Kiffen, aber richtig! - Thomas Schröter - E-Book

Kiffen, aber richtig! E-Book

Thomas Schröter

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Beschreibung

Cannabis ist endlich in Deutschland legal; doch mit der neuen Freiheit kommen auch neue Fragen. Was ist erlaubt, was bleibt verboten? Wie konsumiert man verantwortungsvoll, ohne Risiken unnötig zu steigern? Und wie unterscheidet sich medizinischer Einsatz vom Freizeitgebrauch? Dieses Buch bietet den umfassenden und zugleich verständlichen Überblick. Von den rechtlichen Grundlagen über sichere Konsummethoden bis hin zu den Chancen und Risiken für Gesundheit, Gesellschaft und Wirtschaft führt es Schritt für Schritt durch alle relevanten Themen. Ob Dosierungstabellen, Checklisten für Notfälle, Tipps zum Eigenanbau oder Einblicke in Forschung und Politik; hier finden Leserinnen und Leser einen praxisnahen Wegweiser durch die komplexe Welt des Cannabis. Zugleich beleuchtet das Werk auch die kulturellen, sprachlichen und sozialen Dimensionen, die seit Jahrzehnten mit der Pflanze verbunden sind. Mit wissenschaftlich fundierten Erklärungen, klarer Struktur und praxisnahen Empfehlungen richtet sich dieses Buch gleichermaßen an Einsteiger, Patientinnen, Eltern, Lehrkräfte und alle, die verantwortungsvoll mit dem neuen Kapitel deutscher Drogenpolitik umgehen wollen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 128

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel 1 – Von den ersten Nutzpflanzen zur Kulturpflanze

Kapitel 2 – Vom Heilmittel zur „Droge“

Kapitel 3 – Re-Legalisierung weltweit

Kapitel 4 – Deutschland 2017–2025: Von Medizinalcannabis zum Konsumcannabis

Kapitel 5 – Die Pflanze verstehen

Kapitel 6 – Das Endocannabinoid-System

Kapitel 7 – Cannabinoide im Überblick

Kapitel 8 – Terpene und Flavonoide

Kapitel 9 – Der Entourage-Effekt – seriös erklärt

Kapitel 10 – Tabak und Cannabis: Co-Use, Synergien, Missverständnisse

Kapitel 11 – Inhalation bewusst wählen

Kapitel 12 – Orale, sublinguale und transdermale Anwendungen

Kapitel 13 – Dosis finden – von Microdosing bis Makrodosis

Kapitel 14 – Qualität erkennen

Kapitel 15 – Lagerung und Sicherheit

Kapitel 16 – Medizinrecht und Versorgung

Kapitel 17 – Evidenzlage nach Indikationen

Kapitel 18 – Wechselwirkungen und Kontraindikationen

Kapitel 19 – Klinische Praxis

Kapitel 20 – Das gilt heute in Deutschland (Kernregeln)

Kapitel 21 – Social Clubs richtig verstehen

Kapitel 22 – Edibles, Extrakte und Co.: Zwischen Verbot und Graubereich

Kapitel 23 – Cannabis und Straßenverkehr: Zwischen Sicherheit und Stigmatisierung

Kapitel 24 – Reisen mit Cannabis

Kapitel 25 – Akute und langfristige Risiken

Kapitel 26 – Harm Reduction, die wirklich hilft

Kapitel 27 – Jugendliche schützen

Kapitel 28 – Wenn es kippt: Problemkonsum erkennen und behandeln

Kapitel 29 – Rechtlicher Rahmen des Eigenanbaus

Kapitel 30 – Praxiswissen Anbau

Kapitel 31 – Ernte, Trocknung, Curing

Kapitel 32 – Verarbeiten ohne Gesetzesfalle

Kapitel 33 – Szenen, Stile, Sprache

Kapitel 34 – Markt und Schattenmarkt

Kapitel 35 – Forschungshorizonte

Kapitel 36 – Politik der nächsten Jahre

Kapitel 37 – Entscheidungsnavigator „Medizin oder Freizeit?“

Kapitel 38 – Dosierungs- und Titrationstabellen

Kapitel 39 Recht kompakt

Kapitel 40 Glossar, Literatur, Studiennavigator

Glossar A–Z

Vorwort

Als ich im Jahr 2003 zum ersten Mal bewusst und reflektiert die Wirkung von Cannabis erlebte, war es ein Moment, der mich tief geprägt hat. Nicht wegen eines ausgelassenen Rausches oder einer flüchtigen Flucht aus dem Alltag – sondern weil ich spürte, dass diese Pflanze mehr vermag, als gemeinhin behauptet wurde. Sie veränderte nicht nur meine Stimmung, sondern öffnete mir auch eine neue Perspektive auf mein eigenes Denken, Fühlen und Erleben. Ich stellte psychisch positive Effekte an mir selbst fest, die über das hinausgingen, was man damals in den Schlagzeilen oder Warnkampagnen hörte.

Doch im Deutschland der frühen 2000er Jahre war Cannabis in erster Linie ein Symbol für Kriminalisierung und Stigmatisierung. Für Menschen wie mich, die ernsthaft daran interessiert waren, Cannabis therapeutisch einzusetzen, blieb nur eines: warten. Warten auf einen politischen Wandel, warten auf ein Gesetz, das den Zugang zu dieser jahrtausendealten Heilpflanze nicht mehr verbietet, sondern in medizinisch kontrollierte Bahnen lenkt.

Es dauerte ganze 14 Jahre, bis im März 2017 das Gesetz in Kraft trat, das Cannabis als Medizin auch in Deutschland möglich machte. Für mich persönlich bedeutete das nicht weniger als einen Wendepunkt. Seit diesem Zeitpunkt konnte ich als Patient regelmäßig und rechtmäßig auf eine Substanz zurückgreifen, die mir schon lange zuvor spürbare Linderung gebracht hatte. Ich wurde Teil einer Bewegung, die weit über das Private hinausreicht: einer Neubewertung von Cannabis, die auf Wissenschaft, Empirie und Menschlichkeit basiert.

Seither – und das nun durchgängig – begleitet mich Cannabis nicht als Fluchtmittel, sondern als Begleiter im Alltag, als Werkzeug für Gesundheit, Stabilität und manchmal auch für Kreativität und Klarheit.

Dieses Buch ist das Ergebnis von zwei Jahrzehnten Erfahrung, Beobachtung und Auseinandersetzung. Es soll aufklären, informieren, entstigmatisieren – und zugleich zeigen, wie komplex, faszinierend und verantwortungsvoll der Umgang mit Cannabis sein kann. Von der Geschichte bis zu den neuesten Gesetzen, vom Entourage-Effekt bis zu den praktischen Fragen von Konsumformen, Risiken und Schutz: Ziel ist es, ein umfassendes, verständliches und menschlich geschriebenes Werk vorzulegen.

Denn „kiffen, aber richtig“ bedeutet nicht nur Konsum – es bedeutet Wissen, Verantwortung und die Freiheit, mit diesem Wissen eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen.

Thomas Schröter

Aalen, im Jahr 2025

Kapitel 1 – Von den ersten Nutzpflanzen zur Kulturpflanze

Wenn wir heute über Cannabis sprechen, begegnen wir einem Gewächs, das gleichermaßen alt wie modern ist. Alt, weil archäologische Funde belegen, dass Menschen bereits vor über 10.000 Jahren Hanf nutzten – zunächst nicht, um berauscht zu werden, sondern als widerstandsfähige Pflanze für Seile, Netze, Kleidung und Nahrung. Modern, weil Cannabis im 21. Jahrhundert zum Symbol einer neuen gesellschaftlichen Debatte geworden ist: zwischen Medizin und Freizeit, zwischen Stigmatisierung und wissenschaftlicher Anerkennung, zwischen Verbot und Regulierung.

Die Ursprünge der Pflanze liegen in Zentral- und Ostasien. In Gebieten des heutigen China und der Mongolei finden sich Hinweise darauf, dass Cannabis zu den allerersten Kulturpflanzen der Menschheit gehörte. Archäobotanische Spuren aus jungsteinzeitlichen Siedlungen zeigen, dass Hanfsamen als Nahrungsmittel dienten – reich an Proteinen, Fettsäuren und Ballaststoffen. Schon früh entdeckte man auch den praktischen Wert der Fasern: robust, langlebig und widerstandsfähig gegen Witterung. Hanf war eine Pflanze, die das Überleben erleichterte.

Doch bereits in den frühen Hochkulturen – etwa in China um 2700 v. Chr. – finden sich Beschreibungen, die auf die berauschenden Wirkungen hinweisen. Der legendäre Kaiser Shen Nung soll Cannabis als Heilmittel in seinen Arzneischriften erwähnt haben. Dort taucht die Pflanze als Mittel gegen Schmerzen, Krämpfe und Schlaflosigkeit auf. Was aus heutiger Sicht oft als „alternative Medizin“ bezeichnet wird, war für damalige Kulturen Teil der regulären Heilkunst.

Die duale Nutzung – einerseits als praktische Ressource, andererseits als psychoaktive Substanz – zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. In Indien wurde Cannabis unter dem Namen „Bhang“ in religiösen Ritualen verwendet, als Getränk oder Paste, die spirituelle Zustände vertiefen sollte. Im Nahen Osten findet man Hinweise auf den Gebrauch von Haschisch bereits im Mittelalter, während in Europa vor allem die Fasern geschätzt wurden. Schiffe, Bücher, Seile, Segel – all das wäre ohne Hanf kaum denkbar gewesen.Interessant ist, dass Cannabis in fast allen frühen Kulturen einen Platz hatte, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung. Während es im Westen lange Zeit vor allem ein Agrarprodukt war, wurde es in Asien stärker mit Ritualen, Heilkunst und Berauschung verbunden. Erst im Laufe der Neuzeit verlagerten sich diese Schwerpunkte – und aus einer vielseitigen Kulturpflanze wurde ein politisches Problem.

Mit der Kolonialisierung und dem globalen Handel breitete sich Cannabis über Kontinente hinweg aus. Hanf wurde ein unverzichtbarer Rohstoff für die Flottenmächte Europas. Gleichzeitig begannen sich auch die psychoaktiven Anwendungen stärker in den westlichen Ländern zu verbreiten. Reiseberichte, medizinische Abhandlungen und später auch literarische Zeugnisse – etwa von Baudelaire oder den Mitgliedern des „Club des Hashischins“ im Paris des 19. Jahrhunderts – machten die berauschende Wirkung populär.

Doch was zunächst als kulturelle Neugier betrachtet wurde, wandelte sich bald zu einem Gegenstand der Kontrolle. Der internationale Diskurs um „Rauschdrogen“ im frühen 20. Jahrhundert stellte Cannabis neben Opium und Kokain – und legte damit die Grundlage für eine jahrzehntelange Kriminalisierung.

Cannabis ist damit ein Beispiel für den paradoxen Umgang der Menschheit mit Pflanzen: was jahrtausendelang Nahrung, Rohstoff und Heilmittel war, wurde zur „Gefahr für die öffentliche Ordnung“ erklärt. Gleichzeitig aber blieb es eine Pflanze, die nie verschwand. Sie wuchs weiter in den Feldern, in den Köpfen, in den Ritualen – und sie überstand alle Verbote, indem sie von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

Wenn wir heute zurückschauen, erkennen wir in dieser Geschichte vor allem eines: Cannabis ist keine Modeerscheinung. Es ist Teil unserer Kulturgeschichte – und das seit Anbeginn der Zivilisation. Der heutige Diskurs um Legalisierung und medizinische Nutzung ist deshalb nicht das Ende, sondern die Fortsetzung einer langen Reise, die uns zeigt, wie eng Mensch und Pflanze miteinander verbunden sind.

Kapitel 2 – Vom Heilmittel zur „Droge“

Wenn man die Geschichte von Cannabis betrachtet, dann ist es fast schon ein Musterbeispiel dafür, wie eine Pflanze von der Menschheit vereinnahmt, genutzt, verkannt und schließlich politisch verfemt werden kann. Jahrtausendelang galt Cannabis in vielen Kulturen als Heilmittel, spirituelles Hilfsmittel oder schlicht als nützliche Ressource. Doch im 20. Jahrhundert begann eine Entwicklung, die aus einer alten Kulturpflanze eine kriminalisierte „Droge“ machte – mit Folgen, die bis heute spürbar sind.

Die ersten modernen Mediziner in Europa und Nordamerika, die im 19. Jahrhundert Cannabis untersuchten, waren fasziniert von seiner Vielseitigkeit. Es wurde gegen Schmerzen, Migräne, Schlafstörungen, Krämpfe oder sogar Epilepsie eingesetzt. In Apotheken waren Tinkturen auf Cannabisbasis weit verbreitet. In den USA enthielt eine Vielzahl von Arzneimitteln Auszüge aus Hanf – es war ein selbstverständlicher Teil der Pharmakopöe.

Doch parallel zu dieser medizinischen Nutzung veränderten sich gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen. Als im frühen 20. Jahrhundert in den USA zunehmend Migranten aus Mexiko ankamen, brachten sie auch ihre Kultur des Cannabiskonsums mit. Plötzlich bekam die Pflanze einen neuen Anstrich: Sie wurde mit „fremden“ Menschen, mit angeblich gefährlichem Verhalten und gesellschaftlichem Verfall assoziiert. Medienberichte jener Zeit zeichneten ein verzerrtes Bild: Cannabis wurde als Ursache für Gewalt, Kriminalität und moralischen Zerfall dargestellt – nicht auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern aus Angst und Vorurteilen heraus.

Diese Stigmatisierung war der Beginn einer regelrechten Kampagne. In den 1930er Jahren verbreitete das berüchtigte Propagandafilmchen „Reefer Madness“ die Vorstellung, dass ein einziger Joint zu Wahnsinn und Mord führen könne. Gleichzeitig betrieben Politiker wie Harry J. Anslinger, erster Leiter des Federal Bureau of Narcotics, einen Kreuzzug gegen Cannabis. Anslinger nutzte rassistische Klischees, um Cannabis in der Öffentlichkeit als Gefahr darzustellen – und legte damit die Basis für das Verbot.

1950er und 60er Jahre verschärften die internationale Lage weiter. Unter dem Druck der USA setzte der Völkerbund, später die UNO, internationale Abkommen auf, die Cannabis in dieselbe Kategorie wie Heroin oder Kokain stellten. Mit der „Einheitskonvention über Suchtstoffe“ von 1961 wurde Cannabis endgültig global geächtet. Fortan war es nicht mehr eine vielseitige Heilpflanze, sondern offiziell eine illegale Droge.

In Deutschland setzte sich diese Entwicklung fort. Schon im Kaiserreich und in der Weimarer Republik gab es erste Einschränkungen, doch die strenge Kriminalisierung erfolgte vor allem nach 1961. Cannabis wurde ins Betäubungsmittelgesetz (BtMG) aufgenommen – und damit in denselben rechtlichen Rahmen wie harte Drogen gestellt. Dies geschah, obwohl die wissenschaftliche Evidenz niemals belegte, dass Cannabis dieselben Gefahren birgt wie Opiate.

Die gesellschaftlichen Folgen waren enorm: Millionen von Konsumentinnen und Konsumenten wurden kriminalisiert, obwohl sie weder sich selbst noch andere in Gefahr brachten. Ein Joint im Park konnte zu Hausdurchsuchungen, Führerscheinverlust oder langwierigen Gerichtsverfahren führen. Ärzte, die das therapeutische Potenzial von Cannabis erkannten, hatten kaum eine Möglichkeit, es legal zu verordnen.

Diese Entwicklung zeigt, dass das Cannabisverbot weniger auf rationaler Wissenschaft als auf Ideologie, Rassismus und wirtschaftlichen Interessen beruhte. Denn während Cannabis verboten wurde, blieben andere Substanzen – allen voran Alkohol und Tabak – legal, obwohl ihre Gefahren für die Gesundheit seit jeher bekannt waren. Der Unterschied lag nicht in der Pharmakologie, sondern in der Politik.

In dieser Umdeutung von Cannabis vom Heilmittel zur „Droge“ steckt ein tiefer gesellschaftlicher Widerspruch: Dieselbe Pflanze, die über Jahrtausende hinweg Heilung, Linderung und spirituelle Erfahrung brachte, wurde innerhalb weniger Jahrzehnte zum Symbol von Kriminalität und Gefahr erklärt. Ein kulturelles Erbe wurde entwertet, eine medizinische Ressource verteufelt.

Doch gerade diese Verbotsgeschichte macht deutlich, warum die aktuelle Neubewertung so bedeutsam ist. Denn sie zeigt, wie sehr Gesetze und Narrative das Bild einer Substanz formen – und wie wenig dies mit ihrer tatsächlichen Wirkung zu tun haben muss. Cannabis wurde nicht deshalb zur „Droge“, weil sich seine Eigenschaften änderten, sondern weil sich die Politik änderte.

Kapitel 3 – Re-Legalisierung weltweit

Die weltweite Wiederentdeckung von Cannabis ist eine der spannendsten gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte. Was über ein Jahrhundert lang kriminalisiert, stigmatisiert und ins Dunkel des Schwarzmarktes gedrängt wurde, tritt heute in vielen Ländern zurück ins Licht. Dabei gleicht die globale Landkarte keinem einheitlichen Bild, sondern einem Mosaik: Manche Staaten setzen auf streng kontrollierte staatliche Abgabe, andere auf kommerzielle Märkte, wieder andere auf nicht-kommerzielle Clubs oder erlaubten Eigenanbau. Doch in allen Fällen verfolgen sie ähnliche Ziele – Jugendschutz, Gesundheitsprävention, Eindämmung des illegalen Handels und die Anerkennung einer Realität, die längst existierte.

Ein Blick nach Kanada zeigt, wie ein moderner Staat Legalisierung gestalten kann. Seit 2018 dürfen Erwachsene dort Cannabis legal erwerben, bis zu 30 Gramm in der Öffentlichkeit besitzen und in vielen Provinzen auch eigene Pflanzen anbauen. Der Markt ist klar reguliert: Produktionslizenzen, Sicherheitsstandards und Abgaberegeln liegen in staatlicher Hand, die Provinzen organisieren den Verkauf. Schon wenige Jahre später bezieht die Mehrheit der Konsumentinnen und Konsumenten ihre Produkte legal – ein entscheidender Schritt, um Schwarzmarktstrukturen zurückzudrängen.

Uruguay, das bereits 2013 als erstes Land weltweit Cannabis legalisierte, wählte einen völlig anderen Weg. Hier wird Cannabis in Apotheken ausgegeben, zu staatlich festgelegten Preisen und mit klarer Mengenbegrenzung. Zusätzlich sind Anbauvereine erlaubt, die eine Art Genossenschaftsmodell darstellen. Werbung und Vermarktung gibt es nicht – es geht nicht um Konsumförderung, sondern um Kontrolle, Entkriminalisierung und Sicherheit.

In Europa tastet man sich vorsichtiger vor. Malta beschloss 2021 ein Modell, das kleinen Anbauvereinigungen erlaubt, Mitglieder mit Cannabis zu versorgen. Auch Luxemburg setzte auf Eigenanbau und den Besitz im privaten Raum, verzichtete aber auf öffentliche Verkaufsstellen. Die Niederlande wiederum, lange als Pionierland mit Coffeeshops bekannt, reparieren nun das „Backdoor-Problem“: Während Verkauf an der Ladentheke geduldet war, blieb die Produktion illegal. In Pilotprojekten wird erstmals die gesamte Kette – vom Anbau bis zum Verkauf – legal kontrolliert.

Deutschland wagte 2024 einen Schritt, der europaweit Beachtung fand. Mit dem sogenannten Zwei-Säulen-Modell wurde einerseits der Besitz kleiner Mengen sowie der Anbau von drei Pflanzen erlaubt, andererseits die Gründung nicht-kommerzieller Anbauvereine ermöglicht. Keine Supermarktregale voller Cannabisprodukte, sondern ein Modell, das bewusst klein skaliert, um Erfahrungen zu sammeln, Jugendschutz umzusetzen und rechtliche Konflikte mit der EU zu vermeiden.

Auch außerhalb Europas schreitet die Liberalisierung voran. In Südafrika ist seit 2024 der private Besitz und Konsum erlaubt, der Handel bleibt aber untersagt. In Thailand zeigte sich dagegen, wie volatil Politik sein kann: Erst liberalisierte man den Markt weitgehend, dann wurden 2025 Teile der Reform wieder zurückgenommen – nun soll Cannabis nur noch medizinisch erlaubt bleiben. Mexiko wiederum illustriert die Probleme, wenn Gerichte zwar ein Recht auf Konsum feststellen, die Politik aber keine klare Regulierung schafft: Millionen Menschen dürfen konsumieren, aber eine legale Bezugsquelle existiert kaum.

Die USA bilden einen Sonderfall: Während das Bundesrecht Cannabis weiterhin als streng verbotene Substanz einstuft, haben inzwischen fast die Hälfte der Bundesstaaten den Freizeitgebrauch legalisiert. So existiert ein Nebeneinander von legalen Shops in Kalifornien oder Colorado und harter Strafverfolgung in anderen Landesteilen. Dieses Spannungsfeld blockiert zwar den nationalen Markt, zeigt aber auch, wie tiefgreifend sich Gesellschaften durch Teil-Legalisierungen verändern können.

Überall wird sichtbar: Legalisierung ist kein Freifahrtschein, sondern ein Balanceakt. Kanada und Uruguay zeigen, dass der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden kann, wenn Qualität, Preis und Zugang stimmen. Europa mit seinen vorsichtigen Modellen verdeutlicht, wie stark rechtliche Rahmenbedingungen und kulturelle Traditionen den Weg prägen. Und Thailand beweist, dass Liberalisierung auch wieder zurückgenommen werden kann, wenn Politik und Gesellschaft nicht im Gleichklang stehen.

Die Re-Legalisierung weltweit ist damit weniger ein Ziel als ein Prozess. Staaten lernen voneinander, korrigieren Fehler, justieren Regeln nach. Manche setzen auf staatliche Strenge, andere auf Marktmechanismen, wieder andere auf kollektive Selbstorganisation. Doch eines ist allen gemeinsam: Cannabis verschwindet nicht mehr im Schatten. Die Frage ist nicht, ob Gesellschaften lernen, mit dieser Pflanze verantwortungsvoll umzugehen – sondern nur, wie sie es tun.

Kapitel 4 – Deutschland 2017–2025: Von Medizinalcannabis zum Konsumcannabis

Die deutsche Cannabispolitik ist ein Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklung – ein Wechselspiel aus vorsichtiger Öffnung, politischen Blockaden und schließlich einer grundlegenden Neuausrichtung. Wer verstehen möchte, warum Deutschland heute in Europa zu den Vorreitern einer regulierten Freigabe gehört, muss zwei Zeitpunkte kennen: das Jahr 2017, als Cannabis erstmals als verschreibungsfähiges Medikament eingeführt wurde, und das Jahr 2024, als das Cannabisgesetz (CanG) in Kraft trat und den Konsum für Erwachsene entkriminalisierte.