Don Giovanni - Kein Drama nach Wolfgang Amadeus Mozart - Anno Stock - E-Book

Don Giovanni - Kein Drama nach Wolfgang Amadeus Mozart E-Book

Anno Stock

0,0
6,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Sevilla, 1650. Don Giovanni ist der Inbegriff des skrupellosen Verführers – charmant, rücksichtslos und von unstillbarem Verlangen getrieben. Über tausend Frauenherzen hat er bereits gebrochen, doch seine Gier kennt keine Grenzen. Als er sich an Donna Anna, der Tochter des mächtigen Komturs Don Pedro, vergreift, setzt er eine Katastrophe in Gang: Im Duell tötet er den alten Mann und wird zum meistgesuchten Verbrecher Spaniens. Gejagt von drei Rachsüchtigen – der verzweifelten Donna Elvira, der traumatisierten Donna Anna und dem entschlossenen Don Ottavio – flieht Don Giovanni durch Italien. Doch sein treuer Diener Leporello ahnt: Die Vergangenheit lässt sich nicht abschütteln. Als Don Giovanni auf einem Friedhof die Statue des ermordeten Komturs verhöhnt, nimmt das Schicksal seinen Lauf. Eine packende Neuerzählung von Mozarts berühmtester Oper – ein Roman über Verführung, Schuld und die Frage: Gibt es Erlösung für einen Mann, dessen Stolz größer ist als seine Reue?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 260

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Anno Stock

Don Giovanni - Kein Drama nach Wolfgang Amadeus Mozart

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

DON GIOVANNI – Kein Drama nach Wolfgang Amadeus Mozart

Kapitel 1: Der Verführer – Don Giovannis Wesen

Kapitel 2: Der Tod des Komturs – Don Giovannis Flucht

Kapitel 3: Leporello und sein Herr – das Meister-Diener-Verhältnis

Kapitel 4: Donna Elvira erscheint – die verlassene Braut

Kapitel 5: Die Registerarie – Leporellos Liste der Eroberungen

Kapitel 6: Das Bauernfest – Zerlina und Masetto

Kapitel 8: Das Hochzeitsfest – Vorbereitungen

Kapitel 9: Die drei maskierten Rächer planen

Kapitel 10: Das große Fest – Musik und Tanz

Kapitel 11: Der Tumult – Zerlinas Schrei

Kapitel 12: Die Flucht – Don Giovanni entkommt erneut

Kapitel 13: Donna Elviras innerer Kampf – Liebe und Hass

Kapitel 14: Don Giovannis Pläne – neue Intrigen

Kapitel 15: Das Ständchen – „Deh, vieni alla finestra"

Kapitel 16: Verkleidung und Verwechslung – Leporello als Don Giovanni

Kapitel 17: Don Ottavios Entschlossenheit – „Il mio tesoro"

Kapitel 18: Donna Annas Erinnerung – ihr Trauma

Kapitel 19: Auf dem Friedhof – die Statue spricht

Kapitel 20: Die unheimliche Einladung

Kapitel 21: Vorahnungen – die Stadt bereitet sich vor

Kapitel 22: Don Giovannis letzte Vorbereitungen

Kapitel 23: Donna Elviras letzter Versuch der Rettung

Kapitel 24: Das Mahl – Musik, Wein und Übermut

Kapitel 25: Die Konfrontation – Reue oder Verdammnis?

Kapitel 26: Der Höllensturz – Don Giovannis Ende

Kapitel 27: Epilog – Die Überlebenden

NACHWORT DES AUTORS

TEIL I: DIE VERFÜHRUNG

TEIL II: MASKEN UND INTRIGEN

TEIL III: DER SCHATTEN DES TODES

TEIL IV: DAS FINALE GASTMAHL

Impressum neobooks

DON GIOVANNI – Kein Drama nach Wolfgang Amadeus Mozart

Ein historischer Roman

"Il dissoluto punito, ossia il Don Giovanni"(Der bestrafte Wüstling, oder Don Giovanni)

Frei nach der Oper von W. A. MozartLibretto von Lorenzo Da Ponte

"In der Hölle ist kein Platz für späte Reue.“

Inhalt

TEIL I: DIE VERFÜHRUNGTEIL II: MASKEN UND INTRIGENTEIL III: DER SCHATTEN DES TODESTEIL IV: DAS FINALE GASTMAHL

Kapitel 1: Der Verführer – Don Giovannis Wesen

Sevilla im Sommer des Jahres 1650. Die Stadt glühte unter der andalusischen Sonne wie ein Ofen aus gebranntem Lehm. In den engen Gassen suchten die Menschen Schatten, und nur die Mutigsten wagten sich zur Mittagszeit auf die Straßen.

Doch Don Giovanni war nie einer gewesen, der sich von der Hitze abschrecken ließ. Er stand auf dem Balkon seiner gemieteten Wohnung im Herzen der Altstadt und blickte hinunter auf das geschäftige Treiben. Sein dunkles Haar fiel ihm locker in die Stirn, seine Augen – dunkel wie die Nacht und ebenso gefährlich – musterten die vorbeigehenden Menschen mit dem berechnenden Blick eines Jägers.

"Herr, es ist fast zwei Uhr", kam Leporellos Stimme von drinnen. "Wollt Ihr nicht wenigstens im Schatten bleiben? Die Hitze ist mörderisch."

Don Giovanni lächelte, ohne den Blick von der Straße zu wenden. "Die Hitze belebt mich, Leporello. Sie erinnert mich daran, dass ich lebe. Dass mein Blut heiß und mein Herz noch nicht erkaltet ist."

Er drehte sich um und trat zurück ins Zimmer. Die Räume waren bescheiden, aber geschmackvoll eingerichtet. Don Giovanni hatte nie viel Wert auf Besitztümer gelegt – Möbel und Häuser konnte man nicht mitnehmen auf der Flucht, und die Flucht war ein ständiger Begleiter seines Lebens geworden.

Leporello stand am Tisch und sortierte Papiere – Schulden meist, unbezahlte Rechnungen, gefälschte Empfehlungsschreiben für die nächste Stadt. Sein rundliches Gesicht glänzte vor Schweiß, und er tupfte sich ständig mit einem Tuch die Stirn ab.

"Wir sollten überlegen, weiterzuziehen", sagte er, ohne von seiner Arbeit aufzublicken. "Wir sind nun schon fast drei Wochen in Sevilla. Das ist zu lang. Die Leute beginnen zu reden."

"Lass sie reden", sagte Don Giovanni und schenkte sich Wein aus einer Karaffe ein. "Solange sie nur reden und nicht handeln, ist alles in Ordnung."

"Aber was, wenn sie anfangen zu handeln? Was, wenn ein eifersüchtiger Ehemann..."

"Dann werden wir damit umgehen, wie wir es immer getan haben." Don Giovanni trank einen Schluck. Der Wein war warm, aber gut. "Mit Charme, mit List oder notfalls mit dem Degen."

Leporello seufzte. Es war ein tiefer, resignierter Seufzer, den er in den zwanzig Jahren seiner Dienerschaft perfektioniert hatte. "Ihr seid unmöglich."

"Ich bin notwendig", korrigierte ihn Don Giovanni mit einem Grinsen. "Die Welt braucht Männer wie mich. Um sich daran zu erinnern, was Freiheit bedeutet. Was es heißt, ohne Ketten zu leben."

"Die Welt braucht Männer wie Euch", murmelte Leporello, "wie ein Fisch das Schwimmen im Sand braucht."

Don Giovanni lachte – ein warmes, ansteckendes Lachen, das schon viele Herzen erweicht hatte. "Ach, Leporello. Was würde ich nur ohne deinen trockenen Witz tun?"

"Vermutlich genau dasselbe wie mit mir", antwortete Leporello. "Nämlich von einer Katastrophe in die nächste stolpern."

Don Giovanni setzte sich an den Tisch und betrachtete die Papiere, die Leporello sortiert hatte. "Und? Was sagt unser kleines Register? Wie viele sind es inzwischen?"

Leporello zögerte. Er hasste diese Gespräche. Aber er zog dennoch sein Notizbuch hervor – das berüchtigte Register, in dem er seit Jahren alle Eroberungen seines Herrn dokumentierte.

"In Italien sechshundertvierzig", begann er monoton. "In Deutschland zweihunderteinunddreißig. In Frankreich einhundert."

"Und in Spanien?"

Leporello blätterte zur entsprechenden Seite. "Hier in Spanien... eintausenddrei. Mit der gestrigen Dame – wie hieß sie noch? – sind es eintausendvier."

"Rosalía", sagte Don Giovanni träumerisch. "Eine Witwe, erst seit einem Monat. Noch in Trauer, aber voller Leben. Es war... erfrischend."

"Erfrischend", wiederholte Leporello mit kaum verhohlener Verachtung. "Ihr habt ihr versprochen, sie zu heiraten. Das habt Ihr ihr gesagt."

"Ich habe ihr gesagt, was sie hören wollte", korrigierte ihn Don Giovanni. "Es ist nicht meine Schuld, wenn sie mir glaubte."

"Eines Tages wird diese Haltung Euch das Leben kosten."

"Dann werde ich wenigstens nicht an Langeweile gestorben sein." Don Giovanni stand auf und ging zurück zum Balkon. "Sieh dir diese Stadt an, Leporello. All diese Menschen, die ihr kleines, enges Leben leben. Sie stehen jeden Tag zur gleichen Zeit auf, tun die gleichen Dinge, gehen zur gleichen Zeit ins Bett. Tag für Tag, Jahr für Jahr, bis sie sterben. Ist das wirklich leben?"

"Es ist ein ehrliches Leben."

"Es ist ein totes Leben." Don Giovannis Stimme wurde leidenschaftlicher. "Ich dagegen – ich lebe jeden Moment, als wäre er mein letzter. Ich spüre, ich fühle, ich erlebe. Ist das nicht besser?"

"Nicht für die Frauen, die Ihr zurücklasst", murmelte Leporello.

Die Worte trafen Don Giovanni mehr, als er zugeben wollte. Für einen kurzen Moment sah man etwas über sein Gesicht huschen – Zweifel vielleicht, oder Bedauern. Aber dann war es schon wieder verschwunden, ersetzt durch das gewohnte selbstsichere Lächeln.

"Die Frauen überleben", sagte er. "Sie finden andere Männer, heiraten, bekommen Kinder. Nach einem Jahr haben sie mich vergessen."

"Das glaubt Ihr wirklich?" fragte Leporello leise.

Don Giovanni antwortete nicht. Stattdessen deutete er auf die Straße, wo gerade eine junge Frau vorbeiging – elegant gekleidet, mit einer Dienerin im Schlepptau.

"Sieh nur", sagte er. "Das ist sie. Donna Anna, die Tochter des Komturs. Ich habe Erkundigungen eingezogen."

Leporello trat neben ihn und folgte seinem Blick. "Oh nein. Herr, nein. Die Tochter des Komturs? Das ist zu gefährlich. Don Pedro de Ulloa ist einer der mächtigsten Männer in Sevilla!"

"Gerade deswegen", sagte Don Giovanni, und seine Augen leuchteten mit der Vorfreude der Jagd. "Die Herausforderung macht es interessant."

"Herausforderung?" Leporello wurde blass. "Das ist Selbstmord! Wenn der Komtur herausfindet..."

"Dann werden wir dafür sorgen, dass er es nicht herausfindet." Don Giovanni beobachtete, wie Donna Anna um eine Ecke verschwand. "Sie ist verlobt, habe ich gehört. Mit Don Ottavio, einem langweiligen Diplomaten. Sie muss sich zu Tode langweilen."

"Vielleicht ist sie glücklich."

"Niemand ist glücklich in einer arrangierten Ehe", sagte Don Giovanni mit Überzeugung. "Sie sehnt sich nach mehr. Nach Leidenschaft, nach Aufregung. Und ich werde es ihr geben."

Leporello setzte sich resigniert. "Wann?"

"Heute Nacht." Don Giovannis Stimme war entschlossen. "Der Komtur gibt ein Fest. Halb Sevilla wird dort sein. In dem Chaos wird niemand bemerken, wenn ich mich in das Haus schleiche."

"Und ich?"

"Du hältst wie immer Wache. Und du hältst die Pferde bereit, falls wir schnell verschwinden müssen."

"Falls", schnaubte Leporello. "Nicht falls – wenn. Wenn wir schnell verschwinden müssen. Was unvermeidlich ist."

Don Giovanni kam zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Hab Vertrauen, mein Freund. Habe ich dich jemals im Stich gelassen?"

"Mehrfach", antwortete Leporello trocken. "Ich erinnere nur an Neapel. Und an Florenz. Und an..."

"Details, Details." Don Giovanni winkte ab. "Wir haben überlebt, oder nicht? Das ist alles, was zählt."

Er ging zu seiner Truhe und begann, seine Kleidung für den Abend auszuwählen. Ein schwarzer Samtmantel, ein Degen mit verziertem Griff, eine Maske für die Tarnung.

Leporello sah ihm dabei zu und fühlte, wie sich ein Stein in seinen Magen legte. Er kannte diesen Blick in den Augen seines Herrn. Es war der Blick eines Mannes, der sich nicht aufhalten lassen würde, egal welche Warnungen man ihm gab.

"Herr", sagte er ein letztes Mal. "Ich flehe Euch an. Nicht diese Frau. Nicht in diesem Haus. Sucht Euch jemand anderen, irgendwo anders."

Don Giovanni drehte sich zu ihm um, und sein Gesicht war ernst. "Leporello, du dienst mir nun seit zwanzig Jahren. In all dieser Zeit – habe ich jemals auf Warnungen gehört? Habe ich jemals den sicheren Weg gewählt?"

"Nein", gab Leporello zu.

"Und dennoch lebe ich noch. Dennoch genieße ich mein Leben mehr als die meisten Männer, die doppelt so alt sind wie ich. Das muss doch etwas bedeuten."

"Es bedeutet, dass Euer Glück irgendwann zu Ende gehen wird."

Don Giovanni lächelte – ein trauriges, wissendendes Lächeln. "Dann lasst es wenigstens in einem spektakulären Finale enden. Nicht mit einem Wimmern, sondern mit einem Knall."

Er wandte sich wieder seiner Kleidung zu, und Leporello wusste, dass die Diskussion beendet war. Sein Herr hatte sich entschieden. Heute Nacht würde er in das Haus des Komturs eindringen.

Und Leporello hatte das ungute Gefühl, dass diese Nacht alles verändern würde.

Dass dies der Anfang vom Ende war.

Aber er hatte keine Wahl. Er würde seinem Herrn folgen, wie er es immer getan hatte. In das Chaos, in die Gefahr, vielleicht in den Tod.

Das war sein Schicksal. Das war die Last, die er vor zwanzig Jahren auf sich genommen hatte, als er in Don Giovannis Dienste getreten war.

Draußen begann die Sonne zu sinken, tauchte Sevilla in goldenes Licht. Die Stadt ahnte nicht, welches Drama sich in dieser Nacht abspielen würde.

Aber bald würde sie es erfahren.

Bald würde die ganze Welt von Don Giovanni hören.

Und von seinem Fall.

Kapitel 2: Der Tod des Komturs – Don Giovannis Flucht

Die beiden Männer rannten durch die labyrinthartigen Gassen Sevillas, als würden sie von den Furien selbst verfolgt. Don Giovanni lief mit langen, sicheren Schritten voraus, seine dunkle Gestalt verschmolz mit den Schatten der hohen Häusermauern. Leporello keuchte hinter ihm her, sein rundlicher Körper war für solche nächtlichen Fluchten nicht geschaffen, und mehrmals stolperte er über das unebene Pflaster.

"Herr... wartet..." japste er, "ich... ich kann nicht mehr..."

Don Giovanni warf einen Blick über die Schulter, verlangsamte aber seine Schritte nicht. "Weiter! Wir müssen aus diesem Viertel raus, bevor die Wachen alarmiert werden!"

Sie bogen in eine noch engere Gasse ein, vorbei an verschlossenen Läden und schlafenden Häusern. Irgendwo bellte ein Hund, aber sonst blieb die Stadt still. Erst als sie das Viertel der vornehmen Paläste hinter sich gelassen hatten und in die verwinkelte Altstadt eingetaucht waren, erlaubte Don Giovanni sich, langsamer zu werden.

Sie fanden Unterschlupf in einem überdachten Torbogen, der zu einem leerstehenden Hof führte. Leporello lehnte sich gegen die kalte Mauer und rang nach Atem, sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Don Giovanni hingegen wirkte kaum außer Atem. Er zog die Maske vom Gesicht und atmete tief durch.

Im schwachen Licht, das von einer fernen Laterne herüberfiel, konnte man nun seine Züge erkennen. Don Giovanni war ein Mann von vielleicht dreißig Jahren, mit scharfen, aristokratischen Gesichtszügen. Sein dunkles Haar fiel ihm unordentlich in die Stirn, und seine Augen – selbst jetzt, nach dem, was geschehen war – blitzten mit einer Mischung aus Intelligenz und Unbändigkeit. Es war ein Gesicht, das Frauen den Kopf verdrehte und Männer zur Vorsicht mahnte.

Für eine Weile standen beide schweigend da, nur Leporellos keuchendes Atmen durchbrach die Stille. Dann endlich hatte der Diener genug Luft, um zu sprechen.

"Herr", begann er, und seine Stimme zitterte, "Herr, begreift Ihr, was Ihr getan habt? Ihr habt... Ihr habt den Komtur getötet! Don Pedro de Ulloa, einen der angesehensten Männer Sevillas! Das ist kein Abenteuer mehr, keine Eskapade, die man mit Charme und Gold aus der Welt schaffen kann. Das ist Mord!"

Don Giovanni fuhr sich mit der Hand durchs Haar. "Meinst du, ich weiß das nicht?" Seine Stimme klang gereizt. "Er hat mich angegriffen. Er ließ mir keine Wahl."

"Keine Wahl?" Leporellos Stimme wurde schrill. "Ihr hattet die Wahl, gar nicht erst in sein Haus einzudringen! Ihr hattet die Wahl, nicht jeder schönen Frau nachzustellen, die Euch über den Weg läuft! Herrgott noch mal, Donna Anna ist die Verlobte von Don Ottavio! Wisst Ihr, was das bedeutet? Wenn Don Ottavio erfährt, was geschehen ist – und er wird es erfahren – dann wird er Euch jagen, bis ans Ende der Welt!"

Don Giovanni lehnte sich gegen die gegenüberliegende Wand und verschränkte die Arme. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, der Leporello nur zu gut kannte – diese Mischung aus Trotz und kalter Gleichgültigkeit, die sein Herr immer zeigte, wenn er mit den Konsequenzen seiner Taten konfrontiert wurde.

"Don Ottavio", sagte er mit einem höhnischen Lächeln, "ist ein Schwächling, der sich in Selbstmitleid suhlt. Vor dem habe ich keine Angst."

"Aber vor dem Gesetz? Vor dem König? Vor der Inquisition?" Leporello trat näher, seine Hände gestikulierten wild. "Herr, Ihr habt einen hohen Adeligen getötet! Das ist Hochverrat! Wenn sie uns fassen, werden sie uns nicht einfach hängen – nein, sie werden uns foltern, vierteilen, zur Schau stellen! Und ich, ich armer Teufel, werde mit Euch untergehen, obwohl ich nichts getan habe!"

"Du hast Wache gehalten."

"Weil Ihr es mir befohlen habt!" Leporellos Verzweiflung war greifbar. "Zwanzig Jahre diene ich Euch nun. Zwanzig Jahre folge ich Euch durch halb Europa. Ich habe für Euch gelogen, betrogen, Komplotte geschmiedet. Ich habe Euch geholfen, unzählige Frauen zu verführen – Mägde, Bürgersfrauen, sogar Gräfinnen! Und warum? Weil Ihr mir immer versprochen habt, dass eines Tages auch für mich ein besseres Leben beginnen würde. Aber stattdessen führt Ihr mich immer tiefer in den Abgrund!"

Don Giovanni betrachtete seinen Diener mit einer Mischung aus Belustigung und Ungeduld. "Hast du schon genug gejammert?"

"Gejammert?" Leporello war den Tränen nahe. "Herr, versteht Ihr nicht? Wir müssen aus Sevilla fliehen! Aus ganz Spanien! Vielleicht nach Italien, nach Frankreich – irgendwohin, wo man uns nicht kennt!"

"Davonlaufen?" Don Giovanni richtete sich auf, und plötzlich war da wieder diese gefährliche Energie in seinen Bewegungen. "Ich laufe nicht davon. Nicht vor einem toten alten Mann und seiner hysterischen Tochter."

"Sie wird Euch identifizieren! Sie hat Euer Gesicht gesehen, Eure Stimme gehört!"

"Hat sie das?" Don Giovanni lächelte kalt. "Es war dunkel. Ich trug eine Maske. Sie war verstört, voller Angst. Was kann sie schon mit Sicherheit sagen? Dass ein Mann in ihr Zimmer eingedrungen ist? Das könnte jeder gewesen sein."

"Aber Eure Stimme –"

"Ist eine Stimme wie tausend andere auch." Don Giovanni trat aus dem Schatten des Torbogens und blickte in die Gasse hinaus. Alles war ruhig. "Nein, Leporello. Wir werden nicht fliehen wie gejagte Tiere. Wir werden bleiben, genau hier in Sevilla, und unser Leben weiterleben, als wäre nichts geschehen."

Leporello starrte seinen Herrn an, als hätte dieser den Verstand verloren. "Als wäre nichts geschehen? Herr, ein Mann ist tot! Durch Eure Hand!"

"Ein Mann, der mich angegriffen hat." Don Giovanni wandte sich seinem Diener zu, und in seinen Augen lag etwas Hartes, Unerbittliches. "Hör mir gut zu, Leporello. Was heute Nacht geschehen ist, war unglücklich, ja. Aber es war nicht geplant, und es war nicht grundlos. Der Komtur hat sein Schwert gegen mich gezogen. Er hat zum Duell gefordert. Ich habe mich nur verteidigt."

"Nachdem Ihr in sein Haus eingedrungen wart!"

"Ein Detail." Don Giovanni winkte ab. "Die Hauptsache ist: Es war ein Duell zwischen zwei Edelleuten. Solche Dinge geschehen. Natürlich wird es Ärger geben, natürlich wird man ermitteln. Aber ohne Zeugen, ohne Beweise – was können sie schon tun?"

Leporello schüttelte ungläubig den Kopf. "Ihr seid wahnsinnig. Völlig wahnsinnig."

"Vielleicht." Don Giovanni lächelte, und für einen Moment war da wieder dieser Charme, diese Ausstrahlung, die so viele Menschen – Männer wie Frauen – in seinen Bann gezogen hatte. "Aber ich bin auch noch am Leben, frei und unerkannt. Und so soll es bleiben."

Er trat in die Gasse hinaus und sah sich um. In der Ferne begann der Himmel sich leicht aufzuhellen – der erste Vorbote der Morgendämmerung. Irgendwo krähte ein Hahn.

"Komm", sagte er zu Leporello. "Wir gehen zur Herberge zurück. Ich brauche einen Schluck Wein und ein wenig Schlaf. Morgen ist ein neuer Tag."

"Ein neuer Tag", wiederholte Leporello bitter. "Ein Tag, an dem ein toter Komtur begraben werden wird. Ein Tag, an dem seine Tochter nach Rache schreit. Ein Tag, an dem –"

"Ein Tag, an dem das Leben weitergeht", unterbrach ihn Don Giovanni. "So wie es immer weitergeht. Die Menschen vergessen schnell, Leporello. Sie trauern eine Weile, dann kümmern sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten. In einem Monat wird niemand mehr über den toten Komtur sprechen."

Sie gingen durch die erwachende Stadt. Hier und dort öffneten sich Fensterläden, Haustüren wurden aufgeschlossen. Ein Bäcker schob seine ersten Brote in den Ofen, der Duft von frischem Brot vermischte sich mit den anderen Gerüchen der Stadt. Ein Wasserträger schleppte seine Kübel zur Quelle. Das normale Leben nahm seinen Lauf, ahnungslos von der Tragödie, die sich nur wenige Straßen entfernt abgespielt hatte.

Als sie die Herberge erreichten, wo Don Giovanni unter falschem Namen ein Zimmer gemietet hatte, blieb Leporello noch einmal stehen.

"Herr", sagte er leise, "darf ich Euch eine Frage stellen?"

"Wenn es sein muss."

"War es das wert? War Donna Anna es wert, dass ein Mann sterben musste?"

Don Giovanni sah seinen Diener lange an. Dann zuckte er mit den Schultern. "Sie ist eine schöne Frau. In der Dunkelheit, mit ihren aufgelösten Haaren, ihrem weißen Nachthemd... Sie war wie eine Erscheinung, ein Traum, den man berühren wollte." Er machte eine Pause. "Aber du hast recht. Sie war es nicht wert. Keine Frau ist es wert, dass man dafür tötet oder getötet wird."

"Und trotzdem werdet Ihr es wieder tun", sagte Leporello, mehr eine Feststellung als eine Frage.

Don Giovanni lächelte sein gefährliches Lächeln. "Natürlich werde ich es wieder tun. Es liegt in meiner Natur. Ich sehe eine schöne Frau, ich begehre sie, ich nehme sie mir. So war es immer, und so wird es immer sein. Der Tod eines alten Mannes wird daran nichts ändern."

"Dann seid Ihr verflucht, Herr."

"Vielleicht", antwortete Don Giovanni und öffnete die Tür zur Herberge. "Aber wenn dem so ist, dann ist es ein Fluch, den ich gerne trage."

Sie traten ein in die Herberge. Der Wirt, ein dicker Mann mit Schürze, döste hinter seinem Tresen. Er schreckte auf, als die Tür knarrte, murmelte einen verschlafenen Gruß und döste gleich wieder ein.

In seinem Zimmer angekommen, warf Don Giovanni seinen Umhang ab und schenkte sich aus einer Karaffe Wein ein. Er trank gierig, das Glas in einem Zug leerend. Dann schenkte er sich nach.

Leporello stand an der Tür und beobachtete seinen Herrn. "Was werden wir tun, wenn sie kommen? Wenn die Wachen Fragen stellen?"

"Dann werden wir antworten, dass wir die ganze Nacht hier waren, in dieser Herberge, beim Würfelspiel und Weintrinken. Der Wirt wird das bezeugen – für eine Handvoll Goldmünzen wird er alles bezeugen."

"Und wenn das nicht reicht?"

Don Giovanni stellte das Glas ab und begann, sich seiner Kleider zu entledigen. "Dann werden wir doch fliehen. Aber nur als letzten Ausweg. Ich gebe Sevilla nicht so leicht auf. Diese Stadt hat mir bisher Glück gebracht."

"Glück?" Leporello lachte bitter. "Ihr nennt es Glück, einen Mann getötet zu haben?"

"Ich nenne es Glück, dass ich noch lebe und frei bin." Don Giovanni legte sich auf das schmale Bett. "Jetzt geh und lass mich schlafen. Du siehst aus wie der Tod auf Latschen, und dein Gejammer macht mich müde."

Leporello wollte noch etwas sagen, besann sich aber anders. Was hatte es für einen Sinn? Sein Herr würde sich nie ändern. Er war wie ein Sturm, der über das Land fegte und Zerstörung hinterließ, ohne je innezuhalten oder zurückzublicken.

Mit einem letzten Seufzer verließ Leporello das Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Er ging in seine eigene kleine Kammer nebenan, legte sich auf sein Strohbett und starrte an die Decke.

Draußen war die Stadt nun vollends erwacht. Stimmen drangen durch das Fenster, Wagenräder rollten über das Pflaster, Händler priesen ihre Waren an. Das Leben ging weiter, wie Don Giovanni gesagt hatte. Aber Leporello konnte nicht aufhören zu denken an das Gesicht des sterbenden Komturs, an Donna Annas verzweifelte Schreie, an das Blut auf dem Pflaster.

"Wir sind verloren", murmelte er in die Stille. "Früher oder später wird es uns einholen. Die Vergangenheit holt uns immer ein."

Doch Don Giovanni, in seinem Zimmer nebenan, dachte bereits nicht mehr an den toten Komtur. Seine Gedanken schweiften zu anderen Dingen – zu dem Bauernmädchen, das er gestern auf dem Markt gesehen hatte, zu der reichen Witwe, die ihm eindeutige Blicke zugeworfen hatte, zu all den Abenteuern, die noch auf ihn warteten.

Er schlief ein mit einem Lächeln auf den Lippen, während irgendwo in der Stadt eine junge Frau über dem Leichnam ihres Vaters weinte und Rache schwor. Die Saat der Tragödie war gesät, und bald würde sie aufgehen und Don Giovanni mit ihrer bitteren Ernte einholen.

Doch davon ahnte er in dieser Nacht noch nichts.

Kapitel 3: Leporello und sein Herr – das Meister-Diener-Verhältnis

Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als Don Giovanni erwachte. Durch die Ritzen der Fensterläden fielen schmale Lichtbahnen ins Zimmer und malten goldene Streifen auf den abgewetzten Holzboden. Er streckte sich, gähnte ausgiebig und schwang die Beine aus dem Bett. Von den Ereignissen der vergangenen Nacht schien ihn nichts zu belasten – er sah aus wie ein Mann, der einen erfrischenden, traumlosen Schlaf genossen hatte.

Er klatschte zweimal in die Hände. "Leporello! Wo steckst du?"

Keine Antwort kam. Don Giovanni runzelte die Stirn und stand auf. Er trat ans Fenster und öffnete die Läden einen Spalt weit. Das grelle Sonnenlicht ließ ihn blinzeln. Unten auf der Straße herrschte reges Treiben – Händler, Bettler, vornehme Damen in Sänften, Mönche in braunen Kutten. Und überall hörte man Gesprächsfetzen, aufgeregte Stimmen.

"...der Komtur..." "...ermordet in der Nacht..." "...seine arme Tochter..."

Don Giovanni lauschte einen Moment, dann schloss er die Läden wieder. Also hatte sich die Nachricht bereits verbreitet. Nun gut. Das war zu erwarten gewesen.

Er zog sich an, wählte sorgfältig einen dunklen Samtrock, einen weißen Spitzenkragen und hohe Stiefel. Vor dem kleinen, fleckigen Spiegel kämmte er sein Haar und betrachtete kritisch sein Spiegelbild. Keine Spur von Schuld oder Reue war in seinen Zügen zu lesen.

Ein Klopfen an der Tür ließ ihn herumfahren. "Herein!"

Leporello trat ein, in der einen Hand ein Tablett mit Brot, Käse und einem Krug Wein, in der anderen eine zerknitterte Zeitung. Sein Gesicht war grau vor Erschöpfung, und unter seinen Augen lagen dunkle Schatten.

"Ihr seid endlich wach", murmelte er und stellte das Tablett auf dem wackeligen Tisch ab.

"Und du siehst aus, als hättest du die ganze Nacht kein Auge zugetan", erwiderte Don Giovanni und griff nach einem Stück Brot. "Was steht in der Zeitung?"

Leporello entfaltete das Blatt mit zitternden Händen. "Es ist überall. Die ganze Stadt spricht davon. 'Grausamer Mord an Don Pedro de Ulloa, Komtur von Sevilla, in der vergangenen Nacht. Der edle Herr wurde in seinem eigenen Haus erstochen, als er seine Tochter, Donna Anna, vor einem Eindringling zu schützen versuchte. Die Täter sind flüchtig. Eine hohe Belohnung wird für Hinweise ausgesetzt.'"

Don Giovanni kaute genüsslich sein Brot. "Täter, Mehrzahl. Interessant. Sie suchen also nach mehreren Personen."

"Weil ich dummerweise draußen Wache gehalten habe!" Leporellos Stimme wurde schrill. "Sie denken, es war eine Bande von Räubern! Das macht es noch schlimmer für uns!"

"Im Gegenteil", widersprach Don Giovanni und schenkte sich Wein ein. "Es macht es besser. Sie suchen nach gewöhnlichen Verbrechern, nach Straßenräubern. Nicht nach einem Edelmann und seinem Diener. Solange wir uns unauffällig verhalten, sind wir sicher."

Leporello ließ sich auf einen Stuhl fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. "Wie könnt Ihr so ruhig sein? Wie könnt Ihr essen und trinken, als wäre nichts geschehen?"

Don Giovanni betrachtete seinen Diener mit einer Mischung aus Belustigung und leichter Verachtung. "Weil das Leben weitergeht, Leporello. Ich habe dir das gestern Nacht schon gesagt. Grübelei und Selbstmitleid ändern nichts an dem, was geschehen ist. Der Komtur ist tot, ja. Bedauerlich, gewiss. Aber wir leben noch, und solange wir leben, müssen wir weitermachen."

"Bedauerlich?" Leporello hob den Kopf. "Bedauerlich? Herr, Ihr habt einen Mann getötet! Einen Vater, einen angesehenen Bürger! Und alles nur, weil Ihr nicht die Finger von seiner Tochter lassen konntet!"

Don Giovannis Augen wurden schmal. "Pass auf, was du sagst, Leporello. Vergiss nicht, wer hier der Herr ist und wer der Diener."

"Oh, das vergesse ich nie!" Leporello sprang auf, seine Verzweiflung schlug in Zorn um. "Zwanzig Jahre lang vergesse ich das keine einzige Sekunde! Zwanzig Jahre lang diene ich Euch, folge ich Euch, räume ich Eure Sauereien auf! Und wofür? Für einen Hungerlohn, für ein Dach über dem Kopf, für das zweifelhafte Vergnügen, bei Euren Eskapaden Schmiere zu stehen!"

Er begann im Zimmer auf und ab zu gehen, seine Hände gestikulierten wild. "Wisst Ihr noch, wie es anfing? In Neapel war das, vor zwanzig Jahren. Ich war ein junger Mann, voller Hoffnungen, frisch aus meinem Dorf gekommen. Ich dachte, wenn ich einem Edelmann diene, einem Mann von Welt, dann würde auch ich etwas von der Welt sehen, würde aufsteigen, vielleicht eines Tages selbst ein besseres Leben führen."

Don Giovanni lehnte sich zurück und hörte zu, ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen. Leporello in Rage war immer unterhaltsam.

"Und was habe ich gesehen?" fuhr Leporello fort. "Ich habe gesehen, wie Ihr Frau um Frau verführt und dann fallengelassen habt. Ich habe gesehen, wie Ihr Euch Duelle geliefert habt mit eifersüchtigen Ehemännern und wütenden Brüdern. Ich habe gesehen, wie wir aus Städten fliehen mussten, immer knapp dem Galgen entgangen. Und ich? Ich war immer dabei, immer Euer treuer Leporello, der Euch die Stange hält und hinterher den Scherbenhaufen zusammenkehrt!"

Er blieb stehen und starrte Don Giovanni an. "Sagt mir, Herr – warum tue ich das? Warum laufe ich nicht einfach davon? Warum suche ich mir nicht eine ehrliche Arbeit, eine brave Frau, ein ruhiges Leben?"

Don Giovanni stand auf und trat zu seinem Diener. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter, und als er sprach, war seine Stimme weich, fast freundschaftlich.

"Weißt du, warum du bleibst, Leporello? Weil du genauso wenig für ein ruhiges Leben geschaffen bist wie ich. Oh, du jammerst und klagst, du moraliserst und predigst – aber insgeheim liebst du dieses Leben. Die Aufregung, die Gefahr, die Abenteuer. Du liebst es, immer zu wissen, was als Nächstes kommt. Ein normales Leben würde dich in einem Monat zu Tode langweilen."

Leporello wollte widersprechen, aber Don Giovanni ließ ihn nicht zu Wort kommen. "Außerdem", fuhr er fort, "bezahle ich dich gut. Besser als jeder andere Herr es tun würde. Und ich behandle dich nicht wie einen Sklaven, sondern fast wie einen Freund. Wir haben zusammen mehr erlebt als die meisten Männer in zehn Leben erleben. Erinnerst du dich an Venedig? An die verrückte Gräfin mit den drei Perücken?"

Trotz sich selbst musste Leporello grinsen. "Die hat Euch mit der Suppenkelle gejagt."

"Und du hast mich gerettet, indem du ihren Lieblingspapagei frei gelassen hast. Das Vieh hat drei Tage lang durch ganz Venedig geschrien!" Don Giovanni lachte herzlich. "Siehst du? Das sind Erinnerungen, die bleiben. Das ist Leben!"

Leporello seufzte. Die Wut war aus ihm gewichen, zurück blieb nur Resignation. "Ihr habt wahrscheinlich recht. Ich bin wohl verdammt, Euch bis ans Ende meiner Tage zu folgen. Aber könnt Ihr mir wenigstens eines versprechen?"

"Was denn?"

"Dass dieses Ende nicht am Galgen stattfindet. Oder auf dem Scheiterhaufen. Oder gevierteilt auf dem Marktplatz von Sevilla."

Don Giovanni klopfte ihm auf den Rücken. "Ich verspreche dir, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um uns beiden einen so unerfreulichen Tod zu ersparen. Reicht dir das?"

"Es wird wohl müssen." Leporello setzte sich wieder. "Was werden wir jetzt tun?"

"Leben", antwortete Don Giovanni schlicht. "Wir werden leben, als wäre nichts geschehen. Heute Abend gehe ich zur Taverne 'Zum Goldenen Hahn'. Dort treffen sich die jungen Adeligen. Ich werde Karten spielen, Wein trinken, mich unter die Leute mischen. Wenn man mich dort sieht, wie ich mich amüsiere, wird niemand auf die Idee kommen, dass ich etwas mit dem Tod des Komturs zu tun haben könnte."

"Das ist Wahnsinn", murmelte Leporello. "Reiner Wahnsinn."

"Das ist Kühnheit", korrigierte ihn Don Giovanni. "Der Unterschied zwischen einem Dieb und einem Edelmann liegt nicht in der Tat, sondern in der Art, wie er sie begeht. Ein Dieb schleicht und versteckt sich. Ein Edelmann tritt mit erhobenem Haupt auf, als hätte er jedes Recht der Welt, zu tun, was er tut."

Ein erneutes Klopfen an der Tür unterbrach ihr Gespräch. Beide Männer erstarrten. Leporello wurde blass. "Die Wachen", flüsterte er.

Don Giovanni legte einen Finger an die Lippen und bedeutete ihm zu schweigen. Dann rief er mit fester Stimme: "Wer ist da?"

"Der Wirt, Señor", kam die gedämpfte Antwort von draußen. "Darf ich eintreten?"

Don Giovanni nickte Leporello zu, der die Tür öffnete. Der dicke Wirt trat ein, einen verschleierten Ausdruck von Neugier und Besorgnis im Gesicht.

"Verzeiht die Störung, Señor", begann er. "Aber ich dachte, Ihr solltet wissen – die Stadtwache ist unterwegs. Sie befragen alle Herbergsbetreiber, ob sie gestern Nacht verdächtige Gäste hatten."

"Verdächtige Gäste?" Don Giovanni zog eine Augenbraue hoch. "In welcher Hinsicht verdächtig?"

"Nun, wegen... wegen des Mordes am Komtur." Der Wirt senkte die Stimme. "Die ganze Stadt ist in Aufruhr. So etwas ist seit Jahren nicht mehr vorgekommen. Ein Edelmann, in seinem eigenen Haus ermordet! Die Leute haben Angst. Manche sagen, es war eine Bande von Räubern. Andere munkeln von politischen Intrigen."

"Faszinierend", sagte Don Giovanni und behielt seine gelassene Haltung bei. "Und was gedenkt Ihr den Wachen zu sagen, wenn sie nach Euren Gästen fragen?"

Der Wirt rieb sich nervös die Hände. "Nun, Señor, das liegt ganz bei Euch. Ihr seid ein vornehmer Herr, das sieht man. Und Ihr habt immer pünktlich bezahlt. Ich habe keinen Grund, Verdacht gegen Euch zu hegen. Aber..." Er machte eine bedeutsame Pause.

Don Giovanni verstand sofort. Er zog einen Beutel mit Goldmünzen hervor und wog ihn in der Hand. Das leise Klirren des Metalls erfüllte den Raum. "Aber es wäre gut, wenn Ihr den Wachen versichern könntet, dass wir hier waren, die ganze Nacht, beim Würfelspiel in der Gaststube. Nicht wahr?"