Notärztin Andrea Bergen 1472 - Isabelle Winter - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1472 E-Book

Isabelle Winter

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Beschreibung

Bachstraße 12 - einmal mehr! Als Notärztin Dr. Bergen ins Wohnzimmer des Penthouse kommt, bietet sich ihr dort ein erschütterndes Bild: Die kleine Emily liegt zwischen den Trümmern des gläsernen Couchtischs - blutüberströmt und in einem Meer aus Scherben! Neben ihr ihre Mutter Claudia, weinend, ja, völlig aufgelöst! Nach einer Erstuntersuchung, die Emily still über sich ergehen lässt, geht die rasende Fahrt ins Elisabeth-Krankenhaus, wo die Wunden der Kleinen von Splittern gereinigt und die Blutungen gestoppt werden müssen.
Ist es nicht seltsam, fragt sich Andrea Bergen, dass Emily so oft die Hilfe eines Notarztes benötigt? Allein in den letzten drei Monaten mussten wir ihr acht Mal helfen!
Und plötzlich ist er da, dieser Gedanke, so ungeheuerlich und unfassbar wie ein nächtlicher Albtraum: Kann es sein, dass die Mutter für Emilys üble Verletzungen verantwortlich ist? "Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom" heißt die psychische Störung, die hauptsächlich Mütter betrifft: quälend, zerstörerisch - und lebensgefährlich für das Kind ...

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Seitenzahl: 128

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Inhalt

Cover

Dr. Bergens beängstigender Verdacht

Vorschau

Impressum

Dr. Bergens beängstigender Verdacht

Ein Nachteinsatz wie ein Albtraum! Nach dem verzweifelten Notruf aus der Bachstraße sind Kinderschwester Maja und ich sofort losgerast – und in der Wohnung, in dem ein kleines Mädchen mit seiner Mutter lebt, hat uns das pure Grauen erwartet! Unser schlimmster Verdacht hat sich bestätigt: Ein Messer in der Hand, das sie ihrer Tochter an den Hals drückt, steht Claudia vor dem offenen Fenster, bereit, sich und Emily in die Tiefe zu stürzen! Kurz zuvor hatten Maja und ich die junge Witwe mit unserem Verdacht konfrontiert: Ist sie selbst für Emilys ständige Verletzungen und Erkrankungen verantwortlich? Fügt Claudia dem Mädchen körperlichen Schaden zu, um sich vor uns Ärzten als beschützerische, vorbildliche Mutter präsentieren zu können? Leidet sie am sogenannten »Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom«?

Offenbar hat die Tatsache, sich mit der schrecklichen Wahrheit konfrontiert zu sehen, jetzt in Claudia alle Blockaden eingerissen – und sie dreht durch! Aber Emily darf nichts passieren! Doch wie können wir die Kleine retten?

Gut gelaunt wirbelte Maja Behrens über die Krankenhausflure. Ihre Schicht im Elisabeth-Krankenhaus hatte wie so oft schon sehr früh begonnen. Und wie üblich gab es eine Menge zu tun.

Als Maja mit der Ausbildung fertig gewesen war und ihre Tätigkeit hier im Krankenhaus begonnen hatte, war sie zu Beginn überrascht gewesen, wie hart und anstrengend der Arbeitsalltag doch sein konnte – und trotzdem liebte sie jede einzelne Minute. Während ihre Kollegen und Kolleginnen manchmal erschöpft waren, sowohl körperlich als auch emotional, versiegte Majas übersprudelnde Energie niemals.

Sie war Kinderkrankenschwester mit Leib und Seele. Den kleinen Patienten helfen zu können war ihr das Wichtigste im Leben.

Sie wechselte Verbände und verabreichte Medikamente, kontrollierte den Blutdruck und las wichtige Werte von den Monitoren ab, um sicherzugehen, dass alles in bester Ordnung war. Obwohl sie eine Menge um die Ohren hatte, nahm sie sich immer wieder Zeit, um ein wenig mit den Kindern zu plaudern, nach ihrem Befinden zu fragen, sie zum Lachen zu bringen oder sie einfach ein bisschen aufzumuntern.

»Danke, Fräulein Behrens«, sagte ein kleiner Junge und lächelte sie vertrauensvoll an, nachdem sie eine kurze Pause genutzt hatte, um ihm aus seinem liebsten Buch vorzulesen. Lustige Sommersprossen sprenkelten seine Nase, die kupferroten Haare standen in wilden Büscheln von seinem Kopf ab.

»Ach, Tom. Du kannst mich doch Maja nennen. Und gern geschehen, du weißt ja, ich mag es sehr, dir etwas vorzulesen«, erwiderte sie mit einem warmherzigen Lächeln.

Der Junge war ein echter Wildfang; beim Klettern war er von einem Gerüst gestürzt und hatte sich mehrere Frakturen zugezogen. Es gefiel ihm gar nicht, dass er nach der erforderlichen OP so lange still liegen und im Krankenhaus sein musste, statt zu toben. Maja tat ihr Bestes, um seine Langeweile zu lindern, indem sie mit ihm las oder kleine Spiele spielte.

Bald würde er wieder nach Hause können. Maja freute sich sehr mit ihm. Trotzdem wusste sie jetzt schon, dass sie ihn vermissen würde: Tom war ihr ans Herz gewachsen wie die meisten der kleinen Patienten.

»Du bist eine richtig tolle Krankenschwester«, sagte er ihr noch, als sie das Buch zuklappte und sich auf den Weg zu ihrem nächsten Patienten machen wollte.

Ihr wurde warm ums Herz. Und als er sie so vertrauensvoll anblickte, schob sich ein Gedanke in ihren Kopf, der sie seit Jahren immer wieder heimsuchte: Wie schön es doch wäre, ein eigenes Kind zu haben! Sie stellte sich vor, dass es kein größeres Glück gäbe, als vom eigenen Kind so lieb angeschaut zu werden.

Und wie so oft versetzte der Gedanke ihr einen kleinen Stich. Seit einer Weile versuchten Ralph und sie nun schon, eine Familie zu gründen. Doch bisher war ihnen der Wunsch verwehrt geblieben, Maja war einfach noch nicht schwanger geworden. Ein Seufzen kam ihr über die Lippen.

Und gleichzeitig war da Hoffnung. Eigentlich sollte Maja gestern schon ihre Tage bekommen haben, doch die Monatsblutung ließ noch auf sich warten. Konnte es sein ...? Hatte das Warten jetzt womöglich ein Ende? Der Gedanke zauberte ein feines Kribbeln in ihren Bauch.

Aber energisch schob sie das Thema beiseite. Sie wollte sich nicht unnötig verrückt machen; das hatte sie bereits einige Male in der Vergangenheit getan, und jedes Mal war die Enttäuschung dann bitter gewesen. Wenn man gar nicht erst zu sehr hoffte, konnte man auch nicht so tief fallen.

Irgendwann würde es gewiss so weit sein. Eines Tages. Dann würden sie und Ralph eine richtige Familie sein, mit einem süßen, kleinen Kind. Aber jetzt hatte sie ohnehin überhaupt keine Zeit, über solche Dinge nachzudenken. Sie hatte viel zu viel zu tun und konnte sich nicht den Kopf zerbrechen. Mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen eilte sie weiter, um sich um all die Kinder zu kümmern.

***

»Jupp, Ewald, macht's gut. Andrea, liebe Grüße an die Familie!«, verabschiedete sich Maja. Sie hatte Feierabend und war auf dem Weg nach draußen der Notärztin Andrea Bergen mitsamt Team begegnet.

Die sympathische Notärztin nickte ihr freundlich zu. »Schönen Feierabend, Maja. Hast du heute noch etwas Nettes vor?«

Vor Vorfreude röteten sich Majas Wangen. »Oh ja, und ob. Ralph und ich, wir haben heute Date Night. Wir gehen miteinander aus.«

Andrea lachte. »Na, dann zelebriert mal eure junge Liebe! Viel Spaß!«

***

Es hatte ihr einfach keine Ruhe gelassen. Die Periode blieb erst seit einem Tag aus. Vermutlich hatte das gar nichts zu sagen. Sie sollte einfach ruhig bleiben und abwarten. Doch das hatte sie nicht geschafft. Immer wieder waren ihre Gedanken zu dem Thema zurückgekehrt. Und so hatte sie auf dem Heimweg von der Arbeit kurzerhand an der Apotheke gehalten und einen Schwangerschaftstest gekauft.

»Nicht zum ersten Mal«, murmelte sie leise.

Sie hatte noch ein kleines bisschen Zeit, bis Ralph nach Hause kam. Sobald sie durch die Tür war, ließ sie Schuhe und Jacke achtlos in den Flur fallen und lief ins Bad.

Jetzt saß sie auf dem Badewannenrand und starrte wie gebannt auf den Teststreifen. Nervös wippte sie mit einem Bein. Sie presste beide Hände auf ihre Knie, um sich zum Stillhalten zu zwingen. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Wenn ihr dummes Herz doch nicht so hoffnungsvoll pochen würde!

Es dauerte nur einen Moment, doch dieser fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Da, eine blaue Linie schien auf dem Teststreifen auf. Doch leider nur eine Linie, keine zweite, so angestrengt Maja auch hinschaute. Sie ließ den Kopf hängen. Sie hatte es ja gleich gewusst: Sie war wieder nicht schwanger geworden. Warum hatte sie überhaupt diesen Test gemacht?

Ein Geräusch an der Tür ließ sie zusammenzucken, ein Schlüssel wurde im Schloss herumgedreht: Ralph kam nach Hause. Hastig stopfte sie den Teststreifen und die Verpackung in den Mülleimer und warf noch etwas Klopapier obendrauf, damit Ralph nicht bemerkte, dass sie einen Test gemacht hatte. Sie atmete tief durch, dann eilte sie ihm entgegen.

»Ralph, hallo! Da bist du ja schon.«

»Schatz.« Er breitete die Arme aus. »Ich habe mich extra beeilt. Ich habe im schicken, neuen Restaurant reserviert. Aber kein Stress, erst in einer Stunde. Wir können noch in Ruhe duschen und uns umziehen. Wie war dein Tag?«

Sie ließ sich in seine Umarmung sinken, doch ihre Hände zitterten leicht, und ihr Bauch fühlte sich immer noch ganz angespannt an. Sie hatte keine Zeit gehabt, die Enttäuschung herunterzuschlucken, die ihr jetzt wie ein bitterer Geschmack im Mund lag. Doch sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.

***

Das Restaurant, in dem Ralph reserviert hatte, war noch eleganter als erwartet. Maja war etwas unbehaglich gewesen, als sie den roten Teppich und die Fackeln vor dem Eingang gesehen hatte. So nobel ging sie sonst selten aus und hoffte, ihr Kleid würde elegant genug sein. Jetzt wuselte ein Kellner um sie herum, um ihnen jeden Wunsch von den Augen abzulesen und ihre Weingläser stetig aufzufüllen, sodass sie niemals leer wurden. Silberbesteck glänzte im Kerzenschein.

»Und, was meinst du dazu, Maja?«

Sie schaute von ihrem Saiblingsfilet mit gefüllten Zucchiniblüten und Meerrettichschaum hoch und blickte ihrem Freund ins Gesicht. Seine blonden Haare lagen wie immer perfekt in Form. Es war ein liebenswerter Spleen, fand sie – ihm war es wichtig, dass seine Frisur stets in bester Ordnung war und kein Haar schief lag. Darum konnte er es eigentlich auch nicht leiden, wenn sie ihm in die Haare fasste. Nur ganz selten ließ er zu, dass sie seinen Schopf zerzauste.

»Wozu?«, fragte sie hastig, als ihr bewusst wurde, dass sie gar nicht wusste, wovon er sprach. Sie war wohl geistig abwesend gewesen.

Nachdenklich sahen seine hellblauen Augen sie an. »Anna und Max. Die haben uns zum Grillen eingeladen, das habe ich dir doch gerade lang und breit erzählt. Herrgott, wo bist du denn heute mit deinen Gedanken?«

In ihrer Kehle bildete sich ein Kloß. »Tut mir leid.«

Sie hatte ein schlechtes Gewissen: Er hatte dieses wunderbare Restaurant ausgesucht, das zwar viel zu teuer war, in dem das Essen aber wirklich ausgezeichnet schmeckte. Es hätte ein romantischer Abend werden können. Doch ihre Stimmung war seit dem negativen Schwangerschaftstest nun einmal gedrückt, sie konnte nichts dagegen tun, die Traurigkeit und Enttäuschung nicht abschütteln.

Sofort wurde sein Blick weich. »Was ist denn los? Ist irgendwas passiert?«

Sie stand kurz davor, ihm davon zu erzählen – von dem kurzem Moment der Hoffnung, dem Test, der darauf folgenden Enttäuschung. Doch sie verkniff es sich. Damit hätte sie ihn auch noch traurig gemacht und den Abend vollends ruiniert.

Das Thema nahm ohnehin schon viel zu viel Raum zwischen ihnen ein. Nicht nur Maja wünschte sich sehnlich ein Kind, auch Ralph sprach häufig davon. Sein Wunsch war mindestens ebenso groß wie ihrer.

Die Antwort blieb ihr erspart, denn in dem Moment stand an einem der Nebentische ein Mann auf, nur um direkt danach vor seiner Partnerin auf die Knie zu gehen. Der Ring, den er plötzlich in der Hand hielt, fing das Licht ein und funkelte atemberaubend.

»Willst du meine Frau werden?«, fragte er, doch seine Worte gingen im Jauchzen der Frau unter.

Sie sprang auf und fiel ihm überschwänglich um den Hals. »Ja, tausend Mal ja!«

Die Kellner, die eingeweiht waren, brachten schmunzelnd ein Dessert mit Funken sprühenden Wunderkerzen; einer von ihnen machte Fotos vom freudestrahlenden Paar. Im ganzen Restaurant wurde applaudiert, auch Maja und Ralph klatschten.

Doch Maja musste schlucken. Aus den Augenwinkeln schaute sie zu Ralph. Sie träumte davon, dass auch er ihr eines Tages einen Heiratsantrag machte. Und insgeheim hatte sie sogar schon überlegt, ob es heute wohl so weit sein würde, weil er ein so besonderes Restaurant ausgesucht hatte. Aber da hatte sie wohl falschgelegen, er hatte es damit nicht so eilig. Und warum auch? Sie waren ja noch jung und hatten alle Zeit der Welt.

Es war nur so, dass Maja manchmal das Gefühl hatte, er wartete auf etwas Bestimmtes. Als wäre ihm das Wichtigste, dass sie schwanger wurde; und dann, erst dann, würde er um ihre Hand anhalten. Aber was, wenn nicht? Was, wenn sie nicht schwanger wurde? Dann würde er doch trotzdem mit ihr zusammenbleiben, immerhin liebte er sie, oder etwa nicht?

Maja lächelte, als er jetzt nach ihrer Hand griff und sie fragte, ob sie ein Dessert bestellen wolle. Alles war gut zwischen ihnen. Aber tief in ihrem Herzen spürte sie trotzdem einen leisen Zweifel, der unaufhörlich an ihr nagte.

***

»Ein Kind«, knurrte Jupp Diederichs, der Rettungssanitäter, während er den Notarztwagen mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Innenstadt steuerte.

Dr. Andrea Bergen wusste genau, was er meinte. Jedes Mal war es für das Team eine emotionale Herausforderung, zu einem Einsatz gerufen zu werden – stets mussten sie das Beste hoffen und sich zugleich für das Schlimmste wappnen. Aber besonders schwer fiel es ihnen, wenn sie wussten, dass ein Kind betroffen war.

Und nicht irgendein Kind. Andrea war die Adresse bereits bekannt vorgekommen, als sie erfahren hatte, wohin sie und ihr Team fahren sollten. Und als sie in der gepflegten Gegend mit den Mehrfamilienhäusern ankamen, wusste Andrea endgültig, dass sie dieses Mädchen bereits behandelt hatte: die kleine Emily.

Sie schnappte sich ihren Notarztkoffer und stürmte los, dicht gefolgt von Jupp Diederichs und Ewald Miehlke. Jetzt durften sie keine Zeit verlieren. Sie wussten, dass das Kind verletzt war und stark blutete. Wie dramatisch es war, würden sie jedoch gleich erst mit eigenen Augen sehen.

Die Wohnungstür der Penthouse-Dachterrassenwohnung stand offen.

»Hierher!«, rief eine Frauenstimme, die vor Aufregung und Anspannung schrill war und beinahe kippte. »Schnell, kommen Sie!«

Etwas knirschte unter Andreas Schritten: Glas. Die Splitter hatten sich im ganzen Raum verteilt.

Auf der Couch lag ein schwarz gelocktes Mädchen und starrte an die Decke; die Kleine war so kreidebleich, als hätte sie einen Geist gesehen. Blutende Wunden klafften an Armen und Beinen und sogar im Gesicht des Kindes. Die Mutter, eine schlanke Schwarzhaarige, tat ihr Bestes, um die Blutungen zu stoppen. Sie hatte Verbände angelegt, deren weißes Mull-Material sich aber schon blutrot färbte. Gerade war sie dabei, den einen Arm ihrer Tochter abzubinden.

Hektische rote Flecken flammten auf ihren Wangen, ihre eisblauen Augen waren aufgerissen.

»Beeilen Sie sich«, keuchte sie. »Emily ... Sie ist beim Spielen in den Glastisch gestolpert. Ich habe das laute Klirren gehört – und da lag sie inmitten der Scherben. O Gott, überall Blut!«

Sofort war Andrea Bergen an ihrer Seite und drängte sie sanft beiseite. »Vorsicht. Der Verband ist zu eng! Der Arm könnte absterben, das wollen wir alle nicht. Lassen Sie mich das machen.«

Während Ewald dafür sorgte, dass die besorgte Mutter Andrea nicht in die Quere kam, ging Jupp der Notärztin zur Hand.

Behutsam verschaffte sich Andrea einen Überblick über Emilys Zustand und begann, die schwersten Verletzungen zu verarzten, sodass das Kind nicht noch mehr Blut verlor. Doch es würde kein Weg darum herumführen, Emily ins Elisabeth-Krankenhaus mitzunehmen. Dort konnten all die noch so feinen Glassplitter entfernt werden, die sich in die Haut gebohrt hatten, und jede blutende Wunde würde angemessen desinfiziert und behandelt werden. Das war nichts, was Andrea jetzt vor Ort leisten konnte. Worauf es ankam, war, Emily zu stabilisieren, ihr etwas gegen die Schmerzen zu geben, sie zu beruhigen und sie dann so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu transportieren.

»Alles ist gut, Emily. Erinnerst du dich an mich? Ich bin Andrea Bergen. Ich bin Ärztin. Deine Mama hat mich angerufen, damit ich dir helfe«, redete sie beruhigend auf das Kind ein. Doch Emily schien sie gar nicht wahrzunehmen. Das Mädchen war bei Bewusstsein, atmete aber flach und starrte an der Notärztin vorbei ins Leere.

Immer wieder schluchzte die Mutter laut auf. »O Gott, mein armes Kind. Meine Emily«, jammerte sie ein ums andere Mal. »Kann ich nicht etwas tun? Kann ich helfen?«

Tränen strömten über ihre Wangen, die eisblauen Augen unter den dichten, schwarzen Wimpern waren gerötet.

Kein Wunder, dachte Andrea beklommen: Wenn sie ihre eigene Tochter Franzi so sehen müsste, so verletzt und blutüberströmt, würde sie auch die Nerven verlieren. »Es gibt etwas, was Sie tun könnten, Frau ...«

»Martell«, brachte die Frau erstickt hervor. »Claudia Martell.«

»Frau Martell. Packen Sie bitte eine Tasche mit den wichtigsten Sachen, die Emily im Krankenhaus brauchen wird. Bitte beeilen Sie sich. Sie können im Notarztwagen mitfahren.« Sie ging davon aus, dass es der besorgten Mutter helfen würde, eine Aufgabe zu haben und beschäftigt zu sein. Und so war es auch: Claudia eilte los, um eine Tasche für ihre Tochter zu holen.

Wenig später brauste der Notarztwagen wieder durch die Straßen, diesmal aufs Elisabeth-Krankenhaus zu.

***

»O nein«, entfuhr es Maja, als sie Emily erblickte.