Der Notarzt 306 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 306 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

"Werde ich an Heiligabend überhaupt noch hier sein, Papa?", fragt der vierjährige Noel seinen Papa mit schwacher Stimme. Für einen Moment setzt Gabriels Herzschlag aus.
"Aber natürlich!", versichert er seinem Sohn, während seine Hand unkontrolliert zu zittern beginnt. "Wo denn sonst? Hast du vor, irgendwohin zu gehen?" Er lacht, um die Tränen am Fließen zu hindern.
"Hinter den Horizont? Zu Mama?", flüstert der kleine Junge.

Alles in Gabriel verkrampft sich. Sein Kind hat Blutkrebs, die Ärzte haben erklärt, Noel sei austherapiert und könne nicht mehr gerettet werden. Doch der verzweifelte Vater ist nicht bereit, seinen Sohn aufzugeben. Er hat bereits seine Frau verloren, sein Kind gibt er nicht her!

Tatsächlich scheint es Noel in den letzten Tagen etwas besser zu gehen. Als er überraschend den Wunsch äußert, den Weihnachtsmarkt zu besuchen, erfüllt den Vater ein unbeschreibliches Glücksgefühl! Das ist ein Zeichen - Noel ist auf dem Wege der Besserung!

Gemeinsam mit seinem Sohn schlendert er am nächsten Tag über den Weihnachtsmarkt. Der Kleine kennt in seiner Vorfreude nur ein Ziel: das Kinderkarussell! Strahlend dreht er auf einem weißen Pferdchen seine Runden. Dies ist ein perfekter Moment! Doch dann sieht der Vater etwas, was ihm den Atem stocken lässt ...

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Seitenzahl: 116

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Inhalt

Cover

Impressum

Und plötzlich nur noch Stille

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: FamVeld/shutterstock

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5696-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Und plötzlich nur noch Stille

Auf dem Weihnachtsmarkt kommt es zu einem tragischen Unfall

Karin Graf

„Werde ich an Heiligabend überhaupt noch hier sein, Papa?“, fragt der vierjährige Noel seinen Papa mit schwacher Stimme. Für einen Moment setzt Gabriels Herzschlag aus.

„Aber natürlich!“, versichert er seinem Sohn, während seine Hand unkontrolliert zu zittern beginnt. „Wo denn sonst? Hast du vor, irgendwohin zu gehen?“ Er lacht, um die Tränen am Fließen zu hindern.

„Hinter den Horizont? Zu Mama?“, flüstert der kleine Junge.

Alles in Gabriel verkrampft sich. Sein Kind hat Blutkrebs, die Ärzte haben erklärt, Noel sei austherapiert und könne nicht mehr gerettet werden. Doch der verzweifelte Vater ist nicht bereit, seinen Sohn aufzugeben. Er hat bereits seine Frau verloren, sein Kind gibt er nicht her!

Tatsächlich scheint es Noel in den letzten Tagen etwas besser zu gehen. Als er überraschend den Wunsch äußert, den Weihnachtsmarkt zu besuchen, erfüllt den Vater ein unbeschreibliches Glücksgefühl! Das ist ein Zeichen – Noel ist auf dem Wege der Besserung!

Gemeinsam mit seinem Sohn schlendert er am nächsten Tag über den Weihnachtsmarkt. Der Kleine kennt in seiner Vorfreude nur ein Ziel: das Kinderkarussell! Strahlend dreht er auf einem weißen Pferdchen seine Runden. Dies ist ein perfekter Moment! Doch dann sieht der Vater etwas, was ihm den Atem stocken lässt …

Seit dem vergangenen Wochenende tobte in der sonst so friedlichen Panoramastraße am grünen Rand von Frankfurt ein Krieg. Der Lichterkrieg.

Begonnen hatte er am Sonntagabend, exakt um sechs Uhr fünfzehn. Albert Götz hatte das Datum und die genaue Uhrzeit in seinem dicken Notizheft festgehalten.

Seit etwa dreißig Jahren schrieb sich der pensionierte Gymnasialprofessor für Geschichte und Latein alles auf, was im Stadtteil Schwanheim und besonders in der idyllischen Panoramastraße, in der er wohnte, über die Jahrhunderte passiert war und noch immer passierte.

Albert Götz arbeitete nämlich an einer Schwanheimer Chronik. Fast zweitausend Seiten umfasste sein Werk bereits, und der Verlag, dem er es vor ein paar Monaten vorgelegt hatte, war davon sehr angetan gewesen.

Er solle noch ein wenig daran feilen, hatte man ihm geraten. Und das tat er auch.

Aber zurück zum Lichterkrieg.

Am Sonntagabend war Albert, wie an jedem anderen Abend auch, von einem ausgiebigen Spaziergang in die Panoramastraße zurückgekehrt.

Vor dem Haus mit der Nummer sechzehn hatte er angehalten. Hier waren nämlich vor rund einem Monat neue Bewohner eingezogen, die es nicht einmal für nötig gehalten hatten, sich bei ihren Nachbarn vorzustellen.

Das war erstens ein unerhörter Mangel an gutem Benehmen, und zweitens wurmte Albert das Fragezeichen, das seine sonst so lückenlosen Aufzeichnungen verunzierte.

Er hatte sehr genau dokumentiert, wie die alte Frau Sommerlechner eines Abends mit dem Wagen des Bestattungsinstituts abgeholt worden war, wie der unerfreuliche Erbe das Haus nur wenige Tage nach der Beerdigung zu einem Spottpreis verschleudert hatte, wie eines Tages ein großer Umzugswagen vor dem Haus angehalten hatte …

Tja, und dann kam das große Fragezeichen. Weder traf man die unbekannten Bewohner morgens beim Bäcker noch abends im Restaurant und auch nicht sonntags in der Kirche.

Doch was das Fass dann endgültig zum Überlaufen brachte, war das, was Albert sah, als genau in dem Augenblick, in dem er versuchte, wenigstens irgendetwas hinter den noch immer gardinenlosen Fenstern zu erspähen, die Lichter angingen.

Albert Götz war geschockt gewesen, als sich der Vorgarten des alten Hauses mit einem Schlag in die abgeschmackte Kulisse eines Hollywood-Kitsch-Filmes verwandelt hatte.

Unter der mächtigen Tanne, die schon der Großvater der seligen Frau Sommerlechner gepflanzt hatte, stand ein über und über beleuchtetes Rentier mit einer rot blinkenden Nase. Daneben befand sich ein Schlitten, vollgepackt mit bunt schimmernden Paketen.

Mitten auf dem Rasen war ein knallbunt leuchtender, mindestens eineinhalb Meter hoher Schneemann aufgestellt worden. Um der geballten Scheußlichkeit die Krone aufzusetzen, waren auch noch sämtliche Fenster des ehemals so serösen Hauses mit bunten Lichterketten umwunden, und an der Vorderfront kletterte ein illuminierter Weihnachtsmann nach oben und zerrte einen großen Sack hinter sich her.

So eine haarsträubende Geschmacksverirrung hatte es in der Gasse, in der vorwiegend ältere Leute – die meisten von ihnen bereits in der x-ten Generation – zu Hause waren, noch nie gegeben.

Eine Kerze im Fenster an Weihnachten, ja, das war hier der Brauch, aber so etwas? Nein! Ausgeschlossen!

Albert war sofort nach Hause gelaufen, hatte einen fünfseitigen Brief verfasst, mehrere Kopien davon angefertigt und diese an die Stadtverwaltung, den Tourismusverband, das Umweltamt, das Kulturamt und den Gartenverschönerungsverein geschickt.

Schwanheim darf nicht Hollywood werden!, hatte er in dem Schreiben gefordert und zum besseren Verständnis einen bescheidenen Auszug aus der Fülle historischer Ereignisse angeführt, die sich auf diesem geschichtsträchtigen Boden ereignet hatten.

Das war nun schon fünf Tage her. Noch immer wurden Alberts Augen von dem grässlichen Kitsch beleidigt, und die Ämter, die er alarmiert hatte, hatten ihm nicht einmal eine kurze Antwort zukommen lassen.

Deshalb sah Albert sich dazu genötigt, härtere Geschütze aufzufahren, und darum war er an diesem Freitagnachmittag mit einer Unterschriftenliste von Haus zu Haus unterwegs, um diesem Unfug endgültig ein Ende zu bereiten.

„Ach herrje, ich habe Sie doch nicht etwa geweckt?“, erkundigte er sich besorgt, als ihm Dr. Peter Kersten im Bademantel, gähnend und mit völlig verstrubbelten Haaren die Tür öffnete.

Albert wusste, dass der Leiter der Notaufnahme an der Frankfurter Sauerbruch-Klinik ein sehr hart arbeitender Mann mit wechselnden Dienstzeiten war.

„Nein, keine Sorge, Herr Götz“, winkte der Mediziner lachend ab. „Ich war sowieso schon wach, denn ich muss ja in zwei Stunden schon wieder …“

Peter brach ab, als es hinter ihm polterte und die beiden Hunde, die Lea und er aus dem Tierheim gerettet hatten, in einem Affenzahn die gewundene Marmortreppe heruntergerast kamen.

„Brav sein, das ist kein Einbrecher!“, mahnte er, wissend, dass es sowieso nichts fruchtete, weil die zwei Pappenheimer ausschließlich Lea gehorchten. „Keine Angst, Herr Götz“, beruhigte er den fünfundsiebzigjährigen Mann, der erschrocken zurückwich. „Die tun nichts, die sind nur neugierig.“

Er trat einen Schritt zur Seite.

„Bitte, kommen Sie doch rein. Lea sucht gerade irgendwas auf dem Dachboden und kommt bestimmt gleich runter.

„Na, ihr zwei?“ Zögerlich berührte Albert den großen der beiden Hunde mit den Fingerspitzen am Kopf und folgte Peter in die Küche. „Ich habe den Vorfall neulich, als Ihre beiden Hunde maßgeblich zur Ergreifung der Einbrecherbande beigetragen haben, die unser schönes Wohnviertel so übel heimgesucht hat, natürlich in die Chronik aufgenommen.“

Er nickte dankend und nahm am Esstisch Platz.

„Ich habe mir nur erlaubt, ihnen andere Namen zu geben. Rex und Cäsar nämlich.“ Er hüstelte trocken. „Ähm … Conan und Ripper schien mir für unsere seriöse Straße … ähm … wenig passend.“

„Kein Problem, sie werden es überleben, wenn sie unter falschen Namen in die Geschichte eingehen.“

Peter lachte und hielt es nicht für notwendig, sich damit zu rechtfertigen, dass er und Lea die Hunde bereits mit diesen Namen übernommen hatten. Wozu auch? Es war ihm relativ egal, wenn er deswegen in Albert Götz’ Achtung sank.

„Kaffee? Ich habe gerade welchen aufgebrüht.“

„Nein, danke. So spät trinke ich keinen Kaffee mehr, sonst kann ich nicht einschlafen und mein ganzer Tagesplan gerät durcheinander.“

Er hob einen dürren Zeigefinger hoch.

„Bettzeit exakt um einundzwanzig Uhr nach den Nachrichten, dafür mit den Vöglein bei Sonnenaufgang aufstehen. Denn nur der frühe Vogel fängt den Wurm. So habe ich es auch meinen Schülern immer empfohlen, aber die heutige Jugend …“

„Mag keine Würmer“, würgte Peter den bereits hundertmal gehörten Sermon ab, zu dem Herr Götz ansetzte. „Ah, da kommt Lea schon“, fügte er erleichtert hinzu.

Das Letzte, was er jetzt hören wollte, war ein Vortrag über die Verkommenheit der heutigen Jugend.

„Schatz, Herr Götz ist hier!“, rief er laut, damit seine Lebensgefährtin, die Kinder- und Jugendpsychologin Dr. Lea König, sich rechtzeitig auf den unverhofften Besuch einstellen konnte.

„Ach, wie nett!“, tönte es fröhlich zurück.

Lea schaffte es, dabei nicht sarkastisch zu klingen. Sie war eine von Herrn Götz’ ehemaligen Schülerinnen und kannte und fürchtete seine tödlich langweiligen und staubtrockenen Reden.

„Hallo, Herr Götz!“ Die Psychologin zupfte sich noch rasch eine Spinnwebe aus dem langen blonden Haar, ehe sie die Küche betrat. „Na? Haben Sie Ihren Weihnachtskrieg gewonnen?“

„Also, so würde ich das nun wirklich nicht bezeichnen“, tadelte sie der Ex-Pädagoge. „Ich fühle mich vielmehr als Hüter unserer kulturellen Werte. Sie sollten mir dankbar sein, Frau Lea, denn der Schandfleck befindet sich doch in Ihrer unmittelbarer Nähe.“

„Ach, mich stört das nicht“, erklärte Lea lachend. „Im Gegenteil, ich gucke sogar gerne hin, wenn ich abends nach Hause komme. Da werden Kindheitserinnerungen wach. Es ist so schön bunt. Gibt es nicht ohnehin schon genug Grau in unserer Welt?“

Das war einer der tausend Gründe, warum Peter sich damals unsterblich in Lea verliebt hatte. Sie nahm kaum jemals ein Blatt vor den Mund, und Heuchelei war ihr völlig fremd.

Albert Götz seufzte abgrundtief.

„Wenn das tatsächlich so ist, dann habe ich als Pädagoge zumindest bei Ihnen versagt, liebe Frau Lea“, klagte er sich selbst an. „Ist es mir denn wirklich nicht gelungen, Ihnen die historische Bedeutung unserer Heimatstadt und insbesondere des Stadtteils Schwanheim näherzubringen? Bereits im achten Jahrhundert hat auf diesem geschichtsträchtigen Boden …“

„Pfui, Rippi! Wirst du wohl!“, schimpfte Lea mit dem Mops, der sichtlich aus allen Wolken fiel, weil er ausnahmsweise einmal überhaupt nichts gemacht hatte.

Lea hatte einfach nur nach irgendeinem Grund gesucht, um das drohende Geschichts-Geschwurbel im Keim zu ersticken.

Als sie dem ahnungslosen Unschulds-Puschel die Leviten gelesen hatte, gab sie sich zerstreut.

„Es tut mir leid, Herr Götz. Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Sie wollten uns gerade sagen, was Sie uns hier Schönes bringen!“ Sie deutete auf die Liste in seiner Hand.

„Oh! Ja!“ Albert prüfte vorsichtig mit einem Finger, ob der Tisch sauber war, dann legte er die Liste darauf. „Nachdem die Stadtverwaltung bisher auf keines meiner Schreiben reagiert hat und ich auch von den neuen Bewohnern des Sommerlechner-Hauses, denen ich ebenfalls eine Kopie zukommen ließ, bis heute nichts gehört habe, habe ich mich zu einer Unterschriftenaktion entschlossen.“

Er zog einen Füller aus der Brusttasche seines Jacketts und hielt ihn Lea vor die Nase.

„Hier, bitte, unter der Familie Kroneis. Bisher haben alle unterschrieben. Nur Frau Podmanski nicht. Aber die auch nur deshalb nicht, weil sie ihre Lesebrille nicht finden konnte.“ Er tippte fordernd mit dem Zeigefinger auf die nächste freie Spalte.

„Name, Adresse und Unterschrift, bitte.“

Peter verkniff sich ein wissendes Grinsen. Die alte Frau Podmanski war einer der wenigen Freigeister in dieser eher biederen Straße. Und zufällig wusste Peter genau, dass sie keine Lesebrille brauchte. Ihre Augen waren scharf wie die eines Adlers.

Lea König hatte kein Problem damit, den Mann, der sie in Latein beinahe hätte durchfallen lassen, vor den Kopf zu stoßen.

„Es tut mir leid, Herr Götz, aber – nein. Die paar Lichter tun nun wirklich keinem weh. Und vielleicht wohnt ja ein kleines Kind in der Nummer sechzehn und hat sich diese weihnachtliche Beleuchtung gewünscht. Nicht böse sein, aber ich werde nicht unterschreiben.“

„Ausgerechnet Sie?“ Albert war geschockt. „Diese Villa, in der Sie leben, war seit vier Generationen im Besitz der Familie Ihres verstorbenen Mannes. Die Königs waren sehr traditionsbewusste …“

„Bitte nicht!“, fiel Lea dem Mann kopfschüttelnd ins Wort. „Und wenn schon, dann vergessen Sie auch nicht, dass mein verstorbener Mann ein sehr weltoffener und vorurteilsfreier Mensch gewesen ist, dem alles Neue herzlich willkommen war. Er hätte seine helle Freude an den bunten Lichtern gehabt.“

Albert Götz warf dem Notarzt einen fragenden Blick zu.

„Und Sie, Herr Kersten? Liegt Ihnen die Erhaltung unserer Kultur auch so wenig am Herzen?“

„Oh, ich würde Sie sofort unterstützen, aber ich bin ja praktisch nur Leas Untermieter. Offiziell ist mein Hauptwohnsitz noch immer in Sachsenhausen. Deshalb habe ich leider kein Recht dazu, hier Forderungen zu stellen. Es tut mir wahnsinnig leid.“

Peter senkte den Kopf und verbiss sich ein Grinsen, als Lea ihm ein nur mit den Lippen geformtes „Schleimer!“ an den Kopf warf.

„Nun denn!“ Herr Götz erhob sich. „Betrübt und verwundert ziehe ich von dannen“, verabschiedete er sich in seiner üblichen geschraubten Sprechweise. „Von Ihnen hätte ich mir mehr erwartet, Frau Lea. Wenn das möglich wäre, würde ich Ihnen dafür in Geschichte nachträglich noch eine Fünf eintragen, denn Ihre Haltung zeigt mir, dass Sie nicht verstanden haben, worauf es im Leben ankommt.“

Als Herr Götz gramgebeugt durch den Vorgarten schritt, hörten Lea und Peter ihn noch frustriert seufzen.

„Was will man auch schon von jungen Leuten erwarten, die ihre Hunde Conan und Ripper nennen! Der selige Herr König würde sich im Grab umdrehen. Ach Gott, ja, die Welt geht den Bach runter!“

***

„Was hattest du denn in Geschichte, Schatz?“, erkundigte sich der Notarzt, während Lea auf dem Boden kniete und bei dem armen, zu Unrecht gemaßregelten Ripper Abbitte leistete.

„Eine Vier. Er mochte mich nie besonders.“

„Warum denn nicht?“

„Weil ich einmal gesagt habe, dass Achilles und Cäsar und Alexander der Große und wie seine Helden alle hießen auch nichts anderes als blutrünstige Metzger gewesen sind. Und dass man an der ewigen Lobhudelei von kriegslüsternen Typen deutlich erkennt, dass die Geschichte von Männern geschrieben wurde.“

„Verstehe!“ Peter musste lachen. „Da hat sein verstaubtes Historiker-Herz wohl für einen Moment zu schlagen aufgehört.“

„Ja, das kann man so sagen. Von da an war ich ihm ein Dorn im Auge.“ Die Psychologin schob den Vorhang ein Stück zur Seite und schaute nach draußen. „Jetzt klingelt er bei Nummer sechzehn. Wie jeden Tag mindestens einmal.“

„Und vermutlich wieder vergeblich“, erwiderte Peter schmunzelnd. Er stand auf und ging zum Kühlschrank, um nachzusehen, was er sich zum „Frühstück“ zubereiten könnte. „Aber irgendwie ist es schon merkwürdig, dass man die neuen Nachbarn nie zu Gesicht bekommt. Hast du dort drüben schon jemals irgendjemanden gesehen?“