Schwarzes Zimmerlicht - Herold zu Moschdehner - E-Book

Schwarzes Zimmerlicht E-Book

Herold zu Moschdehner

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Beschreibung

Jochen ist 40, als ein Motorradunfall ihn aus der Gleichgültigkeit seines Lebens reißt. Mit gebrochener Hand, inneren Verletzungen und einer Leere, die keine Diagnose kennt, erwacht er in einem Krankenhaus, das mehr Fragen aufwirft als es heilt. Dort begegnet er Lin - einer Krankenschwester mit schweigenden Augen, einer zarten Stimme und einem Ehemann, der Schmerz nicht als Unfall, sondern als Sprache versteht. Was als stille Anziehung beginnt, entwickelt sich zu einer Obsession aus Nähe, Angst und Rettungsfantasie. In den Gängen der Klinik lauert etwas Undefinierbares - ein Gefühl, dass nichts hier so ist, wie es scheint. Zwischen Selbstmordgedanken, Gewalt und Halluzinationen verliert Jochen nicht nur den Halt, sondern auch die Kontrolle über die Geschichte, in der er selbst nicht mehr sicher ist, ob er Opfer ist - oder bloß der Letzte, der noch nicht gefallen ist. "Schwarzes Zimmerlicht" ist kein Liebesroman. Es ist ein Bericht aus einem Schattenreich - ein Abstieg in ein Begehren, das sich mit jeder Berührung weiter auflöst. Und eine stille Warnung: Manche Frauen leuchten nur, wenn man sie nicht berührt.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 46

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1 – Gips

Kapitel 2 – Schwelle

Kapitel 3 – Zwischenräume

Kapitel 4 – Erste Fuge

Kapitel 5 – Zimmer 11

Kapitel 6 – Der Gang

Kapitel 7 – Lin

Kapitel 8 – Milchglas

Kapitel 9 – Risse

Kapitel 10 – Schnittfläche

Kapitel 11 – Herzschatten

Kapitel 12 – Die Nacht mit den zwei Schatten

Kapitel 13 – Der Rest von ihr

Prolog

Man sagt, wer lange genug allein ist, hört irgendwann auf zu sprechen. Ich habe nie geglaubt, dass das stimmt. Was stimmt: Wer lange genug allein ist, spricht nur noch mit Dingen, die nicht antworten. Und irgendwann genügt das.

Ich war vierzig, als ich aufhörte, den Dingen Namen zu geben. Es war ein Motorradunfall. Kein heldenhafter, kein dramatischer. Ich fuhr zu schnell, es war nass, und ein toter Fuchs lag in der Kurve. Der Lenker brach aus, mein Brustkorb krachte gegen den Asphalt, mein rechter Arm gegen eine Leitplanke. Ich hätte mir gewünscht, das wäre die Geschichte. Aber es war nur der Vorhang. Dahinter lag etwas anderes. Etwas, das auf mich wartete wie ein dunkler Flur ohne Lichtschalter.

In der Klinik begann ich, Dinge zu hören. Nicht Stimmen – sondern ihre Umrisse. Die Art, wie das Neonlicht summte, war nicht zufällig. Es war rhythmisch. Die Flure atmeten. Die Betten hatten eine Ordnung, die nicht pflegerisch war, sondern ritualisiert. Und dann war da diese eine Krankenschwester. Lin.

Ich wusste nicht, was sie war. Nur, dass sie nicht das war, was sie vorgab zu sein. Und dass ich aufhörte, mich selbst zu erkennen, sobald sie im Raum war. Es gibt Frauen, die man liebt. Und es gibt Frauen, die man glaubt, retten zu müssen. Lin war weder das eine noch das andere. Sie war eine Bewegung, für die ich keinen Namen hatte. Und ich war bereit, mich darin zu verlieren.

Was dann geschah, ist nicht einfach erzählbar. Es war kein Liebesroman. Kein Thriller. Kein Drama. Es war ein Auflösen. Ein langsames Verlassen der Realität – nicht weil ich verrückt wurde, sondern weil die Welt um mich herum zu normal blieb. Ich sah Dinge, die andere nicht sahen. Ich hörte Schritte, die keine Richtung hatten. Und ich begann, das Licht zu fürchten.

Denn Licht zeigt, was da ist. Aber es verrät nie, was fehlt.

Ich bin nicht der Held dieser Geschichte. Ich bin nicht einmal die Hauptfigur. Ich bin nur der Mann, der am Ende übrig blieb. Mit einer gebrochenen Hand, einem verheilten Gesicht und einer Erinnerung, die dunkler leuchtet als jede Zukunft.

Wenn du bereit bist, in Räume zu gehen, aus denen du anders wieder herauskommst – dann lies.

Aber glaub nicht, dass du am Ende weißt, was Wahrheit war. Denn das Licht in diesem Zimmer war schwarz.

Kapitel 1 – Gips

Ich glaube, ich wachte am dritten Tag auf. Vielleicht war es auch der zweite. Vielleicht war ich nie weg.

Die Neonröhren summten über mir wie Insekten, und irgendjemand hatte vergessen, das Fenster richtig zu schließen. Ich roch kalten Tee, Jod und etwas, das mich an nasse Gardinen erinnerte. Meine rechte Hand war in Gips. Mein Brustkorb knackte, wenn ich atmete. Mein linker Fuß war blau, aber noch da. Also lebte ich.

Ich sagte nichts.

Die Frau, die hereinkam, war klein, schmal und langsam. Sie trug eine dieser Krankenhausuniformen in blassem Grün. Ihre Haare waren zusammengebunden, ihre Maske saß fest. Sie sah mich an, als wäre ich ein Möbelstück, das noch nicht ganz am richtigen Platz stand. Dann überprüfte sie den Monitor, ohne ein Wort. Nur als sie meine Infusion wechselte, berührte sie mein Handgelenk mit zwei Fingern.

Zwei Finger. Ganz leicht. Nur das. Da war nichts Erotisches an ihr. Und trotzdem starrte ich auf die Stelle, an der ihr Hals in den Kragen überging, als wäre dort eine Nachricht geschrieben, die ich entziffern sollte.

"Schmerzen?" fragte sie, ohne mich anzusehen.

Ich nickte. Nicht wegen der Schmerzen, sondern weil ich ihre Stimme hören wollte. Sie war hoch, aber nicht hell. Klar, aber nicht warm. Wie Wasser in einem Metallbecher.

Sie notierte etwas. Dann war sie wieder weg. Später sagte mir jemand, ich hätte einen Unfall gehabt. Motorrad. Ein Ford Focus. Stadtverkehr. Ich war geflogen, sagte man. Helm sei gerissen. Schlüsselbein geprellt. Rippen angeknackst. Leichte innere Blutungen, aber nichts Akutes. Ein Wunder, sagte die Ärztin. Ich sagte nichts.

Ich erinnerte mich nicht an den Aufprall. Nicht an den Sturz. Nur an das Gefühl, dass es endlich still wurde. Als hätte jemand eine Tür geschlossen.

In der ersten Nacht lag ich wach. Der Fernseher an der Wand funktionierte nicht. Neben mir hustete jemand. Irgendwo fiel ein Tablett. Ich hörte ein Kind schreien – oder ein alter Mann. Ich hörte Schritte, die nie näherkamen. Und irgendwann... diese Stimme wieder.

Sie sprach Chinesisch, glaube ich. Oder Japanisch. Ich wusste es nicht. Ich war mal mit einer Übersetzerin zusammen, zehn Jahre her. Aber Lin war anders. Wenn sie sprach, klangen selbst Zahlen wie Lieder.

Ich kannte ihren Namen nicht. Noch nicht. Am vierten Tag kam ein Pfleger. Er war breit gebaut und wirkte gehetzt. Er wechselte den Verband an meinem Arm, während er gleichzeitig telefonierte. Ich fragte ihn, wie die Schwester hieß, die mich betreute.

"Welche meinst du?"

"Die mit dem grünen Haargummi."

Er runzelte die Stirn. "Ach die. Lin. Ehefrau vom Kollegen Zhang. Kommst du mit der klar? Die ist... speziell."

Ich sagte: "Ja."

Er sagte nichts mehr. Und ich wusste, was er meinte. "Speziell" hieß: seltsam. Kalt. Irgendwas stimmt da nicht.