Der Notarzt 462 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 462 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Valentina Windhagen stockt der Atem, während sie der freundlichen Stimme am Telefon lauscht. Am anderen Ende der Leitung ist eine Schwester Angelika aus der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, die ihr erklärt, dass Valentinas vierjährige Nichte Valerie einen schweren Unfall hatte - und dass das Mädchen alleine ist, weil es niemanden hat, der sich um es kümmern will.
Bis zu diesem Moment hat Valentina nicht einmal gewusst, dass sie Tante ist, und doch reicht dieser eine Anruf, um ihr Leben für immer zu verändern. Er ist der Beginn eines großen Versprechens, das niemals enden soll ...


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Inhalt

Cover

Weil du mein ganzes Leben bist

Vorschau

Impressum

Weil du mein ganzes Leben bist

Arztroman um ein großes Versprechen

Karin Graf

Valentina Windhagen stockt der Atem, während sie der freundlichen Stimme am Telefon lauscht. Am anderen Ende der Leitung ist eine Schwester Angelika aus der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, die ihr erklärt, dass Valentinas vierjährige Nichte Valerie einen schweren Unfall hatte – und dass das Mädchen alleine ist, weil es niemanden hat, der sich um es kümmern will.

Bis zu diesem Moment hat Valentina nicht einmal gewusst, dass sie Tante ist, und doch reicht dieser eine Anruf, um ihr Leben für immer zu verändern. Er ist der Beginn eines großen Versprechens, das niemals enden soll ...

Wie an jedem Freitagnachmittag schaffte Emil Rohrmoser, der Verwaltungsdirektor der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, Ordnung auf seinem Schreibtisch.

Er erledigte liegen gebliebene Arbeiten, durchforstete die Ablagekörbe, warf unwichtige Briefe in den Papierkorb und stellte Ordner zurück, in denen er während der Woche was auch immer nachgeschlagen hatte.

Er wollte am Montagmorgen unbelastet von vor sich hergeschobenen, unerfreulichen Arbeiten in die neue Woche starten.

Unter einem der dicken Ordner entdeckte er einen noch ungeöffneten Brief.

Es gehörte unter anderem zu den Aufgaben seiner Sekretärin, die an ihn gerichtete Post in Empfang zu nehmen, alle Briefe zu öffnen, durchzulesen und nach Wichtigkeit zu sortieren.

Voller Vorfreude, Irene Busswald wieder einmal zur Schnecke machen zu können, drückte er auf den Knopf der Gegensprechanlage.

»Busswald! Hierher, aber pronto!«

Den Blick starr auf seine Armbanduhr gerichtet, zählte er die Sekunden.

»Elf Sekunden! Haben Sie geschlafen, oder werden Sie langsam zu alt für den Job?«

»Weder noch, Herr Direktor«, erwiderte die adrette Fünfzigjährige. »Ich musste erst noch ein Telefongespräch beenden. Ihre Gattin lässt Ihnen ausrichten, dass sie Sie um Punkt fünf Uhr von hier abholt, um gemeinsam mit Ihnen Weihnachtseinkäufe zu erledigen.«

»Sie immer mit Ihren faulen Ausreden, Busswald!«, grummelte Direktor Rohrmoser. »Elf Sekunden, das ist ... skandalös! Ich bin nicht ganz sicher, ob ich geneigt bin, diesen unerhörten Schlendrian noch länger hinzu...« Er brach abrupt ab und schnitt eine Grimasse, als ob er Zahnschmerzen hätte. »Sagten Sie Weihnachtseinkäufe?«

»Jawohl, Herr Direktor. Das Weihnachtsfest steht praktisch vor der Tür.«

»Kann man es dort nicht stehen lassen, so tun, als ob man nicht da wäre, und warten, bis es die Schnauze voll hat und sich verkrümelt?«

»Man könnte.« Irene Busswald nickte. »Ich fürchte nur, dass es dafür zu spät ist. Frau Rohrmoser hat mir erzählt, dass sie bereits zehn Gäste für Heiligabend eingeladen hat.«

»Zehn Gä...? Zehn!«

Emil musste schlucken. Vor seinem inneren Auge sah er das hübsche runde Sümmchen auf seinem Bankkonto dahinschmelzen wie Schnee am ersten warmen Frühlingstag.

»Habe ich nicht irgendeine gute Ausrede, Busswald, warum ich den Weihnachtseinkäufen nicht beiwohnen kann? Wenn sie alleine loszieht, kauft sie weniger, weil dann kein Packesel da ist, der die Pakete schleppt.«

Die Sekretärin zuckte mit den Schultern.

»Leider nein, Herr Direktor. Für heute Abend sind keine Termine vorgesehen.«

»Gibt es nicht irgendeine Katastrophe, wegen der ich hierbleiben muss?«

»Wie zum Beispiel?«

»Lawinengefahr? Stromausfall? Überschwemmung? Etliche Pocken- oder Pestfälle, die eine Quarantäne zwingend notwendig machen? Terroristen, die sich im Untergeschoss verschanzt haben und damit drohen, unsere Klinik in die Luft zu sprengen? Irgendwas davon?«

Irene Busswald hob die Schultern und breitete bedauernd beide Arme aus.

»Nein, Herr Direktor. Nichts zu machen. Leider läuft zurzeit alles glatt in unserem Krankenhaus.«

»Könnten Sie meiner Monika nicht sagen, dass ich Ihnen mein gesamtes Geld geliehen habe, weil Sie Ihres im Casino oder beim Pferderennen verspielt haben?«

»Das würde mir Frau Rohrmoser niemals glauben.«

»Weil Sie so untadelig sind und niemals ins Casino oder zum Pferderennen gehen würden?«

»Weil Sie niemals Geld verleihen würden, Herr Direktor.«

»Sie immer mit Ihren oberfaulen Ausreden!«, brauste Emil frustriert auf. »Was wollen Sie überhaupt hier?«

»Sie haben mich gerufen, Herr Direktor.«

»Sie immer mit Ihren ... Ach ja, richtig!« Emil hob den Brief hoch und wedelte damit. »Was ist das?«

»Ein Brief?«

»Nicht frech werden, Busswald! Habe ich was an den Augen, oder sehe ich richtig, dass der Brief ungeöffnet ist?«

»Sie sehen völlig richtig, Herr Direktor. Der Brief ist noch zu.«

»Ha! Dann habe ich Sie hiermit bei der Nichterfüllung Ihrer Aufgaben erwischt! Sollten Sie nicht alle Briefe öffnen, lesen und alles, was nicht lebensnotwendig ist, sammeln, umdrehen und wenn die Rückseite unbeschrieben ist als Notizpapier verwenden?«

»Und genau das tue ich auch«, rechtfertigte sich die Sekretärin.

»Und das hier?« Emil wedelte erneut mit dem Brief.

»Dieses Schreiben habe ich Ihnen vor rund zwei Wochen ungeöffnet übergeben, weil auf dem Umschlag privat steht. Private Post öffne ich prinzipiell nicht, denn das wäre ein Verstoß gegen das Briefgeheimnis.«

Emil beäugte den Brief unauffällig. Tatsächlich! Das war ihm völlig entgangen. Aber wenn die Busswald auf eine Entschuldigung wartete, dann konnte sie warten, bis sie schwarz wurde!

»Sie immer mit Ihren fadenscheinigen Ausreden!«, zeterte Direktor Rohrmoser und schlitzte den Umschlag mit seinem Brieföffner auf.

Er faltete die ... eins, zwei, drei, vier, fünf eng beschriebenen Briefbögen auseinander und ...

»Heiliges Sparschwein! Vorlesen, Busswald! Das ist mit der Hand geschrieben und so klein gefitzelt, dass es aussieht, als wären ein paar Amseln mit schmutzigen Füßen über das Papier gelaufen. In betrunkenem Zustand! Wer schreibt heutzutage überhaupt noch mit der Hand?«

»Vorwiegend alte Leute. Meine Großmutter beispielsweise ...«

»Das können Sie Ihrer Großmutter erzählen!«, fiel Emil ihr ins Wort. »Ich sagte: vorlesen! Was an dem Wort vorlesen verstehen Sie denn nicht?«

»Einladung.«

»Wie meinen?«

»So lautet die Überschrift. Es handelt sich um eine Einladung.«

»Von wem und wozu?«

»Moment.« Irene nahm den Umschlag noch einmal zur Hand und drehte ihn um. »Petunia Kirchmayer, St. Johannes-Allee Nummer sieben. Ich glaube, das ist im Stadtteil Bockenheim.«

»Ich kenne keine Pekunia Kirchmayer. Weiterlesen!«

»Petunia. Wie die Blume.«

»Ich mache mir nichts aus Blumen. Weiterlesen!«

»Lieber Emil! Das Fest der ...«

»Wieso nennt die mich beim Vornamen?«

»Eine entfernte Verwandte vielleicht, an die Sie sich nicht erinnern? Eine ehemalige Kommilitonin? Eine Freundin aus der Jugendzeit, die ...?«

»Sie sollen hier nicht Rätsel raten, sondern weiter vorlesen, Busswald!«

»Lieber Emil! Das Fest der Liebe steht vor der Tür ...«

»Warten Sie, Busswald, warten Sie, um Himmels willen!«

Ein schrecklicher Gedanke war Direktor Rohrmoser wie ein glühender Blitz durch den Kopf geschossen.

»Hört sich der Anfang nicht verdächtig danach an, dass sich jemand, den ich vielleicht vor langer Zeit mal kannte, Geld von mir leihen will? Weihnachten ist doch das Fest des heiligen Borg-mir-was. Alle kaufen wie verrückt Geschenke ein und merken dann, dass nicht mehr genügend Geld für die nächste Miete oder Kreditrate übrig ist.«

»Kann sein, muss aber nicht sein«, erwiderte die Sekretärin. »Wir werden es gleich erfahren. Also: Das Fest der Liebe steht vor der Tür. Vielleicht ist es mein letztes Weihnachtsfest, denn ich gehe mit Riesenschritten auf die Neunzig zu, und da kann man nie wissen, ob man nicht schon am nächsten Tag in die himmlischen Gefilde abberufen wird.«

»Heiliges Sparschwein! Können Sie nicht endlich zum Wesentlichen kommen, Busswald? Finden Sie heraus, was sie will, und sagen Sie es mir, ohne mir vorher die gesamte Lebensgeschichte dieser Geranie Kirchmayer vorzulesen. Ich kenne sie wie gesagt nicht mal!«

»Petunia. Also gut. Einen Moment, bitte.«

Die Sekretärin drehte und wendete die fünf Briefbögen und versuchte, dem Schreiben das Wesentliche zu entnehmen. Emil Rohrmoser duckte sich vorsorglich, denn er war immer mehr der Überzeugung, dass am Ende die Bitte um Geld herauskommen würde.

»Was erheitert Sie denn so?«, fuhr er seine Sekretärin an, als diese plötzlich leise auflachte. »Schickt sie mir einen Witz, diese alte Begonie?«

»Petunia! Nein, es ist kein Witz. Frau Kirchmayer ist Ihre ehemalige Grundschullehrerin, Herr Direktor. Sie lädt all jene ihrer ehemaligen Schüler, an die sie sich noch erinnern kann, zu einem kleinen Imbiss und ... Ich zitiere: Zu einer gemeinsamen Reise in die Vergangenheit ein.«

»Heiliges Sparschwein!« Als Emil sich erinnerte, riss er reflexartig beide Hände vom Schreibtisch und schob sie unter sein massiges Hinterteil. »Die Kirchmayer!«

»Sie erinnern sich, Herr Direktor?«

»Und wie ich mich erinnere! Als ich vor über fünfzig Jahren zur Grundschule ging, da war die Prügelstrafe an den Schulen noch eine gängige Erziehungsmethode. Und die Kirchmayer hat ausgiebig Gebrauch davon gemacht. Mit dem Rohrstock hat sie mir immer fünfmal hintereinander fest auf die Finger gedroschen, wenn ich ihrer Meinung nach unaufmerksam war.«

»Du meine Güte!« Irene Busswald sog zischend die Luft ein. »Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.«

»Wie klein?«

»Wie bitte?«

»Der Imbiss?«

»Was es gibt, hat sie nicht erwähnt.«

»Ach, ich kann es mir schon denken«, winkte der Verwaltungsdirektor ab. »Wenn die Kirchmayer zum Essen einlädt, dann gibt es höchstwahrscheinlich Saures. Und Ohrfeigenkompott mit Backpfeifen zum Nachtisch.«

Irene Busswald lachte. »Ich glaube kaum, dass sie sich auch heute noch an Ihnen vergreifen würde. Damals hat sie es vermutlich für ihre Pflicht gehalten.«

Emil schüttelte den Kopf.

»Nein, nein, sie hat es richtig genossen. Man hat es ihr deutlich angesehen. Schreiben Sie ihr ...«

»Die Antwort wird nicht mehr rechtzeitig eintreffen, denn die Einladung ist für heute Abend. Um fünf Uhr.«

Emil sprang von seinem wuchtigen Chefsessel hoch.

»Na, da haben wir sie doch!«

»Wen haben wir, Herr Direktor?«

»Die Ausrede! Rufen Sie meine Gattin an, sagen Sie ihr, dass mir das Herz blutet, ich sie aber leider nicht zu den Weihnachtseinkäufen begleiten kann, weil Sie, Busswald, die Einladung dieser Narzissa Kirchmayer verschlampt haben und es für eine Absage zu spät ist.«

»Petunia!«

»Jacke wie Hose!« Emil wedelte seine Sekretärin mit beiden Händen aus seinem Büro. »Los, los, machen Sie schon! Und dann notieren Sie mir die Adresse dieser ... dieser Hortensie Kirchmayer, damit ich nachher weiß, wohin ich fahren muss.«

»Petunia!«, korrigierte Irene Busswald ihren Chef geduldig. »Ich eile. Und ich nehme die Schuld gerne auf mich. Es macht mir nichts aus.«

»Es ist ja auch Ihre Schuld, Busswald!«, grummelte Emil. »Alles ist Ihre Schuld! Immer! Haben Sie denn vor dreißig Jahren das Kleingedruckte in Ihrem Dienstvertrag nicht gelesen? Dort steht es drin!«

***

»War ja klar!«, maulte Dr. Elmar Rösner, der rothaarige Assistenzarzt der Notaufnahme, als er den Hörer auf das Funktelefon zurücklegte.

Über diese abhörsichere Leitung, die ausschließlich Anrufen aus der Notrufzentrale oder von den Kollegen in den Rettungswagen vorbehalten war, war ihm gerade die baldige Ankunft eines ungefähr achtjährigen Mädchens angekündigt worden, das auf dem Heimweg vom Eislaufplatz von einem Auto angefahren worden war.

»In den letzten paar Stunden hätte man denken können, Frankfurt sei ausgestorben, aber kaum ist Peter aus dem Haus, kommt auch schon ein Notfall daher«, lamentierte Elmar.

Dr. Peter Kersten, der Leiter der Notaufnahme, der in den letzten Wochen kaum jemals eine freie Minute gehabt hatte, hatte die plötzliche Flaute nutzen wollen, um schnell mal zum Friseur schräg gegenüber der Sauerbruch-Klinik zu laufen.

Noch ein paar Tage länger und er hätte sich die Haare hochstecken oder zu Zöpfen flechten können. Und die zwar nett gemeinte, aber deshalb nicht weniger nervende Bezeichnung als Struwwelpeter konnte er langsam auch nicht mehr hören.

»Machen Sie sich bloß nicht ins Hemd, Grünschnabel«, unkte Dr. Hannes Fischer, der sechzigjährige Anästhesist der Notaufnahme. »Erstens bin ich ja auch noch hier, zweitens stehen Sie kurz vor Ihrer Facharztprüfung und sollten mit einem Notfall schon alleine klarkommen, und drittens ist Papa ja bald wieder zurück.«

»Um was handelt es sich denn genau?« Oberschwester Nora stand in der offenen Tür des Bereitschaftsraums und wartete ungeduldig auf nähere Informationen.

»Es handelt sich um den schönen Sven«, erwiderte Elmar und meinte damit Dr. Sven Otterberg, den schlechtesten Rettungsarzt Frankfurts, dem nichts auf der Welt auch nur annähernd so wichtig war wie sein Äußeres.

»Nein!« Nora Lechner schüttelte ungeduldig den Kopf. »Um welche Art von Notfall! Brauchen wir den Schockraum? Reicht ein Behandlungsraum? Ist mit einer Notoperation zu rechnen? Was?«

»Diese Frage habe ich bereits beantwortet«, rechtfertigte sich der Assistenzarzt. »Achtjähriges Mädchen von einem Auto angefahren, Notfall. Mehr ist aus dem Kollegen Otterberg nicht herauszubekommen. Ach nein, ich tue ihm unrecht«, fügte er hinzu. »Der Kleinen geht es irgendwie nicht so prickelnd. Das hat er auch noch herausgefunden. Das ist doch schon mal was, oder? Das ist doch fast schon eine richtige Diagnose.«

»Dass diese Niete überhaupt noch Einsätze fahren darf, ist ein Skandal!«, grummelte der Anästhesist.

»Vermutlich ist die Einsatzzentrale genauso wie wir fälschlicherweise davon ausgegangen, dass heute den ganzen Tag nichts los ist«, mutmaßte Schwester Annette. »Da werden sie den Rettungsärzten, die in den letzten paar Wochen fast rund um die Uhr im Einsatz waren, den Tag freigegeben und Otterberg zur Bereitschaft eingeteilt haben.«

»Das glaube ich auch«, stimmte Jens Jankovsky, der fast zwei Meter große Sanitäter, ihr zu.

»Also gut!«

Elmar, der von Peter die Verantwortung für die Notaufnahme während dessen Abwesenheit übertragen bekommen hatte, musste eine Entscheidung treffen. Das gesamte Team wartete auf Anweisungen.

»Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns auf das Schlimmste gefasst zu machen. Mit welchen Verletzungen ist bei einem Kind zu rechnen, das von einem Auto angefahren wurde und nicht tot ist? Innere Blutungen, Frakturen, Kopfverletzung.«

Er holte tief Luft.

»Schockraum und OP vorbereiten! Alle gängigen Notfallmedikamente bereitlegen. Kollege Fischer, bereiten Sie alles für eine rasche Narkoseeinleitung vor. Der Kollege Kramer soll CT und MRT startklar machen. Jens, du forderst ein paar Blutkonserven an.«

»Weiß man die Blutgruppe?«, hakte Jens nach.

Elmars Antwort beschränkte sich auf ein sarkastisches »Ha-ha-ha!«

»Ach ja, Otterberg!« Der Sanitäter zuckte mit den Schultern. »Ich fordere Null negativ an, das kann jeder bekommen.«

»Richtig.« Elmar nickte. »Und falls das Kind eine Sporttasche oder einen Rucksack bei sich hat, sofort nach Namen und Adresse durchsuchen und die Eltern verständigen. Angelika soll das machen. Los jetzt!«

»Gut gebrüllt, Grünschnabel«, lobte ihn der Anästhesist. »Wenn wir alles das nicht brauchen, dann ist es umso besser. Wenn aber doch, dann ist es gut, wenn alles vorbereitet ist.«

Vom Schlimmsten ausgehend, stoben sie in alle Richtungen davon. Alleine im Bereitschaftsraum zurückgeblieben, war Elmar kurz versucht, Peter anzurufen und ihn zu bitten, sofort zurückzukommen.

Eine böse Vorahnung ließ ihn schaudern, und er spürte, wie all die feinen Härchen an seinem ganzen Körper sich aufstellten und ihm die Gänsehaut in Wellen den Rücken rauf und runter lief.