch geschieden. Trink ein Bier. Mach es dir so bequem wie möglich.«
»Sam!«, ruft jemand von hinten.
»Ich weiß, ich bin nur zwanzig Minuten älter als du, aber tu einfach, was ich sage.« Und damit dreht er sich um, verschwindet durch die Hintertür und lässt mich allein an der Bar zurück.
Mit dem Bier in der Hand trete ich nach draußen auf die Terrasse und setze mich auf einen der Hocker, die so stehen, dass man einen direkten Blick auf den Ozean hat. Kurz wende ich den Blick von den Wellen ab, um mir die Flasche in meiner Hand genauer anzusehen. Das Bier heißt »Surfer Juice IPA« – mit dem Namen kommt es in der Gegend bestimmt gut an. Ich studiere das Etikett, um herauszufinden, ob seit meinem letzten Besuch neue regionale Brauereien eröffnet haben. Lennox-Brauerei. Also keine kleine, lokale Brauerei.
Ich nehme einen Schluck. Seit Monaten habe ich kein Bier mehr getrunken. Das letzte hatte ich, als Sam nach L.A. kam, um mich in der schlimmsten Zeit nach der Trennung von Mike zu unterstützen. Wenn man von Paparazzi verfolgt wird, braucht man manchmal den grotesk starken Arm seines Zwillingsbruders, der einen vor der nicht enden wollenden Häme beschützt.
Das Bier schmeckt frisch und leicht und ich entspanne mich. Bei dieser Aussicht ist das auch nicht schwer. Auf der Promenade zwischen Bar und Strand ist wenig los – zweifellos ist das die Ruhe vor dem Geburtstags-Sturm, den Sam plant.
Plötzlich fällt mir auf, dass ich Sam und Cassidy nicht angeboten habe, sie bei den Partyvorbereitungen zu unterstützen. Ich will gerade aufstehen und ihnen helfen, als ich Schritte höre.
»Ich komme direkt von der Arbeit«, sagt Suzy, meine ältere Schwester. Dann quietscht sie so begeistert und laut, dass sie einem Teenager-Mädchen auf dem Konzert ihrer Lieblings-Boyband alle Ehre machen würde.
Ich stehe auf und umarme sie. Wo arbeitet Suzy momentan gleich wieder? Obwohl wir mehrmals die Woche telefonieren, ist es schwer, mit dem aktuellen Beruf meiner Schwester Schritt zu halten – das ist ein bisschen wie bei Sam und den Frauen. Die Suche nach der ultimativen beruflichen Erfüllung treibt Suzy seit Jahrzehnten von Job zu Job.
»Ich hatte gerade meine erste komplett eigenständige Coaching-Sitzung«, meint Suzy.
Ah ja. Sie arbeitet jetzt als eine Art Online-Lifecoach.
»Dank meiner schnellen Auffassungsgabe habe ich das total gerockt. Meine Chefin hat sich gar nicht mehr eingekriegt, ich kann es kaum glauben.«
Ich lasse meine Schwester reden, so lange sie will. So ist sie nun mal. Die ersten zehn Minuten jeder unserer Unterhaltungen verlaufen immer auf diese Weise. Wenn sie sich dann alles, was ihr im Kopf herumgeht, von der Seele geredet hat, nimmt sie mich ins Visier und erkundigt sich, wie es mir geht und was mich gerade beschäftigt. Ihren Klienten stellt sie wahrscheinlich genau die gleichen Fragen. Vermutlich ist Lifecoach genau der richtige Beruf für Suzy.
»Wir sind vollzählig.« Sam kommt nach draußen.
»Oh, Sam«, sagt Suzy. »Ich habe Devon spontan eingeladen. Ich hoffe, das ist in Ordnung.«
»Je mehr, desto besser«, erwidert Sam. »Das weißt du doch.«
»Sam ist fest davon überzeugt, dass der heutige Abend in die Geschichte eingehen wird«, erklärt Suzy an mich gewandt.
»Man wird nur einmal vierzig«, meint Sam. »Und ich bin nicht das einzige Geburtstagskind.«
Die Geburtstagsfeier zu unserem gemeinsamen dreißigsten Geburtstag habe ich wegen Nachholdreharbeiten verpasst, die sich auf keinen Fall verschieben ließen. Unseren fünfunddreißigsten habe ich verpasst, weil wir in der aktuellen Staffel ein paar Folgen in Mexiko gedreht haben. Aber nach fünfzehn Jahren und einer hart erarbeiteten Position als stellvertretende Produktionsleiterin habe ich inzwischen ein bisschen mehr Mitspracherecht, wenn es um meine eigene Termingestaltung geht. Ich habe mehr als deutlich gemacht, dass ich keine weitere Geburtstagsparty dem Drehplan opfern werde.
»Auf eine grandiose Party mit meinen beiden Lieblingsmenschen.« Ich halte meine halb leere Bierflasche hoch.
Suzy und Sam necken sich gegenseitig auf ihre vertraute geschwisterliche Art. Gegen die Brüstung gelehnt, mit dem Ozean im Rücken und meinen Geschwistern in greifbarer Nähe, schwelge ich in dem Gefühl, nach Hause zu kommen.
Das brauche ich jetzt dringender als je zuvor.
Kapitel 2
Devon
Als ich ankomme, ist die Party schon in vollem Gange. Ich entdecke viele bekannte Gesichter, aber ich bin wegen einer ganz bestimmten Person hier. Ich kann Sadie im Fernsehen sehen, wann immer ich will. Dass ich ihr persönlich begegnet bin, ist jedoch schon Jahre her. Ich musste nicht lange nachdenken, als Suzy mich vorhin eingeladen hat. Ich halte mich für bodenständig – in meinem Job muss ich das sein –, doch Sadie Ireland war für mich schon immer die Ausnahme von der Regel.
Ich dränge mich durch die Menschenmenge auf der Terrasse. Zwei meiner Bekannte unterhalten sich übers Surfen. Ich nicke ihnen zu und versuche, das nervöse Kribbeln in meinem Magen zu ignorieren. Dabei weiß ich selbst am besten, wie sinnlos es ist, die eigenen Gefühle unterdrücken zu wollen. Aber auch hier gilt wieder: Sadie ist für alles die Ausnahme.
Zuerst entdecke ich Suzy. Sie ist Teil einer Menschentraube, die sich um Sam und Sadie versammelt hat, als würden sie hier Hof halten. Normalerweise steht Suzy im Mittelpunkt, aber vielleicht hat sie heute für ihre Geschwister Platz gemacht – immerhin haben die beiden Geburtstag. Ich kenne alle drei Irelands und fand es immer schon seltsam, dass von den dreien ausgerechnet Sadie ein Fernsehstar geworden war.
Nicht, dass sie nicht schön genug dafür wäre – das war sie immer schon.
Bei ihrem Anblick überfluten mich unweigerlich die Erinnerungen. Ich versinke in ihnen wie in einem Traum, aus dem ich am liebsten nie wieder aufwachen will.
Wir sind inzwischen beide vierundzwanzig Jahre älter, aber Sadies geschwungene Nase und die Form ihrer Augen ist mir immer noch genauso vertraut wie damals.
Sie hat mich entdeckt. Erst wendet sie den Blick ab, aber dann sieht sie mich wieder an, als hätte sie keine Wahl – als würde ihr Blick magisch von mir angezogen.
»Devon!« Suzy wendet sich mir zu und zieht mich zu sich heran. »Schön, dass du da bist.«
»Alles Gute, ihr beiden.« Peinlich berührt stehe ich da, weil ich nicht weiß, ob ich sie umarmen oder auf die Wange küssen soll. Ich habe vor allem keine Ahnung, wie ich mich in Sadies Nähe verhalten soll.
Sam umarmt mich herzlich. Ich bin keine Stammkundin, komme aber hin und wieder mal vorbei – normalerweise für einen Kaffee nach dem morgendlichen Surfen.
»Freut mich, dass du kommen konntest«, begrüßt er mich. Er lallt schon ein bisschen.
»Danke für die Einladung. Tut mir leid, dass ich kein Geschenk habe. Es war alles ein bisschen kurzfristig, aber ihr kriegt definitiv noch etwas.«
»Deine Anwesenheit reicht völlig aus.« Sam lässt mich los und ich sehe Sadie an. Erinnert sie sich überhaupt noch an damals? Wahrscheinlich nicht. Es war immer schon klar, dass wir unterschiedliche Sichtweisen auf das, was damals passiert ist haben.
»Devon!« Sadie klingt überrascht. »Oh mein Gott!«
Sie dreht sich zu mir und ich umarme sie.
»Wow«, flüstert Sadie in mein Ohr. »Was für eine Reise in die Vergangenheit.«
Eigentlich liebe ich lange, bedeutungsvolle Umarmungen, aber jetzt schaffe ich es gerade mal, Sadie schwach auf die Schulter zu klopfen. »Geht mir auch so.« Ich lächle sie an. »Ist eine Weile her.« Ich fange mich schnell wieder.
Sadie hebt die Augenbrauen und berührt meinen linken Arm. »Wow«, sagt sie. »Die sind unfassbar cool.«
»Devon ist weit und breit die Lifecoachin mit den meisten Tattoos«, wirft Suzy ein. »Sadie hat übrigens recht. Du bist so cool, Dev.«
Das bringt mich zum Lachen. »Gerade fühle ich mich alles andere als cool.« Ich werfe Sadie einen bedeutungsvollen Blick zu. Ja, ich spiele damit auf ihre Anwesenheit an.
»Sag bloß, Sadies Berühmtheit schüchtert jemanden wie dich ein.« Suzy stemmt eine Hand in die Hüfte, als wollte sie mich ausschimpfen. »So habe ich mir das nicht vorgestellt, als ich mich bei dir für Beratungsstunden angemeldet habe.«
Wir alle haben unsere Schwächen, denke ich, spreche es aber natürlich nicht aus. »Mich beeindruckt weniger ihre Berühmtheit, sondern eher die Tatsache, dass das Mädchen, mit dem ich die Schulbank gedrückt habe, ständig im Fernsehen ist.«
»Berufsrisiko«, sagt Sadie.
»Hier.« Sam drückt mir ein Bier in die Hand. Ich trinke selten, aber heute Abend kann ich mir auch mal was gönnen. Immerhin ist Sadie Ireland hier.
»Auf euch beide.« Ich stoße mit Sam und Sadie an. Ich will Sadie in die Augen sehen, aber sie wendet den Blick ab. Vielleicht erinnert sie sich auch.
»Du bist vor kurzem vierzig geworden, oder?«, fragt Sadie.
»Vor ein paar Monaten.«
»Dann auch auf dich.« Wir stoßen erneut an, und dieses Mal erwidert sie meinen Blick für den Bruchteil einer Sekunde. Ihre Augen sind immer noch so unergründlich dunkel. Ihr Lächeln ist immer noch so wunderschön schief.
»Du siehst echt gut aus, Devon.«
Mir wird heiß. Zum Glück ist das Licht in der Bar gedimmt. Verdammt sei mein heller Teint. Im Gegensatz zu den anderen Surfern auf der Terrasse und obwohl ich so viel Zeit in der kalifornischen Sonne verbringe, kennt meine Haut nur zwei Farbtöne: Schneeweiß und Hummerrot.
»Danke.«
Es kommen immer mehr Gäste, die Sams und vor allem Sadies Aufmerksamkeit suchen. Obwohl man von Clearwater Bay mit dem Auto nur sechs Stunden nach L.A. braucht, kommt Sadie laut Suzy nicht besonders oft nach Hause. Außerdem ist Sam, und auch das weiß ich von Suzy, der Glückspilz der drei Ireland-Geschwister, weil Sadie ihm ein Haus und eine Bar am Strand seines geliebten Heimatortes gekauft hat. Er profitiert am meisten von der Arbeit seiner Schwester.
»Ich hoffe, wir können später noch ein bisschen reden«, sagt Sadie, ehe sie von einer Gruppe von Leuten umringt wird, die ich nicht kenne.
Ich lehne an der Bar und sehe mich um. Viele bekannte Gesichter, mit denen ich mich unterhalten sollte. Aber mein Blick wird wieder und wieder von Sadie angezogen. Ich sollte mich wirklich zusammenreißen. Ich sehe weg und denke an Finn, meinen Sohn, der gerade bei seinem Vater ist und inzwischen tief und fest schlafen sollte. Ich kann ihn mir in seiner lustig absurden Schlafstellung genau vorstellen. Das hilft, um mich aus der Trance zu befreien, in die mich Sadie Irelands Anwesenheit versetzt hat.
Ich muss zugeben, dass ich immer noch Gefühle für Sadie Ireland habe, aber ich weiß auch, dass die nach vierundzwanzig Jahren keinerlei Bedeutung mehr haben. Ich bin vor allem nostalgisch. Vielleicht auch ein bisschen einsam. Ich werde mich keinem dieser Gefühle hingeben, sondern, so beschließe ich hier und jetzt, zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ich nehme die Frauen in der Bar ins Visier: Wenn ich weniger einsam bin, wird auch die Nostalgie keine Chance mehr haben.
Wie aufs Kommando wird die Musik lauter. Suzy ist die Erste auf der Tanzfläche, ihre widerstrebenden Geschwister im Schlepptau. Sam und Sadie ziehen sich bald wieder an die Bar zurück, während sich um Suzy schnell eine tanzwütige Gruppe versammelt.
Mein Blick bleibt an einer mir unbekannten Frau hängen. Sie hat selbst einige Tattoos, das ist immer ein guter Gesprächsanfang. Ich versuche mich auf sie zu konzentrieren, aber es ist, als befände sich am Ende der Bar, da, wo Sadie steht, ein unsichtbares Kraftfeld. Ich kann nicht anders, als hinzusehen. Und ich kann auch nicht anders, als ein bisschen dahinzuschmelzen.
Verdammte Nostalgie.
Kapitel 3
Sadie
Devon Douglas sieht in diesem orangefarbenen Top verdammt gut aus. Es lässt ihre Haare wie Feuer leuchten. Obwohl ich gemerkt habe, dass es sie einen Moment lang überrascht hat, mich zu sehen, wirkt sie jetzt total entspannt. Völlig cool. Sie hat die gesunde Ausstrahlung eines Menschen, der weiß, wie man mit seiner Existenzangst umgeht. Ich denke, das ist die Mindestanforderung, wenn man von sich behauptet, man könne anderen Tipps zum Thema Leben geben.
Als Suzy sagte, sie hätte Devon zur Party eingeladen, hätte ich nicht erwartet, dass sie die Devon Douglas meint. In der Schule waren wir eine Weile unzertrennlich. Bis es dann zum Bruch kam. So läuft es in dem Alter nun mal.
Ich lächle ihr zu und nehme noch einen Schluck Bier. Das wievielte das wohl ist? Sobald ich das letzte ausgetrunken habe, drückt mir Sam ein neues in die Hand. Ich sollte mit ihm darüber reden. Aber nicht heute Abend.
Devon erwidert mein Lächeln und ich nehme es zum Anlass, zu ihr hinüberzugehen. Inzwischen haben sich fast alle Gäste daran gewöhnt, dass Sadie Ireland hier ist. Ich bin nur eine Fernsehschauspielerin. Ich bin keine Ida Burton oder Faye Fleming. Die meisten Menschen gewöhnen sich schnell an meine Anwesenheit – so wie Cassidy zum Beispiel. Devon ist allerdings immer noch sehr aufmerksam – sie kannte mich aber auch schon lange vor King & Prince.
»Hey.« Ich kann nicht anders, als zu kichern, wie damals als Teenager. »Hast du Spaß?«
»Es ist ziemlich verrückt, dich wiederzusehen, Sadie.«
»Findest du?«
»Klar.« Devon sieht mir tief in die Augen.
Ich weiß, ich sollte etwas sagen, aber mir fällt nichts ein. In meinem Kopf herrscht völlige Leere. Das ist mir bisher nur passiert, als ich nach unserer Trennung mit Mike drehen musste. Manchmal holen dich die Gefühle ein, obwohl es dein Verstand eigentlich besser weiß.
»Geht es dir gut?« Devon deutet auf die Bierflasche in meiner Hand.
»Sam«, sage ich, als würde das alles erklären.
»Soll ich es austrinken?« Devon streckt die Hand aus. »Vielleicht hast du dann morgen weniger Kopfschmerzen.«
»Danke.« Ich reiche Devon die Flasche und sehe zu, wie sie diese in einem Zug austrinkt. Aus irgendeinem Grund, vermutlich, weil ich völlig betrunken bin, kann ich meinen Blick dabei nicht von ihrem Hals lösen.
»Wie lange bleibst du hier?«, fragt Devon.
»Für die ganze Drehpause. Ich habe gar nichts vor. Werde mich nur zu Hause einigeln und meine Scheidungswunden lecken.«
»Ich würde mich freuen, wenn wir mal zusammen einen Kaffee trinken gehen. Um zu hören, wie es dir so geht.«
»Das wäre schön.« Ich lege den Kopf schräg. »Du siehst … ich weiß auch nicht … wie das Gegenteil von dem aus, wie ich mich fühle. Glücklich. Als wäre in deiner Welt alles so, wie es sein sollte.«
»Der Schein kann trügen. Gerade du solltest das wissen.«
»Oh, das weiß ich. Aber …«
»Ist schon okay. Ob Sadie Ireland mit ihrem glamourösen Hollywood-Leben oder Devon Douglas mit ihrem ruhigen in Clearwater Bay, wir alle erleben gute und schlechte Zeiten. Egal, wo man lebt oder wie man sein Geld verdient.«
»Ganz schön tiefsinnig für eine Geburtstagsparty.« Ich bin zu betrunken, um auch nur annähernd schlagfertig zu sein.
»Stimmt, tut mir leid.« Devons Worte scheinen von Herzen zu kommen. »Es tut mir leid, dass du gerade eine schwierige Zeit durchmachst.«
Natürlich weiß sie über meine Scheidung Bescheid. Die ganze Welt weiß davon. Wenn ich mich unauffällig verhalte, wird die öffentliche Aufmerksamkeit, die meine gescheiterte Ehe erfährt, hoffentlich bald abebben.
»Jetzt bin ich hier bei meiner Familie.« Irgendwie hat Suzy es geschafft, Sam von der improvisierten Tanzfläche zu überzeugen. Man geht nicht unbedingt zum Tanzen zur The Bay. Mein Bruder hat viele Talente, aber seinen Körper im Takt zu bewegen, gehört nicht dazu. Trotzdem sieht er aus, als hätte er großen Spaß. Seine Freude ist ansteckend und ich bekomme das Gefühl, auf der Tanzfläche etwas zu verpassen – wie ich auch ihre Leben verpasst habe, während ich mit King & Prince beschäftigt war und keine Zeit mehr hatte, nach Hause zu kommen.
»Willst du tanzen?« Plötzlich will ich sehen, wie sich Devon zur Musik bewegt. Ob sie auch auf der Tanzfläche ihre coole Miene wahren kann.
»Wie könnte ich Sadie Ireland einen Wunsch abschlagen?« Sie geht voran und, wie das auf feuchtfröhlichen Partys so ist, plötzlich tanze ich wild zu einem Tina-Turner-Song, obwohl ich einen Moment zuvor noch mein Privatleben beklagt habe.
Suzy legt den Arm um mich. »Ich bin so froh, dass du zu Hause bist, kleine Schwester«, ruft sie in mein Ohr. »Ich habe dich so vermisst.«
»Ich habe dich auch vermisst, Suze.« Mir steigen Tränen in die Augen, als ich sie ansehe. Das liegt bestimmt am Bier.
»Ich weiß, was wir jetzt brauchen.« Sam steht auf einmal neben uns.
Eine Vorahnung lässt mich ächzen.
»Shots!«
»Shots! Shots! Shots!«, ruft auch Suzy.
Ich habe zu viel Spaß mit meinen Geschwistern, um mich ernsthaft zu wehren. Und ich muss morgen auch nicht am Set sein. Ich habe zwei Monate Zeit, um mich von dem schrecklichen Kater zu erholen, der mich erwartet.
Mit einigen routinierten Gesten bestellt Sam Schnaps, der mir im nächsten Moment in der Kehle brennt. Gut, dass Devon vorhin mein Bier ausgetrunken hat. Wo ist sie eigentlich? Sie scheint sich aus dem wilden Shotgelage herauszuhalten. Sie ist nicht mehr auf der Tanzfläche, wo wir uns ungelenk zur Musik bewegen, sondern unterhält sich mit einer Frau, die ich nicht erkenne. Devon lächelt und die Frau betrachtet aufmerksam Devons tätowierte Arme.
Im nächsten Moment werde ich hochgehoben und meine Beine baumeln in der Luft.
»Sam, lass mich runter!«, rufe ich. »Verdammt noch mal, ich bin vierzig Jahre alt.«
»Nur wenn du noch einen Shot mit mir trinkst.«
»Ach, was soll’s.« Zum Glück lässt er mich los. Meine Beine zittern, als ich wieder festen Boden unter den Füßen habe. »Warum nicht.«
»Auf uns, Schwesterchen.« Sam drückt mir ein weiteres Shotglas in die Hand. »Ich verspreche dir, ich werde mich von meiner besten Seite zeigen, solange du bei mir wohnst.«
»Große Worte, Brüderchen, große Worte.«
»Ich werde versuchen, immer den Toilettensitz runterzuklappen.« Er grinst mich an.
»Das ist schon alles?«
»Auch noch ein paar andere Sachen.«
»Wie wär’s, wenn du nicht jede Nacht mit einer anderen Frau nach Hause kommst? Das wüsste ich sehr zu schätzen.«
»Das kann ich nicht versprechen.« Er verzieht gespielt finster das Gesicht.
»Klar kannst du das! Wir können uns auf eine Nacht in der Woche einigen, in der ich irgendwo anders schlafe. Bei Suzy oder bei Dad.«
Sam schüttelt den Kopf, dann werden seine Augen ganz groß. Ich folge seinem Blick.
»Jemand wird heute Nacht Spaß haben«, kommentiert er.
Devon und die Frau stehen sehr eng beieinander, tun aber nichts, was andeuten würde, dass sie »Spaß haben« werden.
»Sie reden doch nur.«
»Na klar. Und ich bin noch Jungfrau.« Sam stößt mir den Ellbogen in die Rippen. »Vielleicht hast du zu lange mit niemandem mehr geflirtet, aber ich erkenne einen Flirt, wenn ich einen sehe. Na ja, freut mich für sie.«
Ich beobachte Devon und die Frau, mit der sie spricht. Flirten sie wirklich miteinander? Und hat es etwas zu bedeuten, falls sie es tun? Wenn ja, warum scheint es mir etwas auszumachen, und zwar so sehr, dass ich kaum wegsehen kann? Und wissen will, wie es ausgeht?
Liegt es daran, dass Devon Douglas nicht nur irgendein Mädchen ist, mit dem ich zur Schule gegangen bin? Sie ist auch das Mädchen, das mich an einem sonnigen Mittwochnachmittag einfach so geküsst hat.
Kapitel 4
Devon
Es fällt mir schwer, mich auf Zara zu konzentrieren, während Sadie mich mit Blicken durchbohrt. Sobald Sam Shots erwähnte, habe ich die Tanzfläche verlassen. Ich möchte morgen ganz und gar für meinen Sohn da sein können, anstatt mich mit einem völlig unnötigen Kater herumzuplagen.
Ich musste meinem Gefühl vertrauen, was Zaras Sexualität angeht – ihr gehört die Bäckerei, in der Suzy vor einigen Jahren gearbeitet hat. Das ist aber zu lange her, als dass Suzy mir gegenüber jemals erwähnt hätte, ob ihre ehemalige Chefin lesbisch und Single ist. Wir unterhalten uns vor allem über unsere Liebe zu Tattoos, und obwohl ich einige Anzeichen wahrnehme, bin ich mir nicht sicher.
»Wow«, sagt Zara. »Sadie Ireland ist wirklich eine attraktive Frau.«
Das werte ich als weiteren Hinweis, wünsche mir aber, er hätte nichts mit Sadie zu tun.
»Sie starrt uns an. Das schmeichelt mir zwar, macht mich aber auch etwas nervös.«
»Ich glaube, die drei Irelands haben alle etwas zu tief ins Glas geschaut.« Ich werfe einen schnellen Blick in Sadies Richtung. Sie wirkt tatsächlich eher betrunken, als dass sie uns aufmerksam beobachtet.
»Apropos«, meint Zara. »Darf ich dich auf einen Drink einladen?«
Ich nicke. »Mineralwasser mit Zitrone, bitte.« Irgendjemand muss hier einen kühlen Kopf bewahren.
»Kommt sofort.«
Ich setze mich ans Fenster und warte darauf, dass Zara zurückkommt. Es ist beinahe vollkommen dunkel, aber ich kann den Ozean trotzdem noch erkennen. Es herrscht Ebbe und der Strand ist breit und einladend. Ich hoffe, niemand kommt auf dumme Gedanken, ehe die Sonne wieder aufgeht. Das Wasser hat eine magische Anziehungskraft, ganz besonders dann, wenn man sich nach einigen Schnäpsen unbesiegbar fühlt.
Zara unterhält sich an der Bar und es dauert seine Zeit, bis sie zurückkommt. Sadie ist wieder mit ihrem Bruder, ihrer Schwester und einer kleinen Gruppe Gäste auf der Tanzfläche. Seit Finns Geburt bin ich das Gegenteil von feierwütig: Am liebsten bin ich die ganze Zeit bei ihm, sogar an den Wochenenden, an denen sein Vater auf ihn aufpasst – dessen Feierlaune im letzten Jahr ebenfalls merklich abgenommen hat, seit er mit Bobby zusammen ist.
Ich habe mich mit Sadie unterhalten. Wir haben vage ausgemacht, bald miteinander Kaffee trinken zu gehen. Das ist alles, was ich mir von dem Abend erhofft hatte. Aber natürlich stellt auch Zara ein Versprechen dar.
»Tut mir leid, hat etwas gedauert.« Zara kommt mit zwei Gläsern Wasser wieder. »Hier wimmelt es von Leuten, die ich von früher kenne.«
»Ja, geht mir genauso.« Ich trinke mein Wasser.
»Du bist also Suzys neue Chefin. Heißt das, du kennst ihre Schwester gut?«
Ich lache in mich hinein. »Ich kannte sie. Vor langer Zeit. Wir sind zusammen zur Schule gegangen.« Damals waren wir für eine ganze Weile die besten Freundinnen, bis mein Teenager-Verstand eine Situation vollkommen falsch eingeschätzt und damit alles kaputt gemacht hat.
»Eigentlich bin ich nur hier, weil ich mit Suzy befreundet bin. Sie hat nicht lange für mich gearbeitet und ich habe Sam und Sadie nie getroffen. Aber du weißt ja, wie Suzy ist.«
»Suzy lädt gern immer gleich die ganze Stadt ein«, sage ich.
»Solange sie am nächsten Tag nicht aufräumen muss.«
»Wenn man von der Teufelin spricht.«
Suzy tanzt auf uns zu und streckt uns die Arme entgegen. »Kommt, ihr beiden. Nein zählt nicht. Und wenn es nur fünf Minuten sind. Nur für einen Song.« Sie legt den Kopf schief und schmollt.
»Da bleibt uns wohl keine Wahl.« Zara springt auf und lässt sich auf die Tanzfläche ziehen, wobei sie mir ihre freie Hand hinhält. Ich ergreife sie, denn warum auch nicht? Wenn ich schon auf einer Party bin, sollte ich das Beste daraus machen. Und ich komme damit Sadie wieder etwas näher – meiner ewigen Schwachstelle.
Sie tanzt inzwischen viel unbeholfener und wedelt dabei wild mit den Armen. Das mag zwar ihre Geburtstagsfeier sein, aber ich glaube nicht, dass Sadie bis zum Ende durchhält. Tatsächlich denke ich, dass sie lieber früher als später nach Hause gebracht werden sollte. Vielleicht kann ich das übernehmen.
»Möchtest du mal irgendwo, wo es ein bisschen ruhiger ist, etwas trinken gehen?«, ruft Zara mir plötzlich zu. Sie steht dicht bei mir und bewegt ihre Hüften so, dass es mir schwerfällt, Nein zu sagen. Dabei habe ich auch gar keinen Grund, ihr Angebot abzulehnen.
»Sehr gerne.« Ich lächle ihr zu.
»Soll ich dir meine Nummer geben?«
Ich nicke und reiche ihr mein Handy.
»Bitte sehr.« Sie gibt es mir zurück und drückt mir dabei so sanft einen Kuss auf die Wange, dass alle Zweifel verfliegen. »Ich muss bald los. Bäckerinnen können sonntags nicht ausschlafen.«
Ich nicke verständnisvoll.
»Und deswegen werde ich die nächsten zehn Minuten tanzen, als gäbe es kein Morgen.« Zara strahlt mich an. »Ich hoffe, du machst mit.«
Ich bewege mich schneller, wobei meine Hüften sich ein wenig eingerostet anfühlen, aber das Tanzen liegt so sehr in der menschlichen Natur, dass ich mich sofort im Rhythmus verliere. Während der nächsten drei Lieder geben Zara und ich alles, und die Sorglosigkeit und Freude, die sich auf der Tanzfläche ausbreiten, versetzen mich in einen Rausch. Und das ganz ohne Alkohol.
Zara und ich verabschieden uns, und ich beobachte, wie sie Suzy, Sam und schließlich auch zögerlich Sadie Tschüss sagt. Die steht mittlerweile etwas abgeschlagen am Rand der Tanzfläche.
Ich suche Suzy. »Vielleicht solltest du mit Sadie an die frische Luft gehen. Sie sieht aus, als könnte sie das gebrauchen«, rate ich ihr.
»Warum gehst du nicht mit ihr nach draußen?«, fragt Suzy. Auch ihre Worte klingen, als würden ihr frische Luft und ein paar Liter Wasser guttun.
»Okay, das mache ich.« Mit einer betrunkenen Ireland streite ich mich ganz bestimmt nicht.
Lächelnd gehe ich zu Sadie hinüber. »Hey.«
»Oh, hi, Devon. Sam und ich waren überzeugt, dass du heute Abend noch viel Spaß mit jemandem haben wirst.«
Ich lache über ihren Kommentar. Vielleicht fahre ich morgen bei Zaras Bäckerei vorbei. Finn hat bestimmt Lust auf einen Cupcake. »Da habt ihr euch wohl geirrt.«
Sadie schwankt ein wenig und ich stütze sie, indem ich ihr instinktiv die Hand auf den Rücken lege. »Wollen wir vielleicht einen kleinen Strandspaziergang machen?«
Sadie mustert mich erst mit zusammengekniffenen Augen, dann nickt sie.
Auf dem Weg nach draußen frage ich an der Bar nach einer großen Flasche Wasser. Dann folge ich Sadie und wir überqueren die Promenade, um an den Strand zu gelangen. Außer uns sind noch ein paar andere Partygäste grüppchenweise über den Sand verteilt.
Ich reiche ihr die Wasserflasche und sie trinkt, als wäre sie gerade einen Marathon in der Wüste gelaufen.
»O Gott. Sam und seine verdammten Shots.« Wir gehen zum Wasser hinunter. »Ich vertrage Alkohol nicht so gut wie er. In Hollywood trinkt niemand. Ich habe keine Wahl.«
Ich weiß nicht genau, was sie meint, nicke ihr aber aufmunternd zu.
Plötzlich bleibt Sadie stehen und holt tief Luft. »Ich lebe in Malibu, aber hier fühlt sich der Strand anders an. Die Luft riecht besser. Das Meer …« Sie reicht mir die Flasche und lässt sich rücklings in den Sand fallen.
Ich setze mich neben sie und gebe ihr die Flasche zurück. Von dem bisschen Wasser wird sie nicht ausnüchtern, aber es ist besser als nichts.
»Weil du zu Hause bist«, rate ich. »Zu Hause riecht alles anders, und es fühlt sich auch anders an.«
»Wo wohnst du?« Sie sieht mich direkt an. Inzwischen ist es ganz dunkel, aber ihre Augen strahlen hell.
»Nur ein paar Straßen vom Strand entfernt.«
Sadie stellt die Flasche in den Sand und lehnt sich zurück. »Ich könnte niemals ohne das Meer leben. Lange bevor ich mir das Haus in Malibu leisten konnte, bin ich fast jeden Tag nach Santa Monica gefahren, obwohl ich mich dafür durch den schrecklichen Verkehr in L.A. quälen musste, nur um eine Meeresbrise zu erhaschen. Es ist schwer, vom Meer getrennt zu sein, wenn man hier aufwächst …«
»Geht mir genauso.« Ich weiß, was sie meint. Der Ozean liegt uns im Blut. Das Rauschen der Wellen ist Teil unserer DNA. »Surfst du noch?«
»Wie kannst du auch nur annehmen, ich würde nicht mehr surfen?« Sie lächelt mich an.
»Ich weiß nicht. Ich habe gehört, Hollywood ist ein verrückter Ort. Surfen birgt immer ein Risiko. Am Set wollen sie doch bestimmt wissen, was du in deiner Freizeit so treibst.«
Sie dreht sich zu mir. »Meine Güte, Dev, du hast dich überhaupt nicht verändert. Du bist immer noch genauso rational und vorausschauend wie zu unserer Schulzeit.«
»Ich habe mich sehr verändert.« Ich hebe die Augenbrauen.
»Ja, das passiert mit der Zeit.« Sie setzt sich auf und blickt auf den dunklen Ozean, der sich vor uns bis zum Horizont erstreckt. »Ich kann’s kaum erwarten, surfen zu gehen.«
»Ich bin gespannt zu sehen, was du draufhast.«
»Ich bin inzwischen natürlich vierzig und nicht mehr so flexibel wie mit sechzehn, aber dafür habe ich viel mehr Erfahrung. Das sollte sich also ausgleichen.« Sie sieht mich an. »Wollen wir uns in den nächsten Tagen mal zusammen auf die Suche nach einer guten Welle machen? Ich bin auch sehr gespannt, was du kannst.«
Weil ich einfach nicht anders kann, wenn es um Sadie geht, führt mein Herz ein verrücktes Tänzchen in meinem Brustkorb auf.
»Falls du nicht zu sehr mit der Frau beschäftigt bist, die dir ihre Nummer gegeben hat.«
»Und ich dachte schon, du wärst zu betrunken, um es zu bemerken.«
»Und trotzdem habe ich es.« Sie lächelt mich an, dann verzieht sie das Gesicht. »Ich glaube, das Wasser hat einen gegenteiligen Effekt auf meinen Magen.«
Bestimmt liegt es am Wasser, denke ich, als ich aufspringe und ihr beim Aufstehen helfe. »Soll ich dich nach Hause bringen?«
Sadie rührt sich nicht und schluckt ein paarmal schwer. Dann schüttelt sie den Kopf. »Ich will nicht zu Sam. Ich kenne meinen Bruder besser als jeder andere und die Chancen stehen gut, dass er erst bei Tagesanbruch und in Begleitung einer Zwanzigjährigen nach Hause kommt. Da will ich nicht dabei sein.« Sie holt tief Luft.
»Er wird doch bestimmt Rücksicht darauf nehmen, dass du da bist.«
»Wird er nicht. Nicht heute Nacht. Er ist schon sturzbetrunken und wird im Laufe der Nacht auch nicht nüchterner werden.«
»Soll ich dich zu Suzy begleiten? Ich kann schnell reingehen und ihre Schlüssel holen.«
Sadie schwankt in der lauen Mitternachtsbrise. Sie kratzt sich am Kopf. »Hast du ein Gästezimmer?«, fragt sie.
»Ich?« Wenn Sadie in meinem Haus schläft, werde ich vermutlich kein Auge zutun. Andererseits ist der Gedanke ziemlich aufregend, dass sie morgen früh noch da und wieder nüchtern sein wird. Tatsächlich ist es eine unwiderstehliche Vorstellung. »Sicher. Ja, klar kannst du bei mir schlafen. Kein Problem.«
»Vielen Dank.«
»Möchtest du laufen? Vom Strand sind es nicht mal zehn Minuten – selbst wenn man ein Surfboard trägt.«
»Möchte ich schon, aber können?« Sie streckt einen Arm aus und ich biete ihr meinen zum Einhaken an. Arm in Arm schlendern wir über den Strand, als ob wir die Zeit vierundzwanzig Jahre zurückgedreht hätten und immer noch beste Freundinnen wären, die heimlich ein paar Bier getrunken haben.
»Gut, dass du nicht flachgelegt wurdest«, sagt Sadie, als wir die Strandpromenade erreicht haben. Die Partymusik dröhnt laut zu uns heraus. Ich lasse Suzy und Sam per Nachricht wissen, dass Sadie bei mir in guten Händen ist und sie sich keine Sorgen machen müssen. »Wer sagt, dass das nicht noch passieren kann?«
Zum Glück tut der Alkohol Sadies Sinn für Humor keinen Abbruch und kichernd machen wir uns auf den Weg zu meinem Haus.
Kapitel 5
Sadie
Als ich aufwache, habe ich keine Ahnung, wo ich bin. Mein Schädel pocht und mir ist flau im Magen. Ich werfe die Decke von mir und überprüfe, was ich anhabe. Unterwäsche und ein verwaschenes graues T-Shirt, das ich nicht erkenne. Panisch blicke ich mich um, aber die andere Seite des Bettes ist leer. Ich denke angestrengt nach und erinnere mich vage an Suzy, die »Shots! Shots! Shots!« ruft, und daran, wie ich mit Devon Arm in Arm irgendwohin laufe, während wir wie zwei Schulmädchen kichern. Devon. Ich bin bei ihr zu Hause. Ich atme tief durch. Obwohl ich Devon seit Jahren nicht gesehen habe, vertraue ich darauf, dass sie auf mich aufpasst, wenn es sein muss. Vielleicht sollte ich das nicht tun, aber trotzdem bin ich hier. In ihrem Gästezimmer. Ich lausche den Geräuschen vor der Schlafzimmertür. Ich höre ein Quietschen, gefolgt von schnellen Schritten. Was zur –?
Die Tür öffnet sich und ein Kind saust herein.
»Finn! Lass das!«, ruft Devon.
Was zur Hölle passiert hier gerade? Wer ist dieses Kind?
»Wer bist du und was machst du in Moms Bett?«, fragt der Kleine wie aus der Pistole geschossen.
»Tut mir leid.« Devon taucht im Türrahmen auf. »Er hatte bei Hunter einen Donut und jetzt ist er so aufgekratzt, dass er sich kaum bändigen lässt.« Sie legt dem Jungen einen Arm um die Schulter. »Warum gehst du nicht noch mal zu deinem Dad rüber, mein Schatz? Ich hole dich später ab. Spencer freut sich bestimmt, wenn er noch ein bisschen mit dir spielen kann.«
Hunter? Spencer? Mein verkatertes Gehirn kommt mit so vielen Informationen nicht zurecht. Von wem spricht Devon? Ist das ihr Kind?
Langsam lichtet sich der Nebel in meinem Kopf und ich erinnere mich daran, dass Dad vor ein paar Jahren erzählt hat, dass Devon ein Kind bekommen hat.
»Los jetzt.« Devons Tonfall ist ein wenig strenger geworden und der Junge scheint es zu bemerken. »Aber zuerst entschuldigst du dich bei Sadie dafür, dass du einfach so in ihr Zimmer geplatzt bist.«
»Aber das ist dein Zimmer –«
»Finn.« Devons Tonfall scheint nicht nur bei Finn zu wirken. Auch auf mich hat er einen Effekt.
»Tut mir leid«, sagt Finn. »Auf Wiedersehen.« Und damit dreht er sich um und rennt davon.
»Ich bin gleich wieder da«, sagt Devon, ehe sie die Tür hinter sich zuzieht.
Oh Mann. Ich habe doch tatsächlich bei Devon geschlafen (was ich, wenn ich jetzt so darüber nachdenke, vielleicht nicht hätte tun sollen), um in Ruhe aufwachen zu können – ohne dass das aktuelle Date meines Bruders mir unangenehme Fragen stellen kann.
Ich versuche mich daran zu erinnern, was Dad mir damals über dieses Kind erzählt hat, aber ohne Erfolg. Wer ist der Vater, den Devon erwähnt hat? Ich dachte, sie ist lesbisch. Tatsächlich war ich die Erste, die das über sie wusste. Vielleicht bin ich jetzt die Letzte, die erfährt, wie flexibel ihre Sexualität tatsächlich ist. Natürlich ist alles möglich und ich kann kaum erwarten, es herauszufinden.
Während mein Kopf mich daran erinnert, dass ich ein ernstes Wörtchen mit meinem Bruder wechseln muss, steige ich aus dem Bett. Meine Jeans hängt ordentlich gefaltet über einem Stuhl. In meinem Zustand kann ich das unmöglich selbst getan haben. Devon muss mir beim Ausziehen geholfen haben. So kann man auch in die Heimatstadt zurückkehren.
Es klopft leise an der Tür. »Sadie? Darf ich reinkommen?«
»Ich bin gleich fertig!«
»Okay. Auf dich wartet frisch gebrühter Kaffee.«
Zehn Minuten später sitze ich mit einer Tasse starkem, heißem Kaffee in der Hand auf Devons Terrasse.
»Ich war mir nicht sicher, ob du von meinem Sohn wusstest, aber jetzt tust du es auf jeden Fall.« Devon trägt ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und strahlt in der Morgensonne.
»Er ist kaum zu überhören.«
»Finn ist fünf. In dem Alter haben sie so viel Energie. Es erstaunt mich jeden Tag aufs Neue.«
»Hast du erwähnt wer sein Vater ist?«
Sie lächelt breit. »Mein bester Freund, Hunter.« Sie legt den Kopf schräg. »Er ist schwul. Wir haben uns beide ein Kind gewünscht und dachten, dass wir zusammen das nötige Equipment haben, um diesen Wunsch möglich zu machen.«
Meine Augen werden groß. »Wow.«
»Wir haben ihn nicht auf natürliche Weise gezeugt, falls du dich das fragst.« Devons zufriedener Gesichtsausdruck spricht Bände.
»Mein Gehirn ist gerade sehr langsam, das ist alles.«
»Hunter wohnt nebenan und Finn kommt und geht meist, wie es ihm passt, vor allem an den Wochenenden. Deshalb auch die laute Überraschung für dich heute Morgen.« Sie kichert. »Ich kann mir vorstellen, dass dich das alles überfordert.« Sie fängt meinen Blick auf. »Und ich denke, es hat ihn verwirrt, dass du in meinem Schlafzimmer warst statt im Gästezimmer.« Sie lächelt entschuldigend. »Ich hatte nicht mit Gästen gerechnet und das Zimmer war nicht unbedingt vorbereitet. Ich habe in Finns Zimmer geschlafen.«
»O Gott, das tut mir leid. Hilft es, wenn ich sage, dass du erstaunlich ausgeruht aussiehst für eine Person, die nicht im eigenen Bett geschlafen hat?«
Röte kriecht in Devons Wangen. Sie wurde schon immer schnell rot. Das hatte ich ganz vergessen. Ich habe so vieles vergessen.
»Und die eine unerhört betrunkene Frau nach Hause bringen musste«, füge ich hinzu, um die Anspannung zu lösen.
»Wie geht es dir?« Devon versteckt sich hinter ihrer Kaffeetasse.
»Könnte viel schlimmer sein. Wenn ich auf der Party geblieben wäre und diese Flasche Wasser nicht getrunken hätte. Danke, dass du dich so gut um mich gekümmert hast, Devon. Das war sehr lieb von dir.«
»Wofür sind alte Freunde sonst da?«
»Trotzdem. Ich bin dir wirklich dankbar. Ich freue mich darauf, zu sehen, in welchem Zustand mein Bruder und meine Schwester sind.«
»Am besten wartest du noch ein bisschen, ehe du nach ihnen siehst.« Devons Wangen haben wieder ihre normale Farbe angenommen. »Übrigens habe ich sowohl Sam als auch Suzy geschrieben, dass sie sich keine Sorgen um dich machen müssen.«
»Als diese Wahnsinnsparty zu Ende war, hatten die beiden bestimmt schon vergessen, dass ich überhaupt da war.«
»Ganz sicher nicht. Suzy spricht andauernd von dir. Vielleicht hat sie ein bisschen übertrieben, weil sie sich so freut, dass du zurück bist. Zumindest für eine Weile.«
»Manchmal mache ich mir Sorgen um die beiden«, sage ich. »Es ist, als würde uns drei Geschwistern das Gen für eine erfolgreiche Langzeitbeziehung fehlen.«
»Aber du warst doch ziemlich lange verheiratet.«
»Sieben Jahre. Das ist länger als jede Affäre, die Sam und Suzy je hatten, aber im reifen Alter von vierzig Jahren ist das kaum eine vorbildliche Beziehungsbilanz.«
»Soviel ich weiß, ist Suzy sehr glücklich. Sam kenne ich nicht so gut.«
»Ich frage mich manchmal, ob Sam wirklich glücklich ist. Ist er nicht ein bisschen zu alt für dieses Surfer-Playboy-Ding, das er am Laufen hat?«
»Nur er allein kennt die Antwort darauf«, entgegnet Devon.
Ich will sagen, dass ich den Grund darin sehe, ohne Mutter aufgewachsen zu sein, aber ich will die Stimmung nicht verderben. Außerdem habe ich nicht das Gefühl, dass mein Gehirn gut genug funktioniert, um ein Gespräch über meinen lange verschollenen Elternteil zu beginnen.
»Bist du Single?« Ich sehe Devon über den Rand meiner Tasse hinweg an.
»Sehr sogar. Seit Finn da ist, spielt Dating gar keine Rolle mehr. Die ersten drei Jahre mit einem Baby sind einfach völlig verrückt, selbst wenn der Vater nebenan wohnt. Obwohl Hunter zu der Zeit quasi hier gewohnt hat, damit ich auch ein wenig schlafen konnte, wenn Finn wach war.«
»Ich kann’s kaum erwarten, diesen Hunter kennenzulernen«, platzt es aus mir heraus.
»Er ist bestimmt auch sehr gespannt. Wenn er herausfindet, dass Leona King bei mir übernachtet hat, dreht er durch. Könnte sein, dass er das Bettlaken haben will, auf dem du geschlafen hast.«
Ich hebe die Augenbrauen.
Devon lacht auf. »Dir muss doch klar sein, dass Mike in der queeren Community ziemlich, ähm, beliebt ist. Genau wie du.«
»Ich bin beliebt dank meiner Verbindung zu dem beeindruckenden Bizeps meines Ex-Mannes?«
»Na ja, um ehrlich zu sein, hat deine Serienfigur immer vor allem die lesbischen Zuschauerinnen angesprochen. Lustig, weil Hunter, Bobby und ich uns erst gestern darüber unterhalten haben. Wir glauben, dass das der Grund dafür ist, dass King & Prince schon so lange läuft. Alle Zielgruppen werden angesprochen. Es gibt für alle etwas.«
Jetzt ist es an mir, zu lachen. »Wenn du es so ausdrückst …«
Devons Miene wird wieder ernster. »Wie läuft es zwischen dir und Mike? Es kann nicht einfach sein, weiter zusammenzuarbeiten, nachdem ihr eine so spektakuläre Scheidung durchgemacht habt.«
»Ich weiß natürlich, wie unglaublich privilegiert ich bin.« Ich nehme die inzwischen leere Kaffeetasse in die Hand. Das Porzellan ist immer noch ein bisschen warm. »Aber ja, es war schwer. Wir gehen einander nicht an die Gurgel, aber ihn am Set zu sehen, ist wie eine ständige Erinnerung an all das, was zwischen uns schiefgegangen ist.«
Ich hoffe, Devon will keine Details wissen. Das ist keine Unterhaltung für einen verkaterten Sonntagmorgen.
»Vielleicht willst du mir irgendwann davon erzählen.« Sie hält die Kaffeekanne hoch. »Mehr?«
»Ich sollte lieber gehen. Dein Sohn wartet auf dich.«
»Bei seinem Dad ist er gut aufgehoben. Der Ruhe nebenan nach zu urteilen, gehen sie wahrscheinlich gerade mit Spencer spazieren.« Devon schenkt mir Kaffee nach. »Spencer ist übrigens ihr Hund. Bobby ist Hunters Partner.«
»Oh, es gibt auch einen Partner.«
»Ein Neuzugang zu unserer Großfamilie.« Klingt Devon bei diesen Worten etwa ein wenig angespannt?
»Hunter ist also wieder in einer Beziehung.«
Devon nickt knapp. »Um ehrlich zu sein, war das für mich eine große Veränderung. Vier Jahre lang gab es nur mich, Finn und Hunter. Dann taucht auf einmal dieser Typ auf und, na ja, Bobby ist kein stilles Mauerblümchen. Er hat zu allem eine Meinung und er kann nicht eher ruhen, bevor er sie nicht laut und deutlich verkündet hat. Ich habe immer gewusst, dass Hunter auf solche Männer steht, aber jetzt spielt dieser Mann eine große Rolle im Leben unseres Sohnes und es ist nicht immer so leicht, wie ich es mir wünsche. Aber ich arbeite daran.«
»Ist das nicht dein Spezialgebiet? So als Lifecoachin?«
Devon setzt ein wissendes Lächeln auf. »Sicher.« Sie nimmt noch einen Schluck. »Heißt das, dass wir keinen Kaffee mehr trinken gehen? Weil wir ihn bereits jetzt trinken?«
»Wir könnten den Kaffee überspringen und direkt zum Surfen übergehen.«
»Abgemacht. Ich freue mich drauf, dir ein paar Tricks beizubringen.«
»Glaubst du etwa, du kannst mir etwas beibringen, was ich noch nicht kann?«
Devon nickt langsam, während der Blick aus ihren braunen Augen unbeirrt auf mir ruht.
»Herausforderung angenommen.«
»Sonntags gehen Finn und ich normalerweise zum Sonnenuntergang aufs Wasser. Komm gern und sieh uns zu.«
»Das würde ich liebend gern, aber ich besuche meinen Dad. Ich habe ihn noch nicht gesehen, seit ich hergekommen bin.« Aber die Sonne wird noch viele weitere Male untergehen.
»Wie geht’s Jack?«
»Hält sich wacker, dafür, dass er Ende sechzig ist. Zumindest erzählt er mir das so am Telefon. Ich kann’s kaum erwarten, mich selbst davon zu überzeugen.«
»Er hat Finn ein neues Surfboard gebaut. Für dieses Handwerk hat er ein echtes Händchen.«