Hexenküsse schmecken besser - Mara Waldhoven - E-Book

Hexenküsse schmecken besser E-Book

Mara Waldhoven

0,0
2,49 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ben hat gerade andere Sorgen, als den Klassenvorstand seiner Tochter anzubaggern. Seit kurzem teuer geschieden, muss er in seine Rolle als alleinerziehender Vater einer sechzehnjährigen Tochter erst hineinwachsen. Die temperamentvolle Nina mit den kaum zu ignorierenden sexy Kurven erinnert ihn nur dummerweise immer wieder daran, dass er als Vater ziemlich schwächelt und als Mann zunehmend untervögelt ist.
Als dann der Schuldirektor auch noch die glorreiche Idee hat, die hitzköpfige Lehrerin und den dominanten Stararchitekten für das alljährliche Theaterprojekt zusammenzuspannen, kommt es, wie es kommen muss: Es fliegen gewaltig die Fetzen und gleichzeitig sprühen die Funken, dass die Bühne beinahe in Brand gesetzt wird.

Eine prickelnde, humorvolle Liebesgeschichte über zwei Menschen, die sich lieber aus dem Weg gehen sollten … Jeder Roman der Black Stiletto Lounge-Reihe kann unabhängig voneinander gelesen werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2020

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

IMPRESSUM

Willkommen in der Black Stiletto Lounge

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Epilog

Leseprobe Dark Boys kuscheln gerne

IMPRESSUM

„Hexenküsse schmecken besser“ aus der Reihe „Black Stiletto Lounge“ © Mara Waldhoven

Alle Rechte vorbehalten

***** Mara Waldhoven

c/o F. Olz

Kirchwegsiedlung 26

3484 Grafenwörth

[email protected]

***** Deutsche Erstausgabe Oktober 2019 ***** Cover Design: Rebecca Wild, Sturmmöwen.at

Bildmaterial:

11460661 (depositphotos)

159240965 (shutterstock)

4298748 (depositphotos)

488682844 (shutterstock)

Logo Design „Black Stiletto Lounge“: Rebecca Wild, Sturmmöwen.at

***** Alle Rechte einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form sowie die Übersetzung des Werkes sind vorbehalten und bedürfen der schriftlichen Genehmigung der Autorin. Dies gilt ebenfalls für das Recht der mechanischen, elektronischen und fotografischen Vervielfältigung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Handlung und die handelnden Personen, sowie deren Namen, sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden bzw. realen Personen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Willkommen in der Black Stiletto Lounge

Du bist keine 20 mehr, aber trotzdem, oder gerade deswegen, so richtig gut drauf.

Deine Kinder distanzieren sich deshalb von dir? Mach dir nichts draus, die kommen wieder - … spätestens, wenn sie Hunger haben.

Du weißt, was du willst, mal abgesehen von den zahlreichen Must-haves in deinem Kleiderschrank, die den Weg hinaus nicht mehr gefunden haben.

Falten können dir egal sein, dein bezauberndes Lächeln lässt sämtliche Zeichen der Zeit vergessen.

Lebenserfahrung ist sexy … nur leider kannst du das nicht immer so gut rüberbringen. Dummerweise immer dann, wenn der heiße Typ von nebenan um die Ecke biegt.

Ärgere dich nicht, denn das Leben hat dich eines gelehrt, irgendwann kommt der richtige Zeitpunkt und dann schlägst du zu! Und das ohne Rücksicht auf Verluste. Eine schmerzvolle Erfahrung für das lästige, junge Gemüse, das sich immer unser Objekt der Begierde krallen will …

Trifft mindestens einer dieser Punkte auf dich zu? Dann bist du bei uns genau richtig.

In der Black Stiletto Lounge.

Und wie das so ist, wenn eine „Neue“ dazukommt, beginnen wir gleich einmal mit der Vorstellungsrunde. Lass uns mit Nina beginnen: Nina Kutzelovskey, liebevolle Mutter und leidenschaftliche Lehrerin mit einem Hang zum Ungehorsam. Genau das, was unser männlich dominanter Stararchitekt Ben nicht gebrauchen kann. Glaubt er zumindest.

Mach es dir gemütlich, schenk dir ein Glas Rotwein ein und zünde die Duftkerzen an. Ninas und Bens Geschichte könnte etwas länger dauern …

Kapitel 1

„Ich bin Lehrerin, und das wirklich sehr gerne. Ich mag meine Schüler, sie sind süß, auch wenn ich hin und wieder einen von ihnen auf den Mond schießen könnte. Mitsamt den Eltern, na ja, vielleicht nicht alle … Ben Drächsler ist genau die Sorte Vater, die mir schlaflose Nächte bereitet.

Weil er nervt.

Weil er ein arroganter Wichtigtuer ist, der davon ausgeht, dass alle Menschen nur darauf warten, seine Wünsche zu erfüllen. Und das möglichst flott.

Weil sein durchdringender Blick keinen Zweifel daran lässt, dass er alles tut, um seinem Prinzesschen sämtliche Steine aus dem Weg zu räumen. Auch wenn er sich dafür mit dem Klassenvorstand anlegen muss. Mit mir.

Diesmal ist er allerdings an die Falsche geraten, so leicht lasse ich mich nicht unterkriegen! Und es gibt Schulungen für solche Problemfälle. Auch wenn diese über eine einladend breite Kuschelbrust verfügen und denken, wenn sie ihre Muckis unter dem maßgeschneiderten Hemd spielen lassen, wird das dumme Lehrermäuschen schon den Mund halten und klein beigeben.

Mache ich nicht, und je länger mir dieser unsympathische Kerl gegenübersitzt, desto sturer werde ich … und er vergreift sich gerade ziemlich im Ton!

„Ja, ich habe ein Problem, und zwar mit Ihnen. Genauer gesagt mit wichtigtuerischen, offensichtlich vom Leben enttäuschten Frauen, die diesen Frust dann an unschuldigen Kindern auslassen!“ Er beugt sich vor und funkelt mich zornig an.

Ich sehe die dunkel schimmernden Gewitterwolken in seinen stahlblauen Augen. Unter anderen Umständen könnte mich diese Augenfarbe durchaus faszinieren, aber nicht jetzt, nicht in diesem Moment. Weil mich dieser Widerling gerade furchtbar ärgert! Und das noch dazu völlig ungerechtfertigt! Er sollte sich mit mir gutstellen, denn ich bin im Moment die Einzige, die das drohende, schulische Karriereende seiner – gar nicht so unschuldigen – Tochter verhindern kann. Was er aber entschlossen ignoriert, sein ganzer Zorn entlädt sich auf mich.

Trotz seiner verbalen Entgleisung bemühe ich mich ruhig zu bleiben, obwohl es mir wirklich schwerfällt. Ich darf aber meine Aufgabe, meine Berufung nicht vergessen: Das geistige und seelische Wohl meiner Schüler und nicht die Verhaltensauffälligkeiten der Eltern. Denen ist meist eh nicht mehr zu helfen.

„Es gibt keinen Grund, so beleidigend zu werden, wir stehen auf der gleichen Seite. Ich will Ihrer Tochter helfen, also lassen Sie uns doch bitte diese Sache wie zwei zivilisierte Menschen besprechen“, schlage ich bemüht gelassen vor … und bevor er nach einem tiefen Atemzug das Wort wieder an sich reißen kann, rede ich mit fester Stimme weiter. „Bitte zurück auf die sachliche Ebene, nicht unter die Gürtellinie.“ Ich setze mein wichtiges Lehrergesicht auf und starre ihm mit der nötigen, gouvernantenhaften Strenge ins Gesicht. Bei meinen Schülern funktioniert das immer … na ja, meistens … okay, wenn ich Glück habe. Sehr viel Glück! Und auch nur, wenn ihnen gerade danach ist.

Er beginnt zu grinsen, völlig unerwartet, und das bringt mich nun schnell wieder aus dem Konzept. Das Grinsen ist ziemlich sexy, genau diese gefährliche Mischung aus lausbubenhaft frech und verwegen arrogant, die entgegen alle Vernunft und Erfahrung direkt ins Spitzenhöschen fährt und einen für kurze Zeit vergessen lässt, dass man sich genau vor solchen Typen immer fernhalten wollte. Was bei mir bis jetzt auch super funktioniert hat!

„Meine Dame, das können sie vergessen. An meinen Gürtel kommen Sie niemals!“

Mir bleibt die Luft weg, so eine Frechheit! Das fällt unter sexuelle Belästigung, was ich nach einer Schrecksekunde auch laut sage. Jetzt hört sich der Spaß wirklich auf!

Er lacht selbstsicher. „Keine Sorge, ich werde Sie nicht anzeigen“, erwidert er süffisant, „denn ich bin das gewohnt. Sie wären nicht die Erste, die mir an die Wäsche will!“

Habe ich schon erwähnt, dass ich spezielle psychologische Schulungen hinter mir habe, die mich genau auf Situationen dieser Art vorbereiten sollten? Na ja, vielleicht nicht genau auf so etwas, nicht jeden Tag kommt ein objektiv betrachtet unglaublich attraktiver Kerl hereingeschneit, der mir verbal leider ebenbürtig, wenn nicht vielleicht sogar ein bisschen überlegen ist, und mir das Wort im Mund ziemlich gekonnt umdreht! Und mich beleidigt und behandelt, als wäre ich eine intelligenzresistente Barbie, die nur darauf wartet, auf seinen Schoß zu hüpfen!

Ich starre auf die Unterlagen seiner Tochter, ich bin so wütend, dass mir die Schrift vor den Augen verschwimmt. Was aber nichts damit zu tun hat, dass ich vielleicht bald eine Lesebrille brauche.

Komischerweise ist mein ekeliges Gegenüber nun still. Ich hebe vorsichtig meinen Blick, um zu sehen, ob er überhaupt noch da ist. Ist er, klar. Dieser Mann wird nicht so schnell das Weite suchen, zumindest nicht freiwillig.

„Ich bin wohl etwas zu weit gegangen. Ich hoffe, Sie nehmen meine Entschuldigung an“, sagt er bemüht ruhig, wirkt allerdings alles andere als zerknirscht dabei. In seinen Augenwinkeln sitzt ein durchtriebenes Funkeln und ich habe den Verdacht, dass er einfach das sagt, was ich seiner Meinung nach hören will, um mich kurz in Sicherheit zu wiegen. Insgeheim holt er aber schon zum nächsten Rundumschlag aus. Aber ich mag Mia und deshalb werde ich jetzt meinen Ärger hinunterschlucken. Der Klügere gibt nach und das bin in diesem Fall eindeutig ich! Und das Mädchen braucht Hilfe, dringend! Ich bin nicht nur dazu da, den Kindern Deutsch beizubringen und für die nötige Bewegung in den Turnstunden zu sorgen, nein, ich sehe mich als Klassenvorstand auch ein bisschen für das seelische Wohl meiner Schützlinge verantwortlich. Und Mias Seele ist nicht in Ordnung, absolut nicht, und wessen Schuld ist das? Meine nicht, mein lieber Herr Drächsler!

„Vergessen wir das, ich akzeptiere Ihre Aufregung … und Sorge … und wir werden gemeinsam eine Lösung finden. Der Direktor hat mir in Mias Fall freie Hand gegeben. Ich kenne Ihre Tochter seit 4 Jahren und er vertraut meinem Urteilsvermögen.“ Ich bemühe mich um ein Lächeln, das nicht erwidert wird. „Vier Jahre, in denen ich mit Ihrer Frau ausgesprochen gut zusammengearbeitet habe.“ Ich bin mir sicher, er versteht den versteckten Hinweis, dass er sich nämlich nicht bei mir blicken ließ, bis jetzt. Nicht gerade diplomatisch, und diese persönliche Kritik steht mir als Lehrerin auch nicht zu, aber das wird er schon verkraften, er soll ruhig ein schlechtes Gewissen habe. Ich kenne diese Sorte Väter, die verschanzen sich hinter ihrer angeblichen Verantwortung, Geld verdienen zu müssen, um Frau und Kindern ein angenehmes Leben bieten zu können. Und dann legen sie sich eine Geliebte zu, nur etwas älter als ihre Tochter, und plötzlich ist die Familie nicht mehr so wichtig. Wie bei dem feinen Herrn, der vor mir sitzt und seltsamerweise gerade keine passende Antwort parat hat. Ich hoffe auf seine Einsicht, sehe aber nur die Gewitterfront, die erneut aus der Tiefe seines Blickes aufzieht.

„Es war nicht notwendig, dass ich mich öfters blicken ließ. Ich bin auch viel unterwegs und hatte einfach nicht die Zeit“, knurrt er mit einer Stimme, die irgendwo zwischen fernem Donnergrollen und rauchgeschwängerter, samtschwerer Luft angesiedelt ist, „und wenn Sie jetzt wirklich mir allein die Schuld in die Schuhe schieben wollen …“, er stockt, sein Handy läutet.

Wage es ja nicht, funkle ich ihn warnend an.

Wir duellieren uns sekundenlang mit eisigen Blicken, dann zuckt er resigniert mit den Schultern und verschränkt die Arme vor der Brust. „Also?“

Ich ziehe fragend meine Augenbrauen in die Höhe.

„Was gedenken Sie jetzt zu tun?“

Ich schnaufe empört. „Was ich jetzt gedenke zu tun?“

Er nickt. Sein Blick ist unerträglich arrogant. Als wäre ich die Bedienerin, die nicht kapiert, wie er seine Badewanne geputzt haben will. Es fällt mir immer schwerer, mich zu beherrschen und Kotzbrocken Drächsler nicht mit ausgestreckten Krallen ins Gesicht zu fahren.

„Ich allein tu gar nichts. Wir müssen zusammenarbeiten. Und wir werden gemeinsam entscheiden, was für ihre Tochter das Beste ist. Es wäre gut, wenn auch Ihre Frau sich beteiligen würde“, presse ich zwischen den Zähnen hervor und ich kann nicht verhindern, dass sich vor unterdrückter Wut meine Nasenflügel blähen.

„Ich habe das Sorgerecht, also entscheide ich das allein“, erwidert er hart, „und Exfrau, bitteschön! “

Mir kommt ein trockenes Lachen aus. „Ja, Sie allein, man kann deutlich sehen, wie weit Mia das gebracht hat!“ Okay, das war jetzt definitiv unter der Gürtellinie. Gar nicht in Ordnung, aber der Kerl bringt mich einfach auf die Palme. Und wenn ich ihm schon nicht das Gesicht zerkratzen darf, verletze ich ihn eben mit Worten. Seltsamerweise scheint das zu funktionieren, er ist still und starrt mich bloß aus zusammengekniffenen Augen feindselig an.

Schnell rede ich weiter und versuche, die Situation zu deeskalieren. Ganz blöd bin ich ja auch nicht, ich weiß, wann es genug ist. Und immerhin geht es um ein sechzehnjähriges Mädchen, dem es absolut nichts nützt, wenn ich mir hier mit dem Herrn Papa Machtkämpfe liefere.

„Mia liegt mir am Herzen, sie hatte eine schwere Zeit, eine Scheidung ist niemals leicht. Oft machen Kinder dann Dinge, die sie sonst nicht gemacht hätten. Das ist ein Hilfeschrei. Als Elternteil hat man die Verpflichtung, auf das Wohl des Kindes zu achten, Warnzeichen rechtzeitig zu erkennen und dem entgegenzusteuern …“

„Sie als Lehrerin haben diese Verantwortung nicht?“, fällt er mir grantig ins Wort.

Ohne dass ich es verhindern kann, landet meine Handfläche mit einem lauten Krach auf dem Schreibtisch und wir zucken beide erschrocken zusammen. „Wenn Sie mich ausreden ließen, wäre ich schon darauf gekommen. Natürlich kann ich mich selbst auch nicht aus der Verantwortung stehlen. Vielleicht hätte ich als Klassenvorstand früher merken müssen, dass Mia Probleme hat, aber ich wusste nichts von der Scheidung. Sie hat nichts davon erzählt und war im Unterricht wie immer. Ihre Noten sind nach wie vor gut und nur, weil eine Schülerin einmal etwas ruhiger ist, schrillen nicht immer gleich die Alarmglocken!“, wehre ich mich und ärgere mich gleichzeitig, dass ich so ehrlich bin und mehr oder weniger zugebe, dass ich ein schlechtes Gewissen habe. Der wird das sofort zu seinen Gunsten ausnutzen. Was er aber überraschenderweise nicht tut.

„Wir wollten es nicht an die große Glocke hängen, unsere private Situation geht niemanden etwas an. Es lief alles ruhig und geregelt ab, kein Rosenkrieg. Mia hat das sehr gefasst und vernünftig aufgenommen. Scheinbar“, er seufzt und streicht sich mit der Handfläche müde über die Stirn. Mir fällt auf, was für schöne und kräftige Hände er hat. Nicht die feingliedrigen, schmalen Hände eines sensiblen, künstlerisch veranlagten Menschen, eher eines Mannes, der es gewohnt ist, ordentlich anzupacken. Ich bekomme einen warmen Kopf und kann gerade noch rechtzeitig ein ganz und gar deplatziertes Seufzen hinunterschlucken. Entschlossen verdränge ich meine Vorstellung von Ben Drächsler, wie er mit nacktem, verschwitztem Oberkörper und nur in knappen Jeans am Baugerüst steht und den Hammer schwingt.

„Nur scheinbar“, wiederholt er leise. „Ich möchte Sie aber bitten, nicht alles auf die Scheidung zu reduzieren. Vielleicht gibt es da ja andere Probleme, die zu dieser … unangenehmen Sache geführt haben. Kann es sein, dass die Klasse einfach nicht mehr passt?“

In meinen Gedanken fällt ihm der Hammer aus der Hand und auf seinen Fuß.

„Was soll mit der Klasse nicht passen?“, beiße ich ihn an.

„Kinder in diesem Alter sind schwierig, der Leistungsdruck in der Oberstufe ist groß und – ich weiß ja nicht, über wie viel Erfahrung Sie verfügen … Obwohl Sie offensichtlich keine der jüngeren Professorinnen an der Schule sind …“

Mir bleibt angesichts dieser Frechheit die Luft weg, es fehlt nicht viel und meine Hand kracht wieder auf den Tisch. Ich kann mich nur mit Mühe davon abhalten, aus meinem Sessel zu springen und meinem Gegenüber endgültig an die Gurgel zu gehen. Wobei ich selbst nicht genau weiß, was mich mehr giftet: Dass er mir die Fähigkeit abspricht, mit schwierigen Situationen umzugehen oder mir mein Alter vorhält. Ich bin 46, na und? Bis jetzt dachte ich eigentlich, eine gut erhaltene „Mittvierzigerin“ zu sein! Und da kommt der mit seiner Midlifecrisis und den grauen Schläfen daher und macht blöde Bemerkungen über mein Alter? Offensichtlich keine der jüngeren Lehrerinnen? Gehts noch?

„Wollen Sie jetzt andeuten, dass ich die Klasse nicht im Griff habe?“, pfauche ich und schiebe in Gedanken ein „Du blöder, alternder Casanova“ hinterher.

Mias Vater erwidert ungerührt meinen fassungslosen Blick. Sein Schweigen ist Antwort genug.

Ich werde das Gespräch jetzt beenden, sinnlos, der Typ kapiert es nicht. Soll er sich doch mit dem Direktor herumärgern, mal sehen, wie die beiden Herren miteinander können. Denn im Gegensatz zu mir ist mein Boss nicht davon überzeugt, dass Mia eine zweite Chance verdient. Kinder, die Gras auf die Sporttage einschmuggeln, sind an dieser teuren Privatschule nicht erwünscht! Egal, wie finanzkräftig und bekannt die Eltern sind und die Noten der Schüler aussehen. Der ältere Junge, der ihr das Zeug gegeben hat, ist schon weg, warum sollte Direktor Vogel also ohne meine Fürsprache bei Mia ein Auge zudrücken?

„Für mich ist dieses Gespräch jetzt beendet“, ich stehe auf und deute zur Tür, „und ich rate Ihnen, so bald wie möglich einen Termin beim Direktor zu vereinbaren, der wird dann die weiteren Schritte mit Ihnen besprechen. Auf meine Hilfe legen Sie ja offensichtlich keinen Wert.“

Er zwickt genervt seine Augen zusammen und legt mit einem Seufzer den Kopf in den Nacken. Allein das schwere Schlucken zeigt, dass er nicht so cool ist, wie er gerade tut.

„Jetzt setzen Sie sich doch wieder und beruhigen sich“, murmelt er. „Bitte!“

Mal abgesehen davon, dass seine Bitte wie ein Befehl klingt, scheint nun endlich der Ernst der Lage bei ihm angekommen zu sein. Ich überlege scheinbar angestrengt, nicke dann huldvoll und lasse mich möglichst grazil auf meinen Sessel niedersinken.

„Der Drogentest war negativ“, verteidigt er seine Tochter. „Sie hat mir hoch und heilig versprochen, dass sie das Zeug niemals genommen hat und auch nicht vorhatte, es zu probieren. Sie wollte es nur für diesen …“, er presst zornig seine Lippen zusammen, es fällt ihm schwer, die Dinge beim Namen zu nennen, „… für diesen Mistkerl einschmuggeln.“

„Ich bin mir auch sicher, dass sie es niemals selbst genommen hätte“, pflichte ich ihm mit Nachdruck bei. Endlich haben wir den gemeinsamen Nenner gefunden. „Auch wenn sie nicht verpfiffen worden wäre.“

Beim Gedanken an die wichtigtuerische Katharina, die beim heimlichen Herumwühlen in fremden Sachen auf das Päckchen Gras gestoßen ist, verziehe ich mein Gesicht. Das Mädchen hat natürlich grundsätzlich richtig gehandelt, damit gleich zu mir zu laufen, aber die Art und Weise hat mir nicht gefallen. Und auch nicht, dass sie sofort ihre Mutter davon informiert hat, die uns beinahe die Polizei hinterhergeschickt hätte.

Sein Gesichtsausdruck wird sanft. „Sie ist ein wirklich braves Mädchen und wir bekommen das gemeinsam hin. Ich will nur, dass Mia nicht von der Schule fliegt und sich ihre Zukunft verhaut. Ich, wir sind bereit, alles dafür zu tun.“ Er fährt sich mit den Fingern durch das kurzgeschnittene, schwarze Haar, an dessen Seiten silbrige Strähnchen schimmern.

„Ich habe gehört, dass die Turnhalle erneuert werden soll …“

Habe ich mich da gerade verhört? Ich sehe ihn schockiert an und bevor er weiterreden kann, hebe ich strafend meine Hand. „Stopp, das vergessen Sie mal ganz schnell. Mit Bestechung kommen Sie bei mir nicht weiter. Das haben Sie nie gesagt und ich habe es nie gehört.“

„Ich wollte Ihnen persönlich selbstverständlich nicht zu nahetreten, aber ich weiß, dass viele Dinge auf diese Weise geregelt werden.“

„Nicht hier bei uns“, gebe ich scharf zurück, auch wenn ich mir da jetzt gar nicht so hundertprozentig sicher bin, und springe erneut auf. Ich brauche jetzt dringend einen Kaffee. Sein Blick folgt mir, tastet mich ab. Plötzlich viel zu interessiert. Ich ziehe instinktiv meinen Bauch ein und ärgere mich sofort darüber. Wie auch über diesen lästigen Belag auf meinen Stimmbändern, der meine Stimme ganz kratzig klingen lässt, als ich ihn nur der Höflichkeit halber frage, ob er auch einen Kaffee möchte.

Plötzlich ist mir dieser Mann zu präsent. Das Zimmer wird zu eng für uns beide gemeinsam. Die Luft wird zu dünn und es wird heiß im Raum. Keine Ahnung, was plötzlich los ist mit mir, ich spüre seine Augen in meinem Rücken und ein beunruhigendes und zugleich seltsam angenehmes, wärmendes Kribbeln durchläuft meinen Körper. Vielleicht brüte ich eine Grippe aus, ja, das muss es sein!

Er rückt seinen Sessel zurück und steht auf, ich höre seine Schritte bis er knapp hinter mir zum Stehen kommt. Meine Hände beginnen leicht zu zittern und meine Nackenhärchen stellen sich warnend auf. Ben Drächsler ist groß und kräftig gebaut. Seine muskulösen Schultern sind durch den Anzug nicht zu verbergen. Der erfolgreiche und bekannte Architekt wirkt, als würde er die Häuser nicht nur auf dem Papier entwerfen, sondern auch beim Bau ordentlich mitanpacken können. Aber das darf mir nicht auffallen, ich bin der Klassenvorstand seiner Tochter, mir hat es egal zu sein, wie er aussieht. Und normalerweise bin ich auch nicht so leicht zu beeindrucken, nicht von Äußerlichkeiten. Und doch tu ich mir jetzt schwer, seine körperlichen Vorzüge zu ignorieren und ihn einfach als das zu sehen, was er ist. Ein selbstgerechter, aber komplett überforderter Vater, der gerade versucht, mir die Schuld für die Probleme seiner Tochter in die Schuhe zu schieben. Die er zu einem Teil vermutlich selbst verursacht hat, als er seine Familie für eine Jünger verließ. Ich könnte ihm anrechnen, dass er trotzdem jetzt hier bei mir sitzt und sich bemüht, das zu regeln. Will ich aber nicht, ich mag ihn nicht!

„Ein Espresso wäre jetzt wirklich gut“, bittet er leise und der tiefe, warme Klang seiner Stimme, wenn er einmal nicht aufgeregt und zornig ist, lässt mich sanft erschauern. Ich versuche es zu ignorieren, Gänsehaut und aufgestellte Nackenhärchen haben in einer Besprechung nichts verloren. Genau wie dieses plötzliche, lästige Ziehen in meinem Unterleib. Verdammt, ich bin kein junges, unerfahrenes Küken, ich sollte mich wirklich beherrschen können!

Ich mache zwei Kaffee und ohne Ben Drächsler anzusehen, marschiere ich damit an ihm vorbei zurück zum Tisch. Eine Tasse stelle ich auf seinen Platz, dann setzen wir uns wieder.

„Gemeinnützige Arbeit, das werde ich meinem Vorgesetzten vorschlagen“, erkläre ich ihm nach dem ersten Schluck. Endlich ist diese lästige Unsicherheit verflogen und ich kann ihm wieder in die Augen sehen. Aber es kribbelt immer noch ein bisschen, dort, wo die Frau Professor untertags für gewöhnlich Pause hat …

Er sieht mich abwartend an.

„Es gäbe beispielsweise die Möglichkeit, im Seniorenheim zwei Gassen weiter zu helfen. Die Menschen dort sind immer sehr dankbar und freuen sich über Jugendliche, die mit ihnen Zeit verbringen. Mia könnte mit den Herrschaften spazieren gehen oder ihnen vorlesen. Was auch immer so anfällt.“

Er reibt sich mit den Fingern über das markante Kinn mit dem dunklen Dreitagebart und nickt dann bedächtig. „Ich werde das mit Mia besprechen, halte es aber für eine sehr gute Idee.“

Tja, es wird ihm auch nichts anderes übrigbleiben, wenn er will, dass sein Töchterchen auf der Schule bleiben kann.

„Wie gesagt verlässt sich unser Direktor da ganz auf mein Urteil. In Anbetracht dessen, dass Ihre Tochter bis jetzt eine ausgezeichnete, sozial sehr engagierte und kompetente Schülerin war und es nie Auffälligkeiten gegeben hat, und aufgrund der vergangenen familiären Probleme …“, ich übergehe, dass er genervt die Augen verdreht, „sehe ich gute Chancen, dass wir das so hinbekommen.“

„Und die anderen Eltern?“

„Haben Sie Angst um Ihren Ruf, Herr Drächsler?“, erwidere ich eine Spur zu spöttisch und er kneift seine Augen zusammen, fixiert mich schweigend, während er sich sorgfältig eine Antwort überlegt.

„Nein. Ich möchte nur nicht, dass andere Schüler von den besorgten Eltern gegen meine Tochter aufgestachelt werden“, erwidert er dann ruhig und geht auf meinen provokanten Tonfall nicht ein.

Da kann ich ihn beruhigen. „Da müssen Sie sich keine Gedanken machen, Mia ist sehr beliebt und sogar der Schulsprecher hat sich für Ihre Tochter eingesetzt. Den Schüler, der ihr das eingebrockt hat, konnte keiner leiden, die meisten hatten sogar Angst vor ihm und sind froh, dass er nicht mehr an der Schule ist. Alle sind auf Mias Seite.“

Ich verschweige ihm, warum Kathis Eltern seiner Tochter garantiert auch keine Schwierigkeiten machen werden. Ihr Augenstern ist nämlich eine diebische Elster, die ihre Finger nicht von fremdem Eigentum lassen kann, warum hat sie sonst in Mias Sachen herumgewühlt? Und nachgewiesener Maßen in zahlreichen anderen Koffern. Auf jeden Fall habe ich das ihren Eltern zu bedenken gegeben, als die darauf bestanden, Mia von der Schule werfen zu lassen.

Ein erleichtertes Lächeln huscht über Drächslers Gesicht und lässt seine männlichen, kantigen Züge für einen kurzen Augenblick nicht ganz so hart aussehen. „Na gut, wenn Sie das sagen.“ Er steht auf und streckt mir seine Hand entgegen. Ich erhebe mich ebenfalls und ergreife sie zögernd. Sein Händedruck ist fest und warm und etwas zu lang. Und auch sein Blick geht mir gerade ein bisschen zu tief, die Gewitterwolken in seinen Augen haben sich endgültig verzogen und das schimmernde Stahlblau seiner Iris leuchtet wärmer als noch vor ein paar Minuten. Mein Puls wird unruhig und mein Atem flattrig, ich entziehe ihm schnell meine Finger.

„Danke“, sagt er leise, lächelt mir flüchtig, beinahe ein wenig zerstreut zu, und schließt die Tür hinter sich.

Kapitel 2

„Sie haben was?“ Es könnte sein, dass ich gerade etwas hysterisch klinge. Aber ich fühle mich auch so, mein Kopf ist kurz vorm Explodieren und ich kann Finger und Zehen nicht mehr spüren, so schockiert bin ich. Direktor Vogel sitzt ruhig vor mir und lächelt mich zufrieden an. Anscheinend ist er von seiner Idee total begeistert und meine Aufgeregtheit ist ihm ziemlich wurscht.

„Das ist die …“, ich stocke, ich kann jetzt unmöglich das sagen, was mir auf der Zunge liegt, „… die gewagteste Idee, die ich je von Ihnen gehört habe.“

Ja, gewagt, das ist gut. Aber leider geht es an dem ziemlich vorbei, was ich damit ausdrücken will, und macht meinen Boss noch stolzer auf sein idiotisches Vorhaben.

Der nickt zufrieden. „Guter Ausdruck, liebe Nina. Das verleiht dem Miteinander an dieser Schule eine ganz neue Dimension. Lehrer, Eltern und Schüler ziehen an einem Strang, wie es sein sollte … und vielleicht holen wir dieses Jahr endlich den Theaterpreis nachhause. Nichts gegen die Aufführungen der letzten Jahre, aber mit dem Bühnenbild und den Kostümen hat es doch immer ein bisschen gehapert.“

Ich schnaube genervt. „Ach, wird der liebe Herr Drächsler sich auch um die Kleidchen meiner Darstellerinnen kümmern?“, frage ich spitz und mein Direktor schüttelt tadelnd seinen Kopf. Bilde ich mir das ein, oder stehen ihm gerade seine letzten drei verbliebenen Haare zu Berge?

„Er kümmert sich um das Bühnenbild, gemeinsam mit Johann von der Haustechnik und ein paar Schülern.“

„Das Bühnenbild war nicht so schlecht letztes Jahr. Und immerhin ist der eigentliche Sinn der Sache, dass sich die Schüler selbst darum kümmern. Es sollte nicht die professionelle Arbeit eines überbezahlten Schickimicki-Architekten bewertet werden“, grummle ich, mir passt das gar nicht. Ich will mit Herrn Drächsler nicht „an einem Strang ziehen“. So eine blöde Idee! Ich mag den Mann nicht, auch wenn ich gegen Ende unseres Gesprächs kurz davor war, ihn ein klein wenig sympathisch zu finden. Ich habe mich getäuscht, gewaltig, dieser feine Herr hat sich danach, hinter meinem Rücken, doch noch über mich beschwert. Seiner Meinung nach bin ich nicht geeignet eine Oberstufe zu führen, zu wenig durchsetzungskräftig. Laut ihm fehlt mir diese natürliche Autorität, die nötig ist, um 26 halbwüchsige Kinder zu führen! Wie hinterfotzig!

Wie also stellt sich Direktor Vogel unsere Zusammenarbeit unter diesen Umständen vor? Mias Papa und ich werden uns nach einer halben Stunde, allerspätestens, die Spanplatten fürs Bühnenbild gegenseitig auf den Schädel hauen.

„Herr Drächsler war auch nicht gerade einfach zu überzeugen“, brummt Vogel in seinen gefärbten und sorgfältig in Form gebrachten Spitzbart.

Ja, das kann ich mir lebhaft vorstellen.

„Es hat ihm gar nicht gefallen, dass er sich mit Ihnen abfinden muss. Sie sind eine meiner besten und beliebtesten Lehrerinnen und er kann definitiv vergessen, dass seine Tochter einen anderen Klassenvorstand bekommt. Wenn wir damit beginnen, die Wünsche einzelner Eltern zu berücksichtigen und auf ihre teils haarsträubenden Animositäten einzugehen, nimmt das gar kein Ende mehr.“ Er rollt betrübt mit den leicht geröteten Augen. „Sie werden diese Klasse wie geplant bis zur Matura begleiten. Die anderen Eltern schätzen Sie sehr, die verlassen sich darauf. Und ihre Schüler ebenso.“

Das freut mich jetzt und ich werde ein bisschen rot.

„Herr Drächsler wird während der gemeinsamen Proben Ihre Arbeitsweise kennen- und garantiert auch schätzenlernen. Da bin ich sicher, und dann gibt es keine Probleme mehr mit ihm.“

„Wie … gemeinsame Proben?“, krächze ich. Das wird mir jetzt echt zu viel. Was hat der bei meinen Proben verloren?

Vogel sieht mich tadelnd an, genau diesen Blick hält er für schwer handlebare Schüler bereit. Und genau wie bei denen, zieht der bei mir auch nicht.

„Ich finde es nicht notwendig, dass er mir bei den Proben über die Schultern sieht! Er soll von mir aus immer mal wieder irgendwo herumbasteln, aber ich will ihn nicht bei meinen Proben dabeihaben!“, sage ich entschieden. „Der zerstört mit seiner negativen Art das Arbeitsklima, garantiert. Und wir haben gemeinsam beschlossen, dass wir keine Eltern bei der Theaterproduktion dabeihaben wollen, da das früher immer zu Problemen geführt hat. Warum darf meine Tochter nicht diese Rolle, mein Sohn nicht das … nein, Herr Direktor, bei allem Respekt, aber das geht gar nicht.“

Mein Boss schließt für einen kurzen Moment gequält die Augen.

„Ich wollte damit nicht sagen, dass er Ihnen über die Schultern sehen soll. Er bekommt einfach Einblick …“

„Nein, kein Einblick!“, ich schüttle zornig den Kopf, „keine Eltern, kein Einblick, das muss auch für Drächsler gelten.“

„Nina, regen Sie sich bitte nicht so auf. In diesem Fall machen wir eine Ausnahme. Er teilt sich seine Zeit selbst ein, dieser Mann ist ein bekannter Architekt und darauf müssen wir Rücksicht nehmen. Also, um es klar auszudrücken, er kommt, wann immer er Lust dazu hat. Und wenn das während der Proben ist, wovon ich ausgehe, weil ja da auch seine Tochter und die ihn unterstützenden Schüler anwesend sind, dann ist das einfach so!“ Er nippt an seiner Kaffeetasse, bemerkt, dass die leer ist, und stellt sie mit einem grantigen Schnaufer wieder auf den Tisch. „Seien Sie jetzt bitte nicht kindisch. So kenne ich Sie ja gar nicht.“

Ich weiß, wann ich verloren habe. „Na gut, da muss ich wohl durch“, kapituliere ich nach einer Schweigeminute und Direktor Vogel lächelt milde.

„Ja, müssen Sie. Sehen Sie es positiv, wenn wir den Theaterpreis dieses Jahr gewinnen, wobei mit professionellen Kulissen unsere Chancen steigen, ist das noch dazu eine unbezahlbare Werbung für unsere Schule. Sie wissen ja, dass wir in den letzten Jahren ein bisschen zu kämpfen hatten. Aber es geht aufwärts, ich spüre das in meinen Knochen. Nächstes Jahr können wir uns vor neuen Schülern kaum retten!“

Wer‘s glaubt wird selig. Vielleicht sollten wir mal mit dem Schuldgeld ein bisschen runtergehen, das würde sicher auch neue Gäste bringen. Aber ich halte natürlich meinen Mund.

Nach einem kurzen Blick auf meine Uhr stehe ich auf. Ich muss in die 5 A, wenn ich zu spät komme, machen die Rüben garantiert wieder ihre Weitwurfübungen mit Gurkenscheiben auf die Straßenlaterne gegenüber. Und das verkaufen sie mir dann als physikalische Praxisübung. Wenn das Herr Drächsler wüsste …

***Ben***

„Papa, das wird urpeinlich, das kannst du nicht machen!“ Meine Tochter ist schockiert, sie ist den Tränen nah. Aber bei mir muss sie nicht raunzen, das hat sie allein dem netten Herrn Direktor zu verdanken. Und ihrem Klassenvorstand!

„Wieso musst du dich immer so aufregen? Warum lässt du die Nina nicht in Ruhe? Die ist eh so gechillt, du bist unmöglich!“

Nina? Noch ein Zeichen dafür, dass diese Dame die Klasse nicht im Griff hat, welcher Klassenvorstand lässt sich bitte mit dem Vornamen anreden? Unmöglich finde ich das, was ich auch laut sage. Mia verdreht genervt die Augen.

„Natürlich sagen wir Frau Professor, aber unter uns nennen wir sie Nina, weil ihr Nachname furchtbar ist. Kutzelovskey.“

Nicht nur der Nachname. Mach ein O statt dem U und der Name passt perfekt: Frau Professor Kotz…

Ich sehe meiner Tochter zu, wie sie mit grantigem Gesicht das Geschirr wegräumt. Ich habe heute gekocht und sie ist daher fürs Saubermachen zuständig. Unsere WG funktioniert perfekt, seit meine Frau ausgezogen ist. Exfrau! Der Gedanke an sie beschert mir einen kleinen Stich in der Herzgegend. Allerdings nicht aus Trauer, sondern weil ich sauer bin, dass sie schon mit ihrem Neuen herumzieht. Welcher attraktive, gut situierte Mann im besten Alter, wie ich einer bin, lässt sich schon gerne nach 20 gemeinsamen Jahren wegen eines Jüngeren verlassen. Allerdings bin ich nun in der guten Position, der Held meiner sechzehnjährigen Tochter zu sein, weil ich nämlich der brave Papa bin, der sein Prinzesschen nicht im Stich lässt. Auch wenn ich es als Silberrücken ihrer Meinung nach manchmal etwas übertreibe. Aber ich bin erst seit kurzem alleinerziehender Vater und muss in diese Rolle erst hineinwachsen. Bis jetzt hat die familiäre Hauptarbeit Mias Mutter erledigt, allerdings mit abflauender Begeisterung, und ich habe sie machen lassen. Aber nun konnte ich meine erste Herausforderung bereits erfolgreich meistern. Ich wollte Mia auf der Schule halten und das ist mir gelungen. Während meine Ex gerade Liebesurlaub macht, mit einem um 10 Jahre jüngeren Choreografen oder Tänzer oder was weiß ich … Der ist doch garantiert schwul und nur auf ihr Geld aus! Auf mein Geld, durch die Scheidung hat die gute Eleonora mehr verdient als brave Arbeiter in drei Leben! Und so wie sie geklungen hat, war es hart verdientes Geld. Ich habe sie angeblich emotional vernachlässigt! Lächerlich, sie wusste von Anfang an, ich bin keiner dieser Schmusetypen! Und nach zwanzig Jahren stört es sie auf einmal, dass ich nicht jeden Sonntagmorgen Frühstück ans Bett bringe und sie nach dem Vögeln stundenlang in meinen Armen halte und ihr versichere, wie wunderschön ich sie noch immer finde? Sie soll froh sein, dass ich sie überhaupt noch angerührt habe! Andere Männer gehen nach spätestens 10 Jahren fremd!

Natürlich habe auch ich bemerkt, dass in unserer Beziehung seit einiger Zeit die Luft raus ist. Aber mir hat es gereicht. Ihr nicht, und nun darf sich meine Ex mit ihrem schwulen Choreografen neu erfinden und ich hocke hier mit einer pubertierenden Kifferin und kann mich mit dieser Schreckschraube Kotz-irgendwas herumärgern. Ich, einer der angesehensten, bestbezahlten Architekten des Landes, was sage ich, Europas! Sogar in Kanada habe ich schon gebaut! Wenn die Leute wüssten, wie ich mich gerade verarschen lassen muss, ich würde keinen einzigen Auftrag mehr bekommen. Und die Mitarbeiter in meinem Architekturbüro würden sich vor Lachen in die Hosen machen. Ich bastle die Kulissen für eine Schulaufführung! Das ist wirklich lächerlich! Aber ich mache es für meine Tochter und das versöhnt mich wieder etwas. Denn Mia ist das Wichtigste für mich, für sie würde ich wirklich alles tun, sogar mich von der halben Welt verarschen lassen.

„Schuld an dem Schlamassel bist im Grunde du selbst. Sei froh, dass ich mich mit dem Direktor einigen konnte. Der hätte dich am liebsten von der Schule geworfen. Was ist dir da nur eingefallen?“, murmle ich in Richtung meines Augensterns.

Mia wirft mir einen kritischen Blick aus zusammengekniffenen Augen zu. „Du? Dich mit Vogel einigen?“, sie kräuselt spöttisch ihre Lippen. „Ohne Nina …“

Ich winke genervt ab. „Ist schon gut, ich sage nie wieder etwas gegen deine Nina“, brumme ich und blinzle entschlossen die Erinnerung an das knackige Hinterteil dieser Kutzelovskey weg. Ich will jetzt nicht an die anregenden Kurven dieser aufmüpfigen, besserwisserischen Professorin denken, ich kann sie nicht leiden. „Und du machst nie wieder so einen Blödsinn, mein Schatz. Wenn du ein Problem hast, rede mit mir. Bevor du Scheiße baust.“ Ich stehe auf und drücke Mia einen Kuss auf den Scheitel. Noch lässt sie diese väterlichen Liebesbezeugungen zu, zumindest wenn wir allein sind. Mit 16 kann das allerdings von einem Tag zum anderen vorbei sein.

„Versprochen, Paps“, murmelt sie, „und du benimmst dich bei den Theaterproben.“

„Du wirst nicht mal merken, dass ich da bin“, versichere ich ihr und nehme mir vor, auch nicht wirklich oft da zu sein. Hab ja noch anderes zu tun!

Mia kuschelt sich eng an mich, lässt sich von mir im Arm halten. So ärgerlich und unverständlich dieses Grasproblem auch war, es hat uns einander nähergebracht. Meine Tochter weiß jetzt, dass sie sich immer auf mich verlassen kann, auch wenn sie eine riesengroße Dummheit macht. Die erste Feuerprobe zu zweit wäre bestanden.

Eine Weile stehen wir so da, ganz still, und genießen, dass wir einander haben. Von wegen emotional unfähig!

*** ***

Kapitel 3

„Und jetzt in den herabschauenden Hund, Popo in die Höhe. Ja, so ist es gut.“ Der sanfte Singsang der Yogalehrerin wirkt heute nicht wie sonst beruhigend auf mich.

---ENDE DER LESEPROBE---