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Armer reicher Junge!, denkt die Kinderpflegerin Kathi mitleidig, als sie ihren neuen Schützling, den kleinen Philipp van den Berg, zum ersten Mal sieht. Inmitten seiner vielen Spielsachen, der kostbaren Bücher und Kostüme wirkt er regelrecht verloren und allein! Seit der schlimmen Diagnose Multiple Sklerose wacht sein Vater Alexander mit Argusaugen über Philipp - und übertreibt dabei, wie Kathi findet. Doch sie wagt noch nicht, den vermögenden Unternehmer darauf anzusprechen. Ihm eilt der Ruf als unnachgiebiger, jähzorniger Chef voraus, bei dem es bisher keine Pflegerin lange aushielt ...
Dennoch fühlt sich Kathi schon bald unwiderstehlich zu Alexander hingezogen - und verflucht sich selbst dafür: Denn was sollte ein Mann wie er, der jede haben könnte, ausgerechnet mit einer entstellten Frau wie ihr?
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Für mich bist du perfekt
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Thinkstock / Digital Vision
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4663-3
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Ich habe es nur gut gemeint, als ich die Kinderschwester Kathi ins Haus des schwerreichen Unternehmers Alexander van den Berg vermittelte, dessen Sohn Philipp an schwerem Asthma und Multipler Sklerose leidet. Doch nun fürchte ich, ich habe ihr damit einen echten Bärendienst erwiesen, denn Alexander ist ein schwieriger Chef, dem es niemand recht machen kann – auch Kathi nicht! Dabei kümmert sie sich geradezu aufopfernd um den kleinen, kranken Philipp!
Aber bei einem unbedachten Ausflug in den parkähnlichen Garten hat der Junge einen schweren Asthmaanfall erlitten – und Alexander war außer sich vor Zorn! Gerade eben konnte ich verhindern, dass er Kathi wutentbrannt entließ.
Ich weiß, dass Kathi verzweifelt auf die Stelle angewiesen ist – und ich weiß auch, dass sie unsterblich in Alexander verliebt ist. Doch diese Liebe wird ihr bestimmt nur Unglück bringen, weil sie unerwidert bleibt. Denn Kathis Gesicht ist entstellt durch eine große Narbe – und Alexander, diesem unverschämt gut aussehenden Mann, liegen die schönsten Frauen der Stadt zu Füßen …
Angespannt saß Dr. Andrea Bergen im Rettungswagen und wünschte, das Auto könnte fliegen, um schneller voranzukommen. Die anderen Autofahrer ringsumher versuchten zwar ihr Bestes, um sie vorbeizulassen, aber die Notärztin und ihr Team waren mitten in den Feierabendverkehr geraten. Also mussten sie sich mühsam durch die Straßen kämpfen, während das Kind, zu dem sie unterwegs waren, in Lebensgefahr schwebte.
»Tut mir leid, ich kann es auch nicht ändern«, sagte Jupp Diederichs.
Dem Rettungssanitäter, der den Wagen lenkte, war nicht entgangen, wie unruhig Andrea Bergen war. Entschuldigend zuckte er mit den Schultern, bevor er seine ganze Aufmerksamkeit wieder auf die Straße lenkte.
Die Notärztin zwang ein flüchtiges Lächeln auf ihre Lippen.
»Ich weiß«, seufzte sie. Jupp Diederichs tat alles in seiner Macht Stehende, um so rasch wie möglich an den Einsatzort zu gelangen, aber auch er konnte nicht zaubern.
Zu allem Überfluss hatte es zu regnen begonnen, was den Verkehr noch zäher fließen ließ, weil viele Autofahrer den Fuß ein wenig vom Gaspedal nahmen. Ein hässlicher, grauer Schleier aus Nieselregen hüllte die Stadt ein; der Asphalt färbte sich dunkel. Die tief hängenden dunklen Wolken sahen Unheil verkündend aus.
Mit sorgenvoll gerunzelter Stirn blickte Andrea hoch zum düsteren Himmel und hoffte inständig, das sei kein böses Omen.
Sie war noch nie auf dem imposanten Anwesen von Alexander van den Berg gewesen, doch sie kannte den Wohnsitz des Millionärs aus Erzählungen ihres Mannes Werner. Dieser arbeitete als Kinderarzt, und der Sohn des Millionärs, der kleine Philipp, zählte zu seinen Patienten.
Statt in Werners Praxis zu kommen, rief Alexander den Kinderarzt stets für Hausbesuche zu sich, wann immer Philipp etwas fehlte. Und da der Junge chronisch krank war, war das leider häufig der Fall. Er litt nicht nur unter Multipler Sklerose, sondern auch unter Asthma bronchiale.
Ein schwerer Asthma-Anfall war auch der Grund, warum das Notarztteam jetzt unterwegs zum Anwesen der van den Bergs war. Diese Diagnose hatte zumindest das Kindermädchen gestellt, das völlig aufgelöst und panisch den Notruf gewählt hatte.
Obwohl Asthma die häufigste chronische Erkrankung bei Kindern war, war ein solcher Anfall keine Bagatelle, und Andrea nahm den Notruf ernst. Im schlimmsten Fall konnte der kleine Philipp sterben, wenn ihm nicht rasch genug geholfen wurde. Darum durften sie keine Zeit verlieren und mussten so schnell wie möglich zu ihm gelangen.
Das breite Eingangstor zum Anwesen stand offen; ein Mann, vermutlich ein Angestellter, stand in der Einfahrt und winkte sie aufgeregt herbei. Ohne das Tempo zu reduzieren, raste Jupp die Kies-Auffahrt hoch und legte vor der Villa eine Vollbremsung hin.
Andrea Bergen hatte keine Zeit, die beeindruckende Villa und den weitläufigen Garten zu bestaunen. Noch bevor das Auto ganz zum Stehen gekommen war, schnappte sie sich ihren Notarztkoffer, sprang hinaus, rannte die paar Meter durch den Regen und hetzte durch die offen stehende Eingangstür.
Lautes Schluchzen wies ihr den Weg. Schon sah sie den kleinen Patienten, der mit vorgebeugtem Oberkörper auf dem Sofa saß, festgehalten und gestützt von einem Mann, den die Notärztin sofort als Alexander van den Berg erkannte.
In einer Ecke des Raumes lehnte eine junge Frau an der Wand und schluchzte hemmungslos. Das muss das Kindermädchen sein, dachte Andrea Bergen beiläufig. Aber um die verstörte Frau konnte sie sich nun natürlich nicht kümmern, jetzt gab es viel Wichtigeres.
Mit wenigen raschen Schritten erreichte sie das Kind. Der Junge schnappte hektisch nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Jeder Atemzug wurde von pfeifenden, zischenden Geräuschen begleitet, dem sogenannten »Giemen«.
»Sein Inhalator ist leer!«, stieß der Vater hervor. Sein Gesicht war beinahe so schreckensbleich wie das des Kindes. Angst und Sorge gruben Furchen in seine ebenmäßigen, markanten Züge. »Das hätte nicht passieren dürfen. Helfen Sie ihm!«
Mit sanfter Gewalt musste Andrea Bergen die feste, schützende Umarmung lösen, in der Alexander sein Kind hielt.
»Ich helfe Ihrem Jungen ja, aber Sie müssen mich zu ihm lassen«, forderte sie streng.
Rastlos wie ein Tiger im Käfig begann der Millionär, in der Halle hin und her zu laufen. Der Rettungsassistent Ewald Miehlke unterstützte Andrea, hatte aber gleichzeitig auch ein Auge auf Alexander. Es war verständlich, dass der besorgte Vater seinem Sohn unbedingt helfen wollte, doch er wäre Andrea nur bei ihrer Arbeit im Weg gewesen. Es gab momentan nichts, was er tun konnte.
Rasch verschaffte sich die Notärztin einen Überblick über die Lage: Philipp war bei Bewusstsein, doch er drohte jeden Augenblick die Besinnung zu verlieren. Der Sauerstoffmangel machte ihm stark zu schaffen. Seine Lippen und Nagelbetten waren bläulich verfärbt.
In seinen weit aufgerissenen veilchenblauen Augen las Andrea deutlich die Todesangst, die der Junge ausstand. Er war in heller Panik und befürchtete zu ersticken. Immer wieder wurde sein kleiner Körper von keuchendem, rasselndem Husten geschüttelt.
Dann hörten die Atemgeräusche mit einem Mal auf. Vergeblich hob und senkte sich die schmale Brust des Kindes.
Seine Hände fuhren immer wieder zu seinem Hals, als wollte er eine unsichtbare Schlinge entfernen, die ihm den Atem abschnürte. In seiner Panik hatte er seine Haut schon ganz blutig gekratzt.
»Lebensbedrohlicher Asthma-Anfall«, diagnostizierte Andrea knapp. »Stille Lunge, also kein Atemgeräusch. Jupp, Sie messen den Puls.«
Während der Rettungssanitäter ihrer Aufforderung Folge leistete, verlor Andrea keine Sekunde. Als Dauerinfusion verabreichte sie dem Kind ein Beta-2-Sympathomimetikum, um die Muskulatur der Bronchien zu entspannen und sie zu erweitern. Ewald reichte ihr bereits das Kortisonspray, das sie gleich danach anwandte.
»Pulsus paradoxus«, sagte Jupp in dem Moment, »Herz-Rhythmus-Störungen.«
Andrea nickte knapp. Sie wusste, was das bedeutete: ein Abfall des systolischen Blutdrucks, der Puls war während der Einatmung deutlich abgeschwächt.
Über eine Nasensonde sorgte sie dafür, dass Philipp mit Sauerstoff versorgt wurde. Das Kind blickte sie aus großen, verängstigten Augen an, war aber zu benommen, um sich zu wehren.
»Alles wird gut, mein Kleiner«, versprach sie ihm mit sanfter Stimme. »Ich verspreche dir, ich bin für dich da, und bald geht es dir wieder gut.«
Tatsächlich verschwand die wilde Panik aus seinem Blick, er beruhigte sich. Als er bemerkte, dass er wieder atmen konnte, entspannte sich sein Körper allmählich.
Bei seinem Vater Alexander hingegen war von Ruhe nichts zu merken. Am Rande ihrer Aufmerksamkeit nahm Andrea wahr, dass der Millionär immer noch nervös hin und her tigerte. Seine Angst schlug um in Wut, die sich gegen das Kindermädchen richtete.
»Was haben Sie sich dabei nur gedacht?«, fuhr er die junge Frau an. »Wollten Sie meinen Sohn umbringen?«
Er strahlte eine solche Autorität aus, dass sogar Andrea unwillkürlich zusammenzuckte, als er die Stimme erhob. Das Kindermädchen zitterte wie Espenlaub, ihre Wangen wurden abwechselnd kreidebleich und flammend rot.
»Das wollte ich doch nicht, ehrlich!«, schluchzte sie. »Ich … Ich habe mich gut um ihn gekümmert.«
»‘Gut gekümmert’ nennen Sie das?«, brauste er auf. »Sie haben zugelassen, dass er eine Katze streichelt! Sie hätten wissen müssen, dass er auf Tierhaare mit Asthma-Anfällen reagieren kann. Darüber wurden sie zu Beginn eingehend informiert! Und es war Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass er immer ein Asthma-Spray in Reichweite hat. Eins, das funktioniert und nicht leer ist!«
Seine Stimme war immer lauter geworden. Das Kindermädchen barg weinend das Gesicht in den Händen.
»Es tut mir leid«, stammelte die junge Frau bloß.
Sobald Philipp versorgt war und sie sich bereit machten, ihn in sitzender Position in den Rettungswagen zu transportieren, konnte sich Andrea Bergen eine Bemerkung nicht verkneifen. Das eingeschüchterte Kindermädchen tat ihr leid. Sie konnte verstehen, dass Alexander aufgewühlt war; er hatte große Ängste ausgestanden, so wie es jeder liebende Vater getan hätte. Aber eine solche Standpauke hatte die junge Frau sicher nicht verdient.
»Ein solcher Asthma-Anfall kann alle möglichen Auslöser haben«, wandte sie vorsichtig ein. »Allergene wie Tierhaare oder Pollen, Virusinfekte oder bakterielle Infektionen, Kälte, psychische oder körperliche Belastungen … Es muss also nicht sein, dass die junge Dame einen Fehler gemacht hat.«
Aber Alexander van den Berg ließ das nicht gelten.
»All das lag in ihrer Verantwortung«, knurrte er. »Sie ist nicht bloß Philipps Kindermädchen, sondern in erster Linie auch seine Krankenpflegerin. Sie ist hier, um zu verhindern, dass genau so etwas passiert!«
»Beim nächsten Mal passe ich besser auf, versprochen«, schluchzte die junge Frau.
»Beim nächsten Mal? Es wird kein nächstes Mal geben!«, donnerte er zornig. »Packen Sie Ihre Sachen – Sie sind gefeuert!«
Andrea Bergen seufzte. Sie konnte der Frau nicht helfen, das ging sie nichts an. Sie war hier, um Philipps Leben zu retten und ihn nun so schnell wie möglich ins Elisabeth-Krankenhaus zu bringen.
Als der Junge und sein Vater sicher im Rettungswagen untergebracht waren, kurz bevor sich das Fahrzeug in Bewegung setzte, sah Andrea das Kindermädchen. Mit gesenktem Kopf und tränenüberströmten Wangen stürmte es an ihnen vorbei.
Sie war zweifellos am Boden zerstört, aber irgendwie wurde die Notärztin den Eindruck nicht los, sie sei auch erleichtert, das Haus verlassen zu können. Verübeln konnte Andrea ihr das nicht: Alexander van den Berg schien wahrlich kein angenehmer Arbeitgeber zu sein.
***
»Du glaubst nicht, wohin ich heute zu einem Einsatz gerufen wurde«, sagte Andrea beim Abendessen.
Ihr Mann Werner lud sich gerade eine Portion Rotkohl zu den Knödeln auf den Teller und schielte dabei bereits nach dem Braten, den seine Mutter Hilde zubereitet hatte. Das Essen duftete verführerisch, Hilde hatte wie immer ihr Können unter Beweis gestellt.
»Zur Königin von England«, rief Werner augenzwinkernd.
Andrea verdrehte die Augen. »Ach du«, sagte sie kopfschüttelnd. »Kannst du denn nie ernst sein?«
»Ich kann schon.« Er grinste. »Muss ich denn?«
Hilde drohte ihm scherzhaft mit dem Schöpflöffel.
»Sei nicht so frech zu deiner Frau, Junge.«
Andrea lächelte ihre Schwiegermutter an, diese schenkte ihr einen verschwörerischen Blick. Manchmal bereitete es den beiden Frauen ein diebisches Vergnügen, sich gegen Werner zu verbünden.
Normalerweise sprang ihnen auch Franzi bereitwillig bei, doch das Mädchen übernachtete heute bei einer Freundin. Aber auch ohne Andreas und Werners Tochter war die Stimmung beim Essen ausgelassen.
»Nun erzähl schon«, lenkte Werner ein und gab Andrea als Friedensangebot ein besonders zartes Stück vom Braten. »Wo warst du heute?«
»Bei einem deiner kleinen Patienten«, lüftete sie das Geheimnis. »Bei Philipp van den Berg.«
Sofort war Werner ernst, seine Miene war besorgt. Als Kinderarzt lagen ihm all seine Patienten sehr am Herzen.
»Was fehlt dem Jungen denn?«, erkundigte er sich beunruhigt.
»Er hatte einen schweren Asthma-Anfall«, erzählte Andrea. »Aber keine Sorge, er ist über den Berg. Über Nacht bleibt er zur Beobachtung im Krankenhaus, aber morgen kann er schon wieder nach Hause.«
»Und im Augenblick liegt er vermutlich im besten Einzelzimmer mit allen Schikanen und zahlreichen Sonderwünschen, die sein Vater geäußert hat«, vermutete Werner zwinkernd.
Andrea musste schmunzeln. »Selbstverständlich. Mich wundert ja beinahe, dass dieser Alexander van den Berg überhaupt zulässt, dass sein Kind in einem normalen Krankenhaus untergebracht wird, statt in einer teuren Privatklinik. Er ist … kein so richtig einfacher Mensch, oder?«
»Und das ist noch vorsichtig ausgedrückt«, stimmte Werner ihr zu. »Dank Philipps chronischer Krankheit bekomme ich ihn und seinen Vater ja oft zu Gesicht. Es stimmt, Alexander kann ziemlich kompliziert sein. Mit ihm legt man sich besser nicht an.«
Andrea lobte zu Hildes großer Freude die fluffigen Knödel, bevor sie weiter erzählte: »Das Kindermädchen tut mir leid. Ich war live dabei, als er sie gefeuert hat. Du kannst mir glauben, mit ihren Gefühlen ist er dabei nicht zimperlich umgegangen. Die Arme war völlig am Ende.«
Werner seufzte. »Oh, das kann ich mir nur zu gut vorstellen. Soweit ich mitbekommen habe, hat es noch kein Kindermädchen und keine Krankenpflegerin, die er für Philipp eingestellt hat, lange dort ausgehalten. Manche kündigen selbst, weil sie die Launen des Hausherrn nicht aushalten, obwohl er sie ausgesprochen gut bezahlt.«
»Aber die meisten feuert er wohl selbst, oder?«, vermutete Andrea.
Ihre Menschenkenntnis sagte ihr, dass Alexander van den Berg nicht der Typ Mensch war, der die Dinge auf sich zukommen ließ; er agierte lieber selbst, statt bloß zu reagieren. Wenn ihm etwas nicht passte, zögerte er nicht, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Ohne diese Eigenschaft hätte er es wohl auch nicht zu einem solchen Vermögen gebracht, vermutete sie.
Werner nickte. »Stimmt. Als ich letztens zu einem Hausbesuch dort war, hat er mir erzählt, wie schwer es ist, gutes Personal zu finden. Das Thema schien ihn ganz schön aufzuregen. Ich habe mir verkniffen, ihn darauf hinzuweisen, dass seine Ansprüche vielleicht etwas überzogen sind.«
»Ist wohl besser so. Sonst wärst du in hohem Bogen aus dem Haus geflogen«, meinte sie grinsend.
Er verdrehte die Augen. »Gut möglich. Aber das, was er sucht, ist eben nicht leicht zu finden. Er will eine Kinderkrankenpflegerin, die rund um die Uhr für seinen Sohn da ist. Die soll dann zugleich als Kindermädchen dienen. Einen Fehler darf sie sich nicht erlauben, da kennt er kein Erbarmen. Natürlich muss die Pflegerin auch gut mit dem Kind auskommen – das ist auch ein Problem, denn der Junge kann ein wenig schwierig sein.«
»Ist ja auch kein Wunder«, schnaubte Hilde. »Das arme Kind ist chronisch krank: Multiple Sklerose und dann auch noch Asthma. Und ein Leben im goldenen Käfig, wenn man den Klatschzeitschriften glauben darf.«
Werner nickte. »So ist es. Da haben diese Magazine ausnahmsweise recht. Der Junge hat kein leichtes Leben, dementsprechend hat er oft schlechte Laune. Das wiederum macht es noch schwieriger, eine geeignete Pflegerin zu finden.«
Gedankenverloren zerpflückte Andrea ihren Knödel mit der Gabel und tauchte die Stückchen in die Bratensoße.
»Eigentlich tun sie mir alle leid«, sagte sie leise. »Die Pflegerinnen und Kindermädchen, der arme kranke Junge und sogar Herr van den Berg. Da sieht man mal wieder, dass Reichtum noch lange keine Garantie für Glück ist.«
***
»Wenn sich doch nur diese Geldsorgen in Luft auflösen würden«, murmelte Kathi Meurer vor sich hin, als sie aufs Gaspedal trat und ihr Auto aus der kleinen Parklücke auf die Straße manövrierte. »Ich wäre der glücklichste Mensch der Welt. Jawohl, jeden Tag würde ich Gott auf den Knien dafür danken, wenn er mir einen kleinen Geldsegen bescheren würde.«
»Mami? Was hast du gesagt?«, erklang Lillys glockenhelles Stimmchen vom Rücksitz.
»Dass du mein zuckersüßer Engel bist«, gab Kathi lächelnd zurück.
Egal, wie müde und abgekämpft sie sich fühlte: Ihre kleine Tochter schaffte es immer, ein Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern. Sah sie ihr geliebtes Kind an, wurde ihr warm ums Herz.