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Ein Traum aus Seide und Spitze und in seiner Schlichtheit von unbeschreiblicher Eleganz - das ist das Brautkleid, von dem Ariane schon seit ihrer Kindheit träumt. Wider alle Vernunft hat sie es sich bereits vor Jahren gekauft - lange bevor sie Leonhard, dem Mann ihres Lebens, begegnet ist! Aber nun sollen sich bald all ihre schönsten Mädchenträume erfüllen: Ariane erwartet ein Baby, und Leonhard hat um ihre Hand angehalten! Gleich nach der Geburt ihres Kindes soll die Märchenhochzeit Wirklichkeit werden ...
Doch ein tragischer Unfall zerstört all ihre Hoffnungen: Bei ihrer Arbeit im Brautstudio stürzt Ariane hochschwanger von einer Leiter und erleidet wenig später eine Fehlgeburt! Dieses Drama ist das Ende ihres Traumes, denn Ariane verliert alles, was ihr lieb und teuer war: ihr ungeborenes Baby, die Hoffnung auf ein neues Mutterglück - und Leonhard, der damit nicht leben kann ...
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Das Kleid, das ich nie tragen werde
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock / Iakov Filimonov
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4237-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
O mein Gott! Gerade ist ein Notruf eingegangen, der meine Sanitäter und mich ins Brautstudio Bergheim ruft! Eine hochschwangere Frau soll dort von der obersten Stufe einer Leiter gefallen sein und an schwersten Blutungen leiden! Während sich der Rettungswagen nur quälend langsam durch den dichten Feierabendverkehr bewegt, gehe ich vor Angst durch die Hölle: Im Brautstudio Bergheim arbeitet meine allerliebste Freundin Ariane – und sie ist hochschwanger! Sie darf ihr Baby nicht verlieren, auf dem ihr Glück mit Leonhard begründet ist! Erst gestern habe ich sie getroffen – überglücklich und am Ziel all ihrer Träume, seit Leonhard ihr einen Heiratsantrag gemacht hat …
Inzwischen haben wir Ariane auf die Gynäkologie des Elisabeth-Krankenhauses gebracht, doch Dr. Schwarzhaupt konnte die Fehlgeburt nicht mehr verhindern! Ariane und Leonhard sind über den Verlust ihres Babys schier verzweifelt – dabei wissen sie noch nicht, was ich schon weiß: Ariane wird nie mehr ein Kind bekommen können! Und nun fürchte ich um ihr Lebensglück …
Leise raschelten Seide und Taft. Zierperlen und Strasssteinchen reflektierten glänzend das Licht der Kronleuchter. Arianes Hände glitten über weiche Stoffe in Weiß-, Creme- und Champagner-Nuancen, bis sie schließlich zielgerichtet nach einem Brautkleid griff und es behutsam von der Stange nahm. Mit der eleganten Robe im Meerjungfrauen-Stil kehrte sie in den Verkaufsraum der Brautmoden-Boutique zurück.
Die Braut hatte zur Beratung ihre Mutter und ihre beiden Schwestern mitgebracht. Die Frauen saßen auf dem weichen Sofa, plapperten aufgeregt durcheinander und machten nun große Augen, als sie Ariane und das Kleid erblickten.
»Frau Hessel, dieses Modell sieht ganz ähnlich aus wie die Robe, die Sie in der Werbung entdeckt haben«, sagte Ariane freundlich. »Allerdings ist der Schnitt ein wenig anders, was Ihre Figur besser zur Geltung bringen wird. Zudem ist es aus der Vorjahreskollektion, ich könnte Ihnen also mit dem Preis entgegenkommen.«
Die Augen der Kundin leuchteten auf. »Kann ich es gleich anprobieren?«
Ariane Schubert schmunzelte. »Aber ja, sehr gerne. Kommen Sie mit zur Umkleidekabine, ich helfe Ihnen.«
Die meisten Brautkleider waren mit ihren vielen Häkchen und Schnürungen schwierig anzuziehen, doch Ariane arbeitete schon seit einigen Jahren im Brautmodengeschäft und hatte viel Übung.
Gekonnt half sie der zukünftigen Braut in die Robe, schloss die kleinen Haken und Knöpfe und zupfte die Spitzenschleppe zurecht. In der Taille war das Kleid ein wenig zu weit, doch das ließ sich mit ein paar Stecknadeln gleich geschickt kaschieren. Falls sich die Kundin für dieses Modell entschied, würde es ohnehin noch perfekt angepasst werden.
Frau Hessels ganze Körperhaltung hatte sich plötzlich geändert. Sie hielt sich stolz und aufrecht. Graziös schritt sie zurück in den Verkaufsraum, wo ihre Mutter und ihre Schwestern bei ihrem Anblick entzückt quiekten.
»Schätzchen, du siehst aus wie eine Prinzessin«, sagte die Mutter gerührt. Über ihre Wangen kullerten Freudentränen.
Die Braut strahlte übers ganze Gesicht, als sie sich vor dem großen Spiegel hin und her drehte. Der raffinierte Schnitt des Kleides ließ sie noch zierlicher wirken, als sie ohnehin war. Der gedämpfte Champagnerton brachte ihren Teint zum Strahlen und die Augen zum Leuchten. Vereinzelte Perlen waren in den Spitzenstoff eingewebt und ließen das Kleid in der Tat wie eine Prinzessinnenrobe aussehen.
»Das ist das Richtige!«, sagte Frau Hessel selig. »Das ist das Kleid, in dem ich heiraten will. Ich muss gar keine anderen mehr anprobieren.«
Ariane lächelte glücklich. Wieder war es ihr gelungen, aus dem schier unendlichen Sortiment genau das Modell auszuwählen, das den Geschmack der Kundin traf, für ihre Figur wie gemacht war und sie beinahe überirdisch schön wirken ließ. Als die Frauen das Geschäft freudenstrahlend verließen, freute sich Ariane kaum weniger als die Braut und deren Familie. Sie liebte es, Frauen zu ihren ganz persönlichen Traumkleidern zu verhelfen.
Sie wollte sich gerade dem Computer zuwenden, um im Terminkalender nachzusehen, wann ihre nächste Kundin kommen würde. Doch als sie sich umdrehte, blickte sie plötzlich in eisblaue Augen. Vor Schreck blieb ihr Herz beinahe stehen.
»Herr Bergheim«, brachte sie schwach hervor.
So sehr sie ihren Beruf auch liebte: Ihr Chef machte sie schrecklich nervös. Mit seinem kühlen, überheblichen Auftreten schüchterte er sie ein. Normalerweise hatte sie nicht viel persönlich mit ihm zu tun, denn er war ein viel beschäftigter Mann: Sascha Bergheim besaß mehrere Geschäfte und hielt sich nur selten in der Filiale auf, in der Ariane arbeitete, wenngleich er hier ein eigenes geräumiges Büro besaß.
Umso erschrockener war sie nun, als er so unerwartet vor ihr stand.
»Guten Tag, Frau Schubert.« Seine Stimme klang so distanziert wie immer. »Ich bin hier, um etwas mit Ihnen zu besprechen.«
Ariane schluckte. Seine Miene war unergründlich und verriet überhaupt nichts.
»Worum geht es denn?«, fragte sie beklommen und hoffte inständig, dass es nichts Schlimmes war. Bei seinem Blick hätte es sie nicht überrascht, wenn er sie aus irgendeinem Grund zurechtgewiesen oder gar gefeuert hätte.
»Vielleicht kennen Sie meine Freundin Smilla«, sagte er.
Sie nickte. Ariana hatte die schöne blonde Frau schon auf Weihnachtsfeiern und sonstigen Betriebsfeiern gesehen, aber kaum ein Wort mit ihr gewechselt. Sie hätte das natürlich nie laut ausgesprochen, doch insgeheim war sie darüber gar nicht traurig: Smilla Droege schien nur glücklich zu sein, wenn sie mit ihren schönen Kleidern protzen, über andere Frauen lästern und sich bewundern lassen konnte.
»Wir haben uns verlobt und wollen im Sommer heiraten«, sprach ihr Chef weiter.
»Oh, das ist schön. Herzlichen Glückwunsch zur Verlobung«, gratulierte sie eilig.
»Ja, ja, danke.« Er machte eine ungeduldige Geste, als wollte er den Smalltalk so schnell wie möglich hinter sich bringen und zum Wesentlichen kommen. »Aber worauf ich eigentlich hinauswollte: Smilla braucht natürlich ein Brautkleid. Am Samstag wird sie hierherkommen und sich nach einem Kleid umsehen. Soweit ich weiß, sind die Kundinnen mit Ihrer Beratung immer besonders zufrieden. Also hätte ich gerne, dass Sie sich darum kümmern, dass meine Verlobte etwas Passendes findet.«
»Ja, natürlich, sehr gerne«, stammelte sie. »Ich bin sicher, wir werden das perfekte Kleid für Ihre Zukünftige finden.«
Als er wieder gegangen war, seufzte sie unglücklich. Dass sie seine Verlobte beraten sollte, behagte ihr gar nicht. Smilla Droege war bekannt dafür, schwierig und zickig zu sein – und Sascha Bergheim war für seine hohen Erwartungen bekannt. Das bereitete Ariane Kopfzerbrechen. Wie würde ihr Chef wohl reagieren, wenn es ihr nicht gelang, Smilla zufriedenzustellen? Sie traute ihm glatt zu, sie einfach zu entlassen.
Während ihres restlichen Arbeitstages ertappte sie sich immer wieder dabei, den Blick prüfend durch die schier endlosen Reihen an Hochzeitskleidern schweifen zu lassen und darüber nachzudenken, welcher Stil, welche Schnitte und welche Materialien wohl am besten zu Smilla passen würden. Die Aussicht darauf, die Verlobte ihres Chefs zu beraten, machte sie furchtbar nervös.
Doch allzu viel konnte sie nicht darüber nachdenken, denn die Kundinnen hielten sie ganz schön auf Trab. Bis zum späten Nachmittag war Ariane fast pausenlos damit beschäftigt, zukünftige Bräute zu beraten, ihnen beim Anprobieren behilflich zu sein und ihnen wunderschöne Traumkleider zu verkaufen.
Nach Geschäftsschluss war ihre Arbeit noch nicht vorbei. Um diese Zeit gab es keinen Kundenverkehr mehr und die meisten Kolleginnen gingen nach Hause, doch Ariane zog sich in die hinteren Räumlichkeiten zurück, in denen die Änderungsschneiderei untergebracht war. Sie war nicht bloß als Verkäuferin und Beraterin eingestellt, sondern auch als Schneiderin.
Sorgfältig kümmerte sie sich um all die Arbeiten, die anstanden. Das Kleid einer Kundin musste gekürzt werden. Sie hatte es bereits abgesteckt und nähte nun den Saum um. Eine andere Kundin wollte, dass die Schleppe ihres Brautkleides entfernt wurde. Eine weitere Dame hatte den Wunsch nach einem Satingürtel geäußert, der genau die Farbe ihrer hellblauen Brautschuhe aufgreifen sollte.
All diese Wünsche setzte Ariane nur zu gern um. Ihr wichtigstes Ziel war es, dass all ihre Kundinnen rundum zufrieden waren und es an ihren Kleidern nichts auszusetzen gab. Jede Braut sollte sich an ihrem großen Tag wie die schönste Frau der Welt fühlen, fand sie.
Oft hatte sie für ihre Einstellung und ihre Hingabe Lob eingeheimst. Die Kundinnen fühlten sich bei ihr gut aufgehoben, schätzten ihre Liebe zum Detail, ihren guten Geschmack und ihre Sorgfalt. Wenn eine glückliche Braut sie weiterempfahl, war das für Ariane stets das schönste Kompliment.
Das Nähen machte ihr viel Spaß, doch heute musste sie zugeben, dass sie nicht so recht bei der Sache war. Schon den ganzen Tag war ihr ein wenig schwindelig, und sie war so müde, dass ihr manchmal beinahe die Augen zufielen. Morgens war ihr zudem auch noch übel gewesen, wie so oft in den letzten Tagen, aber das hatte sich zum Glück im Laufe des Tages gelegt.
Seufzend legte sie sich die flache Hand auf die Stirn: Zumindest schien sie kein Fieber zu haben. Krank zu werden konnte sie sich nun wirklich nicht leisten. Am Samstag musste sie fit sein, um Smilla Droege beraten zu können.
Sie war froh, als sie ihre Arbeit für heute beendet hatte und Feierabend machen konnte. Ariane räumte alles weg und schaltete die Nähmaschine aus. Dann wollte sie gehen, doch als sie gerade die Tür erreichte, hielt sie in der Bewegung inne.
Ariane warf einen Blick auf die Uhr und beschloss, dass sie es nicht eilig hatte und noch ein paar weitere Minuten hier verbringen konnte. Rasch huschte sie ins Hinterzimmer, in dem die reservierten und verkauften Kleider gelagert wurden. Sie musste nicht suchen; zielstrebig griff sie nach einem Brautkleid, das ganz hinten aufgehängt war. Ein glückliches Lächeln zog über ihr Gesicht.
Dieses Kleid war ihr ganz persönlicher Schatz. Schon vor zwei Jahren hatte sie es entdeckt und einfach auf Anhieb gewusst, dass sie es haben musste. Es sah ganz ähnlich aus wie jenes Kleid, das ihre Großmutter vor vielen Jahren auf ihrer Hochzeit getragen hatte. Ariane hatte die alten Hochzeitsfotos so oft angesehen, dass ihr die verblüffende Ähnlichkeit sofort aufgefallen war. Natürlich war dieses Modell moderner geschnitten, und in den vergangenen zwei Jahren hatte Ariane immer wieder kleine Änderungen daran vorgenommen, doch im Großen und Ganzen sah es dem Kleid ihrer Oma unfassbar ähnlich.
Ihre Freundinnen hatten sie als verrückt bezeichnet, als sie davon erzählt hatte. Eine Hochzeit war bei Ariane weit und breit nicht in Sicht; vor zwei Jahren war sie sogar noch Single gewesen. Doch sie hatte sich nicht beirren lassen und ihr Traumkleid kurzerhand gekauft. Sie hatte einfach gewusst, dass sie es ewig bereut hätte, sich diese Chance entgehen zu lassen.
Sie ließ den weißen Seidenstoff durch ihre Finger gleiten. Es war ein schlichtes Kleid, doch gerade deswegen fand sie es so bezaubernd. Mit seinem dezenten Ausschnitt und den langen Spitzenärmeln zeigte es nicht zu viel Haut. Die Taille wurde durch einen schimmernden Gürtel betont. Es hatte nichts mit den opulenten Roben gemeinsam, die Ariane manchmal ein wenig an Sahnetorten erinnerten, und auch nichts mit den sexy Kleidern, die ihre Trägerinnen in verführerische Sirenen verwandelten. Stattdessen hatte es etwas Unschuldiges an sich und wirkte ein wenig so, als wäre es einem anderen Jahrhundert entsprungen.
Ariane seufzte sehnsüchtig, als sie sich vorstellte, in diesem wunderschönen Kleid vor den Altar zu schreiten. Vor zwei Jahren, als sie es gekauft hatte, war sie Single gewesen, doch mittlerweile hatte sie ihre große Liebe gefunden. Ihr Herz schlug höher, als sie an Leonhard dachte. Ob er je um ihre Hand anhalten würde? Das würde ihr Glück perfekt machen.
Solange sie sich erinnern konnte, hatte sie von ihrer Hochzeit geträumt. Schon als Kind hatte sie sich ein märchenhaftes Fest für sich und ihren Traumprinzen ausgemalt.
Das war eine der prägendsten Erinnerungen, die sie mit ihrer Großmutter verband: Als Ariane noch ein kleines Mädchen gewesen war, hatten sie oft stundenlang gemeinsam auf dem Teppich gesessen. Sie hatte ihre Oma über deren Hochzeit ausgefragt und mit ihr in Träumen geschwelgt.
War es da ein Wunder, dass dieses Thema einen so großen Platz in ihrem Herzen einnahm? Ihre Großmutter war immer ihre wichtigste Bezugsperson gewesen. Nach ihrem Tod blieben Ariane bloß Erinnerungen an die langen Gespräche, an die geschmiedeten Hochzeitspläne und an das wunderbare Seidenkleid, das ihr so viel bedeutete.
***
Nachdem Ariane einen letzten Blick auf ihr Brautkleid geworfen hatte, hielt sie nichts mehr in der Boutique. Sorgfältig schloss sie die Tür doppelt ab, dann machte sie sich mit schnellen Schritten auf den Weg zur Bushaltestelle.
Sie konnte es kaum erwarten, nach Hause zu Leonhard zu kommen und den Abend mit ihm zu verbringen. Als sie auf den Bus wartete und ihr Handy aus der Tasche kramte, sah sie, dass er ihr eine liebevolle SMS geschrieben hatte: Auch er freute sich auf sie und dachte sehnsüchtig an sie. Ihre Wangen röteten sich vor Freude, als sie seine kurze Nachricht las.
Als der Linienbus ankam, verzog Ariane den Mund. Um diese Zeit waren immer furchtbar viele Menschen unterwegs. Sie war nicht die Einzige, die gerade von der Arbeit nach Hause fuhr. Sie umklammerte ihre Tasche vor der Brust, senkte den Kopf und tauchte in die Menschentraube ein, die versuchte, sich durch die geöffneten Türen zu drängen.
Nach ein paar Haltestellen stieg ein Großteil der Fahrgäste aus, und es gelang Ariane, einen Sitzplatz zu ergattern. Aufatmend zog sie die Zeitschrift aus ihrer Handtasche, die sie am Morgen am Kiosk gekauft hatte. Um sich zu entspannen, blätterte sie ein wenig darin und überflog die Artikel.
An einer Werbeanzeige blieb ihr Blick hängen, und plötzlich weiteten sich ihre Augen. Eigentlich war an der Anzeige nichts Besonderes; eine junge Frau war abgebildet, die versonnen lächelte und ihre Arme um ihren gerundeten Schwangerschaftsbauch geschlungen hatte. Darunter stand groß der Name der Schwangerschafts-Teststreifen, für die geworben wurde.
Normalerweise hätte Ariane einfach weitergeblättert, doch mit einem Mal geriet sie ins Grübeln. Sie musste daran denken, wie seltsam sie sich in letzter Zeit gefühlt hatte. Die Müdigkeit, die leichten Schwindelgefühle, vor allem aber die Übelkeit, die sie meist morgens überfiel … Konnte das nicht auf eine Schwangerschaft hindeuten?
Plötzlich konnte sie vor Aufregung kaum atmen. Je länger sie darüber nachdachte, desto realistischer erschien ihr die Möglichkeit. Wann hatte sie eigentlich das letzte Mal ihre Tage gehabt? Ihr Zyklus war seit jeher etwas unregelmäßig, darum hatte sie sich keine großen Gedanken darüber gemacht. Doch nun ging ihr auf, dass ihre Periode nun schon seit über einer Woche überfällig war.
Eine kribbelnde Unruhe erfüllte sie. Am liebsten hätte sie auf der Stelle Gewissheit gehabt. Auf keinen Fall konnte sie nun einfach nach Hause gehen, als wäre alles wie immer.
Noch nie war sie so froh über die Apotheke gewesen, die sich direkt an der Haltestelle befand, an der sie immer ausstieg, und die um diese Zeit noch geöffnet hatte. Nachdem Ariane den Linienbus verlassen hatte, steuerte sie geradewegs auf die Apotheke zu. Ungeduldig trat sie von einem Fuß auf den anderen, während sie darauf wartete, an die Reihe zu kommen. Die Apothekerin lächelte sie freundlich und wissend an, als sie stotternd hervorbrachte, was sie gerne kaufen wollte.
Wenige Minuten später lief sie mit den Teststreifen in der Hand nach Hause. Sie hatte es eiliger denn je, ihre hübsche Altbauwohnung zu erreichen. Das letzte Stück rannte sie beinahe, ohne sich um die Blicke der Leute und das Stechen in ihrer Seite zu kümmern. Alles, woran sie denken konnte, war die Frage: Bin ich schwanger oder nicht?
***
Obwohl sie heute lange gearbeitet hatte, war Ariane vor Leonhard zu Hause. Das war nichts Ungewöhnliches: Seit er befördert worden war, musste er oft lange im Büro bleiben. An normalen Tagen hätte sie sich nun in die Küche gestellt und rasch etwas Einfaches gekocht, damit sie wenig später gemeinsam essen und den Feierabend genießen konnten.