EVA STURM ermittelt auf Langeoog - Bundle X - Moa Graven - E-Book

EVA STURM ermittelt auf Langeoog - Bundle X E-Book

Moa Graven

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Beschreibung

Gehen Sie wieder mit EVA STURM auf Verbrecherjagd. In diesem Sammelband enthalten sind die Fälle 28 - 29 EVA STURM Es geschah am Sonntag - Band 28 Alle freuen sich in Esens auf das Herbstfest. Auch Ulla Hahnekamp geht mit ihren Kindern Marko und Britt dorthin. Sie amüsieren sich und die Kinder haben Spaß auf der Hüpfburg. Dann geht der zwölfjährige Marko mit seiner vierjährigen Schwester alleine zum Eisstand. Als er bezahlt hat und sich wieder zu ihr umdreht, ist Britt spurlos verschwunden. Eva nimmt die Ermittlungen auf, denn Levke, die eigentlich in Wittmund arbeitet, genießt ihren Urlaub auf Madeira. EVA STURM Vergiss mein nicht - Band 29 Eva hat es nicht leicht in diesen Tagen. Lombard kehrt nicht von seinem Einsatz für Ärzte ohne Grenzen zurück und sie ist voller Sorge. Ablenkung bietet ihr allein Lina Strauß. Eine junge Frau, die eine Trauergruppe im Raum Wittmund leitet und sich über die Häufung plötzlicher Herztode bei Männern in den mittleren Jahren wundert. Nur halbherzig nimmt Eva die Ermittlungen schließlich auf und verfolgt bald einen Serientäter. EVA STURM Ein ganzes Frauenleben in spannenden Ostfrieslandkrimis erzählt!

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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EVA STURM Es geschah am Sonntag
Zum Inhalt
Herbstfest
Der schöne Inselsommer
Der Sonntag
Am nächsten Tag
Marko
Schlechte Nachrichten
Die Nachbarinnen
Gefesselt
Eva hat so ihre Zweifel
Die dunkelsten Stunden
Die Befreiung
In der Dienststelle
Mein Brief an Sie, liebe Leserin und lieber Leser,
Blumenkohl mal anders
LESEPROBE
EVA STURM vergiss mein nicht
Zum Inhalt
Ratlos
In der Bäckerei
Bittner
Die Beisetzung
In Wittmund
Auf Langeoog
In Wittmund
Die Untersuchung
Die Witwen
Bei Bittner
In Bremen
Zurück zur Routine
In der Dienststelle
Lina Strauß
Bei Bittner
Friederika
Die Mauer des Schweigens
In der Dienststelle
Aufräumen
Der Tag der Wahrheit
Einige Wochen später
Mein Brief an Sie, liebe Leserin und lieber Leser,
Spaghetti mit Aubergine-Gemüse-Pfanne
Zur Autorin
Die Reihe mit Eva Sturm auf Langeoog
Die Krimi-Reihen von Moa Graven im Überblick
LESEPROBE
Vielen Dank für Ihr Interesse an meinen Krimis!

EVA STURM

Sammelband X

 

Mit den Fällen 28 – 29

 

EVA STURM Es Geschah am Sonntag

EVA STURM vergiss mein nicht

 

Ostfrieslandkrimis

von Moa Graven

Moa Graven ist Ostfriesin und schreibt seit 2013 Krimis. Erst mit fünfzig hat sie die Leidenschaft für das subtile Verbrechen auch für sich entdeckt, als sie einen Fortsetzungskrimi für ein Monatsmagazin schrieb. Seit 2017 lebt die Autorin vom Schreiben und eröffnete ein Krimihaus in Rhauderfehn, wo man sie auch besuchen kann.

EVA STURM Es geschah am Sonntag

 

Impressum

Eva Sturm – Es geschah am Sonntag -

Aus der Reihe Eva Sturm ermittelt Band 28

Ostfrieslandkrimi von Moa Graven

Alle Rechte am Werk liegen bei der Autorin

Erschienen im Criminal-kick-Verlag Ostfriesland

3. Südwieke 128a – 26817 Rhauderfehn

September 2023

ISBN  9798365867802 (Taschenbuchausgabe)

Umschlaggestaltung: Moa Graven

Zum Inhalt

Es geschah am Sonntag - Eva Sturm ermittelt in ihrem 28. Fall auf Langeoog

 

Alle freuen sich in Esens auf das Herbstfest. Auch Ulla Hahnekamp geht mit ihren Kindern Marko und Britt dorthin. Sie amüsieren sich und die Kinder haben Spaß auf der Hüpfburg. Dann geht der zwölfjährige Marko mit seiner vierjährigen Schwester alleine zum Eisstand. Als er bezahlt hat und sich wieder zu ihr umdreht, ist Britt spurlos verschwunden. Eva nimmt die Ermittlungen auf, denn Levke, die eigentlich in Wittmund arbeitet, genießt ihren Urlaub auf Madeira.

 

Zur Person Eva Sturm

Eva Sturm ist bereits Ende vierzig, als sie von Braunschweig von ihrem Chef nach Langeoog versetzt wird. Sie selber fühlt sich abgeschoben und weiß nicht so recht, was sie auf so einer kleinen Insel machen soll. Sie ist ledig, war auch noch nie verheiratet, hat keine Kinder und lebt eher für sich und freundet sich nur mit Jürgen von der Touristinfo an, weil dieser nicht lockerlässt. Er hat vom ersten Tag an ein Auge auf sie geworfen. Doch Eva hat noch andere Sorgen. Sie plagen die Geister der Vergangenheit. Sie wurde als kleines Kind von ihrer Mutter weggegeben und wuchs in Pflegefamilien auf. Das hat sie geprägt. Deshalb findet sie nur schlecht Vertrauen zu anderen. Ihre Fälle löst sie auf ihre ganz eigene Art. Ziemlich unkonventionell und überhaupt nicht nach Polizeilehrbuch!

Dinge sind manchmal nicht,

was sie zu sein scheinen.

Und doch glauben wir nur allzu gerne.

 

 

Moa Graven

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

damit Sie immer über meine neuesten Krimis informiert sind, melden Sie sich gerne für meinen Newsletter an! Folgen Sie mir dazu einfach auf meiner Homepage www.moa-graven.de wo Sie sich für den Newsletter eintragen können.

Und nun wünsche ich Ihnen viel Vergnügen mit

EVA STURM Es geschah am Sonntag

 

Herzlichst

 

Moa Graven aus dem Krimihaus

Herbstfest

Darauf freuten sich alle Anwohner in Esens, das Herbstfest in der Straße Krummer Barkel. Schon seit Wochen liefen die Vorbereitungen dafür mit gemeinsamen Abenden der Vorbesprechung und des Bastelns, um die Vorgärten festlich zu schmücken. Dreißig Familien waren dabei unter einen Hut zu bringen. Und auch einige Feriengäste in den Unterkünften hatten sich spontan bereiterklärt, bei dieser schönen Tradition in Ostfriesland mitzumachen.

Ulla Hahnekamp war an diesem Vormittag mit ihrer kleinen Tochter Britt im Einkaufscenter unterwegs, um rotes und gelbes Schleifenband zu besorgen. Am Abend würden wieder einige Frauen zu ihr ins Haus kommen, um daraus weitere Dekorationen für das Fest zu zaubern. Als sie in der Bastelecke suchte, fand sie allerdings nur grünes und blaues Schleifenband. Deshalb fragte sie eine Mitarbeiterin um Rat. Diese bescheinigte ihr, dass es leider kein anderes Schleifenband im Angebot mehr gebe. Leider, bedauerte sie noch einmal. Denn sie kannte Ulla und wusste, dass diese Stammkundin war. Diese wollte man natürlich immer zufriedenstellen. Deshalb bot sie an, in einer anderen Filiale nachzufragen, ob dort das gewünschte Schleifenband vorrätig wäre. Doch Ulla lehnte ab. So viel Mühe musste man sich wegen ihr dann doch nicht machen. Sie kaufte einfach grünes und blaues Band ein. Das sähe sicher auch gut aus, meinte sie mit einem Augenzwinkern. Außerdem begann ihre Tochter Britt langsam in dem Einkaufswagen zu quengeln, weil es ihr wohl zu langweilig wurde. Sie war meistens ziemlich erledigt, wenn ihre Mutter sie aus der Krippe abholte. Deshalb bedankte Ulla sich noch einmal, legte das Band, das sie kaufen wollte in den Wagen und schob ihn dann weiter zur Abteilung mit den Süßigkeiten. Das funktionierte meistens ganz gut. Sofort hellte sich Britts Gesicht dann auch auf und sie entschied sich für einen roten großen Lolli, der die Form einer Sonne hatte. Ulla wickelte die Folie darum ab und reichte ihn ihrer Tochter. Nun brauchte sie nur noch etwas Gemüse für das Mittagessen und Milch für den nächsten Morgen beim Frühstück.

Sie sah ungeduldig auf ihre Armbanduhr, als sie an der Kasse anstand. Wegen des Schleifenbandes hatte sie ganz schön herumgetrödelt, stellte sie fest. In einer halben Stunde hatte Marko schulfrei. Bis er zuhause war, wollte sie eigentlich schon die Spaghetti mit Tomatensoße gekocht haben. Als sie endlich alles aufs Band gelegt hatte und wieder zu Britt sah, da schmierte diese gerade ihren Lolli durchs Haar. Das war sicher keine Absicht, sie war einfach nur müde geworden und rieb sich die Augen. Deshalb schimpfte Ulla auch nicht mit ihr, sondern nahm ihr nur vorsichtig den Lolli ab und zog ihn aus ihren Haaren. Anschließend wickelte sie wieder die Folie darum, die sie schon aufs Band gelegt hatte, damit diese Süßigkeit auch abgerechnet werden konnte.

„Wir sind gleich im Auto, meine Kleine“, sagte Ulla zu Britt, „dann kannst du endlich ein bisschen schlafen, okay?“

Das kleine Mädchen nickte und gähnte wieder.

Hinter ihnen machte sich eine andere Kundin bemerkbar, die die beiden wohl schon eine Weile beobachtet hatte. „Ich verstehe nicht, warum man immer die Kinder mit zum Einkaufen nehmen muss, unfassbar.“

Ulla sah sich stirnrunzelnd um. „Sprechen Sie etwa mit mir?“

„Allerdings“, erwiderte die Frau fortgeschrittenen Alters mit hochtoupierten Haaren und beigem Kostüm und bunt gemusterten Tuch.

„Sie haben wohl keine Kinder, so, wie Sie aussehen“, gab Ulla schnippisch zurück. „Und da kann die Welt sich wirklich freuen.“

„Das ist doch eine Unverschämtheit“, erwiderte die andere, „was man sich heutzutage alles bieten lassen muss.“

Daraufhin mischte sich eine weitere Kundin ein, die ebenfalls ein Kind an der Hand hielt. „Sie sollten sich schämen“, stieß sie aus, um Ulla zur Seite zu springen. „Wir leben doch nicht in einem kinderfeindlichen Land.“

„Schon gut“, winkte Ulla ab, „unsympathische Menschen hat es ja schon immer gegeben.“

„Allerdings“, erwiderte die junge Frau, die eine Kasse weiter anstand. Dann musste sie ihren Wagen weiterfahren, weil das Band sich in Bewegung setzte.

Die ältere Dame schüttelte den Kopf und sah in eine andere Richtung.

Auch Ulla konnte nun weitergehen und bald darauf bezahlen.

Hastig packte sie die Einkäufe in den Wagen, nachdem sie Britt in den Kindersitz im Fond des Wagens angeschnallt hatte.

 

Sie wusste nicht wie, aber Ulla hatte es tatsächlich geschafft, das Mittagessen auf den Tisch zu bringen, als Marko fröhlich ins Haus kam und seine Schultasche achtlos auf den Boden im Flur fallenließ.

„Du hängst deine Jacke aber bitte ordentlich auf“, rief Ulla aus der Küche heraus auf den Flur, weil sie wusste, dass es wichtig war, dass der Junge langsam lernte, wie man sich ordentlich benahm.

„Ja, Mama“, rief Marko zurück. Er nahm sogar noch seine Schultasche und stellte sie neben den Schrank im Flur.

Nun saßen sie alle drei am Tisch und Ulla tat jedem Spaghetti und Soße auf den Teller. Sie mochte diese Stunde, in denen Marko viel aus der Schule erzählte und Britt ihn dabei bewundernd ansah. Er war ihr großer Held. Und genauso benahm er sich auch im positiven Sinne. Wann immer Ulla jemanden für Britt zum Aufpassen brauchte, Marko war gerne bereit, sich um seine Schwester zu kümmern. Ulla wusste, dass das nicht in jedem Haushalt so war. Mit seinen zwölf Jahren hatte er bestimmt schon ganz andere Dinge im Kopf.

Anschließend räumte sie alleine ab, weil die Kinder auf ihre Zimmer gegangen waren. Marko begann dann meistens schon damit, seine Hausaufgaben zu machen. Das Rechnen machte ihm besonders viel Spaß. Nur den Deutschunterricht, den hätte er sich lieber erspart. Und heute musste er einen Aufsatz schreiben, hatte er beim Essen erzählt. Ein schönes Erlebnis mit der ganzen Familie war das Thema. Ulla hatte lachend gemeint, dass es da doch wohl etwas gebe, worüber er schreiben könnte. Zum Beispiel sein letzter Martinilauf mit Britt, wo sie am nächsten Tag Bauchschmerzen von der vielen Schokolade hatte. Er hatte die Augen verdreht und gemeint, dass er ganz sicher nicht über ein Babythema schreiben werde.

Als es endlich ruhiger im Haus wurde, gönnte Ulla sich eine Tasse Kaffee, mit der sie sich in den Wintergarten setzte. Um diese Zeit schien die Sonne immer so schön durch die großen Fenster. Ich habe großes Glück mit meiner kleinen Familie, dachte sie bei sich, als sie auch noch die Füße hochlegte. Wenn sie alle zusammenhielten, dann konnte ihnen niemand etwas anhaben. Auch nicht solche Nörglerinnen wie vorhin im Supermarkt. Ja, ein wenig schwirrte diese Person immer noch in ihrem Hinterkopf herum. Es war nicht einfach, mit einem kleinen müden Kind einzukaufen.

Der schöne Inselsommer

Ein wundervoller Sommer auf Langeoog war zu Ende gegangen. Viele Menschen hatten sich mit ihren Familien und Freunden eine schöne Auszeit auf der Insel gegönnt. Und auch Eva war in diesem Jahr über jeden Sonnentag am Strand oder auf dem Meer mit Lombard froh gewesen. Nun zeigte sich der warme Herbst in seinen schönsten Farben.

Eva saß in ihrer Wohnung und ließ die schönen Momente Revue passieren. Lombard hatte sich kein neues Schiff gekauft, auch die Praxis lief noch unter seinem Namen sowie ebenso sein Haus in Bremen. All die vielen Träume, die er von einem Leben auf dem Meer gehabt hatte, sie waren ebenso verflogen wie ein Schmetterling im Wind. Man hatte ihn wieder gebraucht in Krisengebieten. Vor einer Woche war er für Ärzte ohne Grenzen in eine ungewisse Zukunft aufgebrochen. So jedenfalls empfand es Eva, wenn er ging. Sie wusste nicht viel über die Menschen in der Dritten Welt. Dafür reiste sie viel zu selten. Es trieb sie auch nirgendwo anders hin. Sie war ein klassischer Ankertyp, hatte Lombard einmal mit einem Schmunzeln gesagt. Dort, wo sie anlegte, da blieb sie einfach stehen. Sie nahm es ihm nicht übel, dass er sie belächelte. Im Grunde hatte er ja recht damit. Sie war kein Globetrotter. Koffer packen nervte sie eher. Sie hätte kein Problem damit gehabt, einfach woanders hinzuziehen. Aber ständige Ortswechsel behagten ihr nicht. Da bin ich vielleicht eher wie eine Katze, hatte sie erwidert und dabei an Holly gedacht.

In ein paar Tagen würde sie es trotzdem machen müssen, ein paar Sachen zusammenpacken und für eine kurze Zeit in Wittmund in einem Ferienhaus wohnen. Levke nahm ihren ersten Urlaub als Dienststellenleiterin und man hatte Eva gebeten, sie zu vertreten. Wäre Lombard noch da, so hätten sie vermutlich wieder die Lösung mit seinem Boot gewählt und er hätte so lange vor Bensersiel gelegen, so dass sie jeden Morgen zur Dienststelle hätte fahren können. Doch nun blieb ihr nur ein Hotel oder eben eine Ferienwohnung. In Hotels fühlte sie sich immer beobachtet und außerdem mochte sie es nicht, wenn ständig jemand ihr Bett machte, als wäre sie ein kleines Kind.

Levke hatte ihr sogar angeboten, solange bei ihr in der Wohnung zu wohnen, da sie ja nach Madeira verreisen würde. Ja, Levke war auch so eine Nichtsesshafte, dachte Eva amüsiert. Immer schwärmte sie von großen Abenteuern rund um den Globus, die sie noch vor sich hatte. Auf der Mittelmeerinsel wollte sie einen Aktivurlaub machen und die Gegend mit anderen Reisenden zu Fuß erkunden.

Tja, da legte Eva lieber die Füße hoch, anstatt sich solchen Strapazen auszusetzen.

Die Sonne schien in ihr Zimmer und nun verspürte sie Lust, noch einmal am Strand spazieren zu gehen.

Kurz darauf lief sie die Barkhausenstraße entlang, erreichte das Haus der Insel und schließlich ging sie die Stufen nach oben zur Strandhalle, um dort noch einen Kaffee zu trinken. Sie fand noch einen freien Tisch im Außenbereich, von dem man aufs Meer sehen konnte. Man nahm freundlich ihre Bestellung auf und Eva tauchte in die Stimmen um sie herum ein in eine Welt, die sie mittlerweile für puren Luxus hielt. Erst, wenn man am Meer war, dann war man angekommen. Es ging nicht weiter, und man wollte auch nirgendwo anders hin. Das Wasser war etwas, das einen in Bewegung hielt, wenn man darauf sah. Die Wellen stiegen an und liefen am Strand aus. Wenn man nah genug heranging, dann spülten sie über die Füße hinweg, so, als griffen sie nach einem, um dann sofort wieder loszulassen. Diese feine Berührung der Füße durch das sanfte Wasser, die hatte Eva im Sommer lieben gelernt. Immer, wenn sie und Lombard den Strand erreicht hatten, hatte sie sofort ihre Schuhe ausgezogen und war ganz nah ans Wasser herangegangen.

Du erinnerst mich an ein Kind, hatte er gesagt, dass seine Zehen in den Sand bohrt. Sie hatte daraufhin gelächelt und ihm zugestimmt. Kinder sähen doch immer das Wesentliche, hingegen, niemand schien es zu verstehen, hatte sie erwidert.

Sie schloss kurz die Augen und stellte sich vor, Lombard säße nun neben ihr. Schweigsam würden sie die Aussicht und den Kaffee genießen. Seitdem sie ihn kannte, schien ihr die Wende ihres traurigen Schicksals nicht mehr gänzlich unmöglich zu sein. Er hatte ihren Weg gekreuzt, als sie auf ihre persönlich größte emotionale Katastrophe zugesteuert war. Wo sie heute ohne ihn wäre, seine Unterstützung und seine Liebe, sie wusste es einfach nicht.

„Dürfte ich mich vielleicht kurz zu Ihnen setzen?“, fragte eine Stimme, die ganz in ihrer Nähe war. Deshalb öffnete Eva die Augen wieder. Sie sah in das Gesicht eines Mannes, den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Sie musste ziemlich böse geguckt haben, denn er sagte: „Tut mir leid, ich wollte Sie wirklich nicht belästigen.“

„Wie? Schon gut, nehmen Sie gerne Platz“, sagte sie schnell. Um sie herum waren alle Tische besetzt und da war es wirklich schon etwas unverschämt von ihr, gleich vier Plätz für sich in Beschlag zu nehmen.

„Danke, aber ich dachte nur, es wäre vielleicht unpassend.“

„Aber nicht doch.“ Sie lächelte jetzt und dachte, hoffentlich erzählt er mir gleich nicht seine ganze Lebensgeschichte. Er sah aus wie ein Mann, der seine Frau verloren hatte, dessen Kinder aus dem Haus waren und der gerade seinen Ruhestand angetreten hatte und nichts mehr mit sich anzufangen wusste. Hoffentlich sehe ich nicht auch so aus, ging es ihr durch den Sinn. Aber nein, dafür war sie dann doch noch zu jung. Oder suchte er eine Frauenbekanntschaft. Dann musste sie gleich für klare Verhältnisse sorgen. Eine Bedienung kam aufgrund des neuen Gastes wieder an ihren Tisch. Er bestellte sich einen Salat und ein Alster, Eva nahm noch einen Weißwein. Das machte ihre Pläne, ein wenig am Strand spazieren zu gehen, jetzt wohl völlig zunichte.

„Machen Sie hier auch Urlaub?“, fragte er, als sie wieder unter sich waren.

„Das könnte man annehmen“, erwiderte sie, „aber nein, ich bin beruflich auf der Insel.“

„Oh, das kling ja interessant. Schöner kann man sich einen Arbeitsplatz wohl kaum vorstellen.“

Sie nickte. Eigentlich wollte sie ihm nun nicht sagen, dass sie von der Polizei war. Sowas schreckte manche ab und außerdem ging es ihn auch gar nichts an. Deshalb sah sie wieder stur zum Meer hinaus.

„Also, ich habe mir mal eine kleine Auszeit gegönnt“, fuhr er unbeirrt fort, ihre kleinen Warnsignale völlig ignorierend. „Ich komme aus Bochum. Da ist immer viel Chaos und Lärm.“

Jetzt müsste ich wohl fragen, was er in Bochum macht, ärgerte sich Eva. Doch sie wollte es im Grunde gar nicht wissen. Die Bestellungen wurden an den Tisch gebracht und verschafften ihr noch ein paar Minuten, um sich eine Strategie zu überlegen, wie sie schnell von hier verschwinden konnte. Zunächst zahlte sie direkt, als sie ihren Wein entgegennahm. Sollte er doch denken, was er wollte. Aber sie würde keine Stunde mehr mit ihm hier herumplaudern, nur, weil er einsam war.

Er begann damit, seinen Salat zu essen. Hin und wieder nippte er an seinem Alster. Es schien, als hätte er nun doch verstanden, dass sie ihre Ruhe haben wollte.

Das wiederum war Eva peinlich, weil sie durchschaut worden war. Sie benahm sich zickig. Hatte Levke das nicht auch gesagt, als sie zusammen ermittelt hatten. Dabei wollte sie gar nicht abweisend sein. Sie wusste auch nicht, was manchmal mit ihr los war. Deshalb wandte sie sich ihm nun zu.

„Was machen Sie denn in Bochum, ich meine beruflich?“, fragte sie deshalb und griff nach ihrem Weinglas.

Fast erschrocken sah er sie an, weil sie wieder mit ihm sprach. „Oh, ich bin bei der Deutschen Post beschäftigt. Im Innendienst.“

„Das klingt doch ...“. Sie wusste nicht, ob sie wirklich spannend sagen sollte.

„Ja, ich weiß, hört sich langweilig an“, half er nach und musste lachen. „Aber man hat seinen geregelten Arbeitstag und sein Einkommen. Was will man mehr.“

„Verzeihen Sie, wenn ich das frage“, meinte Eva, „aber bei so einem eher ruhigen Job, wie ich annehme, braucht man da wirklich noch mehr Ruhe auf einer ostfriesischen Insel?“

Nun lachte er wieder. „Sie sind wirklich sehr charmant, wenn es darum geht, jemandem zu sagen, dass er eigentlich ein ziemlicher Trottel ist.“

Sie sah ihn entgeistert an. Hatte er das gerade wirklich gesagt. Eigentlich wollte sie ihn nur ein wenig auf den Arm nehmen. „Also, das habe ich so aber nicht gesagt“, hielt sie seiner Feststellung entgegen.

„Was habe ich da nur wieder angestellt“, sagte er und schüttelte den Kopf, „da hatte ich einfach nur vor, eine nette Unterhaltung zu führen. Und prompt erwähne ich meinen Beruf, und schon war alles für die Katz.“

Der hat nicht alle Tassen im Schrank, dachte Eva. Sie war bereit, die ganze Sache hier jetzt zu beenden. Einige Gäste sahen schon verwundert zu ihnen herüber. Ihre Getränke hatte sie bezahlt und sie konnte insofern einfach gehen. Doch irgendetwas hielt sie zurück. Es war nicht ihre Art, jemanden zu verletzen, auch wenn es wirklich ungewollt geschehen war. Aber nicht jeder verstand Ironie. Leider.

„Hören Sie, ich weiß nicht genau, was ich falsch gemacht habe. Aber ich wollte sie wirklich nicht beleidigen.“

Er schob seinen Salatteller beiseite. „Ach, vergessen Sie es einfach.“

Ja, das werde ich, dachte sie und wurde langsam wütend. Sie schuldete diesem Mann mit schlechten Manieren gar nichts. Deshalb erhob sie sich nun, ohne sich noch einmal nach ihm umzusehen. Jetzt brauchte sie wirklich dringend den Spaziergang am Strand, um diese unschöne Situation zu vergessen.

Der Sonntag

Endlich war es soweit, das Herbstfest konnte gefeiert werden. Marko und Britt waren schon gegen halb sieben auf den Beinen und holten Ulla an ihrem Arm ziehend aus dem Bett.

„Ach Kinder“, maulte sie, „es ist doch noch viel zu früh. Das Fest beginnt doch erst um elf Uhr.“ Sie warf einen Blick rüber zu ihrem Mann. Doch Martin schlief wie ein Murmeltier. Selbst das Stimmengewirr an seinem Bett konnte ihn nicht wecken. Darum beneidete sie ihn. Sie wurde schon bei dem kleinsten Geräusch im Haus wach. Sie hatte einen eher leichten Schlaf mit manchmal unschönen Träumen dazu. Vorsichtig schob sie ihre Bettdecke beiseite, um aufzustehen. Die Kinder würden sowieso keine Ruhe geben. Doch eigentlich brauchte Britt ihren Schlaf, wenn sie wirklich den ganzen Tag beim Herbstfest verbringen wollte. „Husch … husch“, machte sie und schob die beiden Kinder förmlich aus dem Schlafzimmer. Als sie an der Tür stand, sah sie noch einmal zu Martin. Er hatte auch jetzt nichts bemerkt. Sie schloss die Tür und ging ins Badezimmer, um sich fertig zu machen.

Als sie wieder herauskam, hörte sie die Kinder unten in der Küche hantieren. Sie deckten den Tisch. Das fand sie rührend. Ihre Kleinen. Sie konnte sich ein Leben ohne sie überhaupt nicht mehr vorstellen. Gut gelaunt stieg sie die Stufen nach unten. Als sie in die Küche sah, befüllte Marko gerade die Kaffeemaschine und Britt tat sich Cornflakes auf ihren Teller. Nun war es schon kurz nach sieben. Bestimmt würden sich die Kinder nach dem Frühstück wieder ins Bett legen.

Tja und ich, dachte Ulla, ich werde dann wohl bügeln. Irgendwie musste sie die Zeit bis zum Beginn des Herbstfestes überbrücken.

Als sie aßen, überschlugen die Kinder sich mit ihrer Vorfreude auf das Fest. Sie hatten von Nachbarn gehört, dass es dieses Mal auch eine Hüpfburg geben sollte. Britt klatschte in die Hände vor Freude. Wir sind eine wirklich glückliche Familie, dachte Ulla. Martin hatte einen gut bezahlten Job, so dass sie sich ein Eigenheim leisten konnten. Und sie blieb gerne zuhause und kümmerte sich darum, dass es allen gut ging und es ihnen an nichts fehlte. Marko war gut in der Schule bis auf den Deutschunterricht. Doch sicherlich würde er ein Handwerker werden wie sein Vater. Schon jetzt bastelte er gerne in der Garage an Motoren herum. Kürzlich hatte er einen Rasenmäher eines Nachbarn repariert. Darauf war Martin besonders stolz gewesen. Aber Britt soll nicht werden wie ich, dachte Ulla, als sie sah, wie das kleine Mädchen sich die Augen rieb. Sie soll selbständig sein und einen guten Beruf erlernen. Das war wichtig für eine Frau. Denn das war etwas, was Ulla bedauerte, sie war viel zu früh schwanger geworden und hatte ihre Ausbildung deshalb abbrechen müssen.

„Mama“, quengelte Britt, „kann ich ins Bett gehen?“

„Aber natürlich mein Schatz“, sagte Ulla und strich ihr eine Strähne ihrer schönen blonden Locken aus dem Gesicht. „Ich wecke dich, wenn das Herbstfest beginnt.“

Britt nickte und ihr kleines verschlafenes Gesicht lief rot an. Sie kletterte vom Stuhl und ging ohne weitere Worte nach oben auf ihr Zimmer.

„Möchtest du dich nicht auch noch kurz hinlegen?“, wandte sich Ulla nun an Marko. „Es sind noch fast drei Stunden, bis es losgeht.“

„Ich bin aber gar nicht müde“, erwiderte Marko, „vielleicht gehe ich nach draußen in die Garage.“

„Hm, aber mach bitte keinen Lärm am Sonntag. Du weißt, dass dann alle ausschlafen. Bis auf unsere Familie natürlich.“ Sie lachte und stupste ihn am Arm.

„Alles klar, ich werde leise sein“, sagte Marko. „Soll ich dir noch beim Abräumen helfen?“

„Ach nein, geh ruhig. Irgendetwas muss ich ja machen, bis es soweit ist.“

Marko stand vom Stuhl auf und stellte ihn ordentlich wieder zurück an den Tisch. Eigentlich war er schon ein kleiner Erwachsener dachte Ulla. Vielleicht war Martin doch ein bisschen zu streng mit seinen Erziehungsmethoden. Aber wenn er im Haus war, dann herrschte Ordnung, wie er immer sagte. Nun ja, es war sein Haus, dachte sie und beschloss, sich jetzt um den Haushalt und die Hemden zu kümmern, als Marko die Küche verlassen hatte.

 

Eva war in ihrer Ferienwohnung angekommen und machte erst einmal die Fenster auf. Das war es, was sie im Grunde vom Verreisen abhielt. Es roch immer nach anderen, die schon vor einem da gewesen waren. Aber es war nicht unsauber, stellte sie fest. Die Vermieter wohnten vorne im Haus. Sie hatten die Ferienwohnung in dem ehemaligen Stall einrichten lassen und deshalb hatte Eva hier wenigstens ihre Ruhe, weil sie nicht zur Straße lag.

Sie ging ins Schlafzimmer, um ihre Sachen auszupacken. Das meiste, was sie trug, wurde gar nicht aufgehängt, sondern nur in die Regale des Schrankes gelegt. Danach ließ sie sich auf das Bett fallen. Ein Boxspringbett. Eine Mode, die wohl aus Skandinavien herübergeschwappt war. Und ja, es stimmte schon, dass man darauf besonders weich lag. Und man lag höher als in den normalen Betten von früher. Vielleicht sollte ich mir auch so ein Bett anschaffen, dachte sie. Aber dann wiederum fragte sie sich, ob es sich überhaupt lohnte, wenn sie doch die ganze Zeit bei Lombard auf dem Boot war. Er hatte es für die Zeit, wo er wieder unterwegs war, von einer Werft abholen lassen, die es überholte. Und ja, auf seinem Boot gab es natürlich auch so ein richtig luxuriöses Bett.

Sie setzte sich wieder auf und betrachtete sich im Spiegel des Kleiderschranks. Was sollte sie bloß mit dem restlichen Tag anfangen, fragte sie sich. Gab es in Wittmund überhaupt ein nettes Restaurant, wo sie später etwas essen konnte. Vielleicht klingele ich nachher einfach mal vorne, dachte sie, und frage nach. Sicher hatten die Vermieter nichts dagegen, auch wenn Sonntag war.

Sie ging ins Bad, wo die Sonne hereinschien. Es war ein großer Raum mit Badewanne und zusätzlicher Dusche. Daran hatten sie wirklich nicht gespart. Ihr gefielen die Farben. Die Keramik war weiß, die Kacheln am Boden hatten einen Nougatton und die Wände waren mit feinem Muster in Grau versehen. Eva spielte mit dem Gedanken, sich in die Wanne zu legen. Das hatte sie schon lange nicht mehr gemacht. In ihrer Wohnung gab es keine und selbst auf dem Boot nicht. Es hielt sie nichts auf, und so drehte sie den Wasserhahn auf und gab ein wenig von dem Badeschaum, der auf einer Borte stand, in das hereinplätschernde Wasser. Sofort verbreitete sich ein angenehm blumiger Duft, als sich Schaum bildete. Eva fuhr mit der Hand durch das Wasser. Und irgendwie fühlte sie sich plötzlich wohl.

Während das Wasser lief, ging sie in die Küche und sah in den Kühlschrank. Und tatsächlich hatte man ihr eine Flasche Prosecco zur Begrüßung hineingestellt. Außerdem gab es Brot, Butter und Aufschnitt. Verhungern würde sie heute also nicht, selbst, wenn sie nicht mehr nach draußen ging. Gut gelaunt mit einem Glas Prosecco ging Eva zurück ins Bad. Die Wanne war bereits halb voll und so zog sie sich aus und stieg hinein. Ein wohliges Gefühl breitete sich in ihr aus. Es waren doch nur vierzehn Tage, dachte sie bei sich. Das werde ich schon überleben. Und hin und wieder würde sie auch mal auf die Insel rüberfahren. Schon alleine, weil sie die Kleidung austauschen musste.

 

Martin saß am Küchentisch und Ulla schenkte ihm einen Kaffee ein. Er nahm die Sonntagszeitung und schlug die Seite drei auf. Da stünden immer die wichtigsten Nachrichten hatte er ihr einmal erklärt, als sie ihn fragte, warum er nicht direkt von vorne mit der Zeitung anfinge.

„Die Kinder sind schon ganz aufgeregt“, sagte Ulla, „Marko kümmert sich gerade um Britt, weil sie sich immer wieder umzieht.“ Sie lachte.

„Hm“, machte Martin, „hier steht, dass man schon wieder mehr Geld für Flüchtlinge ausgeben will.“

„Sie haben es ja auch nicht leicht“, erwiderte Ulla, „sie haben ihr Zuhause verloren.“

„Das ist aber nicht meine Schuld.“

„Nein, natürlich nicht. Möchtest du noch einen Toast? Ich könnte dir einen mit Käse machen?“

Er sah von seiner Zeitung auf. „Ja, das hört sich gut an.“ Dann las er weiter.

Ulla schmierte den Toast und die Kinder kamen polternd die Treppe nach unten gelaufen. Britt sah aus wie ein kleiner Engel. Sie trug ihr weißes Sommerkleid mit der hellblauen Spitze. Ullas Herz machte einen Satz. Ich habe so ein Glück, dachte sie. Und Marko strahlte, weil er spürte, wie seine Mama sich freute.

„Martin“, sagte Ulla und er sah sie wieder an, „ich gehe jetzt mit den Kindern zum Herbstfest, zum Mittagessen sind wir natürlich wieder da.“

„Hm“, machte er, dann senkte sich sein Blick wieder.

„Kommt Kinder“, sagte Ulla und nahm Britt an die Hand. Sie gingen auf den Flur. Dort zog sie dem Mädchen die rote Jacke über, weil man ja nie wusste, wie das Wetter wurde. Dann verließen die drei in freudiger Erwartung das Haus.

Es waren schon viele Menschen unterwegs und begutachteten die vielen Tische beim Flohmarkt. Dort fand man ja immer etwas. Marko wollte mit Britt gleich mal zur Hüpfburg, um diese auszuprobieren. Und so ging Ulla mit den Kindern weiter. Sie grüßte hier und da eine Nachbarin, blieb bei manchem Stand stehen, weil sie die Verkäuferinnen gut kannte. Immer wieder drängelte Britt und zog an ihrem Arm, damit es endlich weiterging.

„Du siehst es ja“, sagte Ulla zu Hanna, die heute Waffeln für die Gäste buk. Der Erlös würde krebskranken Kindern zugutekommen und das sorgte schon jetzt für einen enormen Andrang.

„Wir sehen uns später noch“, erwiderte Hanna und gab schon wieder Teig in das Waffeleisen.

„Ich werde auf jeden Fall eine Waffel probieren“, ab Ulla zurück, dann wurde sie von ihren Kindern weitergezogen.

Es war schön, so ausgelassen zu sein. Ulla stand wie andere Eltern auch vor der Hüpfburg, während sich die Kinder amüsierten. Selbst Marko machte da noch mit, obwohl er im Grunde schon zu alt für so etwas war. Doch da er recht klein für sein Alter war und zierlich, fiel es niemandem weiter auf. Es war ein schöner sonniger Tag geworden, obwohl es am Abend zuvor in den Nachrichten noch eine Regenmeldung gegeben hatte für das Küstengebiet. Doch es traf ja nicht immer zu, was vorhergesagt wurde. Eine Nachbarin, mit der sich Ulla ganz gut verstand, gesellte sich zu ihr, als ihre beiden Töchter Anna und Lilly in die Hüpfburg kletterten.

„Da haben wir mit dem Wetter ja wirklich Glück“, sagte Ulla, „nicht auszudenken, wenn es regnen würde.“

„Nein, das wollen wir nicht hoffen“, gab Jenny zurück. „Es ist wieder ein wirklich schönes Herbstfest.“

„Ja, das finde ich auch. Die Kinder haben sich besonders darauf gefreut.“

„Und Martin? Ist er auch hier?“ Sie grinste.

„Nein, natürlich nicht“, lachte Ulla, „er hat mit sowas nichts am Hut. Naja, kann man ja auch verstehen, wo er in der Woche so eingespannt ist. Und am Montag geht es schon wieder los.“

„Geht meinem Thomas auch so. Aber mir ist es egal, ich werde den ganzen Tag mit Anna und Lilly hier auf dem Fest sein. Lass die Männer doch vor dem Fernseher hocken oder sonst was machen.“

Marko kam mit Britt wieder aus der Hüpfburg und so wurde das Gespräch zwischen den Frauen unterbrochen. „Wir haben Durst“, sagte Marko. Sein Gesicht war ganz rot angelaufen.

„Na, dann gucken wir mal, wo wir etwas bekommen“, sagte Ulla und nahm Britt wieder bei der Hand. „Wir sehen uns später“, rief sie Jenny zu. Diese winkte zurück und kümmerte sich dann wieder um ihre Töchter.

Ulla und die Kinder ergatterten einen freien Tisch bei einem Getränkewagen. Sie setzte sich mit Britt auf die Bank, während Marko eine Cola für sich, einen Orangensaft für Britt und ein Wasser für Ulla besorgte. Britt hing völlig erledigt in den Armen ihrer Mutter. Ulla strich ihr über die Stirn.

„Na, mein kleiner Schatz, schön müde?“

„Nein“, sagte Britt mit langgezogener Betonung auf dem – ei - , „ich habe nur Durst.“

„Marko holt dir ja schonen einen Saft. Aber wenn du müde wirst, dann musst du es sagen, mein Schatz, dann gehen wir kurz nach Hause.“

„Ja, Mama“, erwiderte das Mädchen artig.

Marko kam mit den Getränken an den Tisch. Britt sog gierig an ihrem Strohhalm. Ulla ließ ihren Blick über die Menge schweifen. Hätte sie Britt nicht gehabt, dann hätte sie heute auch einen Flohmarkt aufgebaut. Es gab so viele Sachen auf dem Dachboden, die eigentlich niemand mehr brauchte. Spielzeug von Marko, Kleidung von Britt und viele Bücher, die sie selber gelesen hatte, es aber bisher nicht übers Herz gebracht hatte, sie wegzugeben. Doch mittlerweile nervte es sie auch, dass sich oben im Haus alles stapelte und immer mehr ansammelte. Martin hatte schon oft gesagt, dass er am liebsten einen Container bestellen würde, bevor ihnen allen das Dach über dem Kopf zusammenbrechen würde von der ganzen Last. Nun, das war natürlich übertrieben, aber in gewisser Weise hatte er auch recht gehabt, wenn er ärgerlich klingend Karton um Karton in ihrem Auftrag nach oben geschleppt hatte. Sie konnte sich eben nur schwer von Dingen trennen, die zu ihrem Leben gehörten.

„Können wir jetzt ein Eis haben, Mama?“, fragte Marko, als er seine Cola ausgetrunken hatte.

„Na, ob das gut ist, so direkt auf die Cola“, gab Ulla zu bedenken.

„Ach, bitte Mama.“

Und wenn er sie so mit schräggelegtem Kopf wie ein bettelnder Hund ansah, dann konnte sie einfach nicht nein sagen.

„Na gut, wir gehen gleich weiter und gucken mal, wo wir ein Eis bekommen.“

„Au ja“, rief Britt aus, „ich will auch ein Eis.“

Ulla seufzte auf. Wie sollte sie die Kinder danach noch für das Mittagessen begeistern können. Bestimmt war Martin wieder sauer, wenn sie nur in ihrem Gemüse herumstocherten. Er fand, dass Kinder sich von Anfang an gesund ernähren sollten. Wenn er wüsste, dass sie ihnen gleich ein Eis erlaubte, dann würde er sicher einen entsprechenden Kommentar für sie haben. Aber er ist nicht hier, dachte sie, ich entscheide jetzt, was gut für die Kinder ist.

„Ich weiß, wo der Eisstand ist“, sagte Marko, „soll ich mit Britt rüber laufen, dann kannst du noch ein bisschen hier sitzenbleiben und dich ausruhen.“

Sie sah ihn verwundert an. Wirkte sie so erschöpft auf Marko. Wenn ja, dann musste sie dringend etwas ändern. Aber ja, es stimmte schon, sie war ein wenig müde, weil die Kinder sie so früh aus dem Bett geholt hatten. Und dass er freiwillig die Verantwortung für seine kleine Schwester übernahm, das musste doch auch belohnt werden.

„Na gut“, sagte sie dann, „wenn Britt ihren Saft ausgetrunken hat, dann könnt ihr euch ein Eis holen gehen.“

„Ich mag keinen Saft mehr“, kam es prompt von Britt. Und schon sprang sie von der Bank.

Ulla sah ihren beiden Kindern nach, wie sie in der Menge untertauchten. Marko hatte seine kleine Schwester fest an die Hand genommen. Ein rührendes Bild. Fast traten Ulla Tränen in die Augen. Sie nahm Britts Orangensaft und trank den Rest auf. Es war auch schön, hier einfach mal nur zu sitzen und an nichts denken zu müssen. Hin und wieder winkte jemand, der sie kannte, kurz zu ihr herüber. Sie lächelte zurück. Sie dachte an Zeiten zurück, wo sie noch nicht verheiratet gewesen war. Noch keine Kinder hatte. Eigentlich hatte sie da das ganze Leben noch vor sich gehabt und war voller Pläne gewesen. Dann hatte sie Martin getroffen. Es war praktisch Liebe auf den ersten Blick gewesen. Doch es gab Dinge von heute, hätte sie diese damals schon gewusst, dann wäre Marko wohl nie geboren worden.

Schnell schob sie die düsteren Gedanken beiseite. Wem half es, wenn sie hier Trübsal blies. Sie nahm sich vor, gleich mit den Kindern über den Flohmarkt zu schlendern, um irgendetwas zu kaufen, einfach nur, weil es ihr gefiel. Musste denn alles immer nützlich sein. So, wie Martin immer sagte.

Plötzlich schreckte Ulla aus ihren Gedanken auf. Da rief jemand „Mama ... Mama ... Mama.“ Das Rufen kam immer näher und sie wusste, dass es Marko war, der offensichtlich Hilfe brauchte. Schnell sprang sie auf und rannte ihm förmlich entgegen. Ganz außer Atem blieb Marko direkt vor ihr stehen. Schweiß lief von seiner Stirn bis in seine Augen. Er wischte darüber.

„Marko, wo ist Britt?“, fragte Ulla, noch um einen ruhigen Tonfall bemüht, als sie ihren Sohn bei den Schultern nahm. Suchend wanderte ihr Blick in die Menge. „Wo ist Britt?“

„Mama, ich habe sie nur kurz losgelassen, weil ich das Eis bezahlen wollte“, jammerte Marko.

„Wo ist Britt?!“ Ulla schrie fast, so dass sich noch mehr Menschen zu ihr und ihrem Sohn umdrehten und stehenblieben.

„Mama ...“. Marko zitterte am ganzen Körper.

Ulla drückte ihn an sich. „Komm, wir müssen sie suchen“, sagte sie, „wo ist der Eisstand? Da muss sie doch irgendwo sein.“

Marko lief voraus und Ulla eilte hinter ihm her. Immer wieder fragte sie laut, ob irgendjemand ein kleines blondes Mädchen in einem weißen Kleid gesehen hätte. In diesem Moment dachte sie nicht an die rote Jacke, die sie bei dem Getränkestand auf der Bank hatte liegen lassen, als sie überstürzt losgerannt war.

Es waren viele Menschen beim Eisstand, Erwachsene und Kinder. Ulla drängte sich durch sie hindurch, suchte nach ihrer kleinen Tochter. Fragte immer wieder, ob nicht irgendjemand ein kleines Mädchen, blond und im weißen Kleidchen und erst vier Jahre alt, gesehen hätte. Ihre Stimme klang schon heiser. Doch niemand hatte Britt gesehen. Sie war wie vom Erdboden verschluckt.

 

Eva hatte sich nach dem wohligen Bad in einen Bademantel gewickelt und war ins Wohnzimmer auf die Couch gegangen. Man wurde eben immer schläfrig im warmen Wasser. Und so döste sie bald darauf ein.

Erst, als ihr Handy, das auf dem Tisch lag, klingelte, schlug sie die Augen wieder auf. Es war kurz nach eins, sah sie auf dem Display. Es schien eine Nummer aus der Dienststelle Wittmund zu sein. Sie nahm das Gespräch an.

„Ja, Eva Sturm hier.“

„Hallo, Eva, hier ist Monika Herbst aus der Notrufzentrale.“

„Hallo Monika.“ Eva erinnerte sich an sie, weil sie auch beim letzten Mal den Notruf eines kleinen stummen Jungen entgegengenommen hatte.

„Es wurde offensichtlich ein kleines Mädchen entführt“, fuhr Monika Herbst fort, „es ging ein Anruf einer gewissen Ulla Hahnekamp vom Herbstfest in Esens ein. Sie vermisst ihre vierjährige Tochter Britt.“

„Verstehe, dann schick mir doch bitte die genaue Adresse, dann kümmere ich mich darum“, sagte Eva und lief zeitgleich bereits ins Schlafzimmer, um sich wieder anzuziehen.

 

Völlig aufgelöst war Ulla mit Marko an der Hand durch die Menschenmenge gerannt, bis sie wieder zuhause waren. Sofort stürzte sie regelrecht ins Wohnzimmer. Sie wusste, dass Martin dort immer auf dem Sofa lag um diese Zeit. Und so war es auch heute.

„Martin!“, rief sie aus, als er sie skeptisch ansah, nachdem die Tür förmlich aufschlug. „Britt ist verschwunden.“

Nun war Martin alarmiert. Er kannte seine Frau. Sie machte mit solchen Dingen keine Scherze. „Was heißt verschwunden?“, fragte er und setzte sich auf.

Marko kauerte hinter seiner Mutter. Er hatte ein verdammt schlechtes Gewissen, denn es war seine Schuld, dass Britt nicht mehr da war. „Es ist meine Schuld, Papa“, brachte er mit verzerrter Stimme hervor, die verriet, dass er kurz vor einem Weinkrampf stand. „Ich wollte doch nur das Eis bezahlen.“

„Schon gut“, sagte Ulla und nahm ihren Sohn in den Arm. „Wir müssen jetzt alle zusammenhalten, dann finden wir Britt schon wieder.“ Nie und nimmer wollte sie, dass der Junge sich mit Schuldgefühlen plagte. Es reichte schon, wenn sie das machte. Denn das gehörte auch zur Wahrheit dazu, sie hätte die Kinder nicht alleine gehen lassen dürfen. „Wir müssen die Polizei rufen, sofort“, wandte Ulla sich wieder an ihren Mann.

„Euch kann man auch keinen Moment aus den Augen lassen“, schimpfte Martin. Er stand vom Sofa auf und ging zur Anrichte, wo das Telefon in der Schale stand. Er nahm es an sich. „Und du bist ganz sicher, dass sie nicht vielleicht bei einer ihrer Freundinnen aus der Nachbarschaft ist?“, fragte er noch einmal nach, bevor er den Notruf wählte.

„Ja“, seufzte Ulla, „ich habe schon überall nachgefragt. Britt ist einfach weg. Niemand hat sie gesehen.“ Nun weinte sie hemmungslos und ließ sich in einen Sessel sinken.

Martin schüttelte mit dem Kopf und wählte die Nummer der Polizei. Er schilderte kurz, was er eben von seiner Frau und seinem Sohn gehört hatte. Es ging um seine vierjährige Tochter Britt, die auf dem Herbstfest verschwunden war. Er gab dann noch seine Adresse durch und stimmte zu, dass er mit seiner Familie dort auf die Polizei warten würde.

 

Eva hatte ja davon gehört, dass es ein Straßenfest in der Straße Krummer Barkel geben würde, dort, wo die Familie Hahnekamp wohnte, die ihre Tochter Britt vermisste. Aber dass es ein derartiges Chaos war, damit hatte sie nicht gerechnet. Nur mühevoll kam sie mit ihrem Wagen voran, weil immer wieder Fußgänger den Weg kreuzten. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, wenn hier in der Straße jemand einen Schlaganfall erlitt. Wie sollte da ein Krankenwagen durchkommen. Eigentlich musste so etwas doch von der Kommune geregelt werden. Wieder musste sie halten, weil ein älteres Ehepaar, sie mit Rollator, im Schneckentempo die Straßenseite wechselte. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte auf die Hupe gedrückt. Doch soweit hatte sie sich dann doch noch unter Kontrolle, es nicht zu tun. Wir werden alle mal alt und gebrechlich, dachte sie. So viel Rücksichtnahme hatten die beiden schon verdient, dass man geduldig abwartete. Dann ging es endlich weiter. Und eigentlich wollte auch niemand außer ihr hier mit dem Wagen durch die Straße fahren. Die Anwohner waren ja darüber informiert, dass es an diesem Sonntag ein Herbstfest gab, und hatten sicher entsprechende Vorkehrungen getroffen.

Endlich stand sie dann vor dem Haus mit der Nummer 87, wo auf dem Klingelschild Hahnekamp stand. Sie drückte auf den Knopf und wartete ab. Eine Frau mit rotgeweinten Augen öffnete ihr kurz darauf.

„Mein Name ist Eva Sturm, ich komme von der Polizei Wittmund“, erklärte Eva.

„Gott sei Dank, dass Sie da sind“, erwiderte Ulla, „kommen Sie doch herein. Mein Mann und mein Sohn sind im Wohnzimmer.“

Eva folgte der verhuscht wirkenden jungen Frau und nahm den Geruch von Angst in sich auf, der zwischen den Wänden hing. Wenn ein Kind vermisst wurde, war das sicher mit das schlimmste Unglück, was einer Familie passieren konnte.

„Hallo“, sagte Eva, als sie ins Wohnzimmer kam und den Mann und den Jungen auf dem Sofa sitzen sah. Sie wirkten ebenso geknickt wie die Mutter, nur etwas gefasster.

Martin Hahnekamp nickte kurz. Marko sah Eva mit großen Augen an.

„Das ist Frau Sturm von der Kripo“, sagte Ulla, „bitte, setzen Sie sich doch.“

Eva nahm auf dem freien Sessel Platz. „Was genau ist denn passiert?“, fragte sie.

„Es ist meine Schuld“, sagte Marko sofort, „ich habe mit meiner Schwester Eis gekauft.“

„Sie dürfen das nicht glauben“, unterbrach ihn Ulla direkt, „Marko trifft überhaupt keine Schuld, wenn, dann bin ich diejenige, die versagt hat.“ Sie atmete schwer aus. „Ich hätte die Kinder nicht alleine zum Eisstand gehen lassen dürfen.“

„Im Moment bringen uns Selbstvorwürfe leider nicht weiter“, sagte Eva, „wichtig ist, dass Sie mir genau schildern, was sich in den letzten Minuten, bevor Britt verschwand, abgespielt hat.“

„Ja, natürlich“, sagte Ulla, „tut mir leid.“ Und dann schilderte sie, wie sie mit den Kindern über das Herbstfest gegangen war. Sie erwähnte die Hüpfburg, ihr Gespräch mit Jenny und der Waffelbäckerin. Dann, wie sie sich Getränke gekauft hatten. Und schließlich den Moment, wo sie ihre Tochter Britt zum letzten Mal gesehen hatte, als sie an Markos Hand durch die Menge ging, weil die beiden sich ein Eis kaufen wollten.

Eva hatte sehr aufmerksam zugehört. Eine Schuld der Mutter konnte sie nicht erkennen. Es war doch ganz normal, dass ein Zwölfjähriger sich mit seiner kleineren Schwester ein Eis kaufte. Dann bat sie Marko, zu erzählen, wie es am Eisstand abgelaufen war.

Der Junge sah zu seinem Vater, dann zu seiner Mutter. Als diese nickte, begann er zu erzählen. Es hatte sich eine längere Schlange vor dem Eisstand gebildet und so stellten er und Britt sich an. Und immer hatte er seine Schwester an der Hand gehalten, so, wie es ihm seine Mutter immer wieder eingebläut hatte, wenn er etwas mit ihr unternahm. Sie war einfach noch zu klein, als dass man sie aus den Augen lassen konnte. Wieder suchte er den Blick seiner Mutter. Seinen Vater indes sah er nicht an. Eva erkannte, wer hier im Haus das Sagen hatte.

„Dann waren wir endlich an der Reihe“, sagte Marko, „ich habe für jeden drei Kugeln bestellt. Ich hatte Schokolade, Banane und Vanille und Britt wollte Erdbeere, Vanille und Zitrone. Der Mann an dem Eisstand hat unsere Eistüten in den Halter gestellt, der auf dem Tresen stand. Ich habe Britt ihr Eis gegeben. Meins habe ich in dem Halter stehen lassen, weil ich das Eis ja noch bezahlen musste. Und damit ich mein Geld aus dem Portemonnaie nehmen konnte, musste ich Britt doch loslassen.“ Er seufzte auf und weinte.

„Schon gut“, sagte Ulla, der das Herz brach, als sie ihren Sohn so leiden sah. „Ich glaube, die Kommissarin möchte nun wissen, was genau passiert ist, als du das Geld aus dem Portemonnaie genommen hast.“ Sie sah Eva fragend an, diese nickte ihr zu.

„Ja“, sagte Marko und wischte sich übers Gesicht, weil das Salz seiner Tränen brannte. „Ich habe das Eis bezahlt. Ich habe dem Mann einen Zehn-Euro-Schein gegeben. Dann habe ich gewartet, bis er mir das Wechselgeld zurückgab. Ich habe das Kleingeld in mein Portemonnaie getan und es wieder in meine Hosentasche gesteckt. Dann nahm ich mein Eis und drehte mich um. Ich wollte Britt ja wieder an die Hand nehmen. Aber sie war nicht da.“

„Und du weißt nicht, ab wann deine Schwester nicht mehr hinter dir stand?“, fragte Eva nach. „Du hast vorher nichts Besonders bemerkt?“

„Nein“, sagte Marko, „ich dachte ja, sie steht hinter mir. Das habe ich ihr ja auch gesagt, dass sie genau hinter mir bleiben soll.“

Aha, dachte Eva, das hatte er vorher nicht erwähnt gehabt, dass er seine Schwester eindringlich darum gebeten hatte, bei ihm zu bleiben. „Was hast du dann gemacht, als du gemerkt hast, dass sie nicht da ist?“

„Na, ich habe mich umgesehen und nach ihr gerufen. Ich dachte, sie muss doch irgendwo sein.“

„Aber sie war nicht da“, sagte Eva.

„Nein“, klagte Marko, „sie war nicht da. Ich habe wirklich versucht, sie zu finden, aber dann bin ich zurück zu Mama gelaufen.“

„Ich habe meinen Sohn nach mir rufen hören“, erklärte Ulla, „da bin ich natürlich sofort aufgesprungen und ihm entgegengelaufen. Er war völlig aufgelöst, weil Britt weg war.“

„Und Ihnen ist auch nichts Auffälliges aufgefallen, als Sie auf Ihre Kinder gewartet haben?“

„Was sollte das sein?“, fragte Ulla zurück, „ich meine, es waren so viele Menschen bei dem Fest. Da fällt einem doch nichts auf.“

„Ja, mag sein“, sagte Eva, „man kennt ja auch nicht jeden, der dort herumläuft, insofern kann man auch nicht sagen, ob einem jemand verdächtiger erscheint als die anderen.“ Sie erklärte es ihm Grunde eher laut vor sich selber, doch Martin Hahnekamp nickte dazu. „Und Sie“, fragte ihn Eva, als ihre Blicke sich trafen, „Sie waren nicht mit Ihrer Familie auf dem Herbstfest?“

Nun sah er sie grimmig an. „Was wollen Sie damit andeuten, etwa, dass das alles nicht geschehen wäre, wenn ich dabei gewesen wäre? Nun, das kann sogar stimmen.“ Sein Blick traf Ulla und war voller Verachtung.

In dieser Familie herrscht wirklich ein rauer Umgangston, dachte Eva bei sich. Ulla Hahnekamp tat ihr leid. Sie saß da, schmal und zerbrechlich wirkend mit rot geweinten Augen und ihr Mann machte ihr auch noch indirekt Vorwürfe. „Sicher ist es nicht die Schuld Ihrer Frau“, sagte Eva. „Und übrigens auch nicht deine“, fuhr sie fort, als sie Markos Blick spürte, so, als bettle er darum, auch freigesprochen zu werden. Sie haben beide Angst vor ihm, dachte Eva, sowohl die Mutter als auch der Sohn. Und irgendwie war Martin Hahnekamp auch in gewisser Weise furchteinflößend. Groß und muskulös mit eindringlichem Blick. Man tat, was er sagte, da war sie sich ganz sicher. „Ich bräuchte bitte ein Foto von Britt“, wandte sie sich nun an Ulla.

„Ich hole eins aus der Küche“, sagte Ulla und stand auf. Marko folgte ihr auf dem Fuße.

Nun saß Eva alleine mit dem Macho im Wohnzimmer. Auch sie fühlte sich in seiner Gegenwart nicht wohl. Sein Blick war abschätzig. Und wieso hatte er noch nicht ein einziges Mal auch nur den Hauch eines Schmerzes über den unbekannten Verbleib seiner kleinen Tochter geäußert oder auch nur nonverbal erahnen lassen. War es ihm egal, was mit Britt passiert war. Oder war er so erzogen worden, dass man Gefühle vor anderen, gar vor Fremden, nicht so zeigte.

„Was werden Sie denn jetzt unternehmen, um meine Tochter wiederzufinden?“, fragte er in rüdem Tonfall, weil er die Stille offensichtlich nicht mehr ertrug.

„Die Kollegen vom Streifendienst suchen bereits aufgrund der Beschreibung Ihrer Frau nach ihr. Wenn ich das Foto von Britt habe, werde ich die Suchaktion weiter vorantreiben über die Medien und Radiosender. Was denken Sie, gibt es jemanden, der es auf Britt abgesehen haben könnte? Oder gar auf Ihre Familie?“

Er sah sie nun nachdenklicher werdend an. „Ich weiß es nicht“, sagte er und klang plötzlich gar nicht mehr so unnahbar. „Ich möchte nur, dass Sie mir meine Tochter wieder nach Hause bringen.“

„Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht“, erwiderte Eva.

Ulla kam mit dem Foto zurück. „Hier, das ist von ihrem letzten Geburtstag im Mai, so sieht sie jetzt auch noch aus.“

„Danke“, sagte Eva und nahm das Foto, auf dem die Kleine lächelte und einen Teddybären im Arm hielt, entgegen. „Ich habe es eben bereits Ihrem Mann gesagt, ich werde nun anhand des Fotos eine ausgeweitete Suchaktion einleiten. Außerdem werden gleich Kollegen von der Technik ins Haus kommen, falls es eine Lösegeldforderung geben sollte.“

„Lösegeld?“ Ulla wirkte fassungslos. Sie sank wieder auf den Sessel, auf dem sie eben bereits gesessen hatte. „Aber wir haben doch nichts außer dem, wovon wir leben. Wer sollte denn auf die Idee kommen, dass es sich lohnt, unsere Tochter zu entführen.“

„Es sind doch nur Vorsichtsmaßnahmen, Ulla“, sagte Martin, „da hat die Kommissarin schon recht, wir müssen jede Möglichkeit in Betracht ziehen. Auch die, dass Sie sich nur verlaufen haben könnte.“ Er klopfte mit der flachen Hand auf den Platz neben sich auf dem Sofa. „Komm her, Liebes, zusammen schaffen wir das schon.“

Ein Wolf, der Kreide gefressen hatte, konnte nicht charmanter wirken, dachte Eva und wunderte sich über die Wendung um praktisch 180 Grad bei dem Verhalten von Martin Hahnekamp. Vielleicht war er auch einfach nur launisch und ließ es an seiner Familie aus. Wie dem auch sei, dachte sie, so gefällt er mir jedenfalls schon besser.

Es klingelte an der Tür.

„Oh, das werden die Kollegen von der Technik sein“, sagte Eva.

Ulla ging zur Tür.

Kurz darauf wurde der Hausanschluss angezapft, um eingehende Gespräche mitschneiden zu können. Eva erkundigte sich via Handy bei den Kollegen von der Streife, ob es etwas Neues geben würde. Doch da war nichts. Noch immer keine Spur von Britt.

Das Ehepaar Hahnekamp saß auf dem Sofa, so steif, als würden sie gemalt und dürften sich nicht bewegen. Marko war auf sein Zimmer gegangen. Eva fand es nicht ratsam, dass der Junge nun alleine war. Doch letztlich war es nicht ihre Sache. Sie musste dafür sorgen, dass alles dafür getan wurde, dass man das kleine vermisste Mädchen fand. Deshalb fuhr sie in die Dienststelle, um alles Nötige zu veranlassen.

 

„Eva? Schön von Ihnen zu hören“, sagte Bittner, als er den eingehenden Anruf angenommen hatte.

„Hallo Bittner“, sagte sie, „wie geht es Ihnen?“

„Naja, eigentlich wie immer. Was kann ich denn für Sie tun?“

„Es geht um ein vermisstes Mädchen. Vier Jahre alt. Sie verschwand heute Mittag auf dem Herbstfest in Esens.“

„Das klingt ja furchtbar“, erwiderte er, „gibt es schon eine Lösegeldforderung?“

„Bisher nicht, es wurde eben eine Fangschaltung im Haus der Eltern eingerichtet. Und ich wollte Sie bitten, das Foto von Britt Hahnekamp, so heißt das vermisste Mädchen, in der morgigen Ausgabe Ihrer Tageszeitung zu veröffentlichen. Vielleicht meldet sich ja jemand, der sie gesehen hat.“

„Das mache ich gerne“, erwiderte er sofort, „wir gehen ja erst in ein paar Stunden in Druck.“

„Okay, dann schicke ich Ihnen alles Notwendige per Mail rüber. Natürlich bekommen auch alle anderen Zeitungen diese Mitteilung.“

„Schon klar“, sagte er, „bei so einer Sache ist Exklusivität nun wirklich zweitrangig. Hoffentlich kommt das Mädchen heil wieder nach Hause.“

„Ja, das hoffe ich auch“, seufzte Eva. Natürlich war auch ihr der Gedanke an einen Kinderschänder nicht fremd.

Sie wechselten noch ein paar Worte, dann legten sie auf, damit Eva sich um die Presseerklärung kümmern konnte.

Danach informierte sie die Notrufzentrale, dass ab sofort jegliche Hinweise auf das vermisste Mädchen mit höchster Priorität zu bearbeiten wären.

Am nächsten Tag

Am nächsten Tag erschien das kleine lachende Mädchen, das nun vermisst wurde, in allen Tageszeitungen und auch online Ausgaben.

Ulla bekam direkt beim Frühstück wieder einen Weinkrampf, als sie Britt sah, während Martin die Zeitung las. Er hatte sich natürlich freigenommen, um ganz für die Familie da zu sein.

„Bitte, Ulla, du musst dich jetzt zusammenreißen. Wir vermissen sie doch alle. Denk doch auch mal an Marko.“

Ulla sah ihren Sohn durch einen Schleier aus Tränen an.

„Mama“, sagte Marko mit tapferer Stimme, „bestimmt ist Britt bald wieder zuhause.“

„Ja, ihr habt recht“, seufzte sie und zog ein Taschentuch aus ihrem Ärmel und schnäuzte sich.

Noch immer waren die Polizisten im Haus und man wartete darauf, dass sich jemand meldete, der Geld für die Freilassung des Mädchens fordern würde. Ulla hatte den beiden Männern auch einen Kaffee angeboten, den sie dankend annahmen. Gerade waren die Beamten, die die Nacht im Haus verbracht hatten, gegangen und die Frühschicht hatte übernommen.

 

Eva war noch zuhause und trank einen Kaffee. Sie war am gestrigen Abend noch lange in der Dienststelle geblieben und hatte immer wieder den Status nach der Suche abgefragt. Die ersten vierundzwanzig Stunden waren entscheidend. Danach schwand für viele die Hoffnung, dass man das Mädchen noch überhaupt oder gar lebendig finden würde. Wenn sie verschleppt worden war, um im Pädophilen Ring zu landen, dann würde die arme Mutter sie niemals wiedersehen. Nicht auszudenken.

Nun saß sie am Tisch und ging über ihren Laptop die Tagesmeldungen durch. Überall zeigte man das vermisste Mädchen auf den ersten Seiten und bat um Unterstützung aus der Bevölkerung. Mein Gott, dachte sie, irgendjemand auf diesem verdammten Herbstfest muss doch etwas gesehen haben. Gleich würde sie noch einmal nach Esens fahren und sich in der Nachbarschaft von den Hahnekamps umhören.

Ihr Handy klingelte und sie nahm sofort an, weil sie davon ausging, dass es etwas mit Britt zu tun haben musste. Doch stattdessen war es Lombards Stimme, die nun sanft in ihr Ohr sprach. Eine Wohltat, das musste sie schon zugeben.

„Hallo, Schatz“, sagte er, „ich wollte mich nur zwischendurch einmal melden. Wie geht es dir?“

„Ach“, sagte sie, „seit gestern steht hier wieder alles Kopf. Es wird ein kleines Mädchen vermisst. Gerade einmal vier Jahre alt.“

„Oh“, sagte er, „das tut mir leid. Ich meine, für die Eltern.“

„Ja, es ist ganz furchtbar.“ Sie schilderte ihm, wie sich die Zeit bis zu dem Verschwinden von Britt abgespielt hatte. Und er hörte geduldig zu, weil er wusste, dass sie es vermisste, mit ihm zu reden. Und auch wenn er sonst immer gerne darüber scherzte, dass sie nun endlich wieder etwas zu tun hätte, so hielt er sich in diesem Fall diskret mit solchen Bemerkungen zurück. Wenn es um Kinder ging, dann war sie immer sehr persönlich betroffen, hatte er in der Vergangenheit gelernt.

„Ich hoffe, dass ihr sie bald findet“, sagte er teilnahmsvoll, als sie geendet hatte.

„Und bei dir?“, fragte sie, „weißt du schon, wann du zurückkommst?“

„Hier läuft alles wie geplant“, erwiderte er, „und ich denke, dass es noch mindestens vierzehn Tage dauern wird, bis ich wieder fahren kann.“

„Na dann ...“.

„Eva?“

„Ja?“

„Kommst du auch wirklich alleine zurecht? Du klingst nicht wie sonst, wenn du in deine Arbeit vertieft bist“, sagte er besorgt.

„Nein, schon gut. Es ist alles in Ordnung. Ich vermisse dich einfach wahnsinnig. Es wird schlimmer mit jedem Tag.“

„Du machst es mir nun nicht gerade leichter, noch so lange hier zu sein.“

„Tut mir leid. Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch.“

Sie schickten sich Küsse um die Welt und legten dann auf.

Werde ich zu abhängig von ihm, fragte sie sich, als sie auf ihr stummes Handy sah. Sie hatte ihm eben regelrecht etwas vorgejammert. Das war sonst eigentlich nicht ihre Art. Sie beschloss, jetzt wieder professioneller zu werden und sich um ihre Arbeit zu kümmern. Deshalb räumte sie das benutzte Geschirr weg und machte sich alsbald auf den Weg nach Esens.

Sie parkte in der Nähe vom Haus der Hahnekamps und ging ein paar Schritte bis zum Haus des nächsten Nachbarn. Familie Hofmann stand auf dem Schild und Eva drückte auf die Klingel. Es öffnete ihr eine junge Frau im Jogginganzug, die ein kleines Mädchen auf dem Arm hielt.

„Ja bitte.“

„Mein Name ist Eva Sturm, Kripo Wittmund.“

„Oh, dann geht es wohl um Britt. Mein Gott, das arme Mädchen.“ Sie drückte ihre Tochter noch fester an sich.

„Darf ich kurz für ein paar Fragen reinkommen?“

„Natürlich.“ Sie machte den Weg frei und ging voraus in eine helle, von der Sonne durchfluteten Küche. Am Tisch saß ein weiteres Mädchen, das etwas älter als die Kleine war, die von ihrer Mutter nun zurück in den Kinderstuhl gesetzt wurde.

Eva setzte sich ebenfalls mit an den Tisch und lächelte die Mädchen an.

„Das sind Lilly und Anna“, erklärte die Mutter, „und ich bin Jenny. Also Jenny Hofmann.“

„Sie waren gestern auch auf dem Herbstfest, nehme ich an“, begann Eva dann mit der Routine.

„Ja, eigentlich waren wir alle dort, ich meine, die, die hier in der Straße wohnen. Und natürlich noch viele Besucher mehr aus anderen Straßen und Orten. Unser Herbstfest ist wirklich sehr bekannt mittlerweile. Eigentlich kommen schon viel zu viele.“

„Zu viele? Wie meinen Sie das?“

„Naja, es gibt immer wieder Ärger wegen der parkenden Autos überall. Die Stadt versucht wirklich viel, damit alles glatt über die Bühne geht. Aber Sie kennen die Menschen ja.“

Eva nickte. „Haben Sie Frau Hahnekamp und Ihre Kinder auch auf dem Herbstfest getroffen?“

Jenny nickte. „Bei der Hüpfburg. Marko und Britt ...“, sie hielt kurz inne, „also die beiden waren auch gerade auf der Hüpfburg, genauso wie meine Kinder.“

„Sicher sind Ihre Familien enger miteinander befreundet“, fuhr Eva fort, „da Sie ja Nachbarn sind.“

„Hm, befreundet? Ich rede oft mit Ulla, das stimmt schon. Hin und wieder helfen wir uns gegenseitig mit den Kindern, wenn eine von uns mal irgendwohin muss.“

„Verstehe. Aber als Paare verkehren Sie nicht miteinander?“

„Eher selten.“

Diese Antwort war dann doch recht knapp, fand Eva. Sie hätte zu gerne gewusst, was dahintersteckte. Aber sollte sie jetzt schon mit der Tür ins Haus fallen und Martin Hahnekamp als den ausgemachten Buhmann präsentieren. Das konnte Voreingenommenheit forcieren. Also hielt sie sich im Moment zurück.

„Welchen Eindruck hatten Sie von Ulla und ihren Kindern?“, fragte sie stattdessen.

„Eindruck?“, wiederholte Jenny, „hm, sie waren wie immer, würde ich sagen. Marko und Britt haben mit den anderen Kindern irre Spaß gehabt auf der Hüpfburg.“

„Also würden Sie sagen, dass alles wie immer wirkte auf Sie?“

Jenny nickte. „Ja, natürlich. Aber ich verstehe nicht so ganz, worauf Ihre Fragen anspielen“, wurde sie vorsichtiger.

„Ich möchte nur wissen, ob etwas anders war, bevor Britt verschwand“, sagte Eva. „Es könnte ja auch sein, dass das Mädchen traurig war. Oder die Mutter angespannt wirkte. Oder Marko.“

„Wollen Sie etwa damit andeuten, dass Ulla etwas mit dem Verschwinden von Britt zu tun haben könnte? Also, niemals im Leben, das schwöre ich beim Leben meiner Kinder. Ulla ist die beste Mutter, die man sich vorstellen kann.“

„Und der Vater?“

Sofort machte Jenny wieder dicht. „Martin?“

Eva nickte bedeutungsvoll.

„Naja, Martin ist eben Martin.“

„Und was genau bedeutet das?“

„Hören Sie, ich möchte mich nicht in die Angelegenheiten von Ulla einmischen. Das ist allein ihre Sache.“

„Was ist ihre Sache? Bitte, in diesem Moment, wo die kleine Britt vermisst wird, können Sie doch nicht allen Ernstes noch Rücksicht auf mögliche Gefühle nehmen, die Sie verletzten könnten.“

Anna, die Ältere der beiden Mädchen, sah ihre Mutter schon recht neugierig dreinblickend an. Deshalb schickte Jenny die Kinder nun nach oben auf ihre Zimmer. Sie mussten ja nicht alles mitbekommen, was die Mama mit der Polizei besprach.

Als die Frauen wieder unter sich waren, machten sie ernstere Gesichter.

„Ich weiß nicht, ob es überhaupt wichtig ist“, begann Jenny und wand sich beim Sprechen, „aber manchmal, da ist er schon ein wenig herrisch.“

„Und wie bekommen Sie das mit? Erzählt Ihnen Ulla davon? Oder die Kinder?“

„Na ja, im Sommer bei offenen Fenstern oder auf der Terrasse, da konnte man schon hören, wenn es lauter wurde.“

„Also schreit Herr Hahnekamp seine Frau und seine Kinder an? Ist es das, was Sie sagen wollen?“