Ein fernes, unheimliches Land - Roland Heller - E-Book

Ein fernes, unheimliches Land E-Book

Roland Heller

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Beschreibung

Lester Dougalls Geburtshaus birgt ein dunkles Geheimnis. Wenn er dieses Geheimnis lösen kann, findet er auch heraus, wer sein Vater ist.
Irgendwo in diesem Haus muss sich ein Tor finden lassen, das in das ferne Land, in das Land der Dämonen führt. Dieses ferne Land ist wie ein negativer Spiegel der Erde, denn Gut und Böse haben sich dort ins Gegenteil verkehrt.
Etwas Unbekanntes unternimmt alles, um Lester in dieses ferne, unheimliche Land zu locken. Er fühlt diesen Ruf mit jeder Faser seines Körpers, und plötzlich verschwindet seine Nachbarin. Mit diesem Augenblick weiß er, dass er sie finden muss, koste es, was es wolle …

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Roland Heller

 

 

Ein fernes,

unheimliches

Land

 

 

 

 

Unheimlicher Roman

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv

Cover: © by Steve Mayer, nach Motiven, 2024 

Korrektorat: Claudia Müller

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

www.baerenklauexklusiv.de

 

Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv. Hiermit untersagen wir ausdrücklich die Nutzung unserer Texte nach §44b Urheberrechtsgesetz Absatz 2 Satz 1 und behalten uns dieses Recht selbst vor. 13.07.2023 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Ein fernes, unheimliches Land 

Prolog 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

Epilog 

Weitere Romane von Roland Heller sind erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung 

 

Das Buch

 

 

 

 

Lester Dougalls Geburtshaus birgt ein dunkles Geheimnis. Wenn er dieses Geheimnis lösen kann, findet er auch heraus, wer sein Vater ist.

Irgendwo in diesem Haus muss sich ein Tor finden lassen, das in das ferne Land, in das Land der Dämonen führt. Dieses ferne Land ist wie ein negativer Spiegel der Erde, denn Gut und Böse haben sich dort ins Gegenteil verkehrt.

Etwas Unbekanntes unternimmt alles, um Lester in dieses ferne, unheimliche Land zu locken. Er fühlt diesen Ruf mit jeder Faser seines Körpers, und plötzlich verschwindet seine Nachbarin. Mit diesem Augenblick weiß er, dass er sie finden muss, koste es, was es wolle …

 

 

***

Ein fernes, unheimliches Land

Unheimlicher Roman

 

 

Prolog

 

Ein ehrwürdiges Haus in Lowell, New England

 

 

Jennifer Dougall lenkte ihren Wagen in die Einfahrt des Hauses Nr. 19 in der Gulliver Street in Lowell.

Ein schmaler Kiesweg, der alles andere als gepflegt wirkte, führte zu dem Haus hin. Dicht vor dem Gebäude verbreitete sich der Weg fast zu einer herrschaftlich anmutenden Auffahrt und bildete einen geschlossenen Kreis für die Zu- und Abfahrt.

Der ungepflegte Eindruck des Kiesweges erstreckte sich auf den Rest des Anwesens – Haus und Garten –, falls man letzteren Ausdruck überhaupt verwenden konnte, denn Wildnis traf den Zustand eher.

Auf den ersten Blick sah das Haus aus wie ein im typischen New England Stil erbautes Kolonialhaus.

Eine von Säulen getragene Veranda umlief das Gebäude auf der Vorderfront und schuf sowohl im Obergeschoss wie auch im Erdgeschoss das Gefühl von Geborgenheit und überlegter Ordnung. Das Holz war vermutlich ursprünglich in Weiß gestrichen gewesen, jetzt wirkte es eher grau bis dreckig. Das zweistöckige Gebäude glich, wie gesagt, auf der Frontseite dem Kolonialstil des 19. Jahrhunderts, doch hatte es den Anschein, als habe jeder Besitzer seine eigenen Vorstellungen dem Haus aufgepfropft und umfangreiche Umbauten vorgenommen. Da entstand zusätzlich ein runder Turm, dort wurde ein großzügiges Obergeschoß dazu gebaut, Erker eingefügt und und und …

Das Haus wirkte wie ein Sammelsurium verschiedenster Stilepochen, bewahrte aber doch den Charm der Kolonialzeit, wenn auch sehr individuell ausgedrückt.

»Das ist mein Erbe«, sagte sich Jennifer und schaltete den Motor aus, ehe sie ausstieg. Nicht weit vor ihr parkte ein anderes Fahrzeug. Das musste der Rechtsanwalt sein, der mit den Schlüsseln auf sie wartete.

Warum gerade ich?, fragte sie sich ein wiederholtes Mal, als sie langsam auf das Haus zuschritt.

Jennifer war in der Erbfolge lediglich die Nummer acht. Eigentlich hätte sie keinen Anspruch auf das Haus erheben dürfen, dazu gab es zu viele nähere Verwandte, aber aus welchen Gründen auch immer, jeder hatte dieses Haus als Erbe abgelehnt. So suchte der Erbverwalter nach weiter entfernten Verwandten, bis er auf Jennifer stieß, die als Erste das Erbe annahm.

Hausbesitzerin!

Jennifer war nicht in der Lage, großzügig mit dem Geld umzugehen. Um über die Runden zu kommen, musste sie streng haushalten. In dieser Lage konnte sie es nicht ausschlagen, auf so ein Erbe zu verzichten.

Sie war 35 Jahre alt und seit drei Monaten geschieden. Ihr zur Gewalt neigender Ehemann hatte sie mehr oder weniger aus dem gemeinsamen Haus geprügelt, als sie sich vor wenigen Nächten ihm plötzlich verweigerte, weil er sich neben ihr eine Freundin für das Bett zugelegt hatte, wie er sich ausdrückte. In diesem Sinn kam ihr das Erbe gerade recht. Sie brauchte ohnehin eine Bleibe.

Lowell lag nicht weit weg von den Hauptrouten nach Boston – das Anwesen, das sie geerbt hatte, lag zwar etwas abseits -, aber nahe genug an Massachusetts, wenn es sie nach Kurzweil verlangte. Dort pulsierte das Leben. Vielleicht habe ich als 35jährige Geschiedene selbst hier noch Glück und finde einen Mann, träumte sie, als sie auf das Eingangstor zuschritt.

Jennifer war eine schlanke, aber irgendwie blass aussehende Persönlichkeit, die in manchen Männern sofort das Gefühl des Beschützers erweckte. Diesen Charakterzug hatte sie natürlich kultiviert, als sie entdeckt hatte, dass zahlreiche Männer so auf sie reagierten. Erst viel später war ihr klar geworden, dass sie sich damit bei ihren Beziehungen in die Abhängigkeit begab und nur mehr für einen bestimmten Typ Mann interessant war.

Bevor sie das Haus erreichte, öffnete sich das schwere Eingangstor und ein würdig aussehender Gentleman trat auf den obersten Treppenabsatz.

»Jennifer Dougall?«, erkundigte er sich.

Jennifer nickte.

»Ich darf Ihnen die Schlüssel übergeben. Wenn Sie mir hier bitte unterzeichnen, damit alles seine Ordnung hat!«

»Ja, natürlich! Führen Sie mich durch das Haus?«

»Nein, leider nicht. Dazu fehlt mir die Zeit. Sie können sich das Anwesen in Ruhe ansehen. Das Hauptgebäude und sämtliche Nebengebäude sind mit den Schlüsseln, die ich Ihnen hiermit übergebe, betretbar.«

»Keine Besichtigung?«, wunderte sich Jennifer.

»Ich bin kein Makler, Mylady«, erwiderte der Anwalt. »Mein Job besteht lediglich darin, Ihnen die Schlüssel auszuhändigen. Diese halbe Stunde, die ich in diesem Haus verbracht habe, bestärkt mich lediglich darin, dass in den Geschichten, die man sich über dieses Haus erzählt, etwas Wahres stecken könnte.«

»Was erzählt man sich über dieses Haus?«

»Wissen sie das nicht, Mylady?«

Jennifer schüttelte im ersten Moment nur verwirrt den Kopf. Dann schoss ihr plötzlich ein Gedanke ins Hirn: »Weshalb haben sie auf das Erbe verzichtet?«

Der Rechtsanwalt kombinierte richtig.

»Ihre Verwandten haben sie nicht aufgeklärt? Nun, das verwundert mich nicht. Es heißt, dass die Familie erst von dem Fluch erlöst wird, wenn jemand aus der Familie erneut den Kampf aufnimmt. Wenn Sie bislang noch nichts davon gewusst haben … Vielleicht ist es nur Aberglaube, ich kann es nicht sagen.«

»Was ist wirklich los mit diesem Haus?«, schrie Jennifer plötzlich laut heraus.

»Es spukt«, sagte ihr Gegenüber, »hier passieren Sachen, die nicht mit rechten Dingen zugehen.«

 

*

 

Jennifer nahm die Schlüssel in Empfang und öffnete erst einmal den Kofferraum ihres Fahrzeugs. Der Anwalt sah dies als Anzeichen, als wollte Jennifer das Gebäude beziehen. Es gab keinen Grund mehr für ihn, hier länger zu verweilen. Er setze sich in sein Auto und fuhr davon. Als das Fahrzeug außer Sicht geriet, ließ Jennifer die Koffer Koffer sein und betrat zum ersten Mal das Haus.

Eine gewaltige Eingangshalle empfing sie. Jennifer konnte sich plastisch vorstellen, welche Feste in dieser Halle gefeiert worden waren, wie das Leben hier einst pulsiert hatte. Eine frei schwingende Treppe führte in das Obergeschoss. Ein tiefroter Teppich war auf der Treppe ausgelegt. Sie konnte nicht anders. Sie stieg die Treppe empor und schaute in die einzelnen Zimmer.

Der Luxus beschränkte sich lediglich auf den Eingangsbereich. Die Zimmer selbst waren karg bis ärmlich eingerichtet. Der Staub der letzten Jahre, in denen das Haus unbewohnt stand, lag über allem.

Im zweiten Obergeschoss stieß sie auf einen Raum, der aussah, als wäre er bis zuletzt benützt worden.

Zuerst fiel ihr auf, dass der Raum sauber war. Fast so, als hätte ihn eine Reinigungskraft erst vor wenigen Minuten verlassen.

Bunt gemusterte Gobelins bedeckten die Wände. Die gezeigten Szenen verwirrten Jennifer im ersten Augenblick. Gestalten, die sie im ersten Augenblick an Figuren aus den Bildern von Hieronymus Bosch erinnerten, trieben in allerlei Situationen ihr Unwesen. Da gab es grausame Folterszenen, aber auch Bilder voll erotischer Sinnlichkeit. Diese Bilder versetzten Jennifer in einen eigentümlichen Zustand. Für einen Moment wusste sie nicht, welcher Richtung sie gedanklich folgen sollte, der Qual oder der Lust in der Erotik.

Dann entdeckte sie die Inschrift: »Wir warten auf dich.«

Und etwas darunter stand noch: »Wir sind bereit für deine Rückkehr!«

In diesem Zimmer verlor sie irgendwie ihre Zeit.

Als sie den Raum endlich verließ, stand die Sonne nur mehr eine knappe Handbreit über dem Horizont.

Sie brachte ihr gesamtes Gepäck in die Eingangshalle.

Glücklicherweise fand sie noch genügend Sandwiches in ihrem Reiseproviant, sodass sie nicht extra kochen musste, um sich ein Abendmahl zuzubereiten.

Die Dunkelheit kam.

Es gab keinen Strom in dem Haus.

Vermutlich war er abgeschaltet worden. Das musste sie gleich morgen erledigen.

Bei ihren mitgebrachten Vorräten entdeckte sie eine Flasche Wein.

»Du bist jetzt Hausbesitzerin!«, sagte sie sich und öffnete die Flasche. Sie goss die rubinrote Flüssigkeit in einen Becher aus schwarzem Glas und stieß - in Ermangelung eines menschlichen Partners - mit dem Mond an. Das schwarze Glas hatte sie in einem Küchenkasten entdeckt. Es war eines der wenigen Dinge, die noch nicht in Scherben in dem Schrank lagen.

Das Glas und etwas Geschirr waren das einzige, das sie an diesem Abend reinigte. Bevor sie es benutzte. Und natürlich auch danach.

Irgendwann einmal war es so weit, dass sie sich einen Schlafplatz suchen musste.

Aufgeräumt war nur ein Zimmer.

Das Bett dort lud zum Schlafen ein. Es befand sich unter dem Wandgemälde mit den phantastischen Gestalten.

Jennifer wechselte noch rasch die Bettwäsche, dann, nach drei Gläsern Wein, ließ sie sich einfach auf das Bett fallen und blieb so liegen, wie sie gelandet war.

 

*

 

Am nächsten Morgen erinnerte sie sich lediglich noch, dass sie in ihren Träumen eine ekstatische erotische Nacht verbracht hatte.

So etwas war ihr noch nie passiert.

Die Figuren aus den Wandteppichen in dem Zimmer schienen plötzlich lebendig geworden zu sein und arbeiteten nur auf ein Ziel hin: ihr das größtmögliche Glück zu bringen.

Klar, dass sich Jennifer das in ihrem Traum gefallen ließ.

Als sie deshalb an diesem Morgen erwachte, brauchte sie mehrere Minuten, bis sie sich wieder zurechtfand. Etwas tramhappig stand sie auf und bereitete sich ein Frühstück zu. Danach versuchte sie den Tag wie üblich zu organisieren.

Ihr Fahrzeug stand noch vor der Tür. Aus welchem Grund auch immer, der Kofferraumdeckel war noch immer hochgeklappt, auch wenn sie alles ausgeräumt hatte. Wie gezeichnet drangen einige Sonnenstrahlen direkt in den Kofferraum vor. Als Jennifer den Kofferraumdeckel zuschlug, schien gleichzeitig das schöne Wetter zu enden.

Plötzlich drang ein lautes Donnern auf; wo gerade erst noch ein blauer Morgenhimmel leichte Dunstwolken hatte sehen lassen, türmten sich plötzlich schwarze Gewittertürme empor.

Jennifer rettete sich ins Haus, bevor die ersten Regentropfen fielen.

Der Wind pfiff durch das Haus. Jennifer hatte richtig zu tun, durch die gesamte Anlage zu stürmen und nach offenen Fenstern zu suchen, die sie schließen musste, wenn sie das unheimliche Pfeifen, das durch die gesamte Anlage drang, abstellen wollte.

 

*

 

Als sie am nächsten Morgen erwachte, überfiel sie ein Gefühl der Scham und unsicher blickte sie sich um, ob sie tatsächlich allein im Bett lag, so lebensnah und wirklich hatte sie auch diese Nacht in einer erotischen Ektase verbracht.

Aber an diesem Morgen kam sie dazu, die notwendigsten Erledigungen in der Stadt zu tätigen. Vor allem brauchte sie Strom, und auch der Wasseranschluss musste erst wieder hergestellt werden.

Ihr nächster Weg führte sie in die Mall. Danach war ihr Wagen wieder vollgepackt, aber sie hatte nun die wichtigsten Dinge im Haus und vor allem genügend Vorräte, damit sie nicht wegen jeder Kleinigkeit gleich wieder in die Stadt fahren musste.

Das Haus wurde ihr langsam ungeheuerlich. Tagsüber verbrachte sie die Zeit damit, die nächsten beiden Zimmer so weit herzurichten, dass man sich in ihnen gemütlich aufhalten konnte. In Wirklichkeit hieß das, dass sie eine ganze Menge altes Gerümpel zu entsorgen hatte. Zweimal hatte sie ihr Auto gefüllt und den alten Mist zu einer Deponie gefahren.

Als alles erledigt war, gönnte sie sich eine ausgiebige Dusche. Danach beschloss sie, ihr Abendmahl in einem Restaurant einzunehmen.

In Lowell gab es mehrere günstige Essgelegenheiten, in die sie sich als Frau auch alleine hinein getraute. Das Restaurant füllte sich gegen Abend, und zu späterer Stunde, als sämtliche Tische besetzt waren, fragte die Bedienung sie, ob sie ihr einen Herrn an den Tisch setzen durfte.

Jennifer nickte geistesabwesend. Solange der Mann kein Bedürfnis entwickelte, mit ihr anzubandeln, sollte es ihr recht sein.

Jennifer hatte es nicht vorgehabt, doch irgendwie entwickelte sich ein Gespräch und bald stießen sie auf eine Menge gemeinsamer Interessen. So saßen sie zuerst länger an dem Tisch und später noch an der Bar. Nur eine undeutliche Erinnerung begleitete sie den Rest der Nacht.

Am nächsten Morgen wachte sie allein in einem Hotelzimmer auf. Ihr Galan war verschwunden. Sie wusste nicht einmal seinen Namen.

 

*

 

Die Anzeichen waren von Beginn an eindeutig, aber hartnäckig ignorierte Jennifer sie, bis sich ihre Schwangerschaft nicht mehr leugnen ließ.

Sie hatte in Lowell in einer Buchhandlung einen Job gefunden. Drei Tage in der Woche musste sie dem Besitzer beim Verkauf helfen. Deshalb hatte er sie vorgeblich eingestellt, aber Jennifer bemerkte bald, dass es dem Besitzer lediglich darum ging, sich eine Reinigungskraft zu ersparen. Die Arbeit mit den Kunden machte ihr Spaß, die Arbeit danach nahm sie als notwendiges Übel in Kauf, bis sich ein besser bezahlter Job auftat.

Immerhin vermittelte der Buchhändler ihr einen Termin bei einem befreundeten Arzt, der sie ab nun regelmäßig untersuchte und ihr bestätigte, dass alles in bester Ordnung war.

Körperlich: Ja.

Seelisch: Nein.

Natürlich hatte sie alles Mögliche unternommen, den Vater ihres Kindes ausfindig zu machen. Die Suche nach ihm nahm mehr als zwei Monate in Anspruch und Jennifer befand sich bereits im siebten Monat ihrer Schwangerschaft, als er endlich gefunden wurde, weil er erneut durch Lowell durchkam.

Er nächtigte sogar in demselben Hotel, und dort erkannte ihn der Portier. Da der Portier sowohl von der Polizei wie auch von Jennifer kontaktiert worden war, erinnerte er sich an die Suchanfrage der Frau. Er verständigte sowohl Jennifer wie auch die Polizei.

Zu zweit besuchten sie den Mann. Jennifer und ein Polizist, der einen gemütlichen, väterlichen Eindruck hinterließ. Dieser Eindruck wurde jedoch schnell verwischt, wenn eine Amtshandlung anstand.

»Ich erinnere mich noch genau an diese Nacht«, begann er und betrachtete Jennifer musternd. »Wir waren beide einsam in dieser Nacht und haben uns zusammengelegt, aber ich schwöre, wir hatten keinen Sex!«

»Ich bin schwanger!«, rief Jennifer.

»Ich bin nicht der einzige Mann der Welt. Wir haben uns diese Nacht getroffen. Du bist mit einem fremden Mann auf sein Zimmer gegangen. Wer weiß, wie vielen Männern du bereits nachgestiegen bist.«

Entrüstet schrie Jennifer auf und hob bereits ihre zu Fäusten geballte Hände. Sie hätte vermutlich zugeschlagen, wenn der Polizist sie nicht daran gehindert hätte.

»Wir waren beide betrunken«, gab der Mann zu. »Sogar ziemlich betrunken. Verdammt, wir haben es versucht, aber ich hab’ keinen hochgekriegt. Ja, ich gebe es zu, das hat mich in meiner Männlichkeit arg gestört. Ich habe es als Niederlage empfunden. Deshalb bin ich auch auf und davon, bevor du aufgewacht bist.

Tut mir leid, dass es so gekommen ist.«

»Können Sie sich an ihren Sex mit diesem Mann erinnern?«, fragte der Polizist direkt.

»Wie soll ich sonst schwanger werden? Nein, ich kann mich nicht erinnern. Ich weiß nur, dass ich mit keinem anderen Mann eine Nacht verbracht habe.«

»Dazu braucht es nicht unbedingt eine Nacht!«, schimpfte der Mann, dann warf er Jennifer und den Polizisten aus seinem Hotelzimmer. »Wenn das Kind mir ähnlich sieht, dann …« Er ließ den Satz offen. »Ich komme so alle zwei Monate durch Lowell durch.«

Dann standen der Polizist und Jennifer vor dem Hotel. »Diese Angelegenheit wird das Gericht klären«, beruhigte der Polizist die zu Tränen gerührte Frau. Jennifer hatte sich ein anderes Ergebnis ihres Gesprächs vorgestellt. Zwar war ihr klar, dass der Fremde nicht gleich in Jubelschreie ausbrechen würde, wenn er erfuhr, dass er Vater wurde, aber ein wenig Entgegenkommen und Verständnis für ihre Situation hatte sie doch erwartet.

 

*

 

Das Erste, was sie an diesem denkwürdigen Tag unternahm, nachdem sie ihr Haus erreicht hatte, war, sämtliche Besitztümer von ihr aus dem Zimmer zu räumen, in dem sie seit dem ersten Tag genächtigt hatte.

In den letzten Tagen hatte sie so gut wie alle Räume wohnlich hergerichtet. Nun zog sie in einen Raum im ersten Obergeschoß gleich neben der Treppe ein. Dort lag eines der Badezimmer gleich nebenan. Das musste zwar erst noch renoviert werden, aber es war immerhin eine Option für die Zukunft.

Notdürftig verstaute sie alles in einem Kasten. Ordnung konnte sie später schaffen. Für diese Feinarbeit war sie momentan zu aufgewühlt. Und sie war sauer auf alle Männer! Nicht nur diesen Mann im Speziellen, auf alle Männer, selbstverständlich auch auf ihren ersten Ehemann …

Sie ließ sich auf das Bett fallen. Es knarrte vernehmlich. Sie lag auf dem Rücken und blickte auf die weiße Decke und die weißen, schmucklosen Wände.

Es gefiel ihr so, kahl wie es war. Die Wandteppiche mit den Dämonen vermisste sie überhaupt nicht, sie war sogar froh, sie nicht ansehen zu müssen. Früher war es ihr nie aufgefallen, dass ihr dieser Wandschmuck Unbehagen bereitete.

In dieser Nacht schlief seit Langem wieder einmal tief und traumlos.

 

*

 

Ihren Job in der Buchhandlung musste sie aufgeben, als ihr Zustand nicht mehr zu verheimlichen war. Ihr Chef, ansonsten ein herzensguter Mensch, fürchtete, dass seine Kunden Anstoß daran nehmen könnten, wenn er eine schwangere Frau zu schweren Arbeiten einsetzte. Er stellte ihr allerdings in Aussicht, sie nach der überstandenen ersten Zeit, wenn sich ihr Leben wieder eingespielt hatte, wieder als Gehilfin einzustellen.

So besaß sie nun genügend Zeit und schaute sich die zur Verfügung stehenden Krankenhäuser an. In einem davon sollte sie sich ja rechtzeitig vor dem Geburtstermin anmelden. Sie besuchte die in Frage kommenden Häuser und informierte sich ausführlich, aber irgendwie wusste sie zu diesem Augenblick bereits, dass sie sich in keines der Krankenhäuser begeben würde. Innerlich hatte sie sich bereits auf eine Hausgeburt eingestellt – und zwar alleine.

Manchmal, wenn sie in den folgenden Tagen allein an ihrem Tisch in der Küche saß, wollte sie die Verzweiflung überkommen. Wie war sie überhaupt auf den Gedanken gekommen, die Geburt allein durchzuziehen? Ohne Hebamme, ohne ärztlichen Bestand?

Wenn sie darüber nachdachte, stand ihr ganz klar die Unmöglichkeit ihres Tuns vor Augen, aber jedes Mal, wenn sie an diesem Entschluss etwas ändern wollte, ergriff sie ein zwanghafter Schub der Euphorie, der sie wieder daran glauben ließ, dass alles gut werden würde. Die Widersprüchlichkeit ihrer Gefühle wurde ihr klar, aber sie kam dagegen nicht an.

Ihre Nächte wurden schlimmer, je näher der Geburtstermin rückte. Manchmal warf sie sich gefühlt stundenlang von einer Seite auf die andere, ohne dass der Schlaf sie erlöste. In diesen Nächten begannen wieder die Träume, die sie verschont hatten, seit sie ihr Schlafzimmer gewechselt hatte. Es waren keine regelrechten Alpträume, die sie in Angst und Schrecken versetzten, aber doch begegneten ihr im Traum die merkwürdigsten Gestalten, die sie am nächsten Morgen in tiefe Nachdenklichkeit versinken ließen, denn irgendwie konnte sie sich lebhaft an jede dieser Gestalten, die ihr im Traum erschienen, erinnern. Meist saßen sie lediglich auf dem Bücherbord, das sie an einer Wand angebracht hatte und beobachteten sie. Immer wieder nahm sie sich vor, das Regal endlich mit Büchern zu füllen, damit die Gestalten keinen Platz mehr zum Sitzen vorfanden, aber auch dieses Vorhaben war eines von jenen, bei denen es bei der Absicht blieb. Zuerst suchte sie nämlich ganz bestimmte Bücher, die sie hier abstellen wollte, dann fand sie – irgendwie absurd – gar kein Buch mehr, das von den Ausmaßen her, auf dem Regal Platz fand.

Der Geburtstermin rückte näher. Soweit es ihre Möglichkeiten zuließen, hatte sie alles besorgt und vorbereitet.

Jetzt, zwei Tage vor der Niederkunft – wenn alles planmäßig ablief –, wurde ihr ein weiterer Umstand schmerzlich bewusst.

Sie war tatsächlich allein.

In all den Monaten hatte sie es nicht geschafft, sich mit jemandem anzufreunden. Selbst die Nachbarn waren ihr irgendwie fremd geblieben. Der nächste Nachbar wohnte ohnehin knapp 500 Yards entfernt, obwohl man sich öfters im Garten sah, kam es zu keinem engeren Kontakt. Mehr als ein kurzer Tratsch über den Gartenzaun war nie drinnen gewesen. Selbst jetzt gab es keinen Kontakt, keine höfliche Anfrage, ob man etwas für sie tun könnte. Die Nachbarinnen, selbst Mütter, verzichteten darauf, sie mit guten Tipps zu überschütten. Ihre Entscheidungen wurden anscheinend anstandslos akzeptiert. Es schien fast so, als wundere sich niemand, dass sie die Geburt mutterseelenallein in dem Haus durchziehen wollte. Die Nachbarn kannten ja dieses ehrwürdige Haus und die Eigenarten der Bewohner. Die neue Bewohnerin schien sich nahtlos hier einzufügen. Der Kontakt war einerseits auf das Minimum beschränkt, andererseits gab es nie Probleme in der Nachbarschaft.

Als die erste Wehe einsetzte, war sie merkwürdig ruhig.

An diesem Tag wurde es ungewöhnlich früh dunkel. Gerade noch hatte die Sonne durch das Fenster ihre Strahlen geworfen, dann, im nächsten Augenblick, wurde es so dunkel, dass sie bereits überlegte, ob sie nicht das Licht einschalten sollte.

Sie hatte sich gut vorbereitet.

Langsam und systematisch richtete sie in ihrem Zimmer alles für die Hausgeburt her.

Die Wehen kamen in immer kürzeren Abständen.

Sie legte sich nackt auf das Bett.

Die merkwürdigsten Gedanken gingen ihr durch den Kopf, trotzdem erfüllte sie die Zuversicht, dass es jetzt, da sie bereits im Bett lag, sehr schnell gehen würde.

Es wurde ganz dunkel.

In ihrem Zimmer brannte kein Licht, dennoch konnte sie alles klar sehen. Alles schien von einem unheimlichen Schimmer umgeben zu sein.

Dann glaubte sie, fremde Hände auf ihrem Körper zu spüren. Ganz deutlich konnte sie sie fühlen. Erstaunt blickte sie auf in einem Moment, in dem ihre Schmerzen dies zuließen, doch sie lag allein da, niemand war zu sehen.

Doch sie fühlte …

Dann hatte sie das Gefühl, als stünden rings um das Bett ein Geburtshelfer neben dem anderen, jeder kümmerte sich um sie und trug ihre Schmerzen in seinen Händen einfach fort von ihr.

Doch schließlich musste sie doch schreien.

Ihre Hände verkrallten sich in das Kopfpolster. Nur wenige Minuten dauerte es, dann fühlte sie ihr Kind kommen.

---ENDE DER LESEPROBE---