Bossy Nights & Secret Games - Nancy Salchow - E-Book
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Bossy Nights & Secret Games E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Sammelband mit den drei Liebesromanen "One Bossy Night, One Sweet Secret", "Unerreicht: Makelloser Schein" und "Vertraut: Anonyme Sehnsucht". Klappentext von "One Bossy Night, One Sweet Secret": Ja, er ist dein Boss. Ja, er ist heiß! Aber sich auf ihn einzulassen, nur weil ihr zufällig im selben Hotel gelandet seid? Ganz dumme Idee! Und spätestens ein paar Wochen später bestätigt dir das leider auch deine ausgebliebene Periode. Doch das ist tatsächlich noch nicht dein einziges Problem … Miriam Da habe ich einmal Urlaub und genieße die freien Tage im Ostseehotel meiner Eltern – und wem begegne ich dort? Ausgerechnet meinem Boss Vincent. Ja, er ist echt ein verboten heißer Typ. Trotzdem ist es keine gute Idee, sich auf ein paar Drinks mit ihm an der Hotelbar zu treffen. Nein, eine echt miese Idee! Eine Idee, die ganz üble Folgen haben kann … Vincent Dass das idyllische Hotel am Strand ausgerechnet Miriams Eltern gehört, wusste ich nicht. Und wenn sie erst erfährt, dass die nächste Filiale unserer Firma direkt auf dem Grundstück daneben gebaut wird, wird sie sicher nicht so begeistert sein. Immerhin wird es dem Hotel den direkten Meerblick nehmen und zweifellos auch Umsatzeinbrüche bedeuten. Aber das alles spielt heute Nacht keine Rolle. Heute hat nämlich definitiv das Schicksal seine Finger im Spiel. Immerhin habe ich schon lange ein Auge auf Miriam geworfen. Und dass wir uns ausgerechnet hier begegnen, kann einfach kein Zufall sein …

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Inhaltsverzeichnis

Buch 1: One Bossy Night, One Sweet Secret

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Buch 2: Unerreicht – Makelloser Schein

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Epilog

Buch 3: Vertraulich – Anonyme Sehnsucht

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Epilog

Impressum

Nancy Salchow

Bossy Nights and Secret Games

Gesamtausgabe

Buch 1: One Bossy Night, One Sweet Secret

Ja, er ist dein Boss. Ja, er ist heiß! Aber sich auf ihn einzulassen, nur weil ihr zufällig im selben Hotel gelandet seid? Ganz dumme Idee! Und spätestens ein paar Wochen später bestätigt dir das leider auch deine ausgebliebene Periode.

Doch das ist tatsächlich noch nicht dein einziges Problem …

Miriam

Da habe ich einmal Urlaub und genieße die freien Tage im Ostseehotel meiner Eltern – und wem begegne ich dort? Ausgerechnet meinem Boss Vincent.

Ja, er ist echt ein verboten heißer Typ. Trotzdem ist es keine gute Idee, sich auf ein paar Drinks mit ihm an der Hotelbar zu treffen. Nein, eine echt miese Idee! Eine Idee, die ganz üble Folgen haben kann …

Vincent

Dass das idyllische Hotel am Strand ausgerechnet Miriams Eltern gehört, wusste ich nicht. Und wenn sie erst erfährt, dass die nächste Filiale unserer Firma direkt auf dem Grundstück daneben gebaut wird, wird sie sicher nicht so begeistert sein. Immerhin wird es dem Hotel den direkten Meerblick nehmen und zweifellos auch Umsatzeinbrüche bedeuten.

Aber das alles spielt heute Nacht keine Rolle. Heute hat nämlich definitiv das Schicksal seine Finger im Spiel. Immerhin habe ich schon lange ein Auge auf Miriam geworfen. Und dass wir uns ausgerechnet hier begegnen, kann einfach kein Zufall sein …

Eine Enemies-to-Lovers-Romance mit einem heißen Boss, einem verbotenen One-Night-Stand und einer ungewollten Schwangerschaft. Oder steckt doch mehr dahinter als all diese Klischees? Zwei Menschen, die mehr sind, als sie nach außen hin scheinen? Finde es am besten selbst heraus.

Der Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und natürlich ein wohlverdientes Happy End.

Anmerkung:Fleesenow ist eine von der Autorin erfundene Kleinstadt an der Ostsee, die immer mal wieder in ihren Büchern vorkommt. Angesiedelt wäre Fleesenow, gäbe es den Ort wirklich, vermutlich irgendwo in der Nähe der Insel Poel oder Wismar, der Heimat der Autorin.

Prolog

Vincent

____________

Ich streife den Träger ihres hauchdünnen Sommerkleides herunter und küsse ihre nackte Schulter. Ein Kuss, der sofort ein Prickeln in mir auslöst, das mich plötzlich an mehr denken lässt. An sehr viel mehr.

In diesem Moment ist sie nicht mehr meine Angestellte. In diesem Moment ist sie einfach nur eine atemberaubende Frau, die ich mit jeder Faser meines Körpers spüren möchte.

Wie von einer höheren Macht getrieben lassen wir uns langsam in das flache Wasser nieder und küssen uns weiter. Mit durchnässten Klamotten und feuchtem Haar liegt sie wie die personifizierte Versuchung unter mir.

Alles geht so schnell und ist so unwirklich, dass ich das Gefühl habe, Teil eines merkwürdigen Traums zu sein. Doch so surreal das alles auch ist, Miriam scheint im wahrsten Sinne des Wortes auf meiner Wellenlinie zu schwimmen. Was ich will, will offenbar auch sie – und umgekehrt. Dass wir uns einig sind, kann ich einfach in jedem Atemzug, in jedem Kuss spüren. Ich sehe es in ihren Augen, fühle es in ihren Berührungen.

Die Luft über uns flirrt, während die salzige Meeresbrise unsere Sinne belebt. Wieder und wieder.

Nein, das hier muss doch ein Traum sein. Ein sehr realer zwar, aber ein Traum.

Kapitel 1

Morgens

Miriam

____________

Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, das Autofenster ein Stück runterzulassen, sobald ich das Ortseingangsschild von Fleesenow hinter mir gelassen habe. Die frische Ostseeluft ist hier einfach noch mal ein ganzes Stück anders als in der Umgebung. Zugegeben, dass ich in Fleesenow alles intensiver wahrnehme, liegt sicher an der Tatsache, dass ich hier aufgewachsen bin. Trotzdem kann ich auch heute nicht anders, als tief durchzuatmen, während ich unweigerlich langsamer werde, um jedes Detail meiner kleinen Heimatstadt an der Ostsee aufzusaugen.

Offenbar hat sich seit meinem letzten Besuch vor ein paar Wochen nicht viel verändert. Eigentlich keine Überraschung, trotzdem befürchte ich unbewusst jedes Mal, dass nichts mehr ist, wie es war.

Doch Fleesenow enttäuscht mich nie, auch heute nicht. Alle ist wie immer: Die wunderschönen rotweiß gestreiften Markisen an den Geschäften der Strandpromenade, die kleine Brötchenfahne vor der alten Bäckerei, die riesige Kastanie vor dem Schulgebäude – und zwischen den Häusern immer mal wieder ein blauer Streifen Meer, der in der Julisonne glitzert.

Endlich bin ich wieder zu Hause.

Ja, zu Hause.

Selbst nach zwei Jahren, die ich mittlerweile in Schwerin lebe, weil ich dort einen Job in einer großen Immobilienfirma ergattert habe, bin ich mir meiner Wurzeln noch genauso bewusst wie früher.

Als ich schon fast das Ortsausgangsschild erreicht habe, sehe ich bereits von weitem den kleinen Kieselsteinweg, links und rechts von einem weißen Holzzaun und schlanken Birken gesäumt, der direkt zum Hotel meiner Eltern führt.

Ein wohlig warmes Gefühl durchströmt mich, während ich mich insgeheim frage, warum ich nicht viel öfter hier bin. So weit ist Schwerin doch gar nicht entfernt. Und dass ich nur im Urlaub oder an den Wochenenden nach Fleesenow komme, war so eigentlich nie geplant. Wie jedes Mal, wenn ich hier bin, schwöre ich mir, dass sich das in Zukunft ändern wird. Und dieses Mal werde ich es dem Berufsalltag nicht erlauben, dieses Vorhaben zu durchkreuzen.

Da ist es, das puderzuckerweiße Hotel mit den marineblauen Fenstern und dem Dach im selben Farbton. Auch die Fahnen mit der weißen Möwe darauf sind in einem ähnlichen Blau gehalten.

Mist, der Parkplatz ist überfüllt. Ich habe zu kämpfen, einen Platz zu finden, der wenigstens halbwegs im Schatten liegt. Doch über diesen Umstand ärgere ich mich nur kurz, weil es gleichzeitig bedeutet, dass das Hotel ausgebucht ist. Nicht ungewöhnlich zu dieser Jahreszeit, aber jedes Mal eine besonders freudige Erkenntnis.

Weil ich keine Lust habe, meinen Wagen in der prallen Sonne stehen zu lassen, mache ich eine Wendung und fahre direkt am Hotel vorbei zum Lieferanteneingang. Mit etwas Glück bekomme ich dort noch einen Parkplatz. Und tatsächlich, neben Papas Van ist noch etwas frei. Streng genommen ist mein Auto hier hinten sowieso viel besser aufgehoben, immerhin bin ich sozusagen ein Insider – die Tochter der Hotelinhaber.

Gerade als ich aussteige und zum Kofferraum gehen will, ist es ausgerechnet die Stimme meines Vaters, die mir zuerst entgegentönt, auch wenn ich anfangs nicht genau weiß, woher sie kommt.

„Miri!“, jubelt er aufgeregt. „Du bist ja schon da. Ich dachte, du kommst erst heute Nachmittag.“

„Oh, ich kann auch gleich wieder heimfahren“, antworte ich lachend, als ich ihn endlich in der Kellereinfahrt entdecke, die er gerade hinaufkommt.

Während er sich mit großen Schritten nähert, stelle ich wieder einmal fest, wie gut er sich gehalten hat. Mit seinen 54 Jahren sieht er auf keinen Fall älter als Mitte vierzig aus.

Ja, der kleine Bauchansatz ist mittlerweile zu einem Wohlfühlbäuchlein geworden, aber ansonsten ist er immer noch genauso sportlich wie immer. Selbst das kurze, aschblonde Haar ist bisher nur an den Schläfen ein bisschen grau, kaum sichtbar.

„Ach Kleines“, er nimmt mich fest in die Arme, „lass dich mal drücken.“

„Papa!“, schimpfe ich lachend. „Ich bekomme ja gar keine Luft mehr.“

„Da musst du jetzt durch. Wenn du öfter hier wärst, wären die Umarmungen auch nicht so intensiv, Muckelchen.“

„Du sollst mich nicht immer so nennen.“

„Und du sollst aufhören, dich immer darüber aufzuregen, wo du doch ganz genau weißt, dass ich weder auf die Umarmung noch auf das Muckelchen verzichten kann.“

Wieder muss ich lachen, denn natürlich hat er recht. Ich weiß, dass er sich gewisse Dinge nicht nehmen lässt. Und eigentlich ist es ja auch genau das, was meinen Vater ausmacht. Ein weiteres Detail, das für mich „Zuhause“ bedeutet.

„Ich hab dich vermisst, Paps.“

„Ich dich auch, meine Süße. Umso schöner, dass du endlich zur Vernunft gekommen bist und deinen blöden Job hingeschmissen hast, um hier bei uns zu arbeiten.“

Auch das ist eine von seinen Macken: Mich mit unwahren Anspielungen dazu zu drängen, endlich im Familienhotel mitzuarbeiten.

„Hör schon auf, Papa.“ Ich schlage ihm mit dem Handrücken gegen den Bauch. „Im Hotel zu arbeiten, ist nun mal nicht mein Ding. Außerdem ist es auch wichtig, auf eigenen Beinen zu stehen. Ich bin jetzt 27. Da muss ich einfach auch an meine eigene Zukunft denken.“

„Ach, und hier im Hotel hättest du keine Zukunft?“

„Mensch, Paps“, ich rolle mit den Augen, „ich bin glücklich mit meinem Job. Wann wirst du das endlich akzeptieren?“

„Und wer wird das alles hier mal übernehmen?“ Er verschränkt die Arme vor der Brust. „Etwa irgendein Fremder?“

„Darüber machen wir uns Gedanken, wenn es so weit ist, okay?“ Ich zwinkere ihm verschwörerisch zu. „Aber noch seid ihr ja wohl meilenweit von der Rente entfernt.“

„Mensch, Arthur“, höre ich plötzlich meine Mutter schimpfen, „redest du Miri schon wieder ein schlechtes Gewissen ein? Nun lass sie doch erst mal ankommen! Sonst haut sie wieder ab, noch bevor ich sie begrüßen konnte.“

„Mama!“, rufe ich fröhlich, als ich sie aus dem Küchenfenster lehnen sehe. „Bist du schon wieder schwer beschäftigt mit den Mittagsvorbereitungen?“

„Klar.“ Sie winkt mir gutgelaunt zu. „Wie immer.“

Das ist Mamas Ding: Sie leitet das Hotel nicht nur zusammen mit meinem Vater, sondern ist gleichzeitig die Chefköchin, die sich um die Verpflegung der Gäste kümmert. Zwar hat sie mittlerweile einige Helfer in der Küche, doch die Zügel hat noch immer sie in der Hand.

„Ich komme gleich zu dir rein“, rufe ich ihr zu.

„Kann es kaum erwarten, mein Schatz. Du warst viel zu lange nicht mehr hier.“

„Ja, ich weiß. Aber jetzt bin ich ja da. Ich gehöre ganz euch.“ Ich betrachte sie mit seligem Grinsen. „Gut siehst du aus. Neue Frisur, oder?“

„Ja, stimmt.“ Sie streicht sich über den kinnlangen Bob, der in frisch gefärbtem Platinblond umso besser aussieht. „Danke, meine Süße. Dein Vater würde es nicht mal merken, wenn ich plötzlich feuerrotes Haar hätte. Ich glaube, er schaut mich gar nicht mehr richtig an.“

„So ein Schwachsinn“, brummt Papa hinter mir. „Ich habe es sofort gemerkt. Nur weil ich es nicht kommentiere, heißt es nicht, dass ich es nicht gesehen habe.“

„Na, das ist ja noch schlimmer“, antwortet Mama entsetzt. „Es bemerken und trotzdem nichts sagen.“

„Ach, ihr zwei.“ Ich muss noch immer grinsen. „Ich habe euch echt vermisst.“

Ich drehe mich zu meinem Kofferraum um, um mein Gepäck zu holen, aber da sehe ich bereits meinen Vater mit meiner Reisetasche in der Hand.

„Das musst du doch nicht machen, Papa.“

„Und ob ich das muss“, winkt er ab. „Und jetzt hopp hopp, rein zu deiner Mutter. Wenn du glaubst, meine Umarmung war lang, dann warte mal auf ihre.“

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen, denn schon jetzt weiß ich, dass ich in Mamas Küche irgendeine Leckerei abstauben kann. Reste vom Frühstücksbüffet oder einen leckeren Auflauf von gestern Abend. Und ebenso ist mir leider auch jetzt schon klar, dass ich in zwei Wochen, wenn mein Urlaub hier vorbei ist, mindestens drei Kilo mehr wiegen werde.

Aber auch das gehört zu einem waschechten Fleesenow-Aufenthalt dazu, zumindest wenn man im Hotel meiner Eltern wohnt.

Kapitel 2

Etwas später am Vormittag

Vincent

____________

Das ist es also, das niedliche Hotel mitten im Paradies. Praktisch, dass gerade direkt im Schatten einer Kastanie ein Parkplatz freigeworden ist.

Zufrieden schalte ich den Motor aus und lasse meinen Blick durch die Frontscheibe schweifen.

Hübsch ist es ja, das Gebäude, das muss ich zugeben. Fast bekomme ich ein schlechtes Gewissen, diese perfekte Idylle bald für mein eigenes Vorhaben stören zu müssen. Aber manche Dinge lassen sich nun einmal nicht vermeiden.

Schließlich steige ich endlich aus. Immerhin bin ich nicht nur hier, um die Umgebung für meine Pläne zu checken, sondern auch, um eine kleine Auszeit am Meer zu genießen.

Während ich mein Gepäck aus dem Kofferraum hole und die Klappe wieder zuwerfe, weht mir eine intensive, nach Seetang duftende Meeresbrise um die Nase. Unweigerlich bleibe ich stehen und schließe für einen Moment die Augen.

Büroalltag und Umsatzzahlen scheinen plötzlich meilenweit entfernt. Alles, was zählt, ist das Hier und Jetzt.

Als ich die Augen wieder öffne, fühle ich umso mehr, dass es richtig war, das angrenzende Grundstück zu kaufen, nur ein paar Meter von diesem niedlichen kleinen Hotel entfernt.

Noch weiß im Unternehmen niemand davon, vor allem, weil ich es von meinem Privatvermögen gekauft habe. Und tatsächlich fühlt es sich irgendwie gut an, dieses Geheimnis noch eine Weile in mir zu tragen. Doch als ich das Grundstück vor ein paar Wochen eher zufällig auf einer Webseite entdeckte und das noch zu einem recht günstigen Preis, musste ich einfach zuschlagen. Es ist einfach der perfekte Standort für unsere neue Filiale und wird zweifellos ein zusätzlicher Kundenmagnet für die Zukunft sein. Geschäfte lassen sich einfach noch leichter abschließen, wenn man dies in einer Filiale direkt am Meer tut. Auch bei der Aufstockung unseres Personals wird es definitiv von Vorteil sein, wenn wir mit einem so wunderschönen Standort dienen können. Wer hätte sein Büro nicht gern im Paradies?

Ja, diese Entscheidung war definitiv die richtige. Das wird mir mit jedem Schritt, den ich auf die zweiflügelige Holztür zugehe, klarer.

Im Augenwinkel nehme ich die weiße Holzbank vor dem Haus wahr, ebenso wie die mit Stiefmütterchen bepflanzten Blumenkübel links und rechts von der Tür.

So viel Liebe zum Detail überall. Fast schon rührend.

Als ich das Haus betrete, fällt mein Blick zuerst auf den breiten Tresen aus Akazienholz. Ein hübsches, offenbar antikes Stück, das gut zu den anderen Möbeln des Foyers passt.

Doch diesen Eindruck fange ich nur flüchtig auf, weil ich in einem Türrahmen hinter dem Tresen eine Frau sehe, die große Ähnlichkeit mit Miriam, einer der Verwaltungsmitarbeiterinnen aus dem Büro hat. Langes nussbraunes Haar, sinnliche Lippen und ein bezauberndes Lächeln. Ja, genau dasselbe hübsche Lächeln, das sie gerade ins Innere des Raumes richtet, in dessen Tür sie steht. Wen sie wohl anlächelt?

Doch ehe ich mir Gedanken darüber machen kann, ist sie auch schon wieder verschwunden.

Nein nein, das war auf keinen Fall Miriam. Wenn sie es wäre, würde das ja bedeuten, dass sie gerade Urlaub hat. Und das wüsste ich doch, oder?

Obwohl: Um die Urlaubsplanung kümmert sich die Verwaltungsleiterin Theresa. So genau weiß ich gar nicht, wer wann frei hat.

Aber wie groß ist bitte die Wahrscheinlichkeit, dass Miriam ausgerechnet im selben Hotel Urlaub macht wie ich? Dieses Fleesenow ist eine kleine Stadt, die ich selbst vorher nicht kannte. Und auch wenn sie nicht allzu weit von Schwerin entfernt ist, landet man nicht ohne weiteres einfach so hier.

„Schönen guten Tag“, begrüßt mich plötzlich eine ältere Dame in mintgrüner Bluse. „Kann ich Ihnen helfen?“

„Ja gern.“ Ich lächele. „Ich habe auf den Namen Jahnus gebucht.“

Sie klimpert routiniert auf der Tastatur herum und schaut dabei mit aufmerksamem Blick auf den Bildschirm ihres PCs.

„Da haben wir Sie ja schon.“ Sie bückt sich und zieht einen Schlüssel von einem Brett, das – so reime ich es mir zusammen – unter dem Tresen befestigt ist. „Bitte sehr, Herr Jahnus. Ihr Zimmer ist gleich im ersten Stock, Nummer 37. Sie können es nicht verfehlen. Frühstücksbüffet ist zwischen 6 und 11 Uhr. Mittagstisch zwischen 12 und 14 Uhr, Abendessen zwischen 18 und 21 Uhr. Unser Restaurant finden Sie gleich da vorn.“ Sie deutet mit der Hand zu einer offenen Schiebetür rechts neben der Wendeltreppe. „Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in der Sonnenmöwe.“

Sonnenmöwe. Da ist er wieder, dieser seltsame Hotelname. Seltsam und doch irgendwie charmant. Genauso charmant wie die Tatsache, dass es hier keine Zimmerkarten, sondern noch altmodische Schlüssel gibt.

„Vielen Dank“, antworte ich und verspüre schon wieder diese angenehme Vorfreude auf meine kleine Auszeit am Meer. Eine Vorfreude, die mich für einen Moment vergessen lässt, warum ich hauptsächlich hier bin.

Ich hebe meinen Koffer an, um zur Treppe zu gehen, als ich plötzlich eine vertraute Stimme hinter mir höre.

„Vincent?“

Kapitel 3

Miriam

____________

Als er sich umdreht, wird aus meiner Ahnung Gewissheit.

Mein Boss Vincent. Er ist tatsächlich hier. Hier im Hotel meiner Eltern, wo ich eigentlich dem Büroalltag entfliehen wollte.

Doch seltsamerweise sehe ich in diesem Moment nicht meinen Boss vor mir, der mich an die Arbeit erinnert, sondern einen unverschämt gutaussehenden Mann, der das sonst so akkurat geschlossene Hemd gegen ein enganliegendes Shirt und bequeme Shorts getauscht hat. Klamotten, in denen sein sportlicher Körper besonders gut zur Geltung kommt.

Und dann diese aquamarinblauen Augen zu seinem dunklen, beinahe schwarzen Haar, das er leicht zurückgegelt hat.

„Miriam?“, entgegnet er sichtlich überrascht. „Was machst du denn hier?“

„Ähm, schätze, dasselbe wie du.“ Ich falte die Hände leicht nervös ineinander. „Ein paar Tage Urlaub. Aber woher kennst du das Hotel?“

„Äh …“, er kratzt sich am Hinterkopf, „das könnte ich dich auch fragen, oder?“

Er lächelt dabei. Ein Lächeln, das mich kurzzeitig vergessen lässt, was ich antworten wollte.

„Das Hotel gehört meinen Eltern“, sage ich schließlich. „Ich bin so oft hier, wie es geht. Ich bin hier aufgewachsen, weißt du?“ Meine Wangen werden warm. „Hier in Fleesenow, meine ich.“

„Verstehe“, murmelt er.

Ich kann sehen, dass ihn etwas beschäftigt. Zumindest wirkt er ziemlich nachdenklich.

Liegt es daran, dass wir uns hier begegnet sind? Stört es ihn vielleicht sogar, weil er Abstand von allem gesucht hat und nun allein durch meine Anwesenheit an den Job erinnert wird?

*

Vincent

Ihren Eltern gehört das Hotel? Ausgerechnet Miriams Eltern? Das ist doch verrückt. Eine himmelschreiende Ironie des Schicksals!

Locker bleiben, Vince! Freu dich lieber darüber, dass dir an diesem schönen Ort ein vertrautes und noch dazu so wunderhübsches Gesicht begegnet.

„Welches Zimmer hast du denn?“, fragt sie mich plötzlich wie aus heiterem Himmel.

Welches Zimmer ich habe? Wieso zum Teufel will sie das denn wissen? Hat sie etwa vor, mich zu besuchen?

„Ähm, 37“, antworte ich leicht irritiert.

„Wow, da hast du echt eines der besten ergattert“, antwortet sie. „Die Aussicht ist phänomenal. Also in den anderen Zimmern auch, aber das ist eines der besten. Der schönste Meerblick. Glaube mir. Du wirst die Zeit hier genießen.“

„Du kennst die Aussicht aus jedem der Zimmer?“ Ich grinse verwirrt.

„Irgendwie schon.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Hier hat sich, zumindest was das angeht, in den letzten Jahren nicht viel verändert.“

Dass sie ausgerechnet jetzt den Meerblick erwähnen muss, wo sich doch demnächst alles ändern wird.

Aber diesen Gedanken schiebe ich gekonnt zur Seite. Ich bin hier, um auch mal an nichts zu denken. An gar nichts!

Für einen Moment schauen wir einander leicht verunsichert an. Fast glaube ich schon, dass sie von meinen Plänen für das Nachbargrundstück weiß. Doch schon im nächsten Augenblick wird mir klar, dass das unmöglich ist.

„Ähm, ich gehe dann mal eben rauf in mein Zimmer“, sagt sie schließlich nach einer Weile. „Noch ein bisschen auspacken. Vielleicht sehen wir uns ja noch.“

„Ja.“ Ich kratze mich an der Schläfe. „Vielleicht.“

Da ist es wieder, dieses strahlende Lächeln. Kann es sein, dass es hier, abseits von Bürostress, noch entzückender aussieht?

„Also dann.“ Sie hebt die Hand und verschwindet zur Treppe.

Welche Zimmernummer sie wohl hat?

Hör auf, daran zu denken! Sie bleibt trotz allem deine Angestellte. Auch hier im Urlaub.

Doch während ich nach meinem Gepäck greife, frage ich mich, ob das wirklich stimmt. Gelten hier im Ostseeparadies nicht automatisch andere Gesetze? Oder ist es nur das, was ich mir wünsche?

Kapitel 4

Später zur Mittagszeit

Miriam

____________

„Miri!“ Yvonne fällt mir überglücklich in die Arme. „Nicht zu fassen, du bist wirklich da.“

„Was heißt hier, nicht zu fassen?“ Lachend löse ich mich aus der Umarmung. „Dachtest du etwa, ich verabrede mich mit dir und komme dann nicht?“

„Du weißt, was ich meine.“ Sie setzt sich wieder. „Ich habe das Gefühl, wir haben uns ewig nicht gesehen.“

„Das ist aber nicht nur meine Schuld, Süße.“ Ich setze mich ihr gegenüber. „Die letzten Male, als ich in Fleesenow war, warst du ständig bis spätabends im Büro.“

„Ich weiß.“ Sie seufzt. „Umso schöner, dass ich den Job endlich hingeschmissen habe.“

„Und der neue Job gefällt dir besser?“

„Ich habe endlich Zeit, mich mit meiner besten Freundin zu treffen.“ Sie zwinkert mir zu. „Also: Ja, er gefällt mir besser. Aber auch davon abgesehen sind die Kollegen viel entspannter drauf. Und die Chefin sowieso. Sogar der Verdienst ist besser. Also: Beste Entscheidung meines Lebens.“

„Ach, das freut mich echt.“

Wir sitzen auf der Strandterrasse des Hotels, an einem der Tische, die direkt neben der Holztreppe stehen, die runter zum Wasser führt.

Ein blauweißgestreifter Schirm schützt uns vor der grellen Mittagssonne, während wir auf unser Essen warten.

„Ich habe schon für dich mitbestellt“, sage ich. „Ich hoffe, das war okay?“

„Lasagne?“

„Was sonst?“

Lachend legt sie die Hand über den Tisch hinweg auf meine. „Ach, Miri, ich habe dich echt vermisst. Wir dürfen nie wieder so viel Zeit vergehen lassen, bis wir uns wiedersehen.“

„Du hast recht. Das ist echt nicht in Ordnung. Früher haben wir alles zusammen gemacht, waren keinen einzigen Tag getrennt – und jetzt? Vergehen manchmal zwei Monate, bis wir uns treffen. Das geht einfach nicht.“

„Da stimme ich dir zu.“ Yvonne nippt an ihrem Wasserglas. „Ich muss auch wieder öfter zu dir nach Schwerin kommen. So weit ist das nun auch wieder nicht entfernt.“

„Wer auch immer zu wem fährt, wir dürfen das echt nicht mehr so vernachlässigen.“

„Abgemacht, Schwester.“ Sie hält mir den kleinen Finger zum Schwur hin, den ich wie selbstverständlich mit meinem Finger verhake.

Wieder müssen wir wie zwei alberne Teenies lachen. Ein Reflex, der sich jedes Mal einstellt, wenn ich Yvonne treffe.

Wir sind genau derselbe Jahrgang und bereits seit dem Kindergarten befreundet. Sogar optisch sind wir wie aus einem Ei: Langes dunkles Haar und so knapp an der ein Meter siebzig kratzend.

Und überhaupt war Yvonne immer eher wie eine Schwester als wie eine Freundin. Auch wenn wir uns viel zu selten sehen, haben wir via WhatsApp und Co. ununterbrochen Kontakt. Niemand kennt mich so gut wie sie.

„Und?“, frage ich sie. „Hat sich Steffen noch mal gemeldet?“

„Steffen?“ Yvonne runzelt die Stirn. „Nein, noch nicht. Und ich würde ihm auch dringend raten, das bleiben zu lassen. Bei unserem letzten Treffen habe ich ihm echt ziemlich deutlich die Meinung gesagt.“

„Dann habt ihr also wirklich Schluss gemacht?“ Ich verziehe mitfühlend die Lippen.

„Kein Grund für den Mitleidsblick, Schätzchen. Ich bin froh, dass ich den los bin. Der hat mich echt so was von verarscht. Ständig hat er mit anderen Frauen rumgemacht und hinterher mir eingeredet, dass ich zu empfindlich bin.“ Sie winkt ab. „Auf so einen Idioten kann ich ziemlich gut verzichten. Dann lieber Single.“

„Da hast du natürlich recht.“ Ich denke kurz nach. „Wo wir gerade bei Männern sind: Du wirst nicht glauben, wer heute hier eingecheckt hat, praktisch mit mir zusammen.“

Yvonne schaut mich mit großen Augen an.

„Mein Boss“, platzt es mir heraus.

„Dein Boss?“ Sie öffnet ihre Lippen. „Dieser Victor?“

„Nein, Vincent ist sein Name.“ Unweigerlich muss ich grinsen. „Ist das zu fassen?“

„Dann ist er dir hierher gefolgt?“, fragt sie verwirrt.

„Nein, natürlich nicht“, winke ich ab.

In genau diesem Moment bringt die Kellnerin unser Essen. Nacheinander stellt sie erst Yvonnes Teller, dann meinen auf den Tisch.

„Danke Ina“, sage ich mit freundlichem Lächeln.

„Dann soll das ein Zufall sein, dass er im selben Hotel ist wie du?“ Yvonne beugt sich über den Tisch und nimmt einen verschwörerischen Unterton an. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht?“

„Natürlich ist es ein Zufall“, flüstere ich, als wären wir Geheimspione. „Warum sollte er mir hierher folgen?“

„Keine Ahnung. Weil er auf dich steht?“

„Blödsinn. Das bringst du durcheinander. Ich habe dir nur erzählt, dass ich ihn ziemlich heiß finde. Aber er hat bisher kaum Notiz von mir genommen. Für ihn bin ich einfach nur eine ganz normale Angestellte, die dafür da ist, seine Anweisungen entgegenzunehmen.“

„Vielleicht ist das ja nur das, was du denkst.“ Sie zwinkert mir zu. „Möglicherweise findet er dich ja doch ganz nett. Warum sonst sollte er dir hierher folgen?“

„Er ist mir nicht gefolgt.“

„Und warum flüstern wir dann?“, fragt Yvonne.

„Was weiß ich? Du hast doch damit angefangen.“

Yvonne nimmt sich Messer und Gabel aus dem Besteckkorb und widmet sich ihrem Essen. Auch ich greife nach meinem Besteck.

„Und?“, hakt sie nach einer Weile nach. „Wie alt ist er?“

„Vincent?“

„Wer sonst?“

„29“, antworte ich. „Ach, stimmt ja gar nicht. Er ist letzten Monat 30 geworden. Es gab ja einen Brunch in der Firma.“

„30? Das perfekte Alter, oder?“

„Das perfekte Alter wofür?“

„Boah, Miri“, sie rollt mit den Augen, „nun tu doch nicht so naiv. Ich meine: Du stehst auf ihn und er … na ja … er steht vielleicht jetzt noch nicht auf dich, aber bestimmt ziemlich bald. Es sei denn, er ist wirklich wegen DIR hier, dann ist sowieso alles klar.“

„Wie oft noch?“ Ich lache. „Es ist ein absoluter Zufall, dass wir uns hier begegnet sind.“

„Zufall oder nicht.“ Sie schiebt sich einen Happen Lasagne in den Mund. „Du musst jetzt auf jeden Fall aktiv werden und dir diesen Umstand zunutze machen.“

„Was soll das nun wieder heißen?“ Ich schlucke.

„Na, dass du ihn dir schnappen sollst natürlich.“ Yvonne lacht. „Ist doch klar.“

„Oh, ja natürlich“, antworte ich in ironischem Tonfall. „Sonnenklar, dass ich meinen Boss anbaggere. Wäre ja auch so gar nicht merkwürdig, wenn wir uns danach im Büro wiedersehen.“

„Ach, Schätzchen“, Yvonne macht einen Zischlaut mit der Zunge, „du sollst dich ihm ja nicht aufdrängen. Aber vielleicht kannst du irgendein zufälliges Treffen arrangieren.“

„Ein zufälliges Treffen? Erstens wüsste ich gar nicht wie und zweitens wüsste ich dann noch immer nicht, was ich mit ihm … na ja … bereden sollte. Ist schließlich das erste Mal, dass ich in so einer Situation stecke.“

„Du kennst die Hotelbesitzer, oder?“ Yvonne zwinkert mir zu. „Da kannst du sicher irgendwas arrangieren. Zum Beispiel, dass du etwas, das er beim Zimmerservice bestellst, selbst bei ihm vorbeibringst.“

Ich spucke beinahe mein Essen aus, als ich plötzlich lospruste.

„Was denn?“ Yvonne zieht irritiert die Augenbrauen hoch. „War doch nur ein Vorschlag. Du kannst dir natürlich auch was anderes überlegen.“

„Du bist echt der Knaller, Yvonne! Das muss man dir lassen. Ich glaube, du hast ein bisschen zu oft Sex and the City geschaut.“

„Blödsinn.“ Sie winkt ab. „Ich weiß nur, wie sehr du auf ihn stehst. Da wollte ich eben, dass du dir über diese besondere Chance im Klaren bist.“

Für einen Moment versuche ich mich daran zu erinnern, wann genau und wie oft ich ihr von Vincent vorgeschwärmt habe. Eigentlich dachte ich, ihn nur mal am Rande erwähnt zu haben. Aber offenbar war meine Begeisterung für ihn doch deutlicher, als mir bewusst war. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur daran, dass Yvonne mich eben zu gut kennt und mühelos durchschauen kann.

„Ich wollte dir einfach nur erzählen, dass er hier ist. Hier im Hotel meiner Eltern. Eben weil ich es ein echt krasser Zufall ist.“ Ich greife nach meinem Wasserglas. „Aber das war auch schon der einzige Grund, warum ich es dir erzählt habe. Also: Keine große Sache.“

„Schon klar.“ Yvonne zwinkert mir zu. „Keine große Sache.“

Wieder grinst sie auf diese ganz spezielle Weise, wie sie es immer tut, wenn ich versuche, ihr etwas vorzumachen.

Ja, sie kennt mich wirklich viel zu gut. Aber das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass ich ganz sicher nicht meinen Boss angraben werde.

Immerhin wird auch dieser Urlaub irgendwann vorbei sein. Und dann will ich nicht mit Magenschmerzen ins Büro gehen müssen, nur weil ich mich unpassend verhalten habe.

Kapitel 5

Am Abend desselben Tages

Vincent

____________

Die Musik in dieser Strandbar ist wirklich erschreckend schlecht. Perfektes Ambiente, tolle Einrichtung, ein Wahnsinnsausblick von der Bar-Terrasse aufs Meer – und dann so eine scheußliche Musik, die einfach alles ruiniert.

Ist das Ballermann-Party-Mucke? Oder nur grottenschlechte Schlager? Wer hat diese Musik zusammengestellt? Und warum bin ich hier offenbar der Einzige, den das stört? Alle anderen Gäste bewegen sich sogar im Rhythmus, entweder direkt auf der Tanzfläche im Inneren der Bar oder hier auf der Terrasse.

Mit meinem Cocktailglas in der Hand stehe ich an einem der Bartische und schaue über die Bambusumrandung rüber zum Meer.

Eigentlich tut es mir gar nicht gut, allein Alkohol zu trinken, weil ich dann grundsätzlich wahnsinnig deprimiert werde. Das war schon immer so. Keine Ahnung, warum ich es trotzdem für eine gute Idee hielt, hierher zu kommen. Eigentlich wollte ich nur ein wenig die Gegend erkunden und bin dann, wenige Meter vom Hotel entfernt, irgendwie hier gelandet.

Immer wieder lasse ich meinen Blick durch die Runde wandern, auf der Suche nach einem netten Flirt. Aber dann wird mir wieder klar, dass mir so etwas eigentlich viel zu anstrengend ist. Mein letzter One-Night-Stand ist bestimmt schon ein halbes Jahr her, weil mir langsam klargeworden ist, dass unpersönlicher Sex doch nichts für mich ist. Eine ernsthafte Beziehung kommt allerdings erst recht nicht in Frage, weil sich bisher jede Frau, die dafür in Frage gekommen wäre, mit der Zeit als absolut unpassend herausgestellt hat. Entweder waren sie nur auf mein Geld aus oder mutierten nach den ersten romantischen Wochen zu Oberzicken oder Langweilerinnen.

Oder bin in Wahrheit ich das Problem, weil ich einfach nicht in der Lage bin, mich ernsthaft zu verlieben? Weil ich zu verschobene Vorstellung von meiner Traumfrau habe und im Grunde nicht einmal selbst weiß, was ich will?

Kann sein.

Die meisten dieser trüben Gedanken kann ich sicherlich dem Alkohol zuschreiben, von dem ich heute Abend ein bisschen zu viel intus habe. Aber selbst im nüchternen Zustand weicht meine Meinung nicht allzu sehr davon ab.

Wieder nippe ich an meinem Glas, als mir plötzlich ein vertrautes Gesicht auffällt, das sich aus Richtung Strand meinem Tisch nähert.

*

Miriam

Das kann einfach nicht wahr sein. Da redet Yvonne die ganze Zeit davon, dass ich dem Zufall auf die Sprünge helfen soll und dann laufe ich Vincent einfach so in die Arme. Fast so, als wäre es vom Schicksal höchstpersönlich so arrangiert worden.

Mein Herz hämmert wie wild gegen meine Brust, während ich noch mit dem Gedanken spiele, einfach an der Terrasse vorbeizulaufen und so zu tun, als hätte ich ihn nicht gesehen.

Aber da haben sich unsere Blicke bereits getroffen.

Hilfe, sieht er gut aus mit diesem lässigen weißen Leinenhemd, von dem er die ersten beiden Knöpfe offen trägt.

Klar, ist ja auch ziemlich warm. Oder hat er die nur geöffnet, damit seine muskulöse Brust besser zu sehen ist?

Meine Güte, bin ich etwa so leicht zu beeindrucken – und zu verwirren? Allein der Gedanke, dass einer wie er es nötig hat, irgendwem bewusst seinen durchtrainierten Körper unter die Nase zu reiben, ist doch lächerlich.

„Na, das ist aber eine Überraschung“, sage ich, während ich die Terrasse betrete und lächelnd auf seinen Stehtisch zugehe.

„Überraschung wohl eher nicht, wenn man bedenkt, dass das Hotel keine hundert Meter entfernt ist.“ Er lacht.

„Tja, dann nennen wir es eben nette Begebenheit“, antworte ich.

„Gefällt mir“, antwortet er und sieht mich dabei etwas zu lange und etwas zu intensiv an.

Wieder schleichen sich Yvonnes Worte in meine Sinne.

Du musst jetzt auf jeden Fall aktiv werden und dir diesen Umstand zunutze machen.

Doch ich versuche, ihre albernen Theorien auszublenden. Er ist und bleibt mein Boss, das darf ich nicht vergessen.

„Bis du öfter hier?“, fragt er mich. „Also, in dieser Bar?“

„Ähm, hin und wieder“, antworte ich. „Gerade eben bin ich allerdings nur hergekommen, weil ich dich vom Strand aus gesehen habe, weißt du? Ich war nur spazieren, denn eigentlich ist mir heute gar nicht nach Bar.“ Ich rolle mit den Augen. „Vor allem nicht nach schlechter Musik.“

„Oh mein Gott“, lachend legt er die Hand auf die Brust, „ich dachte schon, ich wäre der Einzige, der Magenschmerzen von dieser seltsamen Party-Mucke bekommt.“

„Tja, entweder den meisten gefällt der Sound wirklich“, ich stelle mich zu ihm an den Tisch, „oder es sind Stammgäste, die mittlerweile immun dagegen sind und es einfach in Kauf nehmen.“ Ich schaue zu seinem Glas. „Was ist das? Ein Tequila Sunrise?“

Er grinst. „Wieso fragst du?“

„Den hatte ich hier glaube ich noch nie. Schmeckt der?“

Eigentlich stelle ich diese Frage nur, weil ich überlege, mir selbst einen zu bestellen, doch da schiebt Vincent das Glas zu mir rüber und zwinkert mir zu. „Du kannst gern probieren.“

Unter anderen Umständen würde ich dankend ablehnen, doch da ist irgendetwas in der Luft, irgendetwas in seinen Augen, das mich dazu bringt, den Strohhalm tatsächlich zwischen meine Lippen zu schieben. Während ich daran sauge, treffen sich unweigerlich unsere Blicke, und das auf so eindringliche Weise, dass mir fast schwindelig wird.

Oh mein Gott! Flirte ich etwa gerade mit meinem Boss?

Die Stille zwischen uns ist wie ein Feuer, dessen Flammen mit jeder Sekunde höher schlagen.

Liegt es an dieser romantischen Strandatmosphäre? Oder hatte Yvonne vielleicht doch recht und er ist wegen mir in Fleesenow?

Hilfe, diese Augen! Ist ihm nicht klar, was für Wahnsinnsaugen er hat? Seine Blicke zwischen Schreibtisch und Büroflur sind das Eine, aber ihm vor der Kulisse rauschender Wellen und Sonnenuntergang in die Augen zu schauen, ist noch mal eine ganz andere Hausnummer.

Ganz lässig bleiben, Miri! Du bist doch im Büro sonst auch nie um eine passende Antwort verlegen. Da wirst du doch jetzt nicht plötzlich anfangen, nervös zu werden. Und denk immer dran: Du bist hier in deinem Revier, Fleesenow ist deine Heimat. Wenn hier also jemand unsicher sein sollte, dann Vincent. Immerhin ist er hier nur zu Besuch und du praktisch in der Heimat.

„Mal ehrlich, Vince“, höre ich mich plötzlich sagen, während ich das Glas wieder zu ihm rüberschiebe, „warum bist du wirklich hier?“

„Hier?“ Er runzelt die Stirn. „Na ja, es war die erste Bar, die ich gefunden habe.“

„Ich meine nicht dir Bar. Ich meine Fleesenow. Normalerweise landet man in unserer Kleinstadt nicht einfach so.“

Er schluckt und wirkt plötzlich wie erstarrt. Habe ich mit meiner Frage etwa einen wunden Punkt getroffen?

*

Vincent

Ahnt sie etwas? Spinne ich oder sehe ich in ihren Augen irgendetwas, das darauf deuten lässt, dass sie mich durchschaut hat?

Andererseits: Wie soll sie mich einfach so durchschauen?

Sie hat doch gar keine Ahnung, wie die Dinge zusammenhängen. Wenn sie etwas wüsste, dann nur von mir persönlich.

„Was ist?“ Sie schiebt das Cocktailglas wieder zu mir. „Habe ich dich auf einer Geheimmission ertappt?“

Geheimmission? Warum verwendet sie gerade jetzt dieses Wort?

Mensch, Junge, nun werde mal nicht paranoid! Niemand weiß von dem Kauf des Grundstücks – und ganz sicher wirst du ihr jetzt nichts davon erzählen.

Oder doch? Was wäre, wenn ich ihr doch die Wahrheit erzähle? Nur eben nicht die ganze? Dann wäre es zumindest keine richtige Lüge.

„Um ehrlich zu sein“, ich atme tief durch, „habe ich ein Grundstück in Fleesenow gekauft. Deshalb bin ich hier.“

„Ein Grundstück?“ Ihre Augen weiten sich. „Das ist ja ein Ding! Ausgerechnet hier?“

„Ja, ausgerechnet hier.“ Ich lächele vielsagend. „Ist doch eine wunderschöne Gegend.“

„Ja, das weiß ich.“ Sie grinst. „Und zwar schon sehr lange. Aber überrascht bin ich dennoch.“

„Es war eher Zufall, dass ich es im Internet entdeckt habe.“ Ich zucke mit den Schultern. „Tja, und dann bin ich halt hier gelandet.“

„Verrückt. Und was hast du damit vor? Willst du hierher ziehen? Oder ein Ferienhaus zur Vermietung bauen lassen?“

„Es ist zwar ein Privatkauf“, erkläre ich. „Aber ich habe vor, die nächste Filiale unserer Firma hier anzusiedeln.“

Ihre Augen werden größer. „Nicht dein Ernst! Eine Filiale hier in Fleesenow? Das ist ja unglaublich. Ich würde dafür morden, wenn ich dann hier arbeiten könnte.“

„Ach, tatsächlich?“ Ihre Freude motiviert mich. „Gut zu wissen.“

„Und wo ist es?“

„Wo ist was?“

„Na, das Grundstück. Ich wüsste jetzt gar nicht, wo hier was zu verkaufen ist. Ich meine, wenn nicht gerade ein Riesen-Verkaufsschild drauf steht, bekommt man ja auch nichts davon mit, wenn es irgendwo im Internet angeboten wird.“

Wieder packt mich die innere Unruhe.

Soll ich ihr wirklich die ganze Wahrheit sagen? Ausgerechnet jetzt, wo ich mich so darüber freue, dass sie sich zu mir an den Tisch gestellt hat und der Abend damit eine angenehme Wendung genommen hat?

„Ach, ist schwer zu erklären.“ Ich winke ab. „Etwas weiter weg von hier.“

„Weiter weg? Fleesenow ist eine Kleinstadt.“ Sie lacht. „Wirklich weit weg ist hier nichts.“

„Ja, schon klar, aber …“, ich kratze mich am Hinterkopf, „ich bin halt kein Einheimischer. Zu erklären, wo es sich befindet, fällt mir nicht so leicht, weißt du?“

*

Miriam

Ich glaube, ich habe ihn mit meiner Neugier etwas bedrängt. Dabei hatte ich mich doch gerade eben noch so gefreut, ihn hier zu sehen. Im ersten Moment war ich geschockt, ja, aber irgendwie auch erfreut. Auch wenn es mir erst jetzt nach und nach bewusst wird.

Will ich das jetzt allen Ernstes mit meiner Rumfragerei kaputtmachen?

„Ach na ja“, ich zucke mit den Schultern, „ist ja auch nicht so wichtig.“

„Darf ich dich auf einen Drink einladen?“, fragt er mich so plötzlich, als wäre er ebenfalls froh, das Thema zu wechseln. Oder geht es ihm einfach nur darum, sich mit mir einen netten Abend zu machen?

„Ähm, klar.“ Ich streiche mir eine Strähne hinters Ohr. „Warum nicht?“

„Entschuldigung“, er winkt die Kellnerin herbei, „können wir noch was bestellen?“

Sie deutet uns mit einer Handbewegung von einem anderen Tisch, das sie gleich zu uns kommt.

„Und?“, fragt Vincent. „Willst du es auch mal mit einem Tequila Sunrise versuchen?“

„Warum nicht? Und wenn du nett bist, darfst du vielleicht auch mal an meinem Strohhalm saugen.“

Was als witziger Spruch gedacht war, kommt mir erst im zweiten Moment wahnsinnig zweideutig und frech vor. Fast werde ich schon rot, zumindest fühlen sich meine glühenden Wangen danach an. Doch Vincent schenkt mir einfach nur sein wahnsinnig charmantes Lächeln, das jedes Fettnäpfchen sofort vergessen macht.

Wieder kommen mir Yvonnes Worte in den Sinn.

„Du stehst auf ihn und er steht vielleicht jetzt noch nicht auf dich, aber bestimmt ziemlich bald.“

Woher auch immer sie ihren Optimismus genommen hat, hier und jetzt fühlt es sich tatsächlich so an, als hätten Vincent und ich einen besonders innigen Draht zueinander. Alles ist viel entspannter als im Büro. Wirklich angespannt war unsere Zusammenarbeit zwar noch nie, trotzdem ist an diesem magischen Sommerabend am Meer alles anders als sonst.

„Hallo, was darf ich euch bringen?“

Die Frage der Kellnerin kommt wie aus einer anderen Welt. Für ein paar Sekunden schauen Vincent und ich einander an, ohne den Blick voneinander abzuwenden.

„Wir hätten gern noch einen Tequila Sunrise“, sagt Vincent, seine Augen noch immer fest auf mich gerichtet.

„Kommt sofort“, antwortet sie – und ist bereits verschwunden, noch bevor ich meinen letzten Funken Höflichkeit zusammennehmen und sie anschauen kann. Stattdessen fühle ich mich gefangen von Vincents Blicken.

„Eigentlich vertrage ich Alkohol nicht so gut“, sage ich schließlich. „Deshalb trinke ich eher selten.“

„Ach ja?“ Er legt den Kopf leicht schief. „Dann solltest du es vielleicht lieber bleiben lassen.“

„Ja, vielleicht.“ Ich grinse vielsagend. „Aber ich glaube, ich will nicht …“

Das Knistern zwischen uns ist förmlich zu hören. Alles um uns herum scheint zu verschwimmen und völlig bedeutungslos zu werden.

Ich versuche, mich an unseren normalen Büroalltag zu erinnern. Daran, ob wir jemals miteinander geflirtet haben und komme doch immer wieder zu demselben Schluss: Ja, wir haben uns schon immer gut verstanden, aber diese ganz spezielle Atmosphäre, die ist neu. Alles hier ist neu – und auf besondere Weise elektrisch.

Ja, das trifft es irgendwie. Die Luft ist elektrisch und macht es unmöglich, sich zu regen, geschweige denn einen klaren Gedanken zu fassen.

*

Vincent

Glücklicherweise hat sie die Frage nach dem Grundstück bereits vergessen. So scheint es zumindest. Umso lockerer ist die Atmosphäre zwischen uns, fast so, als würden wir uns zum ersten Mal begegnen. Zwei Fremde, die gemeinsam einen schönen Abend miteinander verbringen.

„So, einen Tequila Sunrise“, ertönt die Stimme der Kellnerin wieder, als sie das Cocktailglas vor Miriam auf dem Tisch platziert.

„Danke“, antwortet Miriam und schenkt ihr ein Lächeln.

Kaum hat uns die Kellnerin den Rücken zugewandt, schnappt Miriam sich das Glas und nimmt einen großen Schluck, ohne dabei den Strohhalm zu benutzen. Sie hebt das Glas dabei so hoch, dass ich für einen Moment glaube, sie könnte den Cocktail in einem Zug austrinken. Doch dann stellt sie es wieder auf den Tisch.

„Na, da hat aber jemand Durst.“ Ich lache.

Doch Miriams Lächeln ist irgendwie gequält. Mit merkwürdigem Blick schaut sie mich an. Oder deute ich den Ausdruck in ihren Augen falsch?

Kapitel 6

Miriam

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Was ist nur los mit mir? Normalerweise trinke ich doch nur selten Alkohol und schon gar nicht so schnell. Versuche ich etwa gerade, mir Mut anzutrinken? Oder ist es nur der klägliche Versuch, etwas entspannter zu werden?

Ein Blick in Vincents aquamarinblaue Augen macht alles nur noch schlimmer.

Was tue ich hier eigentlich? Egal, wie sehr ich mich zu ihm hingezogen fühle, ich sollte meinen Verstand nicht komplett ignorieren. Sich einfach voll und ganz aufs Bauchgefühl zu verlassen, ist vielleicht in anderen Situationen eine gute Idee, aber ganz bestimmt nicht heute Abend.

„Ähm“, ich lege die Hand an die Stirn, „ich glaube, ich vertrage Alkohol noch viel schlechter, als ich dachte.“

„Kein Wunder, wenn du so schnell trinkst. Aber normalerweise dürfte dir das eigentlich nicht so sehr zu Kopf steigen. Ich wundere mich, weil …“

„Schon okay“, ich hebe die Hand, „ich … ich gehe einfach ein bisschen am Strand spazieren, dann geht es mir besser. Ich wollte heute eh früher schlafen gehen.“

„Früher schlafen gehen?“ Er hebt die Augenbrauen. Sein Erstaunen ist nicht zu übersehen.

„Tut mir leid“, antworte ich mit schnellem Atem. „Hat mich wirklich gefreut, dich zu treffen. Vielleicht sehen wir uns ja noch im Hotel. Also, in den nächsten Tagen, meine ich. Ähm, ich meine …“

Meine Stimme versagt.

Was ist nur los mit mir? Laufe ich vor meinen eigenen Gefühlen davon? Oder lediglich vor der Angst, die Kontrolle zu verlieren?

Ohne ein weiteres Wort von ihm abzuwarten, wende ich mich schließlich von ihm ab und lasse den halbleeren Cocktail auf dem Tisch stehen.

Ja, das hier ist definitiv eine Flucht. Eine Flucht vor einem Zustand, den ich selbst nicht so recht verstehe. Doch je mehr ich mich von der Bar entferne und dem Strand näherkomme, desto sicherer fühle ich mich. Gleichzeitig merke ich, wie leid es mir tut, nicht bei Vincent geblieben zu sein. Denn auch wenn sich meine Vernunft die größte Mühe gibt, mich wieder in die Spur zu bringen, mein Herz klopft dafür umso lauter.

Was hat er nur in mir ausgelöst? Ist ja nicht so, als hätte ich ihn heute zum ersten Mal gesehen.

Ja, ich fand ihn schon immer toll, aber dass er mich heute so aus der Bahn wirft, überrascht mich selbst am allermeisten. Liegt es vielleicht daran, dass ich nicht erwartet habe, dass meine zwei Welten – Heimat und Job – aufeinandertreffen? Und das ohne jede Vorwarnung?

Je mehr ich mich dem Wasser nähere, desto ruhiger werde ich innerlich. Reue wegen meiner schnellen Flucht überkommt mich, aber gleichzeitig auch Erleichterung, dem Moment entflohen zu sein, bevor etwas passiert wäre, das ich hinterher bereut hätte.

Aus einem Instinkt heraus schlüpfe ich aus meinen Sandalen, nehme sie in die Hand und laufe ins Wasser, das sofort all meine Sinne zu wecken scheint. Hier, etwas abseits der Bar, ist außer mir niemand. Und doch habe ich den Drang, mich noch weiter von den anderen Menschen, vor allem von Vincent, zu entfernen.

Im flachen Wasser gehe ich weiter und weiter, als würde ich ins Dunkel der Nacht eintauchen. Als wäre ich nur dort sicher vor meinen eigenen Gefühlen – und meinem verwirrten Verstand, dem ich offenbar nicht mehr trauen kann.

Doch von einem Moment auf den anderen stellt sich diese Sicherheit als Trugschluss heraus.

„Miriam!“, ruft er mir nach.

Ich weiß sofort, dass er es ist, drehe mich aber nicht zu ihm um. Stattdessen werde ich schneller und tue so, als wäre seine Stimme im Rauschen der Wellen untergegangen.

Doch kurz darauf spüre ich seine Hand auf meiner Schulter und bleibe unweigerlich stehen.

„Hast du mich nicht gehört?“, fragt er.

Ich schaue ihn mit halboffenem Mund an. „Ich … ich wollte gerade ein bisschen allein sein, weißt du?“

„Meinetwegen.“ Nun legt er auch die andere Hand auf meine Schulter. „Wenn es wirklich das ist, was du willst, dann lass ich dich sofort wieder allein. Aber bitte sei jetzt ehrlich zu mir, ja?“

„Ehrlich“, wiederhole ich monoton.

„Ich will einfach nur wissen, ob ich der Grund für deine plötzliche Flucht war. Ob ich irgendetwas Falsches gesagt oder getan habe. Ich meine, im einen Moment reden wir noch ganz normal miteinander und im nächsten rennst du weg, als wäre ich das ultimative Böse.“

Die Art, wie er mich anschaut, verwirrt mich nur noch mehr. Mein Herz klopft wie wild in meiner Brust, während ich mich in seinem Blick verliere.

„Du hast nichts falsch gemacht“, sage ich wie erstarrt, unfähig, den Blick auch nur seine Sekunde von ihm abzuwenden. „Es … es liegt an mir. Ich war einfach völlig überfordert.“

„Überfordert wovon?“, fragt er leise.

Von meinen Gefühlen für dich! Ist das nicht mehr als offensichtlich?

Doch diese Gedanken behalte ich für mich. Stattdessen verliere ich mich in geradezu lähmendem Schweigen.

„Miriam?“, hakt er nach ein paar Sekunden nach.

„Du … du bist mein Boss“, flüstere ich, in der Hoffnung, dass das Erklärung genug ist.

„Jetzt gerade bin ich einfach nur ein Mann“, antwortet er. „Ein Mann, der sich darauf gefreut hat, den Abend mit einer ganz bezaubernden Frau zu verbringen.“

„Im Augenblick finde ich mich so ganz und gar nicht bezaubernd.“ Ich lächele bitter. „Sondern einfach nur wahnsinnig dumm.“

„Dumm? Wieso dumm?“

Ich schlucke. „Keine Ahnung. Es ist einfach dumm, Gefühle zuzulassen, wo sie nichts zu suchen haben.“

Er lässt seine Fingerspitze an meinem Hals hinabgleiten.

„Dumm?“, wiederholt er leise. „Ich finde das gar nicht dumm. Und wenn du dumm bist, dann bin ich es auch.“

In diesem Moment braucht es einfach keine weiteren Worte. Mir wird klar, dass es falsch war davonzulaufen. Ebenso gut hätte ich vor mir selbst fliehen können. Ein Versuch, der von vornherein zum Scheitern verurteilt war.

Es fühlt sich wie selbstverständlich an, seine Lippen bereits im nächsten Augenblick auf meinen zu spüren. So intensiv und warm. So weich und vertraut, als hätte ich schon tausendmal zuvor davon geträumt.

Passiert das gerade wirklich? Vincent und ich, knutschend am Strand? Das kann doch nicht wahr sein! Verdammt noch mal, er ist mein Boss und …

Oh Gott, wie gut er küssen kann. Mir wird ganz schwindelig.

Ich spüre seine Hände an meinem Rücken, wie sie auf und ab wandern und immer wieder über meinen Körper gleiten. Was auch immer mich bisher davon abgehalten hat, diese Gefühle zuzulassen, in diesem Moment fühlen sie sich einfach nur richtig an, und zwar auf ganzer Linie.

*

Vincent

Sie fühlt sich so weich an, so zerbrechlich und schützenswert. Am liebsten würde ich sie ganz fest in den Arm nehmen und nie mehr loslassen.

Aber da ist noch so viel mehr als der Instinkt, sie zu schützen. Da ist ein Verlangen in mir, das mich vollkommen überrollt hat.

Waren diese Gefühle für Miriam schon immer in mir und ich habe sie erst jetzt zugelassen? Liegt es an der fremden Umgebung?

Alles, was ich weiß, ist, dass ich keine Kontrolle mehr über mein Handeln habe, offenbar ebenso wenig wie Miriam, denn unsere Küsse werden von Sekunde zu Sekunde heftiger.

Die Strandbar scheint in diesem Moment endlos weit entfernt. Zumindest bietet die Dunkelheit der anbrechenden Nacht eine gewisse Sicherheit, die uns alle Hemmungen vergessen lässt.

Ich streife den Träger ihres hauchdünnen Sommerkleides herunter und küsse ihre nackte Schulter. Ein Kuss, der sofort ein Prickeln in mir auslöst, das mich plötzlich an mehr denken lässt. An sehr viel mehr.

In diesem Moment ist sie nicht mehr meine Angestellte. In diesem Moment ist sie einfach nur eine atemberaubende Frau, die ich mit jeder Faser meines Körpers spüren möchte.

Wie von einer höheren Macht getrieben lassen wir uns langsam in das flache Wasser nieder und küssen uns weiter. Mit durchnässten Klamotten und feuchtem Haar liegt sie wie die personifizierte Versuchung unter mir.

Alles geht so schnell und ist so unwirklich, dass ich das Gefühl habe, Teil eines merkwürdigen Traums zu sein. Doch so surreal das alles auch ist, Miriam scheint im wahrsten Sinne des Wortes auf meiner Wellenlinie zu schwimmen. Was ich will, will offenbar auch sie – und umgekehrt. Dass wir uns einig sind, kann ich einfach in jedem Atemzug, in jedem Kuss spüren. Ich sehe es in ihren Augen, fühle es in ihren Berührungen.

Die Luft über uns flirrt, während die salzige Meeresbrise unsere Sinne belebt. Wieder und wieder.

Und dann führt schließlich eins zum anderen: Meine Hand, die sanft ihren Slip von den Beinen streift. Ihre Finger, die zitternd meine Shorts herunterziehen.

Ich spüre ihren Blick so eindringlich, als würde sie direkt in meine Seele blicken und mir sagen: Es ist okay. Ich will es genauso sehr wie du.

Auch ohne Worte wissen wir beide ganz genau, wohin das hier führen wird. Vermutlich haben wir es schon die ganze Zeit über gewusst und uns nur vor dieser Tatsache versteckt, jeder von uns auf seine Weise.

Ist sie deshalb weggelaufen?

Sicher ist sie das. Aber all das spielt keine Rolle mehr, als ich langsam in sie eindringe und eins mit ihr werde. Eins mit einer übergroßen Lust, die sie ebenso zu empfinden scheint wie ich.

Wir haben sofort unseren eigenen Rhythmus, als hätten wir dies schon tausendmal zuvor miteinander getan. Als hätten wir zwei einzig und allein auf diesen Moment gewartet.

Das Salzwasser überspielt unsere Körper wie eine zweite Haut, während meine Stöße von Sekunde zu Sekunde eindringlicher werden.

Oder ist es vielmehr ihr Unterleib, der diese Stöße erst zu dem machen, was sie sind? Weil sie sich mit aller Sehnsucht immer wieder gegen mich presst? So fest und lustvoll, dass ich instinktiv die Augen schließe?

*

Miriam

Ich spüre ihn mit seiner ganzen Männlichkeit in mir, höre seinen keuchenden Atem und verliere mich dabei mehr und mehr in meinem eigenen Verlangen.

Habe ich gewusst, dass das passieren würde? Bin ich deshalb weggelaufen?

All das ist jetzt bedeutungslos, denn ich fühle einfach, dass das hier richtig ist. Dass es keine Rolle spielt, ob er mein Boss ist. Alles, was mich in diesem Moment leitet, ist pure Lust.

Oh Gott, er weiß ganz genau, was er tut, findet meinen sensibelsten Punkt mit Leichtigkeit, als wäre ich ein offenes Buch für ihn.

Wieder und wieder stößt er mich in Richtung Höhepunkt, bis ich leise aufseufze. Und immer wieder bäume ich mich gegen ihn, weil mich das Verlangen nach ihm beinahe auffrisst.

Vincent und ich, hier im Meer der Nacht.

Das muss einfach ein Traum sein. Es muss!

Kapitel 7

Eine Stunde später

Miriam

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Es ist eine sternenklare Nacht am Meer, wie sie im Buche steht. Autoren würden über sie schreiben wollen und doch nicht die richtigen Worte finden. Denn die Schönheit dieser Dunkelheit, deren einzige Lichtquelle der Mond ist, ist geradezu märchenhaft.

Oder empfinde ich alles nur so intensiv und überwältigend, weil Vincent mich begleitet?

Leicht verlegen und ein wenig sprachlos gehen wir nebeneinander den Strand entlang, während wir offenbar beide noch immer versuchen, das gerade Erlebte zu realisieren.

Wir sind noch immer bis auf die Haut durchnässt. Jeder, der uns jetzt sehen würde, würde vermutlich davon ausgehen, dass wir einfach nur in Klamotten schwimmen waren.

„Tja, dass mein Kurzurlaub hier so ablaufen würde, hätte ich nicht gedacht“, sagt Vincent irgendwann.

„Ich auch nicht“, antworte ich und muss unweigerlich lachen.

Trotzdem schaue ich ihn dabei nicht an. Irgendetwas hindert mich daran, mich vollkommen fallen zu lassen. Eine Unsicherheit, die mich mit jedem Schritt, den wir machen, mehr und mehr in Beschlag nimmt.

Du hattest gerade Sex mit ihm, Miri! Ist es da nicht etwas spät, jetzt einen auf schüchtern zu machen?

Doch die Wahrheit ist, dass ich nicht so recht weiß, wie ich das, was gerade geschehen ist, einordnen soll. Nicht nur, dass ich nicht weiß, was es für ihn bedeutet hat, ich weiß auch für mich selbst nicht, was ich von alldem halten soll.

Plötzlich bleibt er stehen. Er schaut mich wie wach geworden an, als hätte er meine Gedanken gelesen. Als wüsste er ganz genau, was mir durch den Kopf geht.

„Miriam“, sagt er, während er die Hände wie ein paar Stunden zuvor auf meine Schultern legt, „bitte hör mir zu.“

Ich bleibe ebenfalls stehen und schaue ihn mit großen Augen an, sage aber nichts.

„Ich weiß, dass das, was gerade passiert ist, ziemlich … krass war.“

Ich schaue schweigend zu ihm auf.

„Aber du sollst wissen, dass ich es nicht bereue.“ Sein Gesicht ist in der Dunkelheit nur in Konturen zu erkennen. „Ja, ich bin dein Boss. Ja, wir arbeiten zusammen. Aber wo steht geschrieben, dass wir uns nicht ineinander verlieben dürfen?“

Hat er gerade das Wort „verlieben“ benutzt? VERLIEBEN?

Mein Herz schlägt bis zum Hals und macht mir das Atmen schwer.

„Verlieben ist ein großes Wort.“ Nun ist er derjenige, der sich verlegen am Hinterkopf kratzt. „Das … das wollte ich auch gar nicht damit sagen. Ich … na ja, ich meinte einfach, dass wir es nicht bereuen müssen, uns aufeinander eingelassen haben.“

Am liebsten würde ich ihm zurufen: Ja, verlieben ist ein großes Wort, aber es trifft meine Gefühle für dich am besten. Lange habe ich es verdrängt, aber jetzt ist es mir umso klarer.

Doch ich sage nichts dergleichen und atme einfach nur so ruhig wie möglich vor mich hin, während ich versuche, einen halbwegs klaren Kopf zu bekommen.

„Ich bin mir noch nicht sicher“, antworte ich schließlich.

„Nicht sicher?“, fragt er.

„Na ja, ich bin mir nicht sicher, ob ich das hier wirklich nicht bereuen muss. Immerhin bist du mein Boss und ich …“

„… und du bist eine tolle Frau“, unterbricht er mich. „Es war mein voller Ernst, als ich das sagte. Ich will mich nicht entschuldigen, weil das hier passiert ist. Und ich will mich auch nicht verstecken. Warum auch? Wir sind zwei erwachsene Menschen. Zwar stehen wir noch ganz am Anfang.“ Er lächelt zurückhaltend. „Und ich habe keine Ahnung, wohin das führen wird. Aber ich will, dass du weißt, dass ich das mit uns beiden nicht leugnen werde. Ich bereue es nicht.“

„Aber was, wenn es jemand im Büro mitbekommt? Wie geht es weiter? Ich meine, was werden die anderen sagen, wenn sie uns zusammen sehen?“

„Was sie sagen werden?“ Er legt den Zeigefinger unter mein Kinn und hebt es leicht an. „Sicher sowas wie: Ich verstehe ihn gut. Miriam ist eine echt scharfe Braut.“

Ich lache. „Hast du gerade scharfe Braut gesagt?“

„Sorry, aber die Männer denken das ganz bestimmt.“

„Ich bin mir gerade nicht sicher, wie ich das finden soll.“

„Im Ernst: Selbst wenn jemand darüber redet, und das werden sie sicher, dann ist das ihr Problem.“ Er atmet tief ein. „Und nicht unseres.“

„Ja, vielleicht“, murmele ich gedankenverloren vor mich hin, noch immer darum bemüht, dem allen hier irgendwie zu folgen.

Versucht er gerade, mir zu erklären, dass er es ernst mit mir meint? Dass das für ihn mehr als nur ein One-Night-Stand war? Und was genau will ich eigentlich?

Schon wieder verliere ich mich in seinen eindringlichen Augen, und da weiß ich es wieder: Mein Herz schlägt schon viel länger für ihn, als mir klar war. Sonst hätte ich mich auch nie auf ihn eingelassen. Nicht an diesem Strand, nicht im warmen Ostseewasser.

Nein, es wäre nie so weit gekommen.

„Ich kann sehen, wie sehr dich das Ganze beschäftigt.“ Er legt die Hände an meine Wangen. „Aber du solltest aufhören, so viel nachzudenken und einfach auf dein Herz hören.“

„Ich fürchte, mein Herz spricht gerade genauso undeutlich wie mein Verstand“, antworte ich leise, muss dabei aber unweigerlich lächeln.

„Ach ja?“, flüstert er und beugt sich für einen Kuss zu mir herunter, bei dem mir schwindelig wird.

Oh Gott, wie gut er das kann. Er weiß einfach ganz genau, welche Knöpfe er drücken muss, um mich um den Verstand zu bringen. Je länger unsere Lippen aneinander kleben, desto mehr fange ich an, ihm zu glauben.

Ja, er meint es wirklich ernst.

---ENDE DER LESEPROBE---