Dr. Stefan Frank 2612 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2612 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Immer wieder schaut der Internist Dr. Leon Weigand zu der jungen Frau hinüber, die in einem roten Bikini am Isarstrand liegt. Zunächst ist sie ihm nur wegen ihres guten Aussehens aufgefallen, doch allmählich macht er sich Gedanken. Seit über einer Stunde hat sie ihre Position nicht verändert. Bewegungslos liegt sie in der prallen Sonne und scheint nichts um sich herum mitzubekommen.
Schließlich hält der Mediziner die Ungewissheit nicht mehr aus.
"Hallo?", spricht er die Unbekannte an. "Geht es Ihnen gut?"
Aber die Reaktion der Strandbesucherin zeigt ihm deutlich, dass es ihr alles andere als gut geht. Der eilig herbeigerufene Notarzt bestätigt Leons Diagnose: Diese Frau schwebt in größter Lebensgefahr!


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Inhalt

Cover

Hitzschlag am Isarstrand

Vorschau

Impressum

Hitzschlag am Isarstrand

Eine junge Frau unterschätzt die Gefahr der Sonne

Immer wieder schaut der Internist Dr. Leon Weigand zu der jungen Frau hinüber, die in einem roten Bikini am Isarstrand liegt. Zunächst ist sie ihm nur wegen ihres guten Aussehens aufgefallen, doch allmählich macht er sich Gedanken. Seit über einer Stunde hat sie ihre Position nicht verändert. Bewegungslos liegt sie in der prallen Sonne und scheint nichts um sich herum mitzubekommen.

Schließlich hält der Mediziner die Ungewissheit nicht mehr aus.

»Hallo?«, spricht er die Unbekannte an. »Geht es Ihnen gut?« Aber die Reaktion der Strandbesucherin zeigt ihm deutlich, dass es ihr alles andere als gut geht.

Der eilig herbeigerufene Notarzt bestätigt Leons Diagnose: Diese Frau schwebt in größter Lebensgefahr!

Ein kurzes Klingeln unterbrach Alexandras Geigenübung.

»Oh, das wird Stefan sein«, stellte sie überrascht fest. »Schon wieder eine Stunde vorbei. Die Musik lässt einen die Zeit vergessen, auch wenn man noch so herumstümpert wie ich.«

»Das tust du gar nicht«, erwiderte Ella und schaute zu, wie Alexandra ihre Geige einpackte. »Ich finde, du hast schon große Fortschritte gemacht. Allerdings musst du bis zu deinem ersten Bühnenauftritt noch ein bisschen üben.«

Dr. Alexandra Schubert, Augenärztin im Münchner Vorort Grünwald, zwinkerte ihrer deutlich jüngeren Lehrerin vergnügt zu.

»Ich glaube zwar nicht, dass mir mit meinen zweiundvierzig Jahren noch eine große Karriere als Geigerin bevorsteht, aber man kann ja nie wissen. Doch auch so bereitet mir schon der kleinste Fortschritt eine große Genugtuung. Wenn ich mit Stefan zusammen bin, spiele ich allerdings nie. Sonst läuft er mir am Ende noch davon. Darauf will ich es nicht ankommen lassen.«

Sie lachten beide. Inzwischen war Ella zur Tür gegangen, um Alexandras Lebensgefährten Stefan einzulassen.

Er begrüßte Ella Bernardi.

»Ich hab schon was von draußen gehört. Bei der Gelegenheit möchte ich Sie beglückwünschen«, sagte er. »Alexa hat offenbar bereits viel gelernt bei Ihnen. Sie kann jetzt schon die Seiten streichen, ohne dass es quietscht.«

»Du bist gemein«, protestierte Alexandra lachend. »Und darüber hinaus ein ganz schlechter Pädagoge. Um mir Mut zu machen, müsstest du mich loben.«

»Aber das habe ich doch gerade getan.« Stefan drückte seiner Liebsten einen Kuss auf die Wange. »Und ich bewundere dich dafür, dass du durchhältst und dich nicht unterkriegen lässt.«

»Ich hätte als Kind mehr üben sollen«, stellte Alexandra fest. »Aber so was weiß man eben erst später. Im Erwachsenenalter kann man das Versäumte nicht mehr nachholen. Ist halt so. Aber es macht mir trotzdem viel Freude. Und wenn du nicht artig bist, spiele ich dir heute Abend auf meiner Geige ein Ständchen vor.«

»Das ist wahrlich eine schreckliche Drohung«, scherzte der Grünwalder Arzt grinsend.

Unter launigem Geplauder brachte Ella das sympathische Paar zur Tür.

»Nächste Woche wieder um die gleiche Zeit«, sagte Alexandra. »Danke, Ella, für deine unendliche Geduld. Und grüß mir Rosalie. Ach ja, das wollte ich noch fragen: Wie geht es ihr?«

»Sie hat die Praxis jetzt endgültig aufgegeben. Sie fühlte sich nicht mehr in der Lage, ihre Patienten zu betreuen.«

»Dann sollte sie sich schleunigst untersuchen lassen«, erwiderte Alexandra betroffen. »Und zwar bei Stefan. Ich werde sie anrufen.«

»Ja, bitte, tu das.« Ella hob hilflos die Arme hoch. »Ich merke doch, dass sie sich nicht gut fühlt, aber wenn ich sie darauf anspreche, hat sie angeblich keine Probleme. Also, bis zum nächsten Mal.«

»Rosalie? Dieselbe Rosalie, bei der du damals angefangen hast?«, erkundigte sich Dr. Frank, als sie im Wagen saßen.

»Richtig, du erinnerst dich also. Sie hat mich als Anfängerin ohne jegliche Erfahrung in ihre Praxis aufgenommen. Unter ihrer Anleitung habe ich die ersten Patienten behandelt, lange vor meiner Zeit mit Helene.«

Stefan wusste schon aus Alexandras Erzählungen, dass über Rosalie auch der Kontakt mit Ella zustande gekommen war. Sie hatte ihre Nichte, eine professionelle Violinistin, ins Stadt-Orchester vermittelt. Und Alexandra war so angetan von ihrer jungen Lehrerin, dass sie seitdem keine Geigenstunde versäumte.

Natürlich war Alexa klar, dass sie in ihrem Alter das Spiel nicht mehr so perfektionieren konnte wie solche Musikerinnen, deren Begabung schon als Kind gefördert worden war. Aber sie fand Entspannung in den Übungen. Das war ihr das Wichtigste.

Wenn Stefan Zeit hatte, holte er seine Liebste ab. Manchmal gingen sie nach dem Gegenunterricht noch irgendwo eine Kleinigkeit essen. So auch heute.

»Ich werde Rosalie gleich morgen anrufen und ihr empfehlen, sich von dir untersuchen zu lassen. Sie hatte schon mal einen leichten Herzinfarkt.«

»Wie alt ist sie denn?«

»Genau weiß ich es nicht, so um die sechzig, schätze ich.«

In Grünwald steuerte Stefan das kleine italienische Lokal namens Angelo an, wo sie gleich vom Chefkoch persönlich begrüßt wurden. Bei einem Gläschen Prosecco und ein paar pikanten Probierhäppchen studierten sie in aller Ruhe die Speisekarte, bevor sie ihre Bestellung aufgaben.

***

Ella atmete auf, als die Probe des Münchner Stadtorchesters für die nächste Aufführung vorbei war. Auch wenn sie froh und dankbar war, dieses Engagement zu haben, so würde sie doch sofort die erstbeste Chance wahrnehmen, in einem größeren Orchester unterzukommen, sollte sie ihr geboten werden. Dafür war sie auch bereit, in eine andere Stadt zu ziehen. Es musste nicht unbedingt München sein.

Es wäre gut, von hier mal wegzukommen, vielleicht sogar ins Ausland, nach Frankreich oder Österreich. Schon allein, um den Blick zu erweitern, aber auch, um den Spannungen zu Hause für eine Weile zu entkommen.

An diesem heißen Abend im Juli wartete sie auf die U-Bahn. Eine ausgedehnte Hitzewelle brütete über der Stadt, und eine Abkühlung war laut Meteorologen noch lange nicht in Sicht.

Vor einigen Jahren hatten sie und ihre Schwester Claudia das renovierungsbedürftige Haus in Thalkirchen vom Erbe ihrer Eltern gekauft. Inzwischen waren ein paar Arbeiten vorgenommen worden, aber es blieb noch einiges zu tun. Das Dach musste dringend erneuert werden, aber auch das war wie immer eine Frage des Geldes. Dafür müssten sie einen Kredit aufnehmen.

Vor einigen Monaten war noch Ellas Freund eingezogen. Claudia hatte sich damit einverstanden erklärt, immerhin war ja auch genügend Platz da. Simon hatte den Schwestern versprochen, kräftig mit anzupacken und das Haus wieder auf Vordermann zu bringen. Bei diesem Versprechen war es bislang geblieben.

Immer, wenn sie darüber diskutierten, ob die Fensterrahmen gestrichen, der Rasen hinter dem Haus gemäht oder auch nur das heruntergefallene Laub zusammengefegt werden musste – Simon hatte jedes Mal eine viel wichtigere Arbeit in der Uni zu erledigen, wo er mit seinen achtundzwanzig Jahren noch als wissenschaftliche Hilfskraft arbeitete. Dafür bekam er nur einen Hungerlohn, weshalb er leider nichts in die gemeinschaftliche Haushaltskasse einzahlen konnte.

Claudia arbeitete als Helferin in einer Zahnarztpraxis und hoffte immer noch, ihren Chef für sich zu gewinnen. Was sich als schwierig erwies, da der gute Mann bereits verheiratet und Vater von zwei Kindern war. Ella warnte ihre Schwester regelmäßig, vernünftig zu sein. Aber Claudia gab ihre Verführungsversuche nicht auf. Was werden sollte, wenn es ihr wirklich gelang, ihn herumzukriegen, darüber machte sie sich vorerst keine Gedanken.

Ella hatte immer öfter den Verdacht, von Simon ausgenutzt zu werden, aber dann war er wieder so lieb und zärtlich, dass sie ihre Sorgen für eine Weile vergaß.

Die Ankunft der U-Bahn, die sie nach Thalkirchen bringen sollte, riss sie aus ihren Gedanken. Im Waggon war es auch nicht angenehmer. Die stickige Luft trieb ihr den Schweiß aus allen Poren.

Den restlichen Weg ging sie langsam zu Fuß. Obwohl sich schon der Abend näherte, war die Hitze immer noch unerträglich. Hin und wieder nahm sie einen Schluck aus ihrer Wasserflasche. Es ärgerte sie, dass sie beim Weggehen nicht daran gedacht hatte, sich den breitkrempigen Hut aufzusetzen.

Sie hatten untereinander vereinbart, dass Claudia heute mit dem Auto einkaufen fahren sollte. Hoffentlich hatte sie sich daran gehalten.

Endlich erreichte Ella das Haus und kramte nach dem Schlüssel in ihrer Handtasche. Er war nicht da. Offensichtlich hatte sie ihn wieder mal vergessen. Macht nichts, sagte sie sich und ging gleich ums Haus herum in den Garten. Die hintere Tür stand fast immer auf, so auch heute.

Sie betrat das Haus, stellte auf der alten Steintreppe ihre Schuhe ab und setzte ihren Weg auf nackten Sohlen fort. Die kühlen Fliesen taten ihren geschwollenen Füßen gut.

Sie wohnte im Erdgeschoss, wo sich auch die große Gemeinschaftsküche befand. Als Erstes warf sie einen Blick in den Kühlschrank und empfand sofort unbändigen Ärger. Er war noch genauso leer wie heute Morgen.

Wieder einmal stellte sie fest, dass sie sich weder auf ihre Schwester noch auf ihren eigenen Freund verlassen konnte. Keiner von beiden hatte auch nur im Traum daran gedacht, ein paar Lebensmittel zu besorgen. Nur beim Essen, da waren sie immer die Ersten.

In einer großen Schale lag noch ein einsamer Apfel, an einer Seite schon angefault. Ella warf ihn durch das Fenster hinaus ins Gras.

Im Kühlschrank befand sich noch ein angeschimmeltes, unverpacktes Stück Käse. Sie nahm es heraus und ließ es mit spitzen Fingern in den Mülleimer fallen.

Außer ein, zwei Päckchen Nudeln war also nichts Essbares mehr im Haus. Wut sammelte sich in ihr an und staute sich auf. Gleich würde sie platzen.

Sie stürmte die Treppe hinauf, direkt in Claudias Zimmer. Eine ordentliche Standpauke würde sich die Schwester zwar nicht zu Herzen nehmen, aber Ella könnte wenigstens etwas Dampf ablassen.

Eine unsichtbare Hand gebot ihr Einhalt. Sie glaubte, ihren Augen nicht zu trauen. Auf dem Sofa räkelten sich zwei nackte Gestalten. Es war nicht gleich zu erkennen, ob sie gerade loslegen wollten oder sich schon in der Erholungsphase befanden.

Die eine war Claudia. Und der nackte Kerl auf ihr ... nein, das war nicht der Zahnarzt, den die Schwester hierher verschleppt hatte, das war ... Simon.

Ella schnappte nach Luft. Zuerst traf sie der Schlag von oben, dann in die Magengrube. Sie wankte, doch da war nichts zum Festhalten. Sie wollte aufschreien. Ihr Mund öffnete sich, doch es kam kein Laut über ihre Lippen.

In der nächsten Sekunde kam wieder Bewegung in ihren erstarrten Körper. Ella rannte aus dem Zimmer und wäre fast noch auf der Treppe gestrauchelt. Erst als sie die Tür ihres Schlafzimmers hinter sich zugeworfen und abgeschlossen hatte, fühlte sie sich einigermaßen in Sicherheit.

Doch vor was war sie eigentlich geflohen? Hatte sie nicht schon immer geahnt, dass Treue nicht unbedingt Simons größte Stärke war? Aber dass auch noch Claudia bei diesem Betrug mitmachte, traf Ella hart.

Claudia, die ihr einziger Halt gewesen war, als ihre beiden Eltern bei dem Bootsunglück in der Nordsee ums Leben gekommen waren. Claudia, die sie immer tröstete, wenn es ihr schlecht ging. Claudia, die so oft sagte, als Schwestern müssten sie zusammenhalten.

Die aber jetzt nichts dabei fand, mit dem Freund ihrer Schwester zu schlafen.

***

Dr. Leon Weigand, Internist in der Waldner-Klinik, saß mit seinem Kollegen Kurt Liebig und Stefan Frank schon seit einer Stunde im kleinen Besprechungsraum zusammen. Vor Kurzem war noch Dr. Ulrich Waldner als Chirurg hinzugekommen.

Es ging um eine Patientin von Dr. Frank, die an einem primären Leberkarzinom erkrankt war. Diese Krankheit blieb lange symptomlos. Als Stefan das fibrolamellare hepatozelluläre Karzinom entdeckt hatte, war es schon weit fortgeschritten gewesen.

»Die üblichen Marker für Lebererkrankungen waren völlig normal und gaben keinen Hinweis auf die Krankheit«, erklärte Stefan bedauernd. »Erst jetzt, nach CT, Ultraschall und einer Biopsie, wissen wir, womit wir es zu tun haben. Wie siehst du ihre Chancen?«, wandte er sich an den Klinikchef, mit dem er schon seit vielen Jahren befreundet war.

»Den Leberteil mit dem Karzinom schneiden wir weg. Leider finden bei dieser Krankheit häufig Rezidive statt, das heißt, es könnten weitere Resektionen nötig werden. Die OPs lassen sich aber nicht ewig weiterführen. Irgendwann wird zum Wegschneiden nichts mehr da sein.«

Ulrichs Handy gab einen Laut von sich. Er drückte kurz auf das Display und sprach weiter.

»Genaueres lässt sich dazu noch nicht sagen. Treten Metastasen in anderen Organen auf, ist die Prognose allerdings sehr schlecht. Die Patientin muss permanent nachuntersucht werden.«

»Dieser Tumor ist ziemlich selten«, bemerkte der junge Internist. »Ich hatte noch nicht damit zu tun.«

»Dann übernehmen Sie die Betreuung der Patientin«, ordnete Ulrich an. Er schaute zu Stefan hinüber. »Sie und der Kollege Frank reden mit ihr.«

»Wir treffen uns in zehn Minuten«, schlug Stefan Dr. Weigand vor, der zustimmend nickte, bevor er gemeinsam mit Dr. Liebig den Raum verließ.

»Ruth bittet euch zu einem Sommerabend auf unserer Terrasse«, sagte Ulrich, als er mit Stefan noch für ein paar Augenblicke allein war. »Sie schlägt den nächsten Samstag vor. Ich fürchte, eine Absage wird sie nicht akzeptieren.«

»Wir kommen natürlich«, erwiderte Stefan. »Alexandra hat mir heute Morgen herzliche Grüße an euch aufgetragen. Sie ist auch der Meinung, dass wir uns endlich mal wieder zusammensetzen sollten. Warte, ich ruf sie gleich mal an. Vielleicht kann sie gerade reden.«

Nach wenigen Minuten hatte Stefan Alexandras Zusage.

»Dann bis Samstag«, verabschiedete er sich von Ulrich.

»Spielt Alexandra immer noch Geige?«, wollte Ulrich wissen.

»Oh ja«, erwiderte Stefan. »Und sie wird immer besser.« Das war nicht gelogen, denn in seinen Ohren klang es so.

***

Leon blieb stehen, um das Gespräch anzunehmen. Kurt Liebig ging inzwischen schon zur Inneren.

»Ich versuche schon den ganzen Tag, dich zu erreichen. Warum gehst du nicht ans Telefon?«

Beim Klang der aufgebrachten Frauenstimme verzog Leon das Gesicht.

»Dir auch einen schönen Tag. Kannst du dir vielleicht vorstellen, dass wir hier bei dieser Hitzewelle viel zu tun haben? In der Notaufnahme herrscht Hochbetrieb. Und darum kann ich jetzt auch nicht länger mit dir reden. Wir sehen uns heute Abend.«

»Warte, ich will dir doch was Wichtiges sagen.« Nora Karstens machte eine Pause, damit die folgenden Worte ihre Wirkung entfalten konnten. »Ich habe den Job.«

Leon zog die Brauen zusammen. Er wusste gar nicht, wovon sie sprach.

»Den Job in L.A. Ich gehe nach Hollywood und werde Regieassistentin bei Adam Himer. Was sagst du dazu?«

Jetzt horchte Leon doch interessiert auf.

»Meinen Glückwunsch«, sagte er. »Und für wie lange?«

»Am liebsten für immer«, entgegnete Nora. »Und du kommst mit. Du wirst sehen, dort drüben ist es super. Los Angeles ist die Stadt meiner Träume. Und du als Arzt findest dort auch sofort einen Job, noch dazu einen besser bezahlten als hier.«

Woher wusste sie das? Gut, er konnte sich durchaus vorstellen, für ein paar Monate in die USA zu gehen. Aber für immer?

»Und wenn es dir dort nicht gefällt?«, wandte er ein.

»Ganz sicher wird es das. Ich war ja schon zweimal dort. Kalifornien – rührt das nichts an bei dir?«

»Doch, katastrophale Brände«, erwiderte Leon trocken.

»Spielverderber. Wir reden heute Abend über alles. Ich wollte dir nur schon mal sagen, wohin wir demnächst ziehen werden. Ciao, Liebling. Küsschen.«

Sie hatte das Gespräch beendet.

Leon musste Noras Pläne erst mal verdauen. Nein, er wollte nicht weg von München. Gerade hatte er in dieser tollen Stadt Fuß gefasst und eine schöne und sogar bezahlbare Wohnung in Schwabing gefunden, was für sich allein genommen schon ein Wunder war.

Zwischen Wohnung und Klinik lagen nur zwei Kilometer, idealer ging es nicht. Vor allem aber liebte er seine Tätigkeit als Internist. In der Waldner-Klinik hatte er sich vom ersten Tag an angenommen gefühlt. Das Betriebsklima war hervorragend.

Seinen restlichen Dienst verbrachte er in der Notaufnahme. Erst am Abend fuhr er nach Hause. Beim Radeln bekam er Appetit auf eine warme Leberkäs-Semmel, doch da Nora sich angekündigt hatte, nahm er davon Abstand.

Sie würden später irgendwo was essen gehen. Und dann ernsthaft über ihre Zukunftspläne reden.