Der Notarzt 390 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 390 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Alisha führt ein ungewöhnliches Leben: Nachts steht sie stundenlang vor dem Fenster und blickt den Mond an. Abgeschnitten von der Welt und all den Menschen, die um diese Zeit schlafen. Morgens, wenn draußen alles erwacht, schließt Alisha ihre Augen und fällt in einen unruhigen Schlaf mit bedrückenden Träumen.
So war es nicht immer, aber so ist es nun schon seit etlichen Jahren. Und an die Zeit davor vermag sie sich kaum noch zu erinnern. Sie weiß nur, dass damals eine Sache anders war: Sie musste nicht in ständiger Furcht leben. Heutzutage ist die Angst Alishas ständiger Begleiter, von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen. Die Hoffnung, dass sich daran jemals wieder etwas ändern könnte, hat sie längst aufgegeben. Doch ihr Nachbar, der Notarzt Dr. Peter Kersten, ist nicht bereit, die junge Frau so einfach ihrem Schicksal zu überlassen ...


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Inhalt

Cover

Mondsüchtig

Vorschau

Impressum

Mondsüchtig

Roman um eine schlaflose Frau und ihre große Angst

Karin Graf

Alisha führt ein ungewöhnliches Leben: Nachts steht sie stundenlang vor dem Fenster und blickt den Mond an. Abgeschnitten von der Welt und all den Menschen, die um diese Zeit schlafen. Morgens, wenn draußen alles erwacht, schließt Alisha ihre Augen und fällt in einen unruhigen Schlaf mit bedrückenden Träumen.

So war es nicht immer, aber so ist es nun schon seit etlichen Jahren. Und an die Zeit davor vermag sie sich kaum noch zu erinnern. Sie weiß nur, dass damals eine Sache anders war: Sie musste nicht in ständiger Furcht leben. Heutzutage ist die Angst Alishas ständiger Begleiter, von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen. Die Hoffnung, dass sich daran jemals wieder etwas ändern könnte, hat sie längst aufgegeben. Doch ihr Nachbar, der Notarzt Dr. Peter Kersten, ist nicht bereit, die junge Frau so einfach ihrem Schicksal zu überlassen ...

»Bla, bla, bla, würden wir uns sehr freuen, Sie bei Gelegenheit zu einem Vorstellungsgespräch ... bla, bla. Sie wissen schon, das Übliche. Was wir halt immer ...«

Prof. Lutz Weidner, der Chefarzt der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, brach ab und schüttelte genervt den Kopf. Er stand neben dem Schreibtisch seiner Sekretärin und wollte ihr einen Brief diktieren, konnte sich jedoch nicht richtig konzentrieren.

»Streichen Sie bitte bei Gelegenheit, Marianne. Das ist eine ungeschickte Formulierung, die je nach Lust und Laune ausgelegt werden kann. Bei Gelegenheit, das kann ja auch in einem Monat oder gar in einem Jahr bedeuten. Fügen Sie stattdessen bitte eine etwas präzisere Zeitangabe ein.«

»Morgen?« Marianne Hoppe markierte das bisher Geschriebene und löschte es.

»Morgen? Unsinn!« Der Klinikchef machte eine wegwerfende Handbewegung. »Morgen bekommt er den Brief ja erst. Vorausgesetzt, Sie trödeln nicht und der Brief geht heute noch rechtzeitig weg. Da kann man nicht gut verlangen, dass er sofort losrennt.«

»Übermorgen?« Die vollschlanke Mittfünfzigerin mit den bordeauxroten Ringellöckchen blickte gottergeben seufzend an die Decke und flehte stumm um ein bisschen mehr Geduld. Ihr Chef war heute so zerstreut und biestig, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis ihr endgültig der Geduldsfaden riss.

»Übermorgen, übermorgen!«, äffte Prof. Weidner sie kopfschüttelnd nach. »Nun machen Sie dem armen Mann doch nicht so viel Druck! Auf ein Vorstellungsgespräch muss man sich vorbereiten. Unterlagen zusammensuchen. Einen Lebenslauf verfassen. Erkundigungen über das Unternehmen anstellen, das einen zum Vorstellungsgespräch einlädt. Et cetera, et cetera.«

Marianne trommelte mit den Spitzen ihrer bordeauxrot lackierten Fingernägel auf die Tischplatte. Hätte der Chefarzt sie – wie sonst auch immer – darum gebeten, selbst eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu verfassen, dann wäre das innerhalb von zwei oder drei Minuten erledigt gewesen.

So aber tippte und löschte, löschte und tippte sie nun schon seit einer Viertelstunde, und es sah im Moment nicht so aus, als ob aus den immer wieder neu zusammengestoppelten Sätzen jemals ein ganzer Brief werden würde. Zumindest keiner, der einen Sinn ergab.

»Ich denke mal, das hat er alles schon längst erledigt«, erwiderte sie schnippisch.

»Sind Sie jetzt unter die Hellseherinnen gegangen?«, brauste Lutz Weidner auf, der normalerweise ein Ausbund an Friedfertigkeit und guter Laune war. »Haben Sie in Ihrer Kristallkugel gesehen, wann und wie er das bereits erledigt hat?«

»Nein.« Marianne verdrehte seufzend die Augen. »Dazu braucht man keine Kristallkugel. Bloß ein bisschen logisches Denkvermögen.«

»Und das habe ich nicht? Wollen Sie das damit behaupten? Ja? Wollten Sie mir unterstellen, dass ich des logischen Denkens nicht mächtig sei?«

»Im Moment jedenfalls nicht«, murmelte die Sekretärin fast unhörbar. »Die Tasse mit der Aufschrift gesunder Menschenverstand scheint zumindest einen Sprung zu haben.«

»Das habe ich gehört!«, donnerte Prof. Weidner empört. »Um meine Tassen brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Meine Tassen sind in bester Ordnung.«

»Hören Sie, Professor ...« Marianne schlug einen milden und übertrieben geduldigen Säuselton an. »Dieser Dr. Grabovsky hat sich bei uns als Assistenzarzt beworben. Ja? Mit Lebenslauf und allem. Ja? Da kann man doch davon ausgehen, dass er sich eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhofft und sich auch dementsprechend darauf vorbereitet hat. Ja? Nein? Oder?«

Sie seufzte leise, produzierte einen Augenaufschlag und schaute ihren Chef milde lächelnd an, als ob er ein störrisches Kind und sie die leidgeplagte, aber fast bis zur Selbstaufgabe verständnisvolle Mutter wäre.

»Wie? Was? Also gut. Meinetwegen.« Der zweiundsechzigjährige Mediziner schnaubte unwillig durch die Nase. »Jetzt haben Sie mich mit Ihrem Gerede über Tassen völlig rausgebracht. Lesen Sie mir noch einmal vor, was wir bisher geschrieben haben.«

»Gerne, Eure hochwohlgeborene Verdrießlichkeit«, unkte Marianne. »Bisher haben wir Folgendes: Bla, bla, bla. Sind Sie damit zufrieden, oder soll ich es ein bisschen umformulieren? Bla, blabla, bla, beispielsweise? Oder Blablabla, bla?«

»Machen Sie sich über mich lustig, Marianne?«

»Wie kommen Sie darauf?« Marianne Hoppe gab sich zutiefst erschrocken. »Niemals würde ich es wagen, Ihre Unfehlbarkeit infrage zu stellen, erlauchte Vergrätztheit!« Sie schlug die Beine übereinander und lehnte sich seufzend zurück. »Was darf die nichtswürdige Tippse denn nun also notieren?«

»Schreiben Sie: Wir würden uns freuen, Sie bei Gelegenheit zu einem Vorstellungsgespräch begrüßen zu dürfen. Das ist doch ganz gut so, oder?«

»Das ist geradezu genial!«, erwiderte die Sekretärin ironisch und klickte auf die Taste, die das vorhin Gelöschte wiederherstellte. »Fertig. Weiter.«

»Es ist nicht möglich, dass Sie das schon haben. Wie konnten Sie das so schnell schreiben? So schnell kann niemand tippen.«

Marianne Hoppe seufzte abgrundtief.

»Das hatte ich vorhin schon geschrieben. Dann sagten Sie jedoch, dass bei Gelegenheit eine ungeschickte Formulierung sei, die je nach Lust und Laune ausgelegt werden könne. Dann habe ich es gelöscht und vorgeschlagen, dass wir stattdessen das morgige Datum einsetzen. Dann haben Sie mich angefaucht und gesagt, dass ...«

»Schon gut!« Prof. Weidner musste lachen. Er holte sich einen Stuhl, stellte ihn neben den Schreibtisch seiner Sekretärin und ließ sich seufzend darauf fallen. »Es tut mir leid, Marianne. Ich bin heute ein wenig unkonzentriert und gereizt.«

»Nein!« Frau Hoppe riss in gespielter Verwunderung Mund und Augen auf. »Niemals wäre ich darauf gekommen! Und was ist Ihnen über die Leber gelaufen, wenn ich fragen darf?«

Der Chefarzt griff seufzend zu der Mappe mit den Bewerbungsunterlagen des jungen Kollegen, dem er eine Anstellung als Assistenzarzt in seiner Klinik anbieten wollte.

»Ich habe diesen Kollegen nur für den Fall, dass alle Stricke reißen, in der Ablage behalten«, murmelte er und fächelte sich mit der Mappe Luft zu.

»Und jetzt sind sie gerissen?«

»Was?«

»Die Stricke?«

»Oh ja, das kann man wohl sagen!« Lutz Weidner warf die Mappe entnervt auf den Schreibtisch zurück. »Ich habe mir immer eingebildet, einen ganz passablen Instinkt für die Auswahl wirklich guter Studienabgänger zu haben«, seufzte er.

»Diesmal aber nicht?«

Prof. Weidner schüttelte überdeutlich den Kopf.

»Diesmal ganz und gar nicht. Meine erste Wahl – ein junger Mann, der das Studium mit summa cum laude abgeschlossen hat –, hat sich als totaler Reinfall entpuppt. Man konnte ihn nicht einmal ohne Aufsicht jemandem ein Heftpflaster aufkleben lassen.«

»Ach, war das dieser schöne Jüngling mit dem klangvollen Namen Luzifer Lupus?«

»So ähnlich. Luzius Lupinek. Der Kollege Kersten hat es genau drei Tage lang mit ihm ausgehalten. Dann ist er zu mir auf die Kardiologie gekommen, um mir zu erklären, dass der junge Kollege untragbar sei.«

Er schüttelte schmunzelnd den Kopf.

»Herr Kersten hat behauptet, der Kollege Lupinek würde es sogar schaffen, einen Patienten bereits beim Anamnesegespräch umzubringen. Ich denke, da hat er wohl ein wenig übertrieben. Auf alle Fälle war er sehr ungehalten. Und Sie wissen, wie geduldig und verständnisvoll unser Dr. Kersten sonst immer ist.«

»Weiß ich.« Marianne nickte. »Da muss der schöne Luzifer schon ein ziemlicher Blindgänger gewesen sein, dass Herrn Kersten einmal die Hutschnur reißt.«

»Das war er!«, seufzte der Chefarzt. »Das war er! Er schaffte es nicht einmal, einen Venenkatheter zu legen, ohne dabei ein Blutbad anzurichten.«

Marianne schauderte. »Dass die mit den besten Noten nicht unbedingt auch die klügsten Köpfe sind, das weiß ich allerdings schon seit der Grundschule. Ich habe in der vierten Klasse neben einem Dicken gesessen, der hatte immer sehr gute Noten.«

»Weil er so schlau war?«

»Nein, weil seine Mutter ihm immer den halben Ranzen mit Süßigkeiten für die Pause vollgestopft hat. Für einmal abschreiben lassen habe ich immer einen Schokoriegel oder eine Handvoll Gummibärchen bekommen.«

Marianne leckte sich in Gedanken an die Köstlichkeiten die Lippen.

»Und da ich zu Hause nur ganz selten Süßigkeiten bekommen habe, habe ich mir mit seinen Schularbeiten und Hausaufgaben meistens viel mehr Mühe gegeben als mit meinen eigenen.«

Lutz Weidner seufzte. »Ja, so ähnlich könnte es sich auch hier abgespielt haben. Dr. Kersten hat die Vermutung geäußert, dass der junge Kollege seine Doktorarbeit möglicherweise nicht selbst geschrieben hat.«

»So was kommt vor?«

»Öfter, als Sie es für möglich halten würden.« Er nahm einen Kugelschreiber aus Mariannes Stiftebecher und trommelte damit gegen die Tischkante. »Meine zweite Wahl war genauso ein Reinfall.«

»War der auch zu doof, um jemandem ein Heftpflaster aufzukleben?«

»Nein, er hat Schwester Annette mehrmals in die Enge getrieben und sie auf unerhörte Weise belästigt.«

Frau Hoppes Augen weiteten sich vor Empörung.

»Die hübsche Kleine aus der Notaufnahme? So ein Drecksack!«

Lutz Weidner nickte. »Das waren auch Dr. Kerstens Worte. So etwas duldet er nicht. Natürlich duldet er so etwas nicht. Kein verantwortungsvoller Oberarzt würde so etwas hinnehmen.«

»Und Ihre dritte Wahl?«

»Eine junge Kollegin, die bei der geringsten Kritik oder Belehrung immer gleich einen Weinkrampf erlitten hat.«

Marianne nickte wissend. »Das ist natürlich blöd. Eine Assistenzärztin, die man nicht belehren darf, kann ja auch nicht wirklich was dazulernen. Deswegen nehmen wir sie ja auf, um sie zu belehren und richtige Ärzte aus ihnen zu machen.«

»So ist es!« Der Chefarzt tippte mit dem umgedrehten Kugelschreiber seufzend auf die Mappe mit den Bewerbungsunterlagen. »Und er hier ist meine vierte Wahl. Ich frage mich jedoch ...«

»Ob der genauso eine Pfeife ist wie die drei anderen?«

»Ja. Bislang hatte ich bei der Auswahl junger Kollegen immer Glück. Meine erste Wahl war auch immer die richtige. Aber hier scheint es sich um eine Serie von Fehlgriffen zu handeln. Ich frage mich, ob diese Pechsträhne sich mit diesem Kandidaten vielleicht fortsetzt.«

»Wir haben ja noch haufenweise andere Bewerbungen«, winkte Marianne gelassen ab. »Wenn der hier auch nichts taugt, dann nehmen wir eben einfach den Nächsten.«

»So einfach ist das nicht, Marianne«, belehrte der Professor seine Sekretärin. »Diese ständigen Wechsel bringen sehr viel Unruhe in eine Abteilung. Und gerade in der Notaufnahme, in der ohnehin ständig Chaos herrscht, ist es von größter Wichtigkeit, dass ...«

Lutz Weidner verstummte und fuhr heftig zusammen, als es draußen auf dem Flur laut krachte. Er ging davon aus, dass der Oberschwester irgendetwas Schweres hinuntergefallen oder ein voll beladener Materialwagen umgekippt sein musste.

»Ist was passiert, Waltraud?«, rief er fragend nach draußen. »Brauchen Sie Hilfe?«

»Nichts passiert!«, tönte eine ebenso fröhliche wie freundliche Männerstimme zurück. »Ach, und ich heiße Maxim, nicht Waltraud. Sie können mich aber auch Tollpatsch nennen. Oder Trottel. Mir ist was runtergefallen, weil ich plötzlich erblindet bin.«

»Grundgütiger!« Der Chefarzt wollte aufspringen, doch der Fremde fügte rasch hinzu, dass er keine Hilfe bräuchte.

»Ich kann jetzt wieder sehen. Ich kenne da nämlich ein Wundermittel. Man muss nur die über die Augen gerutschte Mütze wieder nach oben schieben.«

Frau Hoppe musste lachen. Auch Prof. Weidner schmunzelte. Sie drehten beide ihre Stühle herum und schauten erwartungsvoll zur offenen Tür.

»Jesses Maria! Wollen Sie hier einziehen?« Marianne sprang entgeistert auf, als ein junger Mann um die Ecke bog.

Auf seinem Rücken hing ein mächtiger, prall gefüllter Trekkingrucksack, und auf dem Scooter, den er neben sich herschob, türmten sich drei große Umzugskartons hoch auf, die offensichtlich kurz davor standen, aus allen Nähten zu platzen.

***

Dr. Peter Kersten, der Leiter der Notaufnahme an der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, malte noch ein Herz auf den Zettel, auf dem er seiner Lebensgefährtin mitteilte, dass er ein Abendessen für sie gekocht und im Backrohr warmgestellt hatte. Und dass er sie liebte. Dann befestigte er den Zettel mit einem Magneten, der eine lachende Gurke mit stacheligen Beinen darstellte, auf dem Kühlschrank.

Peter hatte heute Nachtdienst. Zum dritten Mal in Folge. Das bedeutete, dass er Lea seit drei Tagen nicht mehr gesehen hatte. Wenn er abends losfahren musste, war sie noch nicht zu Hause, und wenn er morgens nach Hause kam, war sie schon weg.

Unter normalen Umständen hätte er einfach auf sie gewartet, um wenigstens ein paar Minuten mit ihr verbringen zu können. Doch daran war im Moment nicht zu denken.

Eine vorübergehend unbesetzte Stelle spielte in anderen Abteilungen keine so große Rolle. Doch in der Notaufnahme, in der die Patienten an den meisten Tagen einander die Türklinke in die Hand gaben, bedeutete ein fehlender Mitarbeiter noch mehr Überstunden, doppelte Arbeit für jeden, über den Haufen geworfene Dienstpläne und Urlaubssperre.

Peter hatte nicht warten können, bis der Chefarzt einen neuen Kollegen ausgewählt hatte. Die junge Assistenzärztin, die er vor drei Tagen fristlos hatte entlassen müssen, hatte, statt das Team zu entlasten, mit ihren hysterischen Anfällen nur noch mehr Arbeit und Unruhe verursacht.

Es war nicht nur einmal vorgekommen, dass sie unter den verstörten Blicken der Patienten laut schluchzend aus dem Behandlungsraum gestürmt war, wenn Peter sie – wie immer freundlich und ohne jegliche böse Absichten – auf einen Fehler hingewiesen hatte.

So ein Verhalten war natürlich nicht tragbar. Schon gar nicht in einer Notaufnahme, in der es darum ging, den Patienten die Angst zu nehmen, und in der man die eigenen Befindlichkeiten zum Wohle der Kranken oder Verletzten stets hintanstellen musste.

Bei den letzten drei Mitarbeitern, die er ausgewählt hatte, hatte die sonst so gute Menschenkenntnis des Chefarztes offensichtlich total versagt. Peter hoffte wirklich sehr, dass die Pechsträhne bald ein Ende haben würde und er endlich einen brauchbaren Assistenzarzt bekam.

»Nicht, Frau Podmansky, das ist doch Männerarbeit!«, rief er lachend, als er auf dem Weg zu seinem Auto Henriette Podmansky – seine und Leas vierundachtzigjährige Nachbarin von schräg gegenüber – sah, die in ihrem Vorgarten mit einer Säge hantierte. Er warf seine Tasche auf den Fahrersitz, schlug die Tür zu und lief über die Straße. »Sie wollen doch wohl nicht die Magnolie umsägen?«

»Nur den einen morschen Ast, Herr Kersten«, erwiderte die alte Dame lachend, die noch erstaunlich rüstig war. »Ich habe Angst, dass der beim nächsten Sturm ins Küchenfenster krachen könnte.«

Peter nahm ihr die Säge aus der Hand.