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Björn kümmert sich liebevoll um eine alte Nachbarin, die mit einem Gipsbein gehbehindert ist. Sie erzählt ihm von ihrem Sohn, der vor langer Zeit ausgewandert ist und mit dem sie nur noch telefonisch Kontakt hatte. Vor ein paar Wochen hatte man ihr mitgeteilt, dass er durch einen Unfall ums Leben gekommen sei. Bei ihr hat sich ein Mann gemeldet, der vorgibt, ihr erwachsener Enkel zu sein, aber sie vertraut diesem Fremden nicht, den sie noch dazu, nur vom Telefon kennt. Schon beim ersten Gespräch mit ihm, verliebt sich Björn in die Stimme des Unbekannten, der sich über die Weihnachtsfeiertage angemeldet hat. Die Zeit bis zum Treffen, kann gar nicht schnell genug vergehen, aber dann erwischt Björn eine böse Erkältung und er bekommt gar nicht mit, was um ihn herum geschieht. In seinen Fieberträumen, sieht er die Gestalt eines Mannes vor sich, zu dem die Stimme passen würde, aber entspricht das auch der Wirklichkeit, oder fantasiert er nur? Er sieht sich schon in dessen Armen, in einem Land, dass er nur durch das Fernsehen kennt. Der Kanadier, der endlich seine Großmutter kennenlernen will, von deren Existenz er bis vor ein paar Wochen noch nicht einmal etwas ahnte, wundert sich, dass das Telefon nicht mehr abgenommen wird, wenn er mit Björn reden möchte und dann meldet sich eines Tages auch noch ein fremder Mann. Da er sich längst in die Stimme des jungen Deutschen verliebt hat, bezweifelt er, dass für ihn das diesjährige Fest der Liebe, tatsächlich zu einem Solchen wird. Aber Weihnachten verfügt über seine ganz eigene Magie......
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Veröffentlichungsjahr: 2016
Copyright © Nasha Berend
Alle Rechte vorbehalten
Impressum:
Nasha Berend
Buschstraße
39649 Hansestadt Gardelegen
E-Mail: [email protected]
Umschlaggestaltung: Dirk Dresbach
Fotos: Copyright © Dresbach
HAFTUNGSAUSSCHLUSS
Diese Geschichte und die darin vorkommenden Personen, Namen und Orte, entspringen nur meiner Fantasie. Die Zufälligkeit, mit lebenden oder verstorbenen Personen, sind in keinster Weise beabsichtigt.
Man sollte , wie immer in einem meiner Bücher, auch mal zwischen den Zeilen lesen können. Wer einen Liebesroman erwartet, der sei gewarnt. Dieses Buch enthält einen Hauch Erotik und auch die dazugehörigen Szenen. Sensible Leser(innen) sollten hier besser gar nicht erst weiter blättern, allen Anderen wünsche ich :
Viel Spass beim Lesen!
Ich würde mich freuen, wenn ihr mir auf Facebook ein „ Gefällt mir“ da lasst und so auch mit mir in Kontakt treten könntet, oder über Google +.
LG, Nasha
Über das Buch
Ich weise darauf hin, dass diese Geschichte einzig und allein meiner Fantasie entspringt und da Papier und der Bildschirm geduldig sind, schramme ich wahrscheinlich auch öfter als einmal, knapp an der Realität vorbei.
Björn kümmert sich liebevoll um eine alte Nachbarin, die mit einem Gipsbein gehbehindert ist. Sie erzählt ihm von ihrem Sohn, der vor langer Zeit ausgewandert ist und mit dem sie nur noch telefonisch Kontakt hatte. Vor ein paar Wochen hatte man ihr mitgeteilt, dass er durch einen Unfall ums Leben gekommen sei. Bei ihr hat sich ein Mann gemeldet, der vorgibt, ihr erwachsener Enkel zu sein, aber sie vertraut diesem Fremden nicht, den sie noch dazu, nur vom Telefon kennt. Schon beim ersten Gespräch mit ihm, verliebt sich Björn in die Stimme des Unbekannten, der sich über die Weihnachtsfeiertage angemeldet hat. Die Zeit bis zum Treffen, kann gar nicht schnell genug vergehen, aber dann erwischt Björn eine böse Erkältung und er bekommt gar nicht mit, was um ihn herum geschieht. In seinen Fieberträumen, sieht er die Gestalt eines Mannes vor sich, zu dem die Stimme passen würde, aber entspricht das auch der Wirklichkeit, oder fantasiert er nur? Er sieht sich schon in dessen Armen, in einem Land, dass er nur durch das Fernsehen kennt.
Der Kanadier, der endlich seine Großmutter kennenlernen will, von deren Existenz er bis vor ein paar Wochen noch nicht einmal etwas ahnte, wundert sich, dass das Telefon nicht mehr abgenommen wird, wenn er mit Björn reden möchte und dann meldet sich eines Tages auch noch ein fremder Mann. Da er sich längst in die Stimme des jungen Deutschen verliebt hat, bezweifelt er, dass für ihn das diesjährige Fest der Liebe, tatsächlich zu einem Solchen wird. Aber Weihnachten verfügt über seine ganz eigene Magie......
SCHNEEMANNHERZEN SCHLAGEN LEISER
Ein Blick in den Spiegel reichte und er begann laut zu lachen.
„Oh ja. Du siehst nahezu umwerfend aus, dass muss ich dir ja echt mal sagen. Sehr sexy“, er drehte sich in seinem roten Kostüm, sah sich von allen Seiten an und setzte dann die Mütze auf, die er noch in den Händen gehalten hatte. Er verdrehte die Augen.
„Na wunderbar. Jetzt siehst du aus, wie Papa Schlumpf in rot“, lachte er sich und seinem Spiegelbild entgegen, griff nach dem Schlüssel, der vor ihm auf der Kommode gelegen hatte und verließ das Haus in Richtung Weihnachtsmarkt. In diesem Jahr war er an der Reihe, für die ganz kleinen Besucher den Weihnachtsmann zu spielen. Zuerst hatte er sich ja noch ein bisschen gewehrt, aber je länger er darüber nachgedacht hatte, umso mehr freundete er sich mit dem Gedanken an. Wieso auch nicht? Als Kind hatte er es immer gerne gehabt, einmal im Jahr auf diesen in rot gekleideten Mann zu treffen, der immer so gütig ausgesehen hatte, dass man sofort Vertrauen gefasst hatte. Und in diesem Jahr wollte er derjenige sein, der Kinderaugen strahlen lassen würde. Das es ein solcher Kraftakt werden würde, ahnte er noch nicht, aber als er Abends endlich wieder zuhause angekommen war, fiel er ins Bett, kurz nachdem er sich das Kostüm vom Körper gerissen hatte und achtlos in die Ecke geworfen. Er schlief ganze 12 Stunden durch, bis er wieder einigermaßen ansprechbar war, auch wenn ihm noch immer sämtliche Knochen weh taten. Sich gefühlte 500 Kinder auf die Knie zu setzen, ständig freundlich zu gucken und zu winken, sicherlich mehr als 1000 Fotos von sich, mit den Kids, über sich ergehen zu lassen, war anstrengender, als geglaubt. Aber er hatte es überstanden und fühlte sich dabei großartig. Froh gelaunt stand er unter der Dusche und genoss das warme Wasser, bevor er sich ankleidete und auf den Weg in die Bäckerei machte, um für sein Frühstück zu sorgen.
„Morgen, Björn“, wurde er begrüßt wie ein alter Bekannter und winkte dem Besitzer, der hinter der Theke stand, kurz zu.
„Morgen. Ich habe einen Bärenhunger. Hast du für mich die Brötchen?“
„Wie jeden Morgen, seit sicherlich fünf Jahren, oder so. Und jeden Morgen fragst du mich das Gleiche“, grinste der Besitzer und überreichte ihm eine Papiertüte.
„Hast du das schon gehört?“
„Was?“
„Na, dass von der alten Frau, die dir gegenüber wohnt. Wie heißt die noch gleich?“, er runzelte kurz die Stirn, weil er nachdachte, dann hob er seinen Zeigefinger in die Luft „Richtig. Die Frau heißt Margitta Sowieso. Ich glaube, die wohnt da schon, so lange wie das Haus steht, alt genug wäre sie jedenfalls“, grinste er breit und Björn kicherte.
„Ich weiß, wen du meinst. Ich kann sie immer von meinem Wohnzimmerfenster aus sehen, wenn sie die Straße kehrt, als würde sie die Queen zum Tee erwarten. Den Winterdienst nehme ich ihr manchmal ab, aber immer kann ich eben auch nicht. Was ist denn mit ihr?“
„Die ist gefallen. Die Stufen vor dem Haus waren wohl so glatt gestern Abend, dass sie ausgerutscht ist, als sie streuen wollte.“
„Ach du Scheisse. Ist viel passiert?“
„Ich weiß nicht. War mal kurz ein riesen Aufstand hier. Krankenwagen, Notarzt und jede Menge Passanten, die glotzen mussten, was passiert ist.“
„Ist sie im Krankenhaus?“, wollte Björn wissen und sah den Bäcker nicken.
„Das nehme ich mal an. Wieso?“
„Na ja“, Björn kratzte sich an der Nase „Soviel ich weiß, ist sie ganz alleine. Der Sohn ist doch ausgewandert. Frag mich nicht, ich weiß nicht mehr wohin, aber da kommt sonst niemand zu Besuch. Sie wird ein paar Dinge brauchen, oder meinst du nicht?“
„Ich weiß nicht einmal, wie sie mit Nachnamen heißt, geschweige dennoch, ob Familie vorhanden ist. Ich kann dir auch nicht sagen, wohin man sie gebracht hat und was sie wohl hat, aber wenn alte Leute fallen, dann kann das schon mal zu Komplikationen führen.“
„Das weiß ich“, Björn griff in seinen Geldbeutel und bezahlte die Brötchen, die er, dass stimmte schon, seit mehr als fünf Jahren aus dieser Bäckerei holte. Jeden Morgen, den Gott werden ließ, holte er sie ab. Die Woche über um halb Sieben, am Wochenende meist um kurz nach neun Uhr. So wie heute, am Samstag nach Nikolaus „Deshalb werde ich mal versuchen, mit meinem alten Klassenkameraden Kontakt aufzunehmen. Der fährt den Rettungswagen. Vielleicht kann er mir wenigstens verraten, wohin sie sie gebracht haben“, erklärte Björn und drehte sich, weil die Glöckchen an der Eingangstür geklingelt hatten. Eine junge Frau mit einem Kind erschien, dass unaufhörlich wie am Spiess brüllte.
„Ist ja gut, du kriegst deine Brezel ja schon. Hör auf mit dem Theater, dass ist jetzt so ungefähr das Letzte, dass ich brauchen könnte“, stöhnte die Mutter und hörte den Bäcker fragen „Schon wieder im Stress, Vivienne?“
Die Frau verdrehte die Augen „Adventskaffee mit den Schwiegereltern. Ich muss noch die ganze Wohnung auf Vordermann bringen, einschließlich Fenster putzen. Dann sollte ich noch backen und das Abendessen vorbereiten. Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, wieso Viele von einer besinnlichen Adventszeit sprechen? Für mich ist das der pure Wahnsinn. Du kommst zu nix, sollst alles machen und dabei auch noch strahlen, weil ja bald Weihnachten ist“, seufzend lehnte sie sich gegen die gläserne Theke des Ladens und klopfte mit den Händen ihre Manteltaschen ab.
„Oh nee, ehrlich, das darf doch wohl nicht wahr sein. Ich habe mein Portemonnaie vergessen. Als hätte ich es geahnt.“
„Besser hier, als nachher mit einem voll beladenen Wagen im Discounter“, grinste der Bäcker und fragte das plärrende Kind „Willst du eine Brezel? Die Mama soll mir das Geld einfach am Montag vorbei bringen, wenn sie dich in den Kindergarten bringt.“
Das Kind schluchzte kurz auf, nickte und riss dem Bäcker das Salzgebäck aus den Händen. Es drehte sich und wollte schon zur Tür, als die Mutter es ermahnte.
„Und? Was sagt man?“
Das Kind musterte zuerst die Mutter, dann Björn und schließlich den Bäcker. Es biss herzhaft in die Brezel und begann zu kauen.
„Der war in den letzten Tagen oft bei meinen Eltern. Komischerweise“, kicherte Vivienne „Ist er dann immer auf Werkseinstellung zurück gestellt und hat sämtliche Erziehungsmaßnahmen glatt vergessen. Was hältst du davon, wenn du Danke sagst?“, richtete sie sich an das Kind und Björn seufzte leise. Er hatte keine Ahnung mehr, wie oft er diesen Satz am letzten Mittag gehört hatte, wenn die Eltern ihre kleinen Racker wieder in Empfang genommen hatten, aber meistens waren die Kinder einfach, ohne ein letztes Wort an ihn, davon gerannt.
„Warum?“, hörten sie den kleinen Jungen fragen und sahen die Mutter stöhnend nach ihm greifen. Sie nahm ihn einfach auf den Arm und verließ eiligst den Laden. Björn folgte ihr, nachdem er sich verabschiedet hatte. Er bekam noch mit, dass sie dem Kind zu erklären versuchte, warum die Worte „Bitte“ und „Danke“ so wichtig waren, bevor er sie nicht mehr hören konnte.
Daheim telefonierte er als Erstes mit seinem ehemaligen Schulkameraden, notierte sich tatsächlich die Adresse eines Krankenhauses und frühstückte dann ausgiebig. Erst um die Mittagszeit, machte er sich auf den Weg in die angegebene Klinik.
„Gott sei Dank“, hörte er die Frau sagen, kaum das er das Zimmer betreten hatte „Ich habe so gehofft, dass Sie das mitbekommen Björn und sich ein paar Gedanken machen.“
„Ich hätte es nicht bemerkt, jedenfalls noch nicht, aber in der Bäckerei hat man mir erzählt, dass Sie gefallen sind. Ich war wohl, zu dem Zeitpunkt, noch auf dem Weihnachtsmarkt.“
Björn trat an das Bett heran und richtete seinen Blick auf das Gipsbein. Er hörte die Frau knurren.
„Verdammter Mist. Ehrlich, dass kann auch nur mir passieren, aber was soll ich jetzt noch dagegen tun? Ist schon zu spät. Aber ich muss wohl noch ein paar Tage hier bleiben. Sie wollen mir erst noch den Umgang mit den Krücken beibringen und meine leichte Gehirnerschütterung überwachen.“
„Ach du meine Güte. War also ein richtiger Sturz, mit allem was dazu gehört“, vermutete ihr Besucher und Margitta nickte.
„Natürlich. Mit halben Sachen geben wir uns ja nicht ab, oder?“, kicherte sie und wurde sofort wieder ernst „Aber Sie könnten mir einen enormen Gefallen tun. Ich bin so froh, dass Sie hier sind, dass können Sie sich gar nicht vorstellen. Mein nächster Gedanke, wäre der Hausmeister gewesen, aber Sie wissen ja, dass ich den Kerl nicht mag und ihm auch nicht über den Weg traue. Da ist es mir lieber, ich kann Ihnen den Schlüssel geben, damit Sie mir etwas aus der Wohnung holen.“
„So ähnlich haben wir uns das schon gedacht“, Björn lächelte seine Nachbarin an. Eine junge Pflegerin betrat das Zimmer und überreichte ihm eine Vase, in die sie die Blumen gestellt hatte, mit denen er vor dem Krankenzimmer hantiert hatte. Auch sie lächelte die Dame in diesem großen Bett an und stellte die Pflanzen dann auf dem Nachttisch ab.
„Vielen, herzlichen Dank, Björn. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal von einem Mann Blumen bekommen habe und dann auch gleich noch solch ein schöner Strauß“, schwärmte sie und die Pflegerin grinste in seine Richtung.
„Er macht mir ganz den Eindruck“, lachte sie ihm entgegen „als hätte er darin eine Menge Erfahrung, einer Frau eine Freude zu machen.“
Fast hätte Björn sich verschluckt, denn das war so ein Punkt, in dem er keinerlei Erfahrung gesammelt hatte. Bei keiner Frau, nicht einmal, bei seiner Mutter. Margitta sah zwischen den jungen Leuten hin und her, grinste jetzt und griff nach Björns linker Hand.
„Das hat er nicht nötig. Er wird kaum die Gelegenheit dazu haben, kleine Brötchen zu backen.“
„Jeder Kerl macht Fehler“, gab die Pflegekraft sofort von sich und wurde ernst. Sie schüttelte der Frau das Kopfkissen aus und sah ihr dabei in die Augen „Glauben Sie mir. Ich habe noch Keinen erlebt, der sich nicht, hin und wider, einer Notlüge bedient hat und den dann doch das schlechte Gewissen geplagt hat. Wenn man Glück hat, wenn man Pech hat, dann fehlt ihm das Gewissen ganz“, seufzte sie, lächelte Björn noch einmal ins Gesicht und verschwand mit schnellem, leichtem Schritt aus dem Zimmer. Björn sah hinter ihr her.
„Wie hat sie das gemeint?“, er drehte sich wieder zu seiner Nachbarin, die den Kopf schief legte. Sie überhörte seine Frage und stellte fest.
„Ich habe Sie noch nie mit einer Frau gesehen, wohl aber schon des öfteren mit einem anderen Mann, Björn.“
Vor diesem Moment hatte er immer irgendwie Angst, aber er sah auch nicht ein, ihr das Blaue vom Himmel vorzulügen. Er nickte.
„Das hat auch seinen Grund.“
„Das dachte ich mir schon fast und es liegt mir fern, mich in Ihre Belange zu mischen, aber dieser junge Mann, mit dem ich Sie vor ein paar Monaten öfter gesehen habe, sind Sie sich sicher, dass er zu Ihnen passt?“
Björns Augen liefen unruhig durch ihr Gesicht, dann senkte er den Blick „Das hat sich erledigt. Wir sind nicht mehr zusammen.“
Die Frau biss sich auf die Unterlippe, dann drehte sie den Oberkörper und zog eine Schublade auf. Sie entnahm einen Schlüssel und gab ihn an Björn weiter.
„Das tut mir, wenn ich ehrlich bin, nicht die Bohne Leid. Entschuldigen Sie, wenn ich das einfach so sage, aber der Kerl hat nicht zu Ihnen gepasst.“
Björn war es peinlich darüber zu reden, also nickte er nur und steckte den Schlüssel in seine Hosentasche. Sie lächelte und zwinkerte „Es gibt noch mehr hübsche Kerle. Irgendwann wird der Richtige dabei sein.“
„Ich glaube weder an den Weihnachtsmann, noch an die große Liebe. Und daran, dass mir irgendwann jemand über den Weg läuft, der mich nicht belügt und betrügt, glaube ich auch nicht. Das müsste schon an ein Wunder grenzen.“
Margitta lächelte schon wieder „Es ist kurz vor Weihnachten. Wer weiß, dass ist eine Zeit, da geschehen manchmal tatsächlich noch Zeichen und Wunder. Geben Sie nicht auf. Sie hatten besseres verdient, als diesen....“sie biss sich erneut auf die Lippe und senkte dann den Blick. Sie wechselte einfach das Thema und zählte ihm auf, was sie von daheim alles benötigte und erklärte auch, wo er es finden würde.
„Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Sie hier sind“, sie schloss ihre Augen und lehnte sich zurück.
„Und ich bin froh, dass Ihnen nicht noch mehr geschehen ist. Ich fahre dann jetzt auch und komme später mit Ihren Sachen noch einmal zurück, okay? Schlafen Sie jetzt, dass ist immer noch das Beste“, erklärte er leise, aber er wusste, dass sie längst eingeschlafen war.
Die fremde Wohnung, die er betrat, wirkte so freundlich und gemütlich, dass er sich sofort wie zuhause fühlte. Alles war weihnachtlich geschmückt und der Duft nach Orangen lag noch in der Luft. Wahrscheinlich hatte sie eine Duftlampe irgendwo stehen, die diesen Geruch verbreitete. Es war ein komisches Gefühl, in den fremden Dingen herum zu wühlen, bis er das Gewünschte fand, aber es blieb ihm ja kaum etwas anderes übrig. Er verstaute die Dinge in einer kleinen Reisetasche, die er vom Kleiderschrank genommen hatte und wollte die Wohnung wieder verlassen, als das Telefon klingelte. Unschlüssig was er tun sollte, blieb er mit der Türklinke in der Hand stehen und horchte. Auf was wartete er denn? Und tatsächlich. Ein Anrufbeantworter sprang an. Er hörte die Stimme der Frau, in deren Auftrag er unterwegs war und den Piepton, bevor ihm fast das Blut in den Adern gefror.
„Hallo Oma. Ich bins, Luis. Ich wollte dir nur schnell Bescheid geben, dass ich wohl doch alleine komme, aber trotzdem nicht früher hier weg kann. Wo bist du denn auch schon wieder, dass ich dich nicht erreiche? Menschenskinder, da weiß ich seit ein paar Wochen, dass du überhaupt noch lebst und dann verpassen wir uns so gut wie jedes Mal wenn ich anrufe. Das gibt es doch gar nicht. Bist du wirklich nicht zuhause, oder möchtest du einfach keinen Kontakt zu deinem Enkel? Dann sag es mir doch...“ hörte er die Stimme sagen und das Blut in seinen Ohren rauschte so laut, als wenn er vor dem Triebwerk eines Flugzeugs stehen würde. Mit zittrigen Händen nahm er das Telefon zur Hand. Er räusperte sich, bevor er sich meldete.
„Entschuldigen Sie bitte“, unterbrach er den Anrufer leise „Aber es hat einen Grund, warum ihre Großmutter sich nicht melden kann.“
„Wer ist da?“
„Ich bin einer der Nachbarn“, Björn spürte, dass seine Beine nachgaben, als der Anrufer sofort fragte „Nachbar? Oh Gott, was ist passiert? Wie geht es ihr? Ist alles in Ordnung mit ihr?“
Björns Mund war staubtrocken, aber er nickte „Ja. Soweit schon. Sie ist gefallen und hat sich das rechte Bein gebrochen, hat ausserdem noch ein paar Prellungen und eine leichte Gehirnerschütterung. Ich bin nur hier, um ein paar Dinge für sie zu holen.“
„Verdammte Scheisse“, hörte er die Stimme sagen und malte sich ein Bild desjenigen, zu dem sie gehörte. Ob er damit falsch lag, oder nicht, war ihm egal. Es kribbelte im ganzen Körper, als wäre er splitternackt im Schnee herum gesprungen und würde gerade in eine warme Decke gehüllt. Dieses Gefühl, dieses Kribbeln, dass war genau das Gleiche.
„Ich kann hier nicht früher weg. Der Flieger geht nur einmal in der Woche, ich komme aus dieser Einöde gar nicht raus. Das gibt’s doch wohl gar nicht. Wie heißt du?“
„Björn“, krächzte es aus der Leitung und Luis runzelte die Stirn. Er nahm den Hörer vom Ohr und schlug mit der Hand dagegen, weil er vermutete, dass die Leitung schon wieder gestört war.
„Wie? Björn?“, rief er laut und Björn verdrehte die Augen. Er nickte.
„Ja, genau. Björn. Wann kommst du her?“
„Ich denke, so um den 20. Dezember herum. Würdest du ihr das bitte sagen?“
„Aber“, Björns Kreislauf gab nach. Ihm war schwindelig „Das sind ja noch fast drei Wochen.“
„Verdammt lange drei Wochen. Kümmerst du dich um sie? Echt, ich wäre dir sehr verbunden, wenn du das tun würdest. Scheisse, jetzt hab ich dich geduzt, oder? Ach, was solls. Hier, wo ich bin, sagen alle Du zueinander und ich finde es nicht schlimm. Sag Oma, ich freue mich sie kennenzulernen, okay? Ich muss jetzt Schluss machen, Björn. Bis dann“, er hatte schneller aufgelegt, bevor Björn auch nur ein einziges Mal Luft geholt hatte, geschweige denn, etwas erwidert.
„Wow“, sagte er leise und stellte das Telefon wieder auf die Ladestation „Was für eine Stimme“, er seufzte laut auf und sah sich noch einmal um. Was hatte er gesagt? Er freute sich darauf, seine Großmutter kennenzulernen? Hatten die Beiden sich etwa noch nie gesehen? Wie kam das denn wohl? Und, wo zum Henker, war der Kerl, wenn er nur ein Mal in der Woche die Möglichkeit hatte, die Einöde zu verlassen und dann auch noch mit einem Flieger? Diese Fragen beschäftigten Björn noch, während er zurück ins Krankenhaus fuhr.
Er hatte Glück. Margitta war wieder wach und sah ihn neugierig an, als er das Zimmer betrat.
„Ich, ähm, ich soll Sie grüssen. Von Luis. Er schafft es nicht vor dem 23. Dezember und er möchte, dass ich auf Sie acht gebe.“
„Das tun Sie doch längst“, lächelte sie ihn an und klopfte auf eine Ecke der Matratze.
„Er hat mich schon öfter als ein mal angerufen, aber ich traue mich nicht, ans Telefon zu gehen. Ich weiß nämlich nicht, was ich ihm sagen soll.“
„Ihr kennt euch nicht, oder? Er sagte sowas, wie , dass er sich darauf freut, Sie kennenzulernen.“
Margitta nickte „Mein Sohn war damals gerade 22 Jahre alt, als er eine Frau kennenlernte und mit ihr ausgewandert ist. Seit dieser Zeit, habe ich keinen Kontakt mehr zu ihm. Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass ich Ihnen das schon erzählt habe“, erklärte sie und Björn nickte ihr zu. Margitta redete weiter „Vor ein paar Monaten“, sie zog die Nase hoch „da bekam ich einen Anruf von einer Frau, die mir erzählte, dass mein Sohn bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen sei, aber dafür mein Enkel gerne Kontakt mit mir hätte. Ich bin aus allen Wolken gefallen. Nicht nur, wegen dieses Todesfalles, sondern auch, weil ich gar nicht wusste, dass ich einen Enkel habe. Nun ja, jedenfalls hat er danach schon einige Male auf diesen Anrufbeantworter gesprochen und hat mir auch Briefe geschrieben, aber so richtig, traue ich dem Braten nicht, verstehen Sie?“
Björn nickte noch einmal. Er versucht noch über eine halbe Stunde an mehr Informationen zu kommen und versprach ihr, im Netz nach mehr Details zu forschen.
Den ganzen Samstag Abend verbrachte er damit, endlich ein Bild des Mannes zu finden, dessen Stimme alleine ihn schon in solche Erregung versetzt hatte, dass er sich gar nicht ausmalen wollte, was geschehen würde, wenn sie sich erst einmal begegneten. Wahrscheinlich, so glaubte er wenigstens, würde er keinen Ton von sich geben können und ansonsten wieder so unsicher werden, wie im Normalfall auch.
Er fand einiges über den Todesfall. Zeitungsberichte, die alles detailliert beschrieben, bis hin zu einem Bild vom Begräbnis. Die Personen, die darauf abgebildet waren, waren allesamt so winzig, dass man sie kaum erkennen konnte. Nur ein Mann, der überragte alle Anderen. Und genau dieses Gesicht, das brannte sich in Björns Gehirn ein. Auch wenn es unscharf war, war noch genug zu sehen, dass ihm gefiel.
Margitta staunte am anderen Tag nicht schlecht, über was er ihr alles Auskunft geben konnte.
„Meinen Sie, dass er wirklich mein Enkel ist?“, fragte sie und Björn hob eine Schulter an.
„Wenn ich das alles so richtig bedenke, dann weist alles darauf hin, dass das stimmt. Wieso sollte er Sie auch belügen? Das Einzige, auf das ich mir keinen Reim machen kann, ist die Tatsache, wieso er einen Flieger braucht, der noch dazu nur ein mal in der Woche startet, um seinen Ort zu verlassen.“
„Mein Sohn“, Margitta senkte den Blick „er ist damals nach Kanada gegangen. Ich habe mal einen Bericht darüber im Fernsehen gesehen. Dieses Land ist sehr groß und ich weiß ja nicht, wo sie sich dort befinden.“
„Aber ich. Na ja, ist ja eigentlich auch egal. Aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass er Ihr Enkel ist. Wir warten einfach ab, okay?“
„Björn? Darf ich Sie noch einmal um etwas bitten? Ich mach das irgendwann wieder gut“, sie lächelte ihn an und Björn nickte ihr zu. Er tätschelte unbeholfen ihre Hand und hörte sie fragen „Würden Sie dabei bleiben, wenn wir das erste Mal aufeinander stoßen? Mir ist das nicht so ganz geheuer, obwohl ich mich natürlich freuen würde, wenn es die Wahrheit wäre.“
„Ich werde da sein. Keine Sorge. Ich lasse Sie sicherlich nicht mit einem Mann alleine, den Sie nicht kennen.“
Wieder zuhause, markierte er den 20 Dezember auf seinem Kalender und strich jeden Tag das aktuelle Datum durch. Die Zeit schleppte sich quälend langsam dahin. Er fühlte sich wie ein Kind, dass auf den Weihnachtsmann wartete und war froh, dass seine Freunde und seine Familie, einschließlich Margitta, ihn so auf Trab hielten, dass er nicht weiter darüber nachdenken konnte, was wohl geschehen würde, wenn.....
Zwei Tage später holte er Margitta aus dem Krankenhaus. Er half ihr bis in ihre Wohnung und begab sich dann ungefragt in die Küche. Zuhause wartete niemand mehr, es war also gleichgültig, um welche Uhrzeit er wieder dort sein würde. Wichtig war jetzt zuerst einmal eine schnelle Genesung dieser alten Dame, die über die Weihnachtstage Besuch von ihrem Enkel bekam, den sie noch nie gesehen hatte. Inzwischen waren sie zum „Du“ übergegangen und so wunderte es Björn auch nicht, als er Margitta rufen hörte.
„Was machst du denn da in der Küche?“
„Abendessen. Es tut mir furchtbar Leid, dass ich dich nicht früher von dort holen konnte, aber ich habe erst in einer Woche Urlaub.“
„Abendessen? Großer Gott, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Wie kaufe ich denn mit diesem Handicap hier ein?“, er hörte sie gegen den Gips schlagen und gleichzeitig fluchen „Autsch. Verdammt.“
„Keine Sorge. Das kriegen wir alles hin. Ich habe diese Woche Frühschicht und bin gegen halb vier Uhr wieder zuhause. Dann können wir einkaufen fahren. Wir werden uns doch jetzt nicht bemitleiden, oder? Immerhin wartest du auf Besuch“, rief er ihr aus der Küche zu und nahm die Pfanne vom Herd.
„Ich weiß noch nicht, ob ich auf ihn warten soll. Was ist denn, wenn er auch nur einer dieser Kerle ist, der auf eine Erbschaft wartet und mich, statt mich zu besuchen, um die Ecke bringen will? Als mein Enkel, wäre er ja Erbberechtigt, oder nicht?“
„Sicher“, Björn nickte, obwohl sie ihn nicht sehen konnte.
„Mag sein, dass du nicht auf ihn wartest, ich aber schon“, erklärte er sich selbst leise genug, damit sie ihn nicht hören konnte „Wenn er so ist, wie seine Stimme vermuten lässt, dann wäre ich begeistert“, machte er weiter und rührte in den kochenden Spaghetti. Er hörte die Krücken auf dem Parkettboden und drehte sich in ihre Richtung.
„Ein bisschen Panik habe ich daher schon, auf ihn zu treffen, dass gebe ich zu“, erklärte sie und sah ihren jungen Nachbarn nicken. Sein leises „Nicht nur du“, hörte sie jedoch nicht.
„Was mache ich denn, wenn er mir eins über den Schädel gibt, während ich schlafe?“
Björn grinste „Mit dem Gips zutreten. Nein, im Ernst Margitta. Niemand erwartet von dir, dass du einen völlig Fremden über Nacht in deiner Wohnung übernachten lässt. Wir suchen ihm einfach ein Zimmer hier in der Nähe, dann könnt ihr euch erst einmal beschnuppern. Denk immer daran, dass auch er nicht weiß, wer du bist. Wenn er erst vor ein paar Wochen herausgefunden hat, dass es dich überhaupt gibt, dann hat er nicht wirklich viele Informationen, oder?“
„Ich hatte immer die Hoffnung“, Margitta setzte sich auf einen der Küchenstühle, die um einen Tisch herum platziert waren „das mein Sohn wiederkommt, aber ausser ein paar Anrufen im Jahr, habe ich nie wieder was von ihm gehört. Zuerst wollte er, dass wir zu ihm kommen, aber da war mein Mann nicht so begeistert. Wir sprechen Beide diese Sprache nicht, verstehst du? Wie hätten wir uns verständlich machen können?“
Björn runzelte die Stirn und setzte sich dann zu ihr an den Tisch „Das ist etwas, dass mir bis gerade eben noch gar nicht aufgefallen ist, denn er spricht hervorragend Deutsch. Gut, natürlich ist ein kleiner Akzent vorhanden, aber das verwundert ja auch niemanden, wenn man weiß, dass er Kanadier ist.“
Margitta stutzte ebenso, dann nickte sie „Du hast Recht. Das war mir gar nicht bewusst. Was meinst du? Ob sie ihn wohl zweisprachig aufgezogen haben? Und wenn ja, wieso, wenn sie doch gar nicht wieder hier her wollten?“
„Das weiß ich leider auch nicht“, Björn kratzte sich am Hinterkopf und stöhnte, als sein Telefon klingelte. Er sah auf das Display seines Smartphones und nahm das Gespräch entgegen.
„Was ist los, Mama?“
Er hörte zu, rührte noch einmal in dem Topf und nickte einige Male „Das weiß ich. Das werde ich auch in diesem Jahr tun, was glaubst du denn? Für den Baum bin ich schon seit fast 10 Jahren zuständig. Wieso sollte sich daran dieses Jahr etwas ändern?“, hörte Margitta ihn fragen und erinnerte sich an ein Weihnachten von vor fast 50 Jahren. Sie kicherte leise, als ihr einfiel, dass ihr Mann an einer Tanne empor geklettert war, weil der Baum, an und für sich, viel zu hoch gewesen war, aber er unbedingt an die Spitze wollte, um sie vom restlichen Stamm abzutrennen. Sie hatte ihm dabei zugesehen und mit Schrecken bemerkt, dass eben jene Tanne sich unter seinem Gewicht bog, je höher er kletterte. Auch auf Zurufen hatte er so getan, als würde er sie nicht hören und war prompt vor ihr im Schnee gelandet, als er fiel. Gott sei Dank, war nichts dabei passiert. Ausser einem Lachanfall seiner Frau, war nichts geschehen.
Wieder nickte Björn „Aber sicher, Mama. Das war zwar, im übertragenen Sinne, ein Schlag in die Magengrube, aber davon lasse ich mich nicht unterkriegen. Ich kann dir nur noch nicht versprechen, dass ich am heiligen Abend bei euch sein werde, oder erst am ersten Feiertag, aber das ist ja wohl auch nicht so tragisch, oder? Ich denke doch, dass ihr sowieso bei Birte und den Kindern seid, oder etwa doch nicht?“, wollte er wissen und Margitta speicherte den Namen ab. Wer war Birte? Sicherlich seine Schwester, wenn man an den Namen dachte, den die Eltern ihrem Sohn gegeben hatten.
Margitta zog die Nase hoch. Dieser heilige Abend, der hatte in den letzten Jahren immer damit geendet, dass sie vor dem Fernseher eingeschlafen war. Seid der Sohn nicht mehr bei ihnen gewesen war, hatten sie und ihr Mann es schon fast zu einer Tradition gemacht, nach dem Essen Monopoly zu spielen, bis sie keine Lust mehr dazu hatten. Und dann starb vor ein paar Jahren auch noch ihr Mann und sie hatte keinen Spielpartner mehr gehabt. Also tat sie das, was wahrscheinlich viele ältere Menschen taten, die keine Familie mehr hatten. Sie setzte sich vor die Glotze, bis sie einschlief und sah sich die heile Welt der Anderen an, wo Alle miteinander am Tisch saßen und einfach nur glücklich waren. In diesem Jahr würde es so sein, dass ein für sie völlig Fremder mit an ihrem Tisch sitzen würde. Ein Mann, den sie noch nie gesehen hatte, noch nie ein Wort gewechselt, zumindest nicht, wenn man sich gegenüberstand. Als Björn endlich das Smartphone auf den Tisch legte, brauchte er einen Moment, um das Gehörte zu verarbeiten, dann schüttete er die Spaghetti ab und öffnete den Kühlschrank. Er entnahm ihm die Butter, schmolz sie im Topf und schwenkte die Pasta darin, bevor er sie mit Muskatnuss würzte.
Er schien ihre Gedanken zu erraten, denn er grinste, als er ihr einen Teller auf den Sitzplatz schob „Birte ist meine Schwester. Sie ist alleinerziehend und hat zwei kleine Jungs. Meine Eltern sind am Weihnachtsabend immer bei ihr. Meistens war ich das auch, aber in diesem Jahr bin ich mir noch nicht so sicher. Warten wir erst einmal ab, wie sich das alles hier entwickelt.“ Fast hätte er ungewollt hinterher geschoben, dass er darauf hoffte, diesen Abend mit Luis und ihr zu verbringen, aber das hätte sie sicherlich erschreckt, also schwieg er.
„Ich möchte nicht, dass du auf mich Rücksicht nimmst. Ich werde das hier schon hin bekommen. Im Zweifelsfalle“, grinste sie und hob eine Krücke an „ziehe ich ihm damit eines über den Schädel.“
„Darum geht es gar nicht. Jedenfalls nicht so direkt“, gab Björn von sich und setzte sich Margitta gegenüber „Ich habe nur keine Lust, mir am heiligen Abend die Vorwürfe meiner Schwester anzuhören. Und die kommen, so sicher wie das Amen in der Kirche.“
„Vorwürfe?“, fragte Margitta und sah den Mann nicken.
„Ja. Seid sie sich von dem Vater der Kinder getrennt hat, ist sie bei mir darauf aus, dass meine Beziehungen so lange wie möglich dauern. Sie gibt ständig mir die Schuld, wenn es nicht hinhaut. Ich weiß selbst, dass ich weder der Einfachste bin, noch, dass einer alleine Schuld hat, aber an einem solchen Tag, kann ich auf endlose Diskussionen wirklich verzichten.“
„Oh je“, Margitta zog noch einmal die Nase hoch und machte sich dann daran, die langen Nudeln auf die Gabel zu wickeln. Interessiert sah Björn ihr zu, bevor er selbst zu essen begann.
„Björn?“, Margittas Teller war längst leer, als sie sich ein wenig zurück lehnte und ihn ansah „Es ist nicht so, als das du mir jetzt darauf antworten müsstest, aber....wieso ist es schief gegangen? Es lag tatsächlich an ihm, oder?“
„Wie meinst du das?“
Margitta senkte den Blick „Ich habe euch öfter mal vom Wohnzimmerfenster aus gesehen, wenn ihr Morgens die Wohnung verlassen habt. Auch wenn ich alt bin, konnte ich mir denken, dass ihr ein Paar wart, also hat es mich sehr gewundert, als ich ihn vor ein paar Wochen in der Innenstadt mit einem anderen Mann gesehen habe. Und das diese Beiden keine Fremden waren, habe ich auch sehen können. Es hat mich doch sehr gewundert, aber ich habe mir nichts dabei gedacht. Ist er, ich meine, er hat sich von dir getrennt weil er einen Anderen gefunden hat, oder?“
Björn zuckte zusammen. Er starrte auf ein Familienbild, das direkt über Margittas Kopf an der Wand hing und nickte dann.
„Ja.“
Die alte Dame winkte ab „Mehr muss ich nicht wissen. Ehrlich gesagt, es hätte mich auch sehr gewundert, wenn du derjenige gewesen wärst, der ihn hintergangen hätte.“
„Ich bin nicht das Unschuldslamm, dass viele in mir sehen“, gab Björn von sich „Vor zwei Jahren war ich derjenige, der einem Anderen sehr weh getan hat, ohne das es mir überhaupt richtig bewusst war. Im Grunde war ich mir nicht sicher,“ begann er „ob ich mich neu verliebt hatte oder ob das einfach nur so eine Bettgeschichte war, deshalb habe ich nichts gesagt....bis er dahinterkam, weil es eben doch mehr wurde.“
„Wir haben alle schon Herzen gebrochen, genau wie unser Herz in viele einzelne Teile zerfallen ist“, gab Margitta von sich und sah Björn an „Ich stand zwischen zwei Männern und konnte mich absolut nicht entscheiden. Jeder für sich hatte seine Vor- und seine Nachteile und ich stand genau dazwischen und sollte wählen“, sie schnaubte kurz auf „war natürlich noch eine andere Zeit, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Gefühle sich verändert haben.“
„Für welchen hast du dich entschieden?“, fragte Björn jetzt, einfach nur, um etwas zu sagen. Er hörte sie kichern und sah, dass sie rot wurde.
„Für einen Dritten. Er hatte mehr Charme und Charisma, als die anderen Beiden zusammen und genau das, dass hat mir gefallen. Also habe ich die Zwei in den Wind geschossen, vielleicht auch, weil meine Eltern mit meiner Wahl so gar nicht zufrieden waren. Das war garantiert auch eine Trotzreaktion. Hatte ich mich doch“, grinste sie „Für einen kleinen Grundschullehrer entschieden, statt des Fabrikantensohnes, der später die Firma des Herrn Papa übernehmen würde. Glücklich waren sie nicht, ich schon. Ich habe es nicht eine Sekunde bereut, auch wenn es nicht immer einfach war.
- Ende der Buchvorschau -
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