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Das grossartige Theaterstück zeigt über einen Zeitraum von 200 Jahren das Verdingkinderwesen der Schweiz und dessen historisches Umfeld in allen Facetten. Ein mitreissender, genial aufgebauter Reigen durch 200 Jahre Leiden aber auch Hoffnung, Glaube und Liebe. Das Theaterstück ist im Berner Dialekt geschrieben. Uraufgeführt am 4. Juli 2007 als elfte Aufführung des Freilichttheaters Moosegg auf der Moosegg bei Langnau im Emmental. Das Ensemble der Berner Theater Companie spielte unter der Regie von Peter Leu.
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E.Y.MEYER
Verdingt
Theaterstück
Erstmals erschienen 2006
© 2022 E.Y.MEYER
eymeyer.ch
Cover:
Bronzekopf des Autors
Geschaffen 1997 von PAN YI QUINAcademy of Arts & Design
Tsing Hua UniversityBei Jing, China
Kapitel
Personen
Schauplätze
Anmerkung
Erster Teil
Prolog
Szene 1
Szene 2
Szene 3
Szene 4
Szene 5
Szene 6
Szene 7
Szene 8
Szene 9
Szene 10
Szene 11
Szene 12
Zweiter Teil
Szene 1
Szene 2
Szene 3
Szene 4
Szene 5
Szene 6
Szene 7
Szene 8
Szene 9
Szene 10
Szene 11
Epilog
Für die, die zuviel leiden.
Personen
Elsbeth
Hausfrau, Verkäuferin, 28 Jahre alt
Anna
Tochter von Elsbeth, 6 später 8 Jahre alt
Margrit
Tochter von Elsbeth, 4 später 6 Jahre alt
Waldgeist
Engel der Geschichte
Bitzius/Gotthelf
Pfarrer, Schriftsteller, 1797-1854, 38 Jahre alt
Gestalten aus dem Roman »Der Bauernspiegel«
Mutter Gotthelf
Jeremias Miasli
Brüllender Mann
Verschüchteter Bub
Gemeindevorsteher
Weckenfrau
Vierkindvater
Witwe
Witwentochter 1
Witwentochter 2
Lumpenmann
Bauer mit Hund
Paul
Verdingbub. 11 später 13 Jahre alt
Fredy
Staubsaugervertreter, 24 Jahre alt
Lehrer
Volksschullehrer, 28 Jahre alt
Fritz
Schüler, 11 Jahre alt
Frau Rubli
Verdingmutter, 30 Jahre alt
Herr Rubli
Verdingvater, 35 Jahre alt
Walterli
Verdingbub, 3 Jahre alt
Alte Frau
Zigeunerin, 75 Jahre alt
Prediger
Mitglied Christlicher Brüderverein, 55 Jahre alt
Samuel
Verdingbub, 10 Jahre alt
Schwarzer Mann
Bauer, Mitglied Christlicher Brüderverein, 50 Jahre alt
Carl Albert Loosli
Journalist, Schriftsteller, 1877-1959, 70 Jahre alt
Gestalten aus dem Grimm-Märchen »Hänsel und Gretel«
Hans
Greti
Hexe
Grossrat 1
Kantonsparlamentarier, 52 Jahre alt
Grossrat 2
Kantonsparlamentarier, 48 Jahre alt
OK-Präsidentin
Gotthelf-Gedenkjahr-Leiterin, 45 Jahre alt
Christian Brunner
Bundesrat, 60 Jahre alt
Karl
Arbeiter
Diverses Volk
Bauersleute
Schüler
Soldaten
u.a.
Schauplätze
Hauptschauplatz sowie ständiger Hintergrund des ganzen Stücks ist der Wald.
Vor den Waldhintergrund schieben sich geschichtliche Zeitfenster: Lichtungen, die Einblicke bieten in das Verdingkinderwesen und dessen historisches Umfeld in der Schweiz über einen Zeitraum von 200 Jahren.
Die Schauplätze, die in den Zeitfenstern erscheinen, sind:
Der Auenwald entlang der Emme zwischen Lützelflüh und Burgdorf in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Ein Dorfplatz im Emmental in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Eine Wettertanne mit Riesenwurzelwerk über einem Nagelfluhvorsprung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Das Schulzimmer einer Gesamtschule im Emmental in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Die Küche eines Bauernhauses im Berner Oberland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Der Platz vor einem Vereinshaus des Christlichen Brüdervereins im Emmental in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Der Vorplatz eines Bauernhauses im Berner Oberland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Der Innenraum der Kirche in Lützelflüh zu Beginn des 21. Jahrhunderts
Anmerkung
Der Waldgeist oder Engel der Geschichte ist in seiner äusserlichen Erscheinungsform absichtlich nicht festgelegt. Er kann mit einer Frau oder einem Mann besetzt werden. Stehen genügend Spieler zur Verfügung, kann die Rolle auch vervielfacht werden oder chorisch zum Einsatz kommen, indem man den Text auf verschiedene, männliche und weibliche Geister-Erscheinungen oder Chor-Gruppen verteilt.
Das Aussehen der Geister kann mit einzelnen Attributen assoziativ an Waldtiere oder Waldpflanzen erinnern, an mythologische Figuren oder an Märchen-Gestalten.
Die Lieder, Musikstücke und Einschübe aus literarischen Werken widerspiegeln das Unsichtbare, das Geistige in der Zivilisation: die von den Menschen geschaffene Kultur in der Natur.
Einzelne Schauspieler können mehrere Rollen in anderen Kostümen und Maskierungen übernehmen (der Bitzius/Gotthelf-Darsteller zum Beispiel den Vater von Anna und Margrit). Die Rollen mit Oberländer Dialekt können auch in geläufigem Berndeutsch gesprochen werden.
Die Regie ist frei, die Szenen ineinander übergehen zu lassen, sie zu überblenden (z.B. mit stummen Auftritten einzelner Figuren in Szenen, in denen sie nicht vorgeschrieben sind) oder anders zu verbinden oder voneinander abzugrenzen.
Der Text darf gestrafft und anders auf die Rollen verteilt werden (z.B. in der Schulszene).
Erster Teil
Prolog
Wald. Frühling. Halbdunkel. Einleitende Musik.Eine Frau, die laut singt.Danach die Stimmen eines sechs und eines vier Jahre alten Mädchens und der Frau.
Elsbeth
Dür ds Oberland uf
dür ds Oberland ab
da han i zwöi Schätzli
wär chouft mir eis ab?
Anna
Muetti! Muetti!
Elsbeth
Was isch? Was hesch?
Anna
Gäu nid!
Elsbeth
Was? Was hesch?
Was nid?
Anna
Gäu nid!
Elsbeth
Was nid?
Anna
Gäu du verchoufsch üs nid!
Margrit
Nid verchoufe! Nid verchoufe, Muetti!
Elsbeth
Aber nei! Was dänket dir o!
Nei, nei! I verchoufen öich doch nid!
Dir syt doch myner Schätzeli!
Öich verchoufen i doch nid!
Chömet, myner Schätzeli!
Chömet!
Chömet zum Muetti!
Szene 1
Wald. Frühling. Es wird hell. Sonne scheint zwischen den Bäumen hindurch.Dreissiger Jahre des 20. Jahrhunderts.Eine Mutter spaziert mit ihren beiden kleinen Töchterchen durch den Wald.
Elsbeth
Gang nid zwyt vorus, Änneli!
Anna
Da hets ganz viu wyssi Blüemli!
Elsbeth
Gäu, die sy schön.
Anna
Wie heisse die?
Elsbeth
Mys Muetti het ne Hemliglunggi gseit.
Anna
Ds Grossmuetti, wo tot isch?
Elsbeth
Ja. Ds Grossmuetti vo Allschwil.
Wo Basudütsch gredt het.
Margrit
Grossmuetti. Tot.
Elsbeth
Ja. Ds Grossmuetti isch gschtorbe.
Anna
Werum heisse die so?
Elsbeth
Wiu si so usgseh wie Chinder,
wo numen es Hemli aahei.
Anna
Numen es Hemli?
Elsbeth
Ja. Numen es wysses Hemmeli.
Anna
Wiu si so arm sy?
Elsbeth
Ja. Wiu si so arm sy.
Z Bärn seit me nen aber o
Geisseblüemli oder Geisseglöggli.
Anna
Geisseglöggli?
Elsbeth
Ja. Wiu si so wyss sy wie Geisse
u wiu die wysse Blettli
so usgseh win es Glöggeli.
Anna
I wott em Vatti es paar bringe!
Elsbeth
Nei, Änneli. Lah se la sy.
Si sy drum giftig.
Chumm, ghei das wider furt.
Anna
Sy si giftig?
Elsbeth
Ja. Du söusch o keni näh, Gritli.
Si chöi eim d Hut verbrönne.
U ässe darf me sen o nid.
Anna
Ig wott em Vatti aber es Schtrüüsli bringe.
Elsbeth
Mir tüe de uf der Matte
e schöne Meie für e Vatti mache.
Anna
Darf ig es Täfeli ha?
Elsbeth
Ja, dir chöit es Täfeli ha.
Margrit
Ig o. Täfeli!
Elsbeth
Ja, Gritli. Du überchunsch on es Täfeli.
Lue, ds Muetti tuet ders uspacke.
Margrit
Täfeli!
Elsbeth
Ja, lueg hie. Tue dys Müüli uf.
Änneli, tue ds Papierli nid furtgheie!
Häbs wider uf!
Anna
Werum?
Elsbeth
Wiu me nüt uf e Bode schiesst.
Der Bode söu suber blybe.