Das kreative Universum - Günter Hiller - E-Book

Das kreative Universum E-Book

Günter Hiller

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Beschreibung

Der Versuch, Jahrhunderte lang bewährte Erhaltungsgrößen zu bewahren, erfordert die Invarianz von Raum und Zeit, invariante Bezugsgrößen, vor deren Hintergrund Physik bisher erklärt wird. Bei einem evolutionären Ansatz, der eine endliche Lebensdauer und Geschwindigkeit voraussetzt, werden Raum und Zeit dagegen zu notwendigen Begleiterscheinungen der Evolution und somit erst durch die Evolution selbst erzeugt, erst ein Erinnern macht Raum und Zeit notwendig. Physik erklärt bekannte Ursachen. Evolution erklärt, dass neue Ursachen entstehen, nicht welche. Ein evolutionäres Universum erdenkt und erinnert sich selbst und ist somit kreativ. Wettbewerb und Kooperation sind die bestimmenden Regeln der Evolution. Voraussetzung für Wettbewerb ist Vielfalt. Wettbewerb fördert neue Strukturen, denn Wettbewerb erfordert Informationsspeicher (Gedächtnis) und ein besseres Gedächtnis bietet wiederum Wettbewerbsvorteile. Da größere Informationsspeicher durch Kooperationen, durch den Aufbau größerer und komplexerer Strukturen erreicht werden, die wiederum neue, emergente, vorher unbekannte Eigenschaften aufweisen, besitzt dieser Kreislauf der Evolution alle Merkmale, die man gemeinhin der Evolution zuschreibt. Die Komplexität der Evolution beruht zum einen auf Unbestimmtheit (Perfektion und Evolution schließen einander aus), die für Mutationen verantwortlich ist und ergibt sich andererseits aus der Gegenläufigkeit von Wettbewerb und Kooperation. Wettbewerb basiert auf einem Gegeneinander, Kooperation dagegen auf einem Miteinander. Neben der Biologie und der Kultur sollte Evolution auch auf unseren Kosmos anwendbar sein. Eine kosmische Evolution ist allerdings so langsam, dass sie sich nur auf einer kosmischen Skala bemerkbar macht.

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Wenn eine Idee nicht zuerst absurd erscheint, taugt sie nichts.

Albert Einstein

Vorwort

Evolution ist kreativ. Wenn man davon überzeugt ist oder besser überzeugt worden ist, dann ist es nur natürlich sich der Evolution kreativ zu nähern. Wenn man die bekannten Evolutionsarten, das sind die biologische und die kulturelle Evolution, einigermaßen verinnerlicht hat und zu der Erkenntnis gekommen ist, dass die Wurzeln, die Samen der kulturellen Evolution bereits in der biologischen Evolution ihren Ursprung haben, dann ist bereits der erste Schritt getan, über ein evolutionäres, ein kreatives Universum nachzudenken.

Das alleine reicht natürlich nicht, es gehört vielleicht auch dazu, Physik studiert, die damit verbundene Denkweise gelernt und seine Zweifel behalten zu haben. Wenn man das Physikstudium weniger dafür benutzt, für Prüfungen zu lernen als vielmehr dafür, Prozesse und Vorgänge zu verstehen, zu hinterfragen, dann mag das für die Prüfungen schlecht, aber für die weitere Entwicklung vorteilhaft sein.

Wenn man dann sein Auskommen auch nicht nur mit Physik bestreitet, dann darf man problemlos die eigene Zunft und ihre Ergebnisse kritisch betrachten. Wenn man kein Priester ist, kann man nicht exkommuniziert werden und wenn man kein Lehramt hat, braucht man keinem Lehrplan zu folgen.

Während meiner Beschäftigung als Geophysiker in der Erdölindustrie stieß ich auf einige Grenzen der Physik. Aus abgestorbener Flora und Fauna wird Torf. Unter dem Druck darüber entstandener Erd- und Gesteinsschichten (Erosion und Wind) wird daraus Braunkohle und bei steigendem Druck Steinkohle. Soweit passt die Physik. Steinkohlevorkommen sind älter und daher zumeist tiefer als Braunkohle.

Wie aber entsteht Erdöl? Noch mehr Druck würde Steinkohle zu Graphit und letztlich Diamanten pressen, aber nicht zu Erdöl! Die Erklärung sind anaerobe Bakterien, die Steinkohle fressen und Erdöl ausscheiden. Experten können darüber ganze Bücher schreiben, mir reicht, dass Physik hier nicht reicht. Zur Erklärung benötigt man Leben, obwohl es sich doch eigentlich um tote Materie handeln soll.

Mit Hilfe der Paläontologie lässt sich aus den aus dem Bohrschlamm gefilterten Fossilien das Alter der Gesteinsschichten ablesen. Evolution pur. Und Kreativität, wie Paläontologen aus vielen eher zufällig gefundenen Fossilien von Schalen- und Krustentieren einen ganzen Stammbaum rekonstruieren können.

Welchen Autofahrer, der gerade seinen Wagen volltankt, interessiert es heute, welche Trilobitenart gelebt hat, als der Rohstoff für sein Benzin entstanden ist oder weiß überhaupt, was Trilobiten sind? Für einen Physiker, der sich naturgemäß mit physikalischen Gesetzen und Formeln befasst hat, erscheinen diese Erkenntnisse wie die Büchse der Pandora.

Plötzlich öffnen sich unbekannte Welten. Natürlich kennt er Darwin und seine Evolutionstheorie, aber an einem Bohrturm in der Wüste zu sitzen und festzustellen, dass sich hier vor 300 Millionen Jahren ein Korallenriff befunden haben muss, ist schon faszinierend.

Plötzlich erscheinen die starren Gesetze der Physik merkwürdig, seltsam starr und uninspirativ. Anscheinend ist die Welt viel kreativer als physikalische Formeln!

Günter Hiller

Berlin, im Mai 2017

Inhalt

Abstrakt

Prolog

Teil I -

Ein allgemeines Evolutionsprinzip

Evolution – Allgemein

1.1. Der Begriff Evolution

1.2. Voraussetzungen

1.3. Mechanismen der Evolution

1.4. Autopoiesis

1.5. Survival of the Fit

1.6. Verknüpfungen der Evolution

1.7. Ein allgemeines Evolutionsprinzip

1.8. Zusammenfassung

Evolutionäre Systeme

2.1. Kulturelle Evolution

2.2. Kosmische Evolution

2.3. Emergenz

Urknall vs. Evolution

3.1. Urknall

3.2. Evolution

3.3. Vergleichende Gegenüberstellung

Ausblick

Teil II -

Ein Universum aus dem Nichts

Einführung

Eigenschaften der Wahrnehmung – Asymmetrie, Wirkung, Trägheit, Masse

Ladungstrennung und Kreativität

Informationsspeicher und Gedächtnis

Das kreative Nichts

Religiöse Aspekte

Ein kreatives Universum

7.1. Entwicklung

7.2. Muster, Strukturen, Merkmale

7.3. Paradigmen

7.4. Das informative Prinzip

Epilog

Fazit

Literatur

In eigener Sache

Abstrakt

Das kreative Universum beschreibt einen evolutionären Ansatz zum Verständnis unseres Universums. Basierend auf den Kenntnissen der biologischen und kulturellen Evolution, die in ganz unterschiedlichen Zeitrahmen angesiedelt sind, werden grundlegende Prinzipien einer allgemeinen Evolution dargestellt, die nicht spezifisch für eine spezielle Evolutionsform sind. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei die geschlechtliche Fortpflanzung in der biologischen Evolution, die sich erst im späten Verlauf entwickelte und die bis dahin dominierende Zellteilung ergänzte. Dieser zusätzliche Reproduktionsmechanismus muss als kreative Meisterleistung betrachtet werden. Er war absolut neu und nicht vorhersehbar, ist aber zur Erklärung der heutigen Vielfalt unverzichtbar.

Die biologische Evolution beschreibt eindeutig ein Werden, letztlich aus dem Nichts, für das es keine eindeutige Nomenklatur gibt. Im Gegensatz zur Ontologie, der Lehre des Seins, gibt es keinen Begriff für die Lehre des Werdens. Aber nicht nur die Biosphäre, auch unsere Kultur hat sich praktisch aus dem Nichts entwickelt und es legt nahe, auch einen evolutionären Ansatz für unser Universum, das übergeordnete System zu wählen.

Betrachtet man die Voraussetzungen, die für eine geschlechtliche Fortpflanzung notwendig sind, kann man erkennen, dass bereits ein sehr großer Fundus an Vielfalt (Mutationen) verfügbar sein muss, damit diese entstehen (werden) kann. Geschlechtliche Fortpflanzung ist folglich emergent und eine klassische ontologische Betrachtungsweise müsste demnach ein allwissendes übergeordnetes System (Metasystem) annehmen. Evolution ist ohne Emergenz nicht verstehbar. Emergenz ist allerdings ein vergleichsweise sehr junger Begriff (erstmals bei George Henry Lewes Mitte des 19. Jahrhunderts, als philosophische Kategorie herausgebildet von Samuel Alexander und Conwy Lloyd Morgan in ihrer Theorie einer Emergent Evolution am Anfang des 20. Jahrhunderts) und nicht in der klassischen abendländischen Denkweise verankert.

Einen ähnlichen Vorgang findet man in der kulturellen Evolution. Der geschlechtlichen Fortpflanzung entspricht dort die (Hegelsche) Dialektik von These und Antithese zur Synthese, die sich erst emergent entwickeln konnte, als bereits ein genügender Fundus von Begriffen und Definitionen vorhanden war. In Anlehnung daran lässt sich auch eine kosmische Evolution formulieren, die aber extrem viel langsamer sein muss als die biologische. Die Gründe für unterschiedliche Evolutionsgeschwindigkeiten werden dargelegt. In einem evolutionären Universum lässt sich die elektrische Ladungstrennung und der damit verbundene Elektromagnetismus als eine emergente Erscheinung verstehen, die erst später in der Geschichte des Kosmos auftritt und nur einen Teil des Kosmos betrifft.

Wenn man Evolution als ein Werden versteht, aber auch als den Prozess, der das Werden mit Erinnern und der Herausbildung von Gedächtnis verknüpft, dann wird deutlich, dass Evolution und Zeit nicht unabhängig voneinander sein können, jedenfalls nicht für Produkte oder Entitäten der Evolution. Die Invarianz der Zeit lässt sich dann nur als exzellente Näherung verstehen, die auf der Erde und in ihrem Umfeld mit den zur Zeit zur Verfügung stehenden Messgenauigkeiten ausreichend ist, aber nicht auf den gesamten Kosmos anwendbar. Jede neue Erinnerung verändert den Rückblick auf die Vergangenheit!

Theoretische Physiker folgern aber mit Hilfe des Noether-Theorems aus der Invarianz der Zeit die Erhaltung der Energie, die letztlich einen Grundpfeiler des Urknallmodells bildet. Bei einer evolutionären Sichtweise beschreibt Emergenz das Neue, das nicht erinnert werden kann und sich somit jeder Rationalität entzieht. Emergente Phänomene entstehen jedoch zufällig aus Kooperationen, die meist mehr sind als die Summe ihrer Teile (Aristoteles). Eine evolutionäre Entwicklung ist immer inhomogen. Erst bei großen Zahlen verliert sich diese Inhomogenität langsam.

Evolution basiert auf einem Dualismus von Sterblichkeit und Unsterblichkeit, auf einer begrenzten Lebensspanne einzelner Entitäten und dem Fortbestand des Ganzen. Jede Entität ist gleichzeitig Individuum und Teil des Ganzen, abgeschlossen und offen zugleich und macht damit den Welle-Teilchen-Dualismus plausibel.

Als Grundelemente eines evolutionären Universums bieten sich Informationen an, sie haben eine begrenzte Lebensspanne, möchten aber erinnert werden. Da aber eine unendliche Informationsgeschwindigkeit eine Singularität zur Folge hätte für die weder Raum noch Zeit definiert sind, ist eine endliche Informationsgeschwindigkeit die Grundbedingung für ein beobachtbares und wahrnehmbares Universum! Damit Informationen wahrgenommen werden können, müssen sie ihre Wahrnehmung bewirken, also eine Wirkung ausüben, und eine endliche Geschwindigkeit, also eine gewisse Trägheit besitzen.

Da wir Wirkung und Trägheit gewöhnlich einer materiellen Welt zuschreiben, sind nach dieser Sichtweise auch Gedanken und Ideen materiell. Immateriell sind dann nur unendlich schnelle Informationen ohne Trägheit, die sich zwar unserer Wahrnehmung entziehen, aber möglich sind. Diese lassen sich als kreatives Nichts betrachten. Diese Informationen sind möglich, aber nicht real, könnten aber in der Zukunft real werden. Schließlich ist Zukunft auch nicht wahrnehmbar, aber Zukunft entsteht, Zukunft wird. Der Übergang von einer möglichen Information in eine reale Information ist also verbunden mit einer Zunahme von Trägheit, Wirkung und letztlich auch Energie.

Der Versuch, Jahrhunderte lang bewährte Erhaltungsgrößen zu bewahren, erfordert die Invarianz von Raum und Zeit, invariante Bezugsgrößen, vor deren Hintergrund die Physik bislang erklärt wird. Bei einem evolutionären Ansatz, der eine endliche Lebensdauer und Geschwindigkeit wahrnehmbarer Informationen voraussetzt, werden Raum und Zeit dagegen zu notwendigen Begleiterscheinungen der Evolution und somit erst durch die Evolution selbst erzeugt, erst ein Erinnern macht Raum und Zeit notwendig.

Raum und Zeit lassen sich als Folge der Kommunikation von Informationen verstehen. Die Notwendigkeit von Raum und Zeit ist allein durch eine endliche Informationsgeschwindigkeit, also reale Informationen, gegeben. Jede neue reale Information erweitert somit Raum und Zeit. Die Dimension des Raums wird durch die Kooperationen und die daraus resultierenden Strukturen vorgegeben. Wenn wir heute einen dreidimensionalen Raum wahrnehmen, deutet das darauf hin, dass sich dreidimensionale Strukturen anscheinend als besonders effizient erwiesen haben.

Evolution lässt sich als bottom-up Erklärung verstehen, Physik hingegen als top-down Erklärung. Evolution beschreibt den Weg, Physik das vorläufige Ziel. Beides ist für eine Erklärung der Welt unumgänglich. Da wir selbst den Weg nicht mitgegangen sind, sind wir auf Indizien angewiesen, die auf den eingeschlagenen Weg hinweisen.

Ein evolutionäres Universum erdenkt und erinnert sich selbst und ist somit kreativ.

Prolog

Angesichts der Dummheit der Mehrheit der Menschheit ist eine weit verbreitete Ansicht wahrscheinlich eher töricht als vernünftig.

Bertrand Russell

Als ich vor Jahren bei einigen bekannten Wissenschaftlern (ich verzichte hier bewusst auf eine Zitierung) las, dass die Wahrscheinlichkeit unseres Universums mit all den Feinabstimmungen der diversen Naturkonstanten bei etwa 10-59 liegen soll, kam mir sogleich der Gedanke, dass solche Unwahrscheinlichkeiten eher bei einem evolutionären System denn bei einem planvollen isolierten System zu suchen sind.

Wenn die Wahrscheinlichkeit eines Kopierfehlers (Mutation) bei etwa 10-6 liegt und die Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese Mutation erfolgreich ist, etwa in der gleichen Größenordnung liegt, dann ist die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Mutation schon 10-12. Wenn sich so ein Vorgang nur fünfmal wiederholt, kommt man leicht zu Wahrscheinlichkeiten in der oben genannten Größenordnung (10-60).

Als dann noch einige Wissenschaftler eine Multiversentheorie ins Spiel brachten (bei 1060 Universen wird schon eins wie das unsere dabei sein), stellte sich mir die Frage, wie ernst man ernsthafte Wissenschaft tatsächlich betrachten kann und darf. Schließlich gibt es neben der Multiversentheorie noch weitere Kandidaten, die unbedingt auf den Prüfstand gehören. Neben dem Teilchenmodell der Festkörperphysik und dem Urknallmodell gehören noch das Higgs-Teilchen und die Suche nach der dunklen Materie dazu.

Das Teilchenmodell der Festkörperphysik entspringt der Vorstellung einiger Physiker, dass man analog dem Photon beim Elektromagnetismus jeder physikalischen Wechselwirkung ein Teilchen mit spezifischen Konstanten und Eigenschaften zuordnen kann. Dabei sind diese Konstanten nicht ableitbar, sondern werden so gewählt, dass es passt! Inzwischen hat sich daraus ein ganzer Teilchenzoo entwickelt und die Konstanten mussten mehrfach justiert werden. Dieses Modell ist sicherlich alles andere als zufriedenstellend und wird auch von den meisten Physikern so bewertet.

Nicht besser steht es um das Urknallmodell. Diese Theorie basiert auf zwei Säulen, zum einen der von dem Astronomen Edwin Hubble erstmals gemessenen Rotverschiebung ferner Galaxien und zum anderen der Energieerhaltung. Hubbles Messungen zeigten, dass fernere Galaxien rötlicher, also langwelliger und damit niederfrequenter erscheinen als nähere. Energieerhaltung ist ein Erfahrungssatz, der bei physikalischen Experimenten in isolierten Systemen noch nie widerlegt werden konnte. Wenn man nun diesen Erfahrungssatz auf das ganze Universum anwendet und somit unser Universum als isoliertes System auffasst, bleibt als Erklärung für die Rotverschiebung nur der Doppler-Effekt. Diesen kann man am besten mit der Sirene eines Krankenwagens verdeutlichen, deren Klang heller erscheint, wenn dieser auf einen zukommt und andererseits tiefer erklingt, wenn sich der Krankenwagen entfernt. Wendet man dieses Phänomen auf Galaxien an, dann müssten sich weiter entfernte Galaxien schneller von uns entfernen als nähere. Lässt man diese Vorstellung in der Zeit rückwärts laufen, müssten in einer fernen Vergangenheit (13,8 Milliarden Jahre) alle Galaxien in einem Punkt vereinigt gewesen sein, dem Urknall.

Was auf den ersten Blick so einfach aussieht, ist aber gespickt mit Haken und Ösen. Nicht nur, dass Astronomen erst kürzlich entdeckt haben, dass sich zwei benachbarte Galaxien anscheinend gegenseitig anziehen, was dem Urknallmodell diametral widerspricht, sondern auch für die Entstehung der Fixsterne muss das Urknallmodell gewaltig verbogen werden.

Zum Start einer Kernfusion (der Verschmelzung von zwei Wasserstoffatomen zu einem Heliumatom) wie sie beispielsweise in unserer Sonne stattfindet, sind enorme Anfangsenergien notwendig. Einmal gestartet, wird dann bei der Kernfusion genügend Energie freigesetzt, um den Prozess in Gang zu halten, so lange, bis der letzte Wasserstoff fusioniert hat. Bei einem Urknall wäre aber so viel Energie vorhanden, dass sofort der gesamte Wasserstoff fusioniert haben müsste. Daher entwickelten Physiker die Vorstellung einer anfänglichen Hyperinflation, d.h. das Universum sollte am Anfang so schnell und stark expandiert haben, dass die Energiedichte praktisch sofort unter die für die Kernfusion kritische Energie gesunken war. Später muss sich dann diese Expansion natürlich stark verlangsamen, damit durch die Kontraktion von Wasserstoffwolken Fixsterne entstehen können. Die Expansionsrate des Universums müsste also gelegentlich variieren, damit das Urknallmodell passt!

Bei aller Liebe zur Physik sind mir derartige Manipulationen eines vorhandenen Modells äußerst suspekt. Grund für diese Verrenkungen ist vor allem die Annahme eines isolierten Systems und diverser Erhaltungsgrößen, sind Gesetze und Gleichungen anstelle viel flexiblerer Regeln, wie sie in einem offenen Universum Anwendung finden würden.

Geht man von einem offenen Universum aus, ist die Expansion unseres Universums unsinnig, die dunkle Materie erklärt sich von selbst und selbst die verzweifelte Suche am CERN nach dem Higgs-Teilchen, dessen Nachweis sich bei drei Billionen Ereignissen tatsächlich einmal gezeigt haben soll, wäre vom Tisch. Wie sich ein offenes Universum vorstellen lässt und welche Konsequenzen es mit sich bringt, werde ich im zweiten Teil erläutern.

Zunächst möchte ich aber ein allgemeines Evolutionsprinzip darlegen. Damit man überhaupt von einem allgemeinen Evolutionsprinzip sprechen kann, muss man mindestens von zwei unterschiedlichen Evolutionsarten ausgehen können. Wir kennen heute die kulturelle und die biologische Evolution. Obwohl Menschen über die Jahrhunderte bemerkt haben und sich bewusst geworden sind, dass sich ihr Denken verändert und entwickelt hat, wurde diese Entwicklung aber erst spät als Evolution wahrgenommen.

Der wesentliche Grund dafür ist in den Religionen zu suchen und auch die Philosophie war in diese Richtung erkenntnisunfähig, da sie ganz stark religiös besetzt war. Für eine Religion wie den Monotheismus sind Konzepte wie Unbestimmtheit oder offene Systeme schlicht Häresie. Gott ist allmächtig und allwissend und in ihm liegt die eine und einzige Wahrheit. Der Theologie oblag es ohnehin, dieses Gedankengut auf Gedeih und Verderb zu predigen, selbst auf Kosten einer totalen Volksverdummung.

Die Philosophie suchte einen Ausweg in der Transzendenz Gottes und verschob damit auch nur die Fragen vom Diesseits ins Jenseits. Selbst im 20. Jahrhundert waren Wissenschaftler und Philosophen zumeist so stark religiös geprägt, dass Unbestimmtheit und offene Systeme keine Alternativen darstellten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Gödel’s Unbestimmtheitssatz, der bereits 1931 bewiesen wurde, in keiner meiner unzähligen Vorlesungen über höhere Mathematik während meines Physikstudiums von 1962 – 1970 auch nur beiläufig erwähnt wurde. Ich selbst wurde auf diesen Satz erst in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts aufmerksam und intuitiv fühlte ich, dass eine Verwandtschaft zur Heisenberg’schen Unschärferelation bestehen müsste, die in den Physikvorlesungen und in unseren Köpfen einen breiten Raum einnahm.

Der Begriff Kulturelle Evolution wurde erst im Schlepptau der biologischen Evolution diskussionswürdig und wie in vielen Fällen über Umwege die im Nachhinein nicht unbedingt vertretbar sind. Richard Dawkins hat mit seinen vielen Büchern sehr zum Evolutionsverständnis beigetragen und mit seinem Buch Das egoistische Gen viele Türen geöffnet. Ich würde heute seinen Ideen nicht mehr in allen Belangen zustimmen, weil ich heute der Auffassung bin, dass es der Evolution, und zwar jeder Evolutionsart, primär um die Bewahrung von Informationen geht, um das Nicht-Vergessen und genau dieses Nicht-Vergessen bewirkt die Irreversibilität der Zeit.

Richard Dawkins prägte aber auch den Begriff Meme als Pendant zu Gene für die kulturelle Evolution, der später von Susan Blackwell in ihrem Buch Die Macht der Meme (The Meme Machine) aufgegriffen wurde. Friedrich Cramers Buch Der Zeitbaum verdanke ich die Erkenntnis, dass die kulturelle Evolution um einen Faktor im Millionenbereich schneller ist als die biologische Evolution.

Die biologische Evolution konnte nicht früher