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Reglos und blass steht die kleine Bianca am offenen Grab ihrer Mutter. Der Sarg ist schon in das Erdreich hinuntergelassen worden, und der Pfarrer hat ein letztes Gebet gesprochen. Nun soll Bianca an die Grube treten und Erde auf Mamas Sarg werfen? Nein, das kann sie nicht. Auf keinen Fall! Mama liebte Licht und Wärme und Sonnenschein, und sie konnte Schmutz so gar nicht leiden! Bei diesem Gedanken schüttelt Bianca verzweifelt den Kopf, dass ihre braunen Locken nur so fliegen, und mit einem lauten Schluchzer reißt sie sich von der Hand ihrer Patentante los und läuft davon. Fort, nur fort!, schreit es in ihr, irgendwohin, wo der Kummer und die Traurigkeit sie nicht einholen können ...
Dass das unmöglich ist, wird die kleine Bianca erst in den folgenden Wochen erkennen. Da wohnt sie längst schon in der schicken Wohnung ihrer Patentante Rebecca, doch das Mädchen hätte sich nirgendwo auf der Welt einsamer und verlassener als dort fühlen können ...
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Seitenzahl: 117
Veröffentlichungsjahr: 2016
Cover
Impressum
Wir sind immer für dich da!
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock / Konstantin Yolshin
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-2611-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Gleich als unser Rettungswagen den Unfallort erreichte, packte mich beim Anblick des völlig demolierten, roten Kleinwagens ein eisiges Grauen! Oh nein, Kerstin!, war alles, was ich denken konnte – und ich hatte mich leider nicht geirrt: Die hinter dem Lenkrad eingeklemmte, blutüberströmte junge Frau war meine Freundin Kerstin. Was dann folgte, war ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit, und obwohl ich alles getan habe, was in meinen Kräften lag, konnte ich den Kampf nicht gewinnen. Zu schwer waren Kerstins innere Verletzungen … Ich bin unendlich traurig, dass ich sie verloren habe, und doch ist es gerade ihr letztes Wort, was mich nun umtreibt und nicht mehr zur Ruhe kommen lässt: »Bianca …«
Ich weiß, dass Kerstin mich mit ihrem allerletzten Atemzug gebeten hat, mich um ihre kleine Tochter zu kümmern, die jetzt keinen Menschen mehr auf dieser Welt hat. Und das werde ich tun – mit all meiner Kraft und all meinem Mut …
Die Sonne fiel durch die großen Fenster herein und tauchte das gemütliche Wohnzimmer in warmes, goldenes Licht. Einmal mehr bewunderte Rebecca Weiß ihre Freundin Kerstin dafür, was für ein gemütliches Heim sie für sich und ihre kleine Tochter Bianca geschaffen hatte. Pastellfarbene Kissen harmonierten mit dem cremefarbenen Sofa, selbst gebastelte Kastanienmännchen und Salzteig-Figürchen wechselten sich mit gekaufter Dekoration ab und verliehen der Einrichtung etwas Gemütliches, Individuelles. Von der Decke hing leise klimpernd ein Windspiel, das Kerstin und Bianca gemeinsam in liebevoller Handarbeit gebastelt hatten.
»Ihr habt es wirklich hübsch hier«, sagte Rebecca ehrlich.
»Oh, danke!«
Kerstin huschte emsig vorbei, platzierte Teller, Kuchengabeln und bunte Servietten auf dem Tisch und eilte dann in die Küche zurück, um den Zitronenkuchen zu holen. Der Saum ihres lindgrünen, geblümten Kleides umspielte ihre Knie, und der taillierte Schnitt betonte ihre zierliche Figur. Die blonden Engelslocken hatte sie im Nacken mit einer praktischen Haarspange zusammengesteckt, doch einige Strähnen hatten sich daraus gelöst und tanzten um ihr Gesicht.
»Na ja, so schick wie deine und Tobias’ Wohnung ist unsere natürlich nicht. Aber wir versuchen, es uns einfach dennoch so gemütlich wie möglich zu machen. Du weißt ja, seit …« Sie ließ den Satz unvollendet in der Luft hängen und begann, den Kuchen anzuschneiden.
Aber Rebecca wusste trotzdem, was gemeint war: Seit dem Tod ihres Verlobten, der immer der Hauptverdiener gewesen war, war für Kerstin an eine Stadtvilla, wie sie sie vorher bewohnt hatte, nicht mehr zu denken. Überhaupt hatte sich ihr gesamtes Leben von einem Tag auf den anderen komplett geändert.
Auch jetzt noch, nach so vielen Jahren, krampfte sich Rebeccas Herz vor Mitleid zusammen, als sie daran dachte. Kerstin war gerade schwanger gewesen, als Bernd seiner Prostata-Krebserkrankung erlegen war. Nur der Gedanke an das heranwachsende Leben in ihrem Bauch hatte Kerstin die Kraft gegeben, weiterzumachen.
Rebecca war für sie da gewesen, wo sie nur konnte.
Seither schlug sich Kerstin als alleinerziehende Mutter durchs Leben. Natürlich war das alles andere als einfach, aber Kerstin hielt sich wacker.
Rebecca bewunderte sie dafür, wie sie mit allen Problemen umging und was für eine Lebensfreude sie sich trotz allem bewahrt hatte.
»Ich gehe noch schnell in den Vorratskeller und hole Orangensaft und Mineralwasser«, kündigte Kerstin an.
»Ach, lass mich das doch machen«, rief Rebecca. »Du mühst dich hier ab und richtest alles her, und ich stehe bloß herum und schaue dir zu.«
Aber Kerstin war schon durch die Tür verschwunden.
Rebecca blieb allein mit Bianca im Zimmer zurück. Plötzlich war es so still, dass man das Ticken der Wanduhr hörte. Etwas unbehaglich trat Rebecca von einem Fuß auf den anderen. Sie hatte das Gefühl, sie sollte sich nun mit Bianca unterhalten, aber sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
Es lag keineswegs daran, dass sie Bianca nicht mochte – sie konnte einfach nur nicht viel mit Kindern anfangen, wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war. Sie selbst war kinderlos und hatte nicht vor, daran etwas zu ändern. Im Umgang mit Kindern fühlte sie sich immer etwas unbeholfen.
Draußen vor dem Fenster liefen laut lachend ein paar Jungen vorbei. Sie warfen sich gegenseitig einen Ball zu und tobten unbeschwert herum. Bianca hingegen saß ruhig da und malte konzentriert ein Bild. Sie schaute nicht einmal auf, um einen Blick auf die spielenden Jungen zu erhaschen. Offenbar hatte sie nicht die geringste Lust, mitzuspielen.
Rebecca blickte über Biancas Schulter auf die Zeichnung. »Das ist wirklich gut!«, stellte sie verblüfft fest. »Du hast Talent.« Tatsächlich war das Bild außerordentlich gut für eine Grundschülerin.
»Danke«, sagte Bianca leise und lächelte scheu. Ihre schmalen, hellen Hände umfassten den Buntstift fest. Weitere Stifte waren auf der Tischplatte verteilt – ebenso wie der Inhalator mit ihrem Asthmaspray, den sie immer in ihrer Nähe hatte.
Das Asthma war wohl ein Grund dafür, dass Bianca selten draußen herumtobte und nicht viel mit anderen Kindern spielte.
Kerstin hatte einmal erwähnt, dass körperliche Anstrengungen schon öfter zu Asthma-Anfällen bei ihrer Tochter geführt hatten. Doch auch abgesehen davon war Bianca ein stilles, sensibles und in sich gekehrtes Mädchen.
Manchmal dachte Rebecca, dass sie vielleicht eher einen Zugang zur Tochter ihrer besten Freundin finden würde, wenn diese ein wildes, lebhaftes Kind wäre, so wie sie selbst damals eines gewesen war. Vielleicht könnte sie sich dann eher mit ihr identifizieren.
Doch gleich darauf schämte sie sich für diesen Gedanken. Das Mädchen konnte doch nichts dafür, dass es schüchtern und kränklich war. Das machte Bianca natürlich kein bisschen weniger liebenswert, sie war ein zauberhaftes Kind. Mit Bianca war gar nichts verkehrt – das Problem lag einzig und allein bei Rebecca, der Kinder einfach ein Buch mit sieben Siegeln waren.
Kerstin kam zurück und stellte Orangensaft und Mineralwasser auf den Tisch.
»So, das Festmahl kann beginnen«, erklärte sie fröhlich.
Gemeinsam ließen sie sich den Kuchen schmecken. Dann zog sich Bianca in ihr Kinderzimmer zurück, um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Kerstin holte mit einem verschmitzten Lächeln eine Flasche Sekt aus dem Kühlschrank – »um den Orangensaft etwas aufzupeppen«, wie sie sagte.
Rebecca seufzte. »Das erinnert mich an die Zeiten, als wir häufig gemeinsam auf Partys gegangen sind und mit weiteren Freundinnen lustige Mädelabende verbracht haben. Weißt du noch, wie viel Spaß wir hatten? Manchmal vermisse ich diese Zeiten.«
Kerstin schmunzelte. »Oh ja, hin und wieder denke ich auch daran. Als wir ungefähr siebzehn waren, hat unsere wilde Zeit begonnen. Ich weiß noch, was unsere Eltern sich für Sorgen gemacht haben, dass wir die Schule vernachlässigen und nur noch um die Häuser ziehen. Dabei wollten wir nur ein bisschen Spaß. Im Grunde genommen waren wir doch immer noch sehr brave Mädchen.«
»Jetzt gibt es diese Mädelsabende nur noch einmal im Monat, wenn überhaupt«, meinte Rebecca seufzend.
Kerstin lächelte. »Jetzt gibt es eben wichtigere Dinge. Bianca hat absolute Priorität für mich.«
»Und das ist auch ganz selbstverständlich.« Rebecca nickte. »Trotzdem wird es höchste Zeit, dass wir mal wieder ausgehen. Die anderen habe ich auch schon gefragt. Kannst du nächsten Samstag?«
»Nächsten Samstag? Das geht nicht!«, sagte Kerstin. »Da ist doch die Feier.«
»Ach, tatsächlich? Was denn für eine Feier?«, fragte Rebecca überrascht.
Kerstin seufzte. »Na, die Geburtstagsfeier deines Patenkindes.« Der stille Vorwurf in ihrem Blick war unübersehbar.
Rebecca errötete bis über beide Ohren. Sie war wohl wirklich nicht die allerbeste Patentante der Welt – eher die schlechteste. Damals, als Kerstin sie gefragt hatte, ob sie Biancas Taufpatin sein wollte, hatte sie spontan zugesagt. Es hatte niemanden sonst gegeben, den Kerstin fragen konnte. Es gab keine Tanten oder anderen Verwandten, die das Amt der Patentante hätte übernehmen können – Kerstin und Bianca hatten nur einander und sonst keine Familie.
Rebecca hatte sich geehrt gefühlt, dass sie als Kerstins beste Freundin gefragt wurde, und sie hatte viel Spaß am großen Tag gehabt. Doch darüber, dass auch nach der Taufe Aufgaben auf sie warten würden, hatte sie sich keine großen Gedanken gemacht.
»Ach ja, klar, die Geburtstagsfeier!«, sagte sie rasch und versuchte zu überspielen, dass ihr der Geburtstag des Mädchens komplett entfallen war. Schon wieder.
Kerstin schüttelte leicht den Kopf. »Ach, Rebecca! Sag bloß, du hast es vergessen.«
»Sorry«, murmelte Rebecca kleinlaut. »Ich hab momentan beruflich so viel um die Ohren … Ich mach es wieder gut, versprochen. Dafür bekommt sie ein besonders schönes Geschenk. Was wünscht sie sich denn? Eine Puppe oder so etwas?«
Kerstin grinste. »Oh, Mann, Rebecca. Du hast wirklich keine Ahnung von Kindern im Allgemeinen und Bianca im Speziellen, oder? Sie hat schon vor einer Weile beschlossen, dass Puppen Babykram sind. Jetzt liest sie furchtbar gern – in der Wahl ihrer Bücher ist sie den anderen Kindern aus ihrer Klasse weit voraus. Außerdem zeichnet sie gern, wie du gesehen hast. Letztens hat sie gesagt, sie will gern einmal Künstlerin werden. Aquarellstifte oder gute neue Wasserfarben würden sie bestimmt freuen. Außerdem hat sie letztens im Laden so ein Set zum Kristalle-Züchten angeschmachtet.«
In Gedanken notierte sich Rebecca alle Vorschläge und beschloss, Bianca alles zu kaufen, was sie sich wünschte. Das schlechte Gewissen plagte sie.
Lächelnd drückte Kerstin ihre Hand. »Mach dir nichts draus. Ich weiß doch, dass du es nicht böse meinst. Du und ich, wir leben eben mittlerweile in ganz unterschiedlichen Welten. Und dennoch bleiben wir für immer beste Freundinnen.«
»Für immer«, versprach Rebecca. »Und unseren Mädelsabend verschieben wir eben einfach auf einen anderen Tag. Ich werde nachher gleich Maria, Heike und Andrea Bescheid sagen und sie fragen, ob sie auch eine Woche später Zeit haben.« Sie lachte. »Hoffentlich finden wir halbwegs zeitnah einen Termin, an dem alle können. Das ist immer so schwierig, seit wir alle so beschäftigt sind – eine Anwältin, eine Managerin und eine Notärztin.«
Kerstins Lächeln wurde etwas traurig. »Und vergiss dich nicht – als Modejournalistin bist du auch ganz schön eingespannt. Ihr alle seid echte Karrierefrauen geworden. Und ich arbeite bloß halbtags an der Kasse, um mit Bianca über die Runden zu kommen.«
»Kerstin!«, rief Rebecca aus. »Nun mach dich nicht kleiner, als du bist! Du bist Mutter – wenn das nicht mindestens so beeindruckend wie Modejournalistin ist, dann weiß ich es auch nicht. Ich wette, dein Alltag ist wesentlich stressiger als meiner.«
Kerstins Lächeln wurde wieder unbeschwerter. »Und auf jedem Fall weniger glamourös.«
Sie sahen einander an und waren beide von Herzen froh, so gut miteinander befreundet zu sein. Auch, wenn ihre Wege seit der gemeinsamen Schulzeit in ganz verschiedene Richtungen geführt hatten und sie unterschiedlicher wohl kaum sein könnten, würden sie immer füreinander da sein – das war ihnen beiden klar.
***
Notärztin Andrea Bergen biss die Zähne zusammen und schaute hinaus in den strömenden Regen. Jupp Diederichs, der Rettungssanitäter, steuerte den Rettungswagen in halsbrecherischem Tempo durch die regennassen Straßen. Doch die Eile war nötig – in einem Notfall konnte jede Minute zählen, und Jupp war ein so guter Fahrer, dass Andrea ihm und seinen Fahrkünsten bedenkenlos ihr Leben anvertraute.
Die Scheibenwischer arbeiteten auf höchster Stufe, um der Wassermassen Herr zu werden. Angespannt versuchte Andrea, durch den dichten grauen Schleier ihr Ziel zu erkennen: eine Baustelle, auf der ein Baugerüst eingestürzt war.
Sobald sie angekommen waren und Jupp den Wagen angehalten hatte, packte Andrea ihren Notarztkoffer und sprang hinaus. Augenblicklich durchnässte der Regen ihr Haar und ließ es an ihrem Kopf kleben, doch das nahm sie gar nicht wahr. Nun gab es nur eines, was zählte: Leben zu retten.
Mit einem raschen Blick verschaffte sie sich einen Überblick. Ein Bauarbeiter saß am Boden, blutete stark aus einer Kopfwunde und machte einen benommenen, verstörten Eindruck. Einige seiner Kollegen hatten sich um ihn versammelt und redeten auf ihn ein. Mehr Sorgen bereitete Andrea ein weiterer Arbeiter, der reglos am Boden lag, in einer seltsam verdrehten Position. Die Männer, die vor ihm knieten, wirkten betroffen; in einigen Augen standen Tränen.
»Schauen Sie sich die Kopfwunde an«, sagte Andrea knapp zu Ewald Miehlke, dem Rettungsassistenten, der ebenfalls bereits rasch aus dem Auto geklettert war und nun neben ihr stand. Er sollte sich davon vergewissern, dass es sich tatsächlich um keine allzu ernste Verletzung handelte. Andrea hingegen steuerte bereits mit großen Schritten auf den am Boden liegenden Patienten zu.
Als sie ihn erreicht hatte, sog sie unwillkürlich scharf die Luft ein. Sie ahnte auf den ersten Blick, dass sie nichts mehr für ihn tun konnte. Und doch musste sie es versuchen. Sie ließ sich vor ihm auf die Knie fallen und begann mit beinahe mechanischen Bewegungen, ihn zu untersuchen.
Er atmete nicht und hatte keinen Puls. Seine Verletzungen waren schwer – er hatte zahlreiche Knochenbrüche und offene blutende Wunden. Andrea befürchtete, dass seine Wirbelsäule schwer verletzt war – eine Befürchtung, die sich bestätigte. Während sie fieberhaft um das Leben des Patienten zu kämpfen begann, ließ sie sich von seinen Kollegen in knappen Worten berichten, was geschehen war:
Etwas am Gerüst war nicht richtig verschraubt gewesen; als jemand unten dagegen gestoßen war, war es in sich zusammengestürzt. Die beiden verletzten Männer hatten sich beide auf dem Gerüst befunden – der, der eine Kopfverletzung davongetragen hatte, glücklicherweise nicht allzu hoch oben. Der andere hingegen war von ganz oben in die Tiefe gestürzt.
Schaudernd war Andrea einen ganz kurzen Blick nach oben – dorthin, wo der Bauarbeiter sich vor Kurzem noch befunden hatte und wo ein paar Verankerungen an der Hausmauer noch darauf hinwiesen, dass die oberste Ebene des Baugerüsts dort gewesen war. Es wäre ein Wunder gewesen, wenn der Mann einen Sturz aus dieser Höhe überlebt hätte.
Doch diesmal hielt Gott kein Wunder bereit. Andreas Bemühungen waren vergebens. Der Mann war tot. Er war seinen Verletzungen erlegen, noch bevor sie den Unfallort erreicht hatten. Nichts, was Andrea tat, konnte ihn retten.
Obwohl sie als Notärztin nur zu gut wusste, dass man nicht jeden Patienten retten konnte, spürte sie, wie Tränen in ihren Augen brannten. Sie schluckte sie hinunter. Niemandem war geholfen, wenn sie nun die Nerven verlor. Sie musste stark und professionell bleiben. Doch an den Tod würde sie sich niemals gewöhnen, egal, wie oft sie mit ihm konfrontiert wurde. Und innerlich weinte sie um jedes Leben, das sie nicht retten konnte.
***