Roms Katzen - Tina Alba - E-Book

Roms Katzen E-Book

Tina Alba

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Beschreibung

Leise wandeln Pfoten in Rom auf alten Wegen, zwischen Ruinen und überall in der Stadt. Katzen der Bastet schnurren sich gegenseitig Sagen aus vergangenen Zeiten zu. Katzen der Sachmet frönen der löwenhaften Kampfeslust. Ein lange zurückliegender Konflikt teilte sie in zwei Sippen, die einander aus dem Weg gehen. Doch als Dunkelheit die Ruinen der Ewigen Stadt überzieht und ein Seher auftaucht, verändert sich alles. Denn diese Finsternis bedroht alle Katzen – auch zwei junge Mitglieder der beiden Sippen, die sich inmitten der Wirren begegnen. Wird am Ende eine alte Feindschaft das Ende von Roms Katzen sein? Oder ist es gar die Liebe, die auf Samtpfoten eine Lösung bringt?

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ROMS KATZEN

Die Deutsche Bibliothek und die Österreichische Nationalbibliothek verzeichnen diese Publikation in der jeweiligen Nationalbibliografie. Bibliografische Daten:

http://dnb.ddp.de

http://www.onb.ac.at

© 2017 Verlag ohneohren, Ingrid Pointecker, Wien

1. Auflage

Autorin: Tina Alba

Covergestaltung: Verlag ohneohren

Covergrafiken: freepik.com, Alexas_Fotos | pixabay.com

Sonstige Grafiken: J_Alves, cinemacookie | openclipart.org

Lektorat, Korrektorat: Verlag ohneohren

www.ohneohren.com

ISBN: 978-3-903006-72-0

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und/oder des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Prolog
Der Traum des weißen Katers
1
Die Kundschafter
2
Der Schläfer erwacht
3
Sethos
4
Die Röhre
5
Der weiße Kater
6
Angeklagt
7
Die Ratten
8
Der Herr der Plagen
9
Der Seher und die Wiedergeborene
10
Stille vor dem Sturm
11
Der Sturm bricht los
12
Die Katze, die allein geht, aber nicht allein bleibt
13
Das Spiel der Götter
14
Kriegsgesang
15
Die Katze und die Löwin
16
Roms Katzen
17

„Das Tintenfass wird nie leer, wenn es darum geht, über Katzen zu schreiben.“

Jean-Lois Hue

Für Tiger und Moon, die schon gegangen sind.

Für Kater, Cassiopeia, Leo und Kleopatra, die da sind.

Für alle Katzen, die noch kommen werden.

Und für alle, die daran glauben, dass sich alles ändern kann.

PROLOG

Der Traum des weißen Katers

Im alten Ägypten wurden Katzen als Götter verehrt.

Sie haben das bis heute nicht vergessen.

(Verfasser unbekannt)

In den Tiefen der Erde schlief er; gebettet in sanftes Dunkel und getragen von unsichtbaren Händen wartete er auf seine Stunde. Leben kommen und Leben gehen, das wusste er, damit war er aufgewachsen, und daran erinnerten sich alle seiner Art. Bis seine Zeit kam, schlief er. Und träumte. So, wie es alle hielten, die warteten.

Mit einem feinen Lächeln auf ihren sinnlichen Lippen erhob sich Ägyptens Königin und strich noch einmal ihrem schlafenden Geliebten über das Haar. So zärtlich berührte sie ihn, wie eine Kralle, die über Marmor fuhr und dabei kaum hörbar aufkreischte. Ihr Blick fiel auf die Weinkelche, die sie geleert hatten, bevor sie einander geliebt hatten. Und bevor er in diesen tiefen traumlosen Schlaf gesunken war, aus dem er erst wieder aufwachen würde, wenn sie sich wieder an seine Seite legte.

Kleopatra schlüpfte in ihre weichen Sandalen, dann schob sie die Vorhänge beiseite, die ihr Schlafgemach teilten, und hüllte sich in ein dunkles Gewand. Ein schwarzer Schleier bedeckte ihr Haar. Noch einmal sah sie sich um. Ihre Leibdienerin schlief auf einer Matte vor dem Vorhang, alles weitere Personal hatte Kleopatra fortgeschickt, als er gekommen war, um mit ihr den Sieg über die Truppen ihres Bruders zu feiern. Er. Caesar. Der Römer.

Kleopatra unterdrückte ein abfälliges Schnauben. Der Römer hatte von Liebe gesprochen, ihre Schönheit gepriesen und sich mit ihr gefreut. Der Thron Ägyptens gehörte nun ihr allein. Vom nächsten Tag an würde sie das Gewicht der Krone auf ihrer Stirn fühlen. Dann würde sie wie die alten Pharaonen Krummstab und Wedel in Händen halten. Sie würde regieren. Des Römers Hilfe hatte ihr den Thron verschafft, und sie sonnte sich in seiner Bewunderung. Und doch hörte Kleopatra auf die Stimme, die ihr zuraunte, dass Rom immer nur eines gewollt hatte: größer werden und noch mächtiger. Roms Arm, so ahnte sie, würde eines Tages die ganze Welt umspannen, und nichts würde mehr sein, wie es war.

Sie fürchtete sich davor.

Und noch mehr fürchtete sie, zu Roms Vasallin zu verkommen. Caesars Arm war lang, sie hatte seinen Einfluss gesehen, hatte beobachtet, wie er Kriege gewann und Könige von Thronen stieß.

Die Würfel waren gefallen, auch für Ägypten. Doch Kleopatra war bald Königin. Vor ihrem inneren Auge zogen die Bilder der mächtigen Herrscher und Herrscherinnen der Vorzeit vorbei. Hatschepsut. Ramses. Tutenchamun. Würde sie eine Königin wie Hatschepsut werden und mit eiserner Hand regieren? Ihr Lächeln gefror. Sie konnte nur herrschen, wenn Caesar seine gierigen Finger bei sich behielt. In Rom konnte er tun, was er wollte, aber Ägypten gehörte ihr. Und damit das so blieb, musste sie handeln.

Ägyptens alte Götter waren präsent. Wohin man blickte, waren sie da, die tierköpfigen Gestalten. Isis, Osiris, Horus, Anubis, Seth. Hathor, Sobek, Selket, Ra.

Bastet.

Sachmet.

Kleopatra nahm den Korb, der wie verabredet vor den Türen ihres Gemachs abgestellt worden war. Er war groß und schwer, sie konnte ihn kaum tragen. Als sie ihn anhob, bewegte sich etwas darin, der trockene Papyrus knisterte, als Krallen sich hineinbohrten. Kleopatra schritt durch den dunklen Palast; flackernde Öllampen erleuchteten die Gänge, so wie sie es befohlen hatte. Und genau wie sie es angeordnet hatte, wartete die Priesterin an dem Seiteneingang, den sie ihr hatte zeigen lassen.

„Herrin“, murmelte die Bastet-Priesterin und neigte respektvoll den Kopf.

„Merit-Bast?“

„Die bin ich.“

Kleopatra nickte und reichte der jungen Frau den Korb.

Merit-Bast öffnete eine der Klappen, die ihn verschloss, blickte hinein und neigte mit einem Lächeln den Kopf. „Sie sind wunderschön. Meine göttliche Herrin wird erfreut sein und ihnen ihren Segen geben.“

„Führe mich.“ Die Königin folgte der Priesterin durch dunkle Straßen. Über ihnen wölbte sich der sternenklare Himmel Ägyptens. Die Kälte der Nacht durchdrang Kleopatras Gewänder und ließ sie frösteln, doch sie hieß die Kälte willkommen. Ihr Blick musste nach vorn gerichtet sein, und das war er nur, wenn er nicht getrübt war durch die Flamme der Zuneigung zu diesem Römer in ihrem Herzen. Für einen Moment zuckte Caesars Bild durch ihre Gedanken. Ein Feldherr auf einem weißen Ross, der schimmerndegoldplattierte Brustpanzer strahlte in der Sonne, und der rote Umhang, der von Caesars Schultern floss, wirkte wie aus Blut gewoben. Das Gesicht, scharf wie die Züge eines Adlers, nicht mehr jung und doch anziehend in seiner Stärke und Entschlossenheit. Caesar war kein schöner Mann. Es war seine Ausstrahlung, die dazu führte, dass die Menschen ihm zu Füßen lagen und seine Worte in sich aufsogen wie der trockene Wüstenboden die Wasser des Nils zur Flutzeit.

„Wir sind da, Königin.“

Merit-Bast blieb vor dem Tempel stehen, wartete einen Moment lang, und dann führte sie Kleopatra in das Heiligtum. Huschende Schatten waren überall im flackernden Feuerschein von Öllaternen, Feuerbecken und Fackeln zu sehen. Die meisten von ihnen waren sandfarben, einige mit Streifen oder Flecken im Fell, andere waren rot wie der Sonnenaufgang oder schwarz wie Nacht und Verrat. Augen glommen im Halbdunkel. Kleopatras Fuß streifte einen der Schatten, weiches Fell schmiegte sich warm an ihre nackte Haut unter den dünnen Lederriemen der Sandale.

Katzen.

Dieser Ort war ihr Zuhause. Hier waren sie noch immer heilig. Hier waren sie noch immer Götter und der Göttin geweiht.

Der Göttin mit den zwei Gesichtern.

Merit-Bast verharrte vor einer Statue, in die ihr Erschaffer all seine Kunstfertigkeit gelegt hatte. Sie stand im Zentrum des halbrunden Heiligtums, damit die Betenden sie umrunden konnten. Statt einer Vorder- und einer Rückenansicht hatte diese Statue zwei Gesichter.

Die Priesterin verneigte sich und hob die Hände. „Meine Göttin. Ich bringe dir die Königin Kleopatra, die deinen Segen und Rat erbittet.“

Sie trat zurück, und Kleopatra ging einige Schritte auf die Statue zu. Merit-Bast hatte den Korb abgestellt.

„Lass mich jetzt allein, Priesterin. Warte, bis ich meine Gebete beendet habe, und dann geleite mich zurück zum Palast.“

Die Priesterin zögerte, nickte dann aber.

Kleopatra wusste genau, was das Mädchen dachte. Sie, die Ptolemäerin, war in den Augen der Ägypter keine Ägypterin. Sie war Griechin, ein Eindringling – genau wie Caesar ein solcher in ihrem Leben war. Kleopatra wartete, bis der Vorhang sich hinter Merit-Bast geschlossen hatte, öffnete den Korb und schob ihn so vor die Statue, dass keines der marmornen Gesichter ihm zugewandt war. Dann kniete sie nieder und hob die Hände. Stumm formte sie die Worte in ihren Gedanken, dann sprach sie diese aus, erst flüsternd und unsicher, dann mit immer festerer Stimme.

„Bastet“, begann sie, „Lebensbringerin. Sanfte Mutter, du, die du Kinder denen schenkst, die vergeblich warten, du, die du Fruchtbarkeit schenkst, nährst und belebst, die du das Leben schützt und bewahrst. Ich, Kleopatra Philopator, rufe dich an. Und du, Sachmet, wilde, wütende Löwin, die du deine Klauen in Blut tauchst und Verderben bringst, die du die Krieger mutig und stolz machst und ihnen Kraft gibst. Ich, Kleopatra Philopator, rufe dich an. Göttin mit den zwei Seiten, du Sanfte, Liebevolle, du Wilde, Kriegerische, sieh auf deine Dienerin herab, die nichts weiter wünscht, als ihr Reich in Sicherheit und in ihrer Hand allein zu wissen. Ich bitte dich, Bastet, ich bitte dich, Sachmet, sieh auf deine Dienerin und deine Kreaturen, die sie dir darbringt. Segne sie, auf dass sie ein würdiges Geschenk für den Römer seien, der sie mit in sein Land nehmen soll. Auf dass sie ihn ewig daran erinnern mögen, wem das Land der Zwei Ströme gehört und wer hier regiert.“

Kleopatra hielt inne und holte tief Atem. Sie hatte kaum gespürt, wie sehr sie sich in ihre Worte hineingesteigert hatte. Die Tiere, zwei Katzen und ein Kater, hatten lautlos den Korb verlassen und umrundeten mit der ihrer Art eigenen Neugier die Statue. Kleopatra wartete. Sie fühlte, wie die Luft um sie herum vor Spannung knisterte. Die Katzen, eine langhaarige sandfarbene Schönheit mit glühenden grünen Augen und eine graubraune, elegante Erscheinung mit dunklen Tupfen auf dem schimmernden Fell, schienen ihre Runde um die Statue beendet zu haben. Einen Moment lang noch zögerten sie, dann ließ die Getupfte sich zu Füßen der Bastet nieder, während die Langhaarige sich auf Sachmets Füße legte und begann, ihre Pfoten zu lecken. Der Kater blieb vor dem Korb sitzen, in der Mitte zwischen beiden Seiten der Göttinnen. Sein Fell schimmerte wie helles Mondlicht auf dem Nil, und seine Augen waren eines golden und eines blau. Rotbraune Flecken, die im Fackellicht wie getrocknetes Blut leuchteten, zierten seine Ohren, und der buschige Schweif war wie in Zinnober getaucht. Still saß er da und richtete seinen verwirrenden zweifarbigen Blick auf Kleopatra.

„Segne, Göttin mit den zwei Gesichtern. Bastet, Sachmet, segnet meine Boten. Segnet das Geschenk für Caesar!“

Sie schloss die Augen, öffnete sie aber gleich wieder. Das Knistern in der Luft entlud sich in flirrendenFunken. Golden und blau glitzerte es in der Luft. Katzenpfoten haschten nach den Lichtern, die wie Leuchtkäfer durch den kleinen Tempelsaal flackerten.

„Kind der Ptolemäer.“ Es war ein Raunen, zwei Stimmen, die sich zu einer vereinigten, Brüllen und Schnurren zugleich, Singen und Schreien, süßes Rufen und drohendes Kreischen.

Kleopatra zuckte zusammen. Die Augen der Göttinnen waren voller Leben. Blau wie der Mitternachtshimmel in Bastets Gesicht, loderndes Goldfeuer in den Löwenzügen Sachmets.

„Ich bin hier.“ Wenn Kleopatra eines wusste, dann, dass sie jetzt ihren Blick nicht mehr abwenden durfte. Die Göttin sprach zu ihr!

„Ich habe deine Bitte gehört.“ Die Göttinnen sagten, raunten, schrien, brüllten, schnurrten es gleichzeitig. „Ich habe deine Bitte gehört, und will sie erfüllen. Ein Teil von mir soll mit meinen Kindern in das Land des Römers gehen. Wo sie sind, dort ist Ägypten. Wo sie sind und ihre Nachkommen leben, dort lebe ich. Sie werden sich immer daran erinnern, dass sie von einer Göttin berührt sind. Sie werden sich erinnern, und ich werde es sein, die ihren Nachkommen ihre Namen gibt. Namen, mit denen ihre Heimat in ihnen weiterlebt. In ihnen bin ich. Fruchtbar und tödlich. Sanft und gefährlich. Liebend und hassend. Ich bin Leben. Ich bin Tod. Ich bin Zärtlichkeit, und ich bin Krieg. Ich bin schön. Und ich bin schrecklich.“

Funkenregen hüllte die Katzen ein, blau die eine, golden die andere, während dort, wo der Kater saß, beide Farben zu einem irisierenden Wirbel verschmolzen. Kleopatra fühlte die Funken auf ihrer Haut knistern, spürte sie in ihrem Schleier und ihrem Haar, sie hörte die Schreie der Katzen, die ihre Stimmen zum Loblied der Göttin erhoben. Es klang nach Kampf. Es klang nach Stolz. Es klang nach Intrigen.

Kleopatra lächelte.

Der Segen der katzen- und löwenköpfigen Göttin ging mit ihr. Wo ihre Gabe lebte, da lebte die Göttin. Und wo die Göttin lebte, da war Ägypten.

Von nun an würden sechs Augenpaare auf Caesar und seinem Tun ruhen. Und die Nachkommen der Katzen würden ihre Augen auf die Nachkommen Caesars richten. Von nun an würden Katzen in Rom sein.

Das Funkeln verblasste. Die Augen der Göttinnen waren nichts als bemalter Marmor und Edelsteine. Die Katzen jedoch wussten sehr genau, wer sie berührt hatte. Als sie sich erhoben und Kleopatra um die Beine strichen, schienen sie gewachsen zu sein, wirkten königlicher und stolzer, und in ihren Augen lag Wissen, das jenseits dessen war, was ein Mensch sonst in den Augen eines Tieres sehen konnte. Als die Katzen in ihren Korb schlüpften, wirkte es beinahe so, als bestiegen sie einen Thron. Die Königin war zufrieden.

„Wie wunderschön sie sind.“ Caesar lächelte beinahe wie ein Junge. Es war dieses Lächeln, das Kleopatra vom ersten Augenblick an gefangen genommen hatte, das sich in seinen Augen spiegelte und die Falten in den Augenwinkeln und um seinen entschlossenen Mund herum vertiefte.

„Sie werden dich immer an mich erinnern, wenn du wieder in Rom bist.“ An mich und an Ägypten …

„Dazu brauche ich keine Gaben, mea delicia. Aber ich fühle mich geehrt, dass ich sie in meine Heimat mitnehmen kann. Sie gelten in deinem Land als heilig.“

„Sie werden den Segen Bastets und Sachmets bringen.“

Caesar lachte leise. „Die Götter Roms werden nicht erfreut sein.“

„Die Götter Roms werden dem Schmeicheln der Katzen ebenso erliegen wie Roms Feldherr meiner Hand.“ Noch bevor Caesar etwas sagen konnte, hatte sie seine Tunika gegriffen, ihn zu sich herangezogen und geküsst. Das Letzte, was sie sah, bevor sie die Augen schloss und sich Caesars Händen ergab, war der tiefe Blick aus zwei verschiedenfarbenen Katzenaugen, in denen so viel Wissen lag.

Derselbe Blick traf sie, als sie im Hafen stand und zusah, wie Caesar sein Schiff bestieg, um zurück nach Rom zu segeln, und er brannte sich in ihre Gedanken. Ihr war, als würde sie die Stimme der Göttin noch immer hören: „Da, wo sie sind, werde ich sein. Wo sie sind, ist Ägypten.“

Der Schläfer regte sich unruhig in seinem Traum. Diese Erinnerungen waren alt, älter als alles andere, was er wusste. Er kannte die Geschichte, auch wie sie endete. Der Feldherr segelte in seinen Tod, der Schläfer erinnerte sich genau. Noch bevor die zwei Katzen zum ersten Mal Junge warfen, traf den Feldherrn der Dolch des Mörders. Und die Königin, die einst die Göttin angefleht hatte, liebte zum zweiten Mal in ihrem Leben einen Römer. Und was auch in ihrem Leben geschah, die Göttin hielt Wort: Kleopatra regierte Ägypten. Bis zu ihrem Tod.

Und die Katzen taten, was die Römer in Ägypten versucht und in der halben Welt getan hatten. Sie eroberten. Langsam. Schleichend. Heimlich, wie es ihre Art war. Der Schläfer schlief, und sein Traum wob sich weiter.

Die Stadt gehörte den Katzen. Der Feldherr war tot, seine in Trauer aufgelöste Witwe hatte den weißen Kater mit den flammenfarbenen Ohren und dem Zinnoberschweif und die Katzen mit ihren Jungen aus dem Haus geworfen, um nicht länger an die ägyptische Königin erinnert zu werden, die ihr Mann geliebt hatte. Doch des Katers Art war schon immer daran gewöhnt gewesen zu überleben. Die Katzen brauchten die Menschen nicht, auch wenn es angenehm war, in ihrer Nähe zu leben. Die Stadt war groß, ihre Bauten verwinkelt, die engen Gassen und Kornspeicher voller Mäuse. Und mochte auch die Stadt nach und nach, Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrhundert ihr Gesicht verändern – eines war da, das blieb und sich niemals veränderte.

Schatten huschten durch die Gassen bei Nacht. Träge ruhten sie bei Tag in den Ruinen, die von der alten Stadt übrig geblieben waren. Sandfarben, getigert und gefleckt, rot und weiß und schwarz, mit grünen, goldenen, blauen Augen. Allgegenwärtig waren sie: das Volk der Katzen. Sie saßen auf den Rängen des Kolosseums, wenn die Wagen durch die Arena jagten, sie sahen so nah wie kein anderer die donnernden Hufe der Pferde. Sie schluckten Staub, wurden getreten und verjagt – und die Flamme der Göttin brannte in ihren Seelen. Sachmets Feuer machte sie stark, und Bastets Weisheit lehrte sie zu überleben.

Wo Katzen waren in Rom, dort lebte, wie eine Königin es einst gewollt hatte, immer auch ein Stück Ägypten. Denn die Katzen erinnerten sich. Sieben Leben hindurch erinnerten sie sich, und in ihren Liedern und ihren Namen war alles, was jemals eine Katze auf dieser Welt erlebt hatte.

Der Schläfer zitterte. Ägypten war da, wo Katzen waren, auch in Rom. Immer. Die Göttinnen, die die Katzen mit sich gebracht hatten, waren dort Fremde wie die Katzen selbst. Doch auch sie überlebten, gestärkt durch die Erinnerung ihrer Boten mit Fell, Fängen und Zähnen.

Bastet wurde stark. Sachmet wurde stark.

Der Schläfer bebte.

Kämpfe hatte es gegeben im Götterreich, beinahe einen Krieg, als ein zorniger Jupiter versucht hatte, die Fremde aus Ägypten zu vertreiben. Siegen konnten sie nur dank Sachmets Kraft, denn gegenüber Jupiters Zorn half Bastets Weisheit nicht weiter. So war es Sachmet gewesen, die Jupiter allein gegenübergetreten war. Ihre sanfte Bastet-Seite lag derweil schlafend vor den Toren zu Jupiters Reich, eingehüllt in den Körper einer schwarzen Katze.

Der Schläfer schauderte.

Was war dann geschehen?

Seine Schnurrhaare zuckten.

Etwas war anders geworden seit diesem Kampf, doch des Schläfers Krallen konnten es nicht packen, seine Augen nicht sehen, seine Schnurrhaare es nicht erspüren.

Seine Pfoten zuckten im Traum, als würden Mächte an ihm ziehen und zerren; jede einzelne wollte ihn für sich, und er wusste instinktiv, dass er niemandem gehören durfte. Er war schon immer der gewesen, der auf keiner Seite stand.

Was war geschehen?

Er erinnerte sich nicht.

Seit wann herrschte zwischen den Boten der Göttinnen Krieg? Und warum?

Der Schläfer zuckte zusammen, als etwas Dunkles seinen Traum streifte. Schatten fielen über die Ruinen, in denen sein Volk lebte. Er sah die Sonne aufgehen und Säulen und Plätze in blutiges Rot tauchen. Kleine Körper ergossen sich wie eine Lawine über die alte Stadt; schwarzes, räudiges Fell, rote Augen, in denen ein Feuer aus Schmerz, Leid und Hass brannte, und lange, haarlose Schwänze. Er sah die Hand, die die kleinen, hässlichen Kreaturen leitete.

Der Schläfer erwachte mit einem Schrei.

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