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Der Diebstahl eines Buches, das eine magische Formelsammlung enthält, setzt eine Reihe von vorerst unerklärlichen Ereignissen in Gang.
Privatdetektiv Nicholas Tulp erhält von einem Mäzen, der seine wahre Identität verbirgt, den Auftrag, das Buch wiederzubeschaffen. Tulp erkennt bald, dass dieser Auftrag seine Erfahrungen überschreitet, denn die Verfolgung des Diebes führt ihn in ein alternatives Wien, in dem Dämonen und Menschen zusammenleben. In dieser alternativen Welt erfährt er erst, was es mit diesem Buch wirklich auf sich hat. Und was den Dieb und ihn verbindet …
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Roland Heller & Marten Munsonius
Der Endkrist
Horror-Roman
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer unter Mithilfe von eedebee/KI mit Bärenklau Exklusiv, 2025
Korrektorat: Peter Friedel
Nach einem Buch-Treatment von Marten Munsonius
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau (OT), Gemeinde Oberkrämer. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
www.baerenklauexklusiv.de / [email protected]
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Der Endkrist
Teil 1 – Diese Seite
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
Teil 2 – Die andere Seite
4. Kapitel
5. Kapitel
Teil 3 – Diese Seite
6. Kapitel
Der Diebstahl eines Buches, das eine magische Formelsammlung enthält, setzt eine Reihe von vorerst unerklärlichen Ereignissen in Gang.
Privatdetektiv Nicholas Tulp erhält von einem Mäzen, der seine wahre Identität verbirgt, den Auftrag, das Buch wiederzubeschaffen. Tulp erkennt bald, dass dieser Auftrag seine Erfahrungen überschreitet, denn die Verfolgung des Diebes führt ihn in ein alternatives Wien, in dem Dämonen und Menschen zusammenleben. In dieser alternativen Welt erfährt er erst, was es mit diesem Buch wirklich auf sich hat. Und was den Dieb und ihn verbindet …
***
von Roland Heller & Marten Munsonius
Personen
Mysteriöser Autor Hans Stahl – ca. 1450 – Buch: Bataille-Monument – Zauberbuch
Nicholas Tulp – Detektiv
Gaspard – Dieb
Hermine Duschek – Eine alte Dame, die verbotenerweise Tauben füttert
Jakub Kopecky – Ihm wird ein mächtiges Buch gestohlen
Gerard Roux – Pariser Detektiv
León Morin – Mitglied des Merlin-Zirkels
Raphael – Dämonenfürst
Die Fore – Herrscher über das Reich der Wiener Friedhöfe
Desdämona – Sie ist eine männerverführende Sirene.
Kolpak – Ein dunkler Engel
Balan – Kriegerdämon
Arioch – Dämon des Zorns
Driskoll – Kriegerdämon
Eisheth – Dämonin der Verführung
Jael – Rachedämon
Kolok – Nachtaktiver Dämon
Lyriel – Er taucht seine Opfer in Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit
Morax – Vermittelt Wissen in verbotenen Bereichen
Hubertus – Friedhofswächter in den Katakomben
Heket – Dämon, die über Fruchtbarkeit und Geburt herrscht
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen.
Woher kommt mir Hilfe?
Die Hilfe kommt vom Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Eine eigenartige Stimmung lag in der Luft.
Die ersten Strahlen der Sonne stahlen sich bereits in den Lichthof des sechsstöckigen Gebäudes im zweiten Gemeindebezirk, in dem Hermine Duschek verbotenerweise ihrer allmorgendlichen Tätigkeit des Taubenfütterns nachging.
Das Licht war heute irgendwie anders.
Das oberste Stockwerk des rund um den Lichthof geschlossenen Ensembles glänzte bereits in der Morgensonne. Bis die Sonnenstrahlen den Grund erreichten, dauerte es noch eine gute Stunde. Orange wirkte das Licht. Als könnte es sich nicht entscheiden, zu einem Morgenrot zu mutieren, wie es öfters zu sehen war.
Hermine Duschek war fast jedes Mal bei dem Anblick dieses Morgenrots unsicher, welcher Reim zutraf: »Morgenrot-Gutwetter-Bot« oder »Morgenrot–Schlechtwetter- droht«. Sie konnte die beiden Merksätze einfach nie richtig zuordnen. Sie verwechselte sie ständig, vielleicht auch deshalb, weil sie bislang noch nicht festgestellt hatte, dass die Richtigkeit der alten Bauernregel auch immer zutraf.
Am Boden des Hofes herrschten noch die Schatten. Ihre Bank war noch feucht vom Tau. Die Sitzbank gehörte nicht ihr, aber sie war diejenige Person im Haus, die am öftesten hier saß. Und das meist schon in der Früh, wenn jeder vernünftige Mensch noch im Bett lag, besonders jetzt im Herbst, da die Tage immer kürzer wurden und die Sonne sich immer später blicken ließ. Dieser späte Sonnenaufgang fiel gerade in diesen Tagen besonders auf, da man erst vor einer Woche zu der Normalzeit zurückgekehrt war. Das leidige Verstellen der Uhr sollte hoffentlich bald der Vergangenheit angehören. Seit Jahren versprachen die Gewaltigen an der Macht hier eine Besserung. Hermine Duschek war nicht sicher, ob sie das überhaupt noch erlebte.
Das Gurren der Tauben drang an ihr Ohr und erinnerte sie daran, weshalb sie überhaupt in den Lichthof gegangen war. In ihrer linken Hand trug sie die Papiertüte vom Bäcker, in dem sie die Brotreste – fein säuberlich zerkleinert – sammelte. Die Tauben sollten ohne viel Mühe zu ihrem Recht gelangen. Hermine wusste genau, dass das Füttern verboten war. Den Grund dafür konnte sie sehen, wenn sie sich rund um »ihre« Bank umsah – und auch die unschönen Streifen entlang der Fassade des Hauses blieben ihr nicht unbemerkt –, aber sie verharrte eisern auf dem Standpunkt, dass die ›armen Viecherl› sonst ja niemanden hatten, der sich um sie kümmerte.
Die Hausgemeinschaft hatte ihr angedroht, sie zur Kasse zur bitten, wenn sie die Hausfassade ausbessern lassen musste. Der Taubenkot arbeitete aggressiv am Mauerwerk und sorgte für massive Zerstörungen an der Hauswand. Er fraß sich richtiggehend durch den Stein.
Aus diesem Grund sah sich Hermine Duschek genau um und ließ ihre Augen über die Fenster streichen, ob sie jemand beobachtete, bevor sie wie zufällig ihre Brotreste zu Boden fallen ließ.
Die Tauben hatten nur darauf gewartet.
Ihr Flügelschlag verriet es Hermine. Sie kamen herabgesaust. Manche flogen so dicht an der alten Dame vorbei, dass sie fürchtete, von dem Schnabel aufgespießt zu werden. Die Tauben nahmen keine Rücksicht auf sie.
Ihr Gurren hatte sich zu einer solchen Lautstärke vervielfacht, dass es nicht mehr geheim bleiben konnte, dass Hermine Duschek schon wieder die lästigen Tauben fütterte.
»Verdammtes Weib!«, keifte eine erste Stimme aus dem zweiten Stock. »So werden wir die Viecher nie los!«
Aus einem anderen Fenster, etwas verschoben, aber ein Stockwerk darunter, bestärkte sie eine zweite Stimme, ebenfalls weiblich und mit einem durchdringenden Timbre, welches das gesamte Haus aufweckte.
Das Gurren der Tauben ging fast unter in den Ratschlägen, die aus zahlreichen Fenstern klangen. Manche der Stimmen wünschten die alte Frau an den Galgen, andere klangen nicht so radikal, aber alle waren sich einig, dass die Polizei der »guten Frau« den Ernst der Lage klarmachen musste.
Sämtliche Bewohner der vier Gebäude, die diesen Innenhof umschlossen, konzentrierten ihr Interesse nur mehr auf den Innenhof. Was im Rest des Gebäudes vor sich ging, blieb in diesen Minuten des frühen Tages unbemerkt.
Diesen Umstand nutzte ein Mann aus, der das Gebäude bereits seit mehreren Tagen beobachtete und nur auf einen Augenblick wie diesen gewartet hatte, wann er möglichst unbemerkt seinen Geschäften nachgehen konnte.
*
Gaspard war ein Dieb. Diese Tätigkeit betrieb er professionell. Wenn seiner Arbeit nicht der Makel der Ungesetzlichkeit anhängen würde, hätte er diese Bezeichnung sogar offiziell als seine Berufsbezeichnung angegeben, aber in der von Gesetzen geregelten Welt, in er ein rigider Eigentumsbegriff vorherrschte, war das natürlich nicht möglich. Dabei betrachtete er seine Arbeit als eine künstlerische Betätigung. Welcher Außenstehende wusste schon, worauf er in seinem Beruf zu achten hatte. All die Feinheiten, die er bedenken musste, all der Aufwand, den er betreiben musste, um ungesehen seiner Arbeit nachgehen zu können und vor allen unbemerkt und ohne Spuren zu hinterlassen den Ort seiner künstlerischen Tätigkeit zu verlassen, diese Aspekte gingen unter in dem – zugegeben – niedrigen gesellschaftlichen Ansehen, den sein Beruf bei der Allgemeinheit genoss.
Gaspard jedoch liebte seinen Beruf.
Anerkennung bekam er in seinen eigenen Kreisen, und das genügte ihm, denn das Urteil in diesem Kreis kam aus einem profunden Mund.
Gaspard wartete nur darauf, dass Hermine Duschek ihrer Leidenschaft des Taubenfütterns nachging und mit ihrem Tun begann. Von der ersten Sekunde an hielt er sich bereit einzugreifen und die Bewohner darauf aufmerksam zu machen, dass die alte Dame ihre Brotkrümel in dem Innenhof ausstreute, sollte keiner der Bewohner von sich aus ihre Tätigkeit bemerken und mit einem lauten Schrei – wie üblich – der alten Dame zu erkennen geben, dass ihr Tun nicht länger geheim war. Sie konnte es nicht mehr abstreiten, wenn das halbe Haus Zeuge geworden war.
Sein Eingreifen war zumindest in dieser Hinsicht an diesem Tag nicht mehr nötig.
Die Aufmerksamkeit der Bewohner richtete sich auf den Innenhof.
So gelangte Gaspard ungesehen in das Haus, fand das richtige Stiegenhaus auf Anhieb und stürmte ohne weitere Vorsichtsmaßnahme bis in das oberste Stockwerk. Absichtlich benutzte er nicht den Lift, denn der einzige unvorhersehbare Moment war jener, in dem die Lifttür an seinem Ziel aufging, weil er nie planen konnte, ob jemand davorstand und den Lift benützen wollte.
Wie er erwartet hatte, fand er das Stiegenhaus unbesetzt. Die absoluten Frühaufsteher hatten das Haus längst verlassen und alle anderen schliefen entweder noch oder saßen beim Frühstück. Arbeit und Schule starteten in der Regel nicht vor acht Uhr in der Früh. Er hatte nicht umsonst genau diese Zeit für seinen Coup geplant.
Die beiden obersten Stockwerk gehörten einem Sonderling. Gaspard wusste nicht viel über ihn, nur so viel, wie er für die Erledigung seines Auftrages brauchte. Da sein Auftraggeber dafür gesorgt hatte, dass der zu bestehlende Sonderling zu einer fingierten Besprechung nach Prag abgereist war, fürchtete er keine Entdeckung, sowie er einmal in die entsprechenden Räumlichkeiten eingedrungen war. Um 6:30 hatte der Mann das Haus verlassen. Jetzt zeigte seine Uhr 7 Uhr 10 an. Hier oben gab es außer dem Wohnbereich des Sonderlings keine weitere Wohneinheit. Er konnte sich in Ruhe seinem Auftrag widmen.
Die untere Ebene der beiden zur Wohnung gehörenden Geschoße beherbergte die Wohnung. Diese Räume interessierten ihn nicht. Ihn trieb es in die direkt unter der Dachschräge liegende Fläche, die zu einer riesigen Bibliothek ausgebaut worden war. Schrank reihte sich an Schrank. Die Zahl der Bücher erreichte nach Gaspards vorsichtiger Schätzung sicherlich eine fünfstellige Zahl. Ihm stand also eine langwierige Suche bevor.
Zum Glück war die Bibliothek übersichtlich aufgebaut und nach logischen Sachgebieten geordnet. Was es nicht gab in dieser Bibliothek, waren Bücher, die man unter dem allgemeinen Begriff Belletristik zusammenfasste. Damit hatte der Besitzer anscheinend nichts am Hut. Dafür gab es eine Unmenge an populärwissenschaftlichen Wälzern so gut wie aller der Wissenschaft bekannten Gebiete, die unter dem Oberbegriff Sachbuch liefen und unter diesem Namen auch an den Seitenwänden der Schrankwände gekennzeichnet waren.
Der größte Teil der Bibliothek umfasste Fachbücher. Ernsthafte wissenschaftliche Arbeiten. Zu Gaspards Verwunderung liefen unter dieser Rubrik auch die zahllosen Bücher, die sich mit dem Gebiet der Esoterik, der Magie und der lediglich in der Vorstellung mancher Phantasten existierender Zauberei beschäftigten.
Er hatte gar nicht gewusst, wie viele Bücher es gab, die sich mit all diesen Dingen beschäftigten.
Aber nun stand er direkt vor dieser Abteilung innerhalb der Bibliothek. Mehrere Bücherwandreihen umfasste diese Sammlung. An einer der Seitenwände gab es als Orientierungshilfe eine Ordnungsübersicht. Die war aber weder alphabetisch nach Autoren noch nach Wissensgebieten geordnet. Vermutlich kannte sich selbst der Besitzer ohne weitere Hinweise in diesem Wirrwarr nicht aus. Der hatte allerdings keinen Grund gesehen, einem Fremden das Suchen nach einem bestimmten Titel zu erleichtern.
Gaspard besaß zum Glück mehrere Hinweise, die ihm bei der Suche helfen sollten.
Das Buch, nach dem er Ausschau hielt, war circa 400 Jahre alt. Das war bereits ein wertvoller Hinweis, denn es verriet viel über die Machart des Buches. All die neueren, in Leinen oder gar Karton gebundenen Bücher konnte er außer Acht lassen.
Als weiteren Hinweis wusste er, dass der Einband schmucklos und ohne jeglichen Hinweis auf den Inhalt war. Wenn er das Buch öffnete, bekam er ein Sammelsurium von verschiedenen Sprachen – offizielle und Geheimsprachen – zu sehen, schön verzierte Seiten befanden sich neben wie rasch hingekritzelten Merkblättern. Der Inhalt stammte nicht von einem einzelnen Autor.
Es handelte sich um eine Sammlung, die vor 400 Jahren ein Freund dieser Materie zu einem einzigartigen Band zusammengefügt hatte.
Es gab nur dieses eine Exemplar.
Von seiner Existenz wussten weltweit nur wenige Leute. Diejenigen, die allerdings eine Ahnung davon hatten, fürchteten sich im Geheimen vor dem Tag, an dem dieses Buch wieder in das Bewusstsein der Allgemeinheit trat, denn sie kannten die Brisanz des Inhalts.
Gaspard machte sich auf die Suche.
*
Im Innenhof steigerte sich der Lärmpegel. Verantwortlich dafür waren nicht nur die erbosten Bewohner, die zwischenzeitlich aus mindestens sieben Fenstern der alten Frau Duschek ihren Unmut entgegenschrien.
»Warte nur, bis die Polizei kommt!«
»Dich sollte man auch auf Brotkrümeldiät setzen!«
Das waren noch die harmlosesten Beispiele an Zurufen, die an das Ohr von Hermine Duschek drangen, aber sie genügten, die alte Frau in Verwirrung zu stürzen. Hier gab es für sie keine Möglichkeit, sich zu verstecken. Ein paar kümmerliche Gewächse begrünten zwar den Innenhof, Sichtschutz, vor allem von oben, boten sie allerdings keinen. Am liebsten wäre sie im Boden versunken.
Aber eine gewisse Hartnäckigkeit hieß sie bleiben. Sollte die Polizei ruhig kommen. Sie kannte das bereits. Wegen einer Tauben fütternden alten Dame rückten die garantiert nicht aus. Die hatten Wichtigeres zu tun.
Sie hatte die Brotkrümel ohnehin bereits ausgestreut.
Üblicherweise setzte sie sich nach dem Ausstreuen auf »ihre« Garten-Bank. In dem Lichthof gab es drei Stück, aber sie benütze ständig »ihre« Bank und sah den Tauben zu. Ihr Herz ging ihr jedes Mal auf, wenn sie zusah, wie sie eifrig ihr Köpfchen zu Boden senkten und Brösel für Brösel aufpickten. Und wenn dann eines der Tiere bei dieser Tätigkeit innehielt und zu ihr hochblickte, durchströmte sie ein Glücksgefühl, das sie an verflossene Zeiten erinnerte, als ihr Ehemann noch unter den Lebenden geweilt hatte und sie gemeinsame Tage des Glücks wie im Rausch erlebt hatten – in ihrer Wohnung mit drei Hunden und zwei Katzen.
Nun waren ihr nur mehr die Tauben geblieben, um die sie sich kümmern konnte. Und selbst diese Tätigkeit vermiesten ihr die herzlosen Nachbarn. Hermine Duschek kam es in Situationen wie dieser stets in den Sinn, dass eigentlich nur mehr alte schrullige Leute in dem Gebäude wohnten. Das Alter musste ihre Herzen versteinert haben.
Vielleicht wären ihre Gedanken noch mehr in das Negative abgedriftet, wenn nicht plötzlich etwas eingetreten wäre, das auch Hermine Duschek in Panik versetzte.
Eine merkwürdige Unruhe griff nach den Tauben. Wie auf ein stilles Kommando hielten sie plötzlich im Picken nach den Brotkrümeln auf. Ihre Köpfchen ruckten nach allen Seiten herum, als suchten sie etwas Bestimmtes.
Krächzen mischte sich unter die keifenden Stimmen aus den Fenstern.
Krähen waren es. Tiefschwarze Tiere, eine mehrere Tiere umfassende Gruppe, die in den Innenhof einfiel.
Als würde den Tauben eine plötzliche Gefahr bewusst, verstärkte sich ihre Unruhe. Die ersten Tiere erhoben sich in die Luft. Ihr Gurren klang auf einmal anders. Kürzer und panischer fast.
Während die meisten Tauben wie gelähmt auf dem Boden für eine Sekunde verharrten, stürzten sich die Krähen auf all jene Tauben, die hoch auf das Dach fliegen wollten, wo sie vermutlich eine Öffnung in den Dachboden gefunden hatten, in den sie flüchten wollten.
Mit Entsetzen sah Hermine Duschek, was sich nun in der Luft abspielte. Nicht nur Hermine bekam ein ungewohntes Schauspiel zu sehen, auch all die Bewohner, die an den Fenstern hingen und der alten Frau Duschek die Hölle an den Hals wünschten.
Die Tauben besaßen keine Chance. Krallen und Schnäbel waren die Werkzeuge, die sich tief in das Fleisch der Tauben gruben. Zuallererst flogen die Federn. Die kleineren Tauben wehrten sich nach Kräften, versuchten gewagte Flugmanöver, aber selbst die Flugkünste der Krähen überstiegen jene der Tauben – oder hatte es nur in dem engen Raum, der zur Verfügung stand, den Anschein?
Unwillkürlich hielt sich Hermine Duschek die Ohren zu. Die Schreie der Tauben schmerzten sie selbst. Sie sah die ersten Körper zu Boden fallen, zerzaust und mit blutigen Wundmalen übersät.
Die Rabenkrähen hatten noch nicht genug.
Nachdem sie den Fluchtversuch der ersten Vögel vereitelt hatten, kamen die restlichen Tauben an die Reihe.
In einem ersten Reflex zog Hermine Duschek ihre Beine an und sprang auf der Bank in die Höhe, als könnte sie das vor der heranbrausenden Gefahr retten. Die Krähen flogen dicht an ihr vorbei, streiften sie mit ihren Flügeln.
Irgendwann einmal in dieser Sekunde wurde ihr bewusst, dass die selbst schutzlos den Vögeln ausgeliefert war, wenn diese sie ebenfalls angreifen wollten. Dass es sich um einen gezielten Angriff handelte, erkannte sie intuitiv. Es war nicht normal, dass Krähen die kleineren Tauben angriffen. Die Vögel stritten sich zwar öfter um Futter, diese Streiterei blieb allerdings im üblichen Konkurrenzverhalten um das vorhandene Futter.
Ihr Verhalten war abnormal. Jederzeit konnten die Krähen auch Hermine Duschek angreifen. Ihre Schnäbel waren scharf genug, damit sie ihr gefährliche Wunden schlagen konnten. Es genügte ja schon, wenn sie es auf ihre Augen abgesehen hatten.