Clan Chiefs & Dark Secrets - Jona Dreyer - E-Book

Clan Chiefs & Dark Secrets E-Book

Jona Dreyer

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Beschreibung

»Ich glaube, wir sind der queerste Clan in ganz Schottland!« Torquil MacDougal führt ein Doppelleben. Tagsüber arbeitet er ernst und pflichtbewusst in seiner Kanzlei als Rechtsanwalt, in der Nacht als Dom in einem einschlägigen Club. Als er die Nachfolge seines Vaters als Familienoberhaupt des Clan MacDougal antreten soll, bleibt für das Nachtleben allerdings kein Platz mehr. Doch ausgerechnet an seinem letzten Tag im Club begegnet ihm Ethan: zart, anhänglich, unterwürfig – und traumatisiert. Torquil fühlt sich für ihn verantwortlich und beschließt, sich weiter mit ihm zu treffen. Aber als ihre Gefühle füreinander zu wachsen beginnen, wird die Heimlichkeit eine immer größere Herausforderung – denn Torquil will sich nicht outen. Nicht als Oberhaupt des Clan MacDougal. Und nicht, nachdem er andere Familienmitglieder in der Vergangenheit moralisch so unter Druck gesetzt hat. Kann er sich für eine Zukunft mit Ethan doch noch überwinden? Und werden ihm seine Verwandten jemals verzeihen? Clan Chiefs & Dark Secrets ist der 3. Roman der "Clan MacDougal"-Reihe. Jede Geschichte ist in sich abgeschlossen und hat jeweils ein anderes Familienmitglied als Hauptfigur. Alle Bände der MacDougal-Reihe: Lords, Scones & Bagpipes Three Scotsmen & One Wedding Clan Chiefs & Dark Secrets A Very MacDougal Christmas

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Clan Chiefs & Dark Secrets

Gay Romance

© Urheberrecht 2023 Jona Dreyer

 

Impressum:

Tschök & Tschök GbR

Alexander-Lincke-Straße 2c

08412 Werdau

 

Text: Jona Dreyer

Coverdesign: Jona Dreyer

Coverbilder: depositphotos.com

Lektorat/Korrektorat: Kelly Krause, Kristina Arnold & Shannon O’Neall

 

Kurzbeschreibung:

»Ich glaube, wir sind der queerste Clan in ganz Schottland!«

Torquil MacDougal führt ein Doppelleben. Tagsüber arbeitet er ernst und pflichtbewusst in seiner Kanzlei als Rechtsanwalt, in der Nacht als Dom in einem einschlägigen Club.Als er die Nachfolge seines Vaters als Familienoberhaupt des Clan MacDougal antreten soll, bleibt für das Nachtleben allerdings kein Platz mehr.

Doch ausgerechnet an seinem letzten Tag im Club begegnet ihm Ethan: zart, anhänglich, unterwürfig – und traumatisiert.Torquil fühlt sich für ihn verantwortlich und beschließt, sich weiter mit ihm zu treffen. Aber als ihre Gefühle füreinander zu wachsen beginnen, wird die Heimlichkeit eine immer größere Herausforderung – denn Torquil will sich nicht outen. Nicht als Oberhaupt des Clan MacDougal. Und nicht, nachdem er andere Familienmitglieder in der Vergangenheit moralisch so unter Druck gesetzt hat.

Kann er sich für eine Zukunft mit Ethan doch noch überwinden? Und werden ihm seine Verwandten jemals verzeihen?

Über die Autorin

»Fantasie ist wie ein Buffet. Man muss sich nicht entscheiden – man kann von allem nehmen, was einem schmeckt.«

Getreu diesem Motto ist Jona Dreyer in vielen Bereichen von Drama über Fantasy bis Humor zu Hause. Alle ihre Geschichten haben jedoch eine Gemeinsamkeit: Die Hauptfiguren sind schwul, bi, pan oder trans. Das macht sie zu einer der vielseitigsten Autorinnen des queeren Genres.

Vorwort

Da sind wir doch tatsächlich schon beim fast letzten MacDougal-Band angekommen. Ich sage »fast«, weil es noch ein kleines Weihnachtsspecial geben wird!

Diese Familie ist mir einfach so sehr ans Herz gewachsen, dass ich sie noch nicht ganz verlassen konnte.

 

In diesem Band wird es besonders kinky, aber was konnte man von Torquil auch anderes erwarten? Ich weiß, dass einige von euch den Kerl aufgrund seiner Auftritte in Band 1 und 2 nicht mögen – aber vertraut mir, nach dieser Geschichte werdet ihr das. Vielleicht sogar ein bisschen mehr.

Torquil ist jedenfalls unter allen MacDougals mein persönlicher Liebling. Und ich hoffe, auch Rhiannons Sidestory wird euch gefallen, denn die lag mir sehr am Herzen.

 

Viel Spaß beim Lesen von Clan Chiefs & Dark Secrets!

Prolog

Torquil: Das Ende einer Ära

Die Melodie von The Dark Island hallt in meinen Ohren. Dudelsäcke und Trommeln, vereint zu einer Sehnsuchtsmelodie, nicht fröhlich, nicht traurig, sondern auf eine Art ergreifend, die man vielleicht nur als Schotte fühlen kann.

Ich schaue hinab in das rechteckige Erdloch, in das der reich verzierte Eichensarg hinabgelassen wurde. Auf der Mitte des Sargdeckels prangt eine geschnitzte Distel, das Nationalsymbol Schottlands.

Langsam lasse ich eine Schaufel voll Erde auf den Sarg rieseln. Die erste. Das ist die Ehre, die ich als Erstgeborener habe. Die Beileidsbekundungen der Menschen um mich herum nehme ich nur wie durch einen Nebel wahr. Es sind so viele. Fast, als wäre halb Schottland zur Beerdigung von Ivar MacDougal gekommen. Zur Beerdigung meines Vaters.

Dass dieser Tag einmal kommen würde, erschien mir stets unvorstellbar. Für mich war mein Vater einfach unsterblich. Die MacDougals vom Loch Lomond ohne Ivar? Eine Familie ohne ihr Oberhaupt? Wie gesagt, unvorstellbar. Und doch kam genau dieser Tag vor einer Woche. Einfach so, völlig ohne Vorwarnung. Vater schlief in seinem Sessel ein und wachte einfach nicht mehr auf. Es war die Art von friedlichem und würdevollem Ableben, das er sich immer gewünscht hat. Und doch möchte es immer noch nicht so ganz in meinen Verstand sickern.

Er selbst schien es allerdings geahnt zu haben. Anders kann ich mir unsere vielen, intensiven Gespräche in den Wochen vor seinem Tod nicht erklären. Es war, als wollte er mir noch einmal das richtige Rüstzeug für das mitgeben, was ich jetzt sein soll: das Oberhaupt des Clan MacDougal. Der Kitt unserer altehrwürdigen, auf Tradition bedachten, weit verzweigten Familie. Derjenige, den andere um Rat bitten werden. Bei dem am Ende alles zusammenläuft.

Eine Aufgabe, die mich mit Stolz erfüllt, mir aber gleichzeitig eine enorme Last auf die Schultern legt. Gern hätte ich noch etwas mehr Zeit gehabt. Ich trauere nicht nur um meinen Vater, den ich sehr geliebt habe, sondern auch um die Dinge, die ich jetzt nicht mehr tun kann, weil sie als neues Oberhaupt der Familie keinen Platz mehr in meinem Leben haben.

Immer noch wie in Trance laufe ich durch das Spalier der Gäste, die Männer im traditionellen Kilt, die Frauen in feiner, dunkler Trauergarderobe. Ich sehe meinen Cousin Tony unter den Dudelsackspielern. Sein Mann Keir gehörte zu den Sargträgern. Auch mein Cousin Spencer ist hier mit seinen Partnern sowie viele weitere Verwandte.

Aber die Einzige, die ich gerade wirklich als eine Stütze empfinde, ist meine Schwester Rhiannon, die neben mir geht. Am Ende wissen nur sie und ich, wie es war, Ivar MacDougal zum Vater zu haben. Den Hauptteil seines geistigen Erbes zu tragen. Seine Stärken und Schwächen in den Genen zu haben und an sich wiederzuerkennen.

Eigentlich möchte ich ein paar Tränen vergießen. Etwas von dem Druck in meinem Inneren ablassen. Aber ich verbeiße es mir, denn ich will dazu allein sein. Weil ich weiß, dass ich, wenn ich einmal beginne, in haltloses Schluchzen ausbrechen werde. Aber das ist nicht der Torquil, den ich den anderen MacDougals zeigen möchte. Das hätte mein Vater nicht gewollt. Er schätzte Würde und Selbstbeherrschung. Auch Rhiannons Augen bleiben trocken, obwohl ich sehe, wie sie kämpft. Weil uns dieser feierliche Abschied mit all den vielen Menschen mit Trauer und Stolz zugleich erfüllt.

»Ich würde am liebsten den Leichenschmaus schwänzen«, raunt sie mir zu.

»Geht mir genauso«, gestehe ich, »aber das können wir nicht machen. Ich habe bisher aus Pflichtbewusstsein keine Familienfeiern geschwänzt, als neues Clanoberhaupt erst recht nicht. Einigen der Jüngeren wäre es vielleicht egal, aber den Älteren keinesfalls. Du weißt, was von mir erwartet wird.«

»Ich meinte das ja auch nicht wirklich ernst. Wir können ja schlecht von der Beerdigung unseres eigenen Vaters flüchten.«

Das Festessen, mit dem wir Ivar MacDougals Leben feiern, findet in seinem Anwesen statt, dem Haus meiner Kindheit, das nun meiner Schwester und mir zu gleichen Teilen gehört. Darin wohnen will keiner von uns; zu groß ist es, zu weitläufig und in Teilen auch renovierungsbedürftig. Am liebsten würde ich es verkaufen, aber damit würde ich mir mindestens die Hälfte des Clans zum Feind machen. Meine Aufgabe ist schließlich das Gegenteil: alles zusammenhalten. Das musste ich meinem Vater hoch und heilig versprechen.

Für das leibliche Wohl sorgt ein Catering, das wir organisiert haben, aber als ich am Kopfende einer der langen Tafeln sitze, im Sessel meines Vaters, habe ich das Gefühl, dass die Last meiner neuen Verantwortung mir die Luft zum Atmen nimmt. Ich muss jetzt einen Toast ausbringen. Es fällt mir schwer, überhaupt meine Stimme zu finden. Mühsam stemme ich mich aus dem Sessel hoch und hebe mein Whiskyglas.

»Liebe ...« Ich muss mich räuspern. »Liebe MacDougals, liebe Freunde der Familie. Meine Schwester und ich möchten unsere Dankbarkeit dafür ausdrücken, dass ihr so zahlreich zur Beerdigung meines Vaters erschienen seid, um ihm ein würdevolles, letztes Geleit zu geben. Ich bin sicher, er blickt mit Stolz auf uns herab. Die Familie vereint zu sehen, war ihm stets am wichtigsten, und genauso wichtig ist es mir, dieses Erbe fortzuführen.«

Zustimmendes Nicken unter den Anwesenden.

»Mein Vater hat große Fußstapfen hinterlassen. Sehr große. Ich weiß nicht, ob ich diese jemals ausfüllen kann, aber ich werde mich bemühen. Ich bin nicht Ivar, aber ich bin sein Sohn, den er nach seinen Werten erzogen hat. Mein Vater fehlt mir sehr, aber ich weiß, dass er mir immer über die Schulter schauen wird, wenn ich Entscheidungen für die Familie treffe. Seid versichert, dass ihr zu mir jederzeit so kommen könnt, wie zu ihm. Dass ich euch Rat und Unterstützung anbieten werde, so gut ich kann. Denn das ist es, was den Clan MacDougal ausmacht: der Zusammenhalt. Auf Ivar.«

»Auf Ivar!«, wiederholen die Anwesenden und heben ebenfalls ihre Gläser.

Erschöpft lasse ich mich wieder in den Sessel sinken. Offen gestanden bereitet mir der Gedanke, dass mich mein Vater womöglich vom Jenseits aus beobachtet, ein ziemliches Unbehagen. Denn es gibt Dinge, die er zu Lebzeiten nie erfahren hat und möglichst auch im Jenseits nicht wissen soll, sonst sucht er mich wahrscheinlich als Geist heim und lässt mir keine Ruhe.

»Alles okay, Großer?«, will Keir wissen und tritt zu mir heran, während die anderen munter schwatzend essen und trinken. Er ist nicht nur der Ehemann meines Cousins, sondern auch der Patensohn meines Vaters und ein Freund aus meiner Kindheit. »Du siehst blass aus.«

»Verzeih, dass ich auf der Beerdigung meines Vaters nicht fröhlich bin«, entfährt es mir.

»Ach, so meinte ich das nicht. Du siehst wirklich blass aus, im Sinne von Kreislaufproblemen oder Kopfweh. Soll ich dir irgendwas bringen? Eine Aspirin oder so?«

»Schon gut.« Ich winke ab. »Ich werde mich heute beizeiten hinlegen.«

»Mach das. Aber wenn was ist, sag Bescheid. Tony und ich sind für dich da und die anderen sicher auch.«

»Vielen Dank.«

Mir ist bewusst, dass nicht alle um meinen Vater trauern. Dass einige auch innerlich froh sind, seinem strengen Blick ein für alle Mal zu entkommen. Obwohl ich es verstehen kann, tut mir der Gedanke weh. Er hatte nie Schlechtes im Sinn. Er hat jeden von uns geliebt. Wirklich geliebt. Und diese Liebe und Fürsorge, auch wenn sie nicht von allen so empfunden wurde, werde ich nicht jedem Familienmitglied entgegenbringen können.

Als mir alle genug miteinander beschäftigt erscheinen, erlaube ich mir doch eine kleine Pause und gehe in den Salon nebenan. In diesem gemütlichen, mit dunklem Holz verkleideten Raum hat Pa gern vor dem Kamin gesessen, die Beine in eine karierte Decke gehüllt, und gelesen oder sich mit mir und meiner Schwester über die Dinge unterhalten, die ihn bewegten. Ich werde diese stillen Abende hier vermissen. Mein Blick wandert zu dem rot-grün-weiß karierten Ohrensessel. Das war seiner. Darin ist er gestorben. Hier habe ich ihn am nächsten Morgen gefunden, friedlich, erstarrt und eiskalt. Inzwischen ist der Sessel gereinigt und steht wieder hier, als wäre nie etwas gewesen.

»Torquil?« Rhiannon tritt hinter mir ins Zimmer. »Alles in Ordnung?«

»Aye. Ich brauche nur einen Moment.«

Sie legt mir eine Hand auf die Schulter. »Jetzt ist es also wirklich so weit.«

»Hm. Jetzt, wo wir ihn begraben haben, lässt es sich nicht mehr leugnen. Und ebenso wenig kann ich leugnen, dass mir vor der Zukunft graut.«

»Ach was. Du wirst ein großartiges Familienoberhaupt. Pa war immer stolz auf dich.«

»Und genau das macht mir Angst. Diesen Stolz zu enttäuschen.«

»Torquil?« Rhiannon hebt eine Braue und stemmt die Hände ihre Hüften, was ihre ohnehin schon breiten Schultern noch ausladender wirken lässt. »Pa ist tot. Tote können nicht enttäuscht sein.«

»Und wenn es ein Jenseits gibt? Jetzt komm schon, du weißt, wie ich es meine.« Ich seufze. »Familienmitglieder werden mich bestimmt damit unter Druck setzen, wenn ich in ihren Augen etwas falsch mache: Dein Vater wäre so enttäuscht!«

»Du bist jetzt das Oberhaupt. Sie sollen es sich nicht wagen, so mit dir zu reden.«

Unwillkürlich muss ich lachen. »Sonst brichst du ihnen das Genick, he?«

»Könnte passieren. Ich lass es wie einen Unfall aussehen.«

»Ich bin froh, dass ich dich habe.«

Wir umarmen uns. Meine Schwester und mein Vater waren schon immer die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Für potenzielle Partner war da nie ein Platz. Es hätte alles nur schwierig gemacht.

»Ich werde einige Dinge aufgeben müssen«, bemerke ich nachdenklich. »Sie vertragen sich nicht mit meiner neuen Position. Vor allem, wenn sie herauskämen. Nur einen kleinen Abschied werde ich mir in einigen Tagen noch gönnen.«

Rhiannon nickt. »Ich weiß auch noch nicht so genau, wie ich weitermache. Es war zu Pas Lebzeiten schon schwierig, aber jetzt, wo er tot ist, kommt es mir gleich noch schwieriger vor.«

»Wir werden hineinwachsen.« Aufmunternd lächle ich ihr zu. »Und jetzt lass uns wieder zurück zu den anderen gehen. Schließlich ist es nicht nur Vaters Abschied, sondern irgendwie auch unser Einstand.«

»Dein Einstand, Torquil«, korrigiert sie. »Es ist dein Einstand.«

1

Ethan: Der Mann mit der Maske

Ich weiß nicht, wie lange ich schon nackt auf dieser harten Pritsche liege. Wahrscheinlich nur wenige Minuten, aber es kommt mir wie Stunden vor. Ich höre nichts außer meinem eigenen Atem, und, das bilde ich mir jedenfalls ein, mein pochendes Herz.

Blind strecke ich in der Dunkelheit die Hand aus, spüre kalte Fliesen unter meinen Fingern. Ich weiß, dass in diesem Raum Kameras angebracht sind, und ich werde ganz sicher beobachtet. Wer weiß, wie lange schon. Und wie lange ich noch warten muss. Ich fühle mich bis zum Zerreißen angespannt.

Plötzlich klappert etwas an der Tür zu meiner Zelle. Ein Schlüssel. Die Tür wird geöffnet und das Licht angeschaltet, so kalt und grell, dass ich die Augen zusammenkneifen muss.

»Aufstehen«, befiehlt eine strenge, sonore Männerstimme.

Ich gehorche und rapple mich von meiner Pritsche auf, komme schwankend zum Stehen. Langsam gewöhnen sich meine Augen an das Licht und ich erkenne blinzelnd den Mann, der vor mir steht. Großgewachsen, breitschultrig, die einschüchternde Figur noch zusätzlich durch einen ledernen Harness betont. Die obere Hälfte seines Kopfes wird bis zur Nase von einer schwarzen Ledermaske bedeckt, die untere Hälfte offenbart einen kurzen, gepflegten Vollbart und schmale, strenge Lippen. Stechend blaue Augen fixieren meinen Blick.

Master Thor. Mein Wärter. Noch einnehmender, als ich ihn mir vorgestellt habe.

»Umdrehen«, befiehlt er kurz angebunden. »Hände hinter dem Rücken zusammen.«

Ich tue, wie mir geheißen. Kaltes Metall berührt meine Handgelenke, das Klicken von Handschellen ertönt.

»Auf geht’s.«

Der Wärter versetzt mir einen Stoß in Richtung Zellenausgang. Ich stolpere vor ihm her in einen anderen Raum. Der Boden und die Wände schimmern mattschwarz, die schummerige Belichtung bläulich. Dominiert wird das Zimmer von einem wuchtigen, schwarzen, mit Nieten verzierten Sessel. Das Andreaskreuz, der Strafbock und die in einer beleuchteten Vitrine ausgestellten Foltergeräte wirken dagegen fast schon nebensächlich.

Mein Wärter, der Herr dieses Raumes, setzt sich in den Thron und legt die Arme locker auf die Lehnen. »Warum stehst du? Hältst du das für angemessen?«

Eilig sinke ich auf die Knie und senke das Haupt.

»Ich werde dich jetzt befragen«, verkündet Master Thor. »Du wirst meine Fragen mit aye, Sir und nae, Sir beantworten, und zwar nur damit. Es sei denn, ich fordere dich zu einer ausführlicheren Stellungnahme auf. Hast du das verstanden?«

Ich nicke.

Master Thor beugt sich in seinem Thron nach vorn und verengt die Augen. »Hast du das verstanden?«

»Aye, Sir«, erkläre ich schnell. Ich bin so aufgeregt, dass ich Fehler mache und mich unangemessen verhalte!

»Gut.« Thor lehnt sich wieder zurück. »Ist es wahr, dass du dich gegen die Obrigkeit aufgelehnt hast?«

Ich schlucke trocken. Der kalte, harte Boden unter meinen Knien schmerzt. »Aye, Sir.«

»Und ist es auch zutreffend, dass du das mehr als nur einmal getan hast?«

»Aye, Sir.«

»War dir bewusst, dass du gegen die Anordnung der Obrigkeit verstoßen hast?«

»Ich habe in dem Moment nicht darüber–«

»Was habe ich gesagt, wie du mir antworten sollst?«, unterbricht er mich schneidend.

»Verzeihung ... aye, Sir.«

»Dir war es also bewusst und du hast es trotzdem getan?«

Ich beiße mir auf die Unterlippe. Mein Herz pocht schmerzhaft gegen meine Rippen. »Aye, Sir.«

»Schildere mir, was du genau getan hast.«

Ich wage es, kurz aufzublicken. Master Thors Blick wirkt kalt und streng, seine Miene unter der Maske ist nicht zu lesen. »Ich ... ich hab mich angefasst.«

»Wie genau?«

»Meinen Schwanz ... und meine Hoden.«

»Genauer. Ich will jedes Detail hören.«

Ich atme tief durch. »Zuerst hab ich meinen Schwanz gerieben, bis er hart war. Und meine Hoden massiert. Dann hab ich einen meiner Finger angeleckt und ihn hinten in mein Loch reingesteckt.«

»Wie hat sich das angefühlt?«

»Gut«, gestehe ich. »Sehr gut.«

»Und bist du auch gekommen?«

»Aye, Sir.«

»Du widerst mich an.« Er stemmt sich von seinem Thron hoch, verschränkt die Arme hinter dem Rücken und beginnt, um mich herumzulaufen. Ich spüre seinen bohrenden Blick auf meinem gesenkten Haupt und die schweren Schritte seiner Stiefel scheinen den Boden zur Vibration zu bringen. »Obwohl du wusstest, dass es nicht dir obliegt, über deinen Körper zu bestimmen, hast du an dir herumgespielt. Und gibst sogar noch schamlos zu, dass es dir gefallen hat. Du weißt, dass in diesem Land harte Strafen auf solch eine Verkommenheit stehen?«

Ich bekomme vor Anspannung kaum noch Luft. »Aye, Sir.«

»Es obliegt mir als dein Kerkermeister, deine Strafe unverzüglich zu vollstrecken.«

»Und ... und wie lautet das Strafmaß?«

»Habe ich dir erlaubt, Fragen zu stellen?«

»Nae, Sir.«

»Warum tust du es dann trotzdem? Es sieht ganz danach aus, als sei dein Ungehorsam dir noch nie so recht ausgetrieben worden. Es ist höchste Zeit, das zu ändern. Du willst wissen, wie dein Strafmaß lautet? Das wirst du gleich erfahren. Denn ich werde es dir zeigen. Stück für Stück. Steh auf.«

Ich stehe auf und mit einem Fingerzeig geleitet mich Master Thor zum Strafbock. Gehorsam knie ich mich darauf, spüre die Latexpolster unter Knien, Bauch und Brust. Ich muss bestraft werden. Denn ich war ungehorsam.

Master Thor fesselt meine Hand- und Fußgelenke an den Bock. Feste Manschetten, die mich bewegungsunfähig machen, aber mir nicht die Blutzirkulation abschnüren. Geübte Handgriffe. Wahrscheinlich hat er schon tausend ungehorsame Kerle vor mir bestraft.

»Deine Züchtigung wird eingeleitet durch zehn Schläge mit dem Paddle«, verkündet er. »Du wirst jeden einzelnen abzählen. Bereit?«

»Aye, Sir.«

Ein kräftiger Schlag trifft meine Kehrseite. Dumpfer Schmerz durchfährt meinen Körper. »Eins.«

Ein zweiter Schlag. »Zwei.«

Ich atme stoßweise, will nicht quengeln. Aber meine Erregung wächst. Es ist nicht der Schmerz, der mich erregt. Schmerz zwickt und zwackt und tut weh, nichts sonst. Er ist unangenehm. Was mich erregt, ist die Bestrafung als solche. Das Ausgeliefertsein. Auf Gedeih und Verderb. Master Thor könnte zarter oder sehr viel kräftiger zuschlagen, ich bin ihm körperlich völlig unterlegen, aber er wählt genau die richtige Stärke. Schmerzhaft, aber nicht quälend. So, dass mein Hintern am Ende feuerrot sein wird, aber ohne aufgeplatzte Haut.

Es geht weiter, drei, vier, fünf, sechs. Meine Pobacken brennen. Ich beiße mir auf die Unterlippe. Mein harter Schwanz drückt gegen den Strafbock.

»Noch spielst du den Tapferen«, bemerkt Master Thor süffisant, »aber das wird dir bald vergehen.«

Sieben, acht, neun. Und der finale Schlag. »Zehn.«

Master Thor bindet mich los, lässt mich aufstehen. Sein Blick wandert zu meinem Ständer, quälend hart. »Oh, du bist wirklich unglaublich verkommen«, erklärt er kopfschüttelnd. »Wie sich dein kleiner Schwanz mir entgegenstreckt, deute ich als Provokation. Als Widerwille. Da muss ich wohl ganz konkrete Maßnahmen ergreifen und die Bestrafung direkt am Schwanz ansetzen.«

Ich schlucke trocken. Schweiß läuft meine Schläfen hinab, obwohl es hier drin nicht übermäßig warm ist. Es ist eine Mischung aus Angst und Erregung. Aus Fluchtreflex und der Neugier, hierzubleiben.

Der Master führt mich zum Andreaskreuz und bindet mich fest. Mein noch immer steifer Schwanz ragt ihm entgegen. Und wird jetzt dafür bestraft werden.

In aller Seelenruhe legt Master Thor seine kleinen Folterwerkzeuge zurecht, lässt mich dabei alles genau beobachten.

»Wenn du glaubst, das hier sei das Schlimmste«, bemerkt er beiläufig, »dann irrst du dich. Das ist erst der Anfang. Wenn du kleiner Rebell hiernach immer noch Anzeichen von Geilheit zeigst, habe ich ganz andere Dinge für dich vorbereitet.«

O ja, das kann ich mir vorstellen. Sehr gut sogar. Er wird mir meine Rebellion austreiben. Mit jeder Krokodilklammer, die er an meinen –

»Au!«, entfährt es mir, als die erste Klammer die Unterseite meines Schwanzes zwickt. Es ist mehr der Schreck als der Schmerz.

Auf Master Thors Lippen zeigt sich ein zufriedenes Lächeln und er klemmt die zweite Klammer in meine empfindliche Haut. Mein Schwanz ist noch immer steif, kann nicht anders beim Anblick dieses finsteren, breitschultrigen, mächtigen Mannes, dem ich ganz und gar ausgeliefert bin.

»Noch mehr, hm?«, fragt er mich, als ob ich eine Wahl hätte.

»Nae, Sir«, antworte ich. Bei dem Gedanken an noch mehr Schmerzen wird mir unwohl. Aber es ist nun mal eine Strafe und die muss ja unangenehm sein, damit sie wirkt.

»Nae?«, wiederholt Master Thor und klingt amüsiert. »Ich denke aber, doch.«

Die dritte Klammer. Mir entkommt ein kleines Heulen und ich atme wieder stoßweise, um das ekelhafte Zwicken in meinem Schwanz auszuhalten. Das wird nachher beim Abmachen noch mal grausam wehtun.

Mein Master ist offenbar ganz in seinem Element. Er tut sein Werk mit Ruhe und Sorgfalt und quält mich mit jedem Griff seiner gepflegten Hände ein bisschen mehr.

Aber würde er aufhören? Würde er wirklich aufhören, wenn ich ihn darum bitte?

Das ist die Frage, die mich schon Tage, Wochen vorher umgetrieben hat. Könnte ich die Folter tatsächlich beenden? Theoretisch schon. Aber praktisch weiß ich, dass es keine Garantie gibt. Dass immer ein Restrisiko besteht.

Die vierte Klammer. Der Schmerz ist jetzt so stark, dass mein Schwanz unwillkürlich schrumpft. Oder vielleicht liegt es auch nicht am Schmerz, sondern an meinen abdriftenden Gedanken. Denn mehr als alles andere will ich in diesem Moment wissen, ob Thor aufhören oder mich weiter quälen würde. Und wie ich damit umgehen würde, wenn Letzteres der Fall ist. Ich habe plötzlich Angst. Und zwar nicht von der genussvollen Sorte.

Ich schaue auf Master Thor hinab, auf seine Hand, die sich mit der nächsten Klammer meinen Geschlechtsteilen nähert, und wie er dabei zufrieden in sich hineinlächelt. Wenn ich jetzt abbreche, werde ich ihn enttäuschen. Aber ich weiß gerade nicht mehr, wie ich die Spirale aufhalten soll, die ich hinabrutsche.

Ich kann ihn nicht weitermachen lassen, ohne sicher zu sein, dass er im Fall des Falles aufhören würde.

Der Vertrauensvorschuss, den ich ihm zu Beginn gegeben hätte, ohne den ich nicht hier wäre, ist aufgebraucht – und es ist nicht seine Schuld. Er hat bisher nichts falsch gemacht. Es liegt an mir und an den Dingen, die gerade in mir hochkommen. Ich muss ...

»Mayday.«

Die Hand mit der Klammer stoppt. Master Thor blickt auf und sein Ausdruck wirkt plötzlich komplett verändert. Besorgt. Als ob er wirklich erkennt, was gerade in mir los ist. Oder?

»Ich entferne die Klammern und binde dich los«, erklärt er mit ruhiger, warmer Stimme. »Keine Panik. Alles wird gut.«

Und er tut es. Er tut es tatsächlich. Befreit mich von Klammern und Fesseln. Alles um mich rauscht, ich kann kaum atmen, ihn nur anstarren wie der Gott, der er ist. Mein Herz rast, überschlägt sich vor Erleichterung und Dankbarkeit, auch wenn die Stellen, an denen die Klammern gesessen haben, durch die Rückkehr der Durchblutung jetzt für einen Moment höllisch schmerzen.

Ich kann ihm vertrauen. Die Leute, die ihn mir empfohlen haben, haben die Wahrheit gesagt.

»Du zitterst ja. Ich leg dir das mal über, ja?«

Etwas Weiches berührt meine Schultern. Ein schwarzer Bademantel. Dankbar hülle ich mich in den flauschigen, tröstlichen Stoff, denn ich zittere wirklich, mir ist plötzlich kalt und meine Knie sind wie Pudding.

»Ich ...« Ich will etwas sagen, aber bringe nichts heraus. Es ist, als sei plötzlich eine Sicherung durchgeschmort und ich verlöre die Kontrolle über mich. Weiß nicht, wohin mit den ganzen Emotionen, die auf einmal von innen gegen mich drücken. Meine Augen füllen sich mit Tränen. »Ich ...« Wieder schaffe ich nicht mehr als dieses eine Wort. Und ein Schluchzen.

Zu meiner Überraschung setzt Thor seine Maske ab, lockert mit den Fingern sein platt gedrücktes Haar auf und offenbart mir sein Gesicht. Kantige, strenge Züge, dichte, dunkle Brauen, die sich besorgt über seinen blauen Augen zusammenziehen. Das Spiel ist jetzt vorbei. Wirklich vorbei.

»Komm.« Sanft legt er mir eine Hand auf die Schulter. »Wir gehen nach nebenan. Ich mach dir einen Tee und dann reden wir.«

2

Torquil: Das lief nicht nach Plan

Na großartig. Meine letzte Session im Club überhaupt und mein Kunde hat einen Sub-Drop. Es war eine dumme Idee, für meine letzte Stunde hier jemanden anzunehmen, mit dem ich noch nie gearbeitet habe. Ich hätte auf meine Vernunft hören sollen, nicht auf die Neugier, die sich nach dem E-Mail-Kontakt mit dem Kleinen hier eingestellt hat.

Nun muss ich ein zitterndes, weinendes Häufchen Elend händeln, weil er sich wahrscheinlich zu viel zugemutet hat.

Ich gehe mit ihm nach nebenan, wo wir einen kleinen Raum mit Tisch, Stühlen und Teeküche haben, in dem man runterkommen und sich unterhalten kann.

»Ist körperlich alles in Ordnung?«, erkundige ich mich zunächst. »Hast du noch Schmerzen?«

»N-nae«, antwortet er stammelnd. »Tut nichts mehr weh. Alles nur im Kopf.«

»Ich verstehe.« Ich nehme eine Tasse, gieße etwas Tee aus der bereitstehenden Thermoskanne hinein und stelle sie vor ihn hin, ehe ich ihm gegenüber Platz nehme. »Du brauchst dich nicht zu schämen, weil du abgebrochen hast, Ethan. Es ist gut, wenn du deine Grenzen abstecken kannst.«

»Es ist - es ist total albern, aber ... aber ich bin gerade so ... ich bin gerade so, weil du aufgehört hast, nachdem ich das Safeword gesagt hab.«

Ich runzle die Stirn. »Nun, das versteht sich von selbst und war auch so vereinbart. Auf Spiele ohne Safeword, beziehungsweise mit absichtlichem Ignorieren des Safewords, lasse ich mich nicht ein und das habe ich auch klar kommuniziert.«

»Nae, nae ... das ... du verstehst das gerade falsch. Ich weine ... sozusagen ... vor Erleichterung, weil du das Safeword wirklich respektiert hast.« Er legt seine zitternden Hände um die Tasse.

Wie bitte?

»Das gehört doch zu den Grundsätzen des Safe, Sane and Consensual.« Ich beuge mich ein wenig zu ihm nach vorn und versuche, nicht einschüchternd zu wirken, sondern beruhigend. »Bitte sei ehrlich zu mir: Hast du wirklich schon Erfahrungen mit BDSM, oder war das hier deine erste Session?«

Der Kleine schüttelt den Kopf. »Ich hab Erfahrungen.

---ENDE DER LESEPROBE---