Bergkristall - Folge 290 - Nora Stern - E-Book

Bergkristall - Folge 290 E-Book

Nora Stern

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Beschreibung

"Willst du, Anton Scherer, die hier anwesende Regina Magdalena Erlbacher zu deiner Frau nehmen, sie lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?"
Spannung liegt in der Luft, liebevoll schauen Reginas Augen auf ihren Bräutigam, alle Gäste in der kleinen Kirche von Wolkenstein freuen sich mit dem jungen Paar.
Da zerreißt Tonis Antwort die Stille: "Nein!"
"Toni!" Mit tränenerstickter Stimme schreit die wunderschöne Braut auf.
Aber der junge Mann ist schon verschwunden - fort aus der Kirche, fort aus dem Dorf, fort aus Reginas Leben. Ihre Beine versagen der schönen Braut den Dienst, ohnmächtig bricht sie vor dem Altar zusammen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Skandal am Traualtar

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag/Anne von Sarosdy

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5191-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Skandal am Traualtar

Warum rühren ihn die Tränen seiner Braut nicht?

Von Nora Stern

„Willst du, Anton Scherer, die hier anwesende Regina Magdalena Erlbacher zu deiner Frau nehmen, sie lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?“

Spannung liegt in der Luft, liebevoll schauen Reginas Augen auf ihren Bräutigam, alle Gäste in der kleinen Kirche von Wolkenstein freuen sich mit dem jungen Paar.

Da zerreißt Tonis Antwort die Stille: „Nein!“

„Toni!“ Mit tränenerstickter Stimme schreit die wunderschöne Braut auf.

Aber der junge Mann ist schon verschwunden – fort aus der Kirche, fort aus dem Dorf, fort aus Reginas Leben. Ihre Beine versagen der schönen Braut den Dienst, ohnmächtig bricht sie vor dem Altar zusammen …

„Wunderschön!“

Es fehlte nicht viel, und Severin Erlbachers Augen wären feucht geworden, als er seine Tochter betrachtete. Regina hatte die Brautkrone ihrer verstorbenen Mutter probeweise in ihr weizenblondes Haar gesteckt.

Mithilfe der Nachbarin, der Thonweber-Bäuerin, hatte sie das gute Stück vor einer Woche unter dem Glassturz, wo es seit der Hochzeit der Eltern verwahrt gewesen war, hervorgeholt und die feinen Golddrähte sowie die vergoldeten Blüten und Blätter sorgsam vom Staub befreit. Alles sollte bestens vorbereitet sein, wenn sie mit ihrem Toni vor den Altar trat. Drei Wochen noch, dann würde sie Toni Scherers Frau sein …

„Der Toni kann stolz sein auf dich“, sagte Severin lächelnd, als seine Tochter die Brautkrone wieder abnahm und sie sorgfältig an ihrem Platz verwahrte.

„Das ist er auch“, gab Regina glücklich zurück, dann setzte sie sich zum Vater an den Tisch und schenkte sich ebenfalls Kaffee ein. „Und ich bin stolz auf ihn“, ergänzte sie nun mit strahlenden Augen. „Wirst sehen, Vater, er wird bald ein genauso tüchtiger Bauer sein wie du.“

„Ich weiß!“ Severin schmunzelte und zwinkerte seiner Tochter zu. „Hätt euch net meinen Segen gegeben, wenn’s anders wär!“

„Ach du …“ Das Dirndl stieß den Vater vergnügt in die Rippen. „Du hast mir doch immer versprochen, dass ich mir meinen Bräutigam selber aussuchen darf.“

„Das war ganz schön leichtsinnig.“ Die Stimme des Bauern klang jetzt doch ernst. „Hättest dir ja auch einen anderen aussuchen können. Einen, der net so fleißig ist wie der Toni. Irgendeinen windigen Kerl vielleicht. Es gibt sicher genug Burschen, die mit beiden Händen zugreifen täten, wenn sie auf den Erlbacher-Hof einheiraten könnten.“

Regina nickte. Oh ja, es stimmte schon, was der Vater sagte: So mancher Bursch, nicht nur hier in dem malerischen, von den Bergen im Arm gehaltenen Dorf Wolkenstein, wäre nur allzu gern Bauer auf dem stolzen Hof geworden. Sie war als einzige Tochter eines der wohlhabendsten Bauern hier im Tal in der Tat heiß umschwärmt.

„Grüß dich, Bauer. Regina …“ Toni war in die Stube getreten und begrüßte seine Braut mit einem zärtlichen Kuss. „In einer halben Stund sollten wir beim Pfarrer sein“, setzte er hinzu, als sie sich wieder voneinander gelöst hatten.

„Ich hab’s net vergessen, dass wir heut unser Aufgebot bestellen wollen.“ Neckisch blinzelte Regina ihm zu.

Wenig später sah Severin das junge Paar Hand in Hand den Weg ins Dorf hinunter laufen, wo sie im Pfarrhof erwartet wurden.

Severin lächelte in sich hinein. Er gönnte seiner Tochter, die er mehr liebte, als er es sich selbst eingestehen wollte, von Herzen, dass sie ihr Glück gefunden hatte. Er selbst kannte Toni seit dessen Kindheit, wusste, wie hart er immer gearbeitet hatte und dass er immer wieder Fortbildungskurse besucht hatte, war es seiner Mutter doch nicht möglich gewesen, ihn auf eine Landwirtschaftliche Fachschule zu schicken.

Toni hatte jede Arbeit angenommen, bis er schließlich im Sägewerk Horst Gabers drüben in Untersbrunn angefangen hatte. Dort hatte er sich ebenfalls als so tüchtig erwiesen, dass Gaber ihn zum Vorarbeiter gemacht hatte. Severin kannte seinen Schwiegersohn in spe mittlerweile allerdings gut genug, um zu wissen, dass er der geborene Landwirt war, obwohl „kein Lehm unter seinen Füßen klebte.“ Toni liebte die fruchtbare Scholle seiner Heimat, mochte die Tiere und auch die Wälder.

Severin wusste auch, dass manche im Dorf sich wunderten, dass er Toni mit offenen Armen aufgenommen hatte, war der Bursch doch trotz allem recht arm. Der Erlbacher schmunzelte in sich hinein und dankte dem Schicksal, dass er nicht darauf angewiesen war, einen reichen Schwiegersohn zu bekommen.

***

Judith Sollfellner rieb sich die Hände. Die knapp dreißigjährige Witwe hatte soeben wieder einen guten Handel mit dem gewieften Holzhändler Thomas Blasner abgewickelt.

Judith strich sich über ihr dichtes, dunkles Haar, das sie im Nacken zu einem schweren Knoten geschlungen trug, ihre grauen Augen blitzen zufrieden. Sie war stolz auf sich selbst. Hatte sie in den eineinhalb Jahren, seit ihr Mann Dominik von einem Baumstamm oben am Lärchenkogel erschlagen worden war, nicht allen bewiesen, dass sie genauso tüchtig war wir er?

Sie war sicher, die meisten Wolkensteiner hatten ihr nicht zugetraut, den Hof, zu dem vor allem große Waldflächen gehörten, so weiterzuführen, wie es Dominik und vor ihm dessen Eltern und Großeltern getan hatten. Doch sie hatte es geschafft!

Nach Dominiks Tod hatte sie, die sich schon zu Lebzeiten ihres Mannes um die Buchhaltung der Holzwirtschaft gekümmert und dafür gesorgt hatte, dass im Haus alles wie am Schnürchen lief, alles andere ebenfalls in die Hand genommen. Hart war es anfangs freilich gewesen, doch Judith hatte die Zähne zusammengebissen und so manche Nacht über am Schreibtisch gesessen. Sie hatte den erfahrenen Förster der staatlichen Wälder, den Hofer-Georg, gebeten, ihr ein wenig unter die Arme zu greifen.

Von ihm hatte sie einiges gelernt, was sie hatte wissen müssen, und zudem waren da die Waldarbeiter, die schon unter Dominiks Leitung bei ihnen gearbeitet hatten. Doch vor allem war sie Toni Scherer zu Dank verpflichtet. Toni, der alles wusste und konnte, der geschickt war wie kaum ein anderer. Toni, der so selbstlos seine karge Freizeit geopfert hatte, um in ihren Wäldern nach dem Rechten zu sehen und auch einzugreifen, wo dies nötig gewesen war.

Sie wünschte sich, Dominik hätte ihn damals nicht gehen lassen, als er seinen Job als Vorarbeiter der Holzfäller aufgegeben hatte und ins Sägewerk gewechselt war.

Toni … Beim Gedanken an den stattlichen und tüchtigen Mann wechselte der Ausdruck in den klaren Augen der attraktiven Witwe. Das sonst eher stahlharte Grau wurde weich und verträumt. Judith malte sich wieder einmal aus, wie schön es sein müsste, ihn an ihrer Seite zu haben. Als Partner, als Geliebten, als Ehemann …

Niemand ahnte, wie sehr sie sich nach einem Menschen sehnte, der sie in die Arme nahm, sie küsste, sie liebte. Niemand ahnte, wie einsam sie sich trotz aller Arbeit fühlte, die täglich auf sie wartete.

Schon früher, als Toni noch für ihren Mann gearbeitet hatte, hatte Judiths Herz jedes Mal schneller geschlagen, wenn er in ihre Nähe gekommen war. Dann, nach Dominiks tragischem Unfalltod …

Nun, sie hatte ihren Mann ehrlich betrauert, doch sie glaubte immer noch fest daran, dass Toni nur auf ein Zeichen von ihr wartete. Jenes Zeichen, mit dem sie ihm zu verstehen gab, wie es um sie stand. Sicher, sie hatte ihm stets ihr wärmstes Lächeln geschenkt, hatte ihm für seine Hilfe gedankt, indem sie ihn überreichlich hatte entlohnen wollen, doch Toni hatte sich geweigert, mehr als den normalen Stundenlohn anzunehmen …

„Frau Sollfellner, der Herr Gaber ist da wegen der Holzlieferung.“ Greta Michelitsch, ihre Haushaltshilfe, hatte den Kopf zur Tür hereingesteckt.

Judith fuhr aus ihren Tagträumen auf.

„Er soll hereinkommen“, ordnete sie an, und gleich darauf saß ihr der Sägewerksbesitzer gegenüber, der einen großen Teil seines Holzbedarfs bei ihr deckte.

Dass Horst Gaber ihr während des geschäftlichen Gesprächs immer wieder begehrliche Blicke zuwarf, bemerkte sie allerdings nicht.

***

„Noch drei Wochen! Weißt du, Toni, ich kann’s gar nimmer erwarten!“ Regina sah ihren Liebsten voller Sehnsucht an.

„Geh, Schatzerl! Die drei Wochen, bis wir vor dem Traualtar stehen, sind schnell um! Und außerdem … Wir sind sowieso fast jeden Tag zusammen.“ Toni Scherer lächelte, drückte zärtlich die Hand seiner Braut und wollte sie küssen.

Regina jedoch zog einen Flunsch. „Du bist gar net lieb“, beschwerte sie sich, doch an ihrem Gesicht war unschwer abzulesen, dass sie es nicht ganz ernst meinte. Als Toni keine Antwort gab, sondern sie nur noch fester an sich zog, flüsterte sie dicht an seinem Ohr: „Jaja, ich weiß! Der Pfarrer hat’s gesagt: ‚Wohl dem Manne, der ein gutes Weib hat: Die Zahl seiner Tage verdoppelt sich‘.“ Damit erwiderte sie seinen innigen Kuss.

Die beiden hatten eine ganze Weile bei Pfarrer Pleiner in der Stube des Pfarrhauses gesessen. Der geistliche Herr führte mit seinen Heiratskandidaten gern sogenannte „Ehegespräche“. Er wies die Paare auf die Bedeutung der Ehe hin, auf die neuen Pflichten, die sowohl auf die Braut als auch auf den Bräutigam zukamen.

„Weißt du noch, was er zum Thema Ehebruch gesagt hat?“, neckte Toni nun seinerseits das Dirndl, das er liebte. „‚Wer Ehebruch treibt, ist Verstandes bar; nur der tut’s, der sich selber verderben will.‘ – Wir zwei, Regina, wir werden uns bestimmt niemals betrügen!“ Damit gab er ihr ein Küsschen auf die Nasenspitze.

Die beiden waren glücklich und voller Überzeugung, es gäbe wohl nichts, das je ihr Glück trüben könne. Eng aneinandergeschmiegt gingen sie den Weg zum Häuschen von Tonis Mutter.

Dora Scherer begrüßte die beiden voller Herzlichkeit. Sie hatte Regina längst ganz fest in ihr Herz geschlossen und freute sich natürlich auch darüber, dass ihr Sohn den Erlbachers nicht zu arm, zu unbedeutend war.

Die biedere Frau, die nach dem allzu frühen Tod ihres Mannes jahrelang stets für andere gearbeitet hatte, um sich und ihren Toni über Wasser zu halten, hatte freilich auch heute ein kleines Nachtmahl vorbereitet: Es gab flaumigen Kaiserschmarren und selbst eingemachtes Pflaumenkompott. Regina langte mit gutem Appetit zu, und auch Toni ließ sich’s schmecken.

Nach dem Essen saßen die drei Menschen noch eine ganze Weile zusammen in der kleinen, aber urgemütlichen Stube des Scherer-Häuschens. Dora erzählte einige alte Geschichten aus ihrer eigenen Brautzeit, und Regina sowie Toni hörten ihr gern zu.

Toni konnte sich an seinen Vater nicht mehr erinnern. Er war erst ein halbes Jahr alt gewesen, als der Berg ihn behalten hatte. Rupert Scherer war Berg- und Skiführer gewesen, war immer und immer wieder im Hochgebirge unterwegs gewesen. An jenem Tag Ende April, der ihm und seiner Familie zum Schicksal geworden war, war er allein losgegangen, um sich zu vergewissern, dass der Weg zum Gipfel des Hochturm schon eisfrei war: Knapp unterhalb seines Ziels musste er ausgeglitten sein. Erst drei Tage später hatte man den Toten gefunden.

An diese schrecklichen Tage mochte jedoch heute, angesichts des Glücks des jungen Paares, nicht einmal Dora selbst denken.

***

Tags darauf stand Toni Scherer wie gewohnt in der Sägehalle Horst Gabers. Es galt, Pfeiler und Bohlen für eine Holzbrücke zurechtzuschneiden, die Horsts Bruder Stefan mit seinen Leuten über den Hollbach bauen würde.

Toni war bestens gelaunt, die Arbeit ging ihm mühelos von der Hand. Fast tat es ihm leid, dass er in knapp einem Monat seine Arbeit hier aufgeben würde, um den Erlbacher-Hof zu übernehmen. Dennoch freute er sich auf die verantwortungsvolle Aufgabe, die vor ihm lag.

Zur selben Zeit war Judith Sollfellner unterwegs zum Einkaufen. Sie wäre zwar gern in die sechs Kilometer entfernte Kreisstadt Hernau gefahren, wo sie das Angebot viel besser fand als hier in Wolkenstein, aber sie erwartete noch vor der Mittagsstunde Thomas Blasner, den Holzhändler.

Die attraktive Witwe zog so manchen Blick auf sich, als sie in ihrer schönen Tracht hoch erhobenen Hauptes durch das Dorf ging. Neidvolle, aber auch anerkennende, ja, bewundernde Blicke waren es. Judith grüßte und wurde wiedergegrüßt, und da und dort unterhielt sie sich auch kurz mit dem einen oder anderen.

Als sie an der Kirche vorbeikam, wünschte ihr der Mesner, der Brandauer-Jackel, der gerade neue Aushänge im Glaskasten neben der Tür platzierte, einen „Guten Morgen!“

„Was machen Sie denn da? Es ist doch hoffentlich niemand gestorben?“ Interessiert sah sich Judith die Mitteilungen an, die er mit Heftzwecken im Kasten befestigte.

„Ah, nein! Zum Glück net! Aber am nächsten Sonntag ist das Hochamt um eine halbe Stunde früher als sonst. Und heiraten wollen sie halt, die Regina Erlbacher und …“

Da hatte Judith bereits den zweiten Namen entdeckt, der auf dem Aufgebot prangte.

„… der Scherer-Toni.“

Es fehlte nicht viel, und Judith Sollfellner hätte einen lauten Schreckensruf ausgestoßen, doch sie wusste sich zu beherrschen. So nickte sie nur und eilte weiter. Hinter ihrer glatten Stirn allerdings überschlugen sich die Gedanken. Der Toni gehörte doch ihr! Was sollte dieses Aufgebot? Nein! Nein! Nein!, hämmerte es in ihrem Kopf.