Jan Krömer - Ermittler: "Toter Raum" und "Morbid" - Moa Graven - E-Book

Jan Krömer - Ermittler: "Toter Raum" und "Morbid" E-Book

Moa Graven

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Beschreibung

Lesen Sie in diesem Sammelband die Fälle 15 und 16 mit Ermittler Jan Krömer in Aurich! TOTER RAUM Jan Krömer und Lisa Berthold in einem verstörend neuen Thriller aus Ostfriesland! Jan unternimmt mit seinem Sohn Jonar einen Survivaltrip, während Lisa in Aurich die Stellung hält. Als er zurückkehrt, lässt ein neuer Fall nicht lange auf sich warten. In einem kleinen Forst nahe Aurich wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Der erste Gedanke, dass es sich um ein Sexualdelikt handeln könnte, bewahrheitet sich nicht. Als es ein weiteres Opfer gibt, dass auf dieselbe Weise ermordet worden ist, beginnt die Jagd nach einem Serienkiller. MORBID Packend und mörderisch spannend! Der neue JAN KRÖMER in Aurich! Jan ist nicht mehr Jan, seitdem Lisa gestorben ist. Er hat auch nicht gemeinsam mit Verena Gimpel, der befreundeten Gerichtsmedizinerin, in der geplanten Sondereinheit Ostfriesland angefangen. Er hängt nur noch zuhause herum, verschanzt sich hinter einem hohen Zaun. Sein einziger Freund ist Ashes, sein Hund. In diese trübe Stimmung hinein taucht plötzlich ein Mann auf, der seine Tochter vermisst. Er bittet Jan um Hilfe, sie zu finden. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, als Jan ahnt, in welche Kreise sie geraten ist.

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Impressum
Toter Raum
Familienbande
Wochenenddienst
Im Wald
Die unbekannte Tote
Im Hospiz
Todesatem
Obduktion
In der Dienststelle
Der nahende Tod
Sonntag
Arbeitsalltag
Opfer zwei
Der Job
Der Zufall
Opfer drei
Lisa
Alleine
Sie heißt Maria
Der Psychologe
In der Dienststelle
Wo ist der Brief?
Fabian
Einige Zeit später
Mein Brief an Sie, liebe Leserin und lieber Leser,
MORBID
Wie im freien Fall
Brinkmann
Auf dem Hof
Der Finger
Das Ergebnis
Samstag
Sonntag
Leidige Routine
Igor
Verena
Quälende Tage
Samstag
Stefan W.
In Ihlow
Am nächsten Tag
Stockfinstere Nacht
Bei Brinkmann
Samstag
Einige Wochen später
Zur Autorin
Vegetarisches Schnitzel mit scharfem Gemüse
Die Reihe mit Jan Krömer in Aurich
Die Krimi-Reihen von Moa Graven im Überblick
LESEPROBE aus „Tod nach Zahlen“ Ostfrieslandkrimi mit Kommissar Guntram von Moa Graven
Vielen Dank für Ihr Interesse an meinen Krimis!

Wortzähler: 90662

 

 

 

 

 

 

 

Jan Krömer Sammelband - Die Fälle 15 - 16

Thriller aus Ostfriesland

 

TOTER RAUM

 

MORBID

 

 

von

 

Moa Graven

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Moa Graven ist Ostfriesin und schreibt seit 2013 Krimis. Erst mit fünfzig hat sie die Leidenschaft für das subtile Verbrechen auch für sich entdeckt, als sie einen Fortsetzungskrimi für ein Monatsmagazin schrieb. Seit 2017 lebt die Autorin vom Schreiben und eröffnete ein Krimihaus in Rhauderfehn, wo man sie auch besuchen kann.

Impressum

Jan Krömer – Ermittler in Ostfriesland

Die Fälle 15 und 16 mit TOTER RAUM und MORBID

Ostfrieslandkrimi von Moa Graven

Alle Rechte am Werk liegen bei der Autorin

Erschienen im Criminal-kick-Verlag Ostfriesland

Das Krimihaus – 3. Südwieke 128a – 26817 Rhauderfehn

Oktober 2023

Covergestaltung: Moa Graven

Toter Raum

Ostfrieslandkrimi von Moa Graven

Zum Inhalt

Toter Raum – Ostfrieslandkrimi

Jan unternimmt mit seinem Sohn Jonar einen Survivaltrip, während Lisa in Aurich die Stellung hält. Als er zurückkehrt, lässt ein neuer Fall nicht lange auf sich warten. In einem kleinen Forst nahe Aurich wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Der erste Gedanke, dass es sich um ein Sexualdelikt handeln könnte, bewahrheitet sich nicht. Als es ein weiteres Opfer gibt, dass auf dieselbe Weise ermordet worden ist, beginnt die Jagd nach einem Serienkiller.

 

„Wir werden alle sterben.

Das war die gute Nachricht.“

 

O-Ton des Mörders

Familienbande

Gute fünf Stunden waren sie mit dem Wagen unterwegs gewesen, bis sie schließlich an ihrem Zielort im Harz angekommen waren. Es sollte so ein richtiges Vater-Sohn-Ding werden. Eine Woche würden Jan und Jonar an einem Survivaltraining im Wald teilnehmen. Das war ja eigentlich nicht so Jans Vorstellung von einem Urlaub, doch schließlich hatte Jonar ihn dazu überredet.

Und als sie nun den Wagen parkten, ausstiegen und die Beine lang machten, da schien alles genau richtig zu sein.

„Ich kann mal in der Gaststätte fragen“, schlug Jonar vor, „wo sich unsere Gruppe befindet.“

„Ja, mach das“, erwiderte Jan. Er lehnte sich an den Wagen und sah seinem Sohn mit gemischten Gefühlen nach. Sicher, es war schön, ihn wieder bei sich zu haben. Doch Jonar hatte sich auch verändert. Er war nun ein erwachsener junger Mann, der seinen eigenen Kopf hatte. Was ja auch richtig war. Und doch hatte Jan hin und wieder das Gefühl, dass sie in vielen Dingen ganz unterschiedlicher Auffassung waren, was eine gewisse Entfremdung zur Folge hatte. Schon, als Jonar partout nicht bei Jan im Haus wohnen wollte, sondern auf einer eigenen Wohnung in Aurich bestand, hatte ihn dieses Gefühl beschlichen. Jonar war kein Kind mehr. Diese Zeit, die war eindeutig vorbei und Jan hatte sie verpasst. Auch das war so ein wunder Punkt in der Beziehung der beiden. Jeder Vater sah gerne seinen Sohn aufwachsen. Brachte ihm das Radfahren bei oder das Schwimmen.

Jonar kam zurück. „Ein paar der Teilnehmer sind schon drinnen“, sagte er, „aber der Leiter des Ausflugs ist wohl noch nicht angekommen.“

„Möchtest du auch reingehen?“, fragte Jan, dem jetzt schon vor dem Lärm da drinnen in der Gaststätte graute.

„Nö, das muss nicht sein“, sagte Jonar, als könnte er die Gedanken seines Vaters lesen. „Wir können uns ja schon mal ein wenig in der Gegend umsehen, was meinst du?“

„Guter Plan“, stimmte Jan dankbar zu. Er dachte an sein Haus, an Ashes und wie schön es sein würde, nun auf dem Sofa zu liegen und ins Nichts zu starren.

 

Lisa saß zuhause in Aurich mit Ashes auf dem Sofa in der Küche. Sie hatte ein paar Brote geschmiert und eine Kanne Tee gekocht. Das meiste vom Brot schob sie in den Hund, denn so groß war ihr Hunger dann doch nicht gewesen. Es war komisch, hier alleine in Jans Haus zu sein. Eigentlich war es tatsächlich das erste Mal, dass er nicht da war. Sie fand es gut, dass Vater und Sohn etwas gemeinsam unternahmen. Das Verhältnis der beiden war in den letzten Wochen immer angespannter geworden. Jonar entwickelte sich in eine Richtung, die Jan nicht gefiel. Er hatte es mal bei einem Glas Rotwein gesagt. Sie indes fand es völlig normal, wie Jonar war. Er hatte eine künstlerische Ader und versuchte nun, sich im grafischen Bereich einen Namen zu machen. Schon klar, dass Jan damit nichts anfangen konnte. Doch Lisa mochte Jonar. Er war unkompliziert. Sagte immer gerade heraus, was er dachte. Ihm musste man nicht jedes Detail aus der Nase ziehen, so, wie bei seinem Vater.

Das letzte Eckchen vom Brot wanderte in Ashes Rachen. Lisa kraulte dem Tier über den Kopf. Immer mehr verstand sie, dass es Menschen gab, die nicht ohne Tiere leben konnten. Ihr ging es mittlerweile wohl ähnlich.

Heute war Samstag und sie hatten zurzeit keinen Fall, an dem sie arbeiten musste. Also konnte sie das Wochenende so richtig genießen.

Wochenenddienst

Es herrschte friedliche Stille an diesem Nachmittag im Hospiz Gerania in Aurich. Wer noch etwas essen konnte, hatte sich den überbackenen Blumenkohl mit frischem Kartoffelpüree schmecken lassen. Fabian versuchte, es auch mit einer gewissen Ironie zu sehen, so, wie die anderen älteren Angestellten und Freiwilligen, die hier arbeiteten. Ja, er hätte es sich wirklich leichter vorgestellt, den Menschen auf seinem letzten Weg zu begleiten. Schon aus seiner vorherigen Tätigkeit als Altenpfleger war er dem Tod mehr als einmal begegnet. Aber das hier war noch etwas ganz anderes. Alle, die hier waren, die wussten, dass sie in absehbarer Zeit sterben würden. Das raubte ihnen als auch Fabian jegliche Hoffnung. Sie machte ihm zu schaffen, diese Endgültigkeit.

Doch in seiner Fortbildung hatte er gelernt, den Tag mit einem Lächeln zu beginnen. Wir sterben alle irgendwann, hatte es geheißen. Und jeder Mensch hat ein Anrecht auf einen würdigen Tod. Ja, sogar auf ein Lächeln am Tag seines Ablebens.

Den Entschluss, sich als Hospizmitarbeiter ausbilden zu lassen, hatte Fabian sehr bewusst getroffen. Er hatte dabei zusehen müssen, wie ein älterer Herr in seinem eigenen Haus dem Tod entgegen siechte. Das hatte ihn nachdenklich gemacht. Er hatte nicht ins Krankenhaus gewollt. Aber es gab auch niemanden, der sich liebevoll um ihn gekümmert hätte. Fabian als zuständiger Pfleger mit anderen Kollegen konnte dem Mann nicht das bieten, was er sicher verdient hatte. Zuwendung in der Stunde, wo das Ende nahte. Dafür war im Pflegealltag einfach nicht die Zeit. Immer sahen alle nur auf ihre Handys. Wieviel Zeit hatten sie gebraucht und wo ging es weiter. Nur keine Minute länger als nötig bei dem jeweiligen Patienten verbringen.

Fabian hatte schnell gemerkt, dass er diesen Job nicht auf Dauer würde machen können. Und so informierte er sich im Internet und stieß schließlich auf das Hospiz in Aurich. Der Gedanke, sich wirklich die Zeit für einen Menschen nehmen zu können, die ihm zustand, hatte ihn von Anfang an fasziniert. Nicht immer dieses schlechte Gewissen im Nacken, wenn man jemanden, der den Tränen nahe war, zurücklassen musste.

Er setzte sich zu einem Patienten ins Zimmer, der nur noch in der Lage war, Wasser zu trinken. Bis auf die Knochen abgemagert lag er in seinem Bett. Und doch lächelte er immer, wenn Fabian hereinkam. Manchmal schaffte er es sogar noch, sich ein wenig aufzurichten, und sie spielten Karten zusammen. Heute war nicht so ein Tag. Nur leise röchelnde Geräusche kamen vom Bett, in dem der Mann ganz tief in seine Kissen gesunken war. Und doch war sich Fabian sicher, dass der Patient spürte, dass er nicht mehr alleine im Raum war. Fabian setzte sich in einen Korbstuhl vor dem großen Terrassenfenster und nahm sich das Buch, das auf dem Tisch lag. Ein Sachbuch über Segelflieger. Der Patient, Rolf, er hatte darum gebeten, dass Fabian ihm daraus vorlas. Das hätte er gerne noch einmal gemacht, hatte Rolf gesagt. Selber so eine Maschine fliegen. Doch es war gut so, wie es war. Man musste doch noch Träume haben.

Fabian hatte nie vom Fliegen geträumt. Und vielleicht war es auch gar nicht wichtig, dass Rolf niemals fliegen würde. Nicht in diesem Leben. Was zählte, waren ganz andere Dinge. Dass Rolf sich nun einigermaßen wohlfühlte, weil er die richtigen Medikamente bekam. Dass er in den Schlaf fand, um seinen Körper zu entspannen, der vom Krebs schon ganz zerfressen war. Er war nie regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen gegangen, hatte Rolf ihm mal erzählt. Doch er bereute es nicht. Hätte es ihm denn etwas gebracht, noch ein Jahr länger bewusst unter dieser Krankheit zu leiden. Bevor er es wusste, hatte er sich immer noch gut gefühlt. Hatte Pläne gehabt. Er war ja erst sechsundfünfzig Jahre alt, hatte einen lukrativen Job in einem Autohaus und eine Frau, die ebenso engagiert im Leben stand wie er. Mit ihr hätte er alt werden können. Doch sie hielt dem Ganzen nicht stand. Als er schließlich ins Hospiz kam, zog sie um nach Darmstadt. Rolf nahm es ihr nicht übel. Sie war eine Frau, die nach vorne blickte. Er hatte schöne Jahre mit ihr gehabt, dafür war er dankbar. Nur, dass sie so wenig Charakter besaß und es ihm einfach in einem langen Abschiedsbrief mitgeteilt hatte, anstatt ihm dabei in die Augen zu sehen, das nagte immer noch an ihm.

Fabian sah auf den Flur. Kolleginnen von ihm huschten lautlos über den glänzenden Linoleumboden. Nie hörte man sie. Ihre Schuhe waren so gewählt, dass sie keine unnötigen Geräusche machten. Nur ihre Gesichter verrieten, dass es eilig war. Vielleicht hatte für einen der anderen Bewohner nun die letzte Stunde geschlagen. Es wurde bestimmt nach einem Arzt gerufen.

Rolf regte sich in seinem Bett. Er hatte feine Antennen.

„Fabian?“, fragte er mit kaum hörbarer Stimme, „bist du es?“

„Ja“, erwiderte Fabian, „brauen Sie etwas? Frisches Wasser vielleicht?“

„Und einen Cognac“, scherzte Rolf, „einen richtig guten bitte.“

„Kommt sofort.“

Fabian ging nun auch auf den Flur, um eine neue Flasche aus dem Pausenraum zu holen. Er traf auf Birte, die ihm erzählte, dass es nun wohl mit der älteren Dame in Zimmer sechs zu Ende ginge. Irgendwann sei es ja auch gut gewesen, sie hätte viel gelitten, bevor sie das Morphium bekam.

Rolf war schon wieder eingeschlafen, als Fabian zu ihm zurückkehrte. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Sicher träumte er vom Cognac.

Später, am frühen Abend, schloss Gunhilda Flessner für immer die Augen. Die Mitarbeiter nahmen Abschied von der friedlich da liegenden Frau in ihrem Bett. Leider hatten sie es nicht mehr geschafft, die Enkelin noch zu erreichen. Bestimmt hätte diese gerne noch persönlich Abschied von ihrer Oma genommen.

Im Wald

Es war genauso furchtbar, wie Jan es sich vorgestellt hatte. Als der Leiter des Kurses eingetroffen war, saßen alle zusammen in der Gaststätte und wurden über die nächsten Tagesabläufe informiert. Insgesamt waren sie nur zwölf Personen, doch der Geräuschpegel sagte etwas anderes. Besonders eine Frau aus Wanne-Eickel konnte es partout nicht lassen, jeden Satz des Kursleiters zu kommentieren. Jonar indes hörte interessiert zu. Er wusste nicht, was in seinem Vater vorging. Er freute sich auf das gemeinsame Abenteuer. Das, und auch nur das hielt Jan noch auf dem Stuhl.

Endlich ging es dann in den Wald. Alle nahmen ihre Rucksäcke und weiteres Equipment aus dem Wagen und in einer Kolonne marschierten sie los. Jonar hatte sich bereits mit einem jungen Mann, der etwa in seinem Alter war, angefreundet. Er war ebenso mit seinem Vater unterwegs. Als die beiden sich während des Fußmarschs angeregt unterhielten, ließ Jan sich etwas zurückfallen, um seine Ruhe zu haben. Doch lange hielt diese nicht an. Der Vater des neuen Freundes von Jonar nutzte die nächstbeste Gelegenheit, um sich Jan vorzustellen. Als ob es ein Naturgesetz sei, dass sie nun als Väter auch die Köpfe zusammenzustecken hatten.

„Stefan Gärtner“, stellte er sich vor, „Ihr Sohn und meiner haben sich schon angefreundet.“

„Hm“, machte Jan. Es war ja nicht so, dass ihm dieser Mann unsympathisch gewesen wäre. Er war ihm nur einfach egal. So wie alle hier außer Jonar.

„Haben Sie keine Lust auf den Ausflug?“, fragte Stefan Gärtner.

„Doch doch ...“. Ich will nur nicht mit dir reden.

„Also, ich gebe es zu, mein Sohn hat mich überredet, so ein Vater-Sohn-Ding durchzuziehen. Wir haben uns erst kennengelernt, da war er schon fast erwachsen.“

Eine Gemeinsamkeit, die Jan nicht unlieb war. Das könnte eine Brücke für Gesprächsstoff sein. Wie ging der Gärtner wohl mit demselben Problem um, das auch er hatte. „Ist bei uns auch so“, erwiderte er deshalb schon etwas freundlicher, „es fühlte sich damals komisch für mich an, plötzlich einen Sohn zu haben. Ich wusste bis dahin nichts von ihm.“

„Naja, ich wusste es schon, aber meine Freundin und ich haben uns getrennt, bevor der Junge auf die Welt kam. Wir dachten damals, es wäre wohl besser, wenn er nichts von mir erfahren würde, da ich zudem auch noch weiter weg zog. Doch das war ein großer Irrtum, wie sich später herausgestellt hat. Kinder wollen wissen, woher sie kommen.“

Der ist gar nicht so dumm, dachte Jan. Und jetzt hier im Wald eine Woche alleine vor sich hinzugrübeln war sicher auch nicht gerade prickelnd. „Ich bin übrigens Jan Krömer“, sagte er.

„Na, dann sollten wir uns duzen, oder? Ich bin Stefan.“

„Jan.“

Sie wurden von dem Kursleiter unterbrochen, der verkündete, dass sie nun an der Stelle, wo sie für die erste Nacht ihre Zelte aufschlagen würden, angekommen waren. Also packten nun alle mit an, um aufzubauen. Später sollte es ein Lagerfeuer und etwas vom Grill geben. Wobei die erste Aufgabe wohl sein würde, was sie grillen sollten und vor allem auch, wo das Feuer herkam.

 

Lisa und Ashes waren in den Wald gelaufen, um zum Grab von Chief zu gehen. Sie wusste nicht warum, doch es war ihr irgendwie danach. Der alte Zausel, auch nach so langer Zeit war sie noch nicht so richtig über seinen Tod hinweg. Ein Herz konnte lange trauern. Wie sehr sie an dem Hund gehangen hatte, verstand sie erst, als er nicht mehr da war. Man sollte wohl nichts als selbstverständlich betrachten. Und nun hatte sie Ashes. Auch diesen Hund liebte sie sehr. Und wenn sie an Liebe dachte, musste sie natürlich auch an Jan denken. Wie es ihm und Jonar wohl ging. Sie wusste, dass Jan nur zähneknirschend zugestimmt hatte. Doch dass es wichtig war, Zeit mit dem eigenen Sohn zu verbringen, das war ihm auch klar gewesen. Und, bin ich mir mittlerweile über meine Gefühle zu Jan klar geworden, fragte sie sich. Etwas war anders geworden. Sie hatte sich im Griff, wenn es um ihn ging. Sie lebten in Harmonie zusammen. Feste Paare konnten das wohl nicht immer von sich behaupten. Also war es gut so, wie es war. Ihr stand auch gar nicht mehr der Sinn nach körperlicher Nähe. Vielleicht habe ich mir das durch Jan abgewöhnt, dachte sie, als sie sich auf einen Baumstamm im Schatten setzte. Ashes legte sich ganz in ihre Nähe und machte die Augen zu. Es war schön hier in der Stille. Es hatte Zeiten gegeben, da hätte sie es kaum ertragen können, hier alleine zu sein. Doch nun genoss sie es in vollen Zügen. Man konnte dabei wunderbar nachdenken. Über alles, was gewesen war. Sie hatte sich früher oft gefragt, wo ihr Platz im Leben eigentlich war. Mittlerweile wusste sie es. Sie war gerne Polizistin. Sie lebte gerne bei Jan im Haus. Und auch er konnte nun entspannter mit ihr umgehen, weil sie geklärt hatten, dass es nichts Erotisches zwischen ihnen beiden geben würde. Nicht mehr. Und die einstigen zaghaften Versuche, sich zu halten, kamen ihr mittlerweile albern vor. Wer schrieb einem eigentlich vor, dass man sich berühren musste, um miteinander gut auszukommen. Sie waren ein Mann und eine Frau, die sich gut verstanden. Die denselben Job hatten. Die gleichen Interessen. Warum war da unterschwellig immer dieses Gefühl gewesen, dass es auch im Bett weitergehen musste. War man sonst nicht normal. Viele sahen das sicher so. Doch Lisa definitiv nicht mehr. Im Grunde genoss sie ihre körperliche Freiheit. Sie war nichts und niemandem mehr verpflichtet und somit auch nicht mehr so angreifbar. Und noch ein paar Jahre weiter, dann würde sie wohl auch niemand mehr fragen, warum sie keine Kinder hatte. Diese Frage hasste sie wirklich am meisten von allen. Als es kühler wurde, stand sie auf und schüttelte sich den Staub von der Jeans. Ashes und sie gingen wieder zum Haus und Lisa öffnete einen Rotwein, um auf den Tag anzustoßen.

 

Die unbekannte Tote

Es war zwei Wochen später, als ein Anruf in der Dienststelle in Aurich einging. Man hatte eine Frauenleiche in einem Forst nahe Aurich gefunden. Ein Spaziergänger, der noch vor der Arbeit mit seinem Hund unterwegs war, hatte sie entdeckt. Oder besser gesagt, der Hund hatte eine Fährte aufgenommen und ihn weiter ins Gebüsch gezogen. Also machten Jan und Lisa sich auf den Weg dorthin.

Die Gerichtsmedizinerin, ein neues Gesicht für die Ermittler, war bereits mit der Toten beschäftigt. Als sie merkte, dass man sie dabei beobachtete, kam sie aus der Hocke hoch.

„Hallo, ich bin Verena Gimpel, wir kennen uns offensichtlich noch nicht.“

„Jan Krömer, Polizei Aurich“, erwiderte Jan, „und das ist meine Kollegin Lisa Berthold.“

„Hallo“, sagte Lisa.

„Tja“, fuhr die Gerichtsmedizinerin fort, „soweit ich bisher feststellen konnte, gibt es keine äußere Gewalteinwirkung, die auf die Art, wie das Opfer zu Tode gekommen sein könnte, hinweist.“ Sie deutete auf die Tote.

„Ein Sexualverbrechen?“, fragte Lisa.

„Nein, ich denke nicht. Jedenfalls trägt sie ihre Unterwäsche noch, so wie alles andere übrigens auch. Es scheint zu keinen Kampf- oder Abwehrhandlungen gekommen zu sein, als sie starb.“

„Also vertraute sie dem Täter“, murmelte Jan.

„Oder ihr blieb keine andere Wahl“, meinte Verena Gimpel, „denn an ihren Hand- und Fußgelenken gibt es Striemen, die darauf hindeuten, dass sie an einen Stuhl gefesselt gewesen sein könnte.“

„Eine Entführung?“, warf Lisa ein. „Gibt es denn Hinweise auf ihre Identität?“

„Nein, bisher nicht.“ Verena Gimpel sah wieder zu Jan. Es war offensichtlich, dass er ihr gefiel. „Sie hat keine Papiere bei sich gehabt, als man sie fand. Möglich, dass die Kollegen von der Spurensicherung noch etwas in der näheren Umgebung entdecken, wenn der Täter ihre Tasche oder so weggeworfen hat.“

Alles klar, dachte Lisa, die sich wieder wie das fünfte Rad am Wagen fühlte. Allerdings nahm sie es mittlerweile mit einer gewissen Portion Humor. Früher hatte sie in solchen Situationen immer gelitten. Sie erinnerte sich nur ungern an das miese Gefühl zurück.

„Dann gehen wir am besten die Vermisstendatei durch“, schlug Lisa vor und machte ein Foto von dem Opfer. „Sie ist noch sehr jung. Und sehr hübsch. Irgendjemand muss sie kennen. Wir sollten auch eine Fahndung einleiten.“

„Sicher“, sagte Jan. Es war ihm etwas unangenehm, dass Verena Gimpel ihn nicht aus den Augen ließ. Sicher, sie hatte schon etwas, ihre dunklen Augen mit den schön geschwungenen Brauen deuteten auf ebenso dunkle Haare hin, die im Moment unter einer Haube verborgen waren. Immer, wenn sie durch den Mundschutz sprach, schwang auch ein kleines Lächeln mit. Ja, sie war schon irgendwie interessant. Doch das wollte er jetzt nicht an sich heranlassen.

Verena Gimpel setzte ihre Arbeit am Opfer fort und schon bald darauf wurde die Leiche in einen Zinksarg verfrachtet, damit sie sie weiter in Oldenburg würde untersuchen können.

„Na“, neckte Lisa, als sie und Jan wieder im Wagen saßen, „sicher auch eine schöne Vorstellung, mit der süßen Verena auf einen Survival-Trip zu gehen.“

„Bitte?“ Entsetzt sah er sie von der Seite an.

„Ach komm, du musst doch gemerkt haben, dass sie auf dich steht.“

„Nun, dafür kann ich nichts.“ Genervt schaltete er in den ersten Gang und der Wagen setzte sich in Bewegung.

Alles klar, dachte Lisa amüsiert. Auch ihm ist nicht entgangen, dass Verena genau in sein Beuteschema passt.

 

In der Dienststelle machte Lisa sich dann sofort daran, das Foto vom Opfer mit den Vermisstenanzeigen im näheren Umkreis abzuchecken. Immer wieder wunderte sie sich dabei, wie viele Menschen einfach spurlos verschwinden konnten. War es wirklich so einfach, nicht mehr da zu sein. Irgendjemand musste die junge Frau doch vermissen. Wieder sah sie auf das Bild des Opfers. Sie hatte das ganze Leben doch noch vor sich gehabt. Was war ihr nur zugestoßen. Wieso gab es so viele schlechte Menschen auf der Welt. Sie seufzte auf.

Jan hatte es gehört und sah kurz zu ihr herüber. „Alles in Ordnung?“, fragte er.

„Sicher“, erwiderte Lisa, „es sind nur so viele.“

„So viele was?“

„Naja, Menschen, die einfach verschwinden. Einige werden schon seit Jahren in der Kartei geführt. Niemand hat sie jemals wieder gesehen.“

„Das kann schon sein ...“, erwiderte er, „aber wieso machst du dir darüber überhaupt Gedanken.“ Er wandte sich schon wieder seinem Rechner zu. Er hatte sich vorgenommen, den Background zu Stefan Gärtner zu checken. Irgendwie ging ihm diese Begegnung auf dem Survivaltrip nicht aus dem Sinn. Sie hatten viele Stunden zusammen gesessen, dem glimmenden Feuer der letzten verkohlenden Zweige des Lagerfeuers zugesehen und dabei Rotwein getrunken. In dem Mann hatte er tatsächlich einen Verbündeten gefunden gehabt. Die Söhne allerdings stellten schnell fest, dass sie doch nicht auf einer Wellenlänge unterwegs waren. So lief es eben manchmal im Leben.

Lisa bemerkte, dass Jan schon wieder in seinen eigenen Gedanken versunken war, weshalb sie auch gar nicht mehr auf seine Frage an sie einging. Stattdessen atmete sie einmal tief durch und verglich weiter das Foto des Opfers mit weiblichen Vermissten in der Kartei. Ergebnislos, wie sich nach einer weiteren Stunde herausgestellt hatte, weshalb sie den Radius der Suche immer weiter vergrößerte.

Irgendwann klingelte dann das Telefon auf ihrem Schreibtisch und sie nahm dankbar an. Sie hörte eine Weile zu. Es war Verena Gimpel aus der Gerichtsmedizin. Sie konnte Lisa mit ihrer Nachricht zur Identität des Opfers weiterhelfen. Die Tote hatte ein Tattoo im Nacken gehabt, das ziemlich frisch gestochen worden war. Lisa bat sie, ein Foto davon zu schicken, weil sie hoffte, dass es hier in der Gegend gemacht worden sein konnte. Sie bedankte sich und legte wieder auf.

„Was Neues?“, fragte Jan und klappte seinen Laptop zu.

„Ja, vielleicht eine erste wichtige Spur“, sagte Lisa, „die Tote hatte ein frisch gestochenes Tattoo im Nacken. Verena schickt mir gleich ein Foto davon. Ich suche schon mal die Adressen der Studios heraus, damit wir sie kontaktieren können.“

„Okay“, sagte Jan, „dann hole ich uns mal einen Kaffee, bevor wir losgehen.“ Er verließ das Büro.

Während Lisa also im Internat nach Tattoostudios suchte, klingelte erneut ihr Telefon. Es war der Journalist Sven Bittner, mit dem sie sich, nachdem sie ihn in dem letzten Fall mit Eva Sturm kennen gelernt hatte, öfter mal unterhielt. Er hatte davon gehört, dass es eine junge Tote in Aurich gab. Er wollte darüber in der nächsten Ausgabe schreiben.

„Eigentlich würde ich lieber etwas später eine Pressemitteilung an alle herausgeben“, blieb Lisa in dieser Sache zugeknöpft. „Es sieht nicht gut aus, wenn wir eine Zeitung bevorzugen bei unserer Arbeit. Das letzte Mal, das war eher ein Sonderfall wegen Eva.“

„Verstehe ich“, sagte Bittner, „aber wie wäre es mit einem winzig kleinen Hinweis, der wenigstens für eine Meldung reichen würde.“

„Du gibst wohl nie auf“, lachte sie. Sie mochte seine trockene Art, sich an Dingen festzubeißen.

„Ich muss von dem Job leben“, gab er zurück.

„Naja, okay, wir wissen noch nicht, wer sie ist. Deshalb kann ich dir wirklich nur oberflächliche Details nennen. Sie ist jung, attraktiv und ziemlich tot.“

Er lachte am anderen Ende.

Jan kam mit dem Kaffee zurück und wunderte sich über die plötzlich ausgelassene Stimmung im Büro. Mit ihm lachte sie nur selten, stellte er für sich fest.

„Ich muss jetzt auflegen“, sagte Lisa, „vielleicht melde ich mich später noch einmal bei dir.“

Bittner stimmte zu und sie legten auf.

„War das wieder Verena?“, fragte Jan und stellte einen Kaffeebecher auf ihren Schreibtisch.

„Nein“, lachte Lisa, „das war Bittner.“

„Müsste ich den kennen?“ Er schlenderte zu seinem Platz und setzte sich.

„Der Journalist, du weißt schon ...“.

„Hm.“

„Der mit Eva zusammengearbeitet hat. Na, klingelt`s?“

„Ach so.“ Jan erinnerte sich vage, aber noch immer bildete sich kein Gesicht vor seinem inneren Auge ab. „Hast du die Adressen?“

„Ja, es sind acht Studios im Umkreis von zehn Kilometern von Aurich.“

„Dann sollten wir uns jeder vier davon vornehmen, schlage ich vor“, erwiderte er.

Zehn Minuten später fuhren sie vom Parkplatz.

Lisa parkte später gerade vor dem dritten Studio, als ihr Handy klingelte. Es war Jan. „Wir können wieder in die Dienststelle fahren“, sagte er, „sie heißt Dana Flessner.“

„Warte“, erwiderte Lisa, „ich versuch mal, ob ich ihre Adresse über einen Kollegen in Erfahrung bringen kann, dann fahren wir direkt zu ihrer Wohnung.“

Jan stimmte zu und warte so lange am anderen Ende. Lisa gab ihm nach wenigen Minuten den Zielort per SMS weiter. Dann fuhr sie wieder los nach Ihlow zur Wohnung von Dana Flessner.

 

Jan hatte den kürzeren Weg als Lisa gehabt und parkte bereits vor dem Zweifamilienhaus, in dem Dana Flessner im ersten Stock gewohnt hatte. Er hatte unten geklingelt. Bei dem älteren Ehepaar handelte es sich um die Vermieter des Opfers. Bestürzt hatten sie die Nachricht vom Tod der jungen Frau aufgenommen. Die ältere Dame im grauen Strickkleid hatte sich sogar in die Küche setzen müssen. Jan hatte Lisa ein SMS geschickt, dass er unten im Haus auf sie warte.

Sie klingelte an der Tür, der Besitzer des Hauses öffnete ihr und auch Jan kam schon nach draußen. Er hielt einen Schlüssel zur Wohnung von Dana in der Hand, den ihr der Vermieter ausgehändigt hatte.

Sie bedankten sich bei dem älteren Herrn und gingen nach oben in die Wohnung, die man durch einen abgetrennten Flur von der Unterwohnung aus erreichte.

Jan schloss die Wohnungstür auf und atmete tief ein, so, wie er es immer machte, wenn er das erste Mal in die Räumlichkeiten eines Todesopfers kam.

„Und?“, fragte Lisa, „schon eine erste Spur?“

Irritiert sah er sie an. Es war sonst eigentlich nicht ihre Art, sich über ihn lustig zu machen. Jedenfalls nicht so verhohlen. Und heute war es schon das zweite Mal an einem Tag.

„Entschuldigung“, schob sie hinterher, „ich weiß ja, wie du bist.“

„Hm.“

Sie gingen weiter in die Wohnung hinein. Es roch stickig, so, als ob schon länger nicht gelüftet worden wäre. Es war die typische Wohnung einer jungen Frau, die meistens anderes zu tun hatte, als aufzuräumen. Auf Jan wirkte es sympathisch. Nach allem, was er hier schon aufgenommen hatte, schien sie ein sehr fröhlicher Mensch gewesen zu sein. Bunte Tücher hingen in dicken Trauben an der Garderobe, überall roch es ein wenig blumig.

„Es sieht nicht danach aus“, sagte Lisa, als sie sein Schweigen nicht mehr ertrug, „als ob sie hier mit jemandem zusammengelebt hätte.“

„Jedenfalls nicht permanent“, erwiderte er und ging als nächstes ins Schlafzimmer. Er fand immer, dass dieser ganz private Raum am meisten Aufschluss über einen Menschen gab. Auch hier setzte sich sein Eindruck am Anfang fort. Die Bettwäsche war mit wilden Heublumen übersät. Ein Hauch von Moschus hing im Raum. Er öffnete eine Schublade und sah einen Dildo. Hemmungen hatte sie offensichtlich auch nicht gehabt. Im Kleiderschrank aus weißem Holz hingen nur ihre Kleider. Und diese schienen nach Farben sortiert zu sein. Von hell bis dunkel, uni oder gemustert. Also hatte sie auf ihre Garderobe Wert gelegt, was untermauerte, was die Vermieter gesagt hatten. Nämlich, dass sie stets ordentlich gekleidet gewesen war, weil sie in einer Bankfiliale arbeitete.

Lisa war in die Küche gegangen. Und das erste, was sie sich fragte, war, ob es ein typisch weibliches Phänomen sei, dass sie ausgerechnet hier mit der Durchsuchung begann, während Jan ins Schlafzimmer gegangen war. Die Einrichtung war in hellen Tönen gehalten, die Schränke weiß abgesetzt, die Sitzgruppe in hellem Grün mit weißen Streifen. Es hatte den Charme schwedischer Landhäuser, fand sie. Eigentlich hatte Lisa gerne einmal nach Schweden fahren wollen, doch immer war etwas dazwischengekommen. Sie las gerne skandinavische Krimis, wenn sie sich mal ungestört fühlte. Ihr gefiel der ruhige Ton, der einen unterschwellig in diesen Büchern auf leisen Sohlen hineinzog. Man konnte einfach nicht mehr aufhören zu lesen. Sie sah ein großes Bild an der Wand hängen, auf dem nur eine Kaffeetasse abgebildet war. Typisch für jemanden, der einzog und nicht wusste, was er an die Wände hängen sollte. Wenn man aus dem Fenster sah, schien goldgelbes Licht auf hohe Buchen. Ja, die Wohnung gefiel Lisa. Und sie musste an ihren eigenen kläglichen Versuch denken, sich von Jan zu lösen, als sie sich selber eine Wohnung genommen hatte. War sie eine Versagerin, weil sie den Absprung einfach nicht schaffte. In diesem Moment sah sie sich Dana Flessner gegenüber klar im Nachteil, obwohl sie doch so viel älter als sie war. Was war bloß los mit ihr. Was stimmte nicht mit ihr.

Jan war mittlerweile ins Wohnzimmer gegangen und sah in einen hellblauen Schrank, der an der einzigen geraden Wand stand. Buntes Essgeschirr, was ihn nicht mehr wunderte. Ein paar wahllos zusammengestellte Weingläser und anderer Krimskrams. An der langen schrägen Wand stand eine hellgraue Sitzgarnitur, die nicht danach aussah, als ob dort oft jemand säße. Sie hatte nicht mal einen Fernseher, stellte er fest, als er sich einmal um sich selber drehte. Das war der weitere Punkt, der ihn für sie einnahm. Er selber hatte zwar schon mal einen Fernseher besessen, doch niemals etwas angesehen. Seit er in den Hof gezogen war, verzichtete er ganz darauf. Was in der Welt geschah, das interessierte ihn nicht.

Lisa war mittlerweile ins Badezimmer gegangen. Auf dem Weg dorthin hatte sie einen Blick ins Schlafzimmer geworfen. Ein Ort, der ihr persönlich immer zu schaffen machte, weil sie sich immer fragte, ob andere sich dort drin auch so einsam fühlten wie sie manchmal, wenn sie nachts nicht schlafen konnte. Das kam in der letzten Zeit immer öfter vor. Sie war zu einer Grüblerin geworden, die stundenlang über ihre Versäumnisse nachdachte. Über das, was nach ihrer Meinung nicht richtig lief in ihrem Leben. Manchmal wachte sie nach einem kurzen Schlaf, der sie irgendwann übermannt hatte, völlig niedergeschlagen auf. Allen anderen, so auch Dana Flessner, schien es besser zu gehen als ihr. Naja, wenn man einmal davon absah, dass sie nun ermordet worden war. Lisa machte die Badezimmertür auf und ein Geruch nach Lavendel schlug ihr entgegen. Es waren die Handtücher, die links in einem weißen Holzregal lagen. Sie waren fliederfarben und verströmten diesen betörenden Duft, von dem einige Menschen sofort Kopfschmerzen bekamen. Lisa indes mochte ihn und sog ihn gierig ein. Bei Jan im Haus roch es nirgends so richtig gut. Vor allem nicht, wenn Ashes aus dem Regen hereinkam und sich erst einmal den Schmutz aus dem Fell schüttelte. Irgendwie roch es immer modrig bei Jan, ging es ihr nun durch den Sinn. Sie hatte sich daran gewöhnt.

Es gab nur eine Zahnbürste in einem schönen gläsernen Becher mit Reliefmuster. Eine Bürste, einen Kamm. Und eine Reihe Parfums, die nach Größe sortiert auf dem Bord standen. Lisa traute sich kaum, in den Spiegel zu sehen. Sie fühlte sich so klein und hässlich in diesem Moment. Wieso war es ihr nie gelungen, eine ganz normale Frau zu sein. Einen Mann zu finden, zu heiraten und ein Kind zu haben. Mein Gesicht ist so blass, dachte sie, und das, obwohl doch der Sommer gerade erst zu Ende gegangen ist. Habe ich denn gar nicht in der Sonne gesessen, bin ich nicht schwimmen gegangen oder habe in einem Eiscafé gesessen. Nein, das alles hatte sie nicht getan. Entweder Dienststelle oder Jans Haus. Mehr gab es nicht in ihrem Leben. Bisher hatte sie sich eigentlich immer sehr wohl damit gefühlt. Wieso funktionierte das nun nicht mehr. Sie schloss kurz die Augen und stellte sich vor, die Frau zu sein, die hier in der Wohnung lebte. Doch schnell wurde ihr klar, dass so etwas einfach unmöglich war. Man konnte sich nichts überstülpen, was man nicht war. Sie machte ihre Augen wieder auf und sah zur Dusche. Sie musste jetzt einfach hier raus.

Jan war auch auf den Flur getreten, als sie aus dem Bad kam. Ihre Blicke trafen sich für einen Moment.

„Nichts Besonderes“, sagte sie, „und bei dir?“

„Nein, eigentlich auch nicht.“ Er fand, dass sie sonderbar klang. „Im Wohnzimmer gab es ein Foto von Dana mit einer älteren Dame. Außerdem habe ich einen Brief von einer gewissen Gunhilda Flessner gefunden. Sie lebt wohl in einem Hospiz. Es gibt zahlreiche Anrufe auf dem AB, die von dort kommen. Irgendjemand hat ziemlich verzweifelt klingend versucht, Dana zu erreichen.“

„In einem Hospiz sind wohl immer alle verzweifelt“, entgegnete Lisa lakonisch. „Dann lass uns doch einfach mal da vorbeifahren.“

Sie verließen die Wohnung und gingen zum Wagen.

Im Hospiz

Der jungen Frau, die Jan und Lisa mit einem Lächeln im Hospiz entgegengetreten war, entglitten die Gesichtszüge, als sie hörte, dass es sich um einen Besuch der Polizei handelte. Es ginge um Gunhilda Flessner, erklärte Lisa. Es sei dringend, sie zu sprechen.

„Das wird leider nicht mehr möglich sein“, erklärte die junge Frau, „Frau Flessner ist vor kurzem verstorben. Wir haben versucht, Dana, also, ihre Enkelin noch zu erreichen, damit sie Abschied von ihrer Großmutter nehmen kann. Doch leider ...“.

„Ja“, fuhr Lisa fort, „deshalb sind wir hier. Es geht um Dana Flessner. Sie ist ermordet worden.“

„Was?“, stieß die junge Frau aus und hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht zu laut zu werden. „Das ist ja unfassbar. Wie gut, dass Gunhilda davon nichts mehr erfahren hat. Es hätte ihr das Herz gebrochen.“

„Da haben Sie sicher recht“, bestätigte Lisa. Und doch war es nun so, dass eine wichtige Zeugin ihnen nicht mehr weiterhelfen konnte. Was für ein Zufall, dachte sie, dass jetzt beide tot sind. „Gibt es vielleicht sonst noch jemanden, mit dem sich Dana Flessner hier unterhalten hat, den wir nach ihr fragen könnten?“

„Hm“, machte die junge Frau, die sich bereits wieder gefangen hatte. Sie ging anders mit dem Tod um, weil sie daran gewöhnt schien. Er konnte ihr nichts mehr anhaben. „Vielleicht Fabian, er ist in etwa Danas Alter. Sie haben hin und wieder einen Kaffee zusammen getrunken, wenn Dana hier war und am Bett ihrer Großmutter saß, während diese schlief. Sie hat sehr viel geschlafen in der letzten Zeit, müssen Sie wissen. Doch wir sagen immer, dass es auch dann wichtig ist, bei einem Sterbenden zu sein, denn er spürt die Nähe eines geliebten Menschen.“

„Wo finden wir Fabian?“, fragte Jan, der einen Lichtblick sah, diesem Gespräch zu entkommen. Ihm dauerte das alles viel zu lange. Die alte Dame war doch sowieso tot. Hier kamen sie nicht weiter.

„Einen Moment“, sagte die junge Frau, „ich sehe mal auf dem Plan nach.“ Sie ging ins Schwesternzimmer und sah auf ein Smartphone. Dann kam sie zurück. „Er ist im Zimmer von Rolf Gutstedt. Ich könnte Sie dorthin begleiten.“

„Das sehen Sie auf Ihrem Handy?“, hakte Lisa nach.

Die junge Frau nickte. „Wir können unsere Betreuer über eine App jederzeit orten. Das macht die Arbeit leichter.“

Lisa nickte. Dann folgten sie und Jan der jungen Frau über den Flur.

Fabian saß am Fenster und las in einem Buch, als sie das Zimmer betraten. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass jemand hereinkam, wenn er hier war, und sah ein wenig erschrocken auf. Vor allem, weil hinter Diana zwei Fremde standen, die er nicht kannte und die eigentlich nichts mit Rolf zu tun haben konnten.

„Das Herr Krömer und Frau Berthold von der Polizei“, flüsterte Diana und seine Augen wurden noch größer. „Es geht um Dana Flessner, du weißt schon, die Enkelin von Gunhilda.“

„Polizei“, wiederholte Fabian ebenso flüsternd. Dann sah er zu dem schlafenden Mann in seinem Bett. „Was hat Rolf denn damit zu tun?“

„Gar nichts“, erklärte Diana, „am besten wir gehen kurz in den Pausenraum.“ Sie sah fragend zu Lisa, die dazu nickte.

Fabian erhob sich und bald darauf saß er alleine mit Jan und Lisa an einem Besuchertisch. Diana hatte sich indes verabschiedet, da sie der Meinung war, nichts weiter zu den Fragen der Polizei beitragen zu können.

„Was ist denn nun mit Dana?“, fragte Fabian und klang ein wenig ungeduldig. „Ich kann meine Arbeit hier nicht so lange unterbrechen, wissen Sie. Wenn Rolf aufwacht, dann sollte ich da sein.“

„Wir machen es kurz“, sagte Jan. Er hatte Respekt vor diesem jungen Mann mit den hellen Haaren und wachen blauen Augen. Wenn man sich in dem Alter dazu entschloss, sich nur mit Menschen zu umgeben, die dem sicheren Tod entgegensahen, um sich um sie zu kümmern und dabei zu begleiten, so musste es sich wohl um einen ganz besonderen Menschenschlag handeln. Selbstlos fiel ihm ein. Und voller Herzenswärme. „Dana Flessner ist ermordet worden“, fuhr er fort und bemerkte, wie Fabian die Farbe aus dem Gesicht entwich. „Man hat sie einem Waldstück nahe Aurich gefunden.“

„Ermordet?“, wiederholte Fabian tonlos. „Das ist ja furchtbar. Wir haben uns schon gewundert, warum wir sie nicht erreichen konnten, als Gunhilda, also, ihre Großmutter, als diese im Sterben lag.“

„Ihre Kollegin meinte, Sie hätten Dana besser als die anderen hier im Haus gekannt, ist das zutreffend?“

„Naja, gekannt ist sicher übertrieben. Wir haben hin und wieder einen Kaffee zusammen getrunken, wenn sie hier im Haus war. Das ist eigentlich auch schon alles.“

„Und worüber haben Sie sich unterhalten?“

Fabian zog die Schultern hoch. „Worüber man eben so redet. Vor allem ging es natürlich um ihre Großmutter und wie es sein würde, wenn diese starb. Dana machte sich viele Gedanken über den Tod, seitdem Gunhilda hier eingezogen war vor ein paar Monaten. Sie war die einzige nähere Verwandte, die sich um sie gekümmert hat.“

„Gibt es da denn noch weitere?“, hakte Lisa nach.

„Nicht hier jedenfalls, mehr weiß ich dazu leider nicht. Dana hätte das Haus ihrer Großmutter in Aurich geerbt. Wer das jetzt allerdings bekommt, das weiß ich nicht.“

„Wir werden das schon herausbekommen“, sagte Lisa. „Ich denke“, sie warf einen Blick zu Jan, „Sie können sich jetzt wieder um Ihren Patienten kümmern. Sie lesen ihm vor?“

Fabian nickte, während er sich bereits erhob. „Ja, manchmal. Rolf mag das.“

„Wieso haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?“, fragte Jan, und Lisa sah ihn mit zusammengezogenen Brauen skeptisch an.

„Warum?“ Fabian schürzte die Lippen. „Nun, ich war vorher als normaler Altenpfleger tätig. Irgendwie hatte ich da immer das Gefühl, die Patienten zu enttäuschen, weil ich kaum für etwas Zeit hatte. Und schon gar nicht für ein nettes Gespräch, was die meisten alten Menschen eigentlich am meisten vermissen. Vor allem, wenn sie schon alleine leben, weil ihr Partner vor ihnen verstorben ist. Aber der Alltag in der Pflege, das ist Hektik pur. Ich konnte das einfach nicht mehr machen.“

„Verstehe“, sagte Jan und seine gute Meinung über diesen jungen Mann verfestigte sich noch mehr. „Es ist wirklich schade, wie sich alles entwickelt hat. Ich meine, das Leben an sich.“

Klar, dachte Lisa, du bist ja auch Experte darin. Sie konnte es nicht fassen, was Jan hier für eine Show abzog. Als ob er wüsste, wie es sich anfühlte, wenn Menschen einsam waren.

„Ich geh dann mal“, sagte Fabian und warf beiden nochmal einen Blick zu.

„Wenn Ihnen noch etwas einfallen sollte zu Dana, dann melden Sie sich bitte bei uns“, sagte Lisa.

Dann war sie alleine mit Jan, doch er stand immer noch nicht auf. „Sag mal, was war das denn eben.“ Sie konnte das einfach nicht für sich behalten.

„Wie?“ Jan schien noch immer in Gedanken zu sein.

„Ach, egal. Lass uns jetzt gehen.“ Sie stand auf und ging zur Tür. Jan folgte ihr.

 

Sie fuhren zurück ins Büro, nachdem sie auch noch einen Abstecher bei der Bank, in der Dana Flessner gearbeitet hatte, gemacht hatten. Dort hatte man die Nachricht vom Tod der Mitarbeiterin mit Bestürzung zur Kenntnis genommen. Sie sei immer zuverlässig gewesen und kam mit allen gut zurecht. Nein, was genau ihr zugestoßen sein mochte, darüber konnte niemand etwas sagen. Dafür nun wiederum hätte man sie auf privater Ebene einfach zu wenig gekannt.

„Von Verena ist noch nichts eingegangen“, sagte Lisa, als sie die Mails gecheckt hatte. „Das dauert sicher noch bis morgen Abend.“

Jan hatte sich auf seinen Schreibtisch gesetzt und sah zur Pinnwand. Mittlerweile hingen dort viele Fotos vom Fundort und der Leiche. Die Spurensicherung ging nicht davon aus, dass man Dana Flessner dort auch ermordet hatte. Es deuteten nur minimal hinterlassene Spuren darauf hin, dass man sie dort abgelegt hatte, als sie bereits tot gewesen war. Er hatte weitere Bilder von Dana, die er aus der Wohnung mitgenommen hatte, auf denen sie noch fröhlich in die Kamera lächelte, daneben aufgehängt. Und dazu das Bild, worauf Dana mit ihrer Großmutter abgelichtet worden war.

„Sie sind nun beide tot“, murmelte er.

„Wie?“ Lisa hatte zwar gehört, dass er etwas gesagt hatte, jedoch verstand sie es nicht.

„Ach nichts“, erwiderte er, „ich habe nur laut gedacht.“

Früher haben wir das zusammen gemacht, dachte Lisa und musterte seinen schmalen Rücken in dem hellblauen Hemd. Da haben wir zusammen dort gesessen und uns Gedanken gemacht.

Jan drehte sich plötzlich zu ihr um und sie fühlte sich ertappt und sah schnell wieder auf ihren Bildschirm. „Was meinst du, wollen wir nach Hause fahren und uns etwas zu essen machen. Heute kommen wir hier sowieso nicht weiter.“ Er lehnte sich auf den Schreibtisch, seine Schultern nach vorne gebeugt. Er wirkte wie ein kleiner Junge auf Lisa, die ihn wieder ansah. Und dass er sich so für den Pfleger interessierte, war doch auch ein gutes Zeichen. Er war nicht so kalt, wie er manchmal rüberkam.

„Möchtest du Jonar dazu einladen?“, fragte sie.

„Jonar?“, erwiderte er und richtete sich auf. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ Es schien ihm fast unangenehm zu sein, jetzt über seinen Sohn nachdenken zu müssen.

„Ach, fiel mir nur so ein“, wiegelte sie ab, „ihr habt euch ja schon eine Weile nicht mehr gesehen.“

„Dafür haben wir aber vorher eine ganze Woche im Wald zusammen verbracht“, erwiderte er mit einem Augenzwinkern, „das reicht erst mal für eine Weile.“

„Aber sei ehrlich, es war doch eine gute Idee von ihm gewesen, oder nicht?“ Lisa griff bereits nach ihrer Jacke.

„Doch doch, es war schon gut“, bestätigte er und zog sich seinen Parka über.

Dann verließen sie zusammen die Dienststelle.

Todesatem

Sie hatte jegliches Gefühl für die Zeit verloren. Um sie herum war es dunkel, sie roch nichts, was ihr vertraut erschien. Hin und wieder hörte sie eine Tür, die ins Schloss fiel. Sie wusste nicht, wo sie war. Und kaum konnte sie sich in Erinnerung rufen, wie sie eigentlich hierher gekommen war. Sie war schwach, hatte Durst. Den Hunger, den spürte sie schon lange nicht mehr. Und obwohl sie nichts mehr aß, so hatte sie das Gefühl, dass sich in ihrem Inneren etwas vergrößerte. Ja, genauso fühlte es sich an. Sie konnte nicht sagen, was es war. Doch es war in ihrem Magen. Etwas, das ihn ausfüllte. Bestimmt war das auch der Grund, warum sie keinen Hunger mehr verspürte. Eher hatte sie das Gefühl, wenn es so weiterginge, dann würde sie platzen.

Ihre Beine waren an den Stuhl gefesselt, auf dem sie saß. Die Hände auf dem Rücken zusammengebunden, sie schmerzten immer mehr. Er hatte das Seil zu fest geschnürt. Vielleicht starben ihre Hände auch schon ab. Sie wusste, sie würde sterben. Aber warum tat ihr jemand so etwas an. Immer, wenn sie wach wurde, grübelte sie darüber nach. Sie fand einfach keine Antwort auf diese Frage. Sie hatte niemandem etwas getan. Sie war bei der Arbeit beliebt, war fleißig und kümmerte sich sogar um streunende Katzen. Wer war dieser Mensch, dem etwas an ihr missfallen hatte. Was hatte sie falsch gemacht. An der falschen Stelle über einen Witz gelacht und damit jemandes Gefühle verletzt. Das konnte sein. Sie lachte nämlich sehr gerne. Doch schadenfroh, wenn anderen etwas zustieß, war sie niemals gewesen. Man konnte vieles über sie sagen, aber sie war immer freundlich zu anderen, half alten Damen über die Straße oder hievte schwere Einkäufe in die Wagen anderer, wenn sie damit überfordert schienen.

Eigentlich war sie noch sensibler geworden, wenn es um das Leid anderer Menschen ging, seitdem ihr Mann so krank geworden war. Sie hatte am Anfang gar nicht gewusst, was sie machen sollte, als er die Diagnose Krebs erhalten hatte. Das hatte ihr ganzes Leben aus der Bahn geworfen. Er war doch noch jung, gerade in den Fünfzigern. Sie hatten noch viel vorgehabt. Wollten zusammen verreisen, schick essen gehen und das Leben einfach nur genießen. Es war für beide die zweite Ehe, da gab man viel mehr aufeinander acht, weil man wusste, was auf dem Spiel stand. Und dann das. Ja, sie war sogar zunächst ein wenig wütend auf ihn gewesen, obwohl das völlig irrsinnig war, wie sie sich schon bald eingestand. Doch warum musste ausgerechnet er so krank werden. Es gab so viele Menschen, denen sie nur das Schlechteste wünschte, weil diese auch anderen nichts Gutes im Leben taten. Eher im Gegenteil. Männer schlugen ihre Frauen und Kinder. Andere Männer vergewaltigten Frauen. Warum bekamen die denn keinen Krebs, hatte sie einmal zu ihrem Mann unter Tränen gesagt. Er hatte ihr dann nur hilflos über den Kopf gestrichen, als müsse er sich dafür entschuldigen, dass er Krebs hatte. Sie war manchmal wirklich wie ein kleines verwöhntes Kind. Er hatte ihr gesagt, dass er sie liebte.

Nun musste sie daran denken und kümmerliche salzige Tränen liefen aus ihren Augenwinkeln über ihr Gesicht.

Obduktion

Verena Gimpel war bestimmt nicht so wie einige ihrer älteren Kollegen, die sich die Nächte in der Gerichtsmedizin um die Ohren schlugen, weil sie mit ihrem eigenen Leben nichts mehr anzufangen wussten. Doch Dana Flessner fasste sie ganz persönlich an. Der brutale Tod dieser jungen Frau machte sie besonders betroffen, weil auch ihre jüngere Schwester vor einigen Jahren einem Triebtäter zum Opfer gefallen war. Und irgendwo, da weinte auch jemand um Dana, war sie sich sicher. Er hatte es verdient, zu erfahren, was ihr geschehen war. Deshalb war sie auch um halb elf am Abend immer noch in Oldenburg in der Gerichtsmedizin und sah auf die geöffnete Leiche. Und was sie sah, das machte sie sprachlos. Im Magen der jungen Frau hatte ein riesiger Klumpen gesteckt. Er war fast so hart wie Stein gewesen. Es war unmöglich, so etwas zu schlucken. Deshalb stand Verena Gimpel nun vor dem Rätsel, was hier geschehen sein könnte. Sie wusste, dass sie es an die ermittelnden Kollegen gleich am nächsten Morgen weitergeben musste. Am liebsten hätte sie jetzt noch bei Jan Krömer angerufen. Doch dafür kannte sie ihn einfach noch zu wenig, um zu wissen, was er um diese Uhrzeit machte. Als sie an ihn dachte, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Ja, er gefiel ihr schon ganz gut, dieser große schlaksige Typ im Parka. Und sie hatte auch gespürt, dass da etwas zwischen ihm und seiner Kollegin war. Lisa Berthold hatte sie so sonderbar angesehen, als sie sich vorgestellt hatte. Dann war ihr Blick zu Jan Krömer gewandert, so, als würde sie ihn fragen wollen, was er von ihr, Verena, denn so hielte.

Sie dachte für einen Moment ernsthaft darüber nach, zum Telefon zu greifen, doch dann entschied sie sich anders und wandte sich wieder der Leiche zu. Der Klumpen in dem Magen, er hatte die Wände praktisch aufgerissen, als er so groß geworden war, dass er den zur Verfügung stehenden Platz überschritten hatte. So war das Opfer innerlich verblutet, und zwar innerhalb kürzester Zeit. Kein Wunder, dass man äußerlich auf nichts gestoßen war. Verena rekapitulierte, dass der offensichtlich dehydrierte Körper praktisch sich selbst überlassen gewesen sein musste, bis der Tod eintrat. Gefesselt auf einem Stuhl hatte Dana Flessner auf ihren grausamen Tod gewartet. Ganz für sich alleine. Diese Vorstellung machte Verena zu schaffen. So wie ihr Gedankenkarussell, das sie manchmal zu ihrer Schwester quälte, wenn sie sich vorstellte, wie der brutale Vergewaltiger sie im Park zu Boden gerissen und ins Gebüsch geschleift hatte. Da war auch ihre Schwester ganz alleine gewesen. Verena machte sich heute noch Vorwürfe, dass sie sie nicht mit dem Wagen vom Bahnhof abgeholt hatte. Doch ihre Schwester hatte darauf bestanden, den Bus zu nehmen und dann den Rest durch den schönen Park zu gehen. Ein verhängnisvoller Fehler. Frauen mussten vor Männern auch im 21. Jahrhundert immer noch auf der Hut sein. Unfassbar.

Verena riss sich nun zusammen und diktierte alles in das Aufnahmegerät, damit die Obduktion von einer Bürokraft gleich am nächsten Morgen abgetippt werden konnte. Es war bereits nach ein Uhr in der Nacht, als sie die Gerichtsmedizin endlich verließ.

 

Jan und Lisa hatten zusammen gegessen, wobei sie ihre halbe Pizza an Ashes verfüttert hatte. Sie habe gar nicht so einen großen Hunger, hatte sie gemeint. Dann war sie, nachdem sie nur ein Glas Rotwein mit ihm getrunken hatte, wobei sie nicht viel sagte, schon gegen elf Uhr ins Bett gegangen. Nun saß Jan alleine auf dem Sofa. Ashes war nach draußen gegangen, um ein wenig durch die Nacht zu stromern. Jan dachte an das Opfer. Und an Verena. Er wusste, dass sich die Gerichtsmedizinerin ausgiebig mit der Toten beschäftigt hatte. Das war ihr Job. Doch dieses Mal wäre er gerne dabei gewesen. Irgendetwas war anders an diesem Fall. Und dann war da noch Fabian, der junge Mann aus dem Hospiz, der ihm nicht aus dem Kopf gegangen war. Wieso war es für ihn so leicht, diesem Respekt zu zollen für das, was er tat, während es ihm bei seinem eigenen Sohn Jonar so schwerfiel, dessen Persönlichkeit zu akzeptieren. So viel älter war Fabian ja nicht. Und auch Jonar würde seinen Weg finden. Er machte eine Ausbildung in einer größeren Werbeagentur, wo er seine Fähigkeit, abstrakt zu denken, großartig einbringen konnte. Wieso ist das in meinen Augen nichts wert, fragte sich Jan nachdenklich. Was erwartete er eigentlich von ihm. Er schenkte sich noch einmal Rotwein nach und nippte an seinem Glas. Ihn überkam das Gefühl, dass sich etwas ändern würde. Eine vage Ahnung stieg in ihm auf, dass das Leben, wie er es bisher geführt hatte, eine dramatische Wendung nehmen würde. Was genau das war, was da geschehen sollte, er hätte es nicht sagen können. Es war nur so ein Gefühl, das nun eine Gänsehaut auf seinen Armen hervorrief. Ashes kam entgegen ihrer sonstigen Gewohnheiten zurück ins Haus und schüttelte sich direkt vor Jan den Regen aus dem Fell. Er sah auf den Hund und studierte seine Augen. Nein, mit Ashes war alles gut. Sie würde Chief noch nicht folgen. Aber vielleicht, so ging es weiter durch seinen Kopf, vielleicht hat es ja mit Verena zu tun. Er erinnerte sich gut an ihre schönen dunklen Augen mit den leicht geschwungenen Brauen. Ihr Blick, den sie auf ihn gerichtet hatte, vielleicht sogar einen kurzen Moment zu lange, so dass es auch Lisa aufgefallen war, er war warm und weich gewesen. Und das, obwohl sie gerade eine Tote untersuchte. Augen sagten viel über einen Menschen aus. Der Blick konnte tot oder lebendig sein, warm oder kalt. Voller Lieber oder Hass. Er selber wusste nicht, wie seine Augen auf andere wirkten. Man spiegelte sich immer nur in dem anderen. Er hörte, wie Lisa noch einmal ins Bad ging. Vermutlich konnte sie nicht schlafen. Er hoffte, dass sie sich doch noch einmal zu ihm setzen würde. Er hätte gerne mit ihr gesprochen, so, wie sie es sonst immer taten, wenn sie einen neuen Fall hatten. Doch Lisa kam nicht zu ihm zurück. Ob mit ihr etwas nicht stimmt, dachte er bei sich. Vielleicht sollte ich sie fragen, nahm er sich vor.

 

Fabian saß um diese Zeit zu Hause in seiner Wohnung. Er lebte alleine, weil aus einer Beziehung, die er sich erhofft hatte, doch wieder nichts geworden war. Frauen kamen nur schwer damit zurecht, dass er sich ständig mit dem Tod beschäftigte. Er saß auf seinem Sofa, im Fernseher lief einer dieser vielen Serien auf einem Streamingdienst mit leisem Ton. Auf dem Tisch stand eine Flasche Bier, die er abends immer trank, bevor er ins Bett ging. In seiner Hand hielt er ein Foto von Dana Flessner. Während er auf das Bild sah, ging ihm die letzte Begegnung mit ihr durch seinen Kopf. Sie hatten sich auf dem Flur im Hospiz getroffen, als sie auf dem Weg zu ihrer Großmutter war. Sie waren kurz stehengeblieben und hatten übers Wetter gesprochen. Und nun waren beide tot. Gunhilda und Dana. Die Menschen wussten nicht, wann das Leben vorbei sein würde, dachte Fabian und atmete tief ein. Das war sicher aus besser so. Er selber hätte auch nicht gerne gewusst, dass er in drei oder vier Monaten oder vielleicht in einem Jahr sterben würde. Deshalb bewunderte er Menschen wie Gunhilda und Rolf und all die anderen im Hospiz dafür, dass sie mit dieser Gewissheit in irgendeiner Weise klarkamen. Ihn morgens, wenn er ins Zimmer kam, freundlich begrüßten und sich auf eine nette Unterhaltung oder das Frühstück freuten. Ja, der Mensch sollte sich viel öfter seiner Endlichkeit bewusst sein, dachte Fabian und schaltete den Fernseher aus. Dann trank er sein Bier zu Ende und legte sich schlafen.

In der Dienststelle

Lisa hatte gehofft, den Bericht von Verena schon im Mailpostfach vorzufinden, als sie den Rechner in der Dienststelle anschaltete.

„Sie hat was geschickt“, sagte sie zu Jan, der gerade seine Jacke über einen Stuhl legte. „Oh“, klang sie dann ein wenig enttäuscht, „sie hat zwar geschrieben, dass sie mit der Obduktion fürs erste fertig ist, allerdings schickt sie keinen Bericht.“

„Wieso nicht?“ Jan hatte sich an seinen Schreibtisch gesetzt.

„Eine von den Bürokräften, die den Bericht tippen sollte, hat sich kurzfristig krankgemeldet.“

„Na, dann soll sie ihn doch einfach selber tippen“, maulte Jan, „schließlich müssen wir mit unserer Arbeit auch mal weiterkommen.“

„Sie kommt hierher“, fuhr Lisa fort. Sie beobachtete, wie sich seine Mundwinkel hoben. Er freute sich also, sie zu sehen. „Gegen elf, schreibt sie, wird sie eintreffen. Und offensichtlich hat sie eine interessante Entdeckung gemacht.“

„Na, wenigstens eine“, meinte Jan und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, so, als ob ihm daran gelegen wäre, gut auszusehen. „Aber worum es geht, schreibt sie wohl nicht.“

„Nein, du weißt ja, Gerichtsmediziner machen es gern spannend“, erwiderte Lisa. Sie sah auf ihre Uhr. „Das dauert noch eine gute Stunde. Was machen wir so lange?“

„Tja“, Jan verschränkte nun die Arme in seinem Nacken. Dann drehte er sich mit seinem Bürostuhl zur Pinnwand um. „Es ist sonderbar“, fuhr er fort, „so eine schöne junge Frau und der Täter hat keinerlei sexuelles Interesse an ihr gezeigt.“

„Hm“, machte Lisa und lehnte sich auf ihren Schreibtisch, „jedenfalls nicht auf die Art, die wir gewohnt sind“, entgegnete sie dann. „Lass uns mal abwarten, was deine Verena entdeckt hat. Vielleicht hat es ja mit Sex zu tun.“

„Meine Verena“, murmelte Jan, „kannst du das mal lassen.“

„Ach, es stimmt also, du magst sie“, stichelte Lisa weiter.

„He“, nun drehte er sich zu ihr um und machte ein verdrießliches Gesicht. „Ich kenne diese Frau überhaupt nicht und ich wäre dir dankbar, wenn du vor ihr solche Bemerkungen und Andeutungen unterlassen könntest.“

Lisa spürte, dass es ihm sehr ernst damit war. Ja, er schien wirklich sauer zu sein. Das hatte sie nicht gewollt. „Tut mir leid“, brachte sie leise hervor. „Es ist kindisch von mir gewesen.“

Da war etwas in ihrer Stimme, dass ihn aufmerken ließ. Sie klang so verletzt. „Lisa“, sagte er, „wenn ich zu harsch reagiert habe, dann entschuldige ich mich dafür.“ Er wandte sich seinem Bildschirm zu.

„Soll ich uns einen Kaffee holen?“

„Hm, damit sollten wir warten, bis meine Verena da ist“, erwiderte er und lachte.

„Ach was“, machte Lisa und grinste. Es schien alles wieder in Ordnung zu sein zwischen ihnen beiden.

Sie saßen beide nun an ihren Rechnern und scrollten sich durch Nachrichten, die Berichte der Spurensicherung und anderes Zeugs, was einem zwangsläufig begegnete, wenn man im Internet surfte.

Dann endlich klopfte es an die Tür und sofort wurde aufgemacht.

„He“, sagte Verena, „bin ich hier richtig?“ Ihr Blick fiel zuerst auf Jan.

„Sicher“, sagte Lisa. Nun wandte sich Verena ihr zu.

Jan stockte förmlich der Atem. Er hatte ja gewusst, dass sie gut aussehen musste. Aber so. Sie war relativ groß für eine Frau und schmal. Ihre langen dunklen Haare tanzten wie leichte Federn um ihre Schultern. Zu ihren dunklen großen Augen hatte sich ein schön geschwungener Mund mit vollen Lippen gesellt. Sie raubte ihm fast den Verstand, als sie in ihrer verwaschenen Jeans einfach auf Lisas Schreibtisch Platz nahm. Dabei streifte sie ihre dunkelblaue Jacke ab, so dass er durch die weiße Bluse, die sie trug, ihre kleinen, aber sehr wohlgeformten Brüste erahnen konnte. Du kannst den Mund jetzt wieder zumachen, hörte er Lisa förmlich sagen, als er ihrem Blick begegnete.

„Ich hol dann mal Kaffee“, sagte sie und verließ das Büro.

„Du hast gute Neuigkeiten für uns, habe ich gehört“, sagte Jan mit trockener Kehle, als er mit Verena alleine war.

„Ja, so kann man das wohl sagen“, erwiderte Verena und schlug ihre Beine übereinander.

Trotz der Wirkung, die sie zweifellos hatte, war sie ein völlig natürlicher Typ. Genau die Sorte Frau, die Jan den Verstand rauben konnte.

Lisa kam mit drei Kaffeebechern zurück, die sie umständlich in eine Hand mit Unterstützung ihres Armes quetschte, als sie die Tür öffnete.

„Warte, ich helfe dir.“ Grazil sprang Verena lautlos vom Schreibtisch und eilte zur Tür. Sie nahm Lisa zwei Becher ab und ging zu Jans Schreibtisch und stellte einen vor ihm ab. „Bitte“.

Jan sog den Hauch von Sandelholz, den sie verströmte, gierig ein, als sie sich zu ihm herunterbeugte. „Danke.“

Verena ging wieder rüber zu Lisa. Irgendwie ahnte sie wohl, was hier vor sich ging und sie wollte die Kollegin nicht außen vor lassen. „Also“, begann sie dann, nachdem sie sich auf den Stuhl vor Lisas Schreibtisch gesetzt hatte. „Ich habe herausgefunden, woran das Opfer gestorben ist.“

Jan und Lisa sahen sie interessiert an.

„Sie starb an den Folgen einer großen inneren Blutung“, fuhr Verena fort und Jan und Lisa runzelten beide die Stirn. „Ausgelöst wurde diese Verletzung durch einen großen harten Klumpen in dem Magen des Opfers. Er muss die Magenwand quasi zerrissen haben.“

„Wie bitte?“, fragte Lisa als erste. „Was für ein Klumpen soll das denn gewesen sein? Sowas kann man doch gar nicht schlucken.“

„Das ist richtig“, bestätigte Verena, „und ich bin zu dem Schluss gekommen, also, wenn ihr erlaubt, schließlich ist das ja eigentlich euer Job, aber ich denke, dass der Täter dem Opfer etwas eingetrichtert hat, was hinterher im Körper versteift ist. Ich denke da zum Beispiel an eine ähnliche Substanz wie die, die Zahnärzte verwenden, um Abdrücke vom Gebiss eines Patienten zu machen. Ich habe den Klumpen dahingehend bereits untersucht. Es spricht vieles dafür, dass ich richtig liege.“

„Das klingt interessant“, meinte Jan und legte die Füße auf den Schreibtisch. Seinen Kaffeebecher hielt er noch in der Hand und rieb mit ausgestrecktem Zeigefinger über den Rand. „Denkst du, dass wir uns jetzt mit dem Zahnarzt von Dana Flessner befassen sollten, Lisa?“

Dafür war Lisa ihm unendlich dankbar, dass er sie ansprach. „Ja, sicher. Ich kümmere mich gleich darum, herauszufinden, in welche Praxis sie ging.“ Und schon tippte sie etwas in ihre Tastatur.

„Es kommt noch besser“, fuhr Verena fort, „der Körper des Opfers war völlig dehydriert, weshalb ich davon ausgehe, dass der Täter sie an den Stuhl gefesselt hat, ihr die Flüssigkeit einflößte und sich dann ab dem Zeitpunkt nicht mehr um das Opfer gekümmert hat.“

„Du denkst also“, rekapitulierte Jan, „dass er sie einfach hat sterben lassen, ohne noch weiteres von ihr zu wollen?“