Der Notarzt 326 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 326 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Diagnose: Herzklopfen - Kann eine kleine Patientin dem Kinderarzt zum großen Glück verhelfen?


Noch vor wenigen Monaten war Dr. Paul Walter ein rundum glücklicher Vater und Ehemann. Seine Tochter Pippa und seine Frau Rieke liebt er von ganzem Herzen. An der renommierten Sauerbruch-Klinik arbeitet er zudem als angesehener Kinderarzt, und die Herzen seiner kleinen Patienten fliegen ihm ebenso zu wie die seiner Kolleginnen und Kollegen.
Und doch nagt eine große Dunkelheit an dem jungen Mann, denn nicht jedem Kind kann er helfen. Irgendwann ist er damit nicht mehr klargekommen und hat begonnen, zu trinken. Erst ein Glas Wein, dann zwei und schließlich täglich Wodka. Kurz darauf ist Rieke mit Pippa von einem auf den anderen Tag spurlos verschwunden und hat Paul allein gelassen, weil sie seine Alkoholsucht nicht mehr ertragen konnte.

Pauls Verzweiflung kennt keine Grenzen. Er muss seine Familie zurückhaben, er liebt die beiden doch über alles! Aber so einfach ist das mit dem Besiegen der Sucht leider nicht.
Ausgerechnet eine kleine Patientin schafft es, mit ihrem unbedarften Geplapper neue Hoffnung in dem Kinderarzt aufkeimen zu lassen. Denn das Mädchen weiß etwas, was Dr. Paul Walter helfen könnte, sein großes Glück wiederzufinden. Und plötzlich verspürt er ein noch nie dagewesenes Herzklopfen ...

***

Dr. Peter Kersten ist oft Retter in letzte Minute. In der Unfallchirurgie der Sauerbruch-Klinik kämpft er Tag für Tag um das Leben von Unfallopfern, aber auch um Freundschaften und für die Liebe.
Egal ob bei dramatischen Operationen, mitreißenden Schicksalsschlägen oder den eigenen Sehnsüchten nach Liebe und Zuneigung: Es steht viel auf dem Spiel!

Genießen Sie alle 14 Tage eine neue, bewegende Geschichte um den Notarzt.
Jede Folge ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Folgen der Serie gelesen werden.

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Seitenzahl: 117

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Inhalt

Cover

Impressum

Diagnose: Herzklopfen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: George Rudy/shutterstock

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6773-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Diagnose: Herzklopfen

Kann eine kleine Patientin dem Kinderarzt zum großen Glück verhelfen?

Karin Graf

Noch vor wenigen Monaten war Dr. Paul Walter ein rundum glücklicher Vater und Ehemann. Seine Tochter Pippa und seine Frau Rieke liebt er von ganzem Herzen. An der renommierten Sauerbruch-Klinik arbeitet er zudem als angesehener Kinderarzt, und die Herzen seiner kleinen Patienten fliegen ihm ebenso zu wie die seiner Kolleginnen und Kollegen.

Und doch nagt eine große Dunkelheit an dem Mann, denn nicht jedem Kind kann er helfen. Irgendwann ist er damit nicht mehr klargekommen und hat begonnen, zu trinken. Erst ein Glas Wein, dann zwei und schließlich täglich Wodka. Kurz darauf ist Rieke mit Pippa von einem auf den anderen Tag spurlos verschwunden und hat Paul allein gelassen, weil sie seine Alkoholsucht nicht mehr ertragen konnte.

Pauls Verzweiflung kennt keine Grenzen. Er muss seine Familie zurückhaben, er liebt die beiden doch über alles! Aber so einfach ist das mit dem Besiegen der Sucht leider nicht.

Ausgerechnet eine kleine Patientin schafft es, mit ihrem unbedarften Geplapper neue Hoffnung in dem Kinderarzt aufkeimen zu lassen. Denn das Mädchen weiß etwas, was Dr. Paul Walter helfen könnte, sein großes Glück wiederzufinden. Und plötzlich verspürt er ein noch nie dagewesenes Herzklopfen …

„Ich verstehe nicht, wie man so lange abwarten kann. Sie muss doch schon höllische Schmerzen gehabt haben.“

Dr. Hannes Fischer, der Anästhesist, drehte den Kopf zur Seite, holte unter seinem Mundschutz tief Luft und hielt dann den Atem an. Obwohl er am Kopfende des OP-Tischs hinter den Monitoren der Überwachungsgeräte saß, drang der faulige Gestank des völlig verrotteten Blinddarms bis an seine Nase.

„Mhm, das sind die Montagmorgennotfälle“, erwiderte Dr. Peter Kersten gepresst. Er, der sich tief über das offene Abdomen der Patientin beugen musste, hatte im Moment auch keine große Lust auf einen tiefen Atemzug.

Der Montagmorgen in der Notaufnahme der Frankfurter Sauerbruch-Klinik war fast immer für die Patienten reserviert, die besonders hart im Nehmen waren. Die am Wochenende Schmerzen bekamen und lieber noch bis Montagmorgen warten wollten, um dann ihren Hausarzt aufzusuchen, wenn sich ihr Zustand bis dahin nicht ohnehin von selbst gebessert hätte.

Es gab tatsächlich Leute, die so rücksichtsvoll waren, dass sie „wegen so einer Kleinigkeit!“ weder einen Hausbesuch anfordern noch die Ärzte in den Notaufnahmen belästigen wollten. Mit dem Resultat, dass der Schaden dann meistens doppelt so groß war.

„Wahrscheinlich hat sie sich auch noch schöne warme Umschläge gegen die Bauchschmerzen gemacht und den Verfallsprozess damit zusätzlich beschleunigt.“

Dr. Elmar Rösner, der rothaarige Assistenzarzt, der seinem Chef bei der Appendektomie assistierte, griff zur Pinzette, um damit den Wurmfortsatz aus dem Abdomen zu heben, den Peter erst abgebunden hatte und jetzt abtrennen wollte.

„Mach das nicht! Tu’s nicht!“, warnte ihn Dr. Kersten. „Nimm einen Tupfer und fahr mit der flachen Hand drunter. Ein bisschen zu viel Druck mit der Pinzette, und das Ding …“

Zu spät! Mit einem ekelerregenden Schmatzen platzte der Blinddarm, den die Fäulnisgase wie eine zu lange gekochte Wurst aufgebläht hatten, und der unappetitliche Inhalt entleerte sich in die Bauchhöhle.

„Verdammte Kacke!“ Elmars Gesicht färbte sich fast so rot wie seine Haare. „Da habe ich nicht dran gedacht. Tut mir echt leid!“ Er würgte trocken, weil der Gestank nach Fäulnis und Verwesung ihm hart zusetzte.

„Sofort spülen! Hannes, ein Breitbandantibiotikum!“ Rasch trennte Peter den Rest der geplatzten Wurst ab und warf ihn in eine Auffangschale.

„Gut gemacht, Grünschnabel!“, sagte der Anästhesist mit einem zynischen Blick auf Elmar. Er riss eine Schublade an seinem Materialwagen auf, nahm eine Ampulle heraus und zog den glasklaren Inhalt in eine Spritze auf. „Haben Sie noch ein paar Attentate vor? Wenn ja, dann sagen Sie es lieber gleich, damit ich mich darauf einstellen kann.“

„Ruhe!“, fuhr ihm der Leiter der Notaufnahme über den Mund. „Das hätte jedem passieren können.“

„Dir aber nicht“, murmelte Elmar Rösner verlegen. Er goss den ersten Schwung der Kochsalzlösung, die Schwester Annette angewärmt hatte, in das offene Abdomen. Der Sauger begann zu schlürfen.

Die kontaminierte Flüssigkeit wurde über einen Schlauch in einen Kanister geleitet, der nach der Operation mitsamt den anderen kontaminierten Abfällen von einer Entsorgungsfirma abgeholt werden würde.

„Ich mache das ja auch schon viel länger als du, Elmar.“ Peter schaute auf die trübe Suppe, die in den transparenten Kanister floss. „Noch mal so viel, Schwester Annette“, bat er. „Wir spülen so lange, bis nur noch sauberes Wasser rauskommt.“

„Schon fertig.“ Die einundzwanzigjährige Pflegerin wuchtete einen weiteren Fünfliterbehälter mit frischer Kochsalzlösung auf einen Beistelltisch. „Ich habe gleich drei vorbereitet.“

„Tüchtig, Mädel!“, lobte Oberschwester Nora sie. „Denkende Mitarbeiter sind halt ein Segen.“

„Jetzt hackt doch nicht alle auf dem armen Elmar herum.“ Peter musste lachen, als er sah, dass das Gesicht seines Assistenzarztes noch ein paar Töne dunkler geworden war. Mittlerweile leuchtete seine Stirn über dem weißen Mundschutz wie ein gekochter Hummer. „Wir haben in den Anfangszeiten alle unsere Fehler gemacht. Ich selbst, und bestimmt auch du, Hannes.“

„Und wie!“ Der Anästhesist kicherte verhalten. „Als ich noch ein blutiger Anfänger war, hat mir Prof. Kleinschuster – der war damals Chefarzt der Unfallklinik, in der ich mein Praktikum gemacht habe – einen so kräftigen Fußtritt verpasst, dass ich quer durch den ganzen OP gesegelt bin.“

„Was haben Sie angestellt?“ Elmar hob kurz den Kopf, ehe er einen neuerlichen Schwung Kochsalzlösung in die Bauchhöhle der Patientin goss.

„Mir war nicht aufgefallen, dass mir der Mundschutz verrutscht war“, berichtete Dr. Fischer. „Ich musste Kleinschuster den Faden halten, mit dem er eine Leberruptur geflickt hat. Plötzlich hat meine Nase zu jucken begonnen. Sekunden bevor ich dem Patienten in das offene Abdomen niesen konnte, hat er mich vom OP-Tisch weggekickt.“

Peter lachte leise.

„Ja, in der ersten Zeit haben wir uns alle nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert. Nach dem Studium ist man noch lange kein richtiger Arzt. Deswegen fängt man ja auch ganz klein an.“

Er beugte sich über das Operationsgebiet.

„Okay, ich denke, das reicht jetzt. Gut gemacht, Elmar! Die restliche Flüssigkeit absaugen, dann brauche ich ein Nähbesteck, Nora.

Jens Jankovsky, der fast zwei Meter lange Sanitäter, der bei dieser Operation als Springer eingesetzt war, brachte die vollen Kanister in die Schleuse hinaus. Dann nahm er die Schale mit dem abgetrennten Appendix und würgte trocken, als ihm der üble Geruch in die Nase stieg.

„Ich bringe das Teil runter ins Labor. Bin gleich wieder da“, kündigte er an. Doch er kam nicht weit. In der offenen Tür zur Schleuse stieß er mit etwas zusammen, was in Größe und Form an ein Weinfass erinnerte. Nur, dass es sehr viel weicher war. Es war der mächtige Bauch des Verwaltungsdirektors der Sauerbruch-Klinik, Emil Rohrmoser.

Ein Glück, dass Jens den Appendix zuvor in einen fest verschlossenen Behälter umgefüllt hatte.

„Bisschen arg stürmisch, was?“ Der stark übergewichtige Klinikmanager zog die Augenbrauen hoch und beäugte den Sanitäter von oben bis unten. „Rennen Sie immer so schnell?“

„Tut mir leid, Herr Direktor“, entschuldigte sich Jens zerknirscht. „Wir haben heute wieder mal volles Haus, da zählt jede Sekunde.“

Der Direktor machte etwas, was sich die Anwesenden nicht so recht erklären konnten. Er beugte sich nach unten, zerrte das rechte Hosenbein von Jens’ Arbeitsoverall hoch und kniff den Sanitäter in die Wade. Dann richtete er sich ächzend wieder auf.

„Schön fest. Sie sind dabei!“

„Ähm … bei … was?“

„Kommen Sie um zwölf zu der Besprechung oben im Sitzungszimmer, dann wissen Sie es.“ Er schnippte mit den Fingern. „Sie auch, Kersten. Und der Rote dort ebenfalls!“

„Und ich nicht?“, fragte Dr. Fischer, der, so wie alle anderen auch, keinen blassen Schimmer hatte, worum es ging.

„Nein, Sie sind zu alt!“, lautete die wenig schmeichelhafte Antwort.

Peter, der den übrig gebliebenen Appendixstumpf mit einer Tabaksbeutelnaht fest verschlossen hatte, schnitt den Faden ab und hob den Kopf. Er hatte keine Ahnung, wofür der Direktor hier Leute rekrutierte. Aber er hatte das Gefühl, dass es nicht unbedingt von Vorteil war, zu den Auserwählten zu gehören.

„Ich bin auch alt, Direktor!“

„Zweiundvierzig. Ich habe in Ihren Unterlagen nachgesehen. Das geht gerade noch.“

„Wie mich das freut!“, unkte der Notarzt. „Darf ich fragen, wofür Sie uns drei ausgewählt haben?“

„Nein!“ Emil Rohrmoser schauderte, als Peter einen Schritt vom OP-Tisch zurücktrat und damit den Blick auf die offene Operationswunde freigab. „Um zwölf im Sitzungssaal, dann werden Sie es schon noch früh genug erfahren“, zischte er und schirmte seine Augen mit einer Hand ab. „Vorzugsweise in kurzen Hosen!“, fügte er noch im Befehlston hinzu. „Wer nicht erscheint, geht bei der nächsten Gehaltsanhebung leer aus!“

Er hakte etwas auf dem Klemmbrett ab, das er mitgebracht hatte, und weg war er.

„Ich bin gerade einmal sechzig!“, maulte der Anästhesist. „In der Blüte meiner Jahre! Ich wüsste im Moment nichts, wofür ich zu alt sein sollte.“

„Sei doch froh, dass du nicht zu den Auserwählten gehörst.“ Peter zog das Bauchnetz wieder zusammen und vernähte es mit groben Stichen. „Vielleicht werden wir als Versuchskaninchen für irgendein neues Medikament missbraucht.“ Er lachte trocken auf. „Vielleicht will er aber auch, dass wir seinen Gartenzaun lackieren, seinen Rasen mähen oder seine Garage renovieren.“

Elmar entfernte die Wundhaken.

„Die Ärztekammer hat doch neulich verlauten lassen, dass das Image von Ärzten dringend aufpoliert werden muss. Vielleicht veranstalten sie eine Wahl zum Mister Medizin?“

„Dann hätte ich aber erst recht dabei sein sollen!“, beklagte sich Dr. Fischer. „Alt hin oder her, ich habe in jedem Fall von allen hier die schönsten Beine!“

„Mag schon sein, aber obenrum ist bei Ihnen nicht mehr viel los, Dr. Fischer“, konterte der Assistenzarzt. „Mit meinen dichten roten Haaren werde ich aus der Menge herausleuchten, wenn wir alle über den Laufsteg …“

„Aber ich bin vermutlich der Einzige hier, der einen echten Waschbrettbauch vorweisen kann!“, fiel ihm Jens ins Wort.

„Männer!“ Oberschwester Nora verdrehte stöhnend die Augen. „Komm, Annette, machen wir ein bisschen Druck, bevor sie sich noch darum prügeln, wer von ihnen den knackigsten Hintern und die schönsten Augen hat!“

***

„Ich bin für ein paar Minuten im Medikamentenraum, Schwester Tanja. Ich möchte dort nicht gestört werden, denn ich will die Medikamente für unseren Neuzugang zusammenstellen. Dabei muss ich mich konzentrieren“, informierte Dr. Paul Walter oben auf der Kinderstation eine junge Pflegerin.

Er zögerte ein paar Sekunden lang. So, als ob er Angst hätte, sie könnte es ihm verbieten.

Als sie nichts dergleichen tat, seufzte er erleichtert auf, machte kehrt und verschwand in dem Raum, in dem sämtliche Medikamente und Instrumente gelagert wurden, die man auf der Kinderstation regelmäßig benötigte.

Schwester Tanja wartete so lange, bis die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, dann rannte sie ins Schwesternzimmer.

„Oberschwester! Er ist im Medikamentenraum. Und er hat ausdrücklich gesagt, dass er dort auf gar keinen Fall gestört werden will!“

„Wieder mal!“ Kerstin Ullmann stellte seufzend die Kaffeetasse ab, aus der sie gerade getrunken hatte, und erhob sich. Sie schwankte ein wenig, denn sie war seit nunmehr sechsunddreißig Stunden auf den Beinen und hatte – abgesehen von ein paar kurzen Nickerchen während der Nächte – nicht viel Schlaf bekommen.

Das war der Preis dafür, dass zwei ihrer Kolleginnen in Ruhe ihre Grippe zu Hause auskurieren konnten und eine andere unbeschwerte Flitterwochen auf Hawaii genießen durfte.

„Ich gebe ihm eine Minute Vorsprung, dann sehe ich vielleicht auch gleich, von wo er das Zeug hervorkramt. Als ich dort gestern alles durchsucht habe, habe ich nichts gefunden.“

„Ein Jammer ist das!“ Schwester Tanja schüttelte betrübt den Kopf. „Er ist so ein guter Kinderarzt.“

„Wenn er das nicht wäre, hätte der Chefarzt ihm längst die Entlassungspapiere in die Hand gedrückt“, erwiderte die Oberschwester. „Aber allzu lange darf das nicht mehr so weitergehen“, fügte sie ernst hinzu. „Ich habe so schon genug zu tun. Auch ohne den Nebenjobals Kindermädchen für einen dreiunddreißig Jahre alten Mann.“

Als Schwester Kerstin das Gefühl hatte, eine Minute sei vergangen, eilte sie auf den Medikamentenraum zu und riss ohne Vorwarnung die Tür auf.

Paul fuhr erschrocken herum und versteckte rasch etwas hinter seinem Rücken.

„Können Sie nicht anklopfen, Oberschwester? Was wollen Sie denn hier?“

„Sie wissen doch, was ich will, Dr. Walter.“ Die Pflegerin schaute sich aufmerksam um. In dem relativ kleinen Raum standen in drei Reihen, durch schmale Gänge voneinander getrennt, hohe Glasschränke, in denen die Medikamente und Materialien übersichtlich angeordnet waren.

In der hinteren Ecke drängten sich ein paar medizinische Geräte zusammen, die nicht ständig gebraucht wurden, und ein paar große Sauerstoffflaschen steckten in ihren Halterungen.

An einem Ultraschallgerät, das eigentlich längst ausgemustert gehörte, weil es nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entsprach, war die Rückwand abgeschraubt worden.

„Originelles Versteck, das muss man Ihnen lassen. Da wäre ich nie drauf gekommen“, murmelte Schwester Kerstin. Ehe sie Dr. Walters Vorratsschrank inspizierte, stellte sie sich vor den Kinderarzt und streckte fordernd eine Hand aus.

„Diese nehme ich auch gleich mit, Doktor.“ Sie hütete sich davor, in einem abfälligen Tonfall mit ihm zu sprechen. Auch wenn er Alkoholiker war, so war er immer noch ein hervorragender Mediziner, und alleine dafür gebührte ihm Respekt. „Bitte! Machen Sie es uns nicht unnötig schwer.“

Es war nur eines dieser winzig kleinen Fläschchen, wie man sie im Regal an der Supermarktkasse oder in den kleinen Kühlschränken in Hotelzimmern vorfand. Es enthielt Wodka, und Paul war noch nicht dazu gekommen, es zu öffnen. Er reichte es ihr wortlos.

„Werden Sie es Prof. Weidner sagen?“, erkundigte er sich, während sie sein Versteck leer räumte.

„Ja“, erwiderte Schwester Kerstin, ohne sich umzudrehen.

„Tja …!“

„Sie wissen, warum?“

„Weil ich eine Gefahr für die Patienten bin?“

„Das sind Sie vorläufig noch nicht wirklich. Und ich möchte, dass es so bleibt. Ich sage es Ihnen ganz offen, Dr. Walter: Ich würde es äußerst ungern sehen, wenn man Sie eines Tages gegen einen anderen austauschen würde. Prof. Weidner denkt genauso. Sie sind ein guter Arzt. Die Kinder mögen Sie. Und ich auch.“

„Danke. Ich … ich sehe dann mal nach Noah.“