Verboten scharf ... und nur für mich - Mara Waldhoven - E-Book

Verboten scharf ... und nur für mich E-Book

Mara Waldhoven

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Beschreibung

Er ist schärfer als das Curry, das er so gerne isst!


Lia:
Tom Beranegg ist einer der besten Anwälte des Landes und mein Boss. Er ist skrupellos, zielstrebig und bekommt immer, was er will. Und das nicht nur im Gerichtssaal, denn er ist heiß, so richtig heiß! Ich arbeite jeden Tag verzweifelt daran, mir meine Schwäche für ihn nicht anmerken zu lassen.
Er hat zwei Regeln, an die er sich strikt hält: Er schläft niemals mit Mandantinnen und wir Frauen in seiner Kanzlei sind absolut tabu für ihn. Würde ich ihm auch nur mit einem einzigen schmachtenden Blick zeigen, dass ich mehr als seine Akten bearbeiten will, wäre ich meinen Job los.


Tom:
Ich bin Anwalt, attraktiv und erfolgreich, und daher kann ich es mir erlauben, den Traum von Unabhängigkeit und Freiheit mit allen Vorzügen zu genießen. Allerdings halte ich mich an gewisse und leider notwendige Spielregeln: Finger weg von Mandantinnen und den weiblichen Angestellten der eigenen Kanzlei. Ersteres fällt mir leicht … zweiteres? Bei Lia, meiner persönlichen Assistentin, gibt es dummerweise drei Dinge, die ich nur schwer ignorieren kann und die mich jeden Tag aufs Neue herausfordern: ihre Wahnsinnskurven, dieses bezaubernde, mitreißende Lachen und die Erkenntnis, dass Intelligenz und Humor bei Frauen so richtig sexy sein können. Würde sie mir auch nur mit einem einzigen, tiefen Blick zeigen, dass sie mir auch bei anderen Dingen als bei der Erstellung von Scheidungsanträgen zur Hand gehen will, würde ich vermutlich nicht Nein sagen.


Eine prickelnd scharfe Liebesgeschichte mit Herz, Humor und Happy End – trotz aller Turbulenzen.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Prolog

1. Lia

2. Tom

3. Lia

4. Lia

5. Tom

6. Lia

7. Tom

8. Lia

9. Tom

10. Lia

11. Tom

12. Lia

13. Tom

14. Lia

15. Tom

16. Lia

17. Lia

18. Tom

19. Lia

20. Tom

21. Lia

22. Tom

23. Lia

24. Tom

25. Lia

26. Tom

27. Lia

28. Tom

29. Lia

30. Tom

31. Lia

32. Tom

33. Lia

34. Tom

35. Lia

36. Tom

37. Lia

38. Tom

39. Lia

40. Tom

41. Lia

42. Tom

43. Lia

44. Tom

45. Lia

46. Lia

Ein Jahr und ganz viel Liebe später

Danke!

Über die Autorin

Impressum

„Verboten scharf … und nur für mich!“ © Mara Waldhoven

Alle Rechte vorbehalten

[email protected]

***** Mara Waldhoven Kirchwegsiedlung 26

3484 Grafenwörth

***** Deutsche Erstausgabe November 2018 ***** Cover Design: Rebecca Wild, sturmmöwen.at

Bildmaterial:

Shutterstock 512480557 © Nasgul

Textur:

Depositphotos 1142134 © avlntn

***** Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form sowie die Übersetzung des Werkes sind vorbehalten und bedürfen der schriftlichen Genehmigung der Autorin. Dies gilt ebenfalls für das Recht der mechanischen, elektronischen und fotografischen Vervielfältigung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Handlung und die handelnden Personen, sowie deren Namen, sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden bzw. realen Personen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Prolog

Mitternacht, Geisterstunde, und es ist wirklich gruselig hier um diese Zeit, allein in der Tiefgarage. Die Trennsäulen zwischen den Parkplätzen werfen dunkle Schatten und bis auf ein leises, unregelmäßiges Knacksen und Ticken, das vermutlich von der Belüftung und den langsam erkaltenden Motoren herrührt, ist es still. Ich durchwühle ein letztes Mal verzweifelt meine Handtasche nach dem Autoschlüssel, keine Spur davon. Er muss oben im Büro liegen, wo sollte er sonst sein! Ich habe, bevor ich mich mit meiner Freundin Betty im Kino traf, den Lippenstift gesucht und dabei beinahe den gesamten Inhalt meines Shoppers auf dem Schreibtisch verteilt … Sehr zum Vergnügen unserer Herren Anwälte, die wieder mal begeistert waren, was sich so alles in weiblichen Taschen verbirgt.

„Wie der Zaubersack vom Weihnachtsmann“, brummte mein Boss, Dr. Tom Beranegg, und warf im Vorbeigehen einen neugierigen Blick auf den bunten Haufen. Gerade noch rechtzeitig ließ ich mit hochrotem Kopf die Packung Kondome verschwinden. Die ich eigentlich gar nicht brauche. Mit diesen Verhüterlis ist es bei mir wie mit einem Regenschirm: Hast du sie dabei, brauchst du sie garantiert nicht! Das ist kurzumrissen die tragische Geschichte meines Sexlebens der letzten Jahre. Ich habe einfach keine Zeit für Männer, für irgendwelche Männer, und der Mann, den ich will, der ist für mich unerreichbar.

Apropos … mein Blick fällt frustriert auf Toms Sportwagen, der auch noch auf dem für ihn reservierten Parkplatz steht. Sein Date mit der süßen Tamara läuft also noch. Warum ich davon weiß? Weil sein brunftiges Geschnurre am Telefon nicht zu überhören war! Natürlich habe ich nicht absichtlich gelauscht und ich bin auch nicht öfters als notwendig während dieses privaten Gesprächs in sein Zimmer marschiert, um ihm irgendwelche mehr oder weniger wichtige Akten auf den Tisch zu legen. Nein! Na ja, vielleicht doch … Aber es hat ihn nicht gestört, das tut es nie! Immerhin bin ich dann auch diejenige, die seine abgelegten Damen am Telefon abwimmeln darf. Und da habe ich wirklich alle Hände voll zu tun, denn lange hält er es bei keiner aus.

Ich mache mich auf den Weg zum Lift, um in den 6. Stock hochzufahren. Die Eingangstür zur Kanzlei springt seltsamerweise nach einer halben Schlüsselumdrehung auf, sie war eindeutig nicht ordentlich abgeschlossen. Mir wird ein bisschen mulmig, aber ich betrete trotzdem das Office, das im Halbdunkel des Nachtlichts still daliegt. Ich werfe einen prüfenden Blick auf die Alarmanlage – sie ist aus! Vielleicht sollte ich schleunigst verschwinden und den Sicherheitsdienst informieren. Da höre ich es plötzlich, leise Stimmen aus dem hinteren Teil der Kanzlei und eine davon kenne ich gut! Also kein Grund zur Sorge! Ich marschiere erleichtert in Richtung meines Büros und, tja, keine Ahnung warum ich die nun folgenden – im Nachhinein betrachtet ziemlich eindeutigen – Geräusche nicht sofort richtig deute und gleich wieder kehrtmache. Vermutlich, weil ich einfach nicht damit rechne und es auch nicht wahrhaben will, was da in meinem Zimmer vor sich geht. Und als ich endlich kapiere, was hinter der angelehnten Bürotür passiert, ist es schon zu spät. Meine Beine, die eigentlich den Rückzug antreten sollten, stehen wie festgeklebt am Boden und meine Hände greifen wie von selbst zur Tür und drücken sie vorsichtig auf.

Mir stockt der Atem! Mein Boss, der schärfste Scheidungsanwalt des Landes und das Objekt meiner heimlichen Begierde, steht halbnackt da, mit dem Rücken zu mir, und auf meinem Schreibtisch liegt seine neueste Eroberung und kriegt sich vor Entzücken gar nicht mehr ein. Toms Anzugshose hängt locker auf seinem muskulösen Hintern und der Anblick seiner kraftvollen, immer schneller werdenden Stöße lässt zusätzlich zu meiner Atmung auch meinen Herzschlag aussetzen. Sein erregtes Stöhnen tönt laut in meinen Ohren, dieser raue, animalische Klang vibriert tief durch meinen Körper, erweckt meine Lust und lässt meine Beine schwach und zittrig werden. Ein leichter Schweißfilm hat sich auf seiner Haut gebildet – dank dieses Anblicks übrigens auch auf meiner – und dieser zarte Schimmer betont noch zusätzlich das verführerische Spiel seiner gut trainierten Rücken- und Schultermuskeln.

Dieser Mann ist genauso, wie ich mir das oft in meinen Träumen ausgemalt habe, und das ist jetzt wirklich mehr, als ich ertragen kann. Seit zwei Jahren, seit dem ersten Tag in dieser Kanzlei, verbeiße ich mir jeden sehnsüchtigen Blick und ich habe alle Mühe damit, seinen Neckereien mit der notwendigen Distanz zu begegnen. Und jetzt vögelt der gerade in meinem Büro, dass mir, wo ich doch leider gar nicht daran beteiligt bin, hören und sehen vergeht!

Wie konnte ich nur so blöd sein und diesen Job überhaupt annehmen? Ich hätte es doch besser wissen müssen!

„Erzählen Sie mir von sich. Warum sind gerade Sie die Richtige für diese anspruchsvolle Aufgabe?“ Das waren seine einleitenden Worte beim Bewerbungsgespräch. Die warme, angeraute Tiefe seiner Stimme ließ meine Knie weich werden und weckte all meine verborgenen Sehnsüchte, selbst die, von denen ich bis dahin noch gar nichts wusste. Erzählen?! Ich war nah dran, ihm alles, was ihn interessieren könnte, zu zeigen!

Er saß mir gegenüber und sah mich mit tiefblauen Augen aufmerksam an. Um seinen Mund mit den eher schmalen und doch sanft geschwungenen Lippen lag der für ihn typische, ironische Zug. Die Finger lässig ineinander verschränkt. Kräftige Hände, Hände, die zupacken können, wenn es notwendig ist. Spätestens dann hätten meine Alarmanlagen so richtig losgehen müssen, allein dass ich mir vorstellte, wie mein möglicher zukünftiger Boss verschiedenste Dinge – mich eingeschlossen – fest anpackt, wäre doch ein zwingender Fluchtgrund gewesen!

Mir wurde heiß während unseres Termins, und je mehr ich innerlich glühte, desto kühler wurde mein Blick. Ein verlässlicher Schutzmechanismus, den ich allerdings nicht immer gebrauchen kann. Er hat mir schon einige, sexuell vielversprechende Begegnungen versaut. Beim Vorstellungsgespräch für einen gut bezahlten und interessanten Job ist er aber durchaus praktisch. Kein Boss braucht eine notgeile Assistentin vor der Tür, außer er ist extrem triebgesteuert und daher permanent auf leichte Beute aus. Was Tom durchaus ist, wie ich jetzt weiß, aber eben nicht in seiner eigenen Kanzlei. Nein, er nimmt sich den Fang des Tages einfach mit!

Ich habe ihn gerade beim Vögeln erwischt, auf meinem Schreibtisch, und ich werde diesen Anblick garantiert nie mehr aus meinem Kopf bekommen. Ich werde das Büro nie wieder betreten und wenn ich daheim bin, schreibe ich sofort meine Kündigung, per Mail! Ich pfeif auf meinen Autoschlüssel und trete die Flucht an. Heute fahre ich mit dem Taxi nachhause!

***

1. Lia

„Guten Morgen Lia!“ Jessy, unser Mädchen für alles, ist wie immer unglaublich munter. Sie strahlt mir so fröhlich entgegen, dass es fast weh tut. Ich bin überhaupt nicht gut drauf, nicht nach dieser Nacht! Natürlich habe ich nicht per Mail gekündigt und ich werde das vermutlich auch so bald nicht tun. Außer ich ertrage seinen Anblick überhaupt nicht mehr. Und ich will einen neuen Tisch, das muss ich meinem umtriebigen Boss irgendwie verklickern, unbedingt! Auch wenn das vielleicht kindisch ist … egal, dann bin ich eben kindisch!

Jessy wedelt aufgeregt mit dem Lippenstift in der rechten und dem Schminkspiegelchen in der linken Hand. „Na, was sagst du? Ist doch mal etwas anderes!“

Ich gehe davon aus, dass sie ihren Lippenstift meint, ein … tja, wie soll ich es nett ausdrücken … wirklich interessanter Farbton. Ich kneife meine Lider etwas zusammen, um meine müden Augen vor dem morgendlichen Sonnenlicht zu schützen, das durchs Fenster hinter ihr in den Raum fällt. Jessy spitzt die Lippen und sieht mich erwartungsvoll an. Was ist das bitte für eine Farbe? Schwarz-violett-blaurot? Irgendwie gruselig. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, denn irgendetwas stört mich noch an ihr. Ich komme nur nicht sofort dahinter, was das sein könnte.

Mir kommt ein Seufzer aus. Meine Kollegin sieht mich daraufhin mit einem traurigen Dackelblick an und klappt das Spiegelchen frustriert zu. „Nicht so gut, oder?“, flüstert sie erstickt.

Ich schiebe bedauernd meine Schultern hoch. „Eigentlich gar nicht so übel, aber du hast so eine wunderschöne, feine Haut und dieser Lippenstift macht dich blass. Der zarte Rosèton gestern hat mir persönlich viel besser gefallen. Passt auch besser zu deinen …“ Ich stocke. Ihre Haare! Das ist es, Jessys blonder Pixie-Cut ist über Nacht ergraut!

„Silbergrau, ist das neue Blond“, klärt sie mich auf und klingt etwas ungeduldig dabei. Als ob ich mit meinen 34 Jahren keine Ahnung mehr von irgendetwas hätte. Aber vermutlich erscheine ich einer 24-Jährigen wirklich schon ein bisschen mittelalterlich.

Jessy springt nach einer kurzen Nachdenkpause von ihrem Drehsessel hoch, um mit ausladendem Hüftschwung in der Damentoilette zu verschwinden. „Aber mit dem Lippenstift hast du recht, der passt nicht, überhaupt nicht!“

Ich mache mich endlich auf den Weg zu meinem Arbeitsplatz, hänge den leichten Herbstmantel, den ich heute das erste Mal nach dem außergewöhnlich heißen, langen Sommer aus dem Schrank geholt habe, auf, und lasse meine Augen angewidert über den Tisch streichen.

Tom ist noch nicht da, eh klar, sein Büro, das direkt an meines grenzt, ist leer. Ich werfe einen kurzen Blick hinein und atme tief durch. Vom Vortag hängt noch ein zarter Rest seines Duftes im Raum und ich schließe kurz die Augen. Wie immer spüre ich ein sanftes Prickeln in der Herzgegend, das heute allerdings etwas heftiger ausfällt als sonst. Die Erinnerung quält mich!

„Wunderschönen Guten Morgen, Herzblatt.“

Ich fahre erschrocken zusammen, als Tom das Zimmer betritt. Offenbar ist er bestens gelaunt, widerlich! Ich kann ihn gar nicht ansehen, nicht solange ich diese intensiven Bilder seiner nächtlichen Freizeitbeschäftigung in meinem Kopf habe, die da aber vermutlich noch länger festsitzen werden.

„Alles okay mit dir? Träumst du?“, fragt er dicht hinter mir und ich kann das Lächeln in seiner Stimme hören.

Ja, von dir!

Ich liebe diesen Job, also werde ich mich jetzt zusammenreißen und wie gewohnt für ihn die pflichtbewusste und unerschütterliche Assistentin geben. Wie ich das jeden Tag mache, mit Erfolg! Und nichts wird mich daran hindern, nicht mal seine Sexspielchen auf meinem Tisch! Und auch nicht der sanfte Klang seines heimlichen Kosenamens für mich, den er nur verwendet, wenn wir allein sind.

„Nein, ich habe nur überlegt, ob die Pflanze gegossen werden muss“, antworte ich ernst und drehe mich nach einem letzten, tiefen Atemzug entschlossen zu ihm um. Seine Augen blitzen vergnügt. „Welche Pflanze genau?“

„Na, die Palme …“, ich deute neben seinen Schreibtisch und klatsche mir gleichzeitig mit der flachen Hand auf die Stirn. Ich Dummerl, die haben wir ja gestern entsorgt.

„Ja, ja, die Macht der Gewohnheit.“ Tom schiebt sich an mir vorbei durch die Tür, peinlich darauf bedacht, mich nicht zu berühren – da ist er sehr korrekt, er betatscht seine weiblichen Angestellten niemals, nicht einmal unabsichtlich – und hängt sein Sakko auf. Er trägt keine Krawatte und wirkt bei näherem Hinsehen ein wenig zerstört. Sein dichter Haarschopf steht zerzaust vom Kopf ab, eigentlich tut er das immer, normalerweise ist diese sexy Sturmfrisur allerdings das Ergebnis konzentrierter Arbeit vor dem Spiegel, wie ich stark vermute! Und er hat dunkle Schatten unter den Augen … wenig Schlaf gehabt, der Gute.

Mein Blick muss strenger als beabsichtigt sein, denn er greift sich mit einem entschuldigenden, schiefen Grinser ins Gesicht und reibt langsam über sein kantiges, heute allerdings unrasiertes Kinn. „Hatte Stress, rasieren vergessen und die Krawatte. Brauch auch ein frisches Hemd.“

Sein Hemd ist vernudelt … da hat wohl heute jemand nicht zuhause übernachtet! Ich versuche den Frust, der sich jetzt endgültig in mir breit macht, zu ignorieren. Nicht nur, dass er es auf meinem Schreibtisch treibt, hat er nicht einmal den Anstand, sich danach daheim frisch zu machen und mir damit seinen durchgevögelten Zustand zu ersparen!

„Ist die Wäscherei oder Büglerei oder was auch immer abgebrannt?“, frage ich süffisant und er sieht mich etwas verwirrt an. Scheint wirklich müde zu sein, wenn er diese Spitze nicht versteht. „Das Hemd, von gestern!“, helfe ich ihm ungeduldig auf die Sprünge.

„Na, was glaubst du wohl?“, endlich hat Tom es kapiert, aber peinlich ist es ihm nicht. Im Gegenteil, ein ausgesprochen zufriedenes Lächeln huscht über sein Gesicht. Vermutlich denkt er gerade daran, wie er seine neueste Eroberung zum Schreien gebracht hat.

Und ich muss auch wieder daran denken …

„Der Mann von Welt trägt übrigens bügelfreie Hemden …“, fügt er noch großkotzig hinzu.

… und treibt es auf dem Schreibtisch seiner Assistentin!

„Der erste Termin ist in einer halben Stunde, Maiers, du solltest dich herrichten. So würde ich dem ehemaligen Abgeordneten nicht unter die Augen treten“, sage ich nun eine Spur zu bissig und er zieht überrascht eine Augenbraue in die Höhe. Und zwar die, die durch eine kleine Narbe geteilt ist, was ich besonders sexy finde.

„Herzblatt, du bist heute aber besonders streng mit mir“, mault er und geht zu seinem Schrank, um Notfall-Hemd und -Krawatte herauszuholen. „Ich verschwinde dann mal kurz ins Bad.“ Er öffnet die schmale Tür, die nur auffällt, wenn man weiß, dass sie da ist.

Ein paar Minuten später habe ich meinen ersten Espresso getrunken und kann mich endlich mit gewohntem Eifer meiner Arbeit widmen. Die heißen Bilder der vergangen Nacht blende ich aus und es funktioniert sogar ganz gut. Auch Tom ist wieder geschäftsmäßig korrekt unterwegs. Er tritt geschniegelt und gestriegelt vor meinen Schreibtisch und legt einen Stapel Papiere neben meinen Laptop. Sehnsüchtig linst er dabei in meine leere Kaffeetasse. Unter anderen Umständen würde ich mich eventuell auf den Weg machen, um ihm netterweise einen Kaffee zu holen, aber heute mache ich das nicht, ich bin sauer! Der Mann hat Beine und Hände, um das selbst zu erledigen! Wer vögeln kann, kann auch die Espressomaschine bedienen!

„Jessy soll die einscannen und ruf bitte Alex an, ich warte noch immer auf die Finanzen von Müller, uns läuft die Zeit davon. Er soll endlich weitertun!“, fordert er ungeduldig und fährt sich genervt mit den Fingern durch das dichte, schwarze Haar. Damit bringt er den gekonnten Strubbel-Look wieder etwas in Schieflage, was mein Herzklopfen wiederum beschleunigt. Genau wie die wenigen silbrigen Strähnchen, die seit kurzem an seinen Schläfen schimmern und ihn dummerweise noch heißer aussehen lassen. Ist das nicht unfair, dass Männern das erste Grau meist so verdammt gut steht?

„Sag mal, Jessy meint das ernst?“ Da kann er wohl nur ihre neue Haarfarbe meinen. Ich grinse vielsagend und er schüttelt den Kopf. „Ich kann euch Frauen nicht verstehen“, brummt er und macht sich leicht frustriert auf den Weg in die Kaffeeküche.

Ich lache innerlich, über Tom Beranegg kann man viel sagen, aber sicher nicht, dass er die Frauen nicht versteht. Zumindest weiß er bestens mit uns umzugehen, was seine lange Eroberungsliste eindeutig beweist. Auch wenn er sich manchmal wie ein richtiger Kotzbrocken benimmt, aber viele Damen stehen auf dieses Machogehabe, traurig aber wahr, und ich bin da leider keine Ausnahme. Allein dieses „Herzblatt“ sollte ich ihm verbieten, so hat ein Boss seine Assistentin einfach nicht anzusprechen, in welchem Jahrhundert leben wir denn? Jede halbwegs intelligente, emanzipierte Frau sollte sich das nicht gefallen lassen. Aber ich mag es dummerweise, auch wenn ich das nicht gerne zugebe. Dadurch habe ich das Gefühl, etwas Besonderes für ihn zu sein … ja, so besonders, dass er es auf meinem Tisch treibt!

„Tom!“, rufe ich ihm schnell nach, bevor mich der Mut verlässt, „kann ich einen neuen Schreibtisch haben?“

Bilde ich mir das ein oder zuckt er kurz zusammen? Langsam dreht er sich zu mir um und sein Blick wandert prüfend über die Tischplatte. „Wieso, was stört dich daran? Ist doch noch ganz okay.“

„Irgendwie … also, ich bilde mir ein, er ist nicht mehr ganz so stabil.“ Was rede ich da!

Tom wirkt nun leicht verblüfft, dann kommt er wieder ein paar Schritte näher und bleibt vor mir stehen. Er reibt sich unschlüssig über das nun tadellos rasierte Kinn und jetzt ist es da, ein angedeutetes, dreckiges Grinsen! „Nicht stabil? Was hast du denn vor mit dem armen Teil?“

Mir wird heiß, nein kalt, ich starre ihn vermutlich gerade total schockiert an.

So eine Frechheit, was ich vorhabe? ICH???

„Na, was wohl, wozu braucht man einen Schreibtisch? Ich würde gerne meine Arbeit machen, und das ungestört und möglichst bequem!“, lege ich los und er wirkt angesichts meines Ausbruchs ziemlich überrascht. „Ist das wirklich so ein Problem, wenn ich einmal in zwei Jahren etwas von dir will? Aber gut, dann eben nicht, es ist mir egal, wirklich, vergiss es einfach wieder! Aber dieser alte Tisch ist beinahe schon gesundheitsgefährdend, der stammt ja noch aus Großvaters Zeiten!“, meckere ich weiter.

Im Zimmer ist es still, sehr still. Tom beobachtet mich mit leicht gerunzelter Stirn und macht dann eine resignierte Handbewegung. „Wenn das so wichtig für dich ist, okay, such dir einen neuen Tisch aus. Ich will ja nicht, dass dir etwas wehtut. Obwohl da vermutlich ein neuer Sessel mehr helfen würde, aber bitte … Wenn allerdings deine lieben Kollegen dann auch mit irgendwelchen Extrawünschen daherkommen, darfst du ihnen erklären, dass das nicht möglich ist. Ich statte jetzt garantiert nicht die ganze Kanzlei mit neuen Möbeln aus.“

Ich bekomme jetzt wirklich einen neuen Schreibtisch, einfach so?

„Ich will natürlich vorher wissen, wie viel der kostet … und er muss zum Rest der Einrichtung passen! Und ob du dann noch einen Bonus bekommst, weiß ich nicht“, sagt er da doch glatt und ich öffne empört meinen Mund. Lachend hebt Tom die Hand. „Nur ein kleiner Scherz, Herzblatt, ich finde deinen Tisch zwar ganz in Ordnung, aber tüchtige Assistentinnen gibt es nicht wie Sand am Meer. Also sei‘s drum, dein Wunsch ist mir wie immer Befehl.“

Mein Boss schüttelt mit einem lässigen Grinser den Kopf und verschwindet endgültig in Richtung Kaffeeautomat. Er findet meinen Tisch ganz in Ordnung? Ja, das habe ich bemerkt!

2. Tom

Mein Handy klingelt und ich werfe einen kurzen Blick auf die eingehende Nummer. Interessiert mich nicht! Bereits der dritte Anruf heute, die lässt einfach nicht locker. Mir reichen zwei Dates in Folge mit anschließendem Bett- bzw. Schreibtischgeflüster, ihr nicht! Ich weiß sowieso nicht, was mich da gestern geritten hat, es mit Tamara in der Kanzlei zu treiben! Noch dazu auf Lias Tisch, aber die paar Schritte in mein Büro wären zu viel gewesen. Die Süße hatte ihre Hand schon in meiner Hose und konnte es kaum mehr erwarten.

Apropos Tisch … irgendwie ist das schon ziemlich seltsam, dass Lia gerade heute dieses Theater wegen ihres Schreibtisches macht. Es kann doch nicht sein, dass der nach ein paar Stößen gleich zu wackeln beginnt, auch wenn er schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat.

Aber ich habe kein schlechtes Gewissen, denn Lia ist zum Teil selbst daran schuld, dass ich das Büro auf diese lustvolle Weise zweckentfremdet habe. Ich habe nämlich dummerweise eine kleine Schwäche für meine reizvolle Büroperle, schon immer gehabt, ein kleines Geheimnis, das ich allerdings gut hüte. Es mit einer anderen auf Lias Schreibtisch zu treiben war meine – zugegeben etwas kindische – Rache dafür, dass sie Tag für Tag so unbeeindruckt von meinem Charm dort sitzt und vor sich hinarbeitet. Und klar habe ich mir vorgestellt, sie zu ficken! Vor meinem geistigen Auge lag meine vom Sex zerzauste, erhitzte, um Gnade winselnde Assistentin vor mir auf dem Tisch. Und es war richtig gut, so guten Sex hatte ich schon lange nicht mehr. Ich will gar nicht daran denken, wie es erst wäre, es wirklich mit Lia zu treiben!

Aber ich werde sie nicht anrühren! Ich vernasche meine weiblichen Angestellten nicht und setze sie dann zwangsläufig an die Luft, weil sie mit diesem weidwunden Mach‘s-mir-noch-einmal-Blick vor meiner Bürotür sitzen und an nichts anderes mehr denken können als an meinen Schwanz. Dieses Drama habe ich bei Bekannten und Kollegen schon öfters beobachtet, in meiner eigenen Kanzlei kann ich gut darauf verzichten. Abgesehen davon scheint Lia auch nicht sehr erpicht darauf, von mir beglückt zu werden. Was unverständlich aber durchaus praktisch ist, denn eine verlässliche rechte Hand ist ziemlich sicher schwerer zu finden, als eine willige Pussy. So ist das Kosewort „Herzblatt“ das einzige Zeichen meiner Schwäche, das ich mir erlaube … und das dreckige Kopfkino, das immer wieder anspringt, wenn sie zu lange in meiner Nähe ist.

Herzblatt! Diesen Namen verdankt sie einem schwerhörigen Mandanten, der mir eines Tages Grüße für die reizende Frau Herzblatt auftrug. Mir gefiel dieser etwas altertümliche, nicht alltägliche Kosename, er passt zu ihr, und so ist er ihr geblieben. Aus Lia Herzle wurde mein Herzblatt. Anfangs wollte ich sie damit ärgern, aber inzwischen ist es ein Ausdruck dafür, dass wir uns etwas näher sind, als der Rest der Kanzlei. Respektvoll näher meine ich damit natürlich. Selbstverständlich nenne ich Lia nur so, wenn wir allein sind … fehlt noch, dass das einer der anderen Angestellten mitbekommt! Das macht keinen guten Eindruck!

Es klopft dezent an meiner Tür und sie steht schon vor mir. Ihr Gesichtsausdruck verheißt nichts Gutes, sie blickt mich streng an, ihre Stirn ist gerunzelt und sie streicht sich ungehalten eine widerspenstige Locke ihres hellbraunen, weit über die Schultern fallenden Haares hinter das Ohr. Sie soll diese Pracht bitte zusammenbinden, hochstecken, was auch immer, denn wenn sie so vor mir steht, bekomme ich unbändige Lust darin zu wühlen, meine Lippen hineinzudrücken und tief ihren Duft in mich aufzusaugen. Der Gedanke bringt mich gerade etwas zum Schwitzen. Ich verziehe grantig über mich selbst meinen Mund und sehe ihr ungehalten entgegen.

„Was?“ Ich erschrecke selbst über meinen ruppigen Ton, Lia ist aber nicht davon beeindruckt, im Gegenteil.

„Diese Segolin, bitte, klär das endlich, die nervt seit Tagen!“, keppelt sie mich an und ich muss lachen. Jetzt wird Lia so richtig sauer, sie hasst es, von mir ausgelacht zu werden.

„Ségolène“, stelle ich richtig und bin stolz darauf, dass ich mich noch an den Namen erinnern kann, das kann ich nämlich nicht immer. „Ségolène, Herzblatt, sie ist Französin“, setze ich provokanterweise nach und lasse den französischen Namen butterweich von meiner Zunge rollen.

„Ist mir egal, woher sie kommt. Regle das bitte endlich. Ich bin nicht deine Privatsekretärin, die sich die Raunzereien deiner Verflossenen anhören muss. Wenn du dein Liebesleben nicht im Griff hast, tut es mir leid, ist aber nicht mein Problem. Vielleicht solltest du den Damen nicht immer deine Geschäftsnummer geben, das wäre für uns alle angenehmer.“

Was hat sie heute nur? Ihre Tage oder warum ist sie gar so zickig? Diesen Ton darf sich sonst auch keiner meiner Angestellten erlauben, aber Lia hat gewisse Freiheiten. Ich schätze eben ihren Fleiß und ihre Intelligenz und, zugegeben, ihr Temperament macht mich einfach unglaublich an!

„Ich könnte natürlich deine geheime, ganz private Handynummer verraten.“ Jetzt lächelt sie so richtig böse und ich springe vom Sessel hoch, um ihr hinaus zu folgen. Das geht nun wirklich zu weit, sie weiß genau, dass ich diese Nummer niemals an meine Kurzzeitdamen weitergebe, aus reinem Selbstschutz.

Lia sitzt schon wieder an ihrem Schreibtisch und schlägt aggressiv in die Tasten. Wenn sie so weitermacht, ist zusätzlich zum neuen Schreibtisch noch ein Laptop fällig! Ich klappe den Deckel ohne Vorwarnung zu, sie zieht gerade noch rechtzeitig ihre Finger weg und schnappt empört nach Luft. „Was soll das?“, funkelt sie mich wütend an und wieder einmal bewundere ich diese goldenen Sternchen, die der Zorn in ihre wunderschönen grünen Augen zaubert. Sie ist wahnsinnig erotisch, so wütend. Hätte sie mich beim Einstellungsgespräch so angefunkelt, ich hätte sie nicht engagiert, sondern meine Bürotür abgeschlossen und all die anderen Dinge mit ihr getrieben, die mir dummerweise gerade in diesem Augenblick durch meinen Schädel geistern. Was bin ich nur für ein Schmutzfink!

„Warum grinst du so?“, zischt sie mich an und ich bemühe mich um einen nichtssagenden Gesichtsausdruck. Aber es ist gar nicht so leicht, diesen dreckigen Grinser aus meinem Gesicht zu bekommen, weil sie bei dem Porno in meinem Kopf gerade eine ziemlich heiße Rolle spielt: Sie kniet vor mir und ich kann es genau in ihren Augen sehen, die mich von unten her ergeben anleuchten … Lia kann es kaum erwarten, endlich meinen Schwanz in den Mund zu nehmen!

„Tom! Ich rede mit dir!“ Ihre grantige Stimme reißt mich aus diesem erregenden Tagtraum, gerade noch rechtzeitig, bevor meine körperliche Reaktion darauf nicht mehr zu übersehen ist. Dieser beißende Tonfall wirkt glücklicherweise wie eine Dusche mit Eiswasser.

Tief durchatmen und es geht schon wieder. Ich beginne zu schmeicheln. „Ich habe dich nicht ausgelacht, ich habe mich in Gedanken über Ségolène lustig gemacht, sie ist nicht gerade die Hellste und …“ Weiter komme ich nicht.

„Du bist ein furchtbarer Mensch und ich sollte aus moralischen Gründen kündigen, wenn du mich nicht so gut bezahlen würdest!“, tadelt sie und fixiert mich streng mit zur Seite geneigtem Kopf.

„Dir geht es also nur um mein Geld? Das ist bitter“, maule ich. Sie verzieht keine Miene und sieht mich weiter unnachgiebig an. „Bitte, Herzblatt, verlass mich nicht. Was sollte ich ohne dich tun!“

„Deinen Gespielinnen sofort beichten, dass es kein zweites oder drittes Mal geben wird“, murrt sie, aber ihr Gesicht wirkt schon wieder etwas weicher. Sie seufzt leise aber umso theatralischer. „Wie kannst du dich den Frauen gegenüber nur so respektlos benehmen? Du bist doch im Grunde ein ganz netter Mann.“

Nein! Das geht jetzt wirklich zu weit! Keiner nennt mich ungestraft nett, das darf nicht einmal sie! Eine furchtbare Beleidigung, ich bin kein netter Mann, ich will auch gar keiner sein. Nette Männer gibt es an jeder Straßenecke und meistens erinnert man sich eine Stunde später nicht mal mehr an deren Namen. Und meine Mandanten bezahlen mich dafür, dass ich das gerade nicht bin!

Schon klar, dass Lia mich provozieren will, und auch klar, dass ihr das wie immer gelingt! Sie ist die einzige Frau, die das schafft. Ich suche nach Worten, nach unfreundlichen Worten, und plötzlich ist es da, dieses verschmitzte Lächeln, das nun über ihr Gesicht huscht und das ich so sehr mag. Es lässt mich binnen Sekunden butterweich werden.

„Ich bin nicht nett, das weißt du genau“, knurre ich der Form halber.

Lia weicht meinem Blick aus und streicht mit der flachen Hand gedankenverloren über ihren Laptop. „Ich weiß“, murmelt sie.

Ich kann die Augen nicht von ihren Fingern nehmen und habe das Gefühl, diese Streicheleinheiten auf meinem Körper zu spüren, sanft tastend, suchend ... was den kleinen Anwalt in meiner Hose erneut ziemlich aufregt. Schnell drehe ich mich um und verschwinde in meinem Büro.

Ich muss sie feuern, bevor ich irgendwann einmal einem Mandanten mit Beule im Schritt gegenüberstehe!

3. Lia

Samstagmorgen. Ich habe meine Halb-Fast-Nichte Anna - ich weiß nie, wie ich sie eigentlich nennen soll, da sie die kleine Schwester des Lebensgefährten meines Bruders ist - gerade bei ihrer Freundin abgeliefert. Nun fahre ich in Richtung Stammersdorf am Rande Wiens, um dort mit meiner Freundin Betty unsere übliche Samstagrunde mit den Hunden zu gehen. Betty ist mit ihrer Shepherd-Hündin Holly unterwegs und ich habe den schwarzen Labrador Rudolf meiner Eltern dabei. Ja, Rudolf, allerdings ohne rote Nase.

Da ruft meine Mutter an, obwohl ich doch vor einer Stunde erst mit ihr persönlich gesprochen habe. Meine Eltern wohnen im Stockwerk unter mir, besser gesagt, ich wohne ihm oberen Stockwerk des Hauses meiner Eltern in Döbling. Ja, so ist es, ich lebe in meinem Alter noch bei Mama und Papa. Nach meiner Flucht aus der Kirche vor 3 Jahren bin ich Hals über Kopf wieder bei ihnen eingezogen. Ich habe meinen Verlobten vor dem Altar stehengelassen und der hatte dann verständlicherweise kein Interesse mehr daran, sich mit mir eine Wohnung zu teilen. Ich bekam Panik, ein bisschen spät, zugegeben. Ich hätte es ihm schon vorher schonend beibringen können, dass das mit uns und „ein Leben lang, bis dass der Tod uns scheidet“ nichts wird.

Abgesehen davon, dass ich jetzt andauernd ohne Vorwarnung meine Mutter im Genick habe, wohne ich gerne dort. Ich bin in dem Bezirk aufgewachsen und liebe die alten, malerischen Villen und kastanienbaumgesäumten Straßen des Wiener Cottageviertels. Zwei Gassen weiter wohnt mein Bruder mit seinem Lebensgefährten Rick und dessen 16-jähriger Schwester Anna, die seit dem Tod der Eltern bei ihrem Bruder lebt. Die Gegend ist sozusagen fest in unserer Hand!

Meine Mama hyperventiliert gerade aus der Freisprechanlage, was Rudolf dazu bringt, mit lautem Geheule aus dem Kofferraum zu antworten.

„Emilia, du hast keine Ahnung, was passiert ist!“, schnauft sie. Ich hasse es, wenn sie mich Emilia nennt. Ich heiße zwar wirklich so, aber jeder normale Mensch nennt mich Lia, bis auf meine Mutter. Sie besteht auf den vollen, ihrer Ansicht nach wahnsinnig klangvollen und respekteinflößenden Namen. Mich reißt es dabei immer, weil ich das Gefühl habe, meine tote, namensgebende und – wenn man den gruseligen Fotos Glauben schenken darf – wirklich respekteinflößende Urgroßmutter steht hinter mir.

„Stell dir vor, Nora kommt, ich halte das nicht aus!“

Das steigert meine Laune blitzartig, ich liebe meine Tante Nora, sie ist zwar ziemlich mühsam, aber sozusagen die Kirsche auf dem Schlagobershäubchen unserer etwas speziellen Familie. Leider lebt sie seit kurzem in Edinburgh, viel zu weit weg!

„Wo soll ich hin mit ihr?“, jammert da meine Mutter gerade durchs Telefon, die sehr froh war, dass ihre verrückte Schwester vor einem Jahr weg aus Wien und hin zu ihrer neuen Liebe, einem schottischen Whiskyhändler, gezogen ist. „Sie kann unmöglich bei uns wohnen, das hält Papa nicht durch! Der ist sowieso so gestresst.“

Mein Vater ist immer gestresst, seit er in Pension ist. Unsere Familie ist ihm einfach zu viel. Er war ein sehr angesehener Richter, eine Kapazität auf dem Gebiet Familienrecht. Dass es auch in seiner eigenen zeitweise drunter und drüber geht, macht ihn jedoch total fertig.

Der weinerliche Ton meiner Mutter ist der Startschuss für einen weiteren langgezogenen Klagelaut aus dem Kofferraum, der Hund muss dringend raus!

„Du Mama, ich bin gerade mit dem Hund im Wald, es kann sein, dass die Verbindung abbricht“, warne ich hoffnungsvoll, während ich den Wagen parke.

Meine Mutter plaudert unbeirrt weiter. „Papa dreht durch, wenn sie drei Wochen bei uns wohnt. Kannst du nicht?“

„Wir wohnen im selben Haus, er kann ihr also sowieso nicht aus dem Weg gehen, egal bei wem sie schläft.“ Es gibt zwar theoretisch auch getrennte Eingänge, aber die benutzt keiner, weil der Weg durch den Vorraum meiner Eltern einfach bequemer ist!

„Oder Chris und Rick nehmen sie, in Annas Zimmer, die könnte doch die paar Tage bei dir schlafen, das macht sie doch sowieso immer wieder! Das wäre die beste Variante.“

Na, mein Bruderherz wird eine Riesenfreude haben, sein leicht verhaltensauffälliges Tantchen aufs Auge gedrückt zu bekommen!

„Nein!“, falle ich meiner Mutter entschlossen ins Wort. Meine Eltern haben das größere Stockwerk samt leerem Gästezimmer für sich, den Hund und die Zierfische, und nur weil mein Vater mit dem Temperament seiner Schwägerin überfordert ist, werden wir nicht die halbe Familie umsiedeln. Soweit kommts noch!

„Aber wenn sie mit diesen Stinkereien beginnt, wird Papa narrisch, dann zieht er zu dir hinauf, das sage ich dir gleich!“, schreit meine Mutter aufgeregt ins Telefon. „Ich bin mir nicht sicher, ob du das willst!“

Ich bin mir sogar sehr sicher, dass ich das nicht will! Aber was zur Hölle meint sie mit Stinkereien?

Ich suche inzwischen den Wald nach dem Hund ab. Der hat blitzschnell erkannt, dass ich abgelenkt bin und ist zwischen den Bäumen verschwunden. Unser Rudolf ist aber ein sehr Braver und entfernt sich nie weit. Ich hör ihn auch schon rascheln und da kommt er mit stolzgeschwellter Fellbrust zurück, mit einem halben Baum im Maul!

„Wirf mal“, betteln seine braunen, treuen Augen. Wenn ich diesen Prügel werfe, habe ich garantiert einen Bandscheibenvorfall.

„Ich verstehe gar nicht, was sie mit diesem Räuchern will, in ihrem Alter! Andauernd fängt sie etwas Neues an.“ Aha, das meint sie mit Stinkereien, Räucherstäbchen!

Aus den Augenwinkeln sehe ich Bettys Wagen einparken, kurz winke ich, wische mir theatralisch den imaginären Schweiß von der Stirn und konzentriere mich wieder auf meine Mutter.

„Sie ist auf alle Fälle verrückt! Komplett verrückt, und du bist wie sie!“, sagt die gerade und mir bleibt die Luft weg. Aber vielleicht sollte ich das ja sogar als Kompliment werten.

„Und wenn sie mit ihren Hechelübungen beginnt, geht Papa wieder an den Whisky und den verträgt er in Mengen nicht“, lamentiert meine Mutter weiter. Sie erinnert mich damit wieder an den Tag meiner Nichthochzeit. Im Grunde war meine Familie sehr froh darüber, dass ich diesen – ihrer Meinung nach – unsympathischen Mann nicht geheiratet habe, sie hätte sich allerdings ein besseres Timing meinerseits gewünscht. Die Hochzeitsparty für meine Freunde und die Familie fand dann trotzdem statt und mein Vater hat nach ein paar Gläsern Whisky eine wirklich beeindruckende Rede gehalten. Danach ließ er sich müde in seinen Sessel niedersinken und seufzte: „Mädchen, ich bin stolz auf dich, wäre ich nur auch so mutig wie du.“ Den Rest der Feier verschlief er. Ich habe keine Ahnung, wie er das am nächsten Tag wieder hingebogen hat, aber meine Eltern sind noch immer verheiratet!

Während ich meinen Gedanken nachhänge, lässt meine Mutter sich weiter über die Atemübungen aus, mit deren Hilfe meine Tante versucht, sexuelle Spannungen und Energieblockaden, von denen es in unserer alten Villa ihrer Meinung nach genug gibt, zu lösen. Sollte ich vielleicht auch probieren, denn meine sexuellen Blockaden sind im Moment so massiv wie ein zubetonierter Höhleneingang.

„Kannst du sie wirklich nicht nehmen?“ Mama verlegt sich nun aufs Betteln, als würde sie versuchen, eine heimatlose Katze anzubringen.

Ich schüttle entschieden meinen Kopf, sinnlos beim Telefonieren, verleiht meiner Stimme aber hoffentlich den notwendigen entschlossenen Klang. „Wirklich nicht, ich kümmere mich gerne hin und wieder um sie, aber ….“

Großer Fehler!

„Das ist wunderbar, das hilft mir schon, mach ein paar nette Ausflüge mit ihr, das wird dich auf andere Gedanken bringen!“

Mich? Wieso sollte mich etwas auf andere Gedanken bringen müssen? Außerdem habe ich einen Job!

„Ausflüge? Ich muss arbeiten, Mama!“, entrüste ich mich auch schon und kann förmlich sehen, wie meine Mutter lässig abwinkt.

„Dein Anwalt wird dich schon beurlauben, die Familie geht vor, das versteht er sicher.“

Wird er sicher nicht! Für Tom geht immer die Arbeit vor und im Moment ist wirklich viel zu tun. Er wird mir also garantiert nicht freigeben, damit ich mich meiner verrückten Tante widmen kann.

„Also?“ Mama wird ungeduldig.

„Also was?“

„Was soll ich Papa sagen? Wer nimmt sie?“

„Ich nicht, Chris auch nicht, vergiss es, auch das mit dem Urlaub!“, knurre ich und nach einem kurzen eingeschnappten „… Aber …“ meiner Mutter beende ich das Gespräch und lasse mich von Betty, die geduldig neben mir wartet, mit einem Wangenküsschen aufmuntern.

„Familiendrama?“, grinst sie mitleidig. Wir kennen uns seit dem Kindergarten und sie weiß genau, wenn ich beim Telefonieren mein Saure-Zitronen-Gesicht mache, kann am anderen Ende nur meine Mutter sein.

---ENDE DER LESEPROBE---