Der Wind aus der Ebene - Yaşar Kemal - E-Book

Der Wind aus der Ebene E-Book

Yasar Kemal

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Beschreibung

Wenn der Wind die Disteln aufwirbelt, dann ist für die Bewohner des weltabgeschiedenen Dorfes hoch im Taurusgebirge die Zeit zum Aufbruch gekommen. Männer, Frauen, Kinder, Alte, Gebrechliche und Kranke - keiner bleibt zurück. Mit allem Hab und Gut, mit Kindern, Pferden, Hühnern, Eseln ziehen sie hinunter in die Ebene, um sich als Tagelöhner zu verdingen. Auf den Baumwollfeldern der Großgrundbesitzer wollen sie verdienen, was es zur Bezahlung der Schulden und zum Überleben im harten Winter braucht. Für den gebrechlichen Halil wird der Zug zur Höllenfahrt durch eine grausame Natur und archaische Landschaften.

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Über dieses Buch

Wenn der Wind die Disteln aufwirbelt, dann ist für die Bewohner des weltabgeschiedenen Dorfes hoch im Taurusgebirge die Zeit zum Aufbruch gekommen. Auf den Baumwollfeldern der Großgrundbesitzer wollen sie verdienen, was es zur Bezahlung der Schulden und für den harten Winter braucht. Für den gebrechlichen Halil wird der Zug zur Höllenfahrt.

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Yaşar Kemal (1923-2015) wird der »Sänger und Chronist seines Landes« genannt. Er wuchs in einem Dorf Südanatoliens auf und lebte in Istanbul. 1997 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 2008 wurde er mit dem Türkischen Staatspreis geehrt.

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Helga Dağyeli-Bohne (*1940) übersetzt seit Ende der Siebzigerjahre gemeinsam mit ihrem Mann literarische Texte aus dem Türkischen.

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Yildirim Dağyeli ist Verleger und literarischer Übersetzer. Anfang der Achtzigerjahre gründete er in Berlin den auf türkische Literatur spezialisierten Dağyeli Verlag.

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Dieses Buch gibt es in folgenden Ausgaben: Taschenbuch, E-Book (EPUB) – Ihre Ausgabe, E-Book (Apple-Geräte), E-Book (Kindle)

Mehr Informationen, Pressestimmen und Dokumente finden Sie auch im Anhang.

Yaşar Kemal

Der Wind aus der Ebene

Roman

Aus dem Türkischen von Helga und Yildirim Dağyeli-Bohne und Margarete Bormann

Die Anatolische Trilogie I

E-Book-Ausgabe

Unionsverlag

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Impressum

Dieses E-Book enthält als Bonusmaterial im Anhang 6 Dokumente

Die Originalausgabe erschien 1960 unter dem Titel Ortadirek im Verlag Remzi Kitabevi, Istanbul.

Originaltitel: Ortadirek (1960)

© by Yaşar Kemal 1960

© by Unionsverlag, Zürich 2022

Alle Rechte vorbehalten

Umschlag: Mehmet Güter, Mutter und Mutter,  Öl auf Papier, 1983

Umschlaggestaltung: Martina Heuer

ISBN 978-3-293-30788-9

Diese E-Book-Ausgabe ist optimiert für EPUB-Lesegeräte

Produziert mit der Software transpect (le-tex, Leipzig)

Version vom 22.06.2022, 05:02h

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Über dieses Buch

Titelseite

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Inhaltsverzeichnis

DER WIND AUS DER EBENE

1 – Da ist sie wieder, die torkelnde Distel …2 – Vom späten August bis zum Oktober färben die …3 – An diesem Morgen erhoben sich alle, lange bevor …4 – In der Stille, die sich vor Anbruch des …5 – Der Amtmann ritt an der Spitze des Zuges …6 – Ali setzte seine Mutter am Fuß des Walnussbaumes …7 – Als Meryemce erwachte, sah sie Ali mit dem …8 – Es war schon Nachmittag, als Elif ihren Mann …9 – Bald würden die ersten Sonnenstrahlen den Hang des …10 – Sie blieb wie angewurzelt mitten auf dem Weg …11 – Nicht eine Seele kam den Weg entlang …12 – Die Rinde der Kiefer ist innen mit einem …13 – Bevor er aus dem Sonnenlicht in den Schatten …14 – Im Osten kamen die ersten Streifen der Morgenröte …15 – Das Dorf lagerte nun schon tagelang in Söğütlü …16 – Bei Tagesanbruch erwachte Tašbašoglu. Er bat seine Frau …17 – Der Garten mit den Granatapfelbäumen liegt fern und …18 – Es war nach Mitternacht, als das erste Grollen …

Mehr über dieses Buch

Über Yaşar Kemal

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Über Helga Dağyeli-Bohne

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Zum Thema Türkei

1

Da ist sie wieder, die torkelnde Distel. Da, auf unserer Schwelle! Geh, zeig sie den Leuten im Dorf!

Nein, versuchte er sich einzureden, das kann nicht sein. Es sind nur einzelne verirrte Disteln, noch ist die Baumwolle in der Çukurova-Ebene nicht reif. Irgend etwas stimmt da nicht dieses Jahr mit den Wurzeln dieser torkelnden Disteln. Vielleicht haben die Würmer die verdammten Dinger angefressen, oder die Feldmäuse haben sie angenagt. Dann brechen sie ab und wehen herüber, obwohl es noch viel zu früh für die Ernte ist.

Er saß vor seinem Haus in der Sonne, hatte die Beine ausgestreckt und den Rücken an die Wand gelehnt und blickte aus seinem langen verrunzelten Gesicht finster und erschöpft vor sich hin. Sein schütterer, schmutzigweißer Bart hing ihm auf die Brust, graue, buschige Brauen standen über seinen winzigen grünen Augen, sein Kopf aber war völlig kahl. Die Knochen seiner großen nackten Füße mit den schwarzen gekerbten Nägeln konnte man zählen. Seine Pluderhose und das Hemd aus grober handgewebter Baumwolle waren so oft geflickt, dass man von ihrem ursprünglichen Stoff fast nichts mehr sehen konnte.

Ein Zicklein hüpfte um ihn herum und streifte seine Hand. Vor ihnen rannte eine aufgeregte Glucke geschäftig hin und her, gefolgt von einem Schwarm fast körperloser sanftgelber Daunen, die durch den Staub krochen. Halil der Alte liebte es über alles, den eben ausgebrüteten flaumigen Küken, die sich zugleich an der Erde und an der Sonne wärmten, zuzusehen. Aber heute hob er nur von Zeit zu Zeit beim Geschrei der Henne den Kopf und brummte: »Dass dich die Pest hole, du dummes Vieh. Was soll dieses Getue?« Dann sank ihm das Kinn wieder auf die Brust.

Und wenn die torkelnde Distel nun bis an meine Tür weht, grübelte er. Wenn die Samenkapseln in den Feldern der Çukurova aufplatzen und die ganze Ebene weiß überweht wird, und ich habe keine Kraft mehr in den Knien. Dieses Jahr kann ich nicht in die Ebene ziehen. Ich kann einfach nicht.

Der Tag neigte sich schon zum Nachmittag, als er sich mühsam aufrichtete und seiner Schwiegertochter zurief: »Tochter, bring mir Wasser.«

Aus dem Haus kam keine Antwort. »Weib, dass du doch unfruchtbar bliebst!« fluchte er. »Keiner da, der einem einen Schöpflöffel Wasser bringt. Lieber sterben, statt alt zu werden!« Er ging hinein, füllte eine Schale und trank mit zitternden Händen, wobei er das Wasser auf seinen Bart verschüttete.

Gegen Abend begab er sich auf die Spitze des Hügels. Dunst legte sich über die ferne Steppe, und die weite Fläche färbte sich grau. Ihm schien, als sehe er ein Büschel torkelnde Disteln im Winde flattern.

Die torkelnde Distel ist wieder hier, daran kannst du nichts ändern. Dieser Gedanke verfolgte ihn. Wenn du den Leuten im Dorf nicht sagst, dass in der Çukurova die Baumwolle reif ist, werden sie dich lebendig fressen, Halil, mit Haut und Haar. Stell dir vor, sie kommen zu spät, lange nachdem die Landarbeiter aus den anderen Dörfern die ganze Baumwolle gepflückt haben … Was wirst du ihnen dann sagen, Halil? Dass du dich verrechnet hast?

Wenn die torkelnde Distel von der weiten Steppe herweht, weiß Halil der Alte, dass in der Çukurova-Ebene die reifen Samenkapseln aufbrechen. Jedes Jahr um diese Zeit, manchmal sogar noch früher, liest er eine der Disteln auf, untersucht ihre feinen Zweige und Dornen und macht sich dann auf den Weg zum Haus des Amtmanns.

»He, Sohn des Vorstehers Hidir, die torkelnde Distel ist wieder da. Ich habe ganze Schwärme gesehen, sie stiegen auf wie ein Kranichzug und flogen zum Berge Tekeç. Sag den Leuten im Dorf, sie sollen sich in drei Tagen bereithalten.«

Und jedes Jahr rüsten sich die Bauern auf dieses Zeichen hin für die Baumwollernte der Çukurova.

Ein Strom wirrer Bilder hielt Halil den Alten die ganze Nacht wach. Kühle Herbstwinde setzen ein, streifen frostig über die graue Erde, die Vögel kauern mit eingezogenen Köpfen in ihrem Unterschlupf. Die Rebhühner piepsen nicht mehr, und die Spuren ihrer hennaroten Füße unter den Büschen sind verschwunden. Pfeifende Windstöße entwurzeln die Disteln und schleudern sie von Hügel zu Hügel. Riesige korbförmig zusammengeballte Disteln treiben über die kahlen Hügelkuppen in den bleichen Himmel, füllen Täler und Schluchten und überfluten Wege und Ebenen.

Diese Leute im Dorf, haben sie denn gar keinen Verstand? tobte er. Haben sie weder Augen noch Ohren, können sie denn überhaupt nicht denken? Was hätten sie in diesen dreißig Jahren ohne mich getan? Stellt euch mal vor, Halil der Alte wäre tot. Stellt euch das nur mal vor … Na, und dann, ihr Burschen, wäret ihr nicht trotzdem genauso wie immer zur Baumwollernte gezogen? Ihr Bettler, nicht einer von euch hat je zu mir gesagt: Dank dir, Onkel Halil, dir verdanken wir, dass wir immer rechtzeitig zur Ernte hinunterkamen … Wie, wenn ich mich dieses Jahr mal irrte. Das kann jedem Menschen passieren. Bin ich denn noch, der ich war? Ihr seht doch selbst, wie schwach ich geworden bin. Woher sollte ich wissen, ob die Baumwolle in der Çukurova reif ist, wie konnte ich das wohl? Ich kann es eben nicht, ihr Lümmel!

Solche Gedanken quälten ihn bis zum Morgen, und als er aufstand, waren seine Augen rot und schmerzten ihn, als hätte er sie mit Pfeffer eingerieben. Er blickte in die Ferne hinaus. Es ging ein kalter Wind.

»Die Leute hier sind Esel!« schrie er. »Alles Esel!« Sein Sohn stand hinter ihm und fragte: »Was ist, Vater?«

Halil der Alte beachtete ihn nicht.

»Vater, ist die Baumwolle noch nicht reif?« Er bekam keine Antwort.

»Um Allahs willen, Vater, was ist denn in den letzten Tagen über dich gekommen? Nicht mal mit einem Messer könnte man deinen Mund aufsperren.«

Halil der Alte zog drohend die Brauen in die Höhe und sah seinen Sohn von oben bis unten an. Der Sohn war auch schon über fünfzig Jahre alt.

»Möge Allah dich mit Flüchen überschütten! Sieh dir den an, den verdammten Kerl, wie er dasteht und wie er mit mir redet!« schrie er wütend. In seinem Groll suchte er verzweifelt nach einem Ausweg, und es gab nichts, was er den Bauern nicht vorwarf. Am Amtmann, an seinem Sohn, an Taşbaşoğlu, an keinem ließ er ein gutes Haar.

Als sein Zorn verrauchte, ließ er sich ermattet auf einem Stein nieder. Er faltete die Hände unter seinem Bart und stützte das Kinn darauf.

Sein Sohn stand neben ihm und konnte sich keinen Reim darauf machen, warum sein Vater so zornig war.

»Wenn du so wärest wie anderer Leute Söhne, wäre ich dann so elend wie jetzt?« Er zeterte und brummte weiter vor sich hin, so dass sein Sohn sich schließlich davonschlich. Halil der Alte war mit sich und seinem Zorn allein.

Die torkelnde Distel ist wieder hier. Es bleibt dir nichts anderes übrig, als sie dem Amtmann zu bringen. Er stand auf und streckte seine schmerzenden Glieder. Dann stützte er sich schwer auf seinen Stock und humpelte ins Dorf.

Er beschloss, einen Umweg zu machen, um Mullas Sohn nicht zu begegnen, denn der würde ihn wieder aufreizen mit seinem dreckigen Grinsen: »Na, Onkel Halil, in wie viel Tagen kommen denn deine torkelnden Disteln angeflogen wie ein Kranichzug? Wann machen wir uns auf nach der Çukurova? Wir sind alle auf deine Gnade angewiesen, Onkel Halil. Wenn du wolltest, könntest du uns so lange hinhalten, bis es zu spät ist für die Baumwolle, bis in den Winter hinein, stimmts, Onkel Halil?« Dieser Hurensohn, schnaubte Halil der Alte. Wenn der ein Mann sein will, warum versucht er es dann nicht mal selbst und sagt uns, wenn die Baumwolle soweit ist?

Alle zwei Schritte hielt er an und schöpfte Atem. Bin ich wirklich so alt geworden? fragte er sich. Gott weiß, ich bin sicher schon über achtzig. Aber es ist nicht das Alter, es ist der Hunger. Meine Schwiegertochter, diese Hure, gibt mir nicht genug zu essen. Versteckt alles, damit ich es nicht finde. Deswegen bin ich so schwach. Unter in der Çukurova gibt es Wassermelonen, Tomaten, alles, was das Herz begehrt. Aber wie komme ich in die Çukurova? Ach, Ali, du bist ein guter Junge, du bist der Sohn meines Freundes Ibrahim, aber… Wenn deine Mutter nicht wäre, dieses alte Luder… Sie hat den Tod meines Vaters verschuldet, bei Allah, das hat sie getan, die alte Hexe!

Als er sich dem Haus von Ali dem Langen näherte, stieß er zweimal mit seinem Stock auf den Boden. Sein Großvater hatte Alis Haus gebaut. Es war eine niedrige, ungetünchte Hütte aus Lehm und großen unbehauenen Steinen. Er hoffte, Ali allein anzutreffen. Es hatte keinen Zweck, mit ihm zu reden, wenn seine Mutter Meryemce, dieses alte Weib, zu Hause war. »Ali, mein Kind«, rief er leise. »Ali.«

»Willkommen, Onkel Halil«, antwortete Ali und trat heraus. »Willst du nicht hereinkommen?«

Halil der Alte ließ sich auf einen Holzklotz fallen. »Komm, setz dich zu mir«, sagte er.

Ali setzte sich schweigend. Schon seit einer Woche besuchte der Alte ihn regelmäßig. Er hatte geredet und geredet und war dann doch gegangen, ohne zur Sache zu kommen. Ali wusste, worauf er hinauswollte, aber was konnte er tun …

»Wir haben noch viel Zeit bis zur Baumwollernte«, begann Halil der Alte. »Es war dieses Jahr sehr kalt, deshalb blüht sie spät. Aber später oder früher, wie kann ich in die Çukurova gehen, Ali, mit diesen schwachen Beinen? Verflucht sei das Alter. Es ist das größte Unglück auf Erden. Ich werde es nie schaffen. Selbst auf dem Weg hierher musste ich zehnmal stehenbleiben und Atem holen. Meine Beine schmerzen und zittern wie bei einem Erdbeben. Es reißt mich in allen Gliedern … Ich möchte mal irgend jemand sehen, der in einem so elenden Zustand in die Çukurova geht.« Er hielt inne und blickte zu Boden. Eine kleine Distel kam dahergeweht und blieb zu seinen Füßen liegen. Er schnippte sie fort, und der Wind trieb sie weiter. Als er den Kopf hob, waren seine kleinen Augen feucht.

»Ach«, sagte er mit leiser, wimmernder Stimme, »dein Vater, er ruhe in Frieden, möge Heiligenschein auf sein Grab fallen . .. Dein Vater Ibrahim … Ach, wenn der noch lebte … Warum bin ich nicht an seiner Statt gestorben? Warum starben wir nicht beide zusammen? Ich hätte meinen Ibrahim nicht überleben sollen. Ein Mann kann sich eben nicht auf seinen Nachbarn verlassen, auch auf seine Frau nicht und nicht einmal auf den eigenen Sohn. Nein, nur auf einen Freund. Und was war Ibrahim für ein sanftmütiger Bursche! Sanftmütig und kühn zugleich! Und was für ein gerissener Dieb! Er konnte einem Schlafenden das Weiße aus dem Auge stehlen! Mich nahm er immer mit auf seine Diebeszüge, und bei ihm lernte ich stehlen. Ihm verdanke ich, dass ich immer mein Auskommen hatte und nicht von irgendwelchen Knickern abhängig war. Aber jetzt bin ich alt, und Ibrahim ist tot .. . Verflucht sei das Alter! Man sollte einen Mann umbringen, ehe sein Rücken sich krümmt. Geh nur einmal mit diesem krummen Rücken, diesen zitternden Beinen in die Çukurova hinunter, ja, versuch es nur einmal! Nur im Sarg wirst du das schaffen. Das schreibt der Koran vor. Verfluchte Vorschrift! Schau, Ali, ich hab mir gedacht, ich könnte ganz allein im Dorf bleiben, aber die Leute würden denken, ich sei verrückt geworden, und außerdem würde ich hier verhungern. Wie kann einer denn ganz allein in einem verlassenen Dorf leben? Es sind ja nicht nur fünf oder zehn Tage, sondern zwei volle Monate! Da kann er von Wölfen überfallen werden. Und die Ameisen werden ihn verspeisen und ihm die Augen aus den Höhlen fressen. Ist überhaupt schon jemand während der Baumwollernte im Dorf geblieben? Sag mir, ist das je vorgekommen? Solange ich lebe, nicht.«

»Nein, nie«, erwiderte Ali kleinlaut.

Halil der Alte fühlte, dass seine Worte Ali gerührt hatten. Seine Stimme klang triumphierend. »Ach, wenn ich nur mit meinem Ibrahim gestorben wäre und diese Zeiten nicht mehr erlebt hätte. Oder wenn ich einen Sohn hätte wie dich … Aber Allah gab mir nur diesen alten triefnasigen Hasan. Von dem habe ich nie etwas Gutes erfahren! Hasan hat kein Pferd, nicht einmal einen Esel, den ich reiten könnte. Ach, ich weiß noch, wie Ibrahim mit deinem Araber ankam. Er hatte ihn einem tscherkessischen Aga oben auf der

Hochebene Uzunyayla geraubt, und er hat dir mit Allahs Segen jahrelang gut gedient. Ja, Ali, mein Sohn, Hasan hat kein Pferd wie du. Ich mag diesen Taugenichts nicht meinen Sohn nennen! Er stockte und beugte sich erwartungsvoll vor.

Ali kratzte mit einem Zweig über die Erde. Er wagte nicht, seinen Kopf zu haben, fühlte aber, dass die Blicke des Alten ihn durchdrangen wie spitze Nägel.

Schließlich erhob sich der Alte und humpelte davon. Er ging noch gebeugter als zuvor. Wie kann ich auch, dachte er verbittert, von einem, den diese Hure Meryemce geboren hat, etwas Gutes, irgendeine Hilfe erwarten? Der ist sicher nicht Ibrahims Nachkomme.

Wer weiß, von wem Meryemce ihn empfangen hat. Undankbares Lumpenvolk, wer brachte euch das Pferd, he? Und wenn niemand sonst davon erfuhr, Meryemce weiß es genau. Sie weiß, dass ihr Mann keiner Fliege etwas zuleide tun konnte, und nie hätte er ein Pferd gestohlen! Pfui über das Schicksalsrad, möge es brechen. So weit hast du Halil den Alten schon gebracht, dass er für diesen kurzen Ritt in die Çukurova von Tür zu Tür betteln gehen muss! Fort mit dir, du elende Welt! Mögen diejenigen, die sich deiner Wohltaten erfreuen, dein Lob singen. O je, mein Rückgrat bricht!

Ali sah ihm nach. Der Alte schwankte auf zitternden Beinen davon.

Nie wird er den weiten Weg in die Çukurova zu Fuß gehen können, dachte er und kratzte mit dem Zweig über die Erde. In diesem Augenblick hörte er die gereizte Stimme seiner Mutter: »Was hatte er denn diesmal zu erzählen, der verdammte Hund?«

»Was konnte er schon sagen, der arme Mann«, antwortete Ali traurig. »Er hat es nicht so genau ausgedrückt, aber er meinte … Du weißt schon.«

»Nichts da, schlag dir das aus dem Kopf!«, schrie Meryemce. »Solange ich lebe und atme, soll dieses Aas, dieser stinkende Schweinekadaver nie wieder auf meinem Pferd sitzen. Letztes Jahr habe ich es noch erlaubt, nur deinetwegen. Danach sah ich im Traum meinen Ibrahim. ›Meryemce, du Alte‹, sagte er vorwurfsvoll, ›wie kannst du den auf meinem Pferd reiten lassen? Ich fand die ganze Zeit keine Ruhe in meinem Grab.‹ ›Ibrahim‹, sagte ich, ›nun ist es ja vorbei. Dein Sohn hat es so gewünscht, und wie konnte ich ihm das verweigern? Vergib mir. ›Nein, nein, Ali, nie wieder. Nicht einmal, wenn der Heilige von Deliktaş aus seinem Grab steigt und es mir befiehlt. Geh, Heiliger, würde ich sagen, mit all deiner Heiligkeit. Lass das Pferd eines armen Sterblichen in Frieden. Und außerdem, Ali, ist das Tier krank. Es ist viel schwächer als Halil der Alte. Ich weiß noch nicht mal, ob es mich dieses Jahr tragen kann. Es lässt die Ohren hängen, und seine Nase tropft. Ich warne dich, Ali, wenn du den wieder auf mein Pferd setzen willst, musst du mir erst die Kehle aufschlitzen.«

Ali stand auf und strich mit der Hand über seine Pluderhosen. »Er hat ja nicht einmal gefragt, ob er reiten darf, der arme Kerl«, sagte er mit einem tiefen Seufzer. »Er sprach nur davon, dass seine Kräfte ihn verlassen.« Meryemces Augen funkelten. »Wenn er heute nicht gefragt hat, dann tut er es morgen. Hör zu, was ich dir sage. Der ist so unverschämt, dass er es fertigbringt, mich absteigen zu lassen, um allein weiterzureiten. Er ist der leibhaftige Sohn des Teufels. Das weiß ich, und der große Allah dort oben weiß es auch. Es gibt Dinge, die ich dir nie gesagt habe, Ali. Lass mich nicht davon sprechen. Ich bete nur darum, dass sein schmutziges Herz von tödlichen Kugeln durchlöchert wird.«

»Sag das nicht, liebe Mutter. Ich bedaure ihn von Herzen. Wie kann der arme Mann den langen Weg zu Fuß gehen? Vielleicht stirbt er unterwegs.«

»Dann lass ihn sterben«, schrie Meryemce. »Es ist mir gleich, was aus ihm wird, solange er nicht mein Pferd reitet.«

Ali warf ungeduldig den Zweig fort. »Wenn ich nur ganz sicher wäre, dass das Pferd euch beide tragen kann, würde ich ihn hinter dir aufsitzen lassen.«

Bei diesen Worten geriet Meryemce in schäumende Wut. Von ihren Lippen floss ein solcher Strom von Beschimpfungen, dass man kaum verstehen konnte, was sie sagte. Ali erschrak. »Nein, nein! Ich lasse ihn nicht aufs Pferd«, rief er und ergriff ihren Arm, »ich schwöre es dir.«

Meryemce beruhigte sich ein wenig. »Wenn du das tust, dann gehe ich fort in ein Land, von dem weder du noch irgendein anderer je etwas gehört hat. Ich gehe weg, und die weiße Milch, die du aus meinen Brüsten gesogen hast, soll dir zum Fluch werden.«

Sie war eine hochgewachsene, aber vom Alter gebeugte Frau. Ihre Züge waren immer noch schön, mit hohen, breiten Backenknochen, die auf ein spitzes Kinn zuliefen, und ihre schwarzen Augen mussten einst in ihrer Jugend groß und leuchtend gewesen sein. Ein Labyrinth von kleinen Falten bedeckte ihr Gesicht, und ihre Wangen waren tief in den zahnlosen Mund eingesunken. Ein paar weiße, hennarot gefärbte Haarbüschel hingen unter ihrem Kopftuch hervor in ihre Stirn.

»Dass du mir nie wieder von dem Pferd sprichst. Das alte Schwein Halil kann kommen so oft er will. Und damit Schluss!« Sie stürmte davon und verschwand in der Hütte.

Halil der Alte kam noch ein paar Mal wieder. Er klagte bei jedem Besuch über seine Gesundheit und pries Alis Vater immer höher, aber jedesmal bemerkte er, dass er auf taube Ohren stieß.

Es gab vier Pferde im Dorf. Halil der Alte besuchte auch die drei anderen Besitzer und erzählte ihnen von seinen Leiden. Aber er mochte sich nicht so weit demütigen und geradeheraus darum bitten, dass sie ihn reiten ließen, und keiner von ihnen bot ihm an, was er so begierig erwartete. Sie hörten ihm verlegen zu und stahlen sich dann beschämt davon.

Die Tage vergingen, und Halil strich verzweifelt durch das Dorf wie ein Betrunkener. Der Tod, dachte er, wäre leichter als dies. Ihm schien, als hätten die Leute im Dorf nichts zu tun, als ihn zu quälen.

»Ist es noch nicht soweit, Onkel Halil?«

»Letztes Jahr um diese Zeit hatten wir schon tagelang Baumwolle gepflückt!«

»Liegt es am kalten Wetter, dass die Baumwolle dieses Jahr noch nicht reif ist?«

»Onkel Halil, die Täler und Schluchten sind voll von torkelnden Disteln.«

»Vielleicht irrst du dich diesmal, Onkel Halil. Nur Allah ist unfehlbar.«

»Hört auf, ihr Burschen, hackt nicht so auf ihm herum. Hat Halil der Alte uns je im Stich gelassen? Er wird schon wissen, was er tut.«

»Aber irgend etwas stimmt da nicht. Halil der Alte ist diesmal so seltsam.«

»Sag uns um Himmels willen, Onkel Halil, wie lange dauert es noch, bis wir aufbrechen?«

Er versuchte diese Angriffe abzuwehren so gut er konnte, er log, fluchte oder tat, als hätte er nichts gehört, aber der Gedanke ließ ihm keine Ruhe.

Die torkelnde Distel ist wieder da, daran kannst du nichts ändern. Er fühlte sich in die Enge getrieben. Schließlich nahm er seinen Mut zusammen und machte sich auf den Weg zum Haus des Amtmanns. Früher war er jedes Jahr lachend und vor Freude tanzend durch das Dorf gelaufen und hatte die torkelnde Distel in der Hand geschwenkt.

Die Dorfbewohner beobachteten ihn, als er hinkend daherkam. »Endlich ist die. Baumwolle reif«, sagten sie. »Sie ist reif, ja, aber Halil den Alten hat das vergangene Jahr schwer mitgenommen. Er kann kaum noch gehen, der arme Kerl, und laufen schon gar nicht.« Der Amtmann empfing ihn an der Tür. »Dieses Jahr ist es aber spät geworden mit der Ernte«, bemerkte er, lächelte spitz und fügte, ohne eine Antwort abzuwarten, hinzu: »Das hätte ich nicht von dir gedacht, Onkel Halil. Sich mit Ali dem Langen und den anderen gegen mich zu verschwören! Eine Frechheit, eine Frechheit. Das passt ja gar nicht zu dir. Schämst du dich nicht deines weißen Bartes?«

»Pass auf, was du sagst«, murrte Halil der Alte. »So lasse ich mit mir nicht reden.« Früher hätte er jeden zermalmt, der so mit ihm zu sprechen wagte. Aber der alte Geist in ihm war erloschen.

Alle Jahre, wenn er dem Amtmann die Distel überreichte, hatte er freudig gerufen: »Die torkelnde Distel ist wieder da. Ganze Schwärme habe ich gesehen, sie schwebten wie ein Kranichzug über den bleichen Himmel zum Berge Tekeç.« Und dann scherzte jeweils der Amtmann: »Was du nicht sagst, du alter Flunkerer.« Und die Leute ringsherum lachten dröhnend. Dann wurde die Nachricht bekanntgemacht, und die Bauern begannen, sich für die Reise zu rüsten. Aber diesmal kamen Halil dem Alten die Worte nur mit Mühe über die Lippen, der Amtmann scherzte nicht und die Leute lachten nicht. Die Ältesten dachten bei sich, das sei sicher ein böses Zeichen. Selbst die Stimme des Wächters, der die Nachricht verkündete, war freudlos, und nichts war mehr darin vom hellen Klang seiner Worte in früheren Jahren.

»Was geht denn da vor? Warum diese beklemmende Stille?« flüsterten die Bauern einander zu. »Hoffentlich nimmt das kein böses Ende.«

Halil der Alte übergab dem Amtmann die Distel, lief nach Hause, schloss sich ein und ließ sich bis zum Tag der großen Versammlung nicht mehr blicken.

2

Vom späten August bis zum Oktober färben die torkelnden Disteln sich rot, und bei Sonnenuntergang scheint die Steppe in rötlichen Nebel getaucht. Wie ein langer, gewundener roter Weg, ein Kranichzug oder ein vorüberziehender Vogelschwarm teilen sich die Disteln und schließen sich wieder zusammen, sie wogen und sinken, und der rastlose stürmische Wind, der über die endlose Steppe geht, peitscht sie hin und her.

Die torkelnde Distel ist die wichtigste der Pflanzen, die auf der Steppe wild gedeihen. Im Sommer verleiht sie diesem kargen Land mit ihrem sanften Grün Leben und Farbe. Dann sind ihre Wurzeln und Dornen stark, aber sobald sie verdorrt, verlieren die Wurzeln ihre Kraft, und im Herbst, wenn die mächtigen Winde aufkommen, sind sie so schwach, dass die Distel aus der Erde gerissen und fortgetrieben wird. Hunderte und Tausende von Disteln tanzen dann über die Steppe und schwirren durch die Luft.

Im späten Herbst fegen die Winde immer mächtiger über das Land und mit ihnen die Disteln. Sie haben jetzt eine hellere Färbung, leuchten goldgelb. Zäh klammern sie sich an die Krume, man kann sie nur mit Mühe herausziehen. Doch ihre Wurzeln verlieren zusehends an Kraft. Die rastlosen Herbstwinde brausen so lange über die Disteln hinweg, bis schließlich keine mehr an ihrem Platz steht. Ein einziges Pfeifen und Heulen erfüllt die Lüfte. Hunderte, Tausende von Disteln erheben sich dann mit einem Mal über die Steppe. Die ganze Ebene glitzert und leuchtet, versinkt förmlich in goldgelbem Glanz. Funkensprühend wirbeln die Disteln durch die Luft. Ohne sie wäre die Steppe tot.

»Die torkelnde Distel bringt Glanz und Schönheit in diese finstere Einöde«, pflegte Halil der Alte zu sagen. »Was wäre die leblose Steppe ohne sie!«

Ein Rascheln ertönt von der Steppe herüber. Er legt sein Ohr an die Erde und lauscht dem Gemurmel, das aus der Tiefe aufsteigt. Der Boden der Steppe ist ein guter Geräuschleiter. Man kann die Ameisen in ihren Hügeln krabbeln hören und das Trippeln der Vögel in ihren Nistlöchern. Es gibt einen Vogel mit strahlend blauem Gefieder, der sein Nest tief in die Felswände hinein gräbt. Man hört, wie er in seinem Tunnel arbeitet. An dem leisen Knistern der Wurzeln kann man sogar erkennen, ob die Disteln bald brechen. »Nichts geht über die Steppenerde«, sagt Halil der Alte. »Die ist besser als der Telegraph. Wenn du dein Ohr daran-legst, vernimmst du alle möglichen wunderbaren Laute. Du hörst die Flöte eines Schäfers am anderen Ende der Welt, hörst ein Lied, das noch niemand gesungen hat, und es ist so schön wie manche seltenen Blumen. Ja, leg dein Ohr an den Boden und lausch auf die Hufschläge der Pferde, eine Tagereise weit entfernt. Aber nicht jeder vernimmt die Stimme der Erde. Man braucht ein gutes Ohr, ein feines Ohr wie meines, ihr unwissendes Volk.« Schon in der Jugend war es seine liebste Beschäftigung gewesen, stundenlang diesen Geräuschen zu lauschen.

Mit dem ersten Hauch des Herbstes wandern die Bauern mit Sack und Pack aus den Dörfern jenseits der Tauruskette, aus der öden, versengten, ausgedorrten, baumlosen Hochebene, wo das hügelige Land in langen, sanften Wellen in die Steppe abfällt, zur Arbeit hinunter in die Çukurova-Ebene. Keine Menschenseele bleibt in den Dörfern zurück. Alt und jung, Kranke und Schwache ziehen mit. Nicht einmal einen Wächter lassen sie in den verwaisten Dörfern zurück, obwohl überall Getreide in den Gruben gespeichert ist, das Bettzeug in den Kisten, Kleider in den Truhen liegen, all ihre Kostbarkeiten, einschließlich der Aussteuer für die Bräute. Keiner würde seinen Fuß in so ein verlassenes, ausgestorbenes Dorf setzen, nicht einmal an einem Stück Abfall würde sich ein Dieb vergreifen. Gibt es hier keine Diebe? Natürlich gibt es Diebe. Aber keiner würde sich in ein Dorf wagen, solange es verlassen ist. Doch kaum sind die Bauern zurück, geht es wieder los mit Raufereien, Mädchenentführungen und Diebstählen.

Vor langer Zeit lebte in dieser Gegend ein Räuberhauptmann namens Cötdelek. Er war hier der unumschränkte Herrscher, ein grausamer Bandit, ein mitleidloser Tyrann. Roch er irgendwo Geld, konnte ihn nichts mehr halten; er tötete jeden, der ihm in den Weg kam, mit einem Hieb, schnitt Frauen und Kindern die Kehle durch, nur um an das Geld zu gelangen. Da geschah es einmal, dass der berüchtigte Räuber, als ihm die Gendarmen nachsetzten, seine Verfolger abschütteln konnte, indem er sich weit in den Taurus hinein flüchtete. Dort stieß er zufällig auf eines der verlassenen Dörfer. Er war erschöpft, ausgehungert und durstig, doch er sagte: »Kameraden, in diesem Dorf dürfen wir nicht stehlen.«

»Cötdelek Aga«, erwiderten seine Gefährten, »wir können es uns jetzt nicht leisten, edelmütig zu denken. Wir sterben vor Hunger, wir sind alle mehr tot als lebendig. In diesem Dorf werden wir Nahrung finden. Lasst uns hineingehen und essen. Da sind auch Betten aus weißer Çukurova-Wolle. Lasst uns dort ordentlich ausschlafen.«

Cötdelek stand eine Weile in Gedanken versunken. Dann hob er den Kopf. Allah schütze uns vor seinem Zorn; Flammen schossen aus seinen Augen! »Das darf nicht sein, meine Freunde«, rief er. »Ihr wisst, dass ich vor nichts zurückschrecke. Wir werden eines jener bewohnten Dörfer ausplündern und verwüsten, jede lebende Seele hinschlachten, wenn ihr wollt, die Frauen entführen und alle Butter und allen Honig mit uns nehmen. Aber nie werde ich in ein verlassenes Dorf einbrechen und dort stehlen, so sehr ich auch Hunger leide. Ich bin so müde, dass ich mich kaum auf den Beinen halten kann. Und hätte ich ein Bett mit weißer

Çukurova-Baumwolle, würde ich mich hineinlegen und eine ganze Woche lang fest schlafen. Aber ich will nicht der erste sein, der gegen die alte Sitte verstößt. In hundert, in zweihundert, in dreihundert Jahren werden die Leute sagen: ›Früher einmal, während der Baumwollernte, waren die verlassenen Dörfer im Taurus für den Wolf ebenso sicher wie für das Lamm. Dann kam ein böser Mann, ein gewisser Cötdelek und dabei werden sie auf meine Gebeine spucken°–, der missachtete den Brauch und plünderte unsere verwaisten Dörfer.‹ Nein, meine Freunde, ich will nicht, dass die Menschen das von mir sagen. Meine Mutter, meine Frau und meine Gebeine sollen nicht bis ans Ende der Zeiten verflucht werden. Wenn wir dieses Dorf aber verschonen, was werden die Leute dann sagen? Sie werden sagen: ›Da war einmal ein großer Aga, Cötdelek hieß er, ein blutdürstiger Räuberhauptmann, aber er starb lieber vor Hunger, hier an der Stelle des einsamen Dorfes, in dem es reichlich Brot, Butter und Honig gab, als dass er den ärmlichsten Lumpen anrührte. Und er tat gut daran, tausend-, zweitausend Mal gepriesen sei der Mann, der gemeinsam mit seinen ritterlichen Gefährten bereit ist, um der Erde willen sein Leben hinzugeben. Möge Licht auf ihre Gräber scheinen!«

»Gehen wir doch in das Dorf und hinterlegen überall, wo wir etwas wegnehmen, Geld«, schlugen die anderen Banditen daraufhin murrend vor. »Wir nehmen uns die Haustüren als Zeugen und feilschen mit den Kaminen, wie viel es kostet. Wenn du meinst, können wir auch mit dem Pflugmesser darüber verhandeln. Es isst und trinkt zwar nichts, hat aber etwas Menschliches an sich. Wer reißt schließlich die Erde auf, pflügt sie uns?«

Cötdelek begann zu schimpfen: »Nein, es geht nicht, Freunde, wie oft soll ich euch das noch sagen? Schluss damit. Müht euch nicht umsonst ab. Was gegen die Menschenwürde verstößt, kann ich nicht tun. Gehen wir lieber in eines der bewohnten Dörfer dort drüben. Wenn ihr wollt, plündern wir es bis auf den letzten Stein aus. Schneiden allen wie Schafen die Kehle durch, bis keiner mehr übrig ist. Wie findet ihr das? Wenn ihr nicht einverstanden seid, weil eure Füße euch den Dienst versagen, müssen wir, wie Moses Beispiel lehrt, hier warten, bis die Bauern aus der

Çukurova zurückkommen. Dann aber lassen wir keinen Stein mehr auf dem anderen. Wir entführen ihre Töchter und Frauen. Auch ihre Butter, ihren Honig nehmen wir mit. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht. Habt ihr mich verstanden, Kameraden?!«

In diesen Tagen verfluchte Halil der Alte Cötdelek mit aller Kraft. Wenn dieser Hund von einem Banditen doch wenigstens eines der verlassenen Dörfer ausgeraubt hätte, dachte er, dann würden nicht mehr alle Leute in die Çukurova ziehen. Man würde die Alten zurücklassen. Fluch über seine Gebeine …

Die Arbeit auf den Baumwollfeldern dauerte gewöhnlich ein oder zwei Monate. Für die Bewohner der Hochebene von Uzunyayla ist die Çukurova die Haupteinnahmequelle, wichtiger sogar als ihre eigene Ernte oder ihre Schafe und Ziegen.

Alle Bauern auf der Uzunyayla kaufen bei Adil Efendi, dem Krämer in der kleinen Stadt.

»Wie viele seid ihr?« wird Ali Efendi fragen. »Zehn«.

»Und könnt ihr alle Baumwolle pflücken?«

»Wir haben einen Säugling, mein Aga, fünf Tage alt. Ein schwarzäugiges kleines Kind …«

Adil Efendi überschlägt im Geiste die Summe.

Dann gibt er ihnen eine bestimmte Menge Waren und trägt ihr Schulden in sein gelbes Buch ein. Er weiß, nach ihrer Rückkehr aus der Çukurova werden sie auf den Kuruş genau mit ihm abrechnen, und nichts wird sie davon abhalten, es sei denn, sie sterben oder verlassen das Dorf …

Das ganze Dorf war in Bewegung, es war ein Kommen und Gehen, Rufen und Fluchen. Man hörte die Alten und Kranken stöhnen und seufzen, aus manchen Häusern ertönten Wehklagen, in anderen herrschte Freude. Der Wächter lief umher und rief: »Passt auf, ihr Leute! Habt acht auf meine Worte und sagt nicht, ihr habt nichts gehört. Euch bleiben nur noch zwei Tage. Sputet euch! Beeilt euch, denn vielleicht sind die anderen Dörfer inzwischen schon in der Çukurova. Wer trödelt, wird bestraft, auf Befehl des Dorfrates und unseres Amtmanns.«

Aber in diesem Jahr braute sich irgend etwas Ungewöhnliches zusammen. Das zeigte sich deutlich auf den Gesichtern einiger Bauern. »Seht euch vor«, schienen sie sich mit den Augen zu sagen, »dass dieser Wolf im Schafspelz nichts herausfindet. Er darf keinen Wind bekommen, sonst legt er uns nichts als Steine in den Weg.«

Fünf Jahre lang hatten sie vergeblich geredet. Aber dieses Mal war es Ali dem Langen, Taşbaşoğlu aus der Sippe der Steinschädel und Duran dem Waisenkind endlich gelungen, die Mehrheit des Dorfes einschließlich der Drückeberger um sich zu versammeln, um zur Tat zu schreiten. So ist nun einmal das Bauernvolk. Hat es erst einmal begriffen und zugestimmt, braucht es einem nicht mehr bange zu sein.

An jenem Morgen hatten Taşbaşoğlu und Ali der Lange heimlich die Runde im Dorf gemacht und zuverlässige Freunde aufgesucht. »Wir treffen uns im Haus von Duran dem Waisenkind«, hatten sie geflüstert und waren verschwunden.

Duran das Waisenkind wohnte am Rande des Dorfes. Als Taşbaşoğlu und Ali der Lange ankamen, wartete dort schon eine ansehnliche Menge; alle redeten durcheinander. Taşbaşoğlu setzte sich auf die Schwelle und zog seinen gelben Rosenkranz aus der Tasche. Sein langes Gesicht nahm einen mürrischen Ausdruck an, während er die Anwesenden mit scharfem Blick musterte. »Nun, meine Brüder«, begann er, »habt ihr euch entschlossen?«

»Das haben wir«, schrie eine Stimme von hinten, es war Gümüşoglu. »Hier geht es um Leben und Tod.« »Wir dürfen uns nicht länger um unsere Rechte betrügen lassen«, rief ein anderer. »Sie haben ihr Brot in unser Blut getaucht und uns ausgesaugt.«

»Wir müssen alle zusammen zum Amtmann gehen«, fuhr Taşbaşoğlu fort. »Wenn wir nicht wie ein Mann dastehen, wird er uns vernichten. Unsere Front darf nicht brechen.«

»Niemals«, schrien sie alle.

»Schwört ihr bei der Ehre eurer Frauen?«

»Ja, ja«, riefen sie aufgeregt durcheinander.

Dann begann Duran das Waisenkind zu sprechen. Er war stolz, dass man sein Haus für die Versammlung ausgesucht hatte. »Wir müssen zwei Sprecher wählen, die unsere Sache vertreten, wie sichs gehört. ›Ein Amtmann‹, müssen sie sagen, ›sollte den Bauern ein Vater sein, so wie dein Vater, der Vorsteher Hidir. Aber du hast dich mit dem Schurken Bekir dem Krakeeler zusammengetan, und ihr beide lasst euch von den Besitzern der ödesten Baumwollfelder bestechen, damit wir dort arbeiten. Während die Leute aus den anderen Dörfern fünfhundert Kilo am Tag pflücken, bringen wir es kaum auf fünfundzwanzig. Während die anderen Bauern mit Säcken voll Geld nach Hause kommen, können wir nicht mal Adil Efendi unsere Schulden bezahlen. Hast du denn kein Herz, kein Gewissen? wie viel Bestechungsgelder du auch kriegen magst, wir sind bereit, dir ebensoviel zu zahlen. Aber wenn du uns im Stich lässt, suchen wir uns selbst ein Feld aus. Nie wieder setzen wir einen Fuß auf ein Feld, das dieser Bekir der Krakeeler ausgesucht hat … › So müssen sie reden, und wir müssen geschlossen hinter ihnen stehen, damit sie keine Angst haben.«

»Duran hat gut gesprochen«, sagte Taşbaşoğlu. »Lasst uns also zwei Männer wählen. Aber wen? Sie müssen stark und furchtlos sein.«

»Einer von ihnen soll Ali der Lange sein.« Durans Stimme zitterte vor Erregung. »Er hat als erster herausgefunden, dass der Amtmann und Bekir der Krakeeler uns betrügen und sich von den Gutsbesitzern Schmiergelder zustecken lassen. Und er hat sich in den letzten fünf Jahren heiser geredet, um die Wahrheit in unsere hirnlosen Köpfe hineinzutrommeln. Einen besseren Mann könnten wir nicht finden.«

Alle waren einverstanden.

»Und als zweiten schlage ich Duran das Waisenkind vor«, sagt Taşbaşoğlu. »Er spricht wie ein Politiker.«

Ali der Lange saß ein wenig abseits von den anderen und hörte versonnen zu. Jetzt richtete er sich auf. »Da gibt es kein Kneifen, wenn es soweit ist«, sagte er. »Keiner darf sich in eine sichere Ecke verkriechen und uns in der Gefahr lassen.«

Köstüoğlu sprang auf, sein mächtiger Körper bebte vor Aufregung. »Wir haben abgemacht, dass wir unsere Frauen verstoßen, wenn … Wir können nicht mehr zurück. So ziemt es sich für uns, meine Herren.«

Alle lachten.

»Unser Amtmann, der Sohn Hidirs des Vorstehers, ist der leibhaftige Teufel, ein Halunke ohnegleichen«, sagte Tašbašoglu. »Er ist mit allen Wassern gewaschen. Immer zieht er den Kopf aus der Schlinge, wechselt ständig die Farbe. Ein Chamäleon ist er, zu allem fähig, überall hat er seine Hände im Spiel. In Sekundenschnelle schlüpft er in zehn verschiedene Rollen. Einmal gibt er sich als Anhänger der Demokratischen Partei aus, dann wieder als Gefolgsmann von Ismet Inönü Pascha. Er zieht alle Register. Gegen ihn anzukommen wird nicht leicht sein. Damit müssen wir rechnen, darauf müssen wir uns schon im vorhinein einstellen. Folgendes wird er tun: Zuerst einmal macht er uns bei den Agas der Çukurova schlecht. ›Die Bauern lehnen sich auf‹, wird er sagen, ›bereiten einen Aufstand vor. Ein Jahr lang darf man ihnen keine Arbeit mehr geben, so lange nicht, bis sie endlich zur Vernunft kommen. Man muss sie zerschmettern‹, wird er hinzufügen, ›wie einen Schlangenkopf, diese Bauernlümmel, diese undankbaren, die nichts anderes im Sinn haben, als sich gegen unsere Regierung, gegen unsere Nation und gegen ihre guten alten Agas aufzulehnen.‹ Und wer weiß, was ihm noch alles einfällt, da wird uns Hören und Sehen vergehen! Dieses Jahr bekommen wir auf jeden Fall kein Baumwollfeld, wir werden wohl mit leeren Händen aus der Çukurova zurückkehren. Der ist zu allen Schandtaten fähig. Kameraden, seid ihr all dem gewachsen? Wenn ihr es schafft, wird das am Ende unsere Rettung sein. Das Jahr darauf können wir uns dann ein Feld aussuchen, das uns gefällt. Und mit unserem Halil dem Alten werden wir als erste wissen, wann die Baumwolle soweit ist. Bevor die anderen Bauern noch etwas ahnen, sind wir schon mitten in der Arbeit.«

Halil der Alte räusperte sich und bereitete sich auf eine lange Rede vor: »Oh ja! Hm, hm! Oh ja …« Aber noch bevor er weitersprechen konnte, schnitt ihm Ali der Lange das Wort ab. »Könnt ihr all das auf euch nehmen?« fragte er.

Köstüoğlu sprang erneut hoch, setzte sich jedoch gleich wieder. »Wir haben keine andere Wahl, schließlich müssen wir uns doch sonst vor Allah von unseren Frauen trennen!«

Sie saßen schweigend da, die Hände im Schoß, wie bei einer Zeremonie. Jeder überließ sich seinen Gedanken.

Halil der Alte räusperte sich immer noch und wartete auf einen günstigen Augenblick. Schließlich sprudelte es aus ihm heraus: »Ja, ja, so ist das, er überschüttet mich mit einem Wortschwall, dieser Misthund, Hidirs räudiger Sohn! Weil er Amtmann geworden ist, dieser verwachsene Sefer! Wie ein Efendi will er behandelt werden. ›Du Lump‹, habe ich gesagt, ›mein Sohn, der Kerl, der dein Vater ist … › Ja, genauso habe ich es gesagt. ›Der Kerl, der dein Vater ist‹, habe ich bei Allah zu ihm gesagt! Er konnte mir, Halil dem Alten, nicht das Wasser reichen. Mir hat er es außerdem zu verdanken, dass er Vorsteher wurde. Wie haben sich die Zeiten doch geändert! Das ist der Lauf der Welt. Die können wahrlich stolz sein, dass sie es zu etwas gebracht haben! ›Und du lachst mir nur frech ins Gesicht!‹ habe ich gesagt. Jeder kennt Halil den Alten. Aber was in ihm vorgeht, weiß nicht einmal Allah. Halil der Alte allein weiß es … ›Du Lump‹, habe ich gesagt, ›du solltest dich schämen. Tritt man so das Recht eines ganzen Dorfes mit Füßen? Raubt man so einem ganzen Dorf die Baumwolle, die es gepflückt hat? Ist das nicht ein Jammer? So etwas tut man doch nicht, mein Sohn, das sind schmutzige Geschäfte. So etwas gab es bei uns bisher noch nie! Wie kannst du dich mit einem Kerl einlassen, der die Dorfhure zur Frau hat? Du Lump‹, habe ich gesagt, ›wir werden schon sehen, wer am Ende der Stärkere ist! Nimm deinen Grips zusammen! Sonst kannst du noch etwas erleben! Mein Bart ist schließlich nicht in der Mühle so weiß geworden! Tu, was ich dir sage, dann kannst du mich am Ende in dein Dankesgebet aufnehmen. Anstatt dich mit diesem Halunken Bekir dem Krakeeler herumzutreiben, solltest du dich lieber an die Seite deiner Bauern, deiner eigenen Brüder, deiner Verwandten stellen.‹ Aber der denkt ja gar nicht daran!«

Halil der Alte war gerade erst in Fahrt gekommen, als Taşbaşoğlu ihn unterbrach: »Keiner von euch darf von dieser Sache etwas verlauten lassen, bevor Ali auf dem Weg zur Çukurova mit dem Amtmann gesprochen hat. Vorher kein Wort!«

»Nein, bestimmt nicht«, schrien alle.

Halil der Alte krümmte sich vor Wut, aber er bezähmte sein Verlangen, Taşbaşoğlus Mutter und Frau mit Flüchen zu überhäufen. »Dieses Jahr« erklärte er, »habe ich ihm die torkelnde Distel gebracht, wie immer, und gesagt: ›Ich habe Schwärme davon zum Berge Teke fliegen sehen. › Und könnt ihr euch so was vorstellen? Er wagte mich zu verhöhnen! ›Du Sohn einer Hure‹, sagte ich, ›du Bastard eines Hahnreis, lieber sähe ich meine Frau tot, als …«‹ Dröhnendes Gelächter erscholl, denn die Frau von Halil dem Alten war schon seit vielen Jahren unter der Erde.

Halil geriet in Wut. »Worüber lacht ihr blöden Hundesöhne?« schnaubte er. Die Adern an seinem mageren Hals waren geschwollen und fingerdick herausgetreten. »Ich will euch nur noch eins sagen. Ich habe dem Amtmann die Distel schon vor einiger Zeit gebracht. Hört auf mich, ihr seid spät dran dieses Jahr, aber schiebt die Schuld nicht auf mich! Vor fünfzehn, zwanzig Tagen bereits habe ich ihm gesagt, dass die Baumwolle soweit ist. ›Amtmann‹, sagte ich, ›treib nicht deinen Spaß mit mir! Ich bin alt geworden, das ist nicht zu leugnen, und deshalb kann ich in diesem Jahr nicht zur Çukurova gehen. Aber solange es hier torkelnde Disteln gibt, weiß ich, wann es Zeit ist für die Ernte.«‹ Die anderen besprachen sich aufgeregt und hörten ihm nicht zu.

»Das ist eine üble Sache«, seufzte Murtaza der Kleine, ein dürres Männchen in zerlumpten Kleidern.

»Wie nun, wenn Sefer Efendi die Agas in der Çukurova überredet, uns kein Feld zu geben, wie sollen wir dann diesen Winter überstehen? Und was wird aus unseren Schulden? Adil Efendi wird uns die Haut bei lebendigem Leibe abziehen.«

»Soll er doch«, schrie eine mürrische Stimme. »Wir zahlen sie ihm nächstes Jahr zurück, mit den Zinsen dazu.«

Halil der Alte zitterte vor Ungeduld, bis es ihm endlich gelang, mit einem oder zwei wohlgezielten Flüchen die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. »Wenn ich die torkelnden Disteln am Himmel sehe …« setzte er mehrmals an, »wenn ich sie am Himmel sehe, dann bedeutet das, dass zehn Tage später die Baumwolle blüht. Dass sich ihr rosafarbenes Innere zeigt, dass die Çukurova wie eine Azarole duftet, durchdringend und angenehm.« Er wurde lauter und lauter und begann zu schreien: »Sagt, ihr Saukerle, habe ich euch vielleicht in den dreißig Jahren auch nur ein einziges Mal angeschwindelt? Die anderen Bauern können sich irren, gehen entweder zehn Tage zu früh oder zu spät auf ihre Felder. Aber ihr, habt ihr in all den dreißig Jahren auch nur einmal den Zeitpunkt verpasst, ihr Misthunde? War nicht jedes Mal, wenn wir in die Çukurova zogen, die Baumwolle über und über weiß und wartete nur noch auf uns? Diesem Bluthund unseres Dorfes, der euch nach dem Leben trachtet, dieser Ausgeburt Hidirs, habe ich, so wahr ich hier stehe, gesagt: ›Du Kerl, Hidirs Sohn, man nennt dich Sefer Efendi, da du auch zu den Menschen zählst. Gut, sollen sie dich ruhig so nennen. Aber für mich bist du weniger wert als ein Köter. Auch zu deines Vaters Lebzeiten war das mit den Disteln schon so.‹ Diesem Sefer Efendi, diesem Lästermaul, dem habe ich es gesagt … Habt keine Angst vor ihm, ein Feigling ist er. ›Wenn die torkelnden Disteln vor meine Tür rollen, wenn sie in ganzen Haufen wie Kraniche zum Tekeç-Berg über den Himmel ziehen, dann sind alle Baumwollfelder in der Çukurova weiß, als hätte es geschneit. Die Felder warten auf die Landarbeiter, und die Gutsbesitzer halten mit gefalteten Händen Ausschau nach ihnen. Habe ich mich einmal getäuscht, dass du so mit mir umspringst und den Bauern die Nachricht vorenthältst? Du dürstest förmlich nach dem Blut der Bauern. Deinetwegen hungern die Kinder. Dafür sollst du mit Blindheit gestraft werden, dein Haus möge wie ein Kartenhaus zusammenfallen! Melde es gefälligst den Bauern!‹ hab ich gesagt.‹Lass es sie wissen, Kamerad!‹°- ›Nein, das kommt nicht in Frage!‹, das war seine Antwort, ›du bist ja verkalkt!‹ Seitdem sind zwei Wochen ins Land gezogen. Jetzt ist die Baumwolle längst gepflückt, mehr habe ich nicht zu sagen. Vielleicht ist es sogar schon zwanzig Tage her. Ihr müßt euch jetzt selbst helfen, Kameraden! Meine Schuld ist es nicht, diesen Hahnrei müßt ihr zur Verantwortung ziehen. Jetzt wisst ihr jedenfalls Bescheid. Er packte mich am Arm und drohte: ›Wenn du es ihnen sagst, lasse ich einen Haftbefehl gegen dich ausstellen, ich sorge dafür, dass man dich in den Kerker von Adana wirft, wo bereits Ibrahim sitzt, und dich schließlich an den Galgen hängt. Ich zeige dich an, weil du ein Hexer bist, mit dem Teufel im Bunde stehst, dem hohen Interesse des Vaterlandes Schaden zufügst, vorbestraft bist, ein Deserteur aus dem Yemen-Krieg und ein Mitglied der Bande von Aslan Aga …«

Eine Pause trat ein, und Halils Stimme übertönte nun alle anderen.

»Onkel Halil«, unterbrach ihn Duran das Waisenkind, »um Himmels willen, hör auf, lass uns in Ruhe weiterreden. Wir sind gekommen, um wichtige Dinge zu besprechen, und du schwatzt hier so daher.«

Halil der Alte fuhr empört auf. »Daherschwatzen! Du schniefender Köter, rede ich nicht ebenso gut wie die anderen? Ihr tätet besser daran, statt mich zu unterbrechen, eure Eselsohren zu spitzen, und auf den weisen Halil den Alten zu hören. Du bildest dir ein, du seist was Besonderes, weil die Leute sich in deinem Haus treffen, dabei bist du nur ein Scheißkerl …«

Einige Bauern kamen Duran dem Waisenkind zu Hilfe. »Ach, sei schon still, Onkel Halil«, protestierten sie, »wir haben ernste Geschäfte zu besprechen.«

Halil der Alte verlor ein wenig die Fassung. »Na, dann sage ich eben nichts mehr«, murmelte er beleidigt. »Macht nur weiter, hört nicht auf mich. Wir werden schon sehen, wer nachher der Verlierer ist.« Damit zog er sich schmollend wie ein Kind in eine Ecke zurück.

Kümbetoğlu hatte während der Versammlung noch gar nichts geäußert. Da nun alle anderen ein Wort eingeworfen hatten, meinte er, dass auch er etwas sagen müsse. »Wenn sie uns keine Arbeit geben, dann gehen wir zum Tevfik Bey, dem Parteivorsitzenden in der Stadt. ›Haben wir für Euer Gnaden nicht unsere Stimmen abgegeben?‹ werden wir sagen. ›Nun seht euch an, wie wir vom Amtmann und den anderen großen Agas der Çukurova behandelt werden!‹«

Darauf erhob sich ein heftiger Streit über die Frage, ob Tevfik Bey zum Amtmann oder zu den Bauern halten würde. Am Ende kamen sie überein, dass Tevfik Bey, wenn er auch nur ein Gramm Vernunft hatte und niemand bezweifelte, dass er eine Quelle der Weisheit war, denn wie hätte er sonst zum Parteipräsidenten gewählt werden können –, auf seiten der Bauern stehen würde.

Halil der Alte konnte sein erzwungenes Schweigen nicht länger ertragen. »Seht ihr nicht, in was für einem elenden Zustand ich bin, ihr Ungläubigen?« platzte er heraus. »Ihr hört mir jetzt zu, und wer mich unterbricht, dem schlage ich die Augen aus. Ich frage mich: Wie komme ich in die Çukurova hinunter? Meine Beine wollen mich nicht mehr tragen. Wie soll ich also zu Fuß laufen? ›Amtmann‹, sagte ich, ›so kannst du nicht mit mir umgehen, und die Leute im Dorflassen sich von dir nicht mehr das Fell über die Ohren ziehen. Wenn du kein Pferd für mich findest, du, der mächtige Amtmann, du, ein Mann der Regierung, dann werden die Leute es eben tun. Sie können mir sogar eine lange schwarze Eisenbahn beschaffen, wenn sie wollen. Sie bringen den Zug mitten ins Dorf und sagen: hier, Onkel Halil, steig ein!«

»Aber das ist doch eine grobe Lüge, Onkel Halil«, rief Tašbašoglu »Wie können wir einen Zug in die Berge raufbringen?«

Der Bart von Halil dem Alten zitterte. Dennoch war ihm jetzt wohler, weil alle ihm zuhörten. »Doch doch, das bringen sie schon fertig, wenn sie es nur wollen!« brüllte er. »So leicht lassen sie sich nicht unterkriegen. Hör, mein Sohn, halt mich bloß nicht zum Narren. Du Sohn des blutrünstigen Tašbašoglu! Die Köter haben deinen toten Vater wie einen toten Schakal davongeschleift. Pass auf, dass ich jetzt nicht auspacke! Möge doch dein eigener Herd ausgehen! Ich habe dem Amtmann laut und deutlich gesagt: ›Na gut, warten wir es ab, du wirst schon sehen. Dein Vater – mögen seine Knochen im Grab nicht zur Ruhe kommen – hat den Bauern jeden Wunsch erfüllt. Er kümmerte sich wirklich um die Bauern, um die Alten und Kranken. Zu mir sagte er stets: ›Halil, du bist ein Heiliger. Jeder hier hat schon einmal gestohlen, nur du bist noch nie vom rechten Weg eines Moslem abgekommen. Du bist der einzige Tapfere und Ehrenwerte in diesem Dorf. Wenn ich einmal nicht mehr bin, soll auch das Dorf sich auflösen. › Eines Tages haben uns die Räuber überfallen. Sie wollten Hidir töten, doch ich riet ihm zu fliehen, sich bei mir zu verstecken. Kein Räuber hätte es gewagt, auch nur einen Blick auf meine Tür zu werfen. Die Augen wären ihm ausgelaufen, in Sekundenschnelle! Hidir kam also zu uns und versteckte sich bei mir. Auf diese Weise rettete er seine Haut, sein süßes Leben. ›Halil Aga‹, sagte er zu mir, ›du hast mir das Leben gerettet, ich stehe in deiner Schuld!‹ – ›Nicht der Rede wert‹, antwortete ich, ›das ist doch selbstverständlich, du bist doch die Hauptperson in diesem Dorf.‹ Ihr wart damals noch nicht einmal auf der Welt. Auch der Amtmann nicht. In dieser Zeit gab es nur Ismet Inönü Pascha und Abdülaziz Pascha. Damals besaß ich mehrere Pferde, zehn sogar. Aber zu jener Zeit gingen wir noch nicht in die Çukurova, um für andere Leute Baumwolle zu pflücken. Damals war ich ein stattlicher junger Mann, nicht so wie heute.« Er schwieg einen Augenblick und lauschte in die Runde. Alle hörten ihm zu. Manche lachten, andere zwinkerten sich zu, aber jeder war ganz Ohr. »Ich sagte zum Amtmann: ›Nimm dich in acht, sonst setze ich deinem Vater einen Haufen auf das Grab. Auch auf seine Knochen darin .. . Lass die Finger von den Bauern! Sonst zermalmen sie dich zu Staub. Nur Staub und Rauch wird von dir bleiben. Hier in diesem Dorf bin ich Halil der Alte. Zittrig bin ich geworden. All eure Großväter habe ich überlebt. Wenn du wirklich ein Amtmann bist, ein Mann sein willst … Dann musst du mir ein Reittier besorgen‹, habe ich gesagt. ›Sonst tun es die Bauern, und deine Ehre ist keine fünf Kurur mehr wert. Bringst du das nicht fertig, so hindere wenigstens die Bauern nicht zu tun, was sie für richtig halten. Sie holen eine schwarze Eisenbahn, stellen sie hierher, mitten ins Dorf und werden mich bitten: ›Komm, steig ein, Onkel Halil! Steig ein, fahre in die Çukurova. Du hast ja keine Kraft mehr. Und für uns Bauern hast du so viel getan.‹ Wenn sie keine Eisenbahn auftreiben, bringen sie sicher ein Pferd, einen Schimmel. Ein Pferd wie das des edlen Räubers Köroglu. Finden sie auch das nicht, suchen sie eben einen Esel.«

Tašbašoglu konnte sich das nicht mehr anhören: »Und wenn sie keinen Esel finden, dann eben ein Eselsfüllen, und wenn alle Stricke reißen, dann wenigstens einen Windhund. Wenn sie nun aber auch den nicht finden, was dann, Onkel Halil?«

Halil der Alte sah aus, als werde er jeden Augenblick explodieren, er wurde kreidebleich. »Unterbrich mich doch nicht! Sonst mache ich deinem Vater in den Mund … Mitten hinein. Wenn sie keinen Esel finden, hab ich gesagt, so nehmen mich die Burschen eben abwechselnd auf den Rücken, hab ich dem Amtmann gesagt. Verflucht sei Tašbaš, dein Vater! Warum hat man diesen Hahnrei überhaupt Tašbaš genannt? Na ja, davon könnte ich etwas erzählen .. . Aber lassen wir das … Er soll es bloß nicht mit den Bauern aufnehmen, hab ich also dem Amtmann gesagt, soll ihnen bloß ihre Rechte nicht beschneiden! Mein Sohn Tašbaš, auch deine Mutter kennt dieser Halil der Alte. Und dann ist auch noch Ali Efendi der Lange da, wenn mir sonst keiner hilft … So einen Amtmann wie dich nennt man nicht Efendi, er hat es beim Militär nicht weiter als zum Sanitätskorporal gebracht, wie Ali Efendi schließlich auch. Was hast du denn gedacht? Jawohl, Ali Efendi ist der Sohn meines Herzbruders. Und er reicht mir vollkommen. Er würde seinen Onkel Halil niemals im Stich lassen, nicht auf den steinigen Wegen, nicht in der Fremde, nirgendwo. Ich kenne deine Hundesippe, die man Tašbaš nennt, ganz genau, ich weiß, wie viel Dreck ihr am Stecken habt. Das ist aber jetzt nicht der rechte Augenblick dafür. Ich kann mich noch gut erinnern, wie du mir beinahe in den Hintern gekrochen wärst. Was muckst du denn auf, wenn du doch so viele Anhänger hast? Stell dir vor, die Hälfte des Dorfes stünde hinter mir … Und ich … Wenn du ein Mann bist, musst du allein …«

»Was du da alles zusammenschwindelst« lachte Tašbašoglu. »Und schämst dich dabei gar nicht, wie? Falls du zum Amtmann gehst und ihm auf die Nase bindest, was hier besprochen wurde, zünde ich dir den Bart an, dass er lichterloh brennt. Und wenn er nicht brennt, schütte ich noch etwas Petroleum darauf. Am Ende siehst du aus wie ein gerupftes Huhn.«

Halil der Alte sprang wutentbrannt auf und stieß mit dem Stock nach Taşbaşoğlu. Die anderen hielten sich vor Lachen die Seiten; sie konnten ihn gerade noch rechtzeitig zurückhalten.

Er warf einen langen Blick auf Ali und schlich grollend davon.

Es schien, als wären alle fest entschlossen, ihren Plan auszuführen, komme was da wolle. Ali und Tašbašoglu jedoch wollten nicht recht daran glauben. Genauso war es nämlich auch in den letzten drei Jahren gewesen, aber jedesmal hatten sich die Leute vom Amtmann beschwatzen lassen; und Ali und Tašbašoglu waren allein geblieben.

»Glaubst du, dass sie wieder kneifen werden?« fragte Ali nachdenklich. »Nun, immerhin haben sie einen feierlichen Eid auf die Ehre ihrer Frauen geschworen«, meinte Tašbašoglu.

»Ich hoffe nur zu Gott, dass niemand dem Amtmann etwas sagt.«

»Irgend jemand tut es sicher. Und wenn es kein anderer wagt, dann wird dieser alte Hund es ihm einflüstern.«

»Onkel Halil würde das nie tun, ganz bestimmt nicht«, widersprach Ali.

»Wer hat ihn eigentlich zur Versammlung gerufen? Du?«

»Nein, er muss irgendwie Wind gekriegt haben und ist von allein gekommen.«

»Na, der hat ja auf uns eingeredet! Und wie er den Leuten um den Bart ging.«

Ali schüttelte den Kopf und seufzte tief. »Der Teufel hole das Alter. Nicht einmal geschenkt möchte man das haben.«

Tašbašoglu verstand nicht, warum Ali so traurig war.

3

An diesem Morgen erhoben sich alle, lange bevor es Tag wurde. Ali zog seine Pluderhose zurecht, ging in den dunklen Stall und rief nach Licht. Das Pferd hatte nur wenig von dem Futter gefressen, das er ihm am Abend gegeben hatte. Er nahm den Hafersack, füllte ihn und gab ihn seiner Frau, die ihm mit dem brennenden Kienspan leuchtete. Dann band er das Tier los und führte es aus dem Stall.

Da stand es nun draußen im ersten Morgenlicht und sah aus wie ein langes, dürres Gespenst. Ali holte den Sattel. Es war der tscherkessische Sattel, den das Pferd vor achtzehn, neunzehn Jahren getragen hatte, als es hierhergebracht wurde. Damals glänzte sein Fell noch wie blankes Silber. Wie war ein so prächtiges Pferd wohl in diese ärmliche Behausung gekommen? Niemand wusste es, außer Meryemce und Halil dem Alten. Jedesmal, wenn der Alte das Pferd sah, seufzte er tief auf. »Ach, was für ein Esel ich doch bin«, wiederholte er dann. Jetzt war das Tier so alt und mager, aber der Tscherkessen-Sattel war in noch erbärmlicherem Zustand als das Pferd; von Leder konnte nicht mehr die Rede sein, von der Polsterung war auch fast nichts übrig, nur das kahle Gestell stand noch da, und der Filz darunter war durchlöchert und hing in Fetzen. Ali legte den Sattel auf und befestigte ihn mit bestickten Litzen aus Ziegenhaar. Dann packte er die Matten darauf.