Mein Herz, ich will dich fragen, was ist denn Liebe, sag! - Ernst-Günther Tietze - E-Book

Mein Herz, ich will dich fragen, was ist denn Liebe, sag! E-Book

Ernst-Günther Tietze

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Beschreibung

Friedrich Halm hat in einem romantischen Gedicht die Liebe beschrieben: Mein Herz ich will Dich fragen, Was ist denn Liebe, sag'? "Zwei Seelen und ein Gedanke, Zwei Herzen und ein Schlag!" Und sprich, woher kommt Liebe? "Sie kommt und sie ist da!" Und sprich, wie schwindet Liebe? "Die war's nicht, der's geschah!" Und was ist reine Liebe? "Die ihrer selbst vergisst!" Und wann ist Lieb' am tiefsten? "Wenn sie am stillsten ist!" Und wann ist Lieb' am reichsten? "Das ist sie, wenn sie gibt!" Und sprich, wie redet Liebe? "Die redet nicht, sie liebt!" Dieses Buch untersucht an Hand von Beispielen die Wahrheit hinter diesen Versen

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Ernst-Günther Tietze

Mein Herz, ich will Dich fragen,was ist denn Liebe? sag!

Betrachtungen über ein Gedicht

Das Titelbild hat der Autor auf der Insel Mainau aufgenommen

© Copyright 2015Ernst-Günther Tietze, Hamburg

Published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN 978-3-757507-72-5

Inhalt

Prolog

Namen

Mein Herz, ich will Dich fragen, Was ist denn Liebe, sag’?

„Zwei Seelen und ein Gedanke, Zwei Herzen und ein Schlag!“

Und sprich, woher kommt Liebe? „Sie kommt und sie ist da!“

Und sprich, wie schwindet Liebe? „Die war’s nicht, der’s geschah!“

Und was ist reine Liebe? „Die ihrer selbst vergisst!“

Und wann ist Lieb‘ am tiefsten? „Wenn sie am stillsten ist!“

Und wann ist Lieb‘ am reichsten? „Das ist sie, wenn sie gibt!“

Und sprich, wie redet Liebe? „Die redet nicht, sie liebt!“

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Prolog

In einem romantischen Gedicht hinterfragt Friedrich Halm die Liebe und gibt besinnliche Antworten:

Mein Herz ich will Dich fragen, Was ist denn Liebe, sag’?

„Zwei Seelen und ein Gedanke, Zwei Herzen und ein Schlag!“

Und sprich, woher kommt Liebe? „Sie kommt und sie ist da!“

Und sprich, wie schwindet Liebe? „Die war’s nicht, der’s geschah!“

Und was ist reine Liebe? „Die ihrer selbst vergisst!“

Und wann ist Lieb‘ am tiefsten? „Wenn sie am stillsten ist!“

Und wann ist Lieb‘ am reichsten? „Das ist sie, wenn sie gibt!“

Und sprich, wie redet Liebe? „Die redet nicht, sie liebt!“

Dieses Buch untersucht anhand von Beispielen liebevoller Begegnungen die Wahrheit hinter diesen Versen.

Namen

2.1 Stephan Hewel und Bärbel Schüssler

2.2 Gunther Weinert und Doris Mohr

3.1 David Marcel und Sigrid Köhler

3.2 Arno Petersen und Brigitte Boldt

4.1 Jens Böttcher und Ulla Ingerson

4.2 Regina und Manfred Geyer, Ina Mahler

4 3 Ulf und Marlene Schulze

5.1 Jean und Jeanette Brüderli, Jana

5.2 Holger Meyns und Yasmine Gülevan

5.3 Siegfried und Erika Keil

6.1 Schwester Wanda und Dietlind

6.2 Karin und Werner Färber

7.1 Joachim Vorbau und Helma Gebhardt

7.2 Dennis Gorski und Fanny Möller

7.3 Hartwig Gutmann und Isabel Böhmer

8.1 Sascha und Kerstin Hoffmann

8.2 Jochen und Claudia Hanselmann

8.3 Hans und Marga Baumann

8.4 Karl Marschner und Julia Fischer

8.5 Ruth und Paul Wolf

8.6 Henning und Sabine Gellert

Mein Herz, ich will Dich fragen,Was ist denn Liebe, sag’?

Über Liebe wird ständig gesprochen, geschrieben, gesungen und gefilmt. Aber was ist denn Liebe überhaupt?

Der Apostel Paulus schreibt im 1. Korintherbrief:

„Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig.

Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf.

Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil,

lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach.

Sie freut sich nicht über das Unrecht,

sondern freut sich an der Wahrheit.

Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand.

Die Liebe hört niemals auf.“

Nach dieser schönen Definition ihrer Eigenschaften können wir schauen, welche Arten von Liebe es gibt:

- die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind,
- die Liebe zu Kranken und Sterbenden,
- die so genannte Vaterlandsliebe,
- die Tierliebe,
- die Liebe zwischen erwachsenen Menschen, z. B. Frau und Mann.

Allen Arten der Liebe gleich ist eine innere Verpflichtung, anderen Wesen ein Stück von sich selbst zu opfern. Welche Art von Liebe ist denn nun in dem Gedicht gemeint?

Mutterliebe bis zur Aufopferung ist nahezu allen weiblichen Lebewesen angeboren und wird bei der Geburt eines Kindes aktiviert. Um sie geht es hier aber nicht, allerdings könnte Paulus sie meinen.

Agape, die Liebe der Mutter Theresa zu Kranken und Sterbenden fühlen vor allem Frauen. Es gibt sie auch im Tierreich, z. B. bei Elefanten. Auch sie meint das Gedicht nicht, aber wahrscheinlich Paulus, wenn er an die Gemeinde denkt.

Die sogenannte Vaterlandsliebe ist eine Euphorie, die von gewissenlosen Politikern und Militärs gezüchtet wird und Millionen hoffnungsvoller junger Menschen in einen sinnlosen Tod treibt. Die fanatische Liebe zu einer Religion oder einer politischen Weltanschauung liegt auf derselben Ebene. Natürlich meint das Gedicht diese schlimme „Liebe“ nicht.

Tierliebe kommt sowohl aus ethischen Motiven vor, um ein schwächeres Wesen zu beschützen, als auch bei einsamen Menschen, die ein Lebewesen um sich brauchen. Auch um sie geht es im Gedicht nicht.

Das Gedicht meint die erotische Liebe zwischen Frauen und Männern. Nur die Menschen haben zusätzlich zu der aus dem Tierreich übernommenen Sexualität, die der Erhaltung der Art dient, das tiefe seelische Erleben der Liebe als eine wundervolle Zugabe entwickelt. Wer hat es noch nicht gefühlt, das innige hingezogen sein zu einem anderen Menschen, die Schmetterlinge im Bauch, wenn man nur an ihn denkt, und erst recht, wenn eine Begegnung mit ihm bevorsteht?

Francoise Sagan schreibt in „Bon jour Tristesse“:

„Voller Schmerz dachte sie an die Behutsamkeit,

mit der sie versucht hatte, ihn kennen zu lernen,

an dies ungeheure Kapitel von Zärtlichkeit, Interesse und Güte,

das sie damals aufgebracht hatte, wie jeder Mensch,

der beginnt, einen anderen zu lieben.“

Das Hohelied Salomos sagt:

„Liebe ist stark wie der Tod,

ihre Glut ist feurig und eine Flamme des Herrn,

dass auch viele Wasser nicht mögen die Liebe auslöschen,

noch die Ströme sie ertränken.“

Und Friedrich Rückert beschreibt die Liebe in einem schönen Gedicht:

Ich liebe dich, weil ich dich lieben muss,

ich liebe dich, weil ich nicht anders kann.

Ich liebe dich nach einem Himmelsschluss,

ich liebe dich durch einen Zauberbann.

Dich lieb’ ich wie die Rose ihren Strauch,

dich lieb’ ich wie die Sonne ihren Schein,

dich lieb’ ich, denn du bist mein Lebenshauch,

dich lieb’ ich, weil dich lieben ist mein Sein.

Nur in dieser erotischen Liebe finden Männer und Frauen zueinander und wissen zuerst meist nicht, was ihnen geschieht. Nach der griechischen Mythologie hat der Liebesgott Eros, den die Römer später Amor nannten, sie mit seinem Pfeil getroffen. Heute weiß man, dass der Pfeil aus einem Hormoncocktail besteht, der beim Anblick einer die Sinne reizenden Person ausgeschüttet wird. Daneben übermitteln Pheromone in der gesamten Tierwelt, also auch beim Menschen, sexuell anregende Signale. Liebe ist alles andere als Ratio, sie ist im höchsten Grade unvernünftig. Gerade deshalb ist sie so schön.

Liebe bedarf der Werbung. Selbst ein Vogelmännchen muss einen erheblichen Aufwand treiben, ehe das Weibchen bereit ist, sich ihm hinzugeben. Das gilt in viel höherem Maße bei den Menschen. Eine Frau kennt ihren Wert und will ihn vom Mann anerkannt wissen. Um ihr diese Anerkennung zu erweisen, muss er behutsam auf sie zugehen, ihr zeigen, wie hoch er sie schätzt. Zwar sagt ein Sprichwort: „Wenn ein Mann wirbt, hat die Frau schon geworben“, das heißt, sie hat schon eine Vorauswahl getroffen, aber erst aus der Anerkennung ihres Wertes sieht sie, dass auch der Mann bereit ist, ihr etwas von sich zu geben. Nur dann wird sie auch auf ihn zugehen.

Noch sind wir in der ersten, aufregendsten Phase der Liebe, sie ist noch keine richtige Liebe, sondern nur „verliebt sein“. Man glaubt schon, den Partner fürs Leben gefunden zu haben. Aber man kennt einander noch lange nicht genug und muss deshalb schrittweise immer mehr voneinander entdecken. Dazu gehört natürlich, dass jeder sich vom Partner entdecken lässt, sich ihm öffnet. Dann wird das Sprichwort „Liebe macht blind“ ungültig.

Jede Verliebtheit hat das Ziel, in eine tiefe Liebe zu münden, denn kein Lebewesen will allein sein, es sucht dauerhaft das zweite Ich, mit dem es sich bedingungslos verbinden kann. Wenn sich der Sturm der ersten Leidenschaft gelegt hat, beginnt die zweite Phase, der Übergang vom „verliebt sein“ zur richtigen Liebe. Das ist ein langer Prozess der Prüfung, auch Selbstprüfung mit Fragen, kritischen Betrachtungen und Zweifeln. Hier ist der Verstand gefordert, man muss ehrlich mit sich selbst sein, auch auf die Gefahr hin, dass der Kopf das Gefühl nicht bestätigt. Eine glückliche Gemeinschaft ist nie selbstverständlich.

Nur wenn man sicher ist, dass der geliebte Mensch für eine lebenslange Gemeinschaft der Richtige ist, darf man „ja“ zur ganzen Partnerschaft mit ihm sagen, sich auch die die körperliche Liebe gestatten. Diese ganz enge und innige Hingabe mit Körper und Seele, das „Erkennen“ des geliebten Menschen, wie die Bibel sagt, im unverfälschten Zustand höchster Erregung ist der Höhepunkt, die vollkommene Bestätigung jeder Liebe. Nichts ist mehr wie vorher, wenn man einander in diesem Moment „erkannt“ hat. Auf dieses Ereignis steuert in der gesamten Tierwelt, also auch wieder beim Menschen die Werbung um den geliebten Partner hin. Und wie bei den Tieren darf auch bei uns Menschen ausschließlich die Frau bestimmen, ob sie zu diesem letzten Schritt bereit ist. Nur wenn auch sie es mit allen Fasern will, wird es für den Mann immer wieder zu einem überwältigenden Erlebnis.

Im Gegensatz zu den meisten Tieren ist diese Vereinigung beim Menschen zwar ein wichtiges und schönes, aber lange nicht das einzige Element der Liebe. Ständige Aufmerksamkeit für den Partner, Opferbereitschaft, füreinander da sein, Abgleich der Wünsche und Interessen sind ebenso wichtig. Nur daraus kann eine Liebe erwachsen, die außer dem Körper auch die Seele und den Geist umfasst.

Sollte es trotzdem nach der innigen Vereinigung irgendwann zu einer Trennung kommen, hinterlässt die Erinnerung an dieses große gemeinsame Erleben bei jedem Partner Spuren, die nur mit Schmerzen und Herzblut ausgelöscht werden können. One-Night-Stands sind damit nicht gemeint.

Wenn aber dann beide die richtige Liebe erreicht haben, beginnt die dritte, schwierigste Phase, das miteinander Leben, wo die Liebe die Probleme des Alltags überwinden muss. Dass zwei Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund und zumindest teilweise unterschiedlichen Interessen ständig zusammenleben, ist eigentlich eine Unmöglichkeit. Denn wenn die beiden sich immer besser kennen lernen, werden nicht nur die Gemeinsamkeiten deutlicher, sondern auch die Unterschiede. Da gilt es, nicht zu resignieren, sondern umeinander zu kämpfen, sich zu verständigen, aber nicht klein beizugeben oder auf dem Eigenen zu beharren. Das ist nicht einfach. Missverständnisse entstehen, unbeabsichtigte Kränkungen, auch das Gefühl von unverstanden sein. Nur tiefe Liebe kann das alles überwinden, damit die Gemeinschaft nicht nur bestehen bleibt, sondern immer fester wird. Verzeihen ist ein Muss in solcher Gemeinschaft. „Liebende leben von der Vergebung“ heißt ein Buchtitel von Manfred Hausmann.

Liebe ist geben und nehmen, zuhören und verstehen. Wie bei allen Dingen im Leben geht es auch in der Liebe bergauf und bergab, ist es laut und leise, gibt es Sonne und Schatten. Und man muss dem Partner immer wieder sagen und zeigen, wie sehr man ihn liebt. Liebe ist Leben. Und was lebt, will gepflegt, behütet und beschützt sein. Kleine Überraschungen, kleine Aufmerksamkeiten können dem geliebten Menschen zeigen, wie sehr wir ihn lieben und wie wichtig er uns ist. Das ist eine lebenslange Aufgabe und nur sie erhält die Liebe. Nur, wenn mich weiterhin der Gedanke an die/den Geliebte/n atemlos glücklich macht, wenn ich es gar nicht erwarten kann, ihn/sie zu umarmen und zu fühlen, liebe ich wirklich eine niemals endende Liebe.

In der Folge verbinden kleine Geschichten die Verse des Gedichtes mit realen Erlebnissen. In einigen dieser Geschichten mündet die Liebesbeziehung in eine Ehe, die die Liebesgemeinschaft offiziell bestätigt. Seit etwa 150 Jahren hat sich in den westlich orientierten Ländern die Liebesheirat durchgesetzt, nachdem früher, wie in anderen Ländern noch heute üblich, die Ehen von den Eltern nach familiären oder finanziellen Kriterien arrangiert und dadurch oft unglücklich wurden. Eheschließungen nehmen inzwischen wieder zu, nachdem lange eher unverbindlich zusammengelebt wurde. Leider werden viele Ehen oft schon im Stadium der Verliebtheit geschlossen und bald wieder geschieden. Der Satz aus Schillers Glocke sagt genug darüber:

Drum prüfe, wer sich ewig bindet,

ob sich das Herz zum Herzen findet!

„Zwei Seelen und ein Gedanke,Zwei Herzen und ein Schlag!“

Liebende bemerken oft erstaunt, dass sie im selben Moment das Gleiche denken. Zweifellos gibt es Schwingungen zwischen ihnen, die physikalisch nicht erklärbar sind. Und wenn sich die Liebenden ganz nahe sind, schlagen auch ihre Herzen im selben Takt.

Gleichklang

Der Student Stephan Hewel hat für ein Wochenende ein Zimmer in Braunlage gebucht und ist angenehm überrascht, als ihn die Tochter der Wirtin empfängt. „Ich heiße Bärbel Schüssler, herzlich willkommen bei uns. Meine Mutter kommt später, sie arbeitet in der Gemeindeverwaltung“, sagt sie mit warmer Stimme und zeigt ihm sein Zimmer. Verstohlen mustert Stephan die hübsche Frau, die etwa in seinem Alter sein muss. Sie hat lange blonde Haare mit einem Pferdeschwanz und ein freundliches Gesicht. Im Hausflur findet Stephan einen Hinweis auf einen Tanzabend Samstagabend in der „Tenne“ und fragt die junge Frau verlegen, ob sie mitkommen würde. Als sie zustimmt, freut er sich.

Samstag steht Stephan früh auf und verbringt den ganzen Tag auf dem Wurmberg, abends geht er mit Bärbel tanzen. Auf dem Heimweg plaudern die beiden über alles Mögliche und Stephan fühlt sich von ihr angetan. Sonntag lernt er beim Bezahlen die freundliche Mutter kennen, doch mehr bewegt ihn, dass Bärbel ihn aus ihren blauen Augen herzlich anschaut. Er möchte ihre Hand am liebsten gar nicht wieder loslassen. Auf der Heimfahrt geht sie ihm nicht aus dem Sinn. Montag schreibt er ihr einen Brief, über den er lange nachdenkt:

Hamburg, den 17. 1. 2011, Liebe Bärbel,

ich möchte mich bei Ihnen und Ihrer Mutter noch einmal herzlich bedanken für die freundliche Aufnahme in Ihrem Haus, aber vor allem für den netten Tanzabend mit Ihnen. Es war mein erster Tanz seit über einem Jahr, weil ich wegen einer schweren Enttäuschung so lange kein Mädchen in den Arm nehmen mochte. Bei Ihnen war das nun ganz einfach und wunderschön. Und weil das so ist, möchte ich die Verbindung mit Ihnen gerne aufrechterhalten. Dafür muss ich allerdings etwas mehr über Sie wissen, bitte entschuldigen Sie meine aufdringliche Neugier.

Sie sind zwar mit mir tanzen gegangen, aber ich weiß nicht, ob Sie irgendwie gebunden sind und ob Sie den Kontakt mit mir überhaupt wollen. Schenken Sie mir doch bitte irgendwann Klarheit, ganz egal, wie sie ausfällt.

Herzliche Grüße, auch an Ihre Mutter, Stephan

Braunlage, den 12. 2. 2011, Lieber Stephan!

Entschuldigen Sie bitte, dass ich Ihren Brief erst jetzt beantworte. Aber wir sind mitten in der Saison und da habe ich immer wenig Zeit. Und ich musste mir auch erst darüber klar werden, ob ich Ihre Fragen überhaupt beantworten will. Doch ich meine, dass sie ein Recht darauf haben:

Nein, ich bin nicht gebunden und ja, ich habe mich über Ihren Brief gefreut und möchte den Kontakt aufrechterhalten. Puh, das ist mir schwergefallen, denn ich öffne mich nur ungern. Nehmen Sie es als Zeichen, dass ich Sie mag.

Zu Ihrer erwähnten Enttäuschung meine ich, Sie sollten sich nicht unnötig mit Dingen quälen, die nicht mehr zu ändern sind, und letzten Endes habe ich auch schon meine Enttäuschungen gehabt. Das Leben muss weiter gehen und vielleicht können wir ja irgendwann darüber sprechen.

Ich würde mich freuen, wenn Sie uns mal wieder aufsuchen und sende Ihnen erst mal herzliche Grüße, Ihre Bärbel

Hamburg, den 14. 2. 2011, Liebe Bärbel,

haben Sie herzlichen Dank für Ihren freundlichen Brief, den ich schon sehnsüchtig erwartet habe. Dass Sie mich mögen und mit mir in Kontakt bleiben wollen, ist eine wundervolle Verheißung für mich. In Bezug auf die Enttäuschung nehme ich gerne Ihren Vorschlag an, mal darüber zu sprechen. Sie wären die erste, mit der ich das könnte.

Ihre Einladung nehme ich gerne an. Ich werde am 4. 3. um 13 Uhr bei Ihnen sein. Wenn es Ihnen passt, wäre es herrlich.

Ich grüße Sie ganz herzlich, Ihr Stephan

Der Lausebengel

Als Amor in den goldnen Zeiten

verliebt in Schäferlustbarkeiten

auf bunten Blumenwiesen lief,

da stach den kleinsten von den Göttern

ein Bienchen, das in Rosenblättern,

wo es sonst Honig holte, schlief.

Durch diesen Stich ward Amor klüger;

der unerschöpfliche Betrüger

sann einer neuen Kriegslist nach:

Er lauscht in Rosen und Violen,

und kam ein Mädchen, sie zu holen,

flog er als Bien’ heraus und stach.

Gotthold Ephraim Lessing

Braunlage, den 26. 2. 2011, Lieber Stephan!

Herzlichen Dank für Ihren Brief und das schöne Gedicht. Leider musste ich Sie wieder lange warten lassen, Wir hatten mit vielen Gästen allerlei um die Ohren. Aber jetzt schmilzt der Schnee und die Gäste werden weniger.

Jetzt freue ich mich ebenso wie Sie auf Ihren Besuch und hoffe nur, genügend Zeit für Sie zu haben. Dann können wir vielleicht etwas persönlicher miteinander reden als beim letzten Mal, wo wir nach jedem Tanz außer Atem waren. Aber eines will ich gleich noch sagen: Ich bin glücklich, dass ich Ihnen etwas bedeuten kann, dass Sie wieder froh werden. Sie bedeuten mir auch schon ein bisschen mehr als andere Männer.

Ganz herzliche Grüße, Ihre Bärbel

Am Freitag ist Stephan wieder in Braunlage. Bärbel öffnet und sieht ihm beim Händedruck liebevoll in die Augen. Sie hat etwas zu essen vorbereitet und sich den Nachmittag frei genommen. Da kaum noch Schnee liegt, lädt sie Stephan zu einem Spaziergang ein und sie wandern lange durch den aufblühenden Wald. Beim Abendessen schlägt die Mutter den beiden vor, morgen Goslar anzusehen, sie würde Bärbel den Wagen leihen.

Fast den ganzen Samstag verbringen sie in der alten Kaiserstadt. Sie sehen die romanische Kaiserpfalz, das Gildehaus Kaiserworth, in dem heute ein Hotel ist, und besuchen das Museum mit dem Krodoaltar des ehemaligen Domes. Stephan ist begeistert, er kennt Goslar noch gar nicht. Abends gehen sie wieder tanzen. Nachdem sie schon eine Weile das Tanzbein geschwungen haben, küsst Stephan bei einem Slowfox Bärbel auf die Stirn. Sie schaut ihn erstaunt an, da entschuldigt er sich leise. Doch auf dem Heimweg hakt Bärbel sich bei ihm ein, bis sie ihm vor seinem Zimmer eine gute Nacht wünscht.

Sonntag muss Stephan los. Als er bezahlen will, winkt die Mutter ab, er sei Bärbels Gast gewesen. Schnell tauschen die beiden noch ihre Mailadressen aus. An der Haltestelle drückt Bärbel ihm einen Kuss auf die Wange und sagt: „Du bist ein feiner Kerl“, dann winkt sie ihm lange nach. Stephan ist verwirrt. Beim Tanzen wollte sie sich nicht küssen lassen und jetzt tut sie es selber und duzt ihn. „Versteh‘ einer die Frauen“, denkt er und mailt ihr gleich am nächsten Tag:

7 3. 2011, Liebe Bärbel,

es war wieder sehr schön bei Ihnen (Dir?) Nach Ihrem Abschiedsgruß an der Haltestelle nehme ich an, dass wir das steife „Sie“ verlassen können. Ich danke Dir dafür und auch für die schönen Tage bei Euch, ich habe mich sehr wohl gefühlt. Um ehrlich zu sein, muss ich sagen, dass ich mich dabei mächtig in Dich verliebt habe und hoffe, es möge Dir ein kleines bisschen ebenso gegangen sein. Ich möchte Dich gerne immer besser kennen lernen und bin auch bereit, mich Dir ganz zu öffnen, damit wir vielleicht irgendwann mit viel Geduld den Mut zu einem gemeinsamen Leben finden.

Entschuldige bitte, ich schreibe einfach „gemeinsames Leben“ und weiß gar nicht, ob Du überhaupt dazu bereit bist. Wenn nicht, werde ich Dich trotzdem insgeheim lieben, denn mir ist am Wochenende deutlich klar geworden, was für ein wertvoller Mensch Du bist. Sicherlich müssen wir uns noch viel besser kennen lernen, auch mit dem, was gewesen ist. Das tun wir durch unsere Briefe und Mails, aber es ist auch nötig, dass wir uns immer wieder sehen. Wenn es Dir recht ist, würde ich gerne am Gründonnerstag zu Euch kommen und bis Montag bleiben. Denk‘ doch bitte nach, ob es über Ostern passt. Falls Ihr kein Zimmer frei habt, gehe ich in die Jugendherberge.

Ich grüße Dich ganz herzlich, Dein Stephan

Um den Garten ist ein Zaun,

übern Zaun zwei Äuglein schaun.

Sie schaut her und ich schau hin,

ach wie wird mir da zu Sinn!

Um den Garten ist ein Zaun,

übern Zaun zwei Äuglein schaun.

Ich schau hin und sie schaut her,

wenn ich nur im Garten wär’!

Um den Garten ist ein Zaun,

übern Zaun zwei Äuglein schaun.

Sie schaut her und ich schau hin,

schwupps! – heidi, nun bin ich drin!

Demetrius Schrutz

13. 3. 2011, Mein lieber Stephan!

Weißt Du, dass Du ein Dummerle bist? Oder habe ich mich so unklar gezeigt, dass Du nicht gemerkt hast, was ich für Dich empfinde? Du bedeutest mir sehr viel und ich bin dankbar, dass ich Dich kennen gelernt habe. Durch Dich habe ich erst einen Anstoß bekommen, über mein Leben nachzudenken.

Du schreibst vom „miteinander leben“. Sicherlich kennen wir uns noch nicht lange genug, um uns jetzt schon endgültig zu entscheiden. Aber ich denke, wir sind auf dem besten Weg und deshalb freue ich mich wieder auf Deinen Besuch zu Ostern. Es ist ganz klar, dass Du bei uns wohnst, ich gebe Dir mein Zimmer und schlafe bei meiner Mutter.

Hier grünt und blüht schon alles. Zu Ostern werden wir die herrliche Natur genießen können und ich freue mich darauf, das gemeinsam mit Dir zu tun. Tanzen sollten wir auch wieder, ich habe es mit Dir immer genossen.

Nun sende ich Dir ganz herzliche Grüße, Deine Bärbel

In den fünf Wochen bis Ostern gehen viele Mails zwischen den beiden hin und her, in denen sie sich immer vertrauter werden. Als Stephan am Gründonnerstag in Braunlage ankommt, erwartet Bärbel ihn an der Haltestelle, umarmt ihn und drückte ihm einen leichten Kuss auf die Lippen. „Herzlich willkommen für vier gemeinsame Tage“, sagt sie. Wegen der Gäste hat sie ihm ihr Zimmer überlassen. Nach dem Essen ziehen die beiden durch den aufblühenden Wald. Im Unterholz blühen Christrosen und Märzenbecher und in den Bäumen singen viele Vögel, sie fühlen sich richtig ergriffen von dieser schönen Natur. Als Bärbel ihn liebevoll anschaut, nimmt Stephan sie in die Arme und küsst ihren süßen Mund. Lange schon hat er sich danach gesehnt, und ihn freut, dass sie es auch genießt. Er ist glücklich, Bärbel hat ihm gezeigt, dass sie seine Liebe erwidert.

Abends gehen sie wieder tanzen und dabei wagt Stephan, Bärbel eng an sich zu drücken und zu küssen, was sie gerne zulässt. Für den Heimweg brauchen sie lange, weil sie sich immer wieder küssen.

Karfreitag überlegen die beiden, was sie tun sollten. „Wandert nach St. Andreasberg“, schlägt die Mutter vor, „es geht 10 Kilometer durch den Wald und der Ort ist hübsch.“ Bärbel macht schnell ein paar Schnitten, dann ziehen sie los. Auf dem Weg bleiben sie immer wieder stehen, um sich zu küssen, aber auch, um schöne Bäume und Blumen anzusehen und den Vögeln zu lauschen. Nach zwei Stunden schlägt Bärbel eine Rast vor. Als sie die mitgenommenen Schnitten und Äpfel verzehrt haben, legen sie sich auf den Waldboden und küssen sich lange und innig. Bärbel fühlt die Erregung des Freundes und lacht: „Ihr Männer seid doch alle gleich, schon beim bisschen Küssen bekommt ihr einen Ständer“, und streicht über seine Leistenbeuge. „Das kommt ganz von selber“, erklärt Stephan, „und wenn du so weiter machst, kann noch mehr passieren.“ „Ich weiß“, antwortet sie, immer noch lachend. „Woher?“, will Stephan wissen. „Aus einer Erfahrung, über die ich jetzt noch nicht reden will.“ Stephan will sie jetzt auch näher fühlen und streichelt ihre Brust über der Bluse, doch sie meint, sie sollten lieber weitergehen.

Eine halbe Stunde später erreichen sie St. Andreasberg, schauen den Ort an und essen in einer kleinen Gaststätte. Auf dem Rückweg bleiben sie an jeder Ecke stehen und küssen sich. Schließlich traut Stephan sich zu einer Frage, die ihm schon lange auf der Seele liegt: „Ich glaube, du liebst mich schon ein bisschen und mir geht es ebenso. Kannst du dir vorstellen, dass wir zusammenbleiben?“ Bärbel atmet tief, bevor sie antwortet: „Ich habe dir ja schon geschrieben, was du mir bedeutest und dass wir auf dem Weg zueinander sind. Ich liebe dich wirklich und kann mir ein gemeinsames Leben mit dir gut vorstellen. Dann müssen wir allerdings Vertrauen zueinander haben und uns dieses gemeinsame Leben ernsthaft versprechen.“ „Das will ich gerne tun“, antwortet Stephan und küsst die Freundin herzlich.

Nach dem Abendessen fragt die Mutter Stephan nach seinen Lebensumständen, sie will wohl wissen, mit wem sich ihre Tochter einlässt. Freimütig erzählt er, dass seine Eltern geschieden sind und er bei seinem Vater lebt. Nach dem Abitur hat er als Zivi beim THW gearbeitet und studiert jetzt Ingenieurwesen im vierten Semester. Das genügt der Mutter, sie freut sich, dass Bärbel ihn kennengelernt hat.

Samstag sagt Bärbel: „Du hast mir noch gar nichts von deiner Enttäuschung erzählt.“ „Das hatte ich gerade vor und eigentlich ist es ganz einfach“, entgegnet Stephan. „Mit 19 habe ich mich in ein Mädchen verliebt und glaubte, sie liebe mich auch. Wir sind uns ganz nahe gekommen und waren uns einig, dass wir zusammen gehören und uns verloben wollten. Kurz vor dem Termin schickte sie mir eine SMS, sie habe sich anders entschieden und ich solle sie nicht mehr kontaktieren. Natürlich rief ich sie an, aber sie nahm kein Gespräch an. Ich ging zu ihr, da sah ich sie mit einem älteren Mann aus dem Haus kommen. Du kannst dir vorstellen, dass ich eine Weile brauchte, um diesen Schlag zu verdauen. Erst du hast mir wieder Freude zur Liebe gegeben.“ Bärbel schweigt eine Weile, dann küsst sie den Freund herzlich. „Ich will dir helfen, drüber weg zu kommen“, sagt sie. Abends gehen sie wieder tanzen und würden am liebsten gar nicht nach Hause gehen.

Am Ostersonntag schlägt Bärbel einen Kirchgang vor und Stephan kommt gerne mit. „Ich weiß gar nicht, wie du zum Glauben stehst“, sagt sie auf dem Rückweg. „Nun, ich bin evangelisch getauft und konfirmiert und gehe Weihnachten zum Gottesdienst“, antwortet er. „Das ist etwas wenig“, meint Bärbel, „ich finde es aber gut, dass du mitkommst. Vielleicht kann ich dir helfen, deinen Glauben etwas zu aktivieren.“ „Das wäre sicherlich gut“, antwortet Stephan.