Eine Begegnung in der Türkei - Ernst-Günther Tietze - E-Book

Eine Begegnung in der Türkei E-Book

Ernst-Günther Tietze

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Beschreibung

Die deutsche Kinderärztin Johanna vom Stein hat mit ihrem Freund Arnim einen Urlaub in einem Hotel an der türkischen Riviera gebucht, um die durch sein Eisenbahninteresse gefährdete Verbindung vielleicht noch zu retten. Als er ihr erklärt, dass ihm die Eisenbahn mehr bedeutet als sie, beschließt sie, sich von ihm zu trennen, worauf er bösartig reagiert. Am nächsten Tag trifft sie zufällig den in Deutschland ausgebildeten Hotelmanager Kerim Zeykan und die beiden verlieben sich ineinander, doch Kerim bekommt Ärger, weil er sich mit einem weiblichen Gast eingelassen hat. Johanna besucht mit Kerim seine Eltern, die nach einigen Bedenken die Verbindung begrüßen. Auch Johannas Vater ist zunächst strikt gegen ihre Verbindung mit einem Muslim, lässt sich aber allmählich von ihrer Liebe überzeugen. Kerim bekommt wegen seiner politischen Einstellung zusätzliche Probleme und wird niedergeschlagen. Darauf übersiedelt er nach Deutschland und findet aufgrund seiner guten Ausbildung eine Stellung in einem Romantikhotel an Johannas Wohnort Meiningen. Seine umfassenden Kenntnisse ermöglichen ihm, den Hotelier bei der Modernisierung des Hauses zu unterstützen. Doch Johannas früherer Freund Arnim trachtet Kerim nach dem Leben und verursacht einen Unfall, bei dem Kerim lebensgefährlich verletzt wird. Johannas medizinische Kenntnisse ermöglichen seine Genesung. Da sie bisher im örtlichen Klinikum arbeitet, möchte sie gerne eine eigene Praxis eröffnen. Als sich eine Möglichkeit dafür findet, unterstützt Kerim sie kräftig mit Informationen aus dem Internet. Eine Weile danach heiraten Johanna und Kerim.

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Ernst-Günther Tietze

Eine Begegnung in der Türkei

Liebe überwindet Religionsgrenzen

Roman

© Copyright 2015Ernst-Günther Tietze,Hamburg

Publishedby: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

ISBN 978-3-7375-4231-9

Das Titelbild hat der Autor von seinem Hereke aufgenommen.

Inhalt

Prolog

Seit der Eroberung Spaniens durch die Mauren im Jahr 710 sehen viele Europäer den Islam als Bedrohung des „Abendlandes“ an, was durch die türkische Eroberung Griechenlands und des Balkans noch verstärkt wurde. Selbst der endgültige Rückzug der Türken nach der Niederlage vor Wien im Jahr 1683 hat diese Furcht nicht verringert.

Dabei wird oft vergessen, dass die Araber dem mittelalterlichen Europa eine Menge wissenschaftlicher Erkenntnisse auf den Ge-bieten der Mathematik, Physik und Medizin vermittelt haben, die Leonardo, Kepler und Kopernikus als wesentliche Grundlagen ihrer Forschungen dienten.

Leider wird auch noch heute die Furcht vor dem Islam durch terroristische Aktionen fanatischer Islamisten gefördert, die den Koran nach ihrem Bedarf umdeuten. Dabei hat der überwiegende Teil der Muslime stets mit anderen Religionen friedlich zu-sammengelebt und sie geachtet. Da viele friedliche Muslime als Arbeitsimmigranten einwandern, gehört der Islam inzwischen zu Europa.

In der tiefen Liebe zwischen einer deutschen Ärztin und einem türkischen Hotelmanage gibt es dies Problem nicht, aber ihr Um-feld wird teilweise von den alten Denkmustern beeinflusst und es gelingt den beiden nur mühsam, die anderen von ihrer hoff-nungsvollen Gemeinschaft zu überzeugen.

Begegnung

Solche sehnsüchtigen Blicke hatte keiner von ihnen jemals erlebt, weder Johanna noch Kerim. Nur wenige Sekunden konnten sie ihre Augen nicht voneinander lösen, aber es kam ihnen wie eine Ewigkeit vor. Obwohl sie sich bis zu diesem „Augenblick“ noch nie gesehen hatten, wussten beide genau, dass sie jetzt zueinander gehörten.

Es war am Eingang des à la carte-Restaurants, wo Kerim Johanna und ihren Freund Arnim mit einem Glas Sekt begrüßte. „Kerim Zeykan, Deputy General Manager“ stand auf einem kleinen Schild an seinem Jackett. Johanna fühlte sie sich wie vom Blitz getroffen, seine fast schwarzen Augen strahlten sie mit so viel Gefühl an, dass sie ihn am liebsten umarmt hätte, und ihm ging es nicht anders. Er führte sie zu einem festlich gedeckten Tisch und reichte ihnen die Karten, dann ging er zum Eingang zurück, um die nächsten Gäste zu begrüßen. Doch sein Blick hatte sich in Johanna eingebrannt und immer wieder musste sie zu ihm schauen. Auch Kerim konnte den Blick nicht von der Frau lassen, die ihn derart beeindruckt hatte. Ab und zu zwinkerte sie ihm zu und er zwinkerte zurück. Obwohl Arnim mit Johanna am Tisch speiste, bemerkte er das heimliche Einverständnis zwischen seiner Gefährtin und dem Mann am Eingang nicht. Dabei war Johanna eigentlich mit ihm an die türkische Riviera gefahren, um die immer bedrohlicher werdenden Risse in ihrer Gemeinschaft zu kitten.

Johanna vom Stein wurde 1982 als Tochter eines Rechtsanwalts und einer Frauenärztin in Jena geboren und erlebte mit sieben Jahren die Wende, die der Familie die lange ersehnte Freizügigkeit gab. Nach einem glänzenden Abitur studierte sie an der Friedrich-Schiller-Universität Medizin und fand nach ihrer Promotion eine Assistenzarztstelle zur Fachausbildung als Kinderärztin im Klinikum Meinigen, die sie vor drei Jahren mit der Approbation erfolgreich abschloss.

Der gleichaltrige Arnim Häuser war in Berlin aufgewachsen und hatte nach einer Maschinenschlosserlehre an der TU Maschinenbau studiert. Schon während des Studiums hatte er sich für seinen Traumjob beim DB Dampflokwerk Meiningen beworben, wo historische Schienenfahrzeuge gewartet und instand gesetzt werden. Nach dem Diplom wurde er dort als Arbeitsplaner eingestellt und hatte ständig mit den historischen Lokomotiven zu tun.

Meinigen ist eine Kreisstadt im letzten Zipfel Thüringens vor der Bayerischen Grenze, gehörte also vor der Wende zur DDR. Kennen gelernt hatten Johanna und Arnim sich vor vier Jahren bei einer Vorstellung des „Bettelstudent“ im Südthüringischen Staatstheater, und da sie beide ortsfremd waren und sich einsam fühlten, entstand bald eine enge Beziehung zwischen ihnen. Vor zwei Jahren hatte Johanna einen Kredit aufgenommen und mit einem Zuschuss ihrer Eltern das Endstück eines älteren Reihenhauses mit vier Zimmern, Küche und Bad im nahen Utendorf gekauft, das sie beide mit den Möbeln aus ihren Zimmern einrichteten. Johanna steuerte das Schlafzimmer bei, das ihre Eltern ihr zur Approbation geschenkt hatten, und kaufte die Möbel im Wohnzimmer, während Arnim die Kücheneinrichtung dazu beschaffte, so dass sie auskömmlich wohnen konnten. Ab und zu sprachen sie über eine Hochzeit.

Doch mit der Zeit traten die Unterschiede in ihren Interessen immer deutlicher zu Tage. Arnim war ein begeisterter Eisenbahnfan, den jeder alte Zug auf der Erde so stark interessierte, dass er unbedingt Bilder davon haben musste und am liebsten eine Strecke mitgefahren wäre. Er war technischer Vorsitzender des Meininger Dampflok-Vereins, der sich um den Erhalt alter Schienenfahrzeuge kümmert und Museumsfahrten damit veranstaltet. In seinem Zimmer hatte er eine umfangreiche Modelleisenbahn aufgebaut, mit der er ganze Wochenenden verbrachte. Johanna hatte sein Interesse zuerst aus Liebe geteilt, aber mit der Zeit ging ihr seine Begeisterung immer mehr auf die Nerven, weil er überhaupt kein anderes Thema kannte.

Johanna war schon als Kind musikalisch interessiert und spielte Cello. Ihre Begeisterung für Opern hatte sich wegen der modernen Inszenierungen mit der Zeit gelegt, sie ging aber gerne in Konzerte. Nachdem Arnim sie anfangs begleitet hatte, nahm sein Interesse immer mehr ab, so dass sie in der letzten Zeit nur noch alleine ging. Deshalb hatte sie gehofft, bei einem Aufenthalt in dem komfortablen Hotel Sideniz an der türkischen Mittelmeerküste mit Arnim in Ruhe über ihr Problem sprechen zu können. Ihre Eltern hatten letztes Jahr drei Wochen dort verbracht und sich wohl gefühlt. Da sie die Probleme in Johannas Liebesleben kannten, hatten sie ihr und dem Freund die Reise spendiert.

Am 9. Juni mussten Johanna und Arnim schon morgens um vier aufstehen, und mit der Bahn drei Stunden zum Flughafen Leipzig-Halle fahren. Kurz vor 11 Uhr ging ihr Flug und weil sie in Antalya noch eine Weile auf den Transfer warten mussten, kamen sie erst abends im Hotel an. Sie hatten eine Junior-Suite mit Meerblick gebucht, die aus einem gut ausgestatteten großen Zimmer und einem kleineren mit einem Bett bestand, dazu kam ein geräumiges Bad mit Dusch- und Toilettenkabinen. Sie räumten schnell die Koffer aus, da war es schon Zeit zum Abendessen am umfangreichen Buffet. Nach einem Drink auf der Terrasse der Lobbybar fielen sie müde ins Bett.

Dienstag schliefen sie sich richtig aus, kamen spät zum Frühstück und fanden gerade noch zwei Liegen und einen Sonnenschirm am Strand. Im warmen Meer zu schwimmen, war trotz der Wellen herrlich. Sie blieben den ganzen Tag, schwammen immer wieder und aßen zu Mittag nur einen Snack in der Strandbar, bevor sie am Nachmittag ins Zimmer gingen, Arnims Laptop in den WLAN einloggten und die Mails abfragten. Später genossen sie das reichhaltige Abendessen und tanzten dann eine Weile in der Open-air Bar zu angenehmer Musik miteinander. Nach einigen Gläsern Weinbrand gingen sie ins Bett, um Zeit füreinander zu haben.

Johanna wollte sich mit der Aussprache über ihr Problem ein paar Tage Zeit lassen, damit sie Abstand von der alltäglichen Hektik gewinnen konnten. Sie liebte Arnim ja noch immer und wollte ihn nicht verlieren. Nachdem sie den Dienstag nur am Strand verbracht hatten, wollten sie am nächsten Tag etwas von der Gegend sehen und fuhren mit dem Dolmuşnach Side mit seiner quirligen Altstadt. Sie schauten in die Schmuck– und Bekleidungsgeschäfte, fotografierten viel und sahen vor einem Teppichgeschäft einer jungen Frau zu, die nach einem gedruckten Muster einen Teppich knüpfte. Bald wurden sie von dem freundlichen Inhaber in den Laden gebeten. „Taurus Teppich“ stand groß über der Tür und an den Wänden standen viele aufgerollte Teppiche.

Der Inhaber kredenzte ihnen Apfeltee und erzählte eine Menge über die verschiedenen Teppicharten aus Wolle und Seide und ihren unterschiedlichen Wert nach der Anzahl der Knoten. Dazu ließ er von einem jungen Gehilfen verschiedene Teppiche als Beispiele ausrollen. Einige gefielen ihnen gut, aber den beiden stockte der Atem beim Anblick eines kleinen Gebetsteppichs aus Seide, den er „Hereke“ nannte. Auf diesem farbigen Kunstwerk waren in einem Rahmen aus Koransuren exotische Blumen und ein Vogel mit langen Schwanzfedern dargestellt. „Dieser Teppich enthält 2½ Millionen Knoten pro Quadratmeter und ein Mädchen knüpft ein Jahr daran, er kostet 5.000,- Euro“, sagte er stolz. Da Johanna und Arnim kein Geld übrig hatten, wollten sie gehen, doch der Türke hatte gemerkt, dass ihnen die billigeren Exemplare gefielen und versuchte, sie durch reduzierte Preise zum Kauf zu veranlassen, bis sie sich schließlich losrissen und für die gute Information dankten. Sie würden über die Angebote nachdenken, sagten sie und fuhren nach einem Spaziergang durch die historischen Ruinen zurück ins Hotel.

In der alten Stadt hatten sie so viele Eindrücke gewonnen, dass ihnen die Köpfe schwirrten. Nach dem Abendessen saßen sie lange auf der durch Kerzen erleuchteten Terrasse vor der Bar und sprachen über das Gesehene und Gehörte „Solange ich denken kann, hatten wir in der Wohnung noch den alten Webteppich aus DDR-Zeiten“, sagte Johanna nachdenklich, „das hier ist eine völlig fremde Welt. Aber wenn ich Geld übrig hätte, könnten mich diese schönen Stücke schon begeistern.“ Arnim sagte zuerst nichts, dann meinte er, für ihn als Ingenieur sei das Ganze ziemlich abgehoben. Johanna sah wieder den großen Unterschied zwischen ihnen beiden und beschloss, morgen Abend das entscheidende Gespräch zu beginnen.

Donnerstag standen sie früher auf und fanden nach dem Frühstück freie Liegen am Strand. Wieder schwammen sie lange im Meer, was heute nicht so einfach war, denn auf der Sandbank türmten sich hohe Wellen mit Schaumkronen und erst dahinter konnten sie einigermaßen schwimmen. Danach liefen sie sich eine halbe Stunde am Strand trocken, denn Johanna wusste, dass das Salz auf der Haut gesund ist. Da sie keinen Appetit auf die primitiven Snacks an der Bar hatten, gingen sie um 12 Uhr ins Haus, zogen sich um und genossen ein gepflegtes Menü vom reichhaltigen Buffet. Da der Vormittag anstrengend gewesen war, legten sie sich anschließend ins Bett, schliefen eine Weile und waren lieb zueinander. Erst zum Abendessen standen sie wieder auf und als sie danach bei einem Weinbrand auf der Terrasse saßen, überwand Johanna sich und fragte Arnim, ob er mit ihrem gemeinsamen Leben glücklich sei. Erstaunt schaute er sie an und fragte zurück, ob sie es denn nicht sei. Da führte sie die trennenden Faktoren auf, die zwischen ihnen aufgekommen waren. Aus seiner Reaktion erkannte sie, dass ihm überhaupt nicht bewusst war, wie weit sie sich voneinander entfernt hatten.

„Was können wir denn tun, um uns wieder näher zu kommen, wenn du meinst, dass wir uns entfernt haben?“, fragte er irritiert. Sie schilderte ihm, dass sie sich inzwischen ebenso einsam fühle, wie vor ihrer Begegnung, weil er nur noch die Eisenbahn im Kopf habe. „Ja, erwartest du denn von mir, dass ich das Einzige aufgebe, was mir in diesem Kaff Meiningen Freude macht?“, fragte er erstaunt. Johanna fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen, doch dann zwang sie sich zur Ruhe und fragte zurück: „Macht es dir denn überhaupt keine Freude mehr, mit mir zusammen zu sein? Bin ich dir inzwischen weniger wert als die Eisenbahn?“ Arnim musste einen Moment überlegen, bis er eine unverfängliche Antwort fand: „Natürlich liebe ich dich, aber das kann man überhaupt nicht vergleichen. Mit dir lebe ich zusammen, du bist der ruhige Pol in meinem Leben, gibst mir Liebe und Rückhalt. Aber der berauschende Kick ist für mich die Eisenbahn, davon will ich nicht lassen.“ Johanna biss sich auf die Zunge, weil sie wusste, dass ihn jede mögliche Antwort verletzen würde. „Es ist schon spät, lass‘ uns schlafen gehen“, sagte sie ruhig und Arnim war froh, dass das Thema nicht fortgesetzt wurde.

Arnim war kein aufregender Liebhaber, trotzdem war Johanna gerne mit ihm zusammen. Nach einigen unbefriedigenden Begegnungen während der Studienzeit fühlte sie bei ihm zum ersten Mal das Bemühen eines Mannes, ganz auf sie einzugehen. Deshalb freute sie sich trotz des Dissenses auf die Gemeinschaft mit ihm und wurde nicht enttäuscht. Als sie sich alles gegeben hatten, schliefen sie ein.

Johanna erwachte um halb fünf vom Gesang des Muezzins, der fünfmal am Tag die Gläubigen zum Gebet ruft, und konnte nicht gleich wieder einschlafen. Mit ihrem musikalischen Verständnis versuchte sie, die Tonfolge zu entschlüsseln, doch die gesungenen Melodien waren zu fremd. Als sie über die Differenz dieser Töne zur vertrauten Musik nachdachte, wurde ihr klar, dass der Unterschied zwischen Arnim und ihr ebenso groß geworden war wie der zwischen der arabischen und europäischen Musik. Nach dem, was Arnim gestern Abend gesagt hatte, würde es wohl – abgesehen von der beglückenden Übereinstimmung ihrer Körper – keine Gemeinsamkeit mehr mit ihm geben. Das Herz tat ihr weh, als sie an die notwendige Trennung dachte, aber ihr war klar geworden, dass sie auf Dauer in dieser Beziehung zu Grunde gehen würde. Liebe war doch nicht nur Sex, sondern eine umfassende Einigkeit und Zuwendung in allen Lebensbereichen. So beschloss sie, eine günstige Gelegenheit abzuwarten, um mit ihm über die Trennung zu sprechen.

Nach diesem Gedanken wurde sie ruhiger und schlief bis 8 Uhr tief und fest durch. Arnim war schon wach, sie machten sich fertig und frühstückten in Ruhe Dann gingen sie wieder zum Strand und schwammen lange in dem welligen Wasser bis zur Abgrenzung zwischen Badebereich und offenem Meer. Danach ruhten sie sich im Schatten der Schirme aus. Johanna hatte vorgehabt, ihr Problem hier anzusprechen, doch die anderen Badegäste waren zu nahe, deshalb verschob sie das Gespräch auf den Nachmittag.

Als sie beim Mittagessen saßen, bekam Arnim einen Anruf auf seinem Handy, der ihn aufspringen und vor die Tür gehen ließ. Lange telefonierte er, während Johanna beunruhigt weiter aß. Nach zehn Minuten kam er aufgeregt zurück. „Eigentlich müsste ich sofort zurück fliegen“, sagte er verstört. „Sonntag ist eine Fahrt der Museumsbahn mit wichtigen Sponsoren geplant und jetzt hat die Lok einen Riss im Zylinder. Entschuldige bitte, dass ich dich jetzt alleine lasse, aber ich muss ins Zimmer gehen und mir die Sache auf dem Notebook ansehen, zum Glück habe ich die Pläne geladen. Ich hoffe, dass ich bis zum Hamam fertig bin, das Galadiner möchte ich auf jeden Fall mit dir genießen.“ Mit diesen Worten verschwand er und Johanna musste alleine weiter essen.

Für 16:30 hatten sie den Paar-Termin im Hamam, dem Türkischen Bad, gebucht. Vorher wollte Johanna endlich ihr Problem zur Sprache bringen, das war nun wieder nichts, wahrscheinlich würde aus dem Hamam auch nichts. Ärgerlich nahm sie noch einen Cognac in der Bar und ging ins Zimmer. Arnim saß vor dem Laptop und hatte das Handy am Ohr. Doch um 16:20 machte er Schluss, so dass sie noch rechtzeitig in Badekleidung zum Hamam kamen.

Da ein Masseur und eine Masseurin bei ihnen waren, war wieder kein Gespräch möglich, doch sie genossen die Behandlung. Zuerst lagen sie, nur mit Badehosen bekleidet, auf einer warmen, mit einem Handtuch bedeckten Marmorplatte und die beiden Masseure kratzten für das „Peeling“ mit rauen Handschuhen ihre Haut auf beiden Körperseiten. Danach wurden sie mit viel warmem Wasser und dann mit Mengen von Seifenschaum überschüttet und von Kopf bis Fuß massiert, wieder auf beiden Seiten des Körpers, dann folgten weitere Güsse warmen Wassers.

Schließlich durften sie die nassen Badehosen ausziehen und sich abtrocknen. In Bademänteln wurden sie zu Massageliegen in getrennten Räumen geführt und von den Zehen bis zu den Haaren intensiv mit Öl massiert. Natürlich waren die Schambereiche mit Handtüchern abgedeckt, was die Masseure aber nicht hinderte, auch darunter tätig zu werden. Nach anderthalb Stunden war die Behandlung vorbei, sie bekamen einen Tee und konnten gehen.

Da die Behandlung sie erschöpft hatte, legten sie sich kurz ins Bett. „Hat dir die Masseuse auch die edlen Teile massiert“, fragte Arnim lachend, „ich kriegte einen richtigen Ständer und hoffte nur, dass nicht noch mehr passiert.“ „So ähnlich war es bei mir auch“, antwortete Johanna, „aber bei mir war ja nichts zu sehen und es bestand auch keine weitere Gefahr. Das versteht man hier wohl unter Ganzkörpermassage. Ich denke, diese Leute sind solche Reaktionen gewöhnt. Deshalb wurden wir ja in getrennten Räumen behandelt, du von einem Mann und ich von einer Frau.“

Eine halbe Stunde genügte ihnen, sich für das Dinner festlich anzuziehen. Die schlanke Johanna hatte ein elegantes kurzes Kleid mit bunten Blumen und hochhackige Schuhe gewählt, dazu eine schlichte Goldkette. Ihre langen rotblonden Haare hatte sie hochgesteckt. Arnim war etwas voller und trug ein weißes Hemd mit Krawatte und eine helle Hose. Pünktlich um 19 Uhr waren sie am Restaurant, wo der Funke zwischen Johanna und Kerim übersprang, so dass beide die Blicke nicht voneinander lassen konnten. Als Vorspeisen bestellten sie Hummersuppe und Krevettencocktail, dazu Weißwein. Johanna nahm als Hauptgericht Knusperlachs, während Arnim sich für Lammkoteletts entschied und dafür Rotwein orderte. Johanna war mit dem gebackenen Lachs zufrieden, Arnim war das Lamm zu stark gebraten. Blieb noch das Dessert, beide wählten Schokoladencreme.

Während die beiden speisten, blickte Kerim immer wieder zu Johanna und sie blickte gerne zurück, bis er seinen Platz verlassen konnte, weil alle Gäste eingetroffen waren. Jetzt hatte er endlich Zeit, mehr über diese Frau zu erfahren, deren himmelblaue Augen ihn so fasziniert hatten. Auch ihre elegante Erscheinung hatte ihn beeindruckt. Über die Buchung fand er Namen und Anschrift. Dr. Johanna vom Stein war ein schöner Name, anscheinend war sie adlig. Sie und ihr Begleiter wohnten zusammen, waren aber nicht verheiratet. Ihren Wohnort Utendorf fand er über Google Maps nahe der Stadt Meinigen. In Facebook gab es eine ziemlich knappe Seite der Frau mit ihrem Bild und Geburtsdatum 8. 7. 1982, ihrem Studienabschluss als promovierte Ärztin, der Fachausbildung in der Kinderheilkunde und ihrer jetzigen Stellung im Klinikum Meiningen. Die Seite des Mannes war viel umfangreicher, er arbeitete als Ingenieur im Ausbesserungswerk der Deutschen Bahn für alte Lokomotiven in Meiningen. Der Bericht über seine Stellung als technischer Vorsitzender des Meininger Dampflok-Vereins füllte mehrere Seiten, dazu kamen jede Menge Freundschaftsbezeichnungen aus der ganzen Welt. Diese Informationen genügten Kerim fürs Erste.

Um mit dieser faszinierenden Frau ins Gespräch zu kommen, kam er nach dem Dessert an ihren Tisch und fragte höflich, ob sie mit dem Essen zufrieden seien. Obwohl es Arnim nicht so gut geschmeckt hatte, bestätigten sie das, wobei Johanna und Kerim sich wieder tief in die Augen schauten. „Darf ich Sie noch zu einem Drink einladen?“, fragte er höflich und konnte das Beben in seiner Stimme nur mühsam verbergen. Johanna blickte Arnim kurz an und der stimmte zu, worauf Kerim die beiden in die kleine abgeschlossene Bar für besondere Gäste führte, die gemütlich wie ein Wohnzimmer eingerichtet war. Er wies den beiden das Sofa und holte drei kostbar geschliffene Gläser und eine Flasche Remy Martin aus dem Schrank, dazu Cashewnüsse und türkische Süßigkeiten. Nachdem er eingeschenkt hatte, setzte er sich gegenüber in einen Sessel und sie stießen miteinander an. Auf seine höfliche Frage, wie ihnen das Hotel und ihr Zimmer gefallen, äußerten die beiden sich lobend.

Weil Johanna brennend an diesem Mann interessiert war, fragte sie ihn nach seinem Arbeitsumfeld im Hotel. „Ich bin Vertreter des General Managers und für alle Events verantwortlich. Heute bin ich nur vor dem à la carte-Restaurant eingesprungen, weil der Guest Relation Manager erkrankt ist.“ Wie er zu diesem Job gekommen sei, wollte Johanna wissen. „Da muss ich etwas weiter ausholen“, erklärte Kerim. „Ich bin der zweite Sohn eines Teppichhändlers in Side und musste als Junge oft im Geschäft helfen, bis mich das Gymnasium voll forderte. Darüber war ich froh, denn mein Interesse an den Teppichen war gering, weil mein älterer Bruder als Nachfolger im Geschäft vorgesehen war. Viel lieber war ich bei meinem Onkel, der als Küchenchef hier in diesem Haus arbeitete.

Meine Großmutter ist in Deutschland geboren, deshalb hat unsere Familie eine gute Beziehung zu Ihrem Land und wir haben alle gut Deutsch gelernt. Da ich in die Hotelbranche wollte, suchte ich im Internet nach Ausbildungsmöglichkeiten und fand eine vierjährige duale Berufsausbildung für Hotel- und Tourismusmanagement mit Studium bis zum Bachelor an der Berufsakademie in Heidelberg. Nach dem Wehrdienst konnte ich meinen Vater überzeugen, mir dies Studium zu finanzieren. Den praktischen Teil lernte ich in verschiedenen Hotels im Raum Heidelberg-Mannheim, und nach dem Examen haben sie mich im letzten Hotel gerne behalten. Als dann mein Onkel schrieb, dass hier ein Assistent des Managements gesucht werde, bewarb ich mich und wurde Anfang 2010 eingestellt. Vor drei Monaten bin ich Event Manager geworden und für die Organisation aller besonderen Veranstaltungen im Hotel verantwortlich. Außerdem vertrete ich den General Manager.“

Johanna war beeindruckt und dachte noch über das Gehörte nach, als Kerim sie nach ihrem Werdegang fragte. Bereitwillig schilderte sie ihre Berufslaufbahn und ihr jetziges Leben als Kinderärztin im Meininger Klinikum. Dann berichtete Arnim über sein Leben und begeistert von seinem Bahnhobby. Als Kerim sah, wie Johanna bei Arnims Worten die Miene leicht verzog, dachte er sich sein Teil. Da es spät geworden war, gab er den beiden seine Karte und sagte, bei einem Problem sollten sie sich direkt an ihn wenden. Dann wünschte er ihnen eine gute Nacht und verabschiedete sich.

Auf Johannas Bitte hatte Arnim sein Handy während des Essens ausgeschaltet, doch als er es in der Suite wieder einschaltete, fand er mehrere verzweifelte Anrufe und SMS aus Meiningen. „Entschuldige, Schatz“, sagte er zerknirscht, „aber da muss ich mich drum kümmern. Du weißt, wie wichtig mir das ist“, und setze sich mit dem Handy am Ohr vor sein Notebook. Weil Johanna wusste, dass sie bei dem Telefonat nicht schlafen könnte, legte sie sich in das Bett im Nebenzimmer und schloss die Tür. Die Erinnerung an die Augen des Türken füllten sie aus, bis sie einschlief und erst der Gesang des Muezzins sie um halb fünf wieder weckte. Da wurde ihr klar, dass sie sich in den Türken verliebt hatte und es ihm wohl ähnlich ging. Arnim war ihr überhaupt nicht mehr wichtig, sie hatte sich doch schon letzte Nacht für die Trennung von ihm entschieden. Also könnte doch jetzt eine neue Liebe mit dem Türken möglich sein, sie musste ihn unbedingt wieder sehen. Mit diesem Gedanken schlief sie noch einmal ruhig ein.

Die Begegnung mit Johanna hatte Kerim noch stärker aufgewühlt als sie. Plötzlich hatte eine aufregende Frau mit einer warmen Ausstrahlung vor ihm gestanden, die ihn maßlos beeindruckte. Und anscheinend ging es ihr ebenso, denn ihre Blicke zeigten eine tiefe Sehnsucht. Solche zärtlichen Blicke hatte er nicht mehr gesehen, seit seine Freundin Ayşe sich vor vier Monaten von ihm getrennt hatte. Danach hatte er lange um diese verlorene Liebe getrauert und sich nicht für Frauen interessiert. Jetzt sah er mit einem Mal einen Hoffnungsschimmer, der seine einsame Trauer beenden könnte. Nachdem er die Bar aufgeräumt hatte, lag er die halbe Nacht wach und überlegte, wie er dieser deutschen Frau näher kommen könnte, die offensichtlich in ihrer Beziehung nicht glücklich war. Ohne Ergebnis schlief er schließlich ein, bis um 7 Uhr sein Wecker klingelte und er zur Arbeit fahren musste. Er frühstückte stets unerkannt bei den Gästen, um ihre Stimmung und den Service zu beobachten.

Als Johanna Samstag früh aufwachte, saß Arnim schon wieder (oder immer noch?) mit dem Handy am Ohr vor dem Notebook. Sie machte sich fertig und fragte, ob er mit zum Frühstück komme. Ja, er wollte die Arbeit für eine halbe Stunde unterbrechen, aber danach müsse er gleich weitermachen. Beim Frühstück versuchte er, der Freundin das Problem der Lokomotive zu erklären, doch sie verstand kaum etwas, ihr Interesse an der Sache war auch nicht groß. Denn in ihren Gedanken war längst der Plan, Kerim zu treffen, da Arnim so sehr mit seinem Hobby beschäftigt war. Sie gab vor, zum Strand zu gehen und zog den Bikini an, der mehr frei ließ, als er verdeckte, schlang das Handtuch um die Hüften und verabschiedete sich mit einem flüchtigen Kuss von Arnim, der schon wieder vor dem Notebook saß.

An der Rezeption zeigte sie Kerims Karte und ein Boy führte sie zu einem Zimmer im Verwaltungstrakt. Auf ihr Klopfen hörte sie einen Ruf und öffnete vorsichtig die Tür. Sie sah Kerim hinter dem Schreibtisch sitzen, doch als er sie erblickte, sprang er auf und schloss die Tür hinter ihr, wobei ihr das Handtuch vom Körper rutschte. Sie wollte „Guten Morgen“ sagen, doch er zog sie an sich und drückte die Wange gegen ihre. Johanna war erschrocken. Zwar hatte sie sich die Begegnung mit diesem Mann gewünscht, aber eher an ein freundschaftliches Gespräch gedacht, da ging ihr diese Vertraulichkeit zu weit. Hatte sie sich in ihm getäuscht? Sie raffte das Handtuch auf und verließ fluchtartig den Raum. Schnell war sie am Strand, warf Tuch und Sandalen auf eine freie Liege und sprang in die Wellen. Wie wild crawlte sie zur Begrenzung des Schwimmbereiches, tauchte drunter durch und schwamm ein gutes Stück auf das offene Meer hinaus, bis sie allmählich ruhiger wurde und es genoss, sich von den Wellen wiegen zu lassen. Jetzt konnte sie in Ruhe nachdenken.

Dabei wurde ihr klar, was sie falsch gemacht hatte: Sie war in einem aufreizend knappen Bikini zu dem Mann gegangen, das musste er doch als Angebot ansehen, sich ihr körperlich zu nähern. Und sie war bei seiner völlig harmlosen Begrüßung ausgerissen wie ein schüchterner Teenager beim ersten Date. Wie könnte sie diese Fehler wieder gutmachen? Nach ihrem abrupten Abgang musste er glauben, sie wolle nichts von ihm wissen und würde sicherlich nicht von selbst wieder auf sie zugehen. Wenn sie noch eine Verbindung wollte, müsste sie ihm zeigen, dass sie seine begeisterte Begrüßung nicht übelnahm. Aber wollte sie wirklich Arnim für die Verbindung mit diesem Türken aufgeben? Ja! Sie hatte schon vorletzte Nacht beschlossen, sich von ihm zu trennen. Dass er sie wegen seiner Lokomotive völlig vernachlässigte, bestätigte den Entschluss. Und in der letzten Nacht hatte sie sich doch für die Verbindung mit dem Türken entschieden!

In diesen Gedanken hörte sie ein Motorboot auf sich zukommen. Der Mann am Steuer fragte, ob sie Hilfe brauche, was sie dankend verneinte. Darauf forderte er sie auf, sich von ihm zum Schwimmbereich zurück bringen zu lassen, hier könnten ihr die Sportboote gefährlich werden. Sie begriff, dass ihre ruhige Lage auf den Wellen gefährlich aussah, und stieg ins Boot. Da sie genug geschwommen war, legte sie sich am Strand auf die Liege, um weiter darüber nachzudenken, wie sie dem Türken ihr Vertrauen zeigen könnte.

Kerim hätte sich ohrfeigen können. Sofort, als Johanna die Tür hinter sich zuschlug, wurde ihm klar, wie unmöglich er sich benommen hatte. Diese Frau war eine Persönlichkeit, der man respektvoll gegenüber treten musste, und nicht so, wie er es getan hatte. Wahrscheinlich wollte sie nur mit ihm sprechen und er hatte sich plump vertraulich an sie heran gemacht. Da hatte ihm wohl seine Begeisterung einen Streich gespielt, so unüberlegt hatte er noch nie gehandelt. „Was kann ich jetzt tun?“, dachte er verzweifelt, „ich habe alles kaputt gemacht. Wird sie überhaupt noch an mir interessiert sein und mich nicht als Womanizer ansehen?“ Als erstes müsste er sie wohl um Entschuldigung bitten, doch dafür musste er sie ohne ihren Freund finden. Und ob sie seine Entschuldigung annehmen würde, war höchst unsicher, aber er musste es auf jeden Fall versuchen. Also war der nächste Schritt, sie zu finden. Sie war in Badesachen zu ihm gekommen, war also wahrscheinlich irgendwo am Wasser, wenn sie nicht wieder ins Zimmer gegangen war.

Kerim ging langsam durch die Poollandschaft, da war die Gesuchte nicht zu sehen. Auch im Strandbereich konnte er sie nicht finden, doch fiel ihm eine einzelne Liege auf, auf der ein hingeworfenes Handtuch und ein paar Sandalen lagen. Das könnten ihre Sachen sein, vielleicht war sie im Wasser. Vor der Sandbank war sie nicht zu sehen; so wie er sie erlebt hatte, glaubte er sie eher im tiefen Wasser. Doch auch bis zur Badegrenze konnte er sie nicht sehen. Er stieg auf den Beobachtungsturm der Life Guards und sah durch das Fernglas weit draußen im Bootsbereich einen Körper flach auf dem Wasser liegen, das sah gefährlich aus. Er meldete seine Beobachtung der Bootsvermietung und die Leute fuhren sofort mit dem Motorboot hinaus. Nach fünf Minuten kamen sie mit Johanna zurück, die keine Spur von Erschöpfung zeigte und sich auf ihre Liege legte.

Kerim hatte sich zunächst im Hintergrund gehalten und ging jetzt langsam voller Bangen zu ihr. Er setzte sich auf die Liege neben ihr und sprach sie leise an: „Ich glaube kaum, dass Sie mir meinen Überfall vorhin verzeihen können, denn ich habe mich unmöglich benommen. Falls sie mir dennoch einige Worte gestatten wollen, würde ich Sie gerne zu einem kleinen Spazierhang einladen, denn hier haben wir zu viele Zuhörer.“ „Ich nehme Ihre Entschuldigung gerne an“, erwiderte Johanna, „denn ich habe Sie ja mit meinem Outfit provoziert, allerdings unbeabsichtigt. Wo wollen Sie denn mit mir hingehen?“ „Nur ein paar Schritte zwischen dem Strand und den Hotels. Da gibt es einen Platz, wo wir ungestört miteinander reden können.“

Johanna zog die Sandalen an und nahm das Handtuch um, dann führte Kerim sie vom Ausgang des Badegeländes zu einem nahen Gebüsch. Er drückte die Büsche auseinander und sie hatten einen ca. 10 Meter breiten Bach vor sich, dessen andere Seite auch mit Büschen bewachsen war. Kerim setzte sich ans Ufer und bot Johanna den Platz neben sich an. Sie wartete gespannt, bis er sich überwand: „Ich muss Ihnen gestehen, dass Sie mich gestern Abend unwahrscheinlich beeindruckt haben. Seit meine Freundin mich vor einiger Zeit verlassen hat, ist keine Frau so tief in mein Inneres gedrungen wie Sie, und ich habe ein wenig den Eindruck, dass es ihnen ähnlich geht. Deshalb schäme ich mich so sehr für meinen Überfall vorhin und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihn schnell und vollkommen vergessen könnten. Denn ich mag Sie und hoffe, dass auf unserer Begegnung die Chance einer dauerhaften Freundschaft liegt.“

Nach diesen Worten atmete er tief ein, Johanna merkte, wie schwer ihm die Rede gefallen war, über die sie sich herzlich freute. Gerne wollte sie ihm ihr Verzeihen deutlich machen, und weil sie keine Lust zu wohlgesetzten Worten hatte, nahm sie seinen Kopf in die Hände und küsste ihn. Da ging ein freudiger Schimmer über Kerims Gesicht und er erwiderte den Kuss so herzhaft, dass sie sich erst trennten, als sie völlig außer Atem waren. „Du bist ein wundervoller Mann“, flüsterte Johanna, als sie wieder ruhig atmen konnte und beide einander in die Augen schauten. „Und du eine außergewöhnlich liebevolle Frau“, gab Kerim zurück, worauf Johanna ihn noch einmal küsste.

„Leider müssen wir unsere schöne Begegnung, für die ich dir so dankbar bin, erst mal beenden“, sagte Kerim nach einer Weile traurig. „Ich habe in zehn Minuten einen Termin, der bis Mittag dauern wird. Und eigentlich darf ich gar keinen persönlichen Kontakt zu einem weiblichen Gast haben. Natürlich will ich unser schönes Miteinander nicht aufgeben, dafür müssen wir eine Lösung finden. Ich gehe jetzt vor und bitte dich, diesen Platz erst in ein paar Minuten zu verlassen. Wenn du mich nach dem Mittag anrufst, kann ich dir einen neuen Treffpunkt nennen, meine Karte hast du ja.“ Er stand auf, küsste Johanna noch einmal und schlug sich durch die Büsche.

Johanna folgte ihm nach fünf Minuten und legte sich wieder auf die Liege, um in Ruhe über das Abenteuer nachzudenken, das sie eben begonnen hatte und das ihr in keiner Weise leid tat. Natürlich gab es jetzt ein Problem mit Arnim. Irgendwann musste er ihre Verbindung mit Kerim bemerken. Sollte sie ihm von vornherein klaren Wein einschenken? Da sie sich ja eh‘ von ihm trennen wollte, wäre das wohl die ehrlichste Lösung, aber wie sollte es hier im Hotel weiter gehen? Sie hatten die Suite noch fünf Tage und abgesehen von dem Problem mit der Lokomotive hatten sie jede Nacht miteinander genossen. Das jetzt einfach fortzuführen, käme ihr wie ein Verrat an gleich zwei Männern vor. Gut, sie hatte im Nebenraum noch ein Bett, das sie ja letzte Nacht schon benutzt hatte, als Arnim mit Laptop und Handy die Lokomotive reparierte. Wenn sie sich vollkommen dahin zurückzog, könnten sie sich aus dem Wege gehen. Doch sie musste ihm sofort sagen, wie es um sie stand.

Sie sah auf die Uhr: es war halb zwölf, noch eine Stunde bis zum Mittag. Wenn Arnim mit der Lokomotive fertig war, hätte er vielleicht nach dem Essen Zeit für das Gespräch, das sie ja, ohne von Kerim zu wissen, schon gestern beginnen wollte. Sie schwamm noch zwanzig Minuten, dann trocknete sie sich ab und ging zur Strandbar, um sich mit einem Raki Mut anzutrinken. „Na, schmeckt dir das Zeug?“, hörte sie plötzlich Arnim, der sich neben sie setzte und ebenfalls Raki bestellte. Johanna bestätigte, sie möge dieses Getränk. Sie sei viel geschwommen und habe in der Sonne gelegen, und jetzt wolle sie gerade zum Zimmer gehen. „Wie geht es denn deiner Lokomotive?“, fragte sie freundlich. „Die läuft, und kann morgen groß auftreten“, antwortete er strahlend, „ich wollte dir nur die freudige Nachricht verkünden. Aber ich war die ganze Nacht damit beschäftigt und bin hundemüde. Ich werde mich gleich nach dem Essen lang legen und glaube kaum, dass ich heute noch mal aufwache.“ „Gratuliere, du hast wirklich etwas Großes geleistet“, antwortete Johanna ehrlich, „geh‘ schon in den Speisesaal, ich komme gleich nach.“ Im Zimmer zog sie die Badesachen aus und warf sich ein leichtes Kleid über. Auf dem Weg zum Essen war sie gleichzeitig traurig und froh. Traurig, dass sie Arnim wieder nicht sagen konnte, wie es um sie stand, und froh, weil sie Zeit haben würde, Kerim zu treffen.

Das Essen verlief ruhig, denn Arnim konnte kaum die Augen offen halten. Johanna trank noch einen Mokka, Arnim ging schon zum Lift. Vorsichtshalber schaute sie nach dem Mokka leise ins Zimmer, Arnim schlief tief und fest. Vom Telefon im Treppenhaus rief sie Kerim an, der sagte, sie solle in einer halben Stunde rechts unten vor der Auffahrt auf ihn warten. Bei einem Glas Weinbrand in der Bar überlegte Johanna, wie der Nachmittag weitergehen würde. Was hatte Kerim vor? Dass er sie nicht im Hotel treffen durfte, war klar, wollte er mit ihr irgendwo hin fahren? Und was würde dann geschehen? Sie zog ihre besten Jeans und eine hübsche weiße Bluse an, sprühte einen Spritzer ihres kostbaren Parfums Stylessence an den Hals und legte eine Rosenquarzkette um. Wenig später stand sie an der Auffahrt, aufgeregt wie vor 16 Jahren bei ihrem ersten Rendezvous mit einem längst vergessenen Jungen. Doch schon hielt ein kleiner Honda vor ihr und Kerim öffnete von innen die Beifahrertür. Sie schlüpfte hinein, worauf er sofort losfuhr.

Nach 500 Metern hielt er an und beugte sich zu ihr, um sie zu küssen, was sie gerne erwiderte. „Ich freue mich, dass du dich frei machen konntest und möchte mit dir einen schönen Nachmittag erleben“, sagt er mit strahlendem Gesicht. „Was hast du denn mit mir vor?“, fragte Johanna gespannt. „Da gibt es mehrere Möglichkeiten“, antwortete er und fuhr los. „Wir haben ja eine ganze Menge miteinander zu reden, dafür würde ich mich am liebsten mit dir in eine kleine Teestube setzen. Wir können uns aber auch im Park auf eine Bank setzen, doch da kommen ab und zu Leute vorbei. Und schließlich können wir zu meiner Wohnung in der Nähe fahren, das ist auch nicht weit. Ich weiß aber nicht, ob du dazu bereit bist.“ Johanna dachte einen Moment nach. Zur Wohnung war sie noch nicht bereit, das hatte er mit seinem Feingefühl erraten. Und die Bank im Park sagte ihr auch nicht zu. „Wenn du eine ruhige Teestube kennst, lass uns dahin fahren“, entschied sie. Mit den Worten „OK, das ist mir auch am liebsten“, startete Kerim den Wagen.

„Was sagt denn dein Freund zu unserer Begegnung, oder hast du ihm noch nichts davon erzählt?“, fragte Kerim, als der Tee mit ein paar Süßigkeiten vor ihnen stand. Den Besitzer der Teestube schien er gut zu kennen. „Ja, das ist mein schwieriges Problem“, musste sich Johanna jedes Wort überlegen. „Eigentlich lieben wir uns noch“, fuhr sie nach einer Weile fort, „doch sein Eisenbahnhobby fordert immer mehr Zeit von ihm, so dass wir uns regelrecht auseinander gelebt haben. Um vielleicht noch wieder zueinander zu finden, habe ich ihn zu diesem Urlaub überredet, aber als ich vorgestern Abend das Thema anschnitt, hat er mir klar gesagt, dass ihm die Eisenbahn wichtiger ist als ich. In der Nacht habe ich dann beschlossen, mich von ihm zu trennen, fand aber gestern Vormittag keine Gelegenheit zu einem vertraulichen Gespräch, weil wir nie ohne Zuhörer waren.

Und dann bekam er mittags einen Anruf über einen Schaden an einer alten Lokomotive, die morgen einen Zug mit wichtigen Gästen fahren soll, da war er überhaupt nicht mehr ansprechbar, weil er per Notebook und Handy die Reparatur leitete. Ein Wunder, dass er gestern Abend mit mir ins Restaurant gegangen ist, wo wir uns begegnet sind, deine Augen waren wie eine Bestätigung für mich. Nach unseren Küssen am Ufer des Baches beschloss ich, ihm nachmittags endlich die Trennung zu verkünden und von dir zu erzählen. Doch er hat die ganze Nacht die Lokomotive repariert und ist gleich nach dem Essen ins Bett gegangen, wo er wohl bis morgen früh schlafen wird. Sobald er wach ist, will ich das Gespräch nachholen. Uff, jetzt brauche ich einen Raki.“

Kerim bestellte das Getränk für beide, und als sie miteinander anstießen, sagte er leise: „Ich wünsche mir, nein uns beiden, dass unsere Begegnung von Dauer ist, denn ich habe mich in dich verliebt. Als ich gestern Abend beim Bericht deines Freundes über sein Hobby deine Blicke sah, wusste ich, dass du nicht glücklich bist. Jetzt höre ich mit großer Freude, dass du so gut wie frei bist. Und da ich nach einer schmerzhaften Trennung ungebunden bin, möchte ich mit dir neu anfangen, wenn du auch dazu bereit bist.“ „Ich wünsche mir auch, dass wir weiter zueinander finden, aber ich möchte erst die eine Tür richtig schließen, bevor ich eine andere öffne. Wie ich nach dem Gespräch mit Arnim die restlichen Tage in unserer Suite verbringe, weiß ich noch nicht, aber jetzt bist du mir viel wichtiger.“ Nach diesen Worten küsste sie Kerim, bevor sie sagte: „Erzähl mir ein bisschen von deiner schmerzhaften Trennung.“

Nach einem großen Schluck Raki räusperte Kerim sich, um den Kloß im Hals los zu werden, bevor er zu sprechen begann: „Vor drei Jahren habe ich Ayşe kennen gelernt, sie studierte Medienwissenschaft in Antalya, wohnte aber bei ihren Eltern hier in Side. Zwischen uns entstand eine tiefe Liebe, wenn sie auch für den letzten Schritt noch nicht bereit war. Ich wusste von ihren streng religiösen Eltern und respektierte ihre Zurückhaltung, weil ich sie als Menschen achtete und liebte. Vor vier Monaten kam sie, die stets sportlich gekleidet war, plötzlich in langem Rock und mit dichtem Kopftuch zu mir. Noch bevor ich fragen konnte, welch Sinneswandel sie zu dieser Kleidung veranlasste, erklärte sie, ihr Vater habe ihre Heirat mit einem Verwandten arrangiert, um die Freundschaft mit mir zu beenden, ich sei viel zu weltlich eingestellt. Die Hochzeit finde schon in zwei Wochen statt. Auf meine verzweifelte Frage, ob sie denn mit dieser Regelung glücklich sei, antwortete sie, als muslimische Tochter müsse sie ihren Eltern dankbar und gehorsam sein. Dabei schossen ihr Tränen in die Augen, die sie sich von mir nicht abwischen ließ. Als ich verzweifelt vorschlug, mit mir zu fliehen und irgendwo, vielleicht in Istanbul zu heiraten, schüttelte sie nur stumm den Kopf, drückte mir einen Kuss auf die Wange und verschwand.

Ich hatte Ort und Termin der Hochzeit heraus bekommen und beobachtete die Feier im Hintergrund. Entsetzt sah ich, dass der Bräutigam ein viel älterer glatzköpfiger Politiker war, den ich schon auf einem Plakat der AKP gesehen hatte. Er ist Bezirksvorsitzender der Partei und außerdem ein reicher Geschäftsmann. Bis dahin hatte ich mich überhaupt nicht für Politik interessiert, aber jetzt schloss ich mich vor Wut der Republikanischen Volkspartei an, in der meine Schwester schon lange ist. Du siehst, auch ich musste eine Liebe aufgeben.“ Mit dem Rest Raki spülte er seine Trauer hinunter.

Erschüttert legte Johanna den Arm um ihn. „Das ist ja viel schlimmer als bei mir“, sagte sie leise, „da will ich versuchen, dir viel Liebe wiederzugeben, die dir schon so lange fehlt. Doch wie stellen wir das an? Ich bin noch bis Donnerstag mit Arnim in der Suite gebucht. Zwar kann ich im Nebenzimmer schlafen, aber trotzdem leben wir irgendwie zusammen. Und mit dir kann ich mich nicht im Hotel treffen, weil du sonst Schwierigkeiten bekommst. Wie es dann in Deutschland mit Arnim und mit uns beiden weitergehen kann, daran denke ich jetzt noch nicht.“ „Ja, für die nächste Woche müssen wir Lösungen finden, nachdem wir uns unsere Liebe gestanden haben“, sagte Kerim nachdenklich. „Wann denkst du denn, kannst du mit deinem Freund reinen Tisch machen?“ „Spätestens morgen früh, da müsste er ausgeschlafen sein.“ „Und meinst du, dass ihr die Tage bis zur Abreise problemlos in derselben Suite leben könnt?“ „Ich hoffe es und muss es versuchen“, antwortete Johanna.

„Wenn es gar nicht geht, sehe ich zwei Möglichkeiten“, fuhr Kerim fort. „Ich kann dir für wenig Geld ein Zimmer im Hotel verschaffen, oder du kannst bei mir hier um die Ecke wohnen. Dann bist du allerdings den Tag über alleine.“ Johanna überlegte kurz, dann überwand sie sich: „Du hast mir vorhin angeboten, in deiner Wohnung miteinander zu sprechen. So schön ich diese Teestube hier finde, möchte ich die Wohnung jetzt doch gerne sehen, damit ich den Vorschlag beurteilen kann. Hast du noch so viel Zeit?“ Ein freudiges Lächeln lief über Kerims Gesicht, als er zahlte und „dann komm!“, sagte.

Nach wenigen Minuten hatten sie das Mietshaus erreicht, Kerim schloss die Tür auf und sagte: „Herzlich willkommen in meinem Reich.“ Erstaunt sah Johanna sich in der geräumigen Wohnung um. Das Wohnzimmer war mit einem Sofa und zwei Sesseln an einem Couchtisch, einer Schrankwand, einem Fernseher und schönen Teppichen gemütlich eingerichtet. Über dem Sofa hing ein bezaubernder Hereke. Im Schlafzimmer fand sich ein Doppelbett mit Nachttischen, Kleiderschrank und ebenfalls Teppichen, nur das kleine Arbeitszimmer mit Schreibtisch und Laptop sah etwas spartanisch aus. Die Küche war winzig und enthielt einen Herd, einen Kühl-Gefrierschrank, eine Spüle und ein paar Hängeschränke, im ebenso winzigen Bad gab es Toilette, Waschbecken und Dusche. Die ganze Wohnung sah sauber und aufgeräumt aus.

„Du hast eine tolle Wohnung, sie gefällt mir“, sagte Johanna anerkennend, „und wenn ich mit Arnim nicht klar komme, würde ich gerne auf das zweite Angebot zurückkommen.“ „Kannst du dir vorstellen, dass mir das auch die liebste Lösung ist?“, erwiderte Kerim lachend und küsste sie. Johanna fühlte sich jetzt so stark mit diesem Mann verbunden, dass sie ihn umarmte, sich eng an ihn schmiegte und seine Küsse leidenschaftlich erwiderte. „Du duftest wunderbar nach Orangen, Kardamom und Jasmin“, schwärmte er. „Das ist nur mein Parfum, das ich dir zu Ehren genommen habe“, lachte Johanna, da knöpfte Kerim vorsichtig den obersten Knopf ihrer Bluse auf, unter der sie wegen der Wärme keinen BH trug, und schaute sie fragend an. Als sie lächelnd nickte, öffnete er auch die anderen Knöpfe und küsste zärtlich ihre Brustspitzen. Johanna fand das schön und schmiegte sich bald wieder an ihn, um seinen Körper zu fühlen. Als sie seine Erregung bemerkte, hätte sie ihn auch gern liebevoll berührt, doch noch hielt ihre natürliche Scheu sie zurück.

Stattdessen fragte sie: „Du sagst, dass du nie mit Ayşe geschlafen hast, was habt ihr denn sonst getan? Und hattest du vor ihr schon Kontakte mit Frauen?“ Die Antwort fiel Kerim schwer, doch dann überwand er sich: „Die zweite Frage zuerst: In Heidelberg hatte ich ein paar lose Freundschaften, nur mit der letzten war ich ein Jahr bis zu meiner Abreise zusammen. Die deutschen Studentinnen sind viel lockerer als die Türkinnen.“ „Ich weiß, wovon du sprichst“, warf Johanna lachend ein, doch Kerim fuhr fort: „Hier ließ mir die Einarbeitung im Hotel zuerst kaum Zeit, bis ich vor drei Jahren Ayşe kennen lernte, sie war sehr zurückhaltend. Erst allmählich sind wir uns auch körperlich näher gekommen, aber bis zum letzten Schritt wäre es noch ein langer Weg gewesen.“ „Und nach der Trennung?“, forschte Johanna weiter. „Ich war so traurig, ja verletzt, dass ich keine Frau mehr ansehen konnte. Erst dein Blick gestern Abend – ich kann kaum glauben, dass es noch keine 24 Stunden her ist – hat mich aufgeweckt. Hab‘ Dank für deine Liebe.“

„Du gibst mir doch genauso viel“, erwiderte Johanna und küsste Kerim noch einmal. „Aber jetzt müssen wir überlegen, wie es praktisch weiter geht. Diese Nacht werde ich noch einmal im Hotel sein, denn morgen früh will ich unbedingt Arnim das Notwendige sagen. Natürlich werde ich nicht mit ihm schlafen, sondern im Nebenzimmer. Am Tag möchte ich vom Hotel aus viel schwimmen, und nach dem Abendessen komme ich hierher, wenn du mir zeigst, wie es mit dem Dolmuş geht. Ob ich an den nächsten Tagen ins Hotel komme, hängt von Arnim ab. Wenn er Terror macht, bleibe ich hier, obwohl ich gerne jeden Tag schwimmen möchte. Und jetzt sollten wir wohl am besten zurück fahren, denn es gibt bald Abendbrot.“ „Kannst du dir vorstellen, dass ich jetzt am liebsten mit dir hier bliebe?“, meinte Kerim, „aber du hast Recht, auch mein Schreibtisch liegt voll. Ich zeige dir die Dolmuşhaltestelle, aber besser wäre es, wenn ich dich mitnehme und 100 Meter vor dem Hotel absetze, damit man uns nicht zusammen sieht. Wie wir uns morgen Abend finden, müssen wir sehen. Entweder rufe ich dein Handy an oder du mich im Büro. Hab‘ herzlichen Dank für den schönen Nachmittag.“