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Zwei Künstler, ein Schriftsteller und ein Maler, lehnen sich gegen die überrationalisierte Welt der Industriegesellschaft auf und versuchen, wieder festen Boden unter die Füsse zu bekommen. »›Sundaymorning‹ ist ernst und vergnüglich, unterhaltlich und philosophisch in einem und nimmt Schweres leicht, Böses aber böse…« (aus der Laudatio). Mit der Wahl des berndeutschen Dialekts hat sich der Autor vom »Vereinheitlichungsinstrument einer Standardsprache« befreit. Ausgezeichnet mit dem Gerhart-Hauptmann-Preis 1983.
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E.Y.MEYER
Sundaymorning
Theaterstück
Erstmals erschienen 1984
© 2022 E.Y.MEYER
eymeyer.ch
Cover:
Bronzekopf des Autors
Geschaffen 1997 von PAN YI QUINAcademy of Arts & Design
Tsing Hua UniversityBei Jing, China
Kapitel
Personen
Schauplätze
Anmerkung
1. Akt
2. Akt
3. Akt
Nachwort E. Y. Meyer
Rede Martin Machatzkes
Zur Verleihung des Gerhart-Hauptmann-Preises 1983
Für Eva und Robert Müllerund ihre KinderDaniel, Barbara und Christina
Personen
Pablo
Schriftsteller, ca 30 Jahre alt
Edy
Kunstmaler, ca. 32 Jahre alt
Wirtin
ca. 50–60 Jahre alt
Reiterin
Bauerntochter, ca. 18 Jahre alt
Bopp
Gymnasiallehrer, ca. 31 Jahre alt
Vanessa
Bopps Freundin, Engländerin, ca. 29 Jahre alt
Ein Jogger, Volk, ein Hund.
Schauplätze
Vor einem alleinstehenden Landgasthof, vor einem Bauernstöckli, in einem grossen Atelier-Wohnraum.
Anmerkung
Die »Garten-Wirtschafts-Welt« des 1. Aktes ist als eine irreal-reale, aus einer vergangenen Zeit wieder aufgetauchte oder wie durch ein Wunder übriggebliebene »mythische Insel« zu verstehen, die einen bewussten Gegensatz zu unserer heutigen »Industrie-Gesellschafts-Welt« bildet.
Die »Pseudo-Datscha-Welt« des 2. Aktes stellt demgegenüber eine durchaus reale, unvermeidliche auch kitschige Züge tragende heutige »Bauern-Industrie-Welt« -Mischung dar.
Der »Atelier-Wohn-Raum« des 3. Aktes wiederum sollte auch in seiner tieferen Bedeutung als eine real-irreale, ebenso bedrohte, wie bedrohliche »Kunst-Oase« als »Wahn-Raum« sozusagen, in irgendeiner unserer unwirtlich gewordenen »Industrie-Städte« erscheinen.
Der 1. Akt sollte, im Grossen und Ganzen, in einem »irren« Tempo gespielt werden – als »Mordsspektakel« sozusagen, das etwas von der schnellen Bilderfolge einer Rock-Show an sich hat.
Überhaupt sollten die Inszenierungen, die aus dem vorliegenden Text erarbeitet werden, von einem vergnüglichen, einem bösen Ernst also geprägt sein.
1. Akt
Während es im Zuschauerraum dunkel wird, ertönt »THE HOUSE OF THE RISING SUN« von den Animals.
Nachdem Eric Burdon die erste Strophe gesungen hat, öffnet sich der Vorhang und gibt den Blick auf die schwarze Silhouette eines alleinstehenden, nur von einigen Bäumen und Büschen umgebenen Landgasthofs mit Gartenwirtschaft frei, die sich vor einem unnatürlich intensiven, bewusst kitschig gehaltenen Morgenrot-Hintergrund abhebt.
Nach der zweiten Strophe des Songs wird die Musik leiser und vermischt sich gleichzeitig mit einem immer lauter werdenden, heftigen, vielfältigen und teilweise völlig fremdartig klingenden Vogelgezwitscher, das schliesslich eine übernatürliche, quälende Lautstärke erreicht.
Nach einiger Zeit flitzt plötzlich ein etwa dreissigjähriger junger Mann, im Hemd und mit einem überlangen, handgestrickten Schal um den Hals, auf einem Damenfahrrad vor dem Gasthof vorbei und verschwindet auf der anderen Seite wieder.
Kurz darauf wird das Vogelgezwitscher leiser und der Gasthof langsam in helles rötliches Licht getaucht.
Dann kommt der Mann mit dem Damenfahrrad zurückgefahren und hält vor dem Gasthof an.
Pablo
(aufgekratzt) Ou, die gueti Beiz! (Laut) Edy, da schaute mer e chlyne Zwüschehaut i! – (Schaut in die Richtung, aus der er gekommen ist) Gopferdeli, was isch o mit däm Edy los? (Winkt mit weitausholenden Armbewegungen und ruft) Los, Edy! Gib ihm! Tempo!ÄNDSCHPURT! (Fährt mit dem Velo einen Kreis) – Achtung, Achtung! – Meine Damen und Herren, liebe Radsportfreunde! In wenigen Sekunden hat der Sieger der diesjährigen TOUR DE SUISSE das Ziel dieser zweihundertfünfzig Kilometer langen MITTELLANDETAPPE erreicht... es ist – Edyyy – MERCKX!
Ein sehr lauter, kurzer, abrupter MASSENAUFSCHREI ertönt. Edy, zirka 32, mit kragenlosem Hemd, den Kittel zusammengerollt auf dem Gepäckträger, erscheint auf einem Herrenvelo – völlig erschöpft.
Edy
Läck Jimmy, bin i FERTIG!
Pablo
Was isch? Hesch no mau müesse ga chotze?
Edy
I bi fertig – i fahre ke Meter meh!
Pablo
(fährt während des folgenden Dialogs um Edy herum oder zieht sonst Kurven) Äh chum jetz, Edy! Mach doch jetz nid schlapp! Jetz hocke mer chlei i die Gartebeiz da u nächär geit’s witer!
Edy
Die Schyssrööschti!
Pablo
Äh chumm, die isch doch guet gsi!
Edy
I muess es ALKA SELTZER ha!
Pablo
Ja, chumm. Jetz hocke mer i dä Garte da. Dasch doch irr, die Beiz hie, Edy!
Edy
Das huere Velofahre het mi fertig gmacht –
Pablo
Aber dasch doch IRR, das Velofahre, Edy! I bi scho ewig nümm velogfahre!
Edy
Das Schyssvelo lan i hie – i fahre ke Meter meh mit däm Schysschare!
Pablo
Äh Seich, Edy! Jetz göh mer i die Beiz u suufe es Gaffee!
Edy
Es ALKA SELTZER muess i ha!
Pablo
Ja, de bschteue mer es ALKA SELTZER – u we’d de wider fit bisch, göhmer wider uf d’Pischte! COME ON, CHAMP! (Fährt in den Garten hinein und dort um einige Tische herum. Ein längerer sehr lauter MASSENAUFSCHREI ertönt) – Lue mau, wi das irr isch! Wi am SÄCHSTAGERENNÄ! – (Fährt wieder zu Edy hinaus) – He, Edy, hesch du Schtütz?
Edy
Ja, klar – (Zerrt den Kittel vom Gepäckträger, wobei das Velo umfällt) – Huere SCHYSSCHARE! – (Lässt das Velo liegen) – Chumm, mir nähn es Taxi!
Pablo
(stellt sein Velo an die Hausmauer und hebt das von Edy auf) Äh was, Edy, jetz näh mer doch kes Taxi!
Edy
Auso lüt em Bopp a!
Pablo
Seich! Jetz schaute mer zersch mau e RUHETAG i, bevor mer die erschti AUPENETAPPE i Agriff näh! (Nimmt Edy am Arm und zieht ihn in den Garten)
Edy
Die SCHYSSRÖÖSCHTI! – U DÄ SCHYSSSCHÄMPIS!
Pablo
He, he, Edy! Dä isch de guet gsi, du! Einezwänzg Schtei, d’Fläsche! Diräkt us dr CHAMPAGNE importiert!
Edy
SCHYSS-CHAMPAGNE! (Setzt sich erschöpft auf einen der Stühle, der gleich darauf zusammenkracht. Auf dem Boden in dem kaputten Stuhl) – SCHYSS-SCHTUEUH!
Pablo
(in einem Lachanfall) Ou, dä isch de IRR, dä Schtueuh! Chumm, dä BEIZE mer öpperem! Chumm, schtang uf! –- (Hilft Edy aufstehen und stellt dann den Stuhl sorgfältig wieder zusammen) – Soo, lue da, das merkt ke Mönsch, du – Das muess i hüt no mau gseh, das Biud, dasch irr gsi, wi du uf e Bode donneret bisch, Edy!
Edy
(hat sich an einen anderen Tisch gesetzt) I muess jetz es ALKA SELTZER ha!
Pablo
(setzt sich zu Edy) Gopferdeli, was hesch ou, Edy? – Isch das wäg däm Züüg da, wo mer groukcht hei?
Edy
Schyssi! Das isch das huere Velofahre!
Pablo
Was isch das eigetlech gsi, wo mer da groukcht hei?
Edy
Nüt Bsungers – nume gwöhnlechs GRAS –
Pablo
Du, i gschpüre überhoupt nüt vo däm Züüg – i bi FIT win e MOORE! – (Juckt auf und springt über mehrere Stühle, inklusive den »präparierten« . Bei jedem Sprung ertönt ein sehr lauter MASSENAUFSCHREI) – So zwäg bin i scho eewig nüm gsi, du! – (Setzt sich wieder zu Edy) Chumm, jetz suufe mer öppis. Isch da eigetlech niemer da, i dere Beiz?!
Edy
Die pfuuse auwä aui no –
Pablo
(schaut zu einem der Fenster im ersten Stock hinauf) Nenei, du! Dört obe güggelet öpper hinger dä Vorhäng füre! – Die hei mer auwä gweckt. Dasch auwä ä CHEF, wo mit sinere Sekretärin übers Wuchenänd e chlei ufs LAND usegfahren isch!
Edy
(grinst schwach) Iu –- oder e GALERISCHT!
Pablo
Oder e unverlägene VERLEGER! – Jaja, aufauf, liebi Lüt! Morgenstund hat Gold im Mund! Steiner sprach zu Sigmund Freud: Wir ham schönes Wetter heut. Hierauf sagte Freud zu Steiner: Na, du merkst auch alles, Kleiner! – Läck mir, isch das irr hie! (Steht auf, rennt nach vorn an den Bühnenrand und schaut ins Publikum) Lue mau, da unge chöme scho wider es paar, wo z’Predigt göh! Schtündelerpack!
Die Bühne verdunkelt sich, so als ob sich eine Wolke vor die Sonne geschoben hätte.
Pablo
Äh, chumm. Das isch doch irr! Wi die vo aune Syte z’schtröme chöme, i ihrne schwarze Chleider! Wi schwarzi Vögu – wi Chrähje oder Amsle!
Edy
Wi Ratte, ja!
Pablo
Die Lüt, wo da aui am sächsi am Morge ufschtöh u nächär schtundelang loufe! – U hesch de die guete Schtück gseh, wo’s derbi het? Die ländliche Schönheite?! Die sächzäh-, sibezähjährige Buretöchterli voller Chraft u Saft?!
Edy
Ja, u dr Vater u d’Brüetsche, wo mit dr Mischtgable u dr Schrotflinte hinger dr härseckle! – Gang, lüt jetz em Bopp a, er söu üs hie cho hole. Siner Schyssvelo chan er i Gofferruum tue.
Pablo
(geht zu Edy zurück) Seich! Jetz blibe mer hie! (Haut Edy auf die Schultern und setzt sich neben ihn)
Edy
He, schpinnsch?! Wosch mi no ganz invalid schlaa?
Pablo
Ke fautschi Müedigkeit vorschütze, Edy! Nimm der es Bischpiu a dene Burelüt da unge!
Edy
La mi i Rueh mit dine Schysspaysänggle!(steht auf und geht einige Schritte nach vorn) He, dört hinge touche scho wider es paar uf!
Pablo
Los mau, ir Beiz isch jetz gloub öpper.
Beide schauen zur Tür des Gasthofes hinauf, die leicht erhöht über einigen Treppenstufen liegt, sich öffnet und feuerrotes Licht herausfallen lässt. Eine 50- bis 60jährige, grosse und etwa 100 Kilo schwere Frau in ländlicher Kleidung erscheint als schwarze Silhouette im Türrahmen und bleibt dort stehen.
Pablo
(zu Edy) Ou, die Flueh! – (Zu der Frau) Top of the morning, Mylady!
Wirtin
(nach einer Pause, langsam) Grüessech, die Herre! – So, machet dr es Usfährtli?
Pablo
Jawohl! Mir trainiere für d’TOUR DE SUISSE! Das da isch dr Eddy Merckx u i bi si Trainer. Morn mache mer e Sibe-Pässe-Rundfahrt! Steiner sprach zu Hermann Hesse: Nenn mir sieben Alpenpässe. Hierauf fragte Hesse Steiner: Sag mal, Rudolf, reicht nicht einer?
Wirtin
Aha, dir meinet wi dr Koblet u dr Kübler –
Pablo
Jawoll, genau so!
Wirtin
Ja, aber de passet de uf, dass s’nech nid o so geit –
Pablo
Werum? Wi meinet dr das?
Wirtin
Eh, dr Koblet isch doch bim ne Outoumfau ums Läbe cho –
Pablo
Ah, de sit dir dänk oä Koblet-Fan gsi! Ja dr Koblet! C’était L’AMBASSADEUR DE CHARME chez les FEMMES!– Aber dr Kübler läbt ja hütt no vo sinere Nase – u dr Edy Merckx hie, ça c’est LE BEETHOVEN de la PÉDALE, Madame!
Wirtin
I däm Fau, wettet dir dänk ä Ovomautine –
Pablo
Aha!Wie seit dr Ferdy aube im TV-Schpot: En NASE muess me ha! (Zeigt mit dem Zeigefinger auf seine Nase) – Nei, eigetlech wette mer lieber zwöi Gaffee!
Wirtin
Gaffee crème?
Pablo
Jawoll! – Oder nei, lieber es Gaffee und es chlyses BIERLI! Da hett’s ja o MAUZ drin! (Lässt den Bizeps des rechten Arms spielen und zeigt mit der linken Hand darauf)
Wirtin
Auso es Gaffee und es Bier –
Pablo
That’s it, Mylady!
Edy
Du mit dim Schyss-Ängland-Tick. Gang doch übere, we’s dr hie nid passt!
Die Wirtin geht, ohne die Tür zu schliessen, wieder ins Haus. Die Tür bleibt während des ganzen Aktes offen.
Pablo
Läck, isch das e Frou, Edy! Die reinschti HELVETIA!
Edy
Üse Prinz isch wider mau i Form! Gang lüt jetz am Bopp a!
Die Verdunkelung der Bühne verschwindet, so als ob eine Wolke die Sonne wieder freigeben würde.
Pablo
Gopferdami, jetz la doch mau dä Schyss-Bopp. Dä ghört’s ja glich nid! – Was seisch zu däm Wyb?! Dasch doch phänomenal, du!
Edy
Ja, es schöns Monschter!
Pablo
Win e Walküre us ere Wagner-Opere!Il gigantesco colosso di Rhodos! La grande Mamma Roma!D’Frou TRUDE, Edy d’Frou TRUDE!
Edy
Was?
Pablo
D’MAGNA MATER! Die grossi Urmuetter! – Was meinsch, wiviu Männer die scho gha het?!
Edy
Werum? Wettsch öppe o no drüber?!
Pablo
Why not?!
Edy
De muesch de aber ufpasse.
Pablo
Why?
Edy
Dass de nid i ihrem SCHLUND verschwindisch!
Pablo
I welem?
Edy
Gang lüt jetz am Bopp a!
Das feuerrote Licht in der Tür verblasst langsam.
Pablo
(geht zu Edy, legt ihm eine Hand auf die Schulter und setzt sich neben ihn) La doch jetzt dä Bopp, jetz brchunnsch de grad es Gaffee! – Ja, die Frou würd’s auwä mit dr ganze männleche Mönschheit ufnäh, du – inklusive Kübler u Koblet! Die würd di auwä mit Huut u Haar uffrässe – u nid nume so a dr umeknabbere! (Schlägt auf den Tisch, so dass Edy erschrocken zusammenfährt)
Edy
(wütend) Heilandschtärne, lüt jetz am Bopp a!
Pablo
He, reg di doch nid uf, Edy-(Steht auf und legt Edy die Hand auf die Schulter. Edy schüttelt sie ab) Auso guet, i gah mau – (Breitet die Arme gegen den Gasthof aus) FRAU TRUDE – I’m coming!
Rennt auf die Treppenstufen zu und springt in einem Satz zur Tür hinauf. Oben winkt er Edy noch einmal scherzhaft zum Abschied zu, bevor er im Haus verschwindet. Ihm nachschauend, schüttelt Edy leicht den Kopf, faltet dann seinen Kittel zusammen, legt ihn vor sich auf den Tisch und legt den Kopf darauf. Schnelle Verdunkelung wie zuvor. Ein Jogger rennt vorn über die Bühne. Einen Moment lang hört man nur Vogelgezwitscher. Dann erscheint Pablo schnell wieder in der Tür. Die Verdunkelung verschwindet.
Pablo
(aufgeregt) He Edy! Ä Music-Box! Los mau, was i drückt ha! Barry Lyndon het’s leider nid, aber süsch irrs Züüg! If music be the food of love, play on, give me excess of it, that surfeiting, the appetite may sicken and so die! — (Im Innern des Hauses ertönt Musik) – Achtung! (Singt mit) Si-hilverbird, Silverbird, Silverbird, keep on flying, Si-hilverbird, Silverbird, Silverbird, my heart’s dying, Si-hilverbird, Silverbird, Silverbird, Oh, he’s waiting, He’ll wait for me till I come back home, Longtime he was alone...
Hinter Pablo ist mächtig und bedrohlich die Wirtin mit dem Kaffee und dem Bier erschienen und einen Moment lang stumm stehengeblieben. Dann –
Wirtin
Excusez, dr Herr!
Pablo
(dreht sich erschrocken um, fasst sich aber sofort wieder) Oh, excuse me, Mylady!(Springt mit einem Satz in den Garten hinunter und vollführt dort eine tiefe Verbeugung, als die Frau die Treppe hinuntersteigt)
Wirtin
(wälzt sich langsam zu Edy’s Tisch. Edy legt seinen zusammengelegten Kittel auf einen Stuhl, und die Wirtin stellt umständlich den Kaffee auf den Tisch und schenkt das Bier ein) Gsundheit mitenang! (Sie wälzt sich wieder zum Haus zurück)
Pablo
(verbeugt sich noch einmal, als die Wirtin an ihm vorbeikommt, dann rennt er zum Tisch und nimmt sein Bier) Proscht, Edy! (Trinkt gierig) Aaaaaah!
Wirtin
(bleibt, nachdem sie ins Haus getreten ist, etwas hinter dem Türrahmen stehen und schaut Edy und Pablo zu)
Pablo
Achtung! Jetz muesch de lose, Edy!... (Singt mit) Deep inside 1 feel the good vibration, I can smell the green green grass of home, I can’t wait no more, I’ve lost my patience, Oh heaven can’t you see, WHAT’S GOING ON WITH ME? – Si-hilverbird, Silverbird, Silverbird...
Die Wirtin verschwindet im Haus.
Edy
(trinkt Kaffee) Hesch jetz am Bopp aglüte?
Pablo
Nei – aber dä ghört ja glich nüt, wenn er mit dr Vanessa i obere Schtock ufe isch!
Edy
Ja chumm, dä Souhung hole mer jetz oben abe – vor Vanessa! Die Superfrou isch sowiso viu z’guet für dä Gigu!
Pablo
Auso guet, i probieres mau! (Trinkt sein Glas Bier in einem Zug aus. Singt) Auf in den Kampf, Tore-e-e-e-ro!(Stellt das leere Glas auf den Tisch, rennt zur Treppe und springt hinauf) Olé!(Verschwindet im Haus. Eine neue Platte erklingt: der »Nudel-Jodel« . Pablo erscheint wieder in der Tür) – Ghörsch, was i no gfunge ha?! (Singt mit) Yo-lo-lo, Yo-lo-lo-lolo, Yo-lo-lo-lo-lolo-lo, Yololololooo – Dr Nudel-Jodel, Edy!
Edy
Dä Seich, wo du drücksch!
Pablo
Shut up, du Kunschtbanous! (Verschwindet wieder im Haus)
Edy trinkt Kaffee, sucht sich im Kittel eine Zigarette, zündet sie an und raucht. Schnelle Verdunkelung wie zuvor. Von links taucht ein Zug von etwa zehn hintereinandergehenden, schwarzgekleideten, archaisch altmodisch-bäurischen Gestalten auf, der langsam vorn über die Bühne zieht und auf der rechten Seite wieder verschwindet. Die erste Hälfte des Zugs ist aus Männern mit grossen Hüten und Frauen mit Hüten und Schleiern zusammengesetzt, die zweite aus Kindern, die gleich wie die Erwachsenen gekleidet sind. Alle tragen irgendwelche archaischen bäurischen Geräte mit sich, ihre Bewegungen sind unnatürlich schleppend, hinkend, stolpernd. Edy beachtet den Zug nicht, er schaut über ihn hinweg in die Leere des dunklen Zuschauerraums, erst als die letzten Gestalten auf der rechten Seite am Verschwinden sind, sagt er –
Edy
Schyss-Schtündeler!
Von links taucht eine Gruppe von etwa zehn weissgekleideten Ballettänzerinnen auf, die sich auf den Zehenspitzen um die eigene Achse drehen und elfenartig dem schwarzen Zug nachtanzen. Der Jogger taucht wieder auf und rennt slalomartig zwischen den Tänzerinnen hindurch. Edy beachtet auch diesen Zug nicht. Die ganze Zeit ertönt noch der Nudel-Jodel. Zum Schlussteil des Nudel-Jodels zieht eine grellfarbene, kontrastreiche, höchst modisch, ja exzentrisch und verrückt gekleidete Frauen- und Männergruppe, darunter auch wieder der linkisch mittanzende Jogger, über die Bühne. Die Frauen und Männer haben riesengrosse Kuhglocken bei sich, Rätschen, Tambourine, Triangel et cetera, lachen, stossen schrille Schreie aus, schlagen Räder und Purzelbäume, jonglieren mit Keulen und so weiter. Einige haben Spielzeug-Pistolen und schiessen in die Luft. Ihr Verschwinden auf der rechten Seite trifft mit dem Schluss des Nudel-Jodels zusammen. Es wird wieder hell. Edy raucht ruhig weiter.
Pablo
(erscheint wieder in der Tür) – I ha der’s ja gseit, s’nimmt niemer ab. Die hei jetz gschiders z’tüe, aus ds Telefon abznäh!
Edy
Ja, mit dere Frou wüsst i o öppis gschiders z’tüe!
Pablo
Aha, chunnsch langsam wider zu Chreft, Edy?! – Näh mer no nes Bierli? (Ruft ins Haus hinein) Hello, Mylady! Lady Macbeth!No two Pale-Ales, please!(Eine neue Platte erklingt) Los, Edy: SAN BERNARDINO! Eine vo üsne sibe PÄSS vo morn! (Singt mit) Dadadidadadadidadadadidadadada... – Wart, i gah schnäu ine ga bschteue, üsi Madame het auwä nüt ghört!
Edy
Mir de kes Bier!
Pablo
Ja, isch guet! (Macht zwei Schritte ins Haus und ruft) Chönnte mer no einisch ds Glyche ha?! – Fantastic! Thank you very much!(Tritt wieder auf den Treppenabsatz hinaus) Ou, los jetz, Edy, jetz chunnt e ganz e irri Schtrofe! Listen! Now!-(Singt mit) I remember when I was sixteen, my daddy said to me: You can travel round this universe until eternity, but you’ll never find that peace of mind that you’ve been dreaming of, not until you finally decide to come on home to San Bernardino! – Oh, I’m longing for San Bernardino! Oh, I’m longing for San Bernardino! – Guet, he!– I’ve been all along the water and up to the Rio Grand, but I never found that PARADISE they call the promised land, I was young and foolishly I thought the world was at my feet, but I know different now, and so I’m homeward bound for San Bernardino!
Pablo ist während des Singens die Treppe hinunter- und zum Tisch getanzt und hat dort mit dem Kaffeelöffel auf Glas, Tasse und Flasche den Rhythmus dazu geschlagen. In der Mitte von Pablos Singen hat im Hintergrund, von Pablo und Edy unbeachtet, ein ununterbrochener Zug von schwarzen Gestalten vorbeizuziehen begonnen, vorn ist der Jogger vorübergerannt und in der Tür des Gasthofs kurz darauf die Wirtin mit den Getränken erschienen und stehengeblieben.