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Reglos steht die hübsche Lara Mäurer vor dem schlichten kleinen Holzkreuz inmitten bunter Sommerblumen. Auto um Auto rast auf der Schnellstraße an ihr vorbei, doch Lara merkt es nicht - zu sehr ist sie in ihrer Verzweiflung gefangen. Wie gestern kommt es ihr vor, dass an dieser Stelle jene andere junge Frau gestorben ist. Niemals wird Lara den entsetzten Blick aus angstgeweiteten Augen vergessen, bevor ihre beiden Fahrzeuge kollidierten!
Ach, wäre ich doch selbst gestorben!, denkt Lara einmal mehr, denn sie kann das lähmende Gefühl der Schuld nicht abschütteln...
Als Lara sich zum Gehen wenden will, erblickt sie einen jungen Mann, der sich unbemerkt der Unfallstelle genähert hat. In seinem Blick liest Lara all den Kummer, den sie selbst empfindet, und sie spricht ihn mitfühlend an - nicht ahnend, wen sie vor sich hat. Das soll Lara erst viel später erfahren - unter ungeheuren, ganz und gar tragischen Umständen ...
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Seitenzahl: 120
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Blumen an der Todesstrecke
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock / pecaphoto77 Hintergrund: shutterstock / Srdjan+Randjelovic
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-5218-4
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Welch erstaunliche Wege die Liebe manchmal geht!
Ausgerechnet an dem kleinen Holzkreuz an der Schnellstraße, wo vor Kurzem seine geliebte Schwester Mareike tödlich verunglückte, hat mein Kollege Dr. Gabriel Wiedhoff ein neues Glück gefunden: Lara, seine »Zauberfrau«, wie er sie zärtlich nennt. Und zaubern kann Lara offenbar tatsächlich, denn nach den Monaten der Trauer ist in Gabriels Augen das altbekannte Funkeln zurückgekehrt!
Jetzt, nur drei Stunden später, muss ich erkennen, dass meine Hoffnung eine trügerische war: Denn heute Abend ist es auf dem Ärzteball zwischen Lara und Gabriel zu einem hässlichen Streit gekommen! Tränenblind ist die hübsche Lara danach in die Nacht hinausgestürzt – und vor Gabriels Augen von einem Auto erfasst und schwer verletzt worden …
Angestrengt starrte Mareike hinaus in den Regen. In Strömen floss das Wasser über die Windschutzscheibe. Die Scheibenwischer arbeiteten unermüdlich, wurden der Wassermassen aber kaum Herr.
Den ganzen Tag über hatten dunkelgraue Wolken den Himmel verfinstert. Immer wieder hatte Mareike aus dem Bürofenster geblickt und auf den Wolkenbruch gewartet, doch dieser hatte sich Zeit gelassen, bis sie sich abends auf den Heimweg machte.
»War ja wieder klar«, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich bin eben vom Pech verfolgt.«
Von morgens bis abends war alles schiefgegangen. Sie hatte verschlafen, sich den kleinen Zeh am Küchentisch gestoßen und im Stau gestanden. Ihr Chef hatte ihr wegen eines winzigen Fehlers, der eigentlich gar nicht ihre Schuld war, die Hölle heißgemacht. Das Essen in der Kantine war bestenfalls lauwarm und kaum gewürzt gewesen, und zu allem Überfluss hatte auch noch die Kaffeemaschine im Büro den Geist aufgegeben.
Doch was Mareike wirklich bedrückte, war, dass sich Jochen nicht bei ihr meldete. Frustriert seufzte sie und warf einen Blick auf das Handy, das aus ihrer Handtasche auf dem Beifahrersitz ragte. Seit sie Jochen kannte, fuhren ihre Gefühle Achterbahn.
Vor etwa zwei Monaten hatte sie ihn in einer Szene-Bar kennengelernt. Mit seiner weltgewandten Art, dem guten Aussehen und der umwerfenden Ausstrahlung hatte er ihr Herz im Sturm erobert. Hals über Kopf hatte sie sich in ihn verliebt.
Eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf hatte ihr zugeflüstert, es müsse irgendwo einen Haken geben. Und so war es auch gewesen: Nach ein paar prickelnden Dates und berauschenden Liebesnächten hatte sie herausgefunden, dass er verheiratet war.
»Mistkerl«, knurrte sie und schloss ihre Hände fester um das Lenkrad.
Doch gleichzeitig schlug ihr Herz unwillkürlich höher, sobald sie an ihn dachte. Ja, er mochte ein Mistkerl sein – aber er war der Mistkerl, den sie wider alle Vernunft liebte.
Sie wusste, sie sollte den Kontakt abbrechen und ihn nie wieder treffen. Nicht nur, um ihr eigenes Herz zu schützen, sondern auch seiner Frau zuliebe. Diese ahnte vermutlich nichts und wunderte sich, warum Jochen oft erst spät nachts nach Hause kam.
Aber so deutlich ihr Verstand Mareike auch sagte, was sie zu tun hatte: Ihre Gefühle sträubten sich dagegen. Manchmal war es gar nicht so einfach, das Richtige zu tun. Beim bloßen Gedanken daran, Jochen nie wiederzusehen, war Mareike zum Weinen zumute.
Er behauptete, seine Ehe sei im Grunde genommen schon vorbei und existiere nur noch auf dem Papier, und sie wollte nichts lieber, als ihm zu glauben. Solange sie sich einredete, sich in keine funktionierende Ehe zu drängen, konnte sie ihr schlechtes Gewissen ein wenig beruhigen.
Unruhig und nervös hatte sie den ganzen Tag darauf gewartet, dass er sich endlich bei ihr meldete, um ein Treffen zu vereinbaren. Oft erfuhr sie ganz kurzfristig, ob er Zeit für sie hatte oder zu Hause bei seiner Frau bleiben musste. Sie verachtete sich selbst dafür, so verzweifelt an ihm zu hängen und sofort zu springen, wenn er nach ihr rief, aber sie konnte einfach nicht aus ihrer Haut.
Unglücklich seufzte sie und rieb sich mit einer Hand über die Augen, während sie mit der anderen weiterhin das Lenkrad festhielt. Es war ermüdend, bei diesem Wetter Auto zu fahren. Der Regen schien die Schnellstraße in einen reißenden Fluss zu verwandeln. Das Wasser reflektierte die grellen Lichter der Scheinwerfer.
Als ihr Handy plötzlich zu klingeln begann, schreckte Mareike zusammen.
»Jochen!«, stieß sie hervor.
Das Display leuchtete, doch sie konnte den Anrufernamen nicht erkennen. Rasch griff sie nach dem Handy und murmelte dann einen Fluch, als die Handtasche vom Sitz rutschte. Aus dem Fußraum klingelte das Handy weiter.
Sie verzog den Mund und beugte sich vorsichtig zur Seite, um mit einer Hand nach dem Handy zu angeln. Gleichzeitig versuchte sie, sich weiter auf die Straße zu konzentrieren.
»Nein!«, jammerte sie, als sie mit den Fingerspitzen gegen das Mobiltelefon stieß und es damit aus Versehen noch weiter wegschob. Ihr Herz schlug wie verrückt. Das war womöglich gerade ihre Chance, Jochen heute noch zu sehen!
Einen Moment lang dachte sie nicht nach. Die Sehnsucht nach ihrem Liebhaber vernebelte ihre Sinne. Kurz wandte sie den Blick von der Straße ab und versuchte, das Handy zu finden.
Es war nicht mehr als ein Augenblick, und doch zu lang. Als Mareike wieder auf die Straße schaute, entfuhr ihr ein erschrockenes Keuchen. Sie war beinahe von der Spur abgekommen. Hektisch lenkte sie dagegen, um ihren Fehler zu korrigieren.
Doch auf der regennassen Fahrbahn reagierte ihr Auto nicht so, wie Mareike es erwartete. Die Reifen rutschten einfach weg. Ihr Magen krampfte sich zu einem eiskalten Klumpen purer Angst zusammen, als der Wagen zu schlingern begann. Alles ging so schnell, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Verzweifelt stellte sie fest, dass sie die Kontrolle verlor.
***
»Das ist ja ein richtiges Weltuntergangswetter«, sagte Lara Mäurer lachend. »Wenn das so weitergeht, muss ich bald den restlichen Weg nach Hause schwimmen.«
»Jammer nicht«, schimpfte ihre beste Freundin Hella Terhardt, mit der sie gerade über die Freisprecheinrichtung telefonierte. »Du sitzt wenigstens sicher und trocken im Auto! Ich bin gerade durch den strömenden Regen zur Bushaltestelle gesprintet. Ehrlich, ich bin bis auf die Unterwäsche durchnässt. Jetzt sitze ich frierend im Bus, weil der Fahrer aus irgendeinem Grund die Klimaanlage aufgedreht hat.«
»Okay, du hast gewonnen, du bist die Ärmere von uns beiden«, gab Lara schmunzelnd zu.
»Macht nichts«, verkündete Hella fröhlich, »ich tröste mich gleich mit einer großen Tafel Schokolade und einem warmen Schaumbad. Ein Glück, dass ich bald zu Hause bin.«
»Ich auch. Ich bin schon auf der Schnellstraße. Keine zehn Minuten mehr, dann bin ich auch zu Hause. Und ich glaube, ich folge deinem Beispiel und plündere meine Schokoladen-Vorräte«, beschloss Lara.
Als sie sich bildlich vorstellte, sich mit Süßigkeiten aufs Sofa zu kuscheln, die Rollos runterzulassen und dieses grässliche Wetter auszusperren, konnte sie es plötzlich kaum erwarten, endlich nach Hause zu kommen. Sie gab noch etwas mehr Gas, setzte den Blinker und wollte den roten Kleinwagen überholen, der vor ihr her tuckerte.
»Hast du übrigens über meinen Vorschlag nachgedacht, dich bei einer Partnerbörse anzumelden?«, plapperte Hella weiter. »Ich kann das wirklich nur empfehlen! Nirgendwo sonst findet man so viele interessante Männer auf einem Fleck.«
»Ich weiß nicht so recht, ich …«
Weiter kam Lara nicht. Entsetzt riss sie die Augen auf, als sie bemerkte, dass das rote Auto, das sie gerade zu überholen begonnen hatte, plötzlich gefährlich zu schlingern begann. Unkontrolliert fing der Wagen an, von links nach rechts zu schwanken.
Laras Körper handelte wie von selbst. Sie umklammerte das Lenkrad fester und trat das Bremspedal ganz durch. Doch es war aussichtslos: Sogar bei besseren Witterungsverhältnissen hätte sie nicht schnell genug bremsen können, und schon gar nicht bei einem solchen Regen. Viel zu schnell schoss das Auto dahin – geradewegs auf den anderen Wagen zu.
Die Zeit schien stillzustehen. Wie in Zeitlupe sah Lara hochspritzendes Wasser und Regentropfen, die auf die Windschutzscheibe trafen. Sie sah rot glänzendes Metall, das viel zu schnell näher kam – und dann einen Herzschlag lang die Frau, die hinter dem Steuer saß: eine junge Rothaarige mit schreckgeweiteten dunklen Augen und zum Schrei aufgerissenen Mund.
Der Zusammenstoß war unvermeidlich, das erkannte Lara. Ihre Hände umklammerten das Lenkrad so fest, als wollten sie es zerbrechen. Mit blankem Entsetzen starrte sie geradeaus und ergab sich ihrem Schicksal.
Ich bin noch viel zu jung, um zu sterben, schoss es ihr durch den Kopf. Doch sie zweifelte nicht daran, dass genau das geschehen würde.
Sie schrie aus Leibeskräften, so laut, wie sie noch nie zuvor geschrien hatte. Doch der grausame Ruck, der mit einem Mal durch ihr Auto ging, ihren Gurt spannte und den Airbag hervorschnellen ließ, trieb alle Luft aus ihrer Lunge und ließ den Schrei einfach abreißen. Das scheußliche Geräusch von berstendem Metall bohrte sich tief in ihre Ohren, als die beiden Autos mit voller Wucht seitlich gegeneinanderprallten.
***
Als Mareikes Auto endlich zum Stillstand gekommen war, war alles geradezu unheimlich ruhig. Die einzigen Geräusche, die die Stille durchschnitten, waren das Prasseln des Regens auf dem Autodach und ihre eigenen rauen Atemzüge.
Sie hatte keine Schmerzen, doch sie wusste mit unbeirrbarer Sicherheit, dass sie schwer verletzt war. Irgendetwas stimmte nicht mit ihrem Oberkörper, ihrem Rücken, ihrem Nacken, doch nichts tat weh. Vermutlich lag es am Schock, dass sie überhaupt nichts empfand, nicht einmal Angst.
Sie wollte den Kopf drehen, um zu dem anderen Auto und zu der hübschen dunkelblonden Frau mit den braunen Rehaugen zu schauen, die hinter dem Steuer saß. Für den Bruchteil einer Sekunde waren sich ihre Blicke begegnet, unmittelbar vor dem Aufprall, und Mareike hatte die Panik in den Augen der anderen Frau erkannt.
Doch jetzt gelang es ihr nicht, sich zu bewegen, um aus dem Seitenfenster ihres Autos zu schauen. Sie konnte sich überhaupt nicht rühren.
Meine Atemzüge klingen merkwürdig, dachte sie benommen. Kam dieses rasselnde Pfeifen wirklich aus ihr? Was war nur mit ihrer Lunge los?
Das alles erschien ihr wie ein seltsamer, ferner Traum, der überhaupt nichts mit der Realität zu tun hatte. Ein Teil von ihr rechnete damit, jeden Moment sicher und wohlbehalten in ihrem weichen Bett aufzuwachen. Doch ein anderer Teil wusste genau, dass dieser Unfall wirklich geschehen war und dass es kein frohes Erwachen geben würde.
Eine grenzenlose Traurigkeit stieg in ihr auf, als ihr bewusst wurde, dass das hier vielleicht ihr Ende war. Womöglich würde sie sterben, eingekeilt in ihr Autowrack, auf einer Straße zwischen ihrer Arbeit und ihrem Zuhause, eingehüllt in einen grauen Nebelschleier.
Jetzt verschwendete sie keinen Gedanken mehr an Jochen. Sie war ganz und gar bei ihrer Familie. Die Vorstellung, ihre geliebten Eltern und ihren Bruder Gabriel nie wiederzusehen, war Mareike unerträglich. Sie klammerte sich an das Bild ihrer Familie, das sie vor ihrem inneren Auge sah, als sie das Bewusstsein verlor und sich Dunkelheit über ihren Geist senkte.
***
Hellas Hand, die das Handy umklammerte, zitterte unkontrolliert. Ihr wurde mit einem Mal eiskalt. Ihre Kehle war so eng, dass sie kaum atmen konnte.
»Lara?« Ihre Stimme klang plötzlich dünn und schwach wie die eines kleinen Mädchens.
Hella war gerade aus dem Bus ausgestiegen, als Lara am Telefon aufgeschrien hatte. Erst war da dieser entsetzlich gequälte Schrei gewesen, dann ein lauter Knall und seither war alles totenstill. Mit einem raschen Blick aufs Display stellte Hella fest, dass die Verbindung abgerissen war.
Eigentlich hatte sie vorgehabt, den Kragen ihres Trenchcoats hochzuklappen und so schnell wie möglich durch den strömenden Regen nach Hause zu laufen, doch dieser Plan war schlagartig vergessen. Sie merkte überhaupt nicht mehr, dass der Regen auf ihren Kopf prasselte, über ihr Gesicht rann und ihre Kleidung durchnässte. Die Dinge, über die sie sich gerade noch aufgeregt hatte, hatten schlagartig jegliche Bedeutung verloren.
Etwas Schlimmes war passiert, daran bestand kein Zweifel. Das blanke Entsetzen, das in Laras Stimme gelegen hatte, war Hella durch Mark und Bein gefahren und hatte sie tief erschüttert.
Einen Herzschlag lang war sie schreckensstarr, dann versuchte sie, rasch ihre beste Freundin zurückzurufen, doch Lara meldete sich nicht. Hella zögerte nicht länger, sondern wählte den Notruf. Dabei zitterte sie so stark, dass sie das Handy beinahe fallen gelassen hätte.
»Ein … Ein Unfall«, stammelte sie. »Ich glaube, es gab einen Autounfall. Nein, ich bin ganz sicher, dass es so war.«
Eine freundliche Frauenstimme stellte ihr alle möglichen Fragen: Was genau passiert war, wo sich der Unfall zugetragen hatte, wie sie hieß.
Vor Panik wurde Hella ganz schwindelig. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie den Notarztwagen schicken sollte! Ihr schwirrte der Kopf. Lara brauchte vermutlich gerade dringend Hilfe, und Hella wusste einfach nicht, wohin sie diese Hilfe senden sollte.
»Die Schnellstraße!«, stieß sie dann hervor, als sie sich an Laras Worte erinnerte. Sie wusste, welche Straße Lara normalerweise nahm, um von der Arbeit nach Hause zu gelangen. Lara hatte gesagt, sie sei noch knappe zehn Minuten von zu Hause entfernt. So gut sie konnte, versuchte Hella, der Dame am Telefon zu beschreiben, wo sie Lara vermutete.
»Oh bitte, bitte beeilen Sie sich, schicken Sie jemanden dorthin!«, flehte sie dann verzweifelt. »Die Lage ist ernst, das weiß ich genau.«
***
Der Notarztwagen raste durch die abendlichen, verregneten Straßen. Zu dieser Uhrzeit war nicht mehr viel los, der Großteil des Feierabendverkehrs hatte sich bereits gelegt, die meisten Leute waren zu Hause angekommen und verschlossen Türen und Fenster vor dem sintflutartigen Regen.
Andrea Bergen war unsagbar erleichtert darüber, denn so kamen sie schnell voran. Die Notärztin wusste nur allzu gut, dass es im Ernstfall auf jede einzelne Sekunde ankam. Jeder Moment konnte über Leben und Tod entscheiden.
Sie wusste nur, dass sie mit ihrem Team unterwegs zu einem Autounfall auf der Schnellstraße kurz vor der Stadt war. Wie schlimm die Situation wirklich war, wie viele Leute involviert waren und wie schwer die Verletzungen waren, würde sie erst vor Ort erfahren.
Angespannt blickte sie hinaus in den strömenden Regen, der die Stadt einhüllte wie ein graues Tuch. Sie hoffte aus ganzem Herzen, keine allzu tragische Situation vorzufinden: keine Verstorbenen, keine Schwerverletzten.
Ein kurzer Blick in die Gesichter ihrer Helfer Ewald Miehlke und Jupp Diederichs reichte aus, um zu merken, dass es ihnen ebenso ging. Der Rettungsassistent und der Rettungssanitäter warteten bang darauf, was für ein Bild sich ihnen bieten würde. Beide waren blass und ernst, zum Scherzen war in so einer Situation niemandem zumute.
Jupp fuhr so schnell, wie es die nasse Fahrbahn erlaubte. Er bog um eine Kurve, stieß dann einen unterdrückten Fluch aus und bremste abrupt.