Satyrgeschichten - Volker Ebersbach - E-Book

Satyrgeschichten E-Book

Volker Ebersbach

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Beschreibung

Fast jeder kennt Kaiser Nero und dessen Verrücktheiten. Weniger Leute kennen einem gewissen Titus Petronius Arbiter, der zu dessen einflussreichsten Beratern gehörte – in Fragen des guten Geschmacks. Von diesem Petronius, der die Künste schätzte und als Dichter die damals um sich greifende unersättliche, parasitäre Besitzgier neureicher Emporkömmlinge verabscheute und heftig kritisierte, ist nur ein Bruchteil seiner Werke überhaupt erhalten. Als die Pforte zwischen Antike und Mittelalter offenstand und der Wind der Zeiten hindurchblies, wurden die Blätter dieses Werkes nicht nur durcheinandergewirbelt, sondern auch zu einem wohl nicht unbeträchtlichen Teil davongetragen. Was wir heute davon besitzen, sind größere und kleinere Bruchstücke, mitunter nur winzige Splitter. Immerhin aber haben sich einige Kostproben wie die vorliegenden „Satyrgeschichten“ erhalten. Einer besonderen Aufmerksamkeit empfohlen sei der Essay „Petronius oder ein Streit über Geschmacksfragen“, in dem Ebersbach von den Qualen des kaiserlichen Beraters berichtet, der ein selbstbestimmt-fremdbestimmtes Ende findet, in dem er sich die Adern öffnet – aus Furcht vor der drohenden Hinrichtung: Nero zeigte sich anfangs erfreulich gelehrig. Mit dieser demonstrativ guten Erziehung führte ihm Agrippina beizeiten die Gunst sowohl der plebejischen als auch der patrizichen Römer zu. Für seinen Regierungsantritt weckte sie Hoffnungen, denen selbst betagte Skeptiker nicht widerstehen konnten. Die Eintracht der Stände schien gesichert. Nun sollte die neue, von Augustus geschaffene Herrschaftsform, die seit einem dreiviertel Jahrhundert gegen das tiefverwurzelte Misstrauen der Römer anzukämpfen hatte, aber auch nicht wieder abgeschafft werden konnte, eine maßvoll prächtige Blüte treiben, die sie für alle Römer annehmbar machte und den kalten Bürgerkrieg unter ihnen beendete. Als Nero mit siebzehn Jahren Kaiser wurde, verwandelten sich seine Erzieher in Berater. Die ersten Maßnahmen, noch unter ihrer Anleitung getroffen, waren so besonnen und populär, dass überschwängliche Gemüter frohlockten, das neue Goldene Zeitalter, das unter Augustus ausgeblieben war, breche nun doch noch an. Besonders die Künstler fühlten sich auf einmal verstanden und sahen sich gefördert, denn Nero war den Künsten aufgeschlossen, suchte seine Vergnügungen in kunstvoller Atmosphäre, besaß selbst eine Künstlernatur. Und er war jung. Da ihm alle so zujubelten, behielt er die Gedichte, die er selbst machte, nicht lange für sich.

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Impressum

Titus Petronius Arbiter

Satyrgeschichten

Aus dem Lateinischen

Übertragung, Anmerkungen und Essay „Petronius oder ein Streit über Geschmacksfragen“ von Volker Ebersbach

ISBN 978-3-96521-640-2 (E-Book)

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta

Das Buch erschien 1984 im Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig

© 2022 EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.de

Personenverzeichnis

Die Handlung der „Satyrgeschichten“ spielt im griechisch kolonisierten Süden Italiens, die meisten Personen tragen daher griechische Namen. In mehreren Fällen handelt es sich um „sprechende Namen“, die zur Charakteristik der Gestalten beitragen, aber nichts über ihre Herkunft aussagen.

Agamemnon: Rhetoriklehrer. Der Name entstammt ohne ersichtliche Beziehung Homers „Ilias“.

Ascyltus: Gefährte des Erzählers Encolpius. Der Name bezeichnet einen, der nicht verzagt, sich nicht quälen oder zausen lässt, sich nicht ängstigt.

Cario: Sklave des Trimalchio.

Cbrysantbus: im Gespräch bei Trimalchio erwähnter freigelassener Emporkömmling.

Cbrysis: „die Goldene“, „die Schöne“, als Hetärenname gebräuchlich, aber auch Beiname der Aphrodite (Venus). Zofe der Circe.

Circe: Geliebte des Encolpius in Kroton. Ihr Name entstammt der „Odyssee“ Homers und unterstreicht ihr bezauberndes Wesen.

Corax: Lohndiener des Eumolpus, „der Rabe“.

Doris: Geliebte, an die Encolpius sich erinnert.

Echion: Tischgast und Mitfreigelassener Trimalchios.

Encolpius: Erzähler und Hauptperson. Wahrscheinlich sozial entwurzelter Freigeborener, der eine gute Erziehung genossen hat, aber kein Vermögen besitzt. Der Name bezeichnet einen, der gern am Busen ruht oder auf dem Schoß sitzt und ständig verliebt ist.

Eumolpus: gealterter Dichter und Landstreicher, der Gedankengut des Philosophen Epikur vorträgt, aber nicht danach leben kann. Gelegentlich klingen in seinen Ausführungen auch Lehren der Kyniker an. Der Name bezeichnet einen, der schön singt. Die Sage kennt einen gleichnamigen Sänger aus Thrakien, der als Stifter der eleusinischen Mysterien in Attika galt.

Fortunata: Gattin des Trimalchio. Der (lateinische) Name bezeichnet eine, der das Glück hold ist.

Ganymedes: Tischgast und Mitfreigelassener des Trimalchio. Ein Bezug zum gleichnamigen Mundschenk des Zeus (Jupiter) ist nicht ersichtlich.

Giton: Gefährte und Geliebter des Encolpius. Der Name („Nachbar“) bezeichnet ihn als Liebling seines Herrn in der Rolle eines Sklaven, obwohl seine Standeszugehörigkeit nirgends deutlich wird.

Glykon: im Gespräch erwähnter freigelassener Emporkömmling.

Habinnas: Tischgast des Trimalchio, Eigentümer einer Werkstatt für Grabmonumente. Der Name kommt aus Nordafrika (Karthago) oder dem Orient.

Hedyle: Gestalt aus den verloren gegangenen Kapiteln, zu Lichas gehörig. '

Hermeros: Tischgast des Trimalchio.

Hesus: Fahrgast auf dem Schiff des Lichas.

Lichas: wohlhabender Schiffsbesitzer und Händler. Der Name geht ohne ersichtliche Beziehung auf den Diener des Herakles zurück.

Mammea: im Gespräch erwähnter, offenbar korrupter Magistratsbeamter nicht römischer Herkunft.

Menelaus: Rhetoriklehrer, Untergebener des Agamemnon. Der Name entstammt ohne ersichtliche Beziehung Homers „Ilias“.

Menophila: Sklavin des Trimalchio.

Niceros: Tischgast und Mitfreigelassener des Trimalchio.

Norbanus: im Gespräch erwähnter Magistratsbeamter römischer Herkunft.

Oenothea: greise Priesterin des Priapus in Kroton. Der Name bezeichnet eine, die Wein ausschenkt.

Pannychis: Mädchen im Haushalt der Quartilla; als Hetärenname („die ganze Nacht“) gebräuchlich.

Philargyros: Sklave des Trimalchio.

Phileros: Tischgast und Mitfreigelassener des Trimalchio.

Philomela: kupplerische Erbschleicherin in Kroton. Der Name ist der griechischen Sage entlehnt, derzufolge die Schwägerin des Königs Tereus sich, nachdem sie von ihm vergewaltigt worden ist, in eine Schwalbe verwandelt, und bedeutet „die Freundin des Gesanges“.

Polyaenus: Name, den sich Encolpius in Kroton zulegt. Er bezeichnet einen, der klug reden kann oder viel gelobt wird.

Proculus: im Gespräch bei Trimalchio erwähnter ruinierter römischer Geschäftsmann.

Proselenos: Quacksalberin in Kroton.

Psyche: Zofe der Quartilla; als Hetärenname („Seele“) gebräuchlich.

Quartilla: Nymphomanin, die sich wahrscheinlich als Priesterin des Priapus ausgibt.

Scintilla: Gattin des Habinnas (lat. „Funke“).

Scissa: im Gespräch bei Trimalchio erwähnter begüterter Freigelassener.

Trimalchio: schwerreicher Freigelassener in einer griechisch bevölkerten Stadt Süditaliens, Latifundienbesitzer. Die meisten namenskundlichen Ermittlungen ergeben eine orientalische Herkunft.

Tryphaena: Reisegesellschafterin des Lichas; als Hetärenname („die Wollüstige“) gebräuchlich.

Über den Verfall der. Beredsamkeit

[1] … „Und lassen sie sich etwa nicht von einer anderen Art Wahn hinreißen, die Redekünstler, die da schreien: ‚Diese Wunden empfing ich für die Freiheit des Volkes, dieses Auge habe ich um euretwillen geopfert! Gebt mir jemanden an die Hand, der mich zu meinen Kindern führen möge, denn mit meinen durchhauenen Kniekehlen kann ich nicht mehr aufrecht gehen'? – Das wäre sogar noch zu ertragen, wenn es nur dazu diente, den Schülern der Beredsamkeit einen Weg vorzuzeichnen. Aber mit ihren Übertreibungen und mit dem völlig hohlen Geklirr ihrer Sentenzen erreichen sie nichts weiter, als dass sie, wenn sie auf dem Forum auftreten, wie in eine fremde Welt versetzt wirken. Und darum bin ich der Ansicht, dass die Jugend in den Schulen ganz und gar verdummt wird, weil sie nichts von den Fällen zu hören oder zu sehen bekommt, die wir in der Wirklichkeit vor uns haben, sondern nur Seeräuber, mit Ketten am Strand stehend, nur Tyrannen, Edikte verfassend, die den Söhnen gebieten, ihren eigenen Vätern die Köpfe abzuschlagen, nur Orakelsprüche, die gegen die Pest verordnen, drei Jungfrauen oder noch mehr zu opfern, nur honigsüße Wortklumpen, lauter Reden und Taten, gleichsam mit Mohn und Sesam bestreut!

[2] Wer sich mit solchem Zeug vollstopfen lässt, der kann so wenig klug werden, wie einer gut riecht, der immer in der Küche steckt. Nehmt es mir nicht übel, wenn ich sage: Ihr zuallererst habt die Redekunst zugrunde gerichtet! Indem ihr nämlich aus leichten und nichtssagenden Tönen ein Gaukelspiel veranstaltet, habt ihr bewirkt, dass der Stil der Rede erschlaffte und verfiel. Damals, als ein Sophokles oder ein Euripides die Worte fanden, mit denen man sich ausdrücken musste, wurde die Jugend noch nicht mit Deklamationsübungen aufgehalten. Damals, als Pindar und die neun Lyriker nicht wagten, im Versmaß Homers zu dichten, hatte noch kein Stubengelehrter die natürlichen Begabungen zerstört. Und damit ich mich nicht nur auf Dichter berufe: Gewiss hätte, soweit ich sehe, weder ein Plato noch ein Demosthenes sich zu dieser Art Exerzitien herbeigelassen. Der große und – ich möchte sagen: das Schamgefühl wahrende Redestil kommt weder schillernd noch geschwollen daher, sondern er richtet sich in natürlicher Schönheit auf. Vor einiger Zeit aber ist diese windige und maßlose Geschwätzigkeit aus Asien in Athen eingezogen und hat die ehrgeizige Jugend wie ein Fiebergestirn verseucht, und da der Beredsamkeit einmal die Grundlage entzogen war, entwickelte sie sich nicht mehr und verstummte. Wer hat denn daraufhin noch den Ruhm der Meisterschaft wie Thukydides, wie Hyperides erreicht? Nicht einmal eine Dichtung erstrahlte mehr in frischer Farbe. Sondern weil sich alles gewissermaßen von derselben Kost ernährt hat, konnte nichts mehr in Ehren ergrauen. Ebenso ging es mit der Malerei zu Ende, nachdem die Ägypter für diese großartige Kunst dreist ein Schnellverfahren entwickelt hatten.“

[3] Agamemnon ertrug es nicht, dass ich im Säulengang länger daherdeklamierte, als er selbst im Vortragssaal geschwitzt hatte. „Junger Mann“, sagte er, „da du über eine Redegabe von recht ungewöhnlichem Geschmack verfügst und, was man äußerst selten antrifft, den gesunden Menschenverstand zu schätzen weißt, will ich dich nicht mit Geheimniskrämerei täuschen. Kein Wunder, dass die Lehrer solche Exerzitien verzapfen, die ja doch mit den Wirrköpfen irrereden müssen! Denn wenn sie nicht sagen würden, was die Jüngelchen gern hören, so werden sie, wie Cicero sich ausdrückte, ‚allein in den Schulen bleiben'. Wie die verlogenen Schmeichler, wenn sie es darauf abgesehen haben, bei den Reichen zu speisen, vor allem daran denken, was nach ihrer Meinung den Zuhörern am besten gefallen werde – denn sie können ihr Ziel nur erreichen, indem sie die Ohren überlisten –, genau so wird auch der Lehrer der Beredsamkeit, wenn er nicht wie ein Angler einen Köder auf die Häkchen steckt, nach dem erfahrungsgemäß die Fischlein schnappen, ohne Hoffnung auf einen Fang auf den Klippen sitzen bleiben.

[4] Wie also liegen die Dinge? Die Eltern verdienen die Rüge, die wollen, dass ihre Kinder ohne strenge Maßregeln vorwärtskommen. Denn erstens opfern sie, wie alles, auch ihre Hoffnungen dem Ehrgeiz. Sodann jagen sie, damit sie nur rasch ihren Wünschen näherkommen, den noch unfertigen Eifer hinaus aufs Forum und muten die Redekunst, die sie als das Höchste preisen, unreifen Jüngelchen zu.

Wenn sie stattdessen einen allmählich fortschreitenden Studiengang zuließen, damit die jungen Studierenden mit ernsthafter Lektüre durchtränkt werden, damit sie durch die Lehren der Weisheit ihr Wesen festigen, damit sie mit attischem Griffel ihre Worte meißeln, damit sie auch lange anhören, was sie dann nachahmen wollen, damit sie begreifen, dass nichts großartig ist, woran Kinder Gefallen finden, – dann freilich bekäme der große Redestil das Gewicht seiner eigenen Erhabenheit. Heute aber bummelt die Schuljugend in den Lehrsälen herum, die jungen Männer machen sich auf dem Forum lächerlich, und was schändlicher noch als beides ist: Hat man sich einmal etwas falsch eingeprägt, so will man es im Alter nicht mehr eingestehen. Aber damit du nicht annimmst, ich dächte geringschätzig über die Gelegenheitsdichtung in der einfachen Art des Lucilius, will ich meinerseits meine Ansicht in ein Gedicht fassen:

[5] Wer auf die Wirkung ernst gemeinter

          Kunst aus ist

und wem der Sinn nach Großem steht,

          der muss streng

den genauen Regeln der Bescheidenheit folgen,

der darf zu Herrschersitzen nicht den Blick heben,

der schleiche sich nicht an den Tisch der Maßlosen,

der soll die Glut des Geistes nicht mit Wein löschen

im Kreis Verworfener und nicht dem Schauspieler

mit Beifall selber im Theater zujubeln.

*

Nein, wenn ihm Burgen der waffengewandten Minerva

           auch lächeln

oder das Land, das von lacedaemonischen Siedlern

           bewohnt ist,

oder der Sitz der Sirenen, er schenke die Jugend

          den Versen,

trinke mit freudigem Herzen aus des Maeoniers Quelle,

lockre die Zügel sodann, wenn sokratischer Geist ihn

          erfüllt hat,

ungezwungen und schwinge des großen Demosthenes

          Waffen.

Nun mag die Menge in Rom ihn umringen, und

           endlich entlastet

von dem griechischen Klang, wird sein Redefluss

          leicht sich verändern.

Fern vom Forum soll er mitunter auch etwas schreiben,

und er bringe das eilig wechselnde Schicksal zum Klingen.

Festschmaus sei ihm, vom Krieg mit grimmiger Stimme

           zu singen,

Ciceros Sprachgewalt sei ihm ein unübertroffenes

          Vorbild.

Dies sei dein Rüstzeug. Dann bist du gefeit, dann

          werden die Worte reichlich

dir aus der Brust, wo die Musen zu Hause

          sind, strömen.“

Streit um Giton

[6] Während ich ihm sehr aufmerksam zuhörte, merkte ich gar nicht, wie sich Ascyltus davonstahl … Und ich ging, noch erregt von der Hitze des Wortwechsels, weiter, als ein ansehnlicher Schwarm von Schülern in den Säulengang strömte. Anscheinend kamen sie von der Stegreifdeklamation irgendeines Redners, der an Agamemnons Vortrag angeknüpft hatte. Ich ließ das junge Völkchen seine Sentenzen bespötteln und die ganze Gliederung seiner Ausführungen heruntermachen und benutzte die Gelegenheit, mich abzusetzen und mich im Laufschritt Ascyltus an die Fersen zu heften. Aber ich schlug keine bestimmte Richtung ein, weil ich nicht wusste, in welcher Absteige wir wohnten. So kam ich, wohin ich mich auch wandte, immer wieder an derselben Stelle heraus, bis ich, erschöpft vom Laufen und schweißtriefend, einem alten Weiblein in den Weg trat, das Gemüse vom Lande verkaufte.

[7] „Bitte, Mütterchen“, fragte ich, „weißt du vielleicht, wo ich wohne?“

Dieser alberne Witz belustigte sie. „Warum nicht?“, antwortete sie, erhob sich und machte Anstalten, mir voranzugehen. Ich hielt sie für eine Hellseherin und … Als wir darauf in einen recht abgelegenen Winkel gekommen waren, schlug die gewiegte Alte einen lumpigen Türvorhang zurück und sagte: „Hierher gehörst du wohl.“

Als ich ihr beteuerte, dass ich das Haus überhaupt nicht kenne, gewahrte ich, wie zwischen den Türen mit Namensschildern ein paar nackte Huren umherhuschten. Langsam, vielmehr zu spät erkannte ich, dass ich in ein Freudenhaus geführt worden war. Also verwünschte ich die Tücke der Alten, zog mir den Umhang über den Kopf und machte mich, mitten durch das Bordell, auf die Flucht in eine andere Richtung, als mir – sieh an! – gerade am Eingang, müde wie ich und halb tot, Ascyltus in die Arme lief. Man hätte glauben können, er sei von derselben Alten hergeführt worden. Also begrüßte ich ihn lachend und fragte, was er an diesem verrufenen Ort treibe.

[8] Er wischte sich mit den Händen den Schweiß ab und sagte: „Wenn du wüsstest, was mir passiert ist!“

„Was war denn?“, fragte ich.

Da erzählte er, ziemlich am Ende seiner Kraft: „Als ich in der ganzen Stadt herumirrte und einfach die Stelle nicht wiederfand, wo ich aus dem Bett gestiegen bin, kam doch ein Mann mit biederer Miene auf mich zu und bot mir ganz freundlich an, mir den Weg zu zeigen. Dann hat er mich auf Umwegen durch die finstersten Gassen hierhergeführt, mir seinen Geldbeutel gezeigt und was Unanständiges verlangt. Im Handumdrehen hatte er mich beim Wickel, und wenn ich nicht der Stärkere gewesen wäre, hätte er mich ganz schön zugerichtet.“ …

*

Mir schien, allesamt hätten Stendelwurz getrunken …

*

Mit vereinten Kräften wurden wir den lästigen Kerl los …

*

[9] Wie durch Nebel sah ich Giton an der Bordkante stehen, und ich stürzte geradewegs zu ihm …

*

Als ich fragte, ob uns denn das Brüderlein etwas zu essen gemacht hätte, setzte der Junge sich aufs Bett und wischte sich die hervorquellenden Tränen mit dem Daumen ab. Ich war ganz durcheinander vor Schreck, wie das Brüderlein aussah, und fragte, was vorgefallen sei. Er jedoch zögerte und druckste herum; aber als ich halb bittend, halb zornig in ihn drang, sagte er: „Dein sogenannter Bruder oder Gefährte da ist vorhin gerade in unsere Bude gekommen und hat versucht, mich zu vergewaltigen. Als ich losschrie, hat er das Schwert gezogen und gesagt: ‚Wenn du hier die Lucretia spielen willst, hast du deinen Tarquinius gefunden.‘“

Als ich das hörte, hielt ich Ascyltus drohend die Fäuste vor die Augen und fragte: „Was sagst du dazu, schwules Luder du, an dem nichts sauber ist, nicht mal der Atem?“ Ascyltus tat, als wäre er erschrocken, aber gleich darauf hob er noch bedrohlicher die Fäuste und schrie beträchtlich lauter: „Willst du wohl still sein, du Bettfechter! Dich haben sie ja kampfunfähig aus der Arena gejagt! Sei doch still, du Nachtschattengewächs! Hast du nicht damals, als du noch dein Ding machen konntest, eine ehrbare Frau umgelegt? Bin ich nicht in der Grünanlage ebenso dein Brüderlein gewesen wie jetzt der Junge hier in der Absteige?“

„Du bist einfach abgehauen“, sagte ich, „als ich mich noch mit dem Lehrer unterhielt!“

[10] „Na und? Was sollte ich denn machen, du blöder Kerl, wenn ich vor Hunger umkam? Sollte ich mir vielleicht Sentenzen anhören, dieses Scherbengeklirr, dieses Traumdeutergeschwätz? Beim Herkules, du bist viel schlimmer, du hast ja einen Dichter gelobhudelt, damit er dich zum Essen einlädt!“ … So ging unser widerwärtiges Gezänk in Gelächter über, und einigermaßen versöhnt, wandten wir uns anderen Dingen zu …

*

Plötzlich kam mir wieder in den Sinn, wie er mich beschimpft hatte, und ich sagte: „Ascyltus, ich sehe ein, dass wir nicht zusammenpassen. Lass uns also unsere Habe teilen und versuchen, dass jeder auf eigene Faust mit seiner Armut fertig wird. Du hast einige Bildung und ich auch. Damit ich dir bei deiner Art Gelderwerb nicht im Wege stehe, will ich irgendetwas anderes unternehmen, sonst haben wir jeden Tag tausendmal Anlass zu Streit, und bald redet die ganze Stadt über uns.“

Ascyltus hatte nichts einzuwenden und antwortete: „Weil wir nun heute gerade als Schüler angesehen werden und eine Einladung zum Essen angenommen haben, wollen wir uns nicht den Abend verderben. Aber morgen sehe ich mich, da es nun einmal ausgemacht ist, nach einem anderen Zimmer und nach einem anderen Brüderlein um.“

„Es ist doch lasch“, sagte ich, „etwas aufzuschieben, was man beschlossen hat.“ …

*

Die Begehrlichkeit hatte zu dieser überstürzten Trennung geführt. Denn schon lange wollte ich diesen lästigen Aufpasser abschütteln, um das frühere Verhältnis zu meinem Giton wiederherzustellen …

*

[11] Nachdem ich in der ganzen Stadt Ausschau gehalten hatte, kehrte ich in mein Kämmerchen zurück. Endlich konnte ich den Jungen nach Herzenslust abküssen. Dann nahm ich ihn fest in die Arme und genoss die ersehnten Wonnen, dass man mich hätte beneiden können. Aber wir waren noch nicht fertig, als Ascyltus sich vor die Tür schlich, mit roher Gewalt den Riegel aufbrach und mich erwischte, wie ich es mit dem Brüderlein trieb. Er lachte und klatschte Beifall, dass es im Kämmerchen widerhallte, zerrte mich aus dem Umhang hervor, den ich über mich geworfen hatte, und rief: „Was hast du denn da gemacht, du Unschuldslamm? Was ist denn das? Wirfst du unser Verhältnis ganz über den Haufen?“

Und er begnügte sich nicht mit Worten, sondern riss einen Riemen von seinem Bündel und fing an, mich ordentlich damit durchzuprügeln. Dazu warf er mir noch Frechheiten an den Kopf wie: „Lass dir nicht einfallen, so mit deinem Bruder zu teilen!“

*

Ein willkommener Tausch

[12] Wir gelangten auf den Markt, als sich der Tag schon neigte. Dort sahen wir eine Menge Sachen zum Verkauf ausgebreitet, und zwar nichts von Wert, sondern lauter Trödel, dessen zweifelhafter Zustand sich in der Dämmerstunde gut verbergen ließ. Deshalb hatten wir auch den geklauten Mantel mitgebracht, um diese günstige Gelegenheit zu nutzen. In einer Ecke wedelten wir also mit dem äußersten Zipfel, um mit dem Schimmer des Kleidungsstücks vielleicht einen Käufer heranzulocken.

Es dauerte auch nicht lange, und ein Bauer, der mir vorkam, als hätte ich ihn schon einmal gesehen, trat näher, begleitet von seinem Frauchen. Er fing an, sich den Mantel genauer anzusehen. Ascyltus hingegen musterte die Schultern des Bauern und verstummte plötzlich schreckensbleich. Auch ihn gewahrte den Mann nicht ohne Erregung, denn er schien mir ebender zu sein, der unsere liebe Tunika an dem abgelegenen Ort gefunden hatte. Tatsächlich, er war es! Aber Ascyltus, der seinen Augen nicht recht traute, trat, um nichts Voreiliges zu tun, an ihn heran, als wolle er ihm etwas abkaufen, zog ihm einen Zipfel von den Schultern und prüfte ihn sehr aufmerksam.

[13] O wunderbares Spiel des Glücks! Der Bauer hatte nämlich bislang noch gar nicht die Nähte abgetastet; sondern als handle es sich um Bettelkram, fand er sich verächtlich zum Verkauf bereit. Als Ascyltus erkannt hatte, dass das eingenähte Geld noch da und der Verkäufer ein Tropf war, zog er mich ein Stück fort von dem Gedränge und sagte: „Weißt du was, Bruderherz? Der Schatz, um den ich so gejammert habe, ist wieder zu uns zurückgekehrt. Das ist noch immer dieselbe Tunika, und es scheint, alle Goldstücke stecken unberührt darin. Was wollen wir also unternehmen? Wie machen wir unser Recht geltend?“

Ich war auf einmal sehr froh, nicht allein, weil ich unsere Beute wiedersah, sondern weil ein Glücksfall den schimpflichsten Verdacht von mir genommen hatte. Ich hielt es für falsch, einen Umweg einzuschlagen, und schlug stattdessen vor, die Sache auf dem Rechtsweg zu klären, so dass der Mann, falls er sich weigerte, fremdes Gut seinem Besitzer zurückzuerstatten, vor Gericht hätte erscheinen müssen.

[14] Ascyltus dagegen versprach sich nichts Gutes von den Gesetzen und meinte: „Wer kennt uns denn hier? Wer wird uns glauben, was wir aussagen? Ich finde, wir müssen die Tunika unbedingt kaufen, wenn wir sie auch als unser Eigentum erkannt haben, und lieber sollten wir unseren Schatz für ein bisschen Kleingeld zurückholen als uns auf einen unsicheren Prozess einlassen:

Ach, was bewirken Gesetze, wo Geld doch allein eine

           Macht ist

und wo jeglichen Streit immer die Armut

           verliert?

Selbst wer den Rucksack des Kynikers immer

           geschultert herumträgt,

gibt seine Weisheit nur preis, wenn man ihn

           dafür bezahlt.

Also ist ein Urteil nichts andres als käufliche Ware,

und wenn ein Ritter es fällt, dann ist er sicher

           gekauft.

Aber außer einem Dreier, für den wir Bohnen hatten kaufen wollen, hatten wir nichts locker. Deshalb dachten wir, damit uns der Fang nicht inzwischen entschlüpfte, den Mantel auch unter dem Preis loszuschlagen und für den großen Gewinn einen kleinen Verlust hinzunehmen.

Kaum hatten wir also die Ware ausgebreitet, als die Frau mit dem Kopftuch, die neben dem Bauern stand, anfing, einzelne Merkmale genauer zu betrachten. Sie riss den Zipfel mit beiden Händen an sich und schrie, so laut sie konnte: „Diebe!“

Wir dagegen waren ganz verdattert. Um nicht auszusehen, als wüssten wir nicht aus noch ein, zerrten nun wir an der löchrigen und schmutzigen Tunika und riefen genauso dreist, was die beiden da festhielten, hätten sie uns gestohlen. Aber der Fall lag für uns durchaus nicht gleich, und die Neugierigen, die wegen des Lärms zusammenströmten, lachten natürlich über unseren Schwachsinn, sahen sie doch, dass die eine Seite auf ein überaus kostbares Gewand Anspruch erhob, die andere aber auf einen Lappen, der nicht einmal ein paar gute Flicken wert war. Da unterbrach Ascyltus plötzlich das Gelächter, indem er Ruhe forderte und sprach:

[15] „Wir sehen, jedem ist sein Eigentum am kostbarsten. Sollen die doch uns die Tunika zurückgeben, dann bekommen sie auch ihren Mantel wieder.“ Der Bauer und die Frau waren mit dem Tausch einverstanden. Aber die Amtspersonen, die bei Einbruch der Nacht herzugekommen waren und es auf den Mantel abgesehen hatten, bestanden darauf, dass die Sachen beide hinterlegt würden, und am nächsten Tag ein Richter den Streitfall prüfen sollte. Denn nicht über die Gegenstände, die jeder sehen könnte, bestünden Meinungsverschiedenheiten, sondern über etwas ganz anderes: Beide Seiten hätten sich dem Verdacht des Diebstahls ausgesetzt. Schon war eine Mittelsperson gefunden, und einer von den Gaffern, ein Glatzkopf mit einer von Pickeln zerfressenen Stirn, der manchmal auch Gerichtsverhandlungen führte, hatte schon den Mantel gepackt und versprach, ihn morgen herauszugeben. Im Übrigen war offenkundig, dass sie es auf nichts anderes abgesehen hatten, als das hinterlegte Kleidungsstück für sich selbst auf die Seite zu bringen, und darauf, dass wir aus Angst vor einer Anklage nicht zum Termin erscheinen würden … Genau das wollten wir auch. Und so kam ein Zufall den Wünschen beider Parteien zu Hilfe. Der Bauer nämlich, entrüstet, dass wir von ihm den Lumpen verlangten, warf die Tunika Ascyltus ins Gesicht, forderte, dass wir den Mantel hinterlegten, über den allein er eine Entscheidung herbeiführen wollte, und ersparte uns so eine Klage …

*

Nun hatten wir, so dachten wir wenigstens, unseren Schatz wieder. Hals über Kopf eilten wir in unsere Unterkunft, schlossen die Tür ab und lachten über die Schläue der Gaffer nicht weniger als über die der Rechtsverdreher, weil sie uns mit ihrer ungewöhnlichen Verschlagenheit unser Geld zurückgegeben hatten.

Nicht sofort will ich haben, was ich wünsche,

und ein billiger Sieg ist mir zuwider …

*

Quartillas Rache

[16] Doch als wir uns gerade mit einer Mahlzeit, die uns gefälligerweise Giton zubereitet hatte, den Bauch füllten, pochte jemand ziemlich unverschämt an die Tür …

*

Auch wir selber wurden blass und fragten, wer draußen sei. Da antwortete man: „Mach auf, dann weißt du es!“ Während wir noch redeten, fiel der Riegel von selbst herab, die Tür flog auf und gewährte Eintritt. Es war aber die Frau mit dem Kopftuch, eben die, die kurz zuvor neben dem Bauern gestanden hatte, und sie sagte: „Ihr dachtet wohl, ihr könnt euch über mich lustig machen? Ich bin die Magd der Quartilla, die ihr bei ihrer heiligen Handlung vor der Grotte gestört habt. Seht, da kommt sie selbst in eure Unterkunft und bittet um die Erlaubnis, mit euch zu sprechen. Keine Bange. Sie wirft euch euern Fehltritt nicht vor und bestraft euch nicht, vielmehr wundert sie sich, welcher Gott ihr so pfiffige junge Leute ins Land geschickt hat.“

[17] Da wir noch schwiegen und unschlüssig blieben, kam sie einfach herein, nur von einem Mädchen begleitet, setzte sich auf mein Bett und weinte lange. Auch dazu sagten wir kein Wort, sondern verwirrt warteten wir ab, wie viele Tränen sie für den Ausdruck ihres Schmerzes aufwenden würde. Als dann der wohlberechnete Tränenstrom nachließ, nahm sie trotzig den Umhang vom Kopf, rang die Hände, bis die Gelenke knackten, und fragte: „Was ist denn das überhaupt für eine Frechheit? Wo habt ihr denn eine derartige Spitzbüberei gelernt, die alles Erdichtete in den Schatten stellt? Beim Gott der Treue, ihr tut mir leid! Denn niemand sah ungestraft, was er nicht sehen durfte. Gerade unsere Gegend ist dermaßen voll von göttlichen Erscheinungen, dass man leichter einem Gott als einem Menschen begegnet. Aber damit ihr nicht denkt, ich wäre hierhergekommen, um Rache zu üben: Eure Jugendlichkeit bewegt mich mehr als meine Kränkung. Denn unwissentlich, wie ich noch immer glaube, habt ihr euch zu dieser unentschuldbaren Schandtat hinreißen lassen. Ich selbst allerdings trug in dieser schrecklichen Nacht einen so gefährlichen Schüttelfrost davon, dass ich ein dreitägiges Wechselfieber befürchtete. Deshalb hoffte ich, durch Schlaf Heilung zu finden, und ein Traum gebot mir, euch aufzusuchen und den Anfall meiner Krankheit nach genauester Anweisung zu besänftigen. Aber um ein Heilmittel ist mir nicht so bange, sondern ein heftiger Schmerz wütet in meiner Brust und wird mich noch dahin bringen, dass ich mich töten muss, falls ihr in euerm jugendlichen Leichtsinn herumerzählt, was ihr da im Tempelchen des Priapus gesehen habt, und das Walten der Götter jedem auf die Nase bindet. Ich strecke also flehentlich meine Hände zu euren Knien empor, ich bitte und beschwöre euch: Gebt meine nächtlichen Riten nicht dem Spott und dem Gelächter preis und verratet nicht, was so viele Jahre ein Geheimnis blieb, in das kaum tausend Menschen eingeweiht sind.“

[18] Nachdem sie diese Bitte vorgetragen hatte, vergoss sie noch einmal Tränen und presste sich, von langen Seufzern geschüttelt, mit ihrem ganzen Gesicht und ihrer Brust an mein Bett. Ich, von Mitleid und Furcht gleichzeitig verwirrt, redete ihr zu, ruhig zu bleiben und über beides unbesorgt zu sein. Denn niemand werde ihre Kulthandlungen breitreden, und wenn die Gottheit ihr außerdem noch ein Mittel gegen ihr Wechselfieber angeraten habe, würden wir der göttlichen Heilkunst auch auf eigene Gefahr beispringen.

Durch solch ein Versprechen vergnüglicher gestimmt, küsste die Frau mich weidlich ab, ihr Schluchzen verwandelte sich in Gelächter, und mit sanfter Hand die Haare streichelnd, die mir übers Ohr hingen, sagte sie: „Ich schließe Waffenstillstand mit euch und nehme Abstand von dem Gericht, das ich über euch halten wollte. Hättet ihr euch jedoch geweigert, mir das Heilmittel zu gewähren, um das ich bitte, morgen schon stünden genug von meinen Leuten bereit, meiner Kränkung und meiner Ehre Genugtuung zu verschaffen.

Schmachvoll ist es, verachtet zu werden. Doch stolz

           zu verzeihen,

liegt mir am Herzen. Darum geh ich, wohin mir’s

          beliebt.

Denn auch der Weise, beleidigt man ihn, ist bereit,

           sich zu streiten.

Dem, der nicht blutig vergilt, bleibt doch am

          Ende der Sieg.“

*

Darauf klatschte sie in die Hände und schlug plötzlich ein solches Gelächter auf, dass uns angst und bange wurde. Von der anderen Seite her lachte desgleichen die Magd, die zuvor gekommen, desgleichen das Mädchen, das mit ihr eingetreten war.

[19] Alles dröhnte vom Gelächter wie im Lustspiel. Währenddessen ahnten wir nicht, was dieser plötzliche Stimmungswechsel bedeuten sollte, und unsere Blicke wanderten zwischen uns selbst und den Frauen hin und her …

„… Deshalb verbiete ich, heute irgendeinen Sterblichen in dieses Gemach einzulassen, damit ich ohne jede Störung von euch das Heilmittel gegen mein Wechselfieber empfangen kann.“

Als Quartilla dies sagte, erschrak Ascyltus ein wenig, ich aber fröstelte heftiger als in einem Winter in Gallien und konnte kein Wort herausbringen. Doch dass ich nichts Schlimmes zu befürchten hätte, schloss ich aus der Begleitung. Die drei zarten Frauchen hätten ja, wollten sie uns etwas anhaben, gar nichts vermocht. Wir hingegen hatten, wenn nichts anderes, immerhin unser männliches Geschlecht. Aber auch wenn wir den Gürtel umbehielten, waren wir gewiss die Stärkeren. Ich hatte mir die Paare sogar schon so zusammengestellt, dass ich im Fall eines Kampfes auf Quartilla treffen würde, Ascyltus auf die Magd, Giton auf das Mädchen …

*

Da waren wir wie vom Donner gerührt und verloren wahrhaftig alle Fassung, und es war zweifellos der Tod, der uns Ärmsten das Augenlicht verdunkelte …

*

[20] „Bitte, meine Gebieterin“, sagte ich, „wenn du etwas noch Schlimmeres vorhast, erledige es auch schneller! Denn ein so schweres Verbrechen haben wir nicht begangen, dass wir auf der Folter sterben müssten.“ …

Die Magd, die Psyche hieß, breitete sorgsam eine Matte über den Lehmboden …

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Sie rubbelte mein kaltes, schon tausendmal erstorbenes Gemächt …

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Ascyltus hatte seinen Kopf mit dem Mantel verhüllt, denn er war ja davor gewarnt worden, in fremde Geheimnisse einzudringen …

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Zwei Schnüre zog die Magd aus ihrem Busen und band uns mit der einen die Füße, mit der anderen die Hände zusammen …

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Ascyltus kam unter der Decke mit seinen Geschichten nicht mehr weiter und fragte: „Was ist los? Habe ich mir nicht etwas zu trinken verdient?“

Die Magd, durch mein Gelächter entlarvt, klatschte in die Hände. „Ich habe es dir doch hingestellt … Hast du denn die ganze Arznei ausgetrunken, Junge?“

„Tatsächlich?“, rief Quartilla. „Hat den ganzen Stendelwurz Encolpius ausgetrunken?“

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Sie lachte ganz ungeziert und hielt sich die Seiten …

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Aber zuletzt konnte nicht einmal Giton sein Lachen bezwingen, zumal das Mädchen ihn am Hals gepackt hatte und ihn, ohne dass der Junge sich wehrte, pausenlos abküsste …

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[21] In unserer Bedrängnis wollten wir laut schreien, aber es gab niemanden, der uns hätte helfen können, und als ich den Beistand friedlicher Bürger herbeirufen wollte, stach mir Psyche mit einer Haarnadel in die Wangen, während das Mädchen mit einem Pinsel, den sie in Stendelwurz getaucht hatte, Ascyltus bearbeitete …

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Schließlich bekamen wir noch einen Kinäden auf den Hals, angetan mit einem myrtenfarbenen Flauschmantel und mit einem Gurt um den Leib … Bald warf er sich auf unsere Hinterteile und walkte sie durch, bald beschmierte er uns mit stinkenden Küssen, bis endlich Quartilla ihre Rute aus Fischbein schwang und hochaufgeschürzt befahl, uns Unglücksraben laufenzulassen …

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Beide schworen wir die heiligsten Eide, dass wir ein so grausiges Geheimnis mit ins Grab nehmen würden …

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Ein paar Salbkünstler traten ein und beträufelten uns, um uns aufzumuntern, gehörig mit Öl. Sobald wir uns dann von unserer Erschöpfung erholt hatten, kleideten wir uns zum Speisen wieder an und ließen uns in den benachbarten Raum führen, wo drei Polster aufgestellt waren und alle Dinge, die zu einer üppigen Tafel gehören, aufs prächtigste glänzten. Wir nahmen Platz wie befohlen, und zu einer köstlichen Vorspeise ließen wir uns mit Falemerwein volllaufen. Nachdem wir mehrere Gänge aufgegessen hatten, wurden wir schläfrig.

„Ist denn das möglich?“, rief da Quartilla. „Denkt ihr etwa ans Schlafen, wo ihr doch wisst, dass die ganze Nacht der Feier des Priapus gehört?“ …

*

[22] Als nun Ascyltus, ermattet von all den Qualen, einschlummerte, rieb ihm die Magd, die durch die Beschimpfungen fortgescheucht worden war, das ganze Gesicht dick mit Ruß ein und malte ihm, ohne dass er es merkte, Schweinereien auf Hüften und Schultern. Auch ich hatte, erschöpft von all den Qualen, gleichsam eine Kostprobe des Schlafes genossen, desgleichen drinnen und draußen die Haussklaven, und die einen hatten sich den Schläfern zu Füßen ausgestreckt, die anderen sich an die Wände gelehnt, wieder andere lümmelten sich Kopf an Kopf auf die Schwelle. Die Lampen zudem, denen das Öl ausging, verbreiteten nur noch ein mattes, ersterbendes Licht. Da kamen zwei Syrer ins Esszimmer, um zu sehen, ob es etwas zu stehlen gäbe, und während sie sich raffgierig um das Silbergeschirr zankten, zerbrach eine Flasche, die sie angestoßen hatten. Auch die Tafel mit dem Silber kippte um, und der Magd, die wie betäubt auf einem Polster lag, schlug ein herabgefallener Becher ein Loch in den Kopf. Bei diesem Treffer schrie sie auf, verriet so die Diebe und weckte zugleich einen Teil der Betrunkenen. Die Syrer, die sich ertappt sahen, ließen sich gleichzeitig neben ein Polster fallen, als hätten sie sich verabredet, und fingen an zu schnarchen, als schliefen sie schon seit Urzeiten.

Da wachte auch der oberste Tischdiener auf und goss in die fast heruntergebrannten Lampen Öl nach. Ebenso begannen die Sklaven, nachdem sie sich ein bisschen die Augen gerieben hatten, wieder ihren Dienst zu versehen, als auf einmal eine Zimbelschlägerin eintrat und alle aufscheuchte, indem sie die Bronzeteller gegeneinanderknallte.

[23] Also nahm das Gelage seinen Fortgang, und Quartilla forderte von neuem zum Trinken auf. Der Gesang der weinseligen Zimbelschlägerin sorgte für ausgelassene Stimmung …

*

Eine Kinäde trat ein, einer von der albernsten Sorte, genau der richtige für dieses Haus. Der klatschte die schlappen Hände zusammen und gab solche Liedchen zum Besten:

„Kommt flink herbei, kommt flink herbei, ihr

          Wollusthelfer alle!

Nehmt eure Beine in die Hand, beflügelt eure Füße,

die Schenkel leicht, der Hintern flink und

          unverschämt die Hände,

in Zärtlichkeiten altgedient, von Delierhand

          verschnitten!“

Als er alle seine Verse heruntergeleiert hatte, besabberte er mich mit einem ekelerregenden Kuss. Sodann schwang er sich aufs Bett, und obwohl ich mich dagegen wehrte, deckte er mich mit aller Gewalt auf. Lange und emsig, aber vergeblich, machte er sich an meinem Gemacht zu schaffen. Der Schweiß brach ihm aus, über sein Gesicht flossen Bäche von Akaziensaft, und in den Falten seiner Wangen war so viel Schminke, dass man sie für eine ungeschützte, vom Regen übel zugerichtete Wand hätte halten können.

[24] Ich konnte nicht länger die Tränen zurückhalten. In äußerster Erbitterung rief ich: „Bitte, Herrin, du hattest mir fest versprochen, dass ich noch etwas für die Nacht verabreicht bekomme.“

Sie klatschte sacht in die Hände und sagte: „Oh! Du bist ein Ausbund von Scharfsinn und großstädtischem Witz! Was denn! Hast du noch nicht begriffen? Einen Kinäden nennt man das, was man für die Nacht verabreicht bekommt.“ Da fragte ich, denn meinem Gefährten sollte es nicht besser ergehen: „Um ehrlich zu sein – Ascyltus ist wohl der einzige, der hier auf der faulen Haut liegt?“

„Richtig!“, bestätigte Quartilla. „Auch Ascyltus soll etwas für die Nacht verabreicht werden!“

Kaum hatte sie das gesagt, da wechselte der Kinäde das Pferd, stieg auf meinen Freund um und zermalmte ihn beinahe zwischen Schenkelreiben und Küssen. Giton stand dabei und schüttete sich aus vor Lachen. Da fasste ihn Quartilla ins Auge und erkundigte sich genauestens, wem der Junge gehöre. Als ich ihn als mein Brüderlein bezeichnete, fragte sie: „Warum hat er mich dann nicht geküsst?“ Sie rief ihn zu sich, drückte ihn und stahl ihm einen Kuss. Dann ließ sie auch ihre Hand unter sein Hemd gleiten, und nachdem sie sein noch so wenig entwickeltes Röhrchen befühlt hatte, sprach sie: „Das soll morgen als Vorspeise meines Vergnügens strammstehen. Nach dem Esel heute will ich mich nämlich nicht mit diesem Schmalhans abgeben.“

[25] Auf diese Worte hin näherte sich Psyche lachend ihrem Ohr, und nachdem sie etwas Unverständliches geflüstert hatte, rief Quartilla: „Richtig, richtig! Gut, dass du mich daran erinnerst. Sollten wir nicht, da sich die schönste Gelegenheit bietet, unsere Pannychis entjungfern lassen?“ Sogleich wurde ein recht hübsches Mädchen gebracht, das wohl nicht mehr als sieben Jahre zählte [und es war dasselbe, das ganz am Anfang mit Quartilla in unser Zimmer getreten war]. Also klatschten alle Beifall und bestanden darauf, dass die beiden Hochzeit machten. Ich war entsetzt und beteuerte, Giton sei ein äußerst schamhafter Junge, dem man solch ein leichtfertiges Ansinnen nicht zumuten dürfe, und auch das Mädchen habe noch nicht das Alter, um die Bestimmung einer Frau über sich ergehen zu lassen.

Quartilla erwiderte: „Die ist doch nicht etwa kleiner, als ich es war, als ich mir den ersten Mann gefallen ließ? Junos Zorn soll mich verfolgen, wenn ich mich daran erinnere, dass ich jemals Jungfrau gewesen bin! Als kleines Kind habe ich mich von Gleichaltrigen befingern lassen, und dann, als ich erwachsen wurde, bin ich mit immer größeren Kerlen mitgegangen, bis zum heutigen Tag. Daher kommt, glaube ich, das Sprichwort, das besagt: Wer ein Kalb getragen hat, kann auch den Stier aushalten.“

Damit also mein Brüderlein ohne mich nichts Schlimmeres ausstehen musste, stand ich mit den anderen auf, um bei dieser Hochzeitsfeier dabeizusein.

[26] Schon hatte Psyche den Kopf des Mädchens mit dem feuerroten Brautschleier verhüllt, schon trug der Kinäde die Fackel voran, schon hatten die besoffenen Weiber sich beifallklatschend zu einem Geleitzug aufgestellt und die Brautkammer mit einem unanständigen Wandbehang geschmückt, als Quartilla, angefeuert von der Lüsternheit der ausgelassenen Gesellschaft, ebenfalls aufstand, sich Giton schnappte und ihn ins Schlafzimmer zerrte. Der Junge hatte durchaus nichts dagegen, und nicht einmal das Mädchen war vor dem Wort „Hochzeit“ übellaunig zurückgeschreckt. Als sie sich nun eingeschlossen und ins Bett gelegt hatten, hockten wir uns also auf die Schwelle der Brautkammer, und besonders Quartilla heftete ihr neugieriges Auge an eine schamlos erweiterte Ritze und verfolgte mit lüsterner Aufmerksamkeit, was die beiden Kinder miteinander trieben. Mit sanfter Hand zog sie auch mich zu diesem Schauspiel heran, und da wir beim Zuschauen die Gesichter aneinanderschmiegen mussten, bewegte sie, sooft das Schauspiel ihr Zeit ließ, beiläufig ihre Lippen und züchtigte mich gleichsam immer wieder mit verstohlenen Küssen …

Endlich freigegeben, verbrachten wir in unseren Betten ohne Angst den Rest der Nacht …

*

Das Gastmahl des Trimalchio

Nun war der dritte Tag angebrochen, [an dem wir die Aussicht hatten, umsonst zu speisen]. Aber da wir von so vielen Wunden ziemlich angeschlagen waren, stand uns der Sinn mehr nach Flucht als nach Ausruhen. Während wir also trübsinnig überlegten, auf welchem Weg wir dem bevorstehenden Unwetter entgehen könnten, zerstreute ein Sklave Agamemnons unsere Besorgnis und sagte: „Was habt ihr denn? Wisst ihr nicht, bei wem heute was los ist? Trimalchio, ein mächtig feiner Mann … Im Speisesaal hat er eine Uhr stehen mit einem ganz schmucken Hornbläser, damit er immer wieder daran erinnert wird, wie viel von seinem Leben verstrichen ist.“

Wir dachten also nicht mehr an unser Missgeschick, sondern kleideten uns sorgfältig an und befahlen Giton, der aufs bereitwilligste Sklavendienste übernahm, uns ins Bad zu folgen …

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[27] Wir unternahmen indessen, fertig angezogen, einen Spaziergang, oder besser: wir machten unsere Witze und versuchten Anschluss an andere Grüppchen zu finden. Da erblickten wir plötzlich einen Alten mit Glatze, der eine fleischfarbene Tunika anhatte und mit langhaarigen Knaben Ball spielte. Aber nicht so sehr die Knaben zogen unsere Blicke auf sich, obgleich es sich gelohnt hätte, sondern der Hausherr selbst, der in Sandalen mit grünen Bällchen übte. Und sobald einer davon den Boden berührt hatte, hob er ihn nicht etwa auf, sondern ein Sklave hielt einen vollen Beutel bereit und bediente daraus die Spieler. Wir sahen auch noch etwas ganz Ungewöhnliches: Zwei Eunuchen standen an den beiden Enden des Spielfeldes, von denen der eine einen silbernen Nachttopf bereithielt, während der andere die Bälle zählte, und zwar nicht die, die zwischen den Händen der Mitspieler hin und her flogen, sondern die, die zu Boden fielen. Als wir diese Extravaganzen bewunderten, kam Menelaus zu uns gelaufen und sagte: „Das ist er! An seinem Tisch werdet ihr Platz nehmen. Und da könnt ihr ja schon den Auftakt des Gelages sehen.“

Noch während Menelaus sprach, schnippste Trimalchio mit den Fingern. Das war das Zeichen für den Eunuchen, ihm mitten im Spiel den Nachttopf unterzuhalten. Sobald er seine Blase entlastet hatte, verlangte er Wasser für die Hände, besprengte sich damit ein wenig die Finger und rieb sie im Haar eines Sklaven trocken …

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[28] Es hätte zu lange gedauert, auf alle Einzelheiten achtzugeben. So traten wir ins Bad, und nachdem uns die Hitze ins Schwitzen gebracht hatte, gingen wir gleich hinüber ins kalte Becken. Trimalchio, von Salböl triefend, ließ sich schon abtrocknen, aber nicht etwa mit leinenen Handtüchern, sondern mit Badetüchern aus weichster Wolle. Währenddessen tranken unter seinen Augen drei Badegehilfen Falernerwein, und als sie im Streit das meiste davon verschütteten, sagte Trimalchio, so trinke man auf sein Wohl. Darauf wickelte man ihn in einen scharlachroten Umhang und setzte ihn in eine Sänfte. Vier Läufer mit Schmuckabzeichen auf der Brust liefen ihm voraus, und in einem Wägelchen wurde sein Liebling gezogen, ein ältlicher triefäugiger Knabe, hässlicher noch als sein Herr. Während er fortgetragen wurde, lief ein Musikant mit winzigen Flöten neben seinem Kopf her und blies ihm damit, als hätte er ihm etwas Geheimes zu sagen, auf dem ganzen Weg ins Ohr.

Wir gingen hinterher, schon mit Bewunderung gesättigt, und erreichten mit Agamemnon die Haustür. An ihren Pfosten war eine Tafel mit folgender Aufschrift geheftet: „EIN SKLAVE, DER OHNE GEHEISS SEINES HERRN AUSSER HAUSES GEHT, ERHÄLT HUNDERT HIEBE!“ Im Eingang selbst aber stand ein grüngekleideter Türhüter mit kirschrotem Gürtel und las in einer silbernen Schüssel Erbsen aus. Über der Schwelle hing ein goldener Käfig, aus dem eine gesprenkelte Elster die Eintretenden begrüßte.

[29] Übrigens wäre ich vor Staunen über all diese Dinge beinahe auf den Hintern gefallen und hätte mir womöglich die Beine gebrochen. Denn links, wenn man hereinkam, war dicht neben dem Verschlag des Türhüters ein riesiger Hund mit der Kette um den Hals an die Wand gemalt, und mit Großbuchstaben stand darüber: „VORSICHT BISSIGER HUND!“

Meine Begleiter lachten zwar, ich aber ging, nachdem ich mich wieder gefasst hatte, nicht weiter, bevor ich die ganze Wand in Augenschein genommen hatte. Da war eine Lieferung Sklaven mit erläuternden Schriftstreifen dargestellt, und Trimalchio selbst, noch langhaarig, hielt einen Heroldsstab, während er, von Minerva geführt, in Rom einzog. Wie er dann Rechnen lernte und Rechnungsführer wurde, alles hatte der geschickte Maler sorgfältig mit Untertext wiedergegeben. Auf der hinteren Wand der Vorhalle schließlich fasste ihn Merkur am Kinn und versetzte ihn hinauf aufs Tribunal. Ihm zur Seite stand hilfreich Fortuna mit überquellendem Füllhorn, und die drei Parzen spannen goldene Fäden. Auch bemerkte ich in der Vorhalle eine Gruppe von Läufern bei Übungen mit ihrem Lehrmeister. Außerdem sah ich in der Ecke einen großen Schrank, in dessen tempelartigem Inneren silberne Laren und ein Marmorbildnis der Venus standen, auch eine nicht gerade kleine goldene Büchse, in der angeblich der Bart des Hausherrn aufbewahrt wurde.

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Ich richtete also an den Hausmeister die Frage, was für Gemälde sich im Mittelbau befänden. „Ilias und Odyssee“, antwortete er, „und die Gladiatorenkämpfe des Laenas.“

[30] Aber es blieb keine Zeit mehr, das alles anzusehen.

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Nun hatten wir den Speisesaal erreicht, in dessen vorderem Teil ein Verwalter Rechnungen entgegennahm. Und was mich besonders in Erstaunen brachte: An die Pfeiler des Speisesaals waren Rutenbündel mit Beilen geheftet. Ihre Unterseite lief gleichsam in einen bronzenen Schiffsschnabel aus, auf dem geschrieben stand: „Dem Mitglied des Sechsmännerkollegiums der Augustalen Gajus Pompejus Trimalchio verehrt von Cinnamus, Rechnungsführer.“ Mit solch einem Schildchen hing auch eine zweiflammige Lampe an der Decke, und an den Pfeilern zu beiden Seiten war je eine Tafel befestigt, von denen die eine, wenn ich mich richtig erinnere, so lautete: „Am vorletzten und letzten Tag des Dezember speist unser Gajus außer Haus.“ Auf der anderen waren die Bahn des Mondes und die sieben Planetengötter abgebildet. Auch waren die günstigen und die ungünstigen Kalendertage mit verschiedenfarbigen Knöpfen vermerkt.