Rache im Blick - Nora Roberts - E-Book

Rache im Blick E-Book

Nora Roberts

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Beschreibung

Atemlos spannend, mit sympathischen Charakteren und genau der richtigen Dosis Romantik – der neue große Roman von Nora Roberts!

Thea ist noch keine 13 Jahre alt, als sie Traumatisches durchmachen muss: Ihre Eltern sterben bei einem Raubmord. Allein dank Theas Hinweisen kann der Täter Ray Riggs, ein gewissenloser Psychopath, verurteilt werden. Obwohl sie bei ihrer geliebten Großmutter aufwächst, lassen sie die Erinnerungen nie ganz los.
Jahre später, Thea ist erwachsen und hat im alleinerziehenden Vater Tyler ihre große Liebe gefunden, scheint sich alles zum Guten zu wenden. Doch dann entdeckt Riggs eine Möglichkeit, sich an Thea zu rächen. Bald entspinnt sich ein gnadenloser Kampf zwischen Gut und Böse …

Nora Roberts ist die Queen des Romantic Thrill: Lesen Sie auch die spannenden SPIEGEL Bestseller »Im Schutz der Nacht« und »Nach dem Sturm«.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 710

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Buch

Thea ist noch keine 13 Jahre alt, als sie Traumatisches durchmachen muss: Ihre Eltern sterben bei einem Raubmord. Allein dank Theas Hinweisen kann der Täter Ray Riggs, ein gewissenloser Psychopath, verurteilt werden. Obwohl sie bei ihrer geliebten Großmutter aufwächst, lassen sie die Erinnerungen nie ganz los.

Jahre später, Thea ist erwachsen und hat im alleinerziehenden Vater Tyler ihre große Liebe gefunden, scheint sich alles zum Guten zu wenden. Doch dann entdeckt Riggs eine Möglichkeit, sich an Thea zu rächen. Bald entspinnt sich ein gnadenloser Kampf zwischen Gut und Böse …

Autorin

Nora Roberts wurde 1950 in Maryland geboren. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie 1981. Inzwischen zählt sie zu den meistgelesenen Autorinnen der Welt: Ihre Bücher haben eine weltweite Gesamtauflage von über 500 Millionen Exemplaren. Auch in Deutschland erobern ihre Bücher und Hörbücher regelmäßig die Bestsellerlisten. Nora Roberts hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit ihrem Ehemann in Maryland.

Unter dem Namen J. D. Robb veröffentlicht Nora Roberts seit Jahren ebenso erfolgreich Kriminalromane.

Nora Roberts

Rache im Blick

Roman

Deutsch von Margarethe van Pée

Die Originalausgabe erschien 2024 unter dem Titel »Mind Games« bei St. Martin’s Press, an imprint of St. Martin’s Publishing Group, New York.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Copyright der Originalausgabe © 2024 by Nora Roberts

Published by Arrangement with Eleanor Wilder

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2025 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

[email protected]

(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)

Redaktion: René Stein

Umschlaggestaltung: © www.buerosued.de

BSt · Herstellung: CS

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-32687-6V002

www.blanvalet.de

In Erinnerung an meine Großmutter, eine Naturgewalt und wissend.

Teil ITragödie

Mag der Zorn grausam sein / und überschäumend die Wut, wer aber besteht vor der Eifersucht?

Buch der Sprichwörter, 27/4

Gib Worte deinem Schmerz: Gram, der nicht spricht, presst das beladne Herz, bis dass es bricht.

William Shakespeare

1

Der beste Teil des Sommers begann für Thea in der zweiten Juniwoche. Der letzte Schultag bekam ein großes rotes Herz – jetzt konnte sie nach Herzenslust im Pool im Garten herumplanschen und schwimmen. Sie konnte Fahrrad fahren und jeden Tag mit ihren Freunden spielen. Allerdings nannten sie es nicht mehr spielen: Jetzt hingen sie ab.

Schließlich war sie schon zwölf.

Sie liebte Barbecues, und vor allem liebte sie es, keine Hausaufgaben machen zu müssen.

Aber jedes Jahr, ungefähr eine Woche nach dem Tag mit dem großen roten Herz, quetschte sie sich mit ihrer Mutter, ihrem Vater, ihrem kleinen Bruder Rem und dem Familienhund Kakao ins Auto, bevor es auf die lange Fahrt von Fredericksburg, Virginia, nach Redbud Hollow, Kentucky, ging.

Ihre Mom kam von dort, war aber in Virginia aufs College gegangen und hatte hier am allerersten Tag in ihrem allerersten Kurs John Fox kennengelernt.

Und der Rest, wie sie immer sagten – oder wie ihr Vater sagte –, war Geschichte.

Sie heirateten im Sommer nach ihrem Sophomore Year, und zehn Monate, zwei Wochen und drei Tage danach kam sie zur Welt. Nicht ganz zwei Jahre später wurde Rem geboren.

Mittlerweile entwarf ihr Vater Häuser, und ihre Mutter richtete sie ein. Ihr Unternehmen, Fox & Fox Homes, lief gut.

Sie wusste vieles. Erwachsene dachten immer, Kinder wüssten nichts von Bedeutung, aber auf sie traf das nicht zu. Sie wusste, dass ihre Großeltern väterlicherseits reich und eingebildet waren, weshalb sie nicht viel von ihrer Mom hielten, dem Mädchen aus dem Osten Kentuckys.

Aber die Eltern ihres Dads lebten in San Diego, deshalb brauchten sie nicht so oft dorthin zu fahren. Für Thea war das in Ordnung. So brauchte sie auch nicht die Gedanken ihrer Großmutter – so mussten sie sie nennen – zu hören, dass Mom zu laut lachte oder nie etwas anderes als ein Bauerntrampel sein würde.

Wenn sie sich nur genügend konzentrierte, konnte sie diese Gedanken hören, und das ließ sich anscheinend nicht vermeiden, wenn sie Großmutter besuchen mussten.

Sie dachte so laut.

Großmutter und Großvater schien es völlig egal zu sein, dass John und Cora Fox glücklich und sogar erfolgreich waren. Dass sie in einem hübschen Haus in einer netten Gegend wohnten. Dass Thea und Rem (oder Althea und Remington, wie sie beharrlich sagten) beide ausgesprochen gut in der Schule waren.

Aber Grammie war es nicht egal. Sie telefonierten jeden Sonntag miteinander, und in der Weihnachtszeit kam Grammie mit ihrem Lieferwagen voller selbst gemachter Geschenke angefahren. Meistens waren auch ihre Onkel Waylon und Caleb mit von der Partie, sodass es ein großes Familienfest gab. Das Haus war dann immer voller Musik, Lichter und dem Duft nach Selbstgebackenem.

Das war Theas zweitliebste Zeit im Jahr.

Die beste Zeit jedoch, obwohl sie sieben volle Stunden und manchmal sogar noch länger fahren mussten, begann im Juni.

Sie fuhren immer in aller Herrgottsfrühe los und vertrieben sich die Zeit mit allen möglichen Spielen. Für gewöhnlich schlief Rem irgendwann ein, und manchmal fielen auch ihr die Augen zu, aber wenn sie die Grenze nach Kentucky überquerten, herrschte immer großer Jubel im Auto.

Dann machten sie Rast, grillten und aßen Maisbällchen – das war Tradition. Sie hatte immer Hunger, wenn es so weit war, aber sie wünschte sich trotzdem, die Fahrt könnte ewig so weitergehen, immer weiter über die Straßen, die sich jetzt in Serpentinen die Berge hinaufwanden, über Brücken, die rauschende Flüsse überquerten.

Sie liebte den Anblick der Berge von Weitem, die tiefgrünen Gipfel, die auch irgendwie ein bisschen blau schimmerten. Die Almen und Schluchten, die Wälder und die Bäche.

Und wenn sie dann mitten drin waren, wenn die Straße sich immer höher wand, dann wusste sie, dass ihr hübsches Haus in der echt netten Gegend in Virginia niemals mit all dem hier konkurrieren konnte.

Sie wunderte sich, dass ihre Mutter jemals hatte weggehen können, aber wenn sie sie fragte, sagte Mom immer: »Ich musste doch euren Daddy kennenlernen. Sonst wärst du jetzt nicht hier, um mich das zu fragen.«

Doch Thea wusste, das mehr dahintersteckte. Sie wusste, dass ihre Mutter dieses hübsche Haus in der netten Gegend gewollt hatte. Sie wusste tief in ihrem Herzen, dass ihre Mutter den Staub der Appalachen hatte abschütteln wollen.

Aber sie sagte es nicht, sonst bekam Mom diesen Gesichtsausdruck. Sie mochte es nicht, dass Thea Dinge wusste, zum Beispiel wenn ihr Dad rief: »Wo zum Geier habe ich dieses Mal schon wieder meine Schlüssel hingelegt?«

Und obwohl sie draußen gewesen war, als es geschah, wusste sie, dass er sie auf die Küchentheke geworfen und irgendwelche Papiere darübergelegt hatte.

Und ungeachtet der Tatsache, dass ihre Mutter Grammie liebte, wusste sie deshalb auch, dass sie mehr wollte als das Haus im Tal, aber zugleich auch weniger als das, was sie zurückgelassen hatte.

Doch daran dachte sie jetzt nicht, als sie um das Bergstädtchen Redbud Hollow mit seinen steilen Straßen und Läden mit Kunsthandwerk aus den Appalachen herumfuhren, wo Grammie ihre Seifen und Kerzen und all solche Sachen verkaufte.

Denn jetzt waren sie fast da. Die Sonne stand noch hoch am Himmel, und durch das Panoramadach sah sie einen Habicht kreisen. Hier im Wald gab es viele Rehe. Manchmal sah sie zwar auch in den Gärten zu Hause Rehe, aber das war nicht dasselbe!

Das letzte Stück fuhr Mom immer, über die Wege, die sie als Mädchen gegangen war. Und als sie um die letzte Kurve bogen, erblickte Thea endlich das Haus.

Es war himmelblau, während die – echten – Fensterläden und die Pfosten der langen Vorderveranda grün gestrichen waren, und lag etwas abseits der schmalen, kurvenreichen Straße. Azaleen und Lorbeer wuchsen im Vorgarten, und Dutzende bunter Flaschen hingen an den Ästen eines Judasbaums.

Wegen der Schule hatte Thea ihn noch nie während der Blüte gesehen, nur auf Fotos, konnte sich aber vorstellen, wie er dann aussah.

Hinter dem Haus war der Garten – mit Blumen, Gemüse und Kräutern – und das Hühnergehege, in dem Grammies Hennen scharrten und pickten. Die Ziege namens Molly hatte einen Stall, die Kuh hieß Aster und hatte zwei kleine Weiden, auf die Grammie sie alle paar Monate im Wechsel führte. Es gab eine Scheune und einen Gartenschuppen. Ein Bach floss über das Grundstück und führte direkt in den Wald.

Und ringsherum ragten die Hügel auf.

Duck und Goose, Grammies Jagdhunde, kamen um das Haus herum auf das Auto zugerannt.

Kakao erhob sich, winselte und wedelte mit dem Schwanz.

Sobald Thea die Tür öffnete, sprang er heraus, und die drei Hunde beschnüffelten ihre Hinterteile, um sich wieder miteinander bekannt zu machen.

Die Haustür ging auf, und Lucy Lannigan trat auf die breite Vorderveranda.

Eine dicke weiße Strähne durchzog wie eine Welle ihre Haare, deren tiefes Schwarz sie ihrer Tochter und ihrer Enkeltochter vererbt hatte. Auch die strahlend blauen, großen Augen hatte sie ihnen mitgegeben.

Ihre gertenschlanke Größe von eins achtundsiebzig hatte Cora nicht ganz erreicht, aber nach der Länge von Theas und Rems Beinen zu urteilen, würden ihre Enkelkinder sie später einmal überragen.

In ihrer verblichenen Jeans und dem schlichten weißen T-Shirt breitete sie die Arme aus. »Dann wollen wir doch mal herausfinden, wen ich alles gleichzeitig umarmen kann.«

Blitzschnell waren Thea und Rem aus dem Auto gesprungen und rannten in die geöffneten Arme der Frau, die wie frischgebackenes Brot roch.

»Hmmmh!«, sagte Grammie, während sie ihre Enkel umarmte und drückte und auch noch Cora und John in die Arme zog. »Jetzt ist mein Herz übervoll! Ich habe alle Liebe der Welt und noch mehr direkt hier auf meiner Veranda. Ich hoffe, ihr bringt Hunger mit, denn ich habe so viele Hähnchen gebraten, dass ich damit eine Armee nach der Schlacht sattkriegen könnte.«

»Ich bin am Verhungern!«, sagte Rem, und sie lachte schallend.

»Auf dich kann ich mich immer verlassen. Es gibt frische Limonade für euch und für die Erwachsenen einen verdammt guten Apfelwein. Eure Zimmer sind bereit, falls ihr euer Gepäck gleich nach oben bringen wollt.«

»Ja, das machen wir.« John küsste Lucy auf beide Wangen. »und dann könnte ich ganz bestimmt einen Apfelwein vertragen.«

Im Haus roch es immer so gut. Thea fand, es roch nach den Bergen, nach gutem Essen, nach Kräutern und Blumen.

Bisher war sie nur im Sommer in Grammies Haus gewesen, sie hatte noch nie erlebt, wie im Wohnzimmer, wo eine große, alte blaue Couch und mit Rosenstoff bezogene Sessel standen, ein Feuer im Kamin prasselte.

Dort standen Blumen aus dem Garten und Wildblumen von den Hügeln, die Kerzen, die Gram selbst zog, und immer die neuesten, gerahmten Schulbilder von ihr und Rem.

Ihr Dad brachte mit ihnen zusammen das Gepäck nach oben, während Mom mit Grammie in die Küche ging, weil sie, wie Dad immer sagte, ein bisschen Mutter-und-Tochter-Zeit brauchten.

Sie liebte ihr Zimmer mit Blick auf die Berge. Es war zwar kleiner als ihr Zimmer zu Hause, aber das war ihr egal. Sie mochte das schneeweiße alte Eisenbett und die mit Veilchen bestickte Überdecke, die Großmutters Großmutter genäht hatte. In einem kleinen Glaskrug auf der Kommode standen weiße Margeriten. Es gab nur einen kleinen Kleiderschrank im Zimmer, aber auch etwas, das Grammie als »Chiffarobe« bezeichnete, eine Mischung aus Schrank und Kommode. Thea gefiel es besser als jeder Kleiderschrank.

Und sie mochte den Gedanken, dass ihre Mutter als Mädchen in diesem Zimmer geschlafen hatte.

Rem hatte das Zimmer direkt gegenüber – Onkel Waylons ehemaliges Kinderzimmer –, und ihre Eltern schliefen für die eine Nacht in Onkel Calebs altem Zimmer. Ein weiterer Raum diente Grammie als Nähzimmer, und sie selbst hatte das größte Zimmer mit dem Vierpfostenbett, das sie geerbt hatte.

Das Bett, in dem sie geboren worden war, was sich Thea nur schwer vorstellen konnte.

Weil sie das Gefühl haben wollte, wirklich hier angekommen zu sein, packte sie noch aus, während sie Rem schon die Treppe hinunterlaufen hörte.

Nachdem sie ihre Kleidung eingeräumt hatte, gehörte ihr das Zimmer.

Unten ließ sie sich Zeit. Das Wohnzimmer, dann das Zimmer mit dem alten Fernseher und dem noch älteren großen Radio. Der Korbstuhl und das Sofa, die Bücher auf den Regalen, der Korb mit der Wolle, die Kuckucksuhr an der Wand. Dann das Zimmer mit dem Klavier, dem Banjo, der Gitarre und der Mandoline, dem Hackbrett.

Wenn Grammy Lust dazu hatte, konnte sie jedes einzelne dieser Instrumente spielen. Waylon konnte es auch, das wusste Thea, nicht nur weil Grammie es gesagt hatte, sondern weil er an Weihnachten immer ein Banjo oder eine Gitarre mitbrachte. Außerdem verdiente er sein Geld damit, dass er in Nashville, wo er lebte, Musik machte. Caleb konnte wohl auch Instrumente spielen, aber er war aufs College gegangen, um Theater und Schauspiel zu studieren, und das war sein Beruf.

Ihre Mom spielte manchmal, aber Gram sagte ihr, Coras Instrument sei ihre Stimme. Und Thea wusste, dass das stimmte, denn ihre Mom sang wie ein Engel – vor allem, wenn sie glücklich war.

Doch ihr Lieblingsraum im ganzen Haus war die Küche.

Sie war krass – eines ihrer aktuellen Lieblingswörter. Groß genug für den Küchentisch, den Grams Grandpappy aus solider Eiche gebaut hatte. Einmal hatte Gram ein paar Veränderungen vorgenommen und sich einen sechsflammigen Herd gekauft, aber von dem Tisch würde sie sich niemals trennen.

Sie nannte ihn das Herz ihrer Küche, und ihre Küche war für sie das Herz ihres Hauses. Es gab viele Schränke und lange, lange Küchentheken, eine ganze Wand mit Regalen voller Töpfe, Kochbücher mit Familienrezepten und Deckelgläser mit Reis, Getreide, Nudeln und Grütze, Bohnen, bunte Gläser mit eingemachter Roter Bete, Kürbis, Paprika, Apfelkompott und mehr.

An die Küche schloss sich ein offener Bereich mit einem großen Herd an. Hier gab es breite Arbeitsplatten und weitere Regale mit Flaschen, Dosen und Geräten. Auf den sonnigen Fensterbänken zog Grammy Kräuter in Töpfen, während andere zum Trocknen von den Deckenbalken hingen.

Dort stellte Grammie die Kerzen, Seifen, die Lotionen und Salben für ihr Geschäft her.

In der früheren Speisekammer bewahrte sie einen Vorrat ihrer Produkte auf, für den Fall, dass sie ein Geschenk brauchte oder ein Wanderer vorbeikam, um etwas zu kaufen.

Neugierig öffnete Thea die Tür und atmete tief den Duft der Dinge auf den Regalen ein: Für sie roch es hier wie in einem himmlischen Garten. Rosen und Lavendel, Rosmarin und Salbei, Heliotrope und Kiefer, Zitrone und Orange und frisch gemähtes Gras.

Grammie hatte ihr Geschäft Bergzauber getauft, und Thea fand, der Name passte hervorragend.

Sie entdeckte einen Apfelschichtkuchen, der eingepackt auf dem Tresen stand. Also musste sie nach dem Hähnchen noch Platz für den Nachtisch lassen.

Draußen tollte Rem schon mit den Hunden herum, während ihre Eltern und Grammie mit ihrem Apfelwein auf der hinteren Veranda saßen.

Durch die offenen Fenster hörte sie die Hunde bellen, die Hühner glucken, ihre Großmutter lachen.

Sie machte ein Bild davon im Kopf, damit sie es jederzeit abrufen konnte, wenn sie wegen irgendetwas traurig war.

»Da ist ja mein Mädchen«, sagte Lucy, als Thea herauskam. »Nimm dir Limonade, bevor Rem den ganzen Krug leer getrunken hat. So ein Zehnjähriger hat immer Durst.«

»Der muss sich austoben, er hat zu lange im Auto gesessen.« Lächelnd strich Cora mit der Hand über Theas Arm. »Alles eingeräumt?«

»Hmmh. Kann ich zu den Tieren gehen?«

»Na klar.«

»Später könnt Rem und du ihnen ihr Abendfutter geben. Na los.« Lucy gab ihr einen leichten Klaps auf den Po. »Streck deine langen Beine. Wir rufen, wenn das Essen fertig ist.«

»Sie wachsen wie Unkraut«, murmelte Lucy, als Thea davonrannte. »Ich bin so dankbar, dass ihr sie mir jedes Jahr im Sommer anvertraut.«

»Sie lieben dich.« John griff nach dem Krug und schenkte ihnen Wein nach. »Sie sind schrecklich gerne hier. Und, ich will es gar nicht abstreiten, zwei Wochen alleine mit meiner Braut?« Er zwinkerte Cora zu. »Das ist ein Geschenk.«

»Und sie kommen immer mit unzähligen Geschichten nach Hause.« Cora lehnte sich entspannt in ihrem Schaukelstuhl zurück. Die Reisemüdigkeit und die leichten Kopfschmerzen waren verflogen. »Der Fuchs, den die Hunde vom Hühnergehege verjagt haben, der Fisch, den sie beinahe gefangen hätten, wie sie die Kuh oder die Ziege gemolken haben, der alte Mann, der sich auf seinen Stock stützte und zu dir gekommen ist, um eine Salbe für seine Arthritis zu kaufen …«

»Und«, fügte John hinzu, »sie bringen die Seife mit nach Hause, die du mit ihnen gemacht hast, und fragen, warum es bei uns zum Frühstück niemals Buchweizenpfannkuchen gibt.«

»Ich liebe sie über alles. Eines Tages werden Waylon und Caleb mir sicher noch weitere Enkelkinder schenken – ihr habt ja anscheinend nach den beiden Schluss gemacht.«

»Wir haben das große Los mit den beiden gezogen.« John prostete ihr zu.

»Ja, das habt ihr mit Sicherheit. Ich kann nur hoffen, dass meine Jungs und ihre zukünftigen Frauen so großzügig sein werden wie ihr und mir ebenfalls Gelegenheit geben, ihre Kinder aufwachsen zu sehen. Das ist für mich das Wichtigste.«

»Wir werden dich nie überreden können, nach Virginia zu ziehen, Mom, oder?«

Lucy blickte lächelnd zu den Bergen. »Ich gehöre in die Appalachen, Liebling. Wenn du mich woandershin verpflanzen würdest, würde ich eingehen. So, ich mache jetzt Buttermilchplätzchen. Nein, ihr bleibt sitzen«, befahl sie. »Ihr hattet eine lange Fahrt, ich nicht. Heute Abend will ich auch meine erwachsenen Kinder verwöhnen.«

»Du verwöhnst uns immer alle, Lucy, und wir sind dankbar dafür.«

Als Lucy hineinging, drückte John Coras Hand. »Geh ihr nach und rede mit ihr über unseren Kompromiss. Frag sie nach ihrer Meinung, solange die Kinder beschäftigt sind.«

Cora nickte, stand auf, folgte ihrer Mutter und setzte sich an die Kücheninsel, während Lucy gefrorene Butter in eine Schüssel mit Mehl rieb.

»Du machst so ein Gesicht, als wolltest du mit mir über etwas reden.«

»Ja, das will ich auch. Wir halten es für eine gute Sache. Und du hoffentlich auch.«

»Ich höre dir zu, Schätzchen.«

»Du fehlst mir so, Mama.«

Lucy hielt einen Moment lang inne, und Tränen traten ihr in die Augen. »Ach, mein geliebtes Mädchen.«

»Ich weiß, hier ist dein Zuhause, und du weißt, dass ich mich in Virginia zu Hause fühle. Aber so groß ist die Entfernung nun auch nicht. Meine Brüder fehlen mir auch. Ich dachte nie, dass das mal so ist«, fügte sie hinzu, und Lucy musste lachen. »Ja, sie haben ihre große Schwester ganz schön rumgeschubst. Aber sie haben dich geliebt, genau wie die beiden da draußen einander lieben. Geschwister streiten sich nun mal. Das ist so.«

»Ja. Wir haben es zur Genüge getan. Caleb zieht nach New York City.«

»Das hat er mir erzählt.« Lucy hatte die Butter und das Mehl miteinander vermischt und stellte die Schüssel einen Moment lang in den Kühlschrank. »Und er hat mir auch gesagt, es gäbe Flugzeuge, und er könnte mich damit jederzeit besuchen kommen. Und ich könnte auch zu ihm fliegen, damit er mich mal zu einer Broadway-Show mitnimmt.«

»Es ist einfach eine Chance für ihn, genau das zu machen, was er gerne tut, aber wir werden ihn nicht mehr so häufig sehen wie damals, als er in DC gelebt hat. Und Waylon ist entweder in Nashville oder auf Reisen.«

»Mein Minnesänger.«

»Mama, du weißt, dass Johns Familie …« Sie schwieg und blickte zur hinteren Veranda. »Sie halten nicht viel von uns, und vor allem von mir nicht. Und sie haben kein Interesse an den Kindern.«

»Das ist ihr Verlust.« Lucy presste die Lippen zusammen, dann sagte sie etwas, was sie besser nicht sagen sollte. »Sie tun mir leid mit ihren verschlossenen Herzen.« Zumindest versuchte sie, so etwas zu empfinden. »Dieser Mann da draußen – guck mal, wie er nach der langen Autofahrt mit seinen Kindern rumrennt. Wenn ich mir den richtigen Ehemann für meine Tochter hätte aussuchen können, den richtigen Vater für meine Enkelkinder, dann hätte ich mir keinen besseren vorstellen können als John Fox. Ich liebe ihn wie die Söhne, die ich geboren habe.«

»Ich weiß. Und John weiß es auch. Und du bist für ihn eine bessere Mutter als seine eigene.«

»Ein weiterer Segen für mich. Ein weiterer Grund, diejenigen zu bedauern, die die Geschenke nicht sehen können, die vor ihnen ausgebreitet sind.«

Cora stand auf, um sicherzugehen, dass John sie nicht hören konnte. »Weißt du, was sie zu Theas zwölftem Geburtstag gemacht haben? Sie haben ihr eine Karte mit zwölf Dollar geschickt. Einen Dollar für jedes Jahr. Und dazu kam sie noch eine Woche zu spät. Es geht mir nicht ums Geld, Mama«, sagte sie rasch. »Es ist uns egal, dass sie so reich sind. Uns geht es gut. Es war nur … Auf der Karte stand geschrieben: ›Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Althea. Deine Großeltern‹. Mehr nicht.«

Lucy ergriff ihr Weinglas und trank einen kleinen Schluck. »Hast du Thea gesagt, dass sie sich dafür bedanken muss?«

»Das brauchte ich ihr nicht zu sagen. Sie hat es von sich aus getan. ›Liebe Großeltern, herzlichen Dank für die Geburtstagswünsche und die zwölf Dollar. Ich hoffe, es geht euch gut. Eure Enkelin Thea.‹«

Lucy nickte zustimmend. »Du hast sie richtig erzogen.«

»So wie ich erzogen worden bin. Es hat mich innerlich aufgefressen, Mama, und es hat John verletzt. Er hat versucht, es nicht zuzulassen, aber es hat ihn verletzt. Ich möchte nicht, dass unsere Familie jemals so miteinander umgeht.«

»Das ginge bei uns gar nicht, Schätzchen.«

»Aber wir haben alle so viel zu tun. Du musst dich um dein Zuhause, um dein Geschäft kümmern. Caleb und Waylon arbeiten viel, und wie du schon sagtest, irgendwann werden sie Familien gründen und noch mehr zu tun haben. John und ich, wir haben die Kinder und unser Geschäft. Und Mama, zweimal im Jahr ist nicht genug.«

Sie ging in der Küche auf und ab, während sie redete. Lucy beobachtete sie und dachte: Mein kluges, ruheloses Mädchen.

»Du hast einen Apfelschichtkuchen gemacht«, murmelte Cora.

»Natürlich. Das ist Johns Lieblingskuchen.«

»Ich weiß nicht, warum ein Apfelschichtkuchen und Blumen auf dem Tisch mir jetzt mehr bedeuten als in meiner Kindheit, oder warum dieses Haus heute für mich viel wichtiger ist als damals, als ich hier noch gewohnt habe.«

»Damals hast du nach vorne geschaut und wolltest weg von hier, Cora.«

»Und du hast mich gehen lassen. Eines Tages wird auch Thea wegwollen, und dann werde auch ich verstehen, wie schwer es ist, ein Kind loszulassen.«

»Es ist sehr schwer«, stimmte Lucy ihr zu, holte dann die Schüssel und die Buttermilch aus dem Kühlschrank. »Aber es macht dich auch stolz, wenn du siehst, was aus dem Kind wird. Und ich bin stolz, Cora, auf das, was du geschafft hast, was du aus dir gemacht hast. So stolz.«

»Ich habe dich als Kind gar nicht genug zu schätzen gewusst.«

»Ach, hör auf.«

»Nein, das stimmt«, beharrte Cora und schaute zu, wie ihre Mutter eine Vertiefung in das Mehl drückte und Butterflöckchen hineingab, bevor sie die Buttermilch darauf goss. Unzählige Male hatte sie das schon gesehen.

Unwillkürlich musste sie lächeln, und sie fragte: »Warum rührst du den Teig eigentlich mit dem Holzlöffel genau fünfzehn Mal um?« Auch das hatte sie schon wer weiß wie oft gefragt.

Ihre Blicke begegneten sich, und Lucy erwiderte ihr Lächeln, als sie ihr die Antwort gab, die sie ihr immer gegeben hatte: »Weil vierzehn Mal zu wenig ist und sechzehn zu viel.«

»Ich habe nie darüber nachgedacht, Mama, wie schwer es für dich gewesen sein muss, vor allem, nachdem Daddy tot war. Wie hart du gearbeitet hast, damit alles weiterlief, damit wir ein Dach über dem Kopf hatten, genug zu essen, und dabei dein Geschäft so voranzutreiben, dass du dir das alles leisten konntest. Ich habe es nicht zu schätzen gewusst, weil es bei dir immer so leicht …« Cora schüttelte den Kopf, um sich selbst zu korrigieren, und ging wieder in die große Küche. »Nein, nicht leicht, nicht wirklich leicht, aber es hat so natürlich gewirkt. So natürlich, wie uns zu lieben und alles am Laufen zu halten, dafür zu sorgen, dass wir unsere Hausaufgaben machen, uns gründlich die Zähne putzen, es war einfach normal, eben das Leben. Zu sparen, so wie Daddy und du es angefangen habt, damit wir zum College gehen konnten. Es gehörte einfach dazu.«

»Dein Daddy wollte nicht, dass seine Jungs in den Minen arbeiten müssen. Er hat dort gearbeitet, damit sie es nicht mussten. Er wollte – wir wollten –, dass unsere Kinder eine gute Ausbildung bekommen und später einmal die Wahl haben.« Lucy stäubte Mehl auf die Küchentheke, legte den Teig darauf, gab Mehl auf die Oberfläche und rieb ihr altes Nudelholz damit ein. »Deine Wahl und der Erfolg, den du damit hast, ehren deinen Daddy und die Opfer, die er gebracht hat.«

»Es waren auch deine Opfer, denn du musstest auch auf einiges verzichten. Heute sehe ich das. Deshalb ist zweimal im Jahr nicht genug, nicht für eine Familie.«

Lucy rollte den Teig zu einem Rechteck aus, legte dann die kurzen Enden übereinander und rollte ihn noch einmal aus. Sie warf ihrer Tochter einen Blick zu und wiederholte das Ganze. »Du hast einen Plan.«

»Ja, John und ich haben uns etwas ausgedacht. Wir möchten gerne häufiger herkommen. In den Osterferien und an Thanksgiving.«

Erneut hielt Lucy inne. »Cora, ich wäre begeistert. Und so dankbar.«

»Aber das ist noch nicht alles. Wir wissen, dass es für dich schwieriger ist zu reisen. Du musst jemanden haben, der die Tiere versorgt, aber wenn du einmal im Jahr hochkommen könntest, und wenn es nur für ein paar Tage ist, oder wenn Caleb in New York ist, dass wir uns dort vielleicht alle treffen könnten, oder bei Waylon in Nashville. Die Kinder lieben es hier, und die zwei Wochen, die sie bei dir verbringen, bedeuten ihnen alles, weil damit der Sommer anfängt. Und wir fahren gerne mit ihnen diese eine Woche ans Meer, bevor die Schule wieder beginnt.«

»Sie lieben diese Woche, das zeigen mir ihre unzähligen Fotos und Geschichten.«

Nachdem sie den Teig ein letztes Mal gefaltet und ausgerollt hatte, tauchte Lucy ihren Kreisschneider in Mehl und stach runde Teigformen aus.

»Wir möchten, dass du mitkommst. Wir hätten gerne, dass alle mitkommen, wenn sie können. Deshalb haben wir ein tolles großes Haus am Strand in North Carolina gebucht. Eine Woche im August. Wir fliegen mit einem dieser neumodischen Flugzeuge dahin.«

»Fliegen? Aber …«

»Bitte sag nicht Nein. Waylon will Granny überreden, und du weißt ja, dass er sogar einem Verdurstenden einreden könnte, seinen letzten Tropfen Wasser herzugeben. Wir sehen sie nur noch ganz selten, seit sie Stretch geheiratet hat und nach Atlanta gezogen ist. Das gäbe eine richtige Riley-Lannigan-Fox-Familienwiedervereinigung. Und wenn Onkel Buck, Tante Mae und die Cousins und Cousinen auch dabei sein wollen, mieten wir einfach noch ein zweites Haus, damit wir genug Platz haben.«

Lucy war noch nie in ihrem Leben mit einem Flugzeug geflogen – allerdings hatte sie damit gerechnet, dass es irgendwann passieren würde. Und noch etwas sah sie sehr klar: Wie viel dieser Plan ihrer Tochter bedeutete. Dieses Mädchen, das immer nach vorne, weg von hier geblickt hatte, hatte sich umgedreht und schaute jetzt auf die Familie.

»Na ja, dann schiebe ich mal die Plätzchen in den Ofen und stelle das Essen auf den Tisch. Und währenddessen kann ich darüber nachdenken, was für einen Badeanzug ich mir kaufe.«

»Mama!« Jauchzend schlang Cora die Arme um Lucy. »Oh, die Kinder werden durchdrehen vor Freude, wenn wir es ihnen erzählen. Ich möchte, dass sie es auch so gut haben wie ich in meiner Kindheit, und verdammt, ich möchte auch, dass John erleben kann, was er nie hatte.«

»Dann lass uns jetzt mal den Tisch decken. Wenn sie den Abwasch machen müssen, werden sie schon wieder normal.«

Es gab gebratenes Hähnchen und Kartoffelsalat, grüne Bohnen und Buttermilchkekse. Und Cora hatte recht, die Kinder drehten durch vor Freude.

Es machte Lucy glücklich, sie in ihrem Haus zu haben, und ihr Glück erfüllte ihr Herz. Ihr ruheloses Mädchen hatte seine Mitte gefunden und einen Punkt im Leben erreicht, an dem sie es für Menschen und Orte in ihrer Heimat öffnen wollte. Sie hatte daran teilgehabt, dachte Lucy, und durch die Einladung wurde ihr Anteil noch größer.

In späteren Jahren würde sie auf dieses einfache Familienessen am Anfang des Sommers zurückblicken und den Klang der hellen Kinderstimmen hören. Sie würde sich an das Lachen in den Augen ihrer Tochter und die große Zufriedenheit in den Augen des Mannes erinnern, der wie ein Sohn für sie war. Sie würde an die leichte Brise denken, die durch die offenen Fenster und die Fliegengittertür drang, vor der die Hunde lagen und auf Reste lauerten. Sie würde sich an die Abendsonne über den Bergen erinnern und daran, wie blau der Himmel gewesen war.

An all das würde sie sich erinnern und sich daran festhalten.

2

Am nächsten Morgen bereitete Lucy den Teig für Buchweizenpfannkuchen zu, ein weiteres Lieblingsgericht ihres Schwiegersohns. Speck und Würstchen hielt sie bereits im Backofen warm, und der Kaffee war fertig, als John hereinkam.

»Ich dachte doch, dass sich da oben was rührt.«

Er fuhr sich mit der Hand durch seine braunen Locken. »Ich habe mich noch nicht einmal rasiert, und du hast bereits die Hühner gefüttert, Eier eingesammelt, die Kuh und die Ziege gemolken und die Hunde gefüttert.«

»Bei so einem Kurzurlaub braucht sich ein Mann doch nicht zu rasieren.«

»Ich wette, du hast seit Weihnachten keinen Urlaub mehr gehabt, egal ob kurz oder lang.« Kopfschüttelnd nahm er sich einen Kaffee. »Du arbeitest zu hart, Lucy.«

»Ich liebe meine Arbeit.«

Sie hatte ihre Haare heute zu einem Zopf geflochten, und liebevoll ließ er seine Hand darüber gleiten. »Das merkt man. Weißt du, wenn ich dich anschaue, sehe ich, dass Cora mit den Jahren immer schöner werden wird. Was hatte ich für ein Glück, dass ich an meinem ersten Tag im College in der Vorlesung neben ihr gesessen habe.«

»Das war kein Glück. Ihr beide seid einfach füreinander bestimmt. Jetzt setz dich, und erzähl mir, was du auf dem Herzen hast. Das sehe ich dir doch an!«

»Ich wollte dir sagen, wie viel es uns bedeutet, dass du zu der Reise bereit bist und uns hierherkommen lässt, obwohl du doch so viel zu tun hast. Und dass du uns so großartig bekochst. Cora hat in den letzten Monaten von nichts anderem geredet.« Seufzend setzte er sich. »Der Auslöser war diese blöde Geburtstagskarte, mit den zwölf Dollar darin. Thea hat es nichts ausgemacht, sie erwartet nichts von ihnen. Ich auch nicht, aber Cora hat die Hoffnung nie aufgegeben, dass sie sie sich endlich für sie erwärmen würden – bis zu dieser vermaledeiten Karte.«

»Manche Leute haben einfach keine Wärme in sich.«

»Das ist wohl wahr.« Seine Worte klangen resigniert. »Für ihre anderen Enkel haben sie allerdings schon etwas übrig, da sind sie großzügig und aufmerksam. Sie haben von mir erwartet, dass ich jemanden heirate, der …«

»Deiner oder ihrer Stellung entspricht.«

Er zuckte mit den Schultern. »Es spielt keine Rolle, wie sehr wir uns lieben, was für eine wundervolle Mutter, was für eine großartige Geschäftspartnerin sie ist. Sie gibt sich solche Mühe, Lucy, aber für meine Eltern spielt das alles keine Rolle. Ich habe zu jung geheiratet, und dann auch noch eine Frau, mit der sie nicht einverstanden sind, deshalb bin ich auf ewig eine Enttäuschung für sie. Mir ist das egal.«

»Aber ihr nicht.«

»Nein, ihr war es überhaupt nicht egal. Die Tochter meiner Schwester ist so alt wie Rem. Ihr haben sie zum Geburtstag ein Pferd geschenkt.«

»Ein Pferd? Ein richtiges Pferd?«

»Ja. Sie nimmt jetzt seit einem Jahr Reitstunden, deshalb haben sie ihr ein Pferd gekauft. Rems zehnten Geburtstag haben sie komplett vergessen, aber aus irgendeinem Grund hat uns das nicht so viel ausgemacht. Wie gesagt, es war die Karte, die zwölf Dollar darin. Dieses Ungleichgewicht, die Tatsache, dass ihr endlich klar geworden ist, dass unsere Kinder ihnen immer gleichgültig sein werden.«

»Ich frage mich nur, John« – sie wandte sich zum Herd, um die Temperatur für ihre schwere Eisenpfanne höher zu stellen – »wie ist es ihnen bloß gelungen, jemanden wie dich zustande zu bringen?«

»Und ich frage mich, ob ich so wäre, wie ich bin, wenn sich Cora Lannigan nicht neben mich gesetzt und mich angelächelt hätte.«

»Es musste so sein.«

»Ja, es musste so sein.« Er prostete ihr mit der Kaffeetasse zu und trank einen Schluck. »Irgendwann hat sie damit aufgehört, sich darum zu kümmern, was sie dachten oder fühlten, was eine Erleichterung für mich war. Und sie begann, sich nach dir zu sehnen, nach ihren Brüdern, eurem Familienzusammenhalt, den sie auch immer mit ihnen erreichen wollte. Familienzeit, engere Bindung und so.«

»Sie musste erst ihre eigenen Erfahrungen machen, bevor sie das zurückhaben wollte, was immer da war. Ich würde sagen, wir machen uns gegenseitig ein Geschenk. Da oben sind sie übrigens wach geworden. Ruf sie herunter, und ich mache die Pfannkuchen fertig.«

Er trat um den Küchentresen und umarmte sie. »Ich liebe dich, Lucy.«

»John.« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Du bist eines der hellsten Lichter in meinem Leben.«

Sie frühstückten am Küchentisch, wo sie am Abend zuvor auch gegessen hatten. Die Kinder halfen beim Abwasch, eine ihrer Pflichten während ihres Aufenthalts, zu denen ebenfalls gehörte, dass sie morgens ihr Bett machten, bei der Wäsche halfen und die Tiere versorgten.

Sie würden mithelfen – wie ihre Mutter und ihre Onkel vor ihnen –, Unkraut zu jäten, den Rasen zu mähen, das Haus sauber zu halten und einfache Gerichte zu kochen.

Lucy drückte John eine Dose mit einem großzügigen Stück Apfelschichtkuchen in die Hand.

»Nimm dir ein bisschen Geschmack aus Kentucky mit.«

»Ja, danke. Okay, Kinder, helft uns einladen und tut so, als ob ihr uns vermissen würdet.«

»Ich werde dich vermissen, Dad.« Thea kuschelte sich kichernd an ihn. »Ein bisschen.«

Lachend hob er sie hoch, um sie zu küssen, dann machte er das Gleiche mit Rem.

»Ich brauche euch ja nicht zu sagen, dass ihr immer auf Grammie hören sollt.« Cora umarmte die beiden so fest, dass sie kreischten. »Das macht ihr ja von selber. Viel Spaß!«

»Ruft an, wenn ihr da seid«, sagte Lucy, »damit wir wissen, dass ihr heil angekommen seid.« Als sie sie umarmte, spürte sie einen Kloß im Magen. »Ich werde euch beide schrecklich vermissen. Fahrt vorsichtig, und passt aufeinander auf.« Dann löste sie sich von ihnen. »Ich werde mit diesen zwei Rabauken schon fertig, macht euch keine Sorgen.«

Unter Winken und Luftküssen stiegen sie ins Auto. Cora sah zurück, als sie losfuhren, dann drehte sie sich um und schaute nach vorne.

»Du und ich, Babe.« John warf einen Blick in den Rückspiegel, dann lächelte er ihr zu. »Was sollen wir nur machen, wenn wir in unser stilles, leeres Haus kommen?«

»Ich denke, wir sollten eine Flasche Wein aufmachen und echt lauten Sex haben.«

Sein Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen. »Hervorragender Gedanke.«

Eingerahmt von den Kindern und drei hechelnden Hunden, blickte Lucy dem Auto hinterher, bis es nicht mehr zu sehen war.

Sie verdrängte den Druck auf ihrem Herzen, blickte auf die beiden Kinder und zitierte aus einem ihrer Lieblingsbücher: »Lasst das wilde Getöse beginnen!«

Jubelnd schlug Thea ein Rad, während Rem sich damit begnügte, Affenlaute von sich zu geben.

Da sie es heute Abend in ihr Tagebuch schreiben wollte, achtete Thea ganz genau auf alles, was sie tagsüber taten.

Zuerst jäteten sie Unkraut im Garten, weil am Morgen die Luft von den Bergen noch für angenehme Kühle sorgte. Wenn sie nicht wussten, wie eine Pflanze hieß, half Lucy ihnen mit lustigen Reimen auf die Sprünge. Alle drei trugen breitkrempige Sonnenhüte und hatten ihren Spaß.

Dann machten sie Butter aus der Sahne von Asters Milch, die viel besser schmeckte als solche, die man kaufen konnte. Und Thea musste die Buttermilch abgießen, die sie später trinken würden. Sie wuschen die Butter in eiskaltem Wasser und kneteten sie dann. Grammie schabte ein bisschen davon ab und fügte Honig hinzu, damit es ein süßer Aufstrich wurde.

Zum Mittagessen gab es die Reste vom Hähnchen und Kekse mit dem süßen Aufstrich, den sie selber gemacht hatten.

Danach gingen sie mit den Hunden im Wald und in den Hügeln spazieren. Lucy hatte ein Antibärenspray dabei, falls es nötig sein sollte, aber sie brauchten es gar nicht.

An einem Haus, eigentlich eher einer Hütte, die wohl schon bessere Tage gesehen hatte, wie Thea dachte, blieben sie stehen. Eine magere graue Katze sauste einen Baum hinauf und fauchte die Hunde von oben an, aber die kümmerten sich gar nicht um sie. Auf der baufälligen Vorderveranda saß ein Junge, jünger noch als Rem, und spielte mit einem kleinen Auto. Seine Haare waren so blond, dass sie fast schon weiß waren. Grammie sagte Flachskopf dazu, wie Thea einmal gehört hatte.

»Hallo, Sammy. Ist deine Mama zu Hause?«

»Ja, Miss Lucy«, bevor er brüllte: »Ma! Miss Lucy ist da.«

Eine Frau kam an die Tür. Sie hatte ein Baby auf der Hüfte, und ein Kleinkind klammerte sich an ihr Hosenbein. Das Kleinkind hatte rote, schuppige Ringe um beide Arme.

»Hallo, Miss Lucy.« Sie fuhr sich durch die Haare – ein dunkleres Blond als bei dem Jungen. »Sind das Ihre Enkel? Du liebe Güte, das Mädchen sieht aus wie Sie.«

»Meine ganze Freude und mein Stolz. Thea, Rem, sagt Hallo zu Miss Katie.«

»Hallo«, sagte beide unisono, und Thea bemühte sich, diese komischen rote Ringe nicht anzustarren.

»Ich habe gehört, dass Sharona krank ist.«

»Sie hat sich eine Ringelflechte eingefangen. Ich habe versucht, die Stellen sauber zu halten. Auf dem Kopf hat sie auch welche.«

»Ich habe etwas für Sie mitgebracht. Nehmen Sie das.« Lucy zog ein verpacktes Stück Seife aus ihrem Rucksack. »Waschen Sie ihr die Arme und die Haare damit und trocknen Sie sie gut ab. Sie verbreiten sich durch Feuchtigkeit, deshalb müssen Sie sie gut mit einem sauberen Tuch abtrocknen. Und danach tragen Sie das hier auf.« Sie holte eine kleine Flasche aus dem Rucksack. »Geben Sie ein bisschen Wasser zum Inhalt, dann wird es eine Salbe. Die lassen Sie auf der Haut trocknen. Es ist Kurkuma«, fügte sie hinzu, »das schadet ihr nicht, sondern hilft ihr.«

»Das mache ich. Danke, Miss Lucy. Ich habe kein …«

»Machen Sie sich wegen der Bezahlung keine Sorge. Wenn Billy nächstes Mal seinen Spezialschnaps ansetzt, schicken Sie mir was davon. Und wenn das, was ich mitgebracht habe, dieses hübsche kleine Mädchen nicht gesund macht, dann geben Sie mir Bescheid.«

»Das mache ich. Ganz bestimmt. In der Sonne hinter dem Haus steht ein Katzenminzetee, wenn Sie hereinkommen und eine Tasse trinken möchten …«

»Oh, das klingt gut, aber wir müssen noch mehr Besuche machen. Waschen Sie schon einmal Ihre Süße ab. Und geben Sie mir Bescheid, ob es wirkt.«

»Gott segne Sie.«

Als sie weitergingen, sagte Lucy: »Katies Vater ist vor ein paar Jahren an Krebs gestorben, und vergangenen Winter ist ihre Mutter an Lungenentzündung gestorben. Es ist schwer, wenn man sich auf niemanden stützen kann.«

»Was ist der Spezialschnaps?«, wollte Thea wissen.

»Oh, das ist Whiskey, Schätzchen. Billy macht guten Whiskey. Ab und zu trinkt er ein bisschen viel von seinem eigenen Spezialschnaps, aber er arbeitet auch hart. Er ist ein guter Ehemann und ein guter Daddy.«

Sie besuchten noch weitere Leute, überreichten hier ein Stück Seife, da eine Kerze. Lucy ließ sich bezahlen, sofern die Ware vorbestellt war, oder tauschte gegen etwas anderes, wenn kein Geld im Haus war.

Als sie nach Hause kamen, zogen sich die Hunde zu einem Schläfchen zurück. Thea saß mit ihrem Bruder und Lucy auf der hinteren Veranda bei kalter Limonade und ein paar Zuckerplätzchen.

»Kennst du alle in den Bergen, Grammie?«

»Die meisten hier kennen sich untereinander. Manche wollen lieber für sich sein, sie kommen höchstens ab und zu mal in den Ort. Wenn jemand Hilfe braucht, wie Katie oder der alte Carl mit seiner chronischen Schleimbeutelentzündung, dann helfe ich, wenn ich kann. Wenn ich selber Hilfe bräuchte, käme auch jemand.« Sie wies auf einen Holzstapel. »Da drüben liegt ein halber Klafter Holz für die kalte Jahreszeit. Und wenn ich mehr brauche, bringt es einer vorbei. So funktioniert es, und so sollte es auch sein.«

Jeder Tag brachte neue Abenteuer. Die Pflichten blieben dieselben, aber sie machten Spaß. Nur bei Grammie konnte Thea eine Kuh melken oder dabei zusehen, wie Rem eine Ziege molk. Sie fütterten die Hühner und sammelten die Eier ein. Lucy brachte ihnen bei, wie man Fischsoße machte, die sie mit Schinken, Eiern und Grütze aßen.

Jeden Abend durften sie lange aufbleiben und draußen sitzen. Lucy wusste alles über die Sternbilder, und Rem wurde richtig gut darin, sie beim Namen zu nennen.

Eines Abends sahen sie sogar eine Sternschnuppe, und Rem beschloss, er würde Astronaut werden. Und jeden Abend lasen sie abwechselnd laut aus dem Buch vor, das sie sich am Anfang der zwei Wochen ausgesucht hatten.

Sie durften jedes Buch in die Hand nehmen, und nie beschied Lucy: »Nein, dieses Buch nicht.«

Geschichten, so erzählte sie ihnen, hielten die Welt zusammen. Am besten war es, wenn sie sie spielten und mit verschiedenen Stimmen lasen. Thea musste zugeben, dass Rem ein Talent dafür hatte. Er konnte total gut seine Stimme verändern, mal war sie tief und grollend, mal ganz hoch und zitterig, je nachdem. Und er konnte auch das passende Gesicht dazu machen, mit weit aufgerissenen oder zusammengekniffenen Augen, geschürzten Lippen oder breitem Grinsen.

Er las die Wörter, auch die schwierigen, ohne darüber zu stolpern.

Lucy sagte, er sei der geborene Schauspieler wie sein Onkel Caleb, und da er Astronaut werden wollte, würde er vielleicht einmal Filme auf dem Mars drehen.

Lucy brachte immer Rem zuerst ins Bett, und Thea konnte einfach daliegen und ihren Stimmen lauschen. Rem hatte jedes Mal eine Million Fragen in petto, vor allem zur Schlafenszeit.

Dann kam Lucy zu ihr und setzte sich auf die Bettkante.

»Wie ist der Traum für heute Nacht?«

»Ein Zauberwald.«

»Klingt vielversprechend.« Lucy strich Thea die Haare zurück. »Ist er voller Feen und Elfen?«

»Das muss so sein, und es gibt eine böse Zauberin, und sie hat böse Hunde, die sie gezaubert hat, mit scharfen Flügeln und noch schärferen Zähnen. Sie will den Wald beherrschen und alles, was darin lebt, deshalb muss es eine große Schlacht geben. Und es gibt eine junge Hexe, eine Elfe und eine Fee, die sich, äh, verbünden müssen und mit ihren Kräften und ihrem Verstand die böse Zauberin besiegen. Und eine Suche, denke ich. Ich muss es erst noch austräumen.«

»Das klappt bestimmt.« Lucy beugte sich herunter und küsste sie auf die Wange. »Vielleicht schreibst du eines Tages deine Träume auf, und Rem kann sie spielen. Dann träum süß, mein Schatz. Morgen wartet ein ganz neuer Tag auf dich.«

Wie fast jeden Abend schloss Thea die Augen und begann, ihren Traum aufzubauen.

Wenn sie morgens früh genug aufwachte, wie an diesem letzten Morgen voller Unschuld, notierte sie den Traum. Der Wald mit seinen dicken Bäumen, die blauen Blätter, die goldenen Äpfel und die purpurnen Birnen. Die böse Zauberin, Mog, in ihren langen schwarzen Kapuzengewändern voller seltsamer Symbole. Sie zeichnete ein paar Bilder dazu, obwohl sie nicht so gut zeichnen konnte, wie sie gerne wollte. Ihre Heldinnen – Gwyn, die Hexe, Twink, die Fee, und Zed, die Elfe; dazu die bösen geflügelten Hunde, die sie Wens nannte.

Später würde sie noch mehr aufschreiben, denn ihre Traumgeschichten blieben ihr deutlich im Kopf.

Sie machte ihr Bett, wie es zu Grammies Regeln gehörte, dann putzte sie ihre Zähne. Bevor sie sich anzog, überprüfte sie, ob ihr über Nacht Brüste gewachsen waren. Aber nichts war passiert, obwohl sie zwei Tage nach ihrem zwölften Geburtstag ihre Periode bekommen hatte.

Für alle Fälle hatte sie einen Trainings-BH dabei, aber sie wäre sich dumm vorgekommen, wenn sie ihn getragen hätte, ohne dass etwas da war. Außerdem war das ein blöder Name für einen BH, dachte sie, als sie ihre Haare wie ihre Großmutter zu einem einzelnen Zopf flocht.

Wenn sie ihre Brüste darauf trainieren könnte, endlich zu wachsen, hätte sie es schon längst getan.

Einen Augenblick lang studierte sie ihr Gesicht im Spiegel und fragte sich, wie sie wohl aussehen würde, wenn sie auch so eine weiße Strähne im Haar hätte wie Grammie. Irgendwie kam sie ihr magisch vor.

Diese weiße Strähne war nämlich nach der Familienlegende über Nacht aufgetaucht, als der Großvater Zachariah Lannigan, den Thea nur von Bildern und Geschichten kannte, in der Mine umgekommen war. Wenn sie selbst einmal verheiratet war, dachte Thea, wollte sie nicht, dass ihr Mann starb. Sie wollte, dass sie für immer glücklich waren, so wie sie es sich in ihren Träumen ausmalte.

Weil sie gerade an Grandpa dachte, ging sie in Lucys Zimmer. Das Bett war gemacht, weil ihre Großmutter immer als Erste aufwachte. Die Blumen auf der Kommode verströmten den Duft der Hügel, und durch das geöffnete Fenster drang eine leichte Brise, die auch über das Foto des blonden Mannes mit den meerschaumgrünen Augen, wie ihre Mutter immer sagte, glitt.

Er sah gut aus, nicht so gut wie ihr aktueller Traumtyp, Nick Jonas, aber trotzdem gut, obwohl er viel älter war.

Lucy hatte ihr einmal verraten, sie hätte das Foto selber an seinem dreißigsten Geburtstag gemacht.

Knapp ein Jahr später war er gestorben, als ein Stollen einstürzte.

»Es tut mir leid, dass das passiert ist.« Während sie die Worte aussprach, berührte sie den Rahmen. »Grammie – Lucy – vermisst dich immer noch. Das kann ich spüren. Meine Mom – das ist Cora – denkt am Vatertag, an Weihnachten und an deinem Geburtstag an dich, an dem Tag, an dem du gestorben bist, und manchmal zwischendurch auch. Sie findet, Rem, mein Bruder, hat dein Kinn und deinen Mund, und irgendwie finde ich das auch. Auf jeden Fall …« Sie hielt inne, weil ihr nichts mehr einfiel, was sie noch zu einem Foto in einem Rahmen sagen konnte, also ging sie aus dem Zimmer und nach unten.

Lucy saß auf der Vorderveranda und trank ihren Kaffee.

»Guten Morgen, meine Süße. Hast du was Schönes geträumt?«

»Hmmh. Mog ist die böse Zauberin. Sie hat einen spitzen schwarzen Bart und auch fast schwarze Augen.«

»Du liebe Güte! Sie sieht ja sogar böse aus!«

»Wenn sie den Schatz der Ahnen findet, bevor Gwyn, Twink und Zed es tun, dann macht sie sie alle zu Sklaven und beherrscht den Wald, die Hügel, die Täler und das Flussland darunter.«

»Sie sollten sich besser so schnell wie möglich an die Suche machen. Ich kann deine Fantasie nur bewundern, meine Thea. Ich frage mich wirklich, was du damit einmal anfängst. Rem schläft übrigens noch.«

Thea nickte und beugte sich herunter, um den beiden Hunden, die zu Grams Füße lagen, über den Kopf zu streicheln. »Kakao ist bei ihm im Bett.«

»Sie sind fix und fertig, deshalb lassen wir sie schlafen. Wir sind gestern spät ins Bett gegangen, oder? Willst du nicht Aster in die Scheune bringen, um sie zu melken? Dann füttern wir die Hühner und gucken mal, was sie für uns haben. Mollys Milch ist für die Seifen, die wir heute machen.«

»Rem soll aber auch bei den Pflichten helfen.«

Lucy warf ihr einen ruhigen Blick zu und stand auf. »Wenn du fix und fertig wärst, würde ich ihn auch bitten, das für dich zu tun.«

»Okay.«

»Und er kann die Hunde baden.«

»Das macht er gerne.«

»Auch Aufgaben, die man gern macht, müssen erledigt werden. Nach dem Melken stellen wir Aster für den Tag auf eine neue Weide, müssen sie aber vor Einbruch der Nacht wieder in die Scheune holen. Ein Sturm ist im Anzug. Soll ziemlich heftig werden.«

Thea blickte hoch und sah den blauen Himmel, über den nur ein paar Schäfchenwolken zogen. Aber sie zweifelte Lucys Wettervorhersagen nicht an.

»Okay.«

»Ein Sturm ist im Anzug«, sagte sie erneut und rieb sich das Herz.

Thea führte Aster in die Scheune. Sie machte das eigentlich gerne, aber wie Grammie gesagt hatte, auch die Pflichten, die man gerne hatte, mussten erledigt werden. Sie mochte es auch, wenn Asters Milch in den Einer spritzte. Einige ihrer Freundinnen zu Hause fanden das eklig, aber ihr gefiel es. Während Aster ihr Getreide kaute, wusch Thea das Euter und die Zitzen und trocknete sie sorgfältig ab. Sie wusch auch ihre Hände und benutzte dann Lucys Eutercreme.

Dann streifte sie die Zitzen ab, damit kein Schmutz an die Milch kam, bevor sie den Eimer darunter stellte.

Danach begann der Teil, der Spaß machte, das Pling, wenn die Milch in den zunächst noch leeren Eimer traf. Wenn der Eimer sich zu füllen begann, machte sie eher so eine Art Plopp.

Sie sang gerne im Rhythmus der Plings und Plopps und dachte dabei, dass Aster es auch gerne hatte. Als die erste Zitze weich und schlaff wurde, ging sie zur nächsten über, die sich unter ihrem Griff noch fest anfühlte.

Sie stellte sich vor, wie außerhalb ihres Zauberwaldes in einem grünen Tal ein anderes Mädchen eine Kuh molk. Sie wusste nichts von den Kämpfen im Wald, von der Schatzsuche, von den Schlachten, die auch sie zur Sklavin machen konnten, wenn das Gute das Böse nicht besiegte.

Während sie molk, fügte Thea das Mädchen ihrem Traum hinzu. Dann gab Aster keine Milch mehr. Sie trug den Eimer mit Deckel ins Haus, um die Milch durchzuseihen und in ein Glasgefäß zu schütten. Rem stand an der Spüle und wusch die Eier, die er gerade eingesammelt haben musste.

Seine Haare waren ganz zerzaust, und auf einer Wange hatte er eine tiefe Schlaffalte.

»Hast du Kakao gefüttert?«

»Ja klar. Sie war am Verhungern. Bin ich übrigens auch.«

»Du hast immer Hunger.«

»Grammie hat gesagt, wir könnten Rührei mit Speck haben, Käsegrütze und Toast mit Brombeermarmelade. Wir haben noch Eier von gestern, aber ich muss die Kacke von denen hier abwaschen. Massen von kackiger Kacke! Hühnchenscheiße-Kacke!«

Thea verdrehte nur die Augen.

Als sie schließlich alle am Frühstückstisch saßen – mittlerweile hatte auch sie Hunger bekommen –, waren alle Tiere versorgt; die Milchkannen wurden in der Spülmaschine desinfiziert, und die Hunde bellten die Eichhörnchen an, die versuchten, etwas vom Vogelfutter zu stibitzen.

Den restlichen Vormittag verbrachten sie damit, Seife zu machen.

Lucy musste einen Auftrag von einem Laden im Ort und ein paar besondere Anfragen abarbeiten, sie kamen zuerst. Sie nannte es »Herstellung im Kaltverfahren«, aber es war eine heiße Angelegenheit! Sie hatte spezielle Töpfe zum Seifenmachen, dazu alle möglichen Öle und Farben, Mollys Milch und Laugenwasser, getrocknete Kräuter und Blumen.

Alle mussten lange Ärmel, Handschuhe und Schutzbrillen tragen. Und obwohl Thea schon fast ein Teenager war, sagte Lucy, sie müsse noch ein Jahr warten, bevor sie mit dem Laugenwasser hantieren oder die glühend heiße Rohseife in die Formen gießen dürfe.

Aber sie durfte Öl abmessen und schmelzen, und nachdem Lucy das Laugenwasser hinzugefügt hatte, gab Rem die Farben dazu, während Lucy Mollys Milch hineinschüttete.

Sie machten einen Stapel mit getrocknetem Lavendel, einen mit Rosmarin und dann noch welche mit Hafermehl und, Theas Lieblingsseife, mit gemischten Blütenblättern.

Lucy schlug die Formen auf die Theke, damit sich keine Luftblasen bildeten, dann stellte sie sie zum Festwerden beiseite. Es dauerte einen ganzen Tag, bevor sie sie in Stücke schneiden konnte. Und dann wartete sie noch einmal zwei Wochen, bevor sie sie mit Kordel und Etikett versah.

Für ein Stück Seife schien es viel Zeit und eine Menge Arbeit zu sein, aber Thea wusste, dass die Leute Bergzauber-Seifen, Kerzen, Cremes, Badesalze und alle diese Produkte gerne kauften. Die Leute kamen von überallher nach Redbud Hollow, um in den Bergen zu wandern, oder sie hielten auf ihrem Weg woandershin einfach nur im Appalachian Crafts an und kauften die Dinge, die ihre Großmutter in der Arbeitsküche herstellte.

Es war ein gutes Gefühl, zu wissen, dass jemand die Dinge, bei deren Herstellung man geholfen hatte, kaufte und brauchen konnte.

»So, die Arbeit wäre getan.« Lucy zog ihre Handschuhe aus und wischte sich mit der Hand den Schweiß von der Stirn. »Ich denke, wir sollten jetzt ein bisschen zu Mittag essen, und dann müssen wir etwas von den Vorräten zusammenpacken und sie in den Ort bringen. Auch das gehört zur Arbeit.«

»Können wir Wassereis haben?«, wollte Rem wissen.

»Das ist eine gute Idee. Es ist ziemlich warm geworden. Und ich habe noch eine gute Idee, weil ich zwei so schwer arbeitende Helfer habe. Was hieltet ihr von Pizza zum Abendessen und zum Nachtisch heiße Karamell-Sundaes mit hausgemachter Vanilleschoten-Eiscreme?«

Rem schlang jubelnd die Arme um seine Großmutter. »Mit einer Kirsche obendrauf?«

»Ohne geht es nicht.«

Sie fuhren mit offenen Fenstern und dröhnendem Autoradio über die mit Schlaglöchern übersäte Straße in den Ort. So in die hügelige Kleinstadt zu kutschieren, deren Hauptstraße mit Geschäften und Restaurants gesäumt war, kam ihnen genau richtig vor.

Sie halfen, die Kisten zur hinteren Veranda des Ladens zu tragen. Eine Frau trat heraus und klatschte in die Hände, als sie sie sah. Thea kannte sie noch von früheren Besuchen und wusste, dass die Frau mit den blonden Löckchen und der Brille, die an einer Goldkette hing, die Ladenbesitzerin war.

»Ich schwöre, Lucy, gerade haben wir gesagt, hoffentlich bringst du uns heute Bergzauber vorbei. Heute früh haben wir das letzte Stück von deiner Lavendelseife verkauft als auch Lavendelkerzen und Creme. Und wir haben nur noch eine Orangenschalenkerze und die, die du ›Waldspaziergang‹ nennst.«

»Dann komme ich also gerade rechtzeitig. Ihr erinnert euch doch an Miss Abby, oder?«

»Das können unmöglich deine kleinen Enkel sein!« Abby schlug gespielt überrascht die Hand vors Herz, aber Thea musste trotzdem lächeln. »Die sind ja beide mindestens zwanzig Zentimeter gewachsen seit letztem Jahr!«

»Mein geliebtes Unkraut! Thea, du kannst schon mal die Seife in den Lagerraum da drinnen bringen. Rem, du nimmst die Kiste mit der flüssigen Seife. Heutzutage scheinen die Leute so etwas sehr zu mögen.«

Lucy ergriff die erste Kiste mit Kerzen.

»Ich halte dir die Tür auf. Wir haben auch ein paar Zuckerstangen für die Kinder, wenn die Großmama einverstanden ist.«

»Heute haben sie es sich verdient.«

»Geht da vorne raus, und sagt Miss Louisa, Miss Abby hat euch jeder zwei Zuckerstangen erlaubt, eine für jetzt und eine für später.«

»Danke, Miss Abby.«

Thea mochte eigentlich keine Zuckerstangen, aber sie wusste, dass sie Rem später mit ihrer bestechen konnte. Außerdem konnten sie sich im Laden umsehen, solange Lucy und Miss Abby die Bezahlung regelten, ein wenig Klatsch austauschten und über ihre Familien sprachen.

Ihre Mom sagte, so sei es eben im Süden, alles dauerte doppelt so lange oder noch länger, weil man miteinander sprechen musste.

Ihr war es egal, wenn sie warten musste. Sie konnte sich das Kunsthandwerk anschauen, die Sachen aus Holz, Glas oder Metall. Sie konnte die Gemälde betrachten und ihren Stolz genießen beim Anblick der Regale, auf denen die Sachen ihrer Großmutter ausgestellt waren.

Als Lucy schließlich herauskam, musste sie auch noch mit Miss Louisa und jemandem namens Jimmy Zeit verbringen, der vor Weihnachten angefangen hatte, im Laden zu arbeiten.

Er hatte große, weit auseinanderstehende Augen und einen langen Hals. Thea stellte ihn sich mit spitzen Ohren vor und beschloss, dass er einer ihrer Traumelfen sein konnte.

Rem verschlang seine Zuckerstange und dann auch noch ein Trauben-Wassereis. Sie aß ihres langsamer, während sie an den Geschäften auf der Hauptstraße vorbeigingen.

Es dauerte noch länger, weil Lucy fast jeden kannte, und jeder kannte sie. Sie schlenderten bis zur Bank, wo Lucy etwas machte, was sie eine Abendeinzahlung nannte, denn die Bank schloss für gewöhnlich um zwei.

»Woher wissen sie, dass es dein Geld ist?«

Lucy blickte auf Rem, während sie den Hügel hinaufgingen. »Nun, der Scheck ist auf mich ausgestellt, von mir eingezahlt, und mein Name und meine Kontonummer stehen auf dem Überweisungsschein.«

»Woher weißt du denn, dass sie ihn nicht einfach stehlen und behaupten, sie hätten ihn nie bekommen?«

»Du bist ja ziemlich misstrauisch, mein Junge. Ein guter Grund dagegen ist, dass ich den Mann, der die Bank leitet, kenne, seit er so alt war wie du. Er war oft mit meinem Bruder Buck zusammen. Einmal bin ich sogar mit ihm tanzen gegangen, weil dein Grandpa zu lange gezögert hat, mich zu fragen. Aber das war das letzte Mal, dass er gezögert hat.«

»Hast du ihn auf den Mund geküsst?«

»Nein, ich hatte schon ein Auge auf Zachariah Lannigan geworfen.«

»Vielleicht stiehlt er dein Geld, weil du ihn nicht auf den Mund geküsst hast.«

Gram lachte schallend und zauste Rem durch die Haare. »Ich glaube nicht, dass er mir das heute noch nachträgt. Er ist mit meiner guten Freundin Abigail Barns verheiratet – so heißt Miss Abby mit richtigem Namen. Und sie haben drei Töchter und fünf Enkelkinder.«

»Männer können sehr nachtragend sein«, sagte Rem weise.

»Remington Fox, du unterhältst mich wie immer blendend.«

»Habe ich eine lila Zunge?« Er streckte sie heraus, damit sie nachschauen konnte.

»Ja, die hast du.«

»Das wäre lustig, wenn sie immer so wäre.«

»Siehst du?« Gram legte ihm den Arm um die Schultern und den anderen Arm um Theas Schultern. »Ein blendender Unterhalter!«

Thea bewertete den Tag als den besten bisher und hielt die Erkenntnis sogar in ihrem Tagebuch fest. Sie hatte Aster ganz alleine gemolken! Zusätzlich notierte sie sich, dass sie – mit Rems Hilfe (und vielleicht auch ein bisschen Hilfe von Dad) – versuchen wollte, Speck und Bratensoße zu Moms Geburtstagsfrühstück zu machen. Sie hatte bei der Seifenherstellung geholfen, und obwohl sie nicht mehr da sein würde, wenn Gram die einzelnen Stücke hübsch eingepackt auslieferte, würde sie bestimmt Fotos schicken.

Sie waren in die Stadt gegangen und hatten mit Leuten geredet. Als sie zurückkamen, hatten die Hunde eine Belohnung dafür bekommen, dass sie auf das Haus aufgepasst hatten. Sie hatten Eiscreme gemacht und für später in die Gefriertruhe gepackt.

Sie und Rem bereiteten ihre eigenen Pizzen mit dem Teig und der Soße zu, die Grammie zusammengestellt hatte, während Grammie Käse rieb. Theas Pizza war fast vollkommen rund. Rem sagte, er hätte eine achteckige Pizza gemacht. Grammie belegte ihre mit Pilzen und Oliven, und Rem verzog hinter ihrem Rücken angeekelt das Gesicht.

Als sie die Abendpflichten erledigt hatten und die Sterne herausgekommen waren, saßen sie mit ihren Sundaes auf der hinteren Veranda.

So viele Sterne, dachte Thea. Vielleicht irrte ihre Großmutter sich ja, und es würde gar kein Sturm aufziehen.

Als Lucy ins Zimmer kam, um ihr Gute Nacht zu sagen, legte Thea ihr Tagebuch beiseite.

»Morgen ist schon eine ganze Woche vorbei.«

Lucy setzte sich auf die Bettkante. »Das heißt, ihr habt noch eine ganze Woche vor euch. Und außerdem fahren wir alle in ein paar Monaten an den Strand. Ich bin mit meiner Familie zum ersten Mal in meinem Leben in einem Haus am Strand! Das haben uns deine Eltern aus Liebe geschenkt! Und wieder ein paar Monate später kommt ihr alle her. Auch wenn du dir das jetzt noch nicht vorstellen kannst, werde ich dann ein Thanksgiving-Essen machen.« Sie tippte Thea an die Schläfe. »Wart’s nur ab!«

»Dann wird alles anders aussehen, das möchte ich mir gerne einmal anschauen. Und dann kommst du an Weihnachten zu uns.«

»Das mache ich. Und ihr kommt zu Ostern.«

»Dann sehe ich den Judasbaum blühen.«

»Ja. Und auch den wilden Hartriegel. Das ist so ein schönes Bild. Davon kannst du heute Nacht träumen, oder fängst du mit einem neuen Traum an?«

»Ich habe den alten noch nicht zu Ende geträumt. Den mit dem Zauberwald von Endon.«

»Endon.«

»So heißt die Welt. Und mir sind ein paar neue Figuren eingefallen. Ich muss sehen, was damit passiert.«

»Dann träum schön.« Lucy beugte sich über sie und gab ihr einen Kuss. »Ich will auch wissen, was passiert.«

Zufrieden kuschelte sich Thea in ihre Decke und schloss die Augen. Sie trieb in den Traum, der voller Farben, Abenteuer und Magie war, und während sie träumte, zogen Wolken vor die Sterne. In der Ferne grollte der Donner.

Als das Gewitter kam, wie vorhergesagt, wurde der magische Traum zum Albtraum.

3

Etwa um die Zeit, als Lucy die Eiscreme in die Gefriertruhe stellte, damit sie fest wurde, kam Cora aus einem Meeting. Ein sehr erfolgreiches Meeting, sodass sie sich im Geiste selber auf die Schulter klopfte.

Da sie den Rest des Tages nichts mehr zu tun hatte, beschloss sie, Besorgungen zu machen und sich und John mit einer kleinen Feier zu belohnen.

Sie konnte die Wäsche aus der Reinigung holen, beim Drucker wegen ihrer neuesten Flyer vorbeischauen, bei ihrem Lieblingsweinladen vorbeifahren, beim Lebensmittelhändler Steaks kaufen, die John grillen würde, und im Hofladen noch Salat und ein paar Kartoffeln besorgen. John liebte ihre doppelt gebackenen Kartoffeln. Sie würde nie so eine gute Köchin wie ihre Mutter werden, aber sie fand, sie und John bekamen auch eine ganz ordentliche Mahlzeit hin.