Das Rosenwunder - Volker Ebersbach - E-Book
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Volker Ebersbach

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Beschreibung

„Ein wenig plaudern wollen sie heute wieder unter dem doppelten Rundbogen des Zwillingsfensters. Der ruht auf einer Doppelsäule und einem Doppelkapitell aus Ähren und den Köpfen auf deren Körner lüsterner Vögel. Der Bogen trennt die beiden Herren, wie sich‘s schickt, den Herrn Landgrafen und den Herrn Magister Disciplinac Spiritualis der Frau Landgräfin, und er verbindet sie, wie sie es wünschen, sooft sie plaudern. Ein Turmfalke huscht schreiend übers Dach. - Wenn die Blüte vorbei ist, sagt Herr Ludwig, fängt das Laub an, alt zu werden - Aber die Kletterrosen! Magister Rodeger von Serimunt atmet tief ein. - Die Kletterrosen, die Frau Elisabeth zu ihrer Hochzeit unter den Wendelstein gepflanzt hat, sind gerade erst erblüht! Zu eurer Hochzeit waren …“ Es geht um die berühmte Landgräfin Elisabeth von Thüringen, die spätere Heilige. Und es geht um den gelehrten Ritter Rodiger, welcher der Überlieferung nach ihr Lehrer und Gesellschafter war und ihr Schutz - zumindest solange bis er ihren Gemahl, den Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen, auf dem Kreuzzug begleiten musste, zu dem der Stauferkaiser Friedrich der Zweite aufgerufen hatte. Sein Nachfolger als Elisabeths Beichtvater wird Konrad von Marburg, ein Mann strenger Gottgefälligkeit, ein harter, beinahe grober Mann, der die junge Frau zu sehr harten Frömmigkeitsübungen drängte und mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann. Während der eine eifrig den Kreuzzug wider die heidnischen Sarazenen predigt, denen Jerusalem entrissen werden muss, fragt die andere: Und wann beginnt der Kreuzzug gegen die Armut? Die Armut sei ein ärgerer Heide als der Sarazene. Kann das gutgehen? Und dann fällt durch ein Ungeschick beim Abschied von Landgraf Ludwig auch noch das bis nach Bamberg mitgeschleppte schwarze Witwenkleid aus der Reisetruhe. Ein böses Vorzeichen?

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Seitenzahl: 58

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Impressum

Volker Ebersbach

Das Rosenwunder

Erzählung

ISBN 978-3-96521-580-1 (E-Book)

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta

Das Buch erschien 2007 als Sonderheft 5 der Winsener Hefte. Literarische Mosaiksteinchen. Hans Boldt Literaturverlag GmbH, Winsen/Luhe

© 2021 EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.de

I

Ein wenig plaudern wollen sie heute wieder unter dem doppelten Rundbogen des Zwillingsfensters. Der ruht auf einer Doppelsäule und einem Doppelkapitell aus Ähren und den Köpfen auf deren Körner lüsterner Vögel. Der Bogen trennt die beiden Herren, wie sich‘s schickt, den Herrn Landgrafen und den Herrn Magister Disciplinac Spiritualis der Frau Landgräfin, und er verbindet sie, wie sie es wünschen, sooft sie plaudern. Ein Turmfalke huscht schreiend übers Dach.

– Wenn die Blüte vorbei ist, sagt Herr Ludwig, fängt das Laub an, alt zu werden

– Aber die Kletterrosen! Magister Rodeger von Serimunt atmet tief ein. – Die Kletterrosen, die Frau Elisabeth zu ihrer Hochzeit unter den Wendelstein gepflanzt hat, sind gerade erst erblüht! Zu eurer Hochzeit waren …

Unten breiten sich Wälder im Junimittag, sonnenduftig grün. Ihre Stämme schimmern aus dem Dunkel des Wipfeldaches, wo die Rodung endet. Vogelrufe sind seltener geworden. Aber Falken schreien um die Türme. Die Burgmauern umspielt kaum ein Lüftchen; doch scheinen hangab, hangauf die Eichenkronen in einer schwimmenden Bewegung. Die Nässe des Regens, der bis zum Morgengrauen fiel, trägt, von der Sonne angezogen, ihren Geruch herüber. Starr, und doch wie Federn leicht, schwindet die Ferne in immer flauerem Blau. Ein Glanz liegt in der Luft! In einer Menschenseele, die gleichfalls wie ein Hauch ist, leuchtet es bisweilen so.

Herr Rodeger bleibt still. Er ist so gut wie abgesetzt. Man sagt es ihm nur nicht. Als er vor Jahresfrist mitmusste zum Hoftag Kaiser Friedrichs in Cremona, wurde dem anderen die Kemenatentür geöffnet, Herrn Konrad von Marburg. Was wird nun aus der edlen Treue? Ach! War sie edel?

Er hätte in Italien bleiben können. Herr Ludwig hat ihn nicht gedrängt, wieder die Alpen zu übersteigen und erneut die Wartburg zu beziehen, wo dieser andere, dem nicht der Makel des fehlenden Gelübdes anhängt, schwerlich zu entlassen war. Herr Konrad hat der Welt entsagt, Herrn Konrads Haupt ist, wenn die Stoppeln nicht zu lang nachwachsen, von der Tonsur des Mönchs erleuchtet. Herr Rodeger ist nur der gelahrte Ritter, der Feinde töten kann und dennoch hinter Klostermauern gescheit wurde, gescheit in geistlichen Dingen, in weltlichen desgleichen. Die Schwertleite gilt nichts im Amt des Betens und das Gelübde alles.

War dies der Weg, den ihm das Schicksal wies? War es Unruhe, die ihn wieder in Ludwigs Gefolge trieb, Unruhe, dass Elisabeth des strengeren Beichtvaters nicht froh würde und er sie nicht von ihm befreien konnte? War es nur ganz irdische Sehnsucht nach dieser Frau, ein Sehnen, das sich schamhaft verhüllte mit dem Gewand einer Sehnsucht nach der Hohen Frau? Sehnen darf er sich nach ihrer Hoheit. Ist Sehnsucht nach der Frau dabei, fühlt er sich nicht mehr ihrer würdig. Was ihm die Pflichten stets angenehm gemacht hat, und wohin ihn seine Worte gelegentlich entführten, ist ganz scheußlich wider alle Pflicht, auch wenn es ein Geheimnis blieb. Er möchte flüchten. Da kommt es ihm gerade recht, dass sein Herr das Kreuz genommen hat. Und das zu denken ist so traurig wie das Lied über Tristan, das – mehr als zehn Jahre ist es her! – an diesem Hof ein Dichter sang, an jenem ersten Abend im knospenduftenden April, gleich nach der Ankunft, wie um den Ahnungslosen im Land der lichten, violetten Buchenforste als ein anderes Opfer unerlaubter Minne zu begrüßen.

In diesen Gedanken fällt Herrn Ludwigs Frage: – Willst du nicht bleiben? Elisabeth braucht Schutz.

Keine Antwort. Es wird kein Plaudern heute. Wie gute Freunde konnten sie auch immer schon vorzüglich miteinander schweigen.

Noch ein Mondwechsel, und sie ist zwanzig. Für Rodeger steht fest: Elisabeth war eigentlich gemeint, als Ludwig eben über das Laub feststellte, was man nicht sehen kann und doch einsehen muss. Sie trägt unter dem Herzen das dritte landgräfliche Kind, im sechsten Mond, hat sie gesagt. Gestern war das. Da hatte wohl wirklich etwas Welkes gelegen im Blick ihrer hellbraunen, bernsteinhellen Augen. Rodeger wollte es scheinen wie ein Bedauern: Nun sah ihr geistlicher Begleiter und Vertrauter schon wieder einen Beweis dafür, dass in der angeblich keuschen Ehe mit Herrn Ludwig doch bisweilen etwas vorfiel, und fragte sich, nur sich allein, worin die Keuschheit dieser Ehe also bestand. Über ihr erstes Kind hat sie ein einziges Mal gesagt, es sei von Gott, und dies undeutlich genug, damit es nicht anmaßlich klänge der Heiligen Jungfrau Maria gegenüber. Wie gern hätte Herr Rodeger geglaubt, es sei der Herrgott und kein anderer, der Elisabeth unter dem blauen Gewand beiwohnte.

Schutz vor wem, wäre bei Herrn Ludwig zu erfragen. Doch Gegenfragen sind gar nicht höflich. Und Elisabeth ist bestens versehen mit allem, was eine Frau zu ihrem Schutz benötigt. Weshalb spricht Ludwig heute dermaßen heikel! Will er die rot geweinten Augen, seine und ihre, ungesehen machen? Herrn Konrad wird er meinen und seine Art, die Frau Landgräfin zu loben: Ihre guten Werke machten sie Gott wohlgefällig. Dagegen hilft sie sich mit ihrer Art, heftig und knapp den Kopf zu schütteln, und mit dem Satz: Ich tu‘s aus Liebe, nicht um Gott zu gefallen, und auch, dass ich lieben kann, ist nichts als Gottes Gnade.

Alles kommt allein daher: Herr Ludwig hat das Kreuz genommen. Das Kreuz, das der blutjunge Landgraf von Thüringen vergangenen Herbst in Aachen an Karls des Großen Grab genommen und aus dem Dom getragen hat, war schwer wie Christi Kreuz. Das Juwel, das er an seiner Stelle in einem Kasten sorgsam versteckt gehalten hat, ist leicht, fast wie ein Amulett. Der Abschied macht es seinem Herzen nun so schwer wie das Kreuz Christi, das Kreuz und seinen Ruf ins Heilige Land, schwer wie das blaue Eisen dieses abgeregneten und ausgeweinten Himmels. Heute ist der Himmel blaues Eisen, das Eisen einer Rüstung, nicht blaue Seide, blauer Samt. Die fromme Aventüre, die Pilgerfahrt in Waffen ist beschlossen.

Doch auch Frau Elisabeth hat etwas verborgen gehalten und verbirgt es immer noch; nicht einmal Frau Isentrud von Hörselgau, die Erste Kammerdame, weiß etwas davon. Nur Rodeger hat es gesehen, befugt sogar: Ihm hat sie es gezeigt, weil eben der Deckel offen stand, als er eintrat: Das Witwengewand, das in der Reisetruhe ruhen soll bis an die Landesgrenze, bis sich der Tross der Ritter und Elisabeths Begleitzug trennen.

– Ich will es tragen, hat sie mit diesem welken Blick gesagt, bis ich meinen Ludwig wiedersehe, oder für den Rest meines Lebens!

Was er gesehen und gehört, wird er seinem Herrn nicht sagen; nicht einmal daran denken will er mehr. Die Angst macht alt, nichts weiter. Die Angst, dass Ludwig bei den Sarazenen umkommt.

Herrn Konrad von Marburg ist es leicht gefallen, das auszusprechen: – Wenn Euer Gemahl nicht wiederkehrt, so habt Ihr ihn für Gott hingegeben.

– Für Gott? hat Frau Elisabeth gefragt. – Gott begehrt keine Gabe. Den Armen sollen wir geben.

Wenn Ludwig umkommt, sagt sich Rodeger, und das Witwenschwarz flort wieder vor seinen Augen wie gestern in der Stunde, als der Landgraf unten im Tal zu Eisenach im Kloster Sankt Katharinen von seiner Mutter Abschied nahm, bei den Zisterzienserinnen, unter denen Sophie, die landgräfliche Witwe, seit zehn Jahren lebt.