Seewölfe - Piraten der Weltmeere 563 - Fred McMason - E-Book

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 563 E-Book

Fred McMason

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Beschreibung

Der Rammsporn der türkischen Riesengaleere kam näher. Er wirkte wie ein gräßliches Ungeheuer, das sich auf sein wehrloses Opfer stürzen will. Wenn er traf, würde er die Dubas in zwei Teile spalten oder völlig zersplittern. Die Arwenacks rannten nur so. Carberry kappte achtern die Leine, Smoky vorn. Batuti und Roger Brighton drückten den Zweimaster von der Pier ab. In einem wahren Affentempo wurden die Segel gesetzt. An den Drehbassen standen Al Conroy , Ferris Tucker und Jack Finnegan. Hasard selbst hatte die Pinne übernommen und legte Hardruder. Sie hatten nur noch ein paar Sekunden Zeit, dann würde die schwimmende Festung ihre Dubas in Kleinholz verwandeln...

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Impressum© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,Pabel ebook, Rastatt.eISBN: 978-3-95439-970-3Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

Fred McMason

Die Türken-Galeere

Als sie zum Rammstoß ansetzt, gibt es kein Ausweichen mehr

Istanbul, November 1597.

Die schweren Ketten klirrten leise, als sich der hochgewachsene schlanke und dunkelhaarige Mann bewegte. Sie hatten ihm die Arme und auch die Beine mit solchen Ketten gefesselt. Wenn er einen Schritt tat, mußte er hüpfen.

Das Gesicht mit dem schwarzen Schnauzbart war gekennzeichnet von den Leiden, die er in den letzten Wochen und Tagen über sich hatte ergehen lassen müssen. Ali Mustafa erschienen diese Tage wie Ewigkeiten.

Sie hatten ihn gefoltert, diese Schergen des Teufels, sie hatten ihm ihre Peitschen durch das Gesicht gezogen und über seinen Körper, um ihn zur Aussage zu zwingen. Aber sie hatten kein Geständnis erpressen können.

Hochaufgerichtet stand er da und blickte aus kohlschwarzen Augen auf das dürre Männchen mit dem lächerlichen Ziegenbart. Es war der Kadi, der das Urteil über ihn fällen würde.

Dieses Urteil kannte Ali Mustafa längst. Es war kein Geheimnis, denn so war es in letzter Zeit immer vollstreckt worden. Sie würden ihn vor das Rohr einer Kanone binden und dann die Kanone abfeuern …

Die Hauptpersonen des Romans:

Ali Mustafa – die drei Kadis von Istanbul haben ihn wegen Spionage zum Tode verurteilt, aber er ist unschuldig.

Ibrahim – tritt als „stärkster Mann der Welt“ auf und ist ein wahres Monster von Muskelbergen.

Edwin Carberry – der Profos hält Ibrahim für einen „Rumtöner“ und will es genau wissen.

Old Donegal O’Flynn – entdeckt unter seiner Koje einen „Wassermann“ und ergreift die Flucht.

Philip Hasard Killigrew – der Seewolf ergreift auch die Flucht, aber vor dem Rammsporn einer Riesen-Galeere.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

1.

Das Männchen mit dem Ziegenbart war dürr, klein und hatte graue schüttere Haare. Es trug Schnabelschuhe und ein langes silberblaues Gewand. Das Männchen hatte Weltschmerz im Blick und wässerige, etwas verschleiert wirkende Augen, die ständig an dem Angeklagten vorbeischauten.

„Ich wiederhole noch einmal die Anschuldigungen, Ali Mustafa, den Frevel, den man dir vorwirft und wegen dem du hier vor dem Gericht der Oberen Drei stehst.“

Neben dem Kadi saßen noch zwei ebenfalls alte Männer, die mit steinernen Gesichtern zu Boden blickten und sich nicht regten. Auch die Schergen im Hintergrund bewegten sich nicht. Wie aus Stein gehauen standen sie an den Wänden des Gerichts.

„Ich kenne die Anschuldigungen“, sagte Ali Mustafa ruhig. „Sie sind haltlos und verleumderisch. Sie sind außerdem durch nichts bewiesen worden.“

Der Kadi blickte unwillig auf den Angeklagten.

„Es gibt Zeugen“, beharrte er. „Zwei Zeugen, die einen einwandfreien Ruf haben.“

„Auch ich habe einen einwandfreien Ruf. Ich bin ein Nachfahre Suleiman des Großen. Man hat mir etwas derart Lächerliches noch nie in meinem Leben vorgeworfen.“

„Dein Leben war nur kurz“, sagte das ziegenbärtige Männchen, „und es wird auch nicht mehr lange währen. Es sei denn, du gibst deine schändliche Tat endlich freimütig zu, Ali Mustafa.“

„Ich habe nichts zuzugeben“, sagte der Angeklagte stolz und mit erhobenem Kopf. „Deine sogenannten Zeugen, hoher Kadi, sind erbärmliche Schufte, die mich um mein Vermögen gebracht haben. Sie haben intrigiert und mich durch ihre falschen Beschuldigungen vor Gericht gebracht. Wo sind die Zeugen denn, warum werde ich ihnen nicht gegenübergestellt?“

„Die Zeugen sind bereits vernommen worden. Eine Gegenüberstellung ist nicht mehr erforderlich.“

Der Ziegenbärtige verzog ein wenig das Gesicht. Er dachte an den großen Beutel mit Goldstücken, den er erhalten hatte. Wenn er Ali Mustafa nicht zum Tode verurteilte, konnte das für ihn selbst sehr üble Folgen haben. Nicht nur, daß er das Gold zurückgeben mußte, für ihn als Kadi stand noch mehr auf dem Spiel – Ansehen, Würde, Glaubwürdigkeit und was der edlen Dinge mehr waren.

„Die Anschuldigungen sind erfunden“, sagte der Gefangene noch einmal laut und deutlich. „Ich habe nie mit den Spaniern und Venezianern zusammengearbeitet, wie man mir das vorwirft. Ich kenne keinen einzigen Venezianer und erst recht keinen Spanier.“

„Du bist der Kollaboration mit dem Feind überführt“, sagte das Männchen böse. „Du hast mit den Teufeln zusammengearbeitet, die uns empfindliche Niederlagen beigebracht haben.“

Ali Mustafa lachte leise und hart. Ein verächtlicher Zug lag um seine Mundwinkel.

„Wo sind die Beweise, hoher Kadi? Bisher habe ich nur falsche Worte vernommen. Mit wem habe ich zusammengearbeitet, wo habe ich mich mit Spaniern und Venezianern getroffen? Bringt mir endlich den Beweis, hoher Kadi.“

„Verurteilt ihn endlich“, plärrte einer der alten Männer ungnädig. „Seine Schuld ist erwiesen. Wir haben noch mehr Fälle.“

Der Kadi nickte und erhob sich mit gekrümmtem Rücken.

„Im Namen Allahs verurteilen wir dich nach dem Gesetz des heiligen Korans. Man wird dich morgen, nach dem zweiten Gebet des Muezzin vom Leben zum Tode befördern. Der Henker wird dich, Ali Mustafa, vor eine Kanone binden. Wenn die Kanone gezündet wird, ist der Gerechtigkeit Genüge getan und dein Frevel gesühnt worden.“

Ali Mustafa hatte nichts anderes erwartet. Er sah den Kadi mit einem höhnischen Blick verächtlich an.

„Seit wann bestimmen die heiligen Gesetze des Korans, daß der Angeklagte vor eine Kanone gebunden wird? Mir ist kein derartiges Gesetz bekannt.“

„Das Urteil ist gesprochen!“ schrie das Männchen ärgerlich. „Du wirst nicht durch das Henkersschwert bestraft, sondern durch die Kanone. Das ist ein unehrenhafter Tod, und genau den hast du verdient, Ali Mustafa. Dir steht das letzte Wort zu. Hast du noch etwas zu sagen?“

In den kohlschwarzen Augen des Türken funkelte es.

„Ja. Verflucht sollt ihr alle sein, ihr hohen Herren, weil ihr durch meinen Tod eine goldene Nase verdient. Seid auf ewig verflucht, ihr und der Henker!“

„Bringt ihn hinaus!“ kreischte der Kadi wild. „Bringt ihn ganz schnell hinaus, damit sich der Fluch eines zum Tode Verurteilten nicht erfüllt.“

Voller Entsetzen sahen die drei Kadis zu, wie sich die Schergen auf Ali Mustafa stürzten und auf ihn einschlugen. Als er zusammenbrach, schleppten sie ihn an den Ketten hinaus.

Und da geschah das Unfaßbare: Der Kadi mit dem Zickenbart regte sich über die Verwünschung und den Fluch derart auf, daß sein Gesicht blau anlief, er am ganzen Körper zu zittern begann und schließlich zu Boden fiel, wo er sich in wilden Zuckungen wand.

Zwei Minuten später war er tot. Sein altes Herz hatte die Aufregung nicht verkraftet.

Die beiden anderen wurden bleich. Fassungslos starrten sie auf den Toten am Boden. Der Kadi lag jetzt auf dem Rücken. Sein Mund war wie zu einem Schrei geöffnet, seine gebrochenen Augen stierten seelenlos durch die Decke hindurch.

„Bei Allah“, stöhnte der eine. „Das hätten wir nicht tun sollen. Er ist Nachfahre Suleiman des Großen. Sein Geist wird nicht eher Ruhe geben, bis sich der Fluch auch an uns erfüllt.“

Der andere Kadi gab keine Antwort. Gebrochen an Leib und Seele stürzte er aus dem Verhandlungsraum. Er fühlte sich sterbenselend.

Für Ali Mustafa begann eine schlimme Nacht. Den Schergen war nicht entgangen, daß der „Fluch“ sofort in Erfüllung gegangen war. Sie waren selbst sehr abergläubisch, und so droschen sie auf Ali Mustafa ein, wenn er sich auch nur leicht bewegte.

„Du wirst Allah danken, wenn morgen die Kanone abgefeuert wird“, sagte sein Wächter. „Der Tod wird dir eine Erlösung sein, denn noch ist die Nacht nicht zu Ende.“

Danach wurde Ali Mustafa in einen stickigen und heißen Raum gebracht, wo man ihm die Augen verband. Es ging weiter in einen anderen Raum, wo er Stimmengewirr hörte. In dem Raum brannten nur ein paar Ölfunzeln, aber Ali sah das schwache Licht nicht. Er konnte überhaupt nichts erkennen.

„Heißt ihn willkommen“, sagte eine dunkle Stimme.

Leises Gelächter erklang. Ali Mustafa erhielt einen Tritt in den Rücken und fiel der Länge nach hin.

„Los, küß den Boden und neige dich vor Allah!“ rief ihm jemand zu.

Als er das unfreiwillig getan hatte, fielen sie wieder über ihn her. Diesmal rissen sie seine Kleidung herunter und zogen ihm die Schuhe aus.

Dann wurde er „willkommen geheißen“, wie sie es nannten.

„Vierundvierzig Hiebe“, sagte ein Mann, der die Bastonade überwachte. „Gebt ihm vierundvierzig Hiebe auf die Fußsohlen. Für jedes Wort der türkischen Eidesformel einen Schlag.“

Eine mörderische Prozedur begann, als der Kerl mit dem Stock zuschlug. Ali Mustafa krümmte sich und versuchte aufzuspringen, doch zwei starke Männer hielten ihn unbarmherzig fest.

Die Schmerzen waren kaum zu ertragen. Er biß sich auf die Lippen, bis er Blut im Mund spürte. Seine Fußsohlen brannten, als würde er durch glutendes Feuer laufen, und jeder weitere Hieb entrang ihm ein gequältes Stöhnen.

Die Schläge hörten nicht mehr auf. Ewigkeiten ging das so weiter, ein Klatschen, ein Zusammenzucken, bis er überhaupt kein Gefühl mehr in den Füßen hatte.

Dann war es endlich vorbei – vierundvierzig Hiebe, für jedes Wort der türkischen Eidesformel einen Hieb.

Sie stellten ihn auf die Beine. Aber er konnte nicht mehr laufen und brach wieder zusammen. Die Schmerzen waren grauenhaft und kaum noch zu ertragen.

„Bringt ihn weg“, sagte die Stimme. „Bringt ihn in den vornehmen Raum mit dem Bad, damit er sich erholen und ausruhen kann.“

Ali Mustafa sah nur rote Nebel kreisen. Er spürte, wie ihn zwei Mann hart bei den Armen ergriffen und wegzerrten. Um ihn her raunten leise Stimmen, alles war wie in dicke Watte gepackt. Nur dieser grauenhafte Schmerz blieb.

Seine Beine schleiften über den Boden. Die Kerle renkten ihm fast die Arme aus.

Dann warfen sie ihn in einen anderen Raum. Es war ein kleines enges Steinverlies, in dem kniehoch übelriechendes kaltes Abwasser stand. In diese stinkende Brühe ließen sie ihn hineinfallen.

„Gib doch zu, daß du mit den verdammten Venezianern paktiert hast“, sagte einer seiner Wächter fast mitleidig. „Du ersparst dir dadurch eine Menge Ärger. Morgen ist sowieso alles vorbei.“

„Ich habe nichts zuzugeben“, keuchte Ali. Stöhnend brach er in der kalten Brühe zusammen und übergab sich.

Wie lange er so gelegen hatte, wußte er später nicht mehr. Aber es mußten wieder Ewigkeiten vergangen sein.

Irgendwann holten sie ihn erneut. Und weil er immer noch nichts zugab, hängten sie ihn an den Füßen neben dem Türstock der Zelle auf und peitschten ihn aus.

Danach warf man ihn wieder in das übelriechende Verlies zurück.

Geschunden und zerschlagen lag er da und konnte sich nicht bewegen. Aus dem Funken Haß, den er anfangs verspürt hatte, war Glut geworden, dann ein Feuer und schließlich eine Feuersbrunst, die ihn fast selbst verzehrte.

Er haßte alle, die Kadis, die Betrüger, die ihn um sein Vermögen gebracht hatten, und die Schergen und Wächter, die ihn alle Augenblicke einer erneuten Folterung unterwarfen.

Er war drauf und dran, alles zuzugeben, damit diese fürchterlichen Torturen endlich ein Ende nahmen. Aber nahmen sie dann wirklich ein Ende? Er glaubte es nicht. Vielleicht würde dadurch alles nur noch schlimmer werden. Außerdem ließ sein Stolz nicht zu, sich selbst zu bezichtigen.

Mit Schaudern dachte er daran, was ihm noch alles bevorstand – morgen, wenn sie ihn vor die große Kanone banden. Zumindest wird es schnell vorbei sein, überlegte er. Nach dem zweiten Gebet des Muezzin hatte alles ein Ende.

Noch lange vor Morgengrauen erschienen sie wieder in seiner stinkenden Zelle. Sie nahmen ihm die Binde von den Augen, aber er sah trotzdem immer noch nichts. Er war auf eine weitere Folterung gefaßt. Doch sie schlugen ihn diesmal nicht.

Statt dessen sagte einer: „Hast du schon gehört, Ali Mustafa? Die beiden Kadis haben dich begnadigt.“

Natürlich hatte Ali das nicht gehört, woher sollte er auch! Er hatte auch nie damit gerechnet.

„Begnadigt?“ sagte er mit schwerer Zunge. „Dann hat Allah Gerechtigkeit geübt?“

„Ja, du wirst erst nach dem vierten Gebet des Muezzin vor die Kanone gebunden.“

Die beiden lachten schrecklich laut, stießen ihn in die Brühe zurück und entfernten sich, immer noch lachend.

Er war wieder allein mit der Dunkelheit, dem übelriechenden Wasser und den Ratten, die in seinem Verlies erschienen.

2.

Istanbul, vormals Konstantinopel, das antike Byzanz, das war der Orient in all seiner vielfältigen Pracht. Istanbul, an der südlichen Einmündung des Bosporus in das Marmarameer gelegen, war durch die Lage zwischen Europa, Asien, dem Mittelmeer und Schwarzen Meer ein Kreuzungspunkt wichtiger und alter Verkehrs- und Handelswege.

In Istanbul ging einem so richtig „das Herz auf“, wie der Profos Edwin Carberry es formuliert hatte. Hier gab es alles, aber auch wirklich alles, was einen Seemann erfreuen konnte.

So waren sie denn auch losgezogen, hatten sich zuerst Üsküdar auf der asiatischen Seite angesehen und waren Zeugen einer wilden Messerstecherei geworden. Danach hatten sie mit einer üblen Bande aufgeräumt, den Brüdern Porceddu.

Heute war ein anderer Trupp der Arwenacks durch Istanbuls Stadtviertel unterwegs, um sich ausgiebig alles anzusehen, es waren der Kutscher, der Decksälteste Smoky, Luke Morgan, Jung Philip und der Profos Edwin Carberry.

Sie waren von Sirkedschi herübergekommen, wo ihre Dubas lag, und befanden sich jetzt auf dem großen Basar. Etwas später sollte noch ein Abstecher zum Ägyptischen Basar folgen.

Der Profos schritt mit einem solchen zufriedenen Gesichtsausdruck daher, wie sie es selten an ihm gesehen hatten. Der Kutscher lächelte heimlich über die Glückseligkeit in dem wilden und narbigen Gesicht, dem „lieben Ed“ schien es hier ausnehmend gut zu gefallen, aber das war schließlich kein Wunder, denn hier taten sich alle Schönheiten des Orients auf.

Es gab Schleierladys, Bauchtänzerinnen, Gaukler, Bärenführer, Bratschenspieler, Goldschmiede, Händler und Marktschreier, daß es die reine Freude war.

Immer wieder blieben sie fasziniert stehen und sahen sich alles genau an.

„Wenn man bedenkt, was wir im Schwarzen Meer so alles versäumt haben“, sagte Carberry nachdenklich, „dann ist das hier eine ganze Menge, was einem geboten wird. Wir haben ja Zeit, also sehen wir uns alles in aller Ruhe und gründlich an. Wir können ja weiterschlendern, ein bißchen rumfressen, dann wieder ein kleines Schlückchen und so weiter, bis der Tag gelaufen ist.“

Der Kutscher sah ganz dezent und „rein studienhalber“ einer Lady nach, die einen zartgrünen Schleier trug und ihm einen schmachtenden Blick schenkte. Der Blick aus kohlschwarzen Augen brannte sich sekundenlang in seine Augen. Daraufhin seufzte der Kutscher verhalten.

Carberry grinste bis an die Ohren. Smoky und Luke Morgan starrten der Lady nach, und da begann auch Jung Philip zu grinsen.

„Jaja, die Ladys“, sagte Carberry versonnen. „Da geht sogar dem braven Kutscherlein das Herz in Flammen auf.“

„Mir geht gar nichts in Flammen auf“, verwahrte sich der Kutscher. „Ich pflege lediglich Land und Leute zu studieren, und wenn ich jemanden ansehe, dann geschieht das nur Interesse halber.“

„Aye, aye, Sir“, erwiderte der Profos ernst. „Womit du also zugibst, daß du Interesse an der Lady hast. Na ja, das ist durchaus verständlich, sie ist wirklich verdammt hübsch. Du hättest ihr ein bißchen nachpfeifen sollen.“

„Das ist Rabaukentum, von dem ich mich ganz entschieden distanziere. Man pfeift einer Lady nicht nach.“

„Ich tue das immer“, versicherte Carberry. „Sonst dreht sie sich ja nicht mehr um.“