Zeus und Gravitatione - Günter Hiller - E-Book

Zeus und Gravitatione E-Book

Günter Hiller

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Beschreibung

Dieses Essay in Form einer Mythologie ist der Versuch, Menschen, die sich nicht täglich explizit mit Physik beschäftigen, aufzuzeigen, dass unsere Vorstellungen von Raum und Zeit ursächlich unserer kulturellen Entwicklung, unserer kulturellen Evolution, geschuldet sind. Für unsere Orientierung benötigen wir Referenzen in Form einer Landkarte (Raum) und eines Kalenders und einer Uhr (Zeit). In der neueren Physik sucht man beständig nach einer Vereinigung der beiden gängigen Vorstellungen, der Quantenphysik einerseits und der Allgemeinen Relativitätstheorie andrerseits. Beide Theorien sind in ihrem jeweiligen Bereich hervorragend bestätigt, aber anscheinend nicht kompatibel. Dieses Essay legt den Schluss nahe, dass nicht nur Ort und Impuls komplementär sind, wie es die Heisenbergsche Unschärferelation fordert, sondern dass diese Komplementarität viel allgemeiner dem Raum und der Zeit zugeschrieben werden kann. Auf Grund dieser Komplementarität kann man jeweils nur eine Betrachtungsweise wählen, entweder Veränderungen in der Zeit, wie es die Quantenphysik beschreibt, oder aber Veränderungen im Raum, wie sie die Allgemeine Relativitätstheorie fordert. In unserem Universum verändern sich anscheinend Raum und Zeit gleichzeitig, ohne erkennbaren Bezug. Da wir für unsere Vorstellungen jedoch einen Bezug, eine Referenz benötigen, können wir entweder den Raum oder die Zeit als Referenz wählen. Wählen wir den Raum als Bezug, beschreiben wir Veränderungen in der Zeit, ein Werden (Quantenphysik), wählen wir dagegen die Zeit als Bezug, beschreiben wir Veränderungen des Raums, ein Sein (Allgemeine Relativitätstheorie). Solange uns eine Verknüpfung von Raum und Zeit nicht bekannt oder verfügbar ist, sind kosmische Theorien letztlich sinnlos, denn eine Theorie, die Vorhersagen erlaubt und somit überprüfbar ist, ist auf irgendeine Form von Referenz angewiesen. Eine Mythologie dagegen erzählt eine Geschichte ohne jegliche Vorhersagen für die Zukunft und benötigt daher auch keine Bezugspunkte.

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Vorwort zur 4. Auflage

Dieses Essay in Form einer Mythologie ist der Versuch, Menschen, die sich nicht täglich explizit mit Physik beschäftigen, aufzuzeigen, dass unsere Vorstellungen von Raum und Zeit ursächlich unserer kulturellen Entwicklung, unserer kulturellen Evolution, geschuldet sind. Für unsere Orientierung benötigen wir Referenzen in Form einer Landkarte (Raum) und eines Kalenders und einer Uhr (Zeit).

In erster Näherung können wir davon ausgehen, dass sich die Landkarte nicht verändert und die Uhr gleichmäßig tickt. Diese Annahmen vermitteln den Eindruck, dass Raum und Zeit unabhängige Parameter darstellen, ohne Bezug zueinander. Diese Vorstellung prägte unser Denken über Jahrhunderte und wurde erst durch den Begriff der Kausalgeschwindigkeit relativiert.

Wenn eine Ursache an einem Ort A eine Wirkung an einem Ort B zur Folge hat, dann errechnet sich die Kausalgeschwindigkeit als Quotient aus der Wegdifferenz von A nach B und der Zeitdifferenz von Ursache und Wirkung. Es wird sofort deutlich, dass diese Zeitdifferenz nicht unabhängig von der Beschaffenheit des Raums sein kann und damit bekommt nicht nur der Zeitbegriff eine völlig neue Bedeutung, sondern auch unsere Vorstellung von Raum.

In der neueren Physik sucht man beständig nach einer Vereinigung der beiden gängigen Vorstellungen, der Quantenphysik einerseits und der Allgemeinen Relativitätstheorie andrerseits. Beide Theorien sind in ihrem jeweiligen Bereich hervorragend bestätigt, aber anscheinend nicht kompatibel.

Dieses Essay legt den Schluss nahe, dass nicht nur Ort und Impuls komplementär sind, wie es die Heisenbergsche Unschärferelation fordert, sondern dass diese Komplementarität viel allgemeiner dem Raum und der Zeit zugeschrieben werden kann. Auf Grund dieser Komplementarität kann man jeweils nur eine Betrachtungsweise wählen, entweder Veränderungen in der Zeit, wie es die Quantenphysik beschreibt, oder aber Veränderungen im Raum, wie sie die Allgemeine Relativitätstheorie fordert.

In unserem Universum verändern sich anscheinend Raum und Zeit gleichzeitig, ohne erkennbaren Bezug. Da wir für unsere Vorstellungen jedoch einen Bezug, eine Referenz benötigen, können wir entweder den Raum oder die Zeit als Referenz wählen. Wählen wir den Raum als Bezug, beschreiben wir Veränderungen in der Zeit, ein Werden (Quantenphysik), wählen wir dagegen die Zeit als Bezug, beschreiben wir Veränderungen des Raums, ein Sein (Allgemeine Relativitätstheorie). (Deutlich wird das schon dadurch, dass in der Allgemeinen Relativitätstheorie die Zeit nicht als Vektor erscheint, sondern in quadrierter Form als Skalar.)

Solange uns eine Verknüpfung von Raum und Zeit nicht bekannt oder verfügbar ist, sind kosmische Theorien letztlich sinnlos, denn eine Theorie, die Vorhersagen erlaubt und somit überprüfbar ist, ist auf irgendeine Form von Referenz angewiesen. Eine Mythologie dagegen erzählt eine Geschichte ohne jegliche Vorhersagen für die Zukunft und benötigt daher auch keine Referenz, keinen Orientierungspunkt.

Raum und Zeit beeinflussen sich gegenseitig und diese Komplexität und gegenseitige Beeinflussung übersteigt zumindest bisher die menschliche Psyche. Unsere evolutionäre Entwicklung, der wir unser Überleben als Spezies auf dieser Erde verdanken, hat unsere Psyche dahin geformt, dass wir bisher Raum als eine unveränderliche Gegebenheit betrachteten. Allen klassischen Wissenschaften lag diese Betrachtungsweise zu Grunde. Diese Vorstellung möchte ich mit diesem Essay verändern.

Berlin, im September 2021

Vorwort zur 1. Auflage

Man kommt erst auf die Idee, über eine (neue) Mythologie der Welt nachzudenken, wenn man das Gefühl hat, dass irgendetwas auf unserer Erde grundlegend schiefläuft. Ein Beispiel ist der Fleischkonsum der Menschen. Wenn einige Menschen hin und wieder etwas Fleisch essen, gehört das zur Lebensphilosophie. Wenn jedoch fast acht Milliarden Menschen täglich Fleisch essen, ist das Massenmord an den verzehrten Tieren.

Schuld daran ist nicht ein Einzelner, sondern eine außer Rand und Band geratene Gesellschaft. Wenn wir nachwachsende Rohstoffe verbrennen, um unser Leben angenehmer zu gestalten, ist das nachvollziehbar. Wenn wir jedoch die Kohlenwasserstoffe, die in Millionen von Jahren entstandenen fossilen Überbleibsel einer vergangenen Flora und Fauna, die überhaupt erst die für unser eigenes Leben notwendige Atmosphäre erzeugt haben, in wenigen Jahrzehnten verbrennen, um beispielsweise zwei Milliarden fahrbare Verbrennungsöfen (Autos) zu betreiben, dann führt das zu einem millionenfachen Massenselbstmord.

Schon vor 500 Jahren befand Theophrastus Bombast von Hohenstein, genannt Paracelsus, die Dosis ist (macht) das Gift. Es sind nicht einzelne Menschen, einzelne Tiere oder einzelne Autos für das Versagen und die damit einhergehende Katastrophe verantwortlich, sondern das Kollektiv, die Dosis, die gesamte Gesellschaft. Verantwortlich für dieses kollektive Versagen ist eine Religion, die dem Menschen eine herausragende, gottgegebene Stellung in der Natur zugestand.

Diesbezüglich ähneln sich alle bekannten Religionen und diese sind im Wesentlichen in unserer Sprache begründet. Erst unsere elaborierte Sprache erlaubte es uns, Geschichten und Sagen zu entwickeln und zu verbreiten. Unsere Sprache erlaubte es uns, gemeinsame Ziele zu entwickeln und diese Ziele auch gemeinsam zu verwirklichen. Vom Erfolg verwöhnt, wurden diese Ziele immer größer, bis wir selbst glaubten, dass unser Größenwahn nicht zu stoppen ist, wir selbst die Welt gottgleich nach unseren Vorstellungen gestalten können.

Das i-Tüpfelchen dieser Schraube der Selbstüberschätzung bildet der Monotheismus, der nicht nur den Menschen zur Krone der Schöpfung hochstilisiert, sondern ihn auch noch jeder Verantwortung entbindet. Damit werden Religionen zur Rechtfertigung menschlicher Dummheit degradiert. Wir Menschen brauchen Hoffnung und nicht zu Unrecht heißt es, die Hoffnung stirbt zuletzt. Nur werden unerfüllbare Hoffnungen schnell zum Bumerang der Enttäuschungen.

Der Geburtsfehler des Monotheismus war die Vorstellung der einen vollständigen Wahrheit, die sich aus der Vereinigung der beiden Wahrheiten ergeben sollte. Das widersprach allen gängigen Mythologien, die immer Vor- und Nachteile berücksichtigten. Bestes Beispiel dafür ist die altägyptische Halle der beiden Wahrheiten, in der das Herz des Menschen, seine Taten, gegen die Feder der Göttin Ma'at aufgewogen werden.

Eine Mythologie der Welt sollte diese Komplementarität der zwei Wahrheiten berücksichtigen, die Komplementarität erklären können und auf Komplementarität aufbauen. Letztlich ist diese Komplementarität, dieser Dualismus der Schlüssel zur evolutionären Vielfalt. Ich habe dafür zwei komplementäre Personifikationen aus der griechischen Mythologie und der Wissenschaft gewählt, auch um zu zeigen, wie sich Mythologie und Wissenschaft ergänzen können.

Berlin, im Mai 2021

Inhalt

Einleitung

Zeus

Gravitatione

Information

Kosmos und Evolution

Kosmos und Physik

Emergenz

Recycling

Austauschteilchen

Auflösungsvermögen

Eine Mythologie der Welt

Göttlicher Dualismus

Religiöser Glaube und Mythologie

Eine Mythologie von Zeit und Raum

Nachlese / Resümee / Ausblick

Zeus und Gravitatione

Zeit und Raum - ein Abstrakt

Literatur

Die Welt ist ein lebendiges WesenParacelsus

Die Welt ist ein intelligentes WesenGünter Hiller

Einleitung

Stellen Sie sich vor, unser Universum sei ein lebendiges Wesen mit einem Puls, einem Herzschlag, der seiner Größe angemessen sein könnte. Aus der Biologie wissen wir, dass gewöhnlich die Pulsdauer mit wachsender Größe der Lebewesen zunimmt. Bei der unermesslichen Größe unseres Universums könnte dann auch die Pulsdauer unseres Universums unermesslich lang sein, beispielsweise einige hundert Millionen oder gar hunderte Milliarden Jahre. Dieser Herzschlag des Universums ließe sich dann vereinfacht als Sinuskurve darstellen, deren Periodenlänge dann die Zeit des Universums repräsentieren könnte, nennen wir sie der Einfachheit wegen kosmische Zeit.

Dagegen erscheint unsere eigene Lebenszeit oder die Zeit hochwertiger astronomischer Beobachtungen nur als kleiner Punkt auf dieser Sinuskurve. Ausgehend von diesem Punkt ist es absolut unmöglich, einen Verlauf zu prognostizieren. Es ist auch völlig sinn- und haltlos, diesen Punkt zu extrapolieren. Ein Punkt kann Teil einer Geraden, eines Kreises, einer Sinuskurve sein, er kann Teil jeder beliebigen Kurve sein. Wir wissen es nicht und können es nicht wissen. Das ist der Kern des Agnostizismus: Wir wissen nicht, was wir nicht wissen! Wir können zwar Vermutungen anstellen, aber diese sind nicht überprüfbar.

Diese kosmische Zeit ist für unser tägliches Leben völlig unbrauchbar und als Menschen erscheint uns folglich eine Zeiteinheit, die unserer eigenen Herzfrequenz nahekommt, angemessener zu sein. Diese Zeit kann man als physikalische Zeit bezeichnen, die physikalische Einheit dafür ist die Sekunde. Ursprünglich leitete sich die Sekunde vom Tag, dessen Dauer durch eine vollständige Rotation der Erde um ihre eigene Achse gegeben war, ab. Der Tag wurde in 24 gleichlange Stunden unterteilt, jede Stunde in 60 Minuten und jede Minute wiederum in 60 Sekunden. Dass diese Sekunde den durchschnittlichen Herzschlag eines Menschen widerspiegelt, ist wohl eher Zufall als Absicht.

Im Gegensatz zu einer kosmischen Zeit, ist die physikalische Zeit real. Wir wissen nicht einmal, ob es überhaupt eine kosmische Zeit gibt. Wir wissen heute allerdings, dass die Rotation der Erde um ihre eigene Achse langsamer wird, allerdings erst in Tausenden von Jahren signifikant. Das ist bereits ein Hinweis darauf, dass diese ursprüngliche Sekunde nicht perfekt ist, sondern im Laufe der Zeit geringfügig länger wird.

Dieser kleine Exkurs soll nur verdeutlichen, dass wir tatsächlich gar nicht wissen, was Zeit ist. Zeit und Raum sind zwei Parameter, mit denen wir versuchen, unsere Welt darzustellen. Für unsere Orientierung benötigen wir Referenzen in Form einer Landkarte (Raum) und eines Kalenders und einer Uhr (Zeit). Den Raum reduzieren wir auf irgendeinen regelmäßigen mathematischen Raum, den wir so wählen, dass sich die Darstellung möglichst einfach gestaltet, Zeit wird auf eine einzige Linie projiziert und reduziert. Raum und Zeit sind Konstrukte der menschlichen Kultur, der menschlichen Psyche, die sich über Jahrtausende evolutionär entwickelt haben.

In diesem vereinfachten Weltbild sind Raum und Zeit unveränderlich, wenn man so will, gottgegeben, aber dieses Weltbild ist mit neueren Erkenntnissen nicht vereinbar. Anscheinend verändern sich in unserem Universum Raum und Zeit gleichzeitig, ohne erkennbaren Bezug. Die Funktionalität des Raums ändert sich mit der Zeit und diese Änderung des Raums verändert wiederum die Funktionalität der Zeit. Menschliches Leben ist viel zu kurz, um die Änderungen dieser Funktionalitäten beobachten zu können. Erst auf einer kosmischen Zeitskala, die selbst funktionalen Änderungen unterworfen ist, werden funktionale Änderungen des Raums qualitativ erkennbar. Quantitative Aussagen sind unmöglich, weil sich sowohl die Funktionalität des Raums als auch die Funktionalität der Zeit ändern.

In Anbetracht eines unermesslichen Universums kann und muss man unsere Erde, ja sogar unser Sonnensystem, als einen einzigen Bezugspunkt betrachten. Wenn wir astronomische Beobachtungen machen, also letztlich Messungen im Kosmos oder Universum, dann können wir diese Beobachtungen auch nur in einer Gleichung ausdrücken, haben aber zwei Unbekannte, Raum und Zeit. Aus der Schulmathematik wissen wir bereits, dass eine Gleichung mit zwei Unbekannten nicht lösbar ist. Wir benötigen entweder zwei voneinander unabhängige Gleichungen oder wir müssen eine Unbekannte eliminieren.

Eine Möglichkeit ist, Raum (Entfernung) und Zeit (Dauer) über eine Konstante zu verknüpfen, in dem Fall eine konstante Geschwindigkeit, die Lichtgeschwindigkeit c. Das setzt natürlich voraus, dass die Lichtgeschwindigkeit überall im Universum konstant ist, was aber für uns überhaupt nicht überprüfbar ist.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, entweder den Raum oder die Zeit als mathematisch unverrückbar oder unveränderlich zu betrachten oder wenn nicht unveränderlich, so dann wenigstens durch eine stetige mathematische Funktion beschreibbar. Prinzipiell ist jede mathematische Funktion erlaubt, die beliebig extrapoliert werden kann, also stetig, homogen und berechenbar ist. Letztlich benutzen wir eine kastrierte Mathematik als eine zweite unabhängige Gleichung. Aber Mathematik hat keine Sinne, Mathematik ist eine Kunstwissenschaft, eine Sprache, die nur das ausdrücken kann, was wir ihr vorgeben!

Mathematik ist keine Naturwissenschaft, die Beobachtungen ersetzen kann. Was immer man macht, bleibt das originäre Problem erhalten: Eine Gleichung mit zwei Unbekannten! Und dafür gibt es genau zwei Lösungsansätze, die sich gegenseitig ausschließen, sich aber ergänzen und die Erklärung für Dualismus oder Komplementarität liefern.

Der eine Ansatz vernachlässigt die kosmische Zeit, die evolutionäre Zeit, wohlgemerkt nicht die physikalische Zeit, und betrachtet die Veränderungen im Raum, die sogenannten Raumkrümmungen, wie sie in Einsteins Relativitätstheorie beschrieben werden. Die Referenz ist dabei ein stabiler kosmischer Zeitpunkt, das Sein, so wie wir Menschen es mit unserer vergleichsweise extrem geringen Lebensdauer wahrnehmen.

Der andere Ansatz vernachlässigt eine evolutionäre Veränderung des Raums und ersetzt diese durch einen starren mathematischen Raum, der nicht unveränderlich sein muss, aber klaren mathematischen Regeln genügen muss. Damit ergeben sich z.B. Wellenfunktionen und Aufenthaltswahrscheinlichkeiten, wie sie in der Quantenphysik beschrieben werden.

Jeder Ansatz für sich kann als Theorie beschrieben werden, als eine Gleichung mit einer Unbekannten, beide Ansätze haben ihre Berechtigung und sind nicht falsch, jeder Ansatz für sich ist aber unvollständig, zeigt nur die eine Seite der Medaille. Glücklicherweise haben wir die Möglichkeit, beide Seiten der Medaille zu betrachten, allerdings nicht gleichzeitig. Grund dafür ist eine endliche Informations- oder Kausalgeschwindigkeit, die einerseits dafür verantwortlich ist, dass es die Welt in der Form überhaupt gibt und andererseits eine vollständige Theorie verhindert. Nobody is perfect!

Da wir für unsere Vorstellungen immer einen Bezug, eine Referenz benötigen, können wir entweder den Raum oder die Zeit als Referenz wählen. Wählen wir den Raum als Bezug, beschreiben wir Veränderungen in der Zeit, ein Werden (Quantenphysik), wählen wir dagegen die Zeit als Bezug, beschreiben wir Veränderungen des Raums, ein Sein (Allgemeine Relativitätstheorie). (Deutlich wird das schon dadurch, dass in der Allgemeinen Relativitätstheorie die Zeit nicht als Vektor erscheint, sondern in quadrierter Form als Skalar.) Es ist diese Komplementarität, die eine Evolution bzw. eine evolutionäre Betrachtungsweise erforderlich macht, denn die Unschärfe der Komplementarität macht Perfektion unmöglich und Perfektion und Evolution schließen sich gegenseitig aus!

Dieses Essay legt den Schluss nahe, dass nicht nur Ort und Impuls komplementär sind, wie es die Heisenbergsche Unschärferelation fordert, sondern dass diese Komplementarität viel allgemeiner dem Raum und der Zeit zugeschrieben werden kann. Auf Grund dieser Komplementarität kann man jeweils nur eine Betrachtungsweise wählen, entweder Veränderungen in der Zeit, wie es die Quantenphysik beschreibt, oder aber Veränderungen im Raum, wie sie die Allgemeine Relativitätstheorie fordert.

Heisenbergs Unschärferelation ist eindeutig durch das Plancksche Wirkungsquantum quantifiziert, da sie spezifisch für die elektromagnetische Strahlung eines schwarzen Körpers abgeleitet wurde und eine physikalische Zeit verwendet. Die Komplementarität von Raum und Zeit gilt hingegen auch jenseits des Elektromagnetismus, wann immer eine Vorstellung von Raum und Zeit vorteilhaft ist, muss dann aber auf eine andere Zeit zurückgreifen, beispielsweise eine kosmische Zeit.

Diese kosmische Zeit, genauso wie ein kosmischer Raum sind virtuelle Vorstellungen unserer Phantasie und müssen von realen physikalischen Zeiten und einem mathematischphysikalischen Raum abgekoppelt werden. Aus einem ähnlichen Grund muss eine irdische Physik von einer kosmischen Physik entkoppelt werden.

Zu einer irdischen Physik zugehörig bezeichne ich alle Größen und Messwerte, die in einem Labor erzeugt, abgeschirmt und verändert werden können. Dazu gehören unter anderem Masse, Druck, Volumen und Temperatur, aber auch der Elektromagnetismus, die Kernspaltung und selbst eine künftige Kernfusion, eine mit einer Stoppuhr ermittelte Zeit und auch der Laborraum. Dazu gehören auch Geschwindigkeiten, bei denen Entfernung (Bandmaß) und Dauer (Stoppuhr) unabhängig voneinander bestimmt werden.

Dazu gehört auch alles, was in Erdnähe gemessen werden kann, einschließlich der Lichtgeschwindigkeit, aber schon bei der Gravitation endet die irdische Physik. Wir können die Gravitation zwar physikalisch messen, nicht jedoch manipulieren, also verändern oder gar an- und ausschalten!

Wir müssen Gravitation als kosmische Gegebenheit akzeptieren, für die das Newtonsche Gravitationsgesetz gilt und nach Einstein verändert die Gravitation sogar Raum und Zeit. Wir wissen auch, dass nicht alle Materie sichtbar sein muss, selbst freie Neutronen und Neutrinos im Kosmos sind elektromagnetisch nicht sichtbar.

Wenn man nur den Elektromagnetismus als kosmische Emergenz betrachten wollte, die auftreten kann, aber nicht auftreten muss, hätte man bereits eine einfache Erklärung für die sogenannte dunkle Materie. Wenn es möglich wäre, die Gravitation im Labor zu erzeugen und zu verändern, dann wäre es auch möglich, den Einfluss der Gravitation auf elektromagnetische Erscheinungen labormäßig zu untersuchen.

Weil diese Möglichkeit jedoch nicht gegeben ist, muss Gravitation als außerirdisches Phänomen eingestuft werden und nicht einer irdischen Physik zugehörig.

Der Untertitel Eine Mythologie von Zeit und Raum erscheint zunächst sehr ambitioniert, soll aber als Hinweis verstanden werden, dass in diesem Essay einige Annahmen hinterfragt werden, die überhaupt nicht selbstverständlich sind, aber inzwischen zu den Grundfesten unseres Weltbildes zählen, obwohl sie sich jeder Überprüfbarkeit entziehen.

Zwei Beispiele dafür sind Symmetrie und Gravitation. Praktisch alle physikalischen Theorien basieren auf der Annahme einer Art Ursymmetrie oder Supersymmetrie, aus der unsere Welt hervorgegangen ist. Um es gleich vorwegzunehmen, eine Supersymmetrie ist bequem und geradezu perfekt, so perfekt, wie wir uns die Welt wünschen. Natürlich ist zumeist der Wunsch der Vater des Gedankens, aber dabei bleibt eine mögliche Mutter gezwungenermaßen unberücksichtigt.

Die Erfahrungen des täglichen Lebens sind dabei ganz und gar anders geartet. Unsere Welt basiert auf Asymmetrien und aus welchem Grund sollten sich diese Asymmetrien aus einer Supersymmetrie entwickelt haben? Natürlich ist das möglich, aber letztlich so unwahrscheinlich, dass jede andere Erklärungsform mindestens die gleiche Berechtigung hätte.

Leben, Entwicklung, Evolution basieren auf der Tatsache, dass Vor- und Nachteile nicht symmetrisch sind, dass zwei unterschiedliche Möglichkeiten eben nicht identisch sind. Im alten Ägypten wurde dafür die Halle der zwei Wahrheiten bemüht, in der unterschiedliche Entscheidungen gegeneinander abgewogen wurden. Dieser Dualismus war Bestandteil vieler alter Mythen und die Grundlage der Erkenntnis, dass es keine Vorteile ohne Nachteile geben kann.

Warum man später versuchte, diese beiden Wahrheiten zu der einen und einzigen göttlichen Wahrheit zu vereinen, kann meiner Meinung nach nur mit der Suche nach Perfektion und Vollständigkeit, mit dem Ideal einer perfekten Symmetrie und einem einzigen perfekten Gott erklärt werden. Es scheint in der Natur des Menschen zu liegen, dass wir der Zufälligkeit, der Unbestimmtheit und der damit einhergehenden Unsicherheit ziemlich hilflos gegenüberstehen. Wir wollen diese Unsicherheit minimieren und da ist ein perfekter Gott oder eine perfekte Symmetrie gerade recht.

Die zweite fragwürdige Annahme betrifft die Gravitation. Spätestens seit Newtons Gravitationsgesetz wird die Gravitation als Teil der Physik behandelt, aber ist diese Annahme überhaupt gerechtfertigt? Ganz allgemein beschreibt die Physik das Verhalten von Systemen bei vorgegebenen Randbedingungen und genau das trifft für die Gravitation nicht zu!

Wir können die Gravitation weder künstlich oder labormäßig erzeugen, abschirmen oder anderweitig manipulieren. Wir können die Gravitation in Erdnähe bestimmen oder berechnen, aber tatsächlich auch nur ihre Sekundäreffekte, die gegenseitige Anziehung sehr großer Massen. Im Grunde genommen ist die Gravitation für uns genauso rätselhaft wie eine abstrakte, mythologische Göttin, die ich deshalb intuitiv Gravitatione genannt habe.

Trotz der beabsichtigten Namensähnlichkeit darf aber nicht übersehen werden, dass es sich bei Gravitation und Gravitatione um zwei fundamental unterschiedliche Begriffe handelt. Gravitation benennt eine aus der Physik einigermaßen bekannte Eigenschaft von Materie, Gravitatione hingegen beschreibt eine uns ziemlich unbekannte Göttin, die für diese Gravitation verantwortlich sein könnte.

Während Gravitation bestimmte physikalische Wirkungen beschreibt, ist Gravitatione für das kosmische Wesen dieser Wirkungen zuständig. Für derartige Vorstellungen ist Physik nicht konzipiert, dafür bedarf es einer Mythologie, die jedoch die Erkenntnisse der Physik mit einbeziehen sollte.

Diese Trennung von Gravitation und Physik, von Kosmos und Physik hat aber weitreichende Konsequenzen, die das Bild unserer Welt vollständig verändern könnten. Wenn sich Gravitation nicht physikalisch erklären lässt, dann ließen sich auch Gravitationsänderungen nicht physikalisch erklären. Wenn nun aber Gravitationsänderungen die Spektrallinien von Atomen und Molekülen veränderten, dann gäbe es für die berühmten von Edwin Hubble gemessenen Rotverschiebungen eine außerphysikalische Erklärung, eine veränderliche Gravitation.

Dann wäre eine Erklärung mit dem physikalischen Doppler-Effekt, die eine Expansion des Universums prognostiziert, nicht mehr zwingend. Das widerspräche allerdings allen zurzeit gängigen kosmologischen Vorstellungen und sollte einen Aufschrei der Entrüstung hervorrufen. Dabei liegt die Ursache viel tiefer und ist viel banaler. Wir extrapolieren physikalische Regeln, die wir auf der Erde vorfinden, auf das gesamte Universum, ohne auch nur die geringste Möglichkeit, diese Extrapolation überprüfen zu können.

Das ist insofern fahrlässig, weil zumeist vergessen wird, diese Extrapolation ausdrücklich zu erwähnen. Das Argument, dass man ohne eine Form von Extrapolation keine sinnvolle Kosmologie betreiben könne, ist wenig zielführend, da eine sinnlose und nicht belegbare Extrapolation mehr schadet als nützen kann.

Die Gravitation oder Gravitatione beleuchtet gleichzeitig die beiden oben erwähnten fragwürdigen Annahmen. Zum einen darf man die Gravitation nicht als physikalische Variable oder Größe betrachten und zum anderen sind die Folgen der Gravitation, die schwere und die träge Masse weder gleich noch symmetrisch. Schwere Masse als Konsequenz der Affinität oder Anziehung ist nach Newton multiplikativ (m1 ⋅ m2), die Trägheit dagegen additiv (m1 + m2).

Ziel dieses Essays ist es zu zeigen, wie bestimmte Annahmen unsere Vorstellungen beeinflussen und wir daher bei jeder Annahme, auch bei bereits in unsere Überlegungen eingeflossenen Annahmen, sehr genau die Folgen prüfen müssen. Wenn sich Annahmen erst einmal in unser Denken eingenistet haben, wird es sehr schwer, diese wieder zu eliminieren.

Um die Welt aus unserer Sicht verstehen zu können, müssen wir zwar annehmen, dass die Zusammenhänge, die Regeln, die Prinzipien überall im Universum ähnlich sind, wir können oder sollten aber nicht implementieren, dass die sogenannten Naturkonstanten überall und immer invariabel sind. Damit Veränderungen überhaupt möglich sind, dürfen die Naturkonstanten gar nicht perfekt sein, da sich Perfektion und Evolution gegenseitig ausschließen.

Eine Asymmetrie erzwingt immer mindestens zwei unterschiedliche Lösungsansätze, einen realen Ansatz für die uns zugängliche Seite der Welt und einen virtuellen, einen möglichen Ansatz für die unseren Beobachtungen unzugängliche Seite der Welt. Diese Unzugänglichkeit schließt die eine, eine einzige Wahrheit kategorisch aus!

Diese Einsicht ist fundamental, so fundamental, dass sie von vornherein auch eine einzige wahre Theorie grundsätzlich ausschließt und damit auch die von vielen Menschen geteilte Überzeugung, dass es eine einzige richtige Antwort auf eine Problemstellung geben kann. Tatsächlich gibt es nur Vorteile, die die Nachteile zeitweilig überwiegen können.

Zeus

Warum Zeus? Aus der griechischen Mythologie ist uns Zeus als Verwandlungskünstler vertraut. Zeus kann jede mögliche Gestalt annehmen, um andere Götter und Halbgötter zu überraschen. Wenn man dieses Bild von Zeus abstrahiert, bleiben die abstrakten Möglichkeiten. Die Realität von Zeus wurde dadurch vermittelt, dass Zeus jeweils nur als eine Verwandlung erscheinen konnte, niemals gleichzeitig in zwei unterschiedlichen Gestalten.

Wir haben sehr wohl gelernt, zwischen realen Ereignissen und virtuellen Möglichkeiten zu unterscheiden, das eine bezeichnen wir als Realität, das andere als Virtualität. Realität und Virtualität sind komplementär, wir können oder müssen sogar beide berücksichtigen, aber nicht gleichzeitig am selben Ort. Für die Realität gilt ein entweder...oder, für die Virtualität ein sowohl...als auch.

Man erkennt sofort, dass man diese beiden Betrachtungsweisen nicht miteinander vermischen kann und darf. Beide Betrachtungsweisen sind möglich, aber nicht in einem Bild. Diese Aussage erscheint ziemlich klar und einleuchtend und doch fällt es uns Menschen oft schwer, beide Betrachtungsweisen konsequent zu trennen. Eindeutige Beispiele dafür sind Zeus oder Gott.

Der monotheistische Gott, der allmächtige und allwissende Gott ist eine bewusste Verknüpfung und Vereinigung von Realität und Virtualität, gewissermaßen eine Realisierung des Unmöglichen, und erfordert daher einen unbedingten Glauben. Diese Freiheit kann man einer Religion zugestehen, nicht jedoch der Wissenschaft. In der Wissenschaft muss man eindeutig zwischen Realität und Virtualität trennen, was teilweise extrem schwierig erscheint.

Ein wunderbares Beispiel dafür ist der Begriff Zeit. Zeit können wir wahrnehmen, z.B. Jahreszeiten, und erscheint uns real. Wenn wir jedoch ein Datum angeben, benutzen wir eine willkürliche und eigentlich virtuelle Zeitskala. Dabei ist es völlig irrelevant welches Jahr wir als Jahr Null (0) betrachten, wichtig ist nur, dass sich alle auf den gleichen Zeitpunkt einigen.

Diese Einigung oder Konvention ist aber etwas anderes als eine Realität. Unser Kalender ist eine von vielen Möglichkeiten, den Ablauf von Ereignissen zu beschreiben, aber wiegesagt, eine von vielen Möglichkeiten. Wenn man sich auf eine Möglichkeit einigt und sich konsistent und konsequent daran hält, wird diese Möglichkeit zu einer Konvention, zu einer Art Quasi-Realität.

Als die Pyramiden vor ca. 4000 Jahren erbaut wurden, wurde eine Realität geschaffen, die Zuordnung eines Datums ist dagegen eine virtuelle Konvention. Ähnliches gilt auch für die Größe, das Volumen der Pyramide. In welchen Einheiten wir dieses angeben oder berechnen, hängt von der gewählten Konvention ab. Das Volumen ist real, seine Maßeinheit ist dagegen virtuell.

Die Beispiele zeigen schon, wie stark Realität und Virtualität in unserem täglichen Leben miteinander verknüpft sind, weshalb wir die Virtualität oft als Quasi-Realität einstufen. Solange wir einer einmal festgelegten Konvention folgen, ist es unproblematisch. Kritisch wird es, wenn man bei einem Projekt unterschiedlichen Konventionen folgt.

Das widerspricht der tradierten Lehrmeinung, weil diese einer Konvention folgt, die von Albert Einstein geprägt wurde. Der Begriff Energiequant hat sich inzwischen so in unseren Sprachgebrauch eingebürgert, obwohl eigentlich Wirkungsquanten die Grundlage der Quantenphysik darstellen. Energiequanten sind tatsächlich nur davon abgeleitete Rechenwerte.

Wir haben uns inzwischen daran gewöhnt, Realitäten mit virtuellen Möglichkeiten zu vermischen und verlieren dadurch langsam unseren Sinn für die Realität selbst. Ein realer Schritt hat ganz reale Konsequenzen, eine virtuelle Möglichkeit eröffnet dagegen nur virtuelle, keine realen Konsequenzen. Ein realer Schritt ist geschehen und lässt sich nicht mehr rückgängig machen, auch wenn wir uns das gerne wünschen würden.

Warum Zeus? In einer modernen Mythologie der Welt sollte ganz deutlich zwischen Realität und Virtualität getrennt werden und eine moderne Mythologie benötigt etwas, was die Gesamtheit der Möglichkeiten umfasst, die Summe aller Möglichkeiten oder Energien und dafür ist in meinen Augen keiner besser geeignet als der Verwandlungskünstler Zeus. Dieser Zeus ist kein Schöpfer der Welt, er symbolisiert lediglich die Möglichkeiten, die die Welt hat.

Dieser Zeus schickt zwar reale Informationen, die einen Inhalt und damit Trägheit haben, in die Welt, aber diese Informationen haben nur eine extrem kurze Lebensdauer und sind völlig nutzlos, wenn sie nicht empfangen werden können. Aus diesem Grund benötigt Zeus einen Partner oder eine Partnerin, die diese Informationen empfangen und verwerten kann.

Was nutzen die schönsten Ideen und Möglichkeiten, wenn sie nicht real werden können? Diese Frage stellte sich Zeus immer wieder, bis er endlich eine Geliebte fand, die seiner Möglichkeiten angemessen und würdig war - Gravitatione.

Gravitatione

Als Gravitatione Zeus zum ersten Mal bemerkte, war sie sofort angetan von seinem Ideenreichtum und seinen vielfältigen Möglichkeiten. Ja, sie liebte Zeus und seine Informationen, die er unablässig von sich gab. Diese Informationen hatten einen Inhalt, einen Wert, sie waren real, nur hatten sie eine so kurze Lebensdauer, dass sie einfach sinnlos im Nichts verpufften. Dieser Inhalt machte die Informationen träge, später einmal würde man diese Trägheit als Masse bezeichnen, und begrenzte dadurch auch ihre Reichweite.