Der verliebte Glasbläser - Volker Ebersbach - E-Book

Der verliebte Glasbläser E-Book

Volker Ebersbach

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Beschreibung

Zwei Texte in einem Buch: Da ist in „Der Fuchs mit dem brennenden Schwanz“ zunächst von einem Fuchs die Rede, der sich für das schönste und stärkste Wesen im ganzen Revier hielt, allnächtlich durch den Wald schlich und besonders stolz auf seinen langen, roten, buschigen Schwanz war. Und von einem mageren, aber listigen Kater. Beide verbünden sich gegen einen Hahn, der sehr sorgsam auf seine Hühner und Küken aufpasst, beide werden zu Kumpanen. Und der Fuchs will dem Kater diesen Gockel besorgen. Ob es den beiden Ganoven gelingt? Und was wohl wollten die Hühner mit ihrem Gegacker sagen: „Erst heiß, dann kalt!“? „Die Geschichte vom verliebten Glasbläser und dem glühenden Baum“ ist ein Märchen, das so beginnt: „Am Fuße eines waldreichen Gebirges lebte der Glasbläser Jan mit seinem Vater. Vor Jahren war die Mutter im zweiten Kindbett gestorben. Der Vater hatte nicht wieder geheiratet, sondern dem Jungen gezeigt, wie man das Haus in Ordnung hält, und ihn beizeiten auch die Glasbläserkunst gelehrt.“ Und der Vater, der schon längere Zeit an Alter und Krankheit leidet, fragt seinen Sohn, ob er sich schon nach einer Braut umgesehen habe. Dem fiel Renata ein, die Müllerstochter. Doch die soll Wenzel heiraten, den Ältesten eines reichen Bauern. Und Jan ist traurig und lässt den Kopf hängen. Doch weil es ein Märchen ist, trifft Jan kurz darauf einen schwarz gekleideten Unbekannten, den Arzt Ago, der im Gebirge nach Ingredienzien für seine Heilmittel sucht - sowohl Kräuter als auch Mineralien. Und vielleicht kann er auch etwas für den kranken Vater tun? Leider kann der Heilkünstler seinem Vater nicht mehr helfen, aber vielleicht kann er seinem Sohn Jan helfen, doch Renatas Mann zu werden? Oder noch jemand ganz andrer? Und sei es eine Hexe. „Die Geschichte vom verliebten Glasbläser und dem glühenden Baum“ ist ein poetisches Märchen über den Zauber der Glasbläserei und über den Zauber – der Liebe.

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Seitenzahl: 80

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Impressum

Volker Ebersbach

Der verliebte Glasbläser

ISBN 978-3-96521-592-4 (E-Book)

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta

Das Buch erschien 1986 in Der Kinderbuchverlag Berlin.

© 2021 EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.de

Für Andreas und Clelia

Der Fuchsmit dem brennenden Schwanz

Ein Fuchs, der sich für das schönste und stärkste Wesen im ganzen Revier hielt, schlich allnächtlich durch den Wald. Besonders stolz war er auf seinen langen, roten, buschigen Schwanz, und er bedauerte es manchmal, dass er ihn, wenn er jagte, nur selten anderen Tieren zeigen konnte. Lautlos schnürte er auf seinem Pfad durch Kräuter und Büsche, bis er an den Zaun eines Hühnerhofes gelangte. Der Zaun war zwar an vielen Stellen ausgebessert, aber überall sehr fest, und selbst wenn der Fuchs noch schlanker gewesen wäre, hätte er nirgends hindurchschlüpfen können. Doch an einer Stelle war im Lauf der Jahre ein großer, dichter Haselstrauch in den Zaun hineingewachsen. Dort schob der Fuchs nahe bei den Wurzeln oft seine hungrige Schnauze zwischen den unteren Lattenenden hindurch. Die Hühner rochen so lecker, dass er immer wiederkam, obwohl alle seine Versuche aussichtslos schienen. Eines Tages gab eine morsche Latte nach, und nun befand sich im Zaun ein Loch, das nur der Fuchs kannte.

Noch ehe der Morgen graute, lag der Fuchs reglos im Haselgebüsch. Den buschigen roten Schwanz breitete er sorgfältig hinter sich über die Wurzeln. Mochten wenigstens die Finken und Meisen darüber staunen! Seine schlauen Augen richteten sich auf die Klappe des Hühnerstalls. Mit spitz aufgerichteten Ohren wartete der Fuchs auf das erste Krähen des Hahnes. Er zog die Lefzen zurück, als er die erste Henne die Hühnerleiter herabsteigen sah. Gleich würde er durch das Loch schlüpfen, freilich auf der Hut, dass die Latten ihm keins der kostbaren Haare aus dem Schwanz rissen, würde über den Hof streichen und seine scharfen Zähne in den Federbalg eines ahnungslosen Huhnes schlagen.

Ein Huhn genügte ihm nicht. Bald saß er wieder in seinem Versteck und lauerte. Als er in den Hof geschlüpft war und gerade ein Huhn gepackt hatte, lief mit langen Schritten der Hahn auf ihn zu, reckte seinen bunt gefiederten Hals und hackte zu. Der Fuchs ließ seine Beute fallen und flüchtete. Im Schnabel des Hahnes klemmte ein kleines Büschel roter Haare. Und als der Fuchs sich putzen wollte, entdeckte er im Haarkleid seines Schwanzes ein hässliches Loch.

Da bemerkte er im Gezweig des Haselstrauches einen mageren Kater, der scheinbar gelangweilt die Vögel beobachtete. Der Fuchs fing an, über den dünnen schwarzen Schwanz des Katers zu spotten.

Da fauchte der Kater und machte einen Buckel. Auf seinem Schwanz sträubten sich die Haare, doch gegen den Fuchsschwanz wirkte er nur wie eine alte Flaschenbürste. Ärgerlich darüber, dass nun noch jemand sein Loch kannte, spreizte der Fuchs die Vorderpfoten, bleckte die Zähne, und als sich auf seinem langen roten Schwanz die Haare sträubten, schien der Haselstrauch zu brennen. „Gock-gock-gock!“ warnte der Hahn und scheuchte seine Hennen aus der Nähe

des Loches, wackelte mit seinem Kamm und drohte mit dem Schnabel.

Der Fuchs hatte gedacht, der Kater be rache den Hühnerhof. Aber am nächsten Morgen beobachtete er, wie geduckt der Kater den Hühnerhof überquerte. Die Hühner flatterten ihm zwar gackernd aus dem Weg, der Hahn aber lief mit langen Schritten auf den Kater zu, sprang in die Höhe und hackte ihn ins Ohr.

„Wie ich sehe“, sagte der Fuchs, „hat der Hahn auch für dich nicht viel übrig.“

„Es war das letzte Mal, das schwöre ich!“ knurrte der Kater und fuhr sich mit seiner Pfote, nachdem er sie angeleckt hatte, über das verletzte Ohr, das noch andere Scharten aufwies.

Mit dem Kater muss ich mich gut stellen, dachte der Fuchs. Fortan brachte er ihm hin und wieder eine Maus mit, <

die er auf seinen nächtlichen Pirschgängen im Wald gefangen hatte. „Du bist doch eigentlich ein tapferer Kerl“, sagte er, wenn er den Kater traf. „Aber dein Schwanz ist ganz dürr vom vielen Hungern! Du musst zu Kräften kommen. Dann wirst du es dem Hahn schon zeigen.“

„Ich wusste, dass du mich verstehst“, entgegnete schnurrend der Kater. „Schon lange bewundere ich dich, wie geduldig du hier lauerst, wie flink du in den Hof schlüpfst und dir eins dieser dicken dummen Hühner schnappst, ehe dich der Gockel erblickt hat. Das schönste an dir ist aber, finde ich, dein langer, roter, buschiger Schwanz mit der weißen Spitze.“

„Danke“, sagte der Fuchs und leckte sich geschmeichelt das Fell. „Leider hat ihn der Gockel mir ein bisschen verschandelt.“

„Ach, man sieht es kaum“, entgegnete der Kater. „Aber mein Ohr! Es tut sehr weh! Dabei habe ich ihm gar nichts getan.“

„Wenn ich dir damit einen Gefallen tun kann, hole ich beim nächsten Mal den Hahn.“

„Das wäre sehr aufmerksam“, miaute der Kater, „aber ich glaube, das ist eine außergewöhnlich schwierige Aufgabe.“

„Gemeinsam schaffen wir es“, sagte der Fuchs und blinzelte.

„Ja! Versuchen wir es!“, fauchte der Kater. „Ich will meine Rache!“

Der Hahn passte genau auf seine Hühner und ihre Küken auf. Er stolzierte, während die Morgensonne in sein Gefieder schien, so dass es bunt schillerte, zwischen ihnen umher. Er dachte: Wenn der Fuchs meinen prächtigen feurigen Schwanz sieht, überlegt er es sich vielleicht noch einmal, ob er es mit mir aufnimmt. Fand er ein paar Würmer, ein paar Körner oder eine Raupe, rief er sein Federvieh. Zuerst pickte er selbst ein wenig, dann überließ er großzügig den Hennen seinen Fund. Auch wenn er sich mit ihnen in den Sand legte und sein Gefieder darin badete, hatte er seine Augen überall. Er wollte nicht noch eine Henne verlieren. Meistens gelang es ihm, den Kater zu vertreiben, wenn er sich an die Küken heranschlich. Sobald der Fuchs auftauchte, fühlte sich der Hahn machtlos. Wenn der Rotpelz sich morgens in den Hühnerhof schlängelte und ein Strahl der aufgehenden Sonne in seinen buschigen Schwanz leuchtete, erstarrten alle Hühner, wo sie gerade standen, und das Korn blieb ihnen im Schnabel stecken. Gemächlich konnte der Fuchs zwischen ihnen herumspazieren und sich seinen Leckerbissen aussuchen. Nur dem flügelschlagend herbeilaufenden Hahn brauchte er auszuweichen. Aber die Flügel des Hahnes waren verschnitten. Immer kam er zu spät, der Fuchs hatte schon eine Henne gepackt. Selbst wenn es ihm gelang, dem Räuber den Weg abzuschneiden, blieb ihm als Waffe nur sein Schnabel. Damit drang er nicht durch den Pelz des Fuchses. Selten riss er ihm ein paar rote Haare aus. Nie erwischte er ein Ohr. Auch die Sporen an den Füßen des Hahnes waren gestutzt. „Meinem Onkel in Spanien“, seufzte er, wenn er wieder um eine seiner Hennen trauerte, „werden sogar kleine Messerchen an die Sporen gebunden. Aber wozu? Nur damit er einen anderen Hahn im Kampf tötet! Was gäbe ich darum, wenn ich mit solchen Waffen auf den Fuchs losgehen könnte!“

Erst wenn der Fuchs jenseits des Zauns waldwärts lief, die Schnauze mit seinem Raub hocherhoben, kam wieder Leben in die Hühner. Sie pickten weiter, badeten in ihren Sandlöchern und waren froh, dass der Fuchs sich ein anderes ausgesucht hatte. Die fleißigste Henne suchte ihr Nest auf, um für Herrn Meier ein Frühstücksei zu legen. Wenn sie fertig war, gackerte sie laut: „Herbei! Herbei! Hol dir dein Ei! Hol dir dein Ei!“

Eigentlich hätte der Hund aufpassen müssen. Er schwänzelte auch manchmal zwischen den Hühnern umher und brummte gutmütig, wenn sie aufgeregt gackerten. Den Hahn lud er sogar an seinen Fressnapf ein, um sich mit ihm zu unterhalten. „So ein Lümmel!“, knurrte der Hund, wenn sich der Hahn bei ihm über den Fuchs beklagte, leckte sich das satte Maul, schlug müde mit dem zottigen Schwanz, legte dann den Kopf auf die Vorderpfoten und schlief ein. Der Hund schlief viel und fraß gern. Er hatte seinem Herrchen in einem langen Hundeleben viele Dienste geleistet und wurde noch immer, obwohl er nichts Nützliches mehr tat, jeden Tag reichlich gelobt. Der Fuchs, dachte er, ist mir ohnehin über. Deshalb tue ich lieber so, als bemerke ich ihn gar nicht.

Herr Meier war schon alt und vergesslich. Er lebte allein. Nachts schlief er nicht mehr lange. Schon in der Morgendämmerung, wenn im Stall der Hahn zum ersten Mal krähte, ging er hinaus und öffnete die Klappe. Er schüttete seinen Hühnern Körner hin, gab ihnen frisches Wasser, verscheuchte den Kater, wenn er den Küken nachschlich, streichelte den Hund, der an ihm emporsprang, und gab ihm Hundekuchen oder manchmal auch ein Stück Fleisch. Dann ging er wieder ins Haus, kochte sich Kaffee, rauchte eine Zigarre und wartete auf die Zeitung.

Das war für den Fuchs die günstigste Zeit. Herr Meier hörte zwar jedes Mal das aufgeregte Gegacker in seinem Hühnerhof; da er jedoch sehr viele Hühner hatte und sie nicht jeden Tag nachzählte, merkte er nicht gleich, was da draußen vorging. Als die dritte Henne fehlte, prüfte er seinen Zaun. Das Loch in der Haselhecke entdeckte er nicht, weil es ihm schwerfiel, sich zu bücken. Jedes Mal tat ihm dabei der Rücken so weh, dass er kaum wieder gerade gehen konnte.

An dem Morgen, als der Fuchs der siebenten Henne auflauerte, dauerte es länger als sonst, bis Herr Meier wieder ins Haus ging. Er hackte etwas Holz, räumte seinen Schuppen auf, unterhielt sich mit dem Hund, betrachtete den Himmel und äußerte Vermutungen über das Wetter. Schon war die Sonne höher gestiegen. Ihre Strahlen schossen über die taufeuchte, funkelnde Waldschneise und in den Haselstrauch, wo sie sich in dem langen buschigen Schwanz des Fuchses verfingen.

„Miaauu!“, sagte der Kater gedehnt und riss voll Bewunderung seine grünen Augen weit auf. „Wie herrlich dein Schwanz leuchtet, Meister Fuchs! Wenn die Sonne hineinscheint, sieht er aus wie Feuer!“

„Was ist Feuer?“, fragte der Fuchs.

„Das weißt du nicht?“, lächelte der Kater. „Wenn du dich in Herrn Meiers Küche traust, kann ich es dir zeigen.“

„Was gibt es da schon zu sehen!“, sagte der Fuchs. „Wenn sich das Feuer bei mir noch nicht vorgestellt hat, ist es unwichtig.“

„Aber es wärmt!“, warb der Kater.

„Mein Pelz wärmt mich genug“, antwortete der Fuchs.

„Man kann die Hühner darauf braten!“

„Was ist das: braten?“, fragte der Fuchs.

„Gebraten ist das Fleisch weicher.“

„Ach so“, lachte der Fuchs. „Du hast wohl schlechte Zähne?“